Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Aug. 2003 - 1 StR 282/03

bei uns veröffentlicht am26.08.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 282/03
vom
26. August 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum schweren Raub
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2003 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Karlsruhe vom 6. März 2003 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Wie der Generalbundesanwalt vermag auch der Senat weder eine Verletzung
des Gebots der "Waffengleichheit" (Art. 6 Abs. 3 lit. d 2. Alt. MRK) noch
einen Verstoß gegen das Beweiserhebungsrecht (§ 244 Abs. 2 und 3 StPO) zu
erkennen.
Der Angeklagte wurde wegen Anstiftung zum schweren Raub in Tateinheit
mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu
der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Sein der Tatbeteiligung
dringend verdächtiger, ins Ausland geflohener Bruder war nach der
Zusicherung freien Geleits (§ 295 StPO) zu seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung
erschienen. Tags zuvor hatte der Zeugenbeistand des Bruders
beim Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft "im Hinblick auf das freie Geleit"
angefragt, ob mit der Verhaftung seines Mandanten wegen einer etwaigen
Falschaussage zu rechnen sei, wenn dieser Angaben mache. Der Staatsanwalt
erwiderte, das sichere Geleit schütze nicht vor der Verfolgung wegen neuer,
nach der Einreise begangener Straftaten und erklärte, die Staatsanwaltschaft
könne keine Zusagen machen und müsse sich vorbehalten, im Falle des dringenden
Verdachts einer Falschaussage entsprechend zu reagieren. Vor der
Strafkammer berief sich der Zeuge dann auf sein - hier umfassendes - Auskunftsverweigerungsrecht
nach § 55 Abs. 1 StPO (jedoch ausdrücklich nicht
auf sein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO) und begab
sich wieder ins Ausland. Einige Tage später stellte der Verteidiger einen Antrag
auf kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung dieses und eines weiteren
Zeugen in deren Aufenthaltsstaat vor folgendem Hintergrund: Beim Tatnachweis
war auch hinsichtlich des Angeklagten von Bedeutung, daß an einer der
Tatwaffen DNS seines Bruders gefunden worden war. Dazu trug der Verteidiger
des Angeklagten unter Bezugnahme auf zwei schriftliche Erklärungen der
Zeugen vor: Etwa drei Monate vor der Tat traf der Bruder des Angeklagten zufällig
beider Freund A. I. , der eine von einem Franzosen - weitere Tatbeteiligte
waren französische Staatsangehörige - ausgeliehene Handfeuerwaffe
bei sich trug, um damit zu prahlen. Mit dieser Pistole, wohl die spätere
Tatwaffe, spielte auch der Bruder des Angeklagten ein paar Minuten und
konnte so seine Spuren (Hautpartikel) auf ihr hinterlassen haben. A. I.
gab die Waffe kurze Zeit später wieder zurück und keiner der beiden sah sie je
wieder. Zum Beweis dieses Vorgangs beantragte der Verteidiger die Vernehmung
der beiden als Zeugen im Ausland. Sie seien bereit, dort bei einer kommissarischen
(im nächsten deutschen Generalkonsulat) oder audiovisuellen (§
247a Satz 1 Halbs. 2 StPO) Vernehmung Angaben zu machen. Auch A.
I. weigerte sich, vor der Strafkammer in Deutschland auszusagen, wie er
dem Vorsitzenden der Strafkammer am Telefon nochmals erklärt hatte. Die
Strafkammer lehnte den Beweisantrag ab. Die kommissarische oder audiovisuelle
Vernehmung der - zur Vernehmung unmittelbar vor der Strafkammer unerreichbaren
- Zeugen im Land ihres derzeitigen Aufenthalts sei als Beweismittel
völlig ungeeignet (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Angesichts der engen Verbundenheit
beider Zeugen mit dem Angeklagten, deren Tatnähe, deren bisherigen
widersprüchlichen Angaben sowie insbesondere vor dem Hintergrund der
mangelnden effektiven Sanktionierbarkeit einer etwaigen Falschaussage bedürfe
es zur Bewertung der Aussagen eines persönlichen Eindrucks, wie ihn
nur die Vernehmung in körperlicher Anwesenheit der Zeugen zu vermitteln
vermöge.
Dies ist frei von Rechtsfehlern.
1. Die Zurückweisung des Beweisantrags ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Zur unmittelbaren Vernehmung in der Hauptverhandlung waren
die Zeugen unerreichbar im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO (vgl. BGH
NJW 2000, 443 [447]). Im übrigen - im Rahmen einer kommissarischen
oder audiovisuellen Vernehmung - bewertete sie die Strafkammer rechtsfehlerfrei
als völlig ungeeignete Beweismittel. Ob nur eine Vernehmung eines
Zeugen unmittelbar vor dem erkennenden Gericht zur Wahrheitsfindung
beizutragen vermag, hat der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen
Ermessen zu entscheiden. Dies hat die Strafkammer getan und die für ihre
Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte dargelegt. Diese Entscheidung
, die notwendig eine gewisse Vorauswürdigung des Beweismittels
erfordert, unterliegt - vergleichbar der tatrichterlichen Beweiswürdigung -
nur in eingeschränktem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung, kann
also nur bei Widersprüchen, Unklarheiten, Verstößen gegen Denk- und Er-
fahrungssätze oder damit vergleichbaren Mängeln vom Revisionsgericht
beanstandet werden. Derartige Mängel sind hier nicht erkennbar. Damit ist
die Entscheidung des Tatrichters vom Revisionsgericht hinzunehmen, das
nicht sein Ermessen an die Stelle des tatrichterlichen Ermessens setzen
kann (BGH NJW 2000, 443 [447] m.w.N.). Insbesondere durfte die Strafkammer
in Anbetracht der Scheu der Zeugen, vor der Strafkammer in
Deutschland Angaben zu machen - augenscheinlich aus Furcht vor strafrechtlicher
Verfolgung wegen Falschaussage, wie das Verhalten des Bruders
des Angeklagten zeigte -, den minderen Wert einer kommissarischen
oder Videovernehmung im Ausland hier in ihre Abwägung einbeziehen.
Denn solange die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für eine
Falsch- oder pflichtwidrige Nichtaussage im konkreten zwischenstaatlichen
Verhältnis nicht im Sinne einer effektiven Sanktionierbarkeit geklärt ist, ist
auch dieses Defizit in Betracht zu nehmen (BGH NJW 1999, 3788 [3790]).
2. Die Vorgänge im Zusammenhang mit dem gescheiterten Versuch, den Bruder
des Angeklagten als Zeugen zu hören, verstießen nicht gegen das in
Art. 6 Abs. 3 lit. d 2. Alt. MRK normierte Gebot der "Waffengleichheit". Alle
Zeugen unterliegen bei ihrer Aussage vor Gericht der Wahrheitspflicht. Dies
durchzusetzen dienen die Strafbestimmungen über die Aussagedelikte
(§§ 153 ff. StGB) auch bei einem unter Gewährung freien Geleits erschienen
"Entlastungszeugen". Die bloße Erläuterung dieser Rechtslage seitens
der Staatsanwaltschaft, allein der Hinweis auf dessen Wahrheitspflicht sowie
auf die zu erwartenden strafprozessualen Folgen bei dringendem Verdacht
einer Falschaussage verletzten das Recht des Angeklagten auf ein
faires Verfahren nicht. Daß die Staatsanwaltschaft die Absicht hatte, so eine
den Angeklagten entlastende Aussage zu verhindern, ist schon deshalb
ausgeschlossen, da der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hier allein
durch die gezielte Frage des Zeugenbeistands - einem anderen Rechtsan-
walt aus dem Büro des Verteidigers des Angeklagten - zu der entsprechenden
Auskunft veranlaßt wurde. Häufig wird jedoch das Gebot der Fairness
gegenüber dem Zeugen einen entsprechenden Hinweis seitens der Staatsanwaltschaft
oder des Gerichts - etwa im Rahmen der Belehrung gemäß
§ 57 StPO - auch von Amts wegen gebieten, etwa dann, wenn sich bei vorläufiger
Bewertung früherer Angaben des Zeugen die Gefahr abzeichnet,
dieser könnte in Verkennung des Umfangs des Schutzes durch das gewährte
freie Geleit unbesonnen falsch aussagen. Über den Antrag auf Vernehmung
des Bruders des Angeklagten im Ausland - sei es kommissarisch,
sei es audiovisuell - entschied das Gericht rechtsfehlerfrei aufgrund derselben
rechtlichen Vorgaben der Strafprozeßordnung, wie sie für jeden anderen
Zeugen auch gelten. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 lit. d 2. Alt. MRK
(Gebot der "Waffengleichheit") scheidet deshalb auch insoweit aus (vgl.
Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. MRK Art. 6 Rdn. 210 ff.).
RiBGH Dr. Boetticher ist in
Urlaub und kann deshalb
nicht unterschreiben.
Nack Nack Kolz
Hebenstreit Elf

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Aug. 2003 - 1 StR 282/03 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 52 Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh

Strafprozeßordnung - StPO | § 57 Belehrung


Vor der Vernehmung werden die Zeugen zur Wahrheit ermahnt und über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage belehrt. Auf die Möglichkeit der Vereidigung werden sie hingewiesen. Im Fall der Vereidigung sind sie über d

Strafprozeßordnung - StPO | § 295 Sicheres Geleit


(1) Das Gericht kann einem abwesenden Beschuldigten sicheres Geleit erteilen; es kann diese Erteilung an Bedingungen knüpfen. (2) Das sichere Geleit gewährt Befreiung von der Untersuchungshaft, jedoch nur wegen der Straftat, für die es erteilt is

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 282/03 vom 26. August 2003 in der Strafsache gegen wegen Anstiftung zum schweren Raub Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2003 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil de
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 282/03 vom 26. August 2003 in der Strafsache gegen wegen Anstiftung zum schweren Raub Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2003 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil de

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Das Gericht kann einem abwesenden Beschuldigten sicheres Geleit erteilen; es kann diese Erteilung an Bedingungen knüpfen.

(2) Das sichere Geleit gewährt Befreiung von der Untersuchungshaft, jedoch nur wegen der Straftat, für die es erteilt ist.

(3) Es erlischt, wenn ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil ergeht oder wenn der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft oder wenn er die Bedingungen nicht erfüllt, unter denen ihm das sichere Geleit erteilt worden ist.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Vor der Vernehmung werden die Zeugen zur Wahrheit ermahnt und über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage belehrt. Auf die Möglichkeit der Vereidigung werden sie hingewiesen. Im Fall der Vereidigung sind sie über die Bedeutung des Eides und darüber zu belehren, dass der Eid mit oder ohne religiöse Beteuerung geleistet werden kann.