Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2000 - 1 StR 666/99

published on 16/05/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2000 - 1 StR 666/99
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 666/99
vom
16. Mai 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Mai 2000 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten P. gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 28. Juni 1999 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin durch diese Revision entstandenen notwendigen Auslagen. 2. Der Angeklagten M. wird auf ihren Antrag und ihre Kosten gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 28. Juni 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Auf die Revision der Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen , daß die Angeklagte in den Fällen II 4 und 5 der Urteils- gründe jeweils nur eines in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes begangenen Vergehens nach § 174 Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig ist.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in sieben Fällen - jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Zugleich hat es die Angeklagte M. wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in drei Fällen - jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Tatopfer ist in sämtlichen Fällen die am 16. Februar 1985 geborene Nebenklägerin, das leibliche Kind der Angeklagten M. , bei dem ihr Lebensgefährte, der Angeklagte P. , die Vaterrolle einnahm. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel des Angeklagten P. bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Revision der Angeklagten M. führt auf Grund der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO). Im übrigen war dieses Rechtsmittel mit der Maßgabe zu verwerfen, daß sie - wie die Feststellungen des Landgerichts ergeben - in den Fällen II 4 und 5 der Urteilsgründe jeweils nur eines in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes begangenen Vergehens nach § 174 Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig ist.
I. Zu den von den Revisionen erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat:
1. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht durch Beschluß vom 24. Juni 1999 die gegen die gehörte Sachverständige, Diplom-Psychologin A. , gerichteten Ablehnungsgesuche zurückgewiesen hat, sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu BGHSt 8, 226, 232; 41, 206, 212).
Die Angeklagten haben die Besorgnis der Befangenheit daraus hergeleitet , daß die Sachverständige bei der Erstattung ihres Gutachtens lediglich die Aussagen der Geschädigten bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft, dem Ermittlungsrichter und ihr selbst (sowie in der Hauptverhandlung) zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit herangezogen habe, während sie weitere Ä ußerungen der Zeugin in einem Tagebuch und Briefen an die Lebensgefährtin ihres Vaters nicht berücksichtigt habe. Dazu stellt der angefochtene Beschluß fest, tatsächlich habe die Sachverständige diese Aufzeichnungen zur Kenntnis genommen und in die Gesamtanalyse einbezogen, "da sie Informationen zum Entstehungsverlauf der Aussage enthalten". Sie hat sich mithin nicht geweigert, auf schriftliche Ä ußerungen der Zeugin einzugehen, sei es auch nur unter dem Aspekt, diese seien wichtig für die Entstehungsgeschichte der Beschuldigung. Im übrigen hat die Sachverständige - so der angefochtene Beschluß - in der Hauptverhandlung erklärt, "daß bei der Konstanzprüfung allein die Aussagen der Zeugin in einer bestimmten Befragungssituation zugrundezulegen seien". Es mag zweifelhaft sein, ob diese Auffassung der Sachverständigen zutrifft, da es bei der Konstanzanalyse, wie der Senat in seinem zum Abdruck in BGHSt 45, 164 bestimmten Urteil vom 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98 - dargelegt hat, um das von einer Person gezeigte Aussageverhalten insgesamt geht. Doch stellt es sich, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 18. Januar 2000 hingewiesen hat, nicht als rechtsfehlerhaft dar, daß das Landgericht in
der geschilderten Vorgehensweise der Sachverständigen keinen Ausdruck von Befangenheit sieht (vgl. auch BGH NJW 1991, 2357, 2358).
2. Entgegen der Meinung der Revisionen ist auch kein Mangel der Sachkunde der gehörten Sachverständigen hervorgetreten, der die Erhebung eines weiteren Gutachtens nahegelegt hätte.

a) Die Angeklagte M. hatte unter Berufung auf ihr gegen die Gutachterin gerichtetes Ablehnungsgesuch beantragt, ein Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis dafür, daß die Bekundungen der Geschädigten gemessen an den Kriterien der wissenschaftlichen Aussagepsychologie als unglaubwürdig einzustufen sind. Vergeblich wendet sich die Revision dieser Angeklagten dagegen, daß das Landgericht mit seinem Beschluß vom 24. Juni 1999 diesen Beweisantrag gemäß § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO abgelehnt hat.
Wie bereits ausgeführt, hat die Sachverständige die Aufzeichnungen der Zeugin, insbesondere auch einen an die Lebensgefährtin ihres Vaters gerichteten Brief, in dem sie zum ersten der Vorfälle Stellung nimmt (Bd. I Bl. 62/63 d. A.), nicht außer acht gelassen, wenn sie diese Schriftstücke auch nur unter dem Blickwinkel der Aussagegenese eingeordnet hat. Sie hat auch, wie dem mit der Revisionsbegründung vorgelegten Explorationsbericht zu entnehmen ist, das Tagebuch und die Briefe eingehend mit der Geschädigten erörtert. Daraus, daß die Gutachterin es nicht für erforderlich hielt, schriftliche Ä ußerungen der Zeugin im Rahmen der Konstanzanalyse auszuwerten, daß sie sich vielmehr damit begnügte, das Ergebnis von insgesamt fünf Anhörungen zugrundezulegen, ergeben sich jedenfalls deshalb keine Zweifel an ihrer Sach-
kunde, weil jene Aufzeichnungen keine wesentliche Abweichung von der sonstigen Darstellung der den Angeklagten zur Last gelegten Taten aufweisen (vgl. auch BGH StV 1989, 141): Wie das Landgericht auf Grund eigener Sachkunde hervorhebt (UA S. 17), haben sich bei der Wiedergabe des Tatgeschehens keine gravierenden Widersprüche ergeben. "In sämtlichen Vernehmungen , ebenso in den Briefen und im Tagebuch, hat die Zeugin die sexuellen Übergriffe geschildert. Sie hat dies nicht pauschal getan, sondern markante und originelle Einzelheiten erwähnt." Eine widersprüchliche Darstellung, die die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Frage stellen könnte, vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen.

b) Bei dieser Sachlage kann auch die von der Revision des Angeklagten P. in der gleichen Richtung erhobene Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben.
II. Zu den von den Revisionen erhobenen Sachrügen ist zu sagen:
1. Beim Angeklagten P. halten Schuldspruch und Strafausspruch der Nachprüfung stand.
2. Das gilt auch, was die Angeklagte M. betrifft, für den Schuldspruch , abgesehen von einer Ä nderung, die daraus folgt, daß die Geschädigte in den Fällen II 4 und 5 der Urteilsgründe lediglich bei den sexuellen Handlungen dieser Angeklagten zuschaute.
Der Senat hebt den gesamten Strafausspruch auf: Im Fall 4 geht das Landgericht mit der unzutreffenden Anwendung des § 176 Abs. 1 StGB von einem zu hohen Strafrahmen aus (UA S. 27/28), während bei der Strafzumessung im Fall 5 dieser Fehler nicht vorkommt. Im Fall II 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht zu Unrecht nicht geprüft, ob ein minder schwerer Fall i. S. v. § 176 Abs. 1 StGB vorliegt. Anlaß zur Erörterung dieser Frage gaben nicht nur allgemeine Milderungsgründe, die das Urteil aufführt (die Angeklagte ist nicht vorbestraft und war nur schwer in der Lage, sich dem Ansinnen ihres Lebensgefährten zu entziehen; ihr ist eine günstige Sozialprognose zu stellen), sondern vor allem auch der Umstand, daß das Landgericht nicht ausschließen konnte, bei Begehung all ihrer Taten sei sie infolge einer Persönlichkeitsstörung vermindert schuldfähig gemäß § 21 StGB gewesen. Bereits das Vorliegen eines solchen vertypten Milderungsgrunds kann nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs die Annahme eines minder schweren Falls begründen. Diese Gesichtspunkte, die möglicherweise auch bei der Bemessung der Strafe im Fall 5 von Bedeutung sind, können auch bei der nach § 56 Abs. 2 StGB gebotenen Gesamtwürdigung ins Gewicht fallen.
Maul Granderath Nack Boetticher Schluckebier
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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published on 23/07/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 470/14 vom 23. Juli 2015 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 19. März 2015 in der Sitzung am 23. Juli 2
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Annotations

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.