Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2016 - 2 ARs 44/16

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:261016B2ARS44.16.0
published on 26/10/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2016 - 2 ARs 44/16
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 44/16
2 AR 2/16
vom
26. Oktober 2016
in der Jugendvollstreckungssache
gegen
wegen versuchten Betrugs
Az.: 6 VRJs 331/15 Amtsgericht Delbrück
Az.: 128 Ls 44/15 Amtsgericht Mönchengladbach
Az.: 600 Js 2110/14 Staatsanwaltschaft Mönchengladbach
ECLI:DE:BGH:2016:261016B2ARS44.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2016 beschlossen :
Für die Vollstreckung der Jugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 14. Juli 2015 - 128 Ls 600 Js 2110/14-44/15 - ist das
Amtsgericht Delbrück
zuständig.

Gründe:

I.

1
Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen, dass für die Vollstreckung der Jugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 14. Juli 2015 (128 Ls 600 Js 2110/14-44/15) das Amtsgericht Delbrück zuständig ist. Zur Begründung hat es Folgendes ausgeführt:
2
"Der Verurteilte befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits seit dem 16. Januar 2015 zur Vollstreckung der einbezogenen Strafe aus dem Urteil vom 16. August 2011 in der Justizvollzugsanstalt Hövelhof. Das Amtsgericht Delbrück , in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, hatte mit Verfügung vom 21. Januar 2015 die Vollstreckung dieser Strafe vom Amtsgericht Mönchengladbach 'unter dem Vorbehalt (übernommen), dass sie richtig eingeleitet ist' (VHeft Bd. 2, Bl. 14). Am 10. August 2015 übersandte das Amtsgericht Mönchengladbach ein vorläufiges Aufnahmeersuchen zur Vollstreckung der durch Urteil vom 14. Juli 2015 neu verhängten Einheitsjugendstrafe an die Justizvollzugsanstalt Hövelhof (V-Heft Bd. 2, Bl. 124 f.). Mit Schreiben vom 21. August 2015 teilte das Amtsgericht Delbrück dem Amtsgericht Mönchengladbach mit, dass die Vollstreckung der Strafe dort übernommen worden sei (V-Heft, Bd. 2, Bl. 121). Mit Beschluss vom 19. September 2015 ordnete der Jugendrichter beim Amtsgericht Delbrück als Vollstreckungsleiter die vorzeitige Entlassung des Verurteilten an und setzte die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung aus (V-Heft, Bd. 2, Bl. 139 ff.). Der Verurteilte wurde am 14. Oktober 2015 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen und ist seither in Mönchengladbach wohnhaft."
3
Das Amtsgericht Delbrück hat mit Beschluss vom 23. Oktober 2015 die Übernahme der Vollstreckung der Jugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 14. Juli 2015 abgelehnt, weil der Übergang der Vollstreckungszuständigkeit gemäß § 85 Abs. 2 JGG eine ordnungsgemäße Einleitung der Vollstreckung voraussetze, an der es hier fehle. Hierfür sei nicht nur die Ladung zum Strafantritt und ein Aufnahmeersuchen an die Justizvollzugsanstalt erforderlich; vielmehr sei das die Vollstreckung einleitende Gericht nach den Richtlinien zum JGG auch verpflichtet, dem Vollstreckungsleiter die Strafakten oder ein Vollstreckungsheft zu übersenden. Mangels Übersendung der vollständigen Akten sei eine Einleitung der Vollstreckung durch das Amtsgericht Mönchengladbach (noch) nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die nur unter der Bedingung der ordnungsgemäßen Einleitung erfolgte Übernahme der Vollstreckung werde daher abgelehnt. Das Amtsgericht Mönchengladbach teilte diese Auffassung nicht und hat die Akten an das Amtsgericht Delbrück zurück- gesandt. Der Jugendrichter beim Amtsgericht Delbrück hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die Zuständigkeit vorgelegt.

II.

4
1. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung des zwischen den Jugendgerichten bestehenden Streits gemäß § 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, weil die Amtsgerichte Mönchengladbach und Delbrück in den Bezirken verschiedener Landgerichte liegen.
5
2. Zuständig für die Vollstreckung ist gemäß § 85 Abs. 2 JGG das Amtsgericht Delbrück. Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt:
6
"Der Zuständigkeitsübergang findet nach dem eindeutigen Wortlaut des § 85 Abs. 2 Satz 1 JGG mit Abschluss der Aufnahme des Verurteilten in die Jugendstrafvollzugsanstalt statt (vgl. Eisenberg JGG, 18. Aufl. 2016, § 85 Rn. 8). Voraussetzung ist lediglich, dass der Verurteilte dort auf Ersuchen des zuständigen Vollstreckungsleiters in den Jugendstrafvollzug aufgenommen worden ist, womit die Vollstreckung eingeleitet ist. Dies war hier der Fall. […] Entgegen der Ansicht des Jugendrichters des Amtsgerichts Delbrück ergibt sich auch aus den Richtlinien zu §§ 82 bis 85 JGG nichts anderes. Denn nach RiJGG VI Nr. 6 hat der ursprüngliche Vollstreckungsleiter die Strafakten oder das Vollstreckungsheft an denjenigen Jugendrichter zu übersenden, auf den die Vollstreckung nach § 85 Abs. 2 oder 3 (JGG) mit der Aufnahme übergegangen ist, sobald er Nachricht von der Aufnahme von Verurteilten in die Jugendstrafanstalt erhält (Strafantrittsanzeige). Die Verpflichtung zur Übersendung der Ak- ten ist demnach Folge und nicht Voraussetzung des Übergangs der Vollstreckungszuständigkeit."
7
Diesen Ausführungen tritt der Senat bei. Krehl Eschelbach Zeng Bartel Wimmer
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Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist. (2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Au

(1) Vollstreckungsleiter ist der Jugendrichter. Er nimmt auch die Aufgaben wahr, welche die Strafprozeßordnung der Strafvollstreckungskammer zuweist. (2) Soweit der Richter Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 angeordnet hat, richtet sich die we
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published on 30/01/2018 00:00

Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Beschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 16.11.2017 (1 VRJs 91/17 jug) wird aufgehoben. Gründe I. 1 Durch Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Pirmasens vom 22.02.2017 (1 Ls 4372 Js
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Annotations

(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist.

(2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe liegt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts übergeht, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) Unterhält ein Land eine Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß der Jugendrichter eines Amtsgerichts des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, zuständig sein soll. Wird eine solche Vereinbarung getroffen, so geht die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die für die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Die Regierung des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß der Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts zuständig wird, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(4) Absatz 2 gilt entsprechend bei der Vollstreckung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 1 oder 2 des Strafgesetzbuches.

(5) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben.

(6) Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so kann der nach den Absätzen 2 bis 4 zuständige Vollstreckungsleiter die Vollstreckung einer nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogenen Jugendstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Vollstreckungsbehörde abgeben, wenn der Straf- oder Maßregelvollzug voraussichtlich noch länger dauern wird und die besonderen Grundgedanken des Jugendstrafrechts unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten für die weiteren Entscheidungen nicht mehr maßgebend sind; die Abgabe ist bindend. Mit der Abgabe sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Strafvollstreckung anzuwenden.

(7) Für die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren gilt § 451 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist.

(2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe liegt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts übergeht, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) Unterhält ein Land eine Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß der Jugendrichter eines Amtsgerichts des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, zuständig sein soll. Wird eine solche Vereinbarung getroffen, so geht die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die für die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Die Regierung des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß der Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts zuständig wird, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(4) Absatz 2 gilt entsprechend bei der Vollstreckung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 1 oder 2 des Strafgesetzbuches.

(5) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben.

(6) Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so kann der nach den Absätzen 2 bis 4 zuständige Vollstreckungsleiter die Vollstreckung einer nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogenen Jugendstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Vollstreckungsbehörde abgeben, wenn der Straf- oder Maßregelvollzug voraussichtlich noch länger dauern wird und die besonderen Grundgedanken des Jugendstrafrechts unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten für die weiteren Entscheidungen nicht mehr maßgebend sind; die Abgabe ist bindend. Mit der Abgabe sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Strafvollstreckung anzuwenden.

(7) Für die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren gilt § 451 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.