Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Apr. 2003 - 1 StR 91/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
1. Die Zustellung des vollständigen Urteils war wirksam und setzte die Revisionsbegründungsfrist in Lauf (§ 345 Abs. 1 Satz 2 StPO). Ein Verstoß gegen § 273 Abs. 4 StPO liegt nicht vor. Ausweislich der Akten wurde das Protokoll am 26. November 2002 fertiggestellt und unterschrieben. 2. Gegen den Beschluß des Senats vom 27. März 2003 ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich, weil es sich um eine rechtskräftige Sachentscheidung handelt, die das Verfahren zum Abschluß gebracht hat (st. Rspr.; vgl. BHG, Beschluß vom 4. März 2003 - 4 StR 381/02 m.Nachw.). 3. Unbeschadet davon wäre auch eine Wiedereinsetzung zur Nachholung von Verfahrensrügen nicht in Betracht gekommen, weil die Revision mit der Sachrüge fristgemäß begründet worden ist (BGH, Beschluß vom 7. März 2003 - 2 StR 475/02; BGHR StPO § 44 Satz 1 Verhinderung 14). Der Beschwerdeführer hat auch entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht glaubhaft gemacht, ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen zu sein, die Verfahrensrügen rechtzeitig zu erheben. Sein Vortrag, der Rechtspfleger beim Landgericht Kempten habe auf sein schriftliches Ersuchen vom 2. Januar 2003, die
Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle begründen zu wollen, nicht reagiert, trifft nicht zu. Ausweislich der Sachakten (Bl. 739) hatte der Angeklagte dieses Ersuchen bereits am 29. Dezember 2002 gestellt, worauf der Rechtspfleger beim Landgericht Kempten am 3. Januar 2003 eigens zur Aufnahme der Revisionsbegründung von Kempten aus in die Justizvollzugsanstalt Straubing reiste , obwohl dies im Hinblick auf die nach § 299 Abs. 1 StPO begründete Zuständigkeit des nahegelegenen Amtsgerichts Straubing nicht erforderlich gewesen wäre. Als er dort eintraf, befand sich dessen Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. W. , beim Beschwerdeführer. Nach Rücksprache erhielt der Rechtspfleger dann die Auskunft, daß die Revision von Rechtsanwalt Dr. W. begründet und keine Erklärung zu Protokoll abgegeben werde (Aktenvermerk vom 03.01.2003; Bl. 740). Damit war sein Ersuchen vom 2. Januar 2003 überholt. Im übrigen wäre auch die Wiedereinsetzungsfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO versäumt. Aus seinen Schreiben an das Landgericht Kempten vom 9. Januar 2003 und 10. Januar 2003 geht hervor, daß der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon hatte, daß seine Verteidiger keine Verfahrensrügen erhoben hatten. Danach hätten die Rügen innerhalb einer Woche nach diesem Zeitpunkt nachgeholt werden müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 StPO). Das ist nicht geschehen. 4. Die Voraussetzungen des § 33a StPO liegen ebenfalls nicht vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 27. März 2003 keine Tatsachen verwertet , zu denen der Angeklagte nicht gehört worden ist. Der Beschwerdeführer nahm mit Schriftsatz vom 20. März 2003 zu dem Antrag des Generalbundesanwalts vom 3. März 2003 Stellung. Dieser Schriftsatz lag dem Senat bei der Entscheidung vor.
Das Vorbringen des Angeklagten im Schriftsatz vom 24. April 2003 bie- tet ebenfalls keinen Anlaß für eine nachträgliche Anhörung gemäß § 33a StPO. Nack Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf
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(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.
(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.
(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.
(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.
(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
(1) Der nicht auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte kann die Erklärungen, die sich auf Rechtsmittel beziehen, zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts geben, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, wo er auf behördliche Anordnung verwahrt wird.
(2) Zur Wahrung einer Frist genügt es, wenn innerhalb der Frist das Protokoll aufgenommen wird.
(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.
(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.