Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2018 - 1 StR 415/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:210318B1STR415.17.0
bei uns veröffentlicht am21.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 415/17
vom
21. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:210318B1STR415.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. März 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts München II vom 20. Mai 2016, soweit es ihn betrifft , mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Dagegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensbeanstandung Erfolg, soweit der Angeklagte eine Verletzung des Rechts auf Verteidigung durch den gewählten Verteidiger gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. c) MRK, § 137 Abs. 1 Satz 1 StPO und des Grundsatzes des fairen Verfahrens geltend macht.
3
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Die Hauptverhandlung fand am 27. April 2016, 29. April 2016 sowie ab dem 13. Mai 2016 an vier weiteren Tagen statt. Am ersten und zweiten Hauptverhandlungstag waren lediglich der Angeklagte und sein Pflichtverteidiger Rechtsanwalt B. , nicht jedoch der Wahlverteidiger Rechtsanwalt P. anwesend. Rechtsanwalt B. war dem Angeklagten, der mit der Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht einverstanden war, mit Beschluss des Vorsitzenden vom 21. März 2016 zur Verfahrenssicherung als Pflichtverteidiger neben dem Wahlverteidiger Rechtsanwalt P. beigeordnet worden.
5
Der Festlegung der Hauptverhandlungstermine vorausgegangen war eine Anfrage des Vorsitzenden an die Verteidiger der insgesamt drei Angeklagten für eine Terminierung der Hauptverhandlung auf den 27. April 2016 und 29. April 2016 sowie im Zeitraum vom 11. Mai bis 25. Mai 2016. Auf diese Terminanfrage hatte der Wahlverteidiger Rechtsanwalt P. mitgeteilt, dass er am 27. April 2016 und 29. April 2016 wegen anderweitiger – konkret bezeichneter – Termine verhindert sei, im Zeitraum vom 11. Mai bis 25. Mai 2016 aber Termine wahrnehmen könne. Der Vorsitzende teilte sodann mit Schreiben an die Verfahrensbeteiligten vom 11. April 2016 mit, dass die Hauptverhandlung für den Fall der Anklagezulassung am 27. April 2016, 29. April 2016 sowie ab dem 13. Mai bis zum 25. Mai 2016 an fünf weiteren, im einzelnen bezeichneten Terminen stattfinden werde, und bat um verbindliche Terminreservierungen. Gegen die Terminierung wandte sich der Wahlverteidiger sodann mit einem Schreiben vom 12. April 2016 und einem Verlegungsantrag vom 13. April 2016. Auf beide Schreiben reagierte die Strafkammer nicht.
6
Am ersten Hauptverhandlungstag übergab der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt B. ein Schreiben von Rechtsanwalt P. vom 27. April 2016, in dem dieser unter Hinweis auf den zuvor geschilderten Sachverhalt eine Verletzung der Verteidigungsrechte seines Mandanten geltend machte und zudem mitteilte, der Angeklagte werde in seiner Abwesenheit nur Pflichtangaben machen. Das Gericht wies am dritten Hauptverhandlungstag im Zusammenhang mit einem Antrag von Rechtsanwalt P. , den dieser unter Bezugnahme auf das zuvor genannte Schreiben begründet hatte, unter anderem darauf hin, dass sich in der Akte ein „Terminverlegungsantrag vom 12. April 2016“ befinde. Dieser sei von der Geschäftsstelle nicht eigens vorgelegt und deshalb nicht formal verbeschieden worden; im Übrigen hätte eine Verlegung des Termins aufgrund der Terminlage der anderen Verfahrensbeteiligten und der Kammer nicht erfolgen können.
7
2. Diese Verfahrensweise war rechtsfehlerhaft. Sie verletzte den Angeklagten in seinem Recht auf Verteidigung durch den gewählten Verteidiger aus Art. 6 Abs. 3 Buchst. c) MRK, § 137 Abs. 1 Satz 1 StPO und verstieß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens.
8
a) Die Rüge ist zulässig erhoben. Bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation bedurfte angesichts der Nichtbescheidung des Schreibens vom 12. April 2016 und des Übergehens des Terminverlegungsantrags vom 13. April 2016, zu dessen Vorlage und Verbleib die Strafkammer keine Erklärung abgegeben hat, keines (Aussetzungs-)Antrags in der Hauptverhandlung (vgl. BayObLG, Beschluss vom 3. Juli 1996 – 2 StRR 90/96, BayObLGSt 1996, 94, 95; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Oktober 1997 – 3 Ss 286/97, StV 1998, 13, 14; Jäger in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 213 Rn. 19; Arnoldi in Münchener Kommentar, StPO, § 213 Rn. 18; siehe allgemein zum Meinungsstand hinsichtlich der Zulässigkeitsanforderungen an die Revision bei Terminverfügungen des Vorsitzenden: Britz in Radtke/Hohmann, StPO, § 213 Rn. 17 f.). Der Senat kann deshalb dahinstehen lassen, ob in dem Schreiben des Wahlverteidigers vom 27. April 2016, in dem auf die Nichtbescheidung der zuvor genannten Schreiben hingewiesen wurde, nicht ein entsprechender Aussetzungsantrag gesehen werden müsste.
9
b) Die Rüge ist auch begründet. Grundsätzlich hat ein Angeklagter das Recht, sich in einem Strafverfahren von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen. Daraus folgt allerdings nicht, dass bei jeder Verhinderung des gewählten Verteidigers eine Hauptverhandlung gegen den Angeklagten nicht durchgeführt werden könnte (BGH, Beschlüsse vom 29. August 2006 – 1 StR 285/06, NStZ 2007, 163, 164 Rn. 5 und vom 18. Dezember 1997 – 1 StR 483/97, NStZ 1998, 311, 312; Wessing in BeckOK StPO, 29. Ed. 1.1.2018, § 137 Rn. 4 mwN). Die Terminierung ist grundsätzlich Sache des Vorsitzenden und steht in dessen pflichtgemäßem Ermessen (§ 213 StPO). Der Vorsitzende muss sich jedoch ernsthaft bemühen, dem Recht des Angeklagten, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, soweit wie möglich Geltung zu verschaffen und einem nachvollziehbaren Begehren dieses Verteidigers bezüglich der Terminierung im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten der Strafkammer und anderer Verfahrensbeteiligter sowie des Gebots der Verfahrensbeschleunigung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2010 – 1 StR 123/10, NStZ-RR 2010, 312, 313; vom 6. November 1991 – 4 StR 515/91, StV 1992, 52, 53 und vom 11. September 1986 – 1 StR 472/86, NStZ 1987, 34 f.). Ein derartiges Bemühen des Vorsitzenden ist vorliegend weder bei der Bestimmung der Hauptverhandlungstermine nach vorheriger Terminanfrage bei den Verfahrensbeteiligten noch hinsichtlich des nachfolgenden Schreibens und des Verlegungsantrags des Wahlverteidigers, der erkennbar das Vertrauen des Angeklagten genoss, ersichtlich. Eine andere Terminierung dürfte vorliegend auch nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen sein, da die Strafkammer mit der Hauptverhandlung am 13. Mai 2016 hätte beginnen können, die Verzögerung mithin zeitlich nicht erheblich ins Gewicht gefallen wäre.
10
c) Der Fehler führt zur Aufhebung des Urteils, weil sich nicht ausschließen lässt, dass die Hauptverhandlung bei Anwesenheit des Wahlverteidigers auch an den ersten beiden Hauptverhandlungstagen, an denen sich die Mitangeklagten zur Sache geäußert haben sowie Zeugen und Sachverständige gehört wurden, zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis geführt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1989 – 2 StR 352/89, BGHSt 36, 259, 262; Beschluss vom 6. Juli 1999 – 1 StR 142/99, StV 1999, 524). Raum Jäger Bellay Bär Hohoff

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 137 Recht des Beschuldigten auf Hinzuziehung eines Verteidigers


(1) Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen. (2) Hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Vertreter, so kann auch dieser sel

Strafprozeßordnung - StPO | § 213 Bestimmung eines Termins zur Hauptverhandlung


(1) Der Termin zur Hauptverhandlung wird von dem Vorsitzenden des Gerichts anberaumt. (2) In besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn T

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2006 - 1 StR 285/06

bei uns veröffentlicht am 29.08.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 285/06 vom 29. August 2006 in der Strafsache gegen wegen Strafvereitelung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. August 2006 beschlossen : 1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung d

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen.

(2) Hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Vertreter, so kann auch dieser selbständig einen Verteidiger wählen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 285/06
vom
29. August 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Strafvereitelung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. August 2006 beschlossen
:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung
der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des
Landgerichts München II vom 19. Dezember 2005 Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2. Die Beschlüsse des Landgerichts München II vom 13. April
und 2. Mai 2006, mit denen die Revision des Angeklagten gegen
das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen worden
ist, werden aufgehoben.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil
wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
G r ü n d e :
I .
1 Hinsichtlich der Wiedereinsetzung und der Aufhebung der Verwerfungsbeschlüsse
verweist der Senat auf die Ausführungen der Generalbundesanwältin
in ihrem Antrag vom 12. Juni 2006.
II.
2 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Strafvereitelung zur Freiheitsstrafe
von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf eine Verfahrensrüge
und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet
im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere auch die von der
Kammer vorgenommene Strafzumessung ist frei von Rechtsfehlern.
3 1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Mitangeklagte F. in der
Nacht vom 28. auf den 29. Juni 2004 H. mit mehreren Hammerschlägen
auf den Kopf getötet und dessen Geldbörse an sich genommen. Der
Angeklagte sowie die Mitangeklagten B. und M. kamen noch in der
Tatnacht überein, zu Gunsten des F. einen alkoholbedingten Treppensturz
vorzutäuschen. Als dem Angeklagten Bedenken kamen, drohte M.
ihm, wenn er „etwas“ sage, werde er „einen Kopf kürzer“ gemacht. In der
Folgezeit berichteten der Angeklagte und B. gegenüber der Polizei dementsprechend
von einem Treppensturz, während M. wahrheitswidrig angab
, nichts mitbekommen zu haben. Das Tötungsdelikt blieb deshalb zunächst
unentdeckt. In der Nacht vom 30. auf den 31. August 2004 töteten die Mitangeklagten
F. und Br. sodann gemeinschaftlich E. , indem sie
ihm die Kehle durchschnitten; anschließend nahmen sie auch dessen Geldbörse
an sich.
4 Die Kammer hat bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt,
dass es zu einem zweiten Raubmord kam. Denn das weitere Tötungsdelikt hat
sie auch als Folge der Strafvereitelungstaten - kollusiv begangen durch Vortäuschen
eines Unfalls - gewertet. Das Urteil führt hierzu aus (bezüglich M.
): Wäre „der Mord an H. nicht vertuscht worden, wäre E. mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch am Leben“; und (bezüglich
des Angeklagten und Batov): „Der durch die Strafvereitelung verursachte ‚Schaden
’, dass es zu einem zweiten Mord unter Beteiligung desselben Täters gekommen
war, konnte durch das spätere Abrücken von der Darstellung als Unfall
nicht wieder gut gemacht werden“ (UA S. 67).
5 2. Gegen die Wertung der Kammer bestehen keine Bedenken. Nach
§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB können verschuldete Auswirkungen der Tat bei der
Strafzumessung berücksichtigt werden. Insoweit kommt es darauf an, ob die
Tatfolgen voraussehbar waren (vgl. BGH NStZ 2005, 156, 157; Tröndle/Fischer,
StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 34). Nicht erforderlich ist, dass der Angeklagte sie in
allen Einzelheiten voraussehen konnte; es genügt, dass sie in ihrer Art und ihrem
Gewicht im Wesentlichen erkennbar waren (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2
Tatauswirkungen 3, 4; BGH, Beschluss vom 6. Mai 1998 - 2 StR 638/97 - Umdr.
S. 4).
6 Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich, dass für den Angeklagten die
Gefahr einer weiteren schweren Gewalttat nicht außerhalb des Vorhersehbaren
lag. Schon das Tatbild des ersten Mordes an H. ließ es hier ohne weiteres
für möglich erscheinen, dass sich eine solche oder ähnliche Tat wiederholen
könnte. F. hatte H. in Anwesenheit von Br. getötet, ohne
dass es, wie der Angeklagte selbst wahrgenommen hatte, zuvor zu einem Streit
oder einer ernsthaften Auseinandersetzung gekommen war (UA S. 29 f.). Der
Angeklagte konnte ersichtlich nicht davon ausgehen, dass die Ursache für die
Tat - etwa im Sinne einer Beziehungstat - gerade in der Person des H.
begründet war. Vielmehr war ihm bewusst, dass F. ein finanzielles Motiv
hatte. Vor dem Hintergrund, dass F. und Br. am Monatsende üblicherweise
in Geldnot waren (UA S. 48), antwortete der Angeklagte bei einer polizeilichen
Vernehmung auf die Frage, was er über die Todesfälle denke: „Die
haben damals mitgekriegt, dass der (H. ) eine Riesennachzah-
lung bekommen hat und dann war´s Ende des Monats“ (UA S. 33). Darüber
hinaus ist den Urteilsfeststellungen zu entnehmen, dass der Angeklagte F.
und Br. auch tatsächlich für gefährlich hielt. Dies folgt aus den Angaben
des Angeklagten zu den Gründen, weswegen er F. anfänglich entlastet
habe. Nach den Urteilsfeststellungen äußerte er sich im Ermittlungsverfahren
und in der Hauptverhandlung insbesondere wie folgt: Er sei doch nicht „lebensmüde“
; er habe keine Lust, ein Messer in den Rücken zu bekommen; „die
Russen“ würden zusammen halten (UA S. 24). Daher ergab sich die Möglichkeit
einer weiteren schweren Gewalttat für den Angeklagten zum einen aus der
Gefährlichkeit des F. , zum anderen daraus, dass Anlässe für weitere Taten
abzusehen waren; denn der Beweggrund für die erste Tat, die Geldnot,
pflegte am Monatsende regelmäßig wiederzukehren.
7 Das Prinzip der Selbstverantwortung schließt die Würdigung der Tatfolge
hier nicht aus (in vergleichbarem Sinne mit Blick auf die Schutzrichtung der verletzten
Strafvorschrift G. Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 325
m.w.N.), sodass es darauf, dass der zweite Raubmord auf einem autonomen
Willensentschluss von F. und Br. beruhte, für die Strafzumessung
nicht ankommt.
Wahl Boetticher Kolz
Hebenstreit Elf

(1) Der Termin zur Hauptverhandlung wird von dem Vorsitzenden des Gerichts anberaumt.

(2) In besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, soll der Vorsitzende den äußeren Ablauf der Hauptverhandlung vor der Terminbestimmung mit dem Verteidiger, der Staatsanwaltschaft und dem Nebenklägervertreter abstimmen.