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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 245/13
vom
6. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer sexueller Nötigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. August 2013 gemäß § 46
Abs. 1 StPO beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 18. Juli 2012 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

1
Gegen den Angeklagten ist am 18. Juli 2012 in seiner Anwesenheit ein Urteil verkündet worden. Gegen dieses hat er einen Tag später durch Schriftsatz seiner damaligen Verteidigerin "rein fristwahrend" Revision eingelegt. Am 27. November 2012 hat die Strafkammer das Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Dazu hat sie ausgeführt, dass die Verteidigerin zunächst trotz mehrmaliger Erinnerung das Empfangsbekenntnis nicht zurückgesandt habe und sodann nach Zustellung durch persönliche Übergabe innerhalb der mit dieser Zustellung in Lauf gesetzten Monatsfrist keine Revisionsbegründung eingegangen sei.
2
Mit Schriftsatz vom 8. März 2013, an diesem Tag bei Gericht eingegangen , beantragt der neue Verteidiger für den Angeklagten Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Revisionsbegründung und begründet die Revision. Er trägt vor, der Angeklagte habe am 30. November 2012 den Verwerfungsbeschluss der Strafkammer erhalten. Mit einem am 26. Januar 2013 bei dem Präsidenten des Bundesgerichtshofs eingegangenen Schreiben habe er sich dorthin gewandt. Daraus und aus der Einlegung der Revision ergebe sich sein unbedingter Wille, sich gegen das Urteil zur Wehr zu setzen. Am 5. März 2013 habe der Verteidiger, seit dem 11. Februar 2013 für ein Strafvollstreckungsverfahren beigeordnet, den Angeklagten erstmals besucht und sei mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung beauftragt worden. Diese späte Einlegung könne dem rechtsunkundigen Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen, da ihm zugleich mit dem Verwerfungsbeschluss ein anderer Pflichtverteidiger hätte beigeordnet und Wiedereinsetzung von Amts wegen hätte gewährt werden müssen.

II.

3
Der Antragsteller hat zwar nicht zugleich einen Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO gestellt bzw. Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 346 Abs. 2 StPO beantragt. Der Erreichung seines Rechtsschutzziels steht dies aber nicht zwingend entgegen, da die Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist dem Verfahren nach § 346 StPO die Grundlage entzieht (BGH, Beschluss vom 21. Januar 1958 – 1 StR 236/57, BGHSt 11, 152, 154; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 346 Rn. 17).
4
Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch unzulässig.
5
Gemäß § 45 StPO muss ein fristwahrendes Wiedereinsetzungsgesuch spätestens innerhalb einer Woche nach dem Wegfall des Grundes, der den Antragsteller an der rechtzeitigen Wahrnehmung einer Prozesshandlung gehindert hat, gestellt werden. Der Antragsteller muss darlegen, welche Frist er versäumt und was ihn an der Fristwahrung gehindert hat. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 2, 6 und 7; BGH, Beschluss vom 24. Juli 2012 – 1 StR 341/12). Diesen Anforderungen wird der Antrag des Angeklagten nicht gerecht.
6
So ergibt sich aus seinem Vortrag, dass er den Revisionsverwerfungsbeschluss am 30. November 2012 zur Kenntnis genommen und damit auch erfahren hat, dass seine Verteidigerin das Rechtsmittel nicht begründet hatte. Gleichwohl hat er innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO bzw. des § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO – über den Lauf dieser Frist ist er ausweislich der Akten ordnungsgemäß belehrt worden – nichts unternommen. Auch das Schreiben an den Präsidenten des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 2013, dessen Inhalt zudem nicht dargelegt wird, kommt von vornherein nicht als die Wochenfrist wahrender Antrag auf Wiedereinsetzung in Betracht. Denn es ist fast zwei Monate nach dem Wegfall des behaupteten Hindernisses verfasst worden.
7
Darüber hinaus ist kein verschuldensausschließender Sachverhalt dargelegt , da offen bleibt, ob der Angeklagte seine Verteidigerin überhaupt mit der Begründung des Rechtsmittels beauftragt hatte. Dies versteht sich angesichts der "rein fristwahrenden" Einlegung des Rechtsmittels nicht von selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2010 – 4 StR 313/10). Dass sich der Angeklagte innerhalb der Revisionsbegründungsfrist mit allen rechtlich zulässigen Mitteln gegen das Urteil zur Wehr setzen wollte, ist danach nicht erkennbar. Von daher bestand für das Landgericht auch kein Anlass, wegen der ausbleibenden Revisionsbegründung durch die Verteidigerin, mag dies auch verknüpft sein mit der Nichtrückgabe des Empfangsbekenntnisses, dem Angeklagten Wiedereinsetzung von Amts wegen zu gewähren.
8
Selbst in Anbetracht seiner Rechtsunkundigkeit hätte der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit gehabt, seinen Willen zur Anfechtung des Urteils und sein mangelndes Verschulden an der Fristversäumnis trotz des Revisionsverwerfungsbeschlusses zum Ausdruck zu bringen, z.B. durch eine schriftliche Eingabe – so hat er sich auch an den Präsidenten des Bundesgerichtshofs wenden können – oder durch eine Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle gemäß § 299 StPO. Der jetzt zu Tage getretene Wille zur Anfechtung ist demgegenüber unbeachtlich, da ein Motivwechsel keinen Grund für eine Wiedereinsetzung darstellt.
Raum Graf Cirener Radtke Mosbacher

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(1) Ist die Revision verspätet eingelegt oder sind die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form angebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an das Revisionsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. Die Vorschrift des § 35a gilt entsprechend.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 341/12
vom
24. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2012 gemäß §§ 46,
349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 25. April 2012 wird als unzulässig verworfen. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig.
2
Der Antragsteller muss darlegen, welche Frist er versäumt und was ihn an der Fristwahrung gehindert hat. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 2, 6 und 7; BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 1 StR 412/09). Diesen Anforderungen wird der Antrag des Angeklagten nicht gerecht.
3
Zwar trägt er vor, er habe noch am „Tag der Urteilsverkündung“, mithin am 25. April 2012 und damit rechtzeitig, seinen Verteidiger mit einem an die- sem Tag „zur Post in der JVA“ gegebenen Schreiben mit der Einlegung der Re- vision beauftragt. Dieses Schreiben habe den Verteidiger aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen erst am 4. Mai 2012 erreicht. Insoweit versäumt der Angeklagte aber, Zeit und Umstände der Absendung näher zu bezeichnen (vgl. hierzu BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 3 und 8). Da ohne diese Angaben nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob ihn ein Verschulden oder Mitverschulden an der geltend gemachten Verzögerung der Postzustellung trifft, führt bereits dieser Mangel zur Unzulässigkeit des Antrags.
4
Im Übrigen aber ist der Vortrag nicht glaubhaft gemacht. Einziges Mittel zur Glaubhaftmachung ist der erst am 3. Juli 2012 vorgelegte Brief des Angeklagten an seinen Verteidiger. Dem auf den 25. April 2012 datierten Schreiben ist zu entnehmen, der Angeklagte „habe derweil dem Landgericht mitgeteilt … in Revision gehen“ zu möchten. Tatsächlich befindet sich bei den Sachakten die Revisionseinlegung des Angeklagten, die bei dem Landgericht am 4. Mai 2012 eingegangen, indes mit dem Ausstellungsdatum 2. Mai 2012 versehen ist und damit eine Woche nach der behaupteten Beauftragung datiert. Will der Angeklagte die Beauftragung seines Verteidigers mit der Revisionseinlegung aber erst nach der eigenhändigen Revisionseinlegung vorgenommen haben, ist es danach nicht wahrscheinlich, dass das Beauftragungsschreiben schon am 25. April 2012 verfasst und abgesandt worden ist. Mit einer Beauftragung des Verteidigers nach der eigenhändigen Revisionseinlegung am 2. Mai 2012 ließe sich im Übrigen ohne weiteres der behauptete Poststempel des Beauftragungsschreibens vom 3. Mai 2012 in Einklang bringen. Dass der Angeklagte bereits vor dem 2. Mai 2012 dem Gericht in einem weiteren Schreiben seinen Anfechtungswillen mitgeteilt hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
5
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Angeklagte am 2. Mai 2012, also noch innerhalb der Frist Revision eingelegt hat, sein Rechtsmittel aber erst am 4. Mai 2012 und damit nicht mehr fristgerecht bei Gericht eingegangen ist, ist ihm keine Wiedereinsetzung zu gewähren. Bei Aufgabe zur Post am letzten Tag der Frist durfte der Angeklagte schon nicht damit rechnen, dass seine Rechtsmittelschrift noch an diesem Tag bei Gericht eingeht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - 2 StR 366/08, bei Cierniak/Zimmermann NStZ-RR 2011, 97, 100 Nr. 13: zur Aufgabe am Tag vor Fristablauf). Zumindest die übliche Postlaufzeit von einem Werktag hätte er einkalkulieren müssen (vgl. hierzu BVerfG NJW 1992, 1952).
6
2. Die Revision des Angeklagten ist als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO), da die Revisionseinlegung nicht innerhalb der Frist des § 341 Abs. 1 StPO und damit verspätet eingelegt worden ist.
7
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Nack Rothfuß Hebenstreit Sander Cirener

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Ist die Revision verspätet eingelegt oder sind die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form angebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an das Revisionsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. Die Vorschrift des § 35a gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 313/10
vom
5. August 2010
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. August 2010 gemäß
§ 46 Abs. 1, § 346 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 10. März 2010 wird als unzulässig verworfen. 2. Der Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts Zweibrücken vom 26. Mai 2010 wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei Vorwegvollzug von einem Jahr der verhängten Strafe angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten "zur Fristwahrung" Revision eingelegt und hierbei weiter ausgeführt: "Ich werde bis zum Ende der kommenden Kalenderwoche mitteilen, ob das Revisionsverfahren durchgeführt werden soll". Nachdem bis zum Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO weder die angekündigte Erklärung noch eine Rechtsmittelbegründung eingegangen war, verwarf das Landgericht die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Hiergegen hat der Angeklagte auf Entscheidung des Revisionsgerichts angetragen und zugleich um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ersucht. Die versäumte Prozesshandlung hat er nachgeholt und hierbei die Revision auf die Anordnung der Maßregel beschränkt.
2
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig; dementsprechend erweist sich der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO als unbegründet. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 29. Juni 2010 Folgendes ausgeführt: "1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig , weil es an der erforderlichen genauen Darlegung und Glaubhaftmachung aller der zwischen Beginn und Ende der versäumten Frist liegenden Umstände fehlt, die für die Frage bedeutsam sind, wie und gegebenenfalls durch wessen Verschulden es zu dem Versäumnis gekommen ist (vgl. BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 1 und 5). Die Revision ist ausdrücklich zunächst nur zur Fristwahrung eingelegt worden. Eine Entscheidung, ob die Revision durchgeführt, mithin seitens des Angeklagten dem Revisionsverfahren Fortgang gegeben werden sollte, war zu diesem Zeitpunkt ersichtlich noch nicht getroffen. Ob und gegebenenfalls wann der Angeklagte diese Entscheidung getroffen und seinen Verteidiger mit der Abfassung der Revisionsbegründung beauftragt hat, ist nicht vorgebracht. Es ist demnach kein vollständiger Sachverhalt dargelegt, der ein Verschulden des Angeklagten an der Fristversäumnis ausschließt.
2. Der zulässige Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO ist unbegründet. Innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO ist beim Landgericht keine Revisionsbegründung und kein Revisionsantrag eingegangen … Das Landgericht hat da-
her die Revision zu Recht als unzulässig gemäß § 345 Abs. 1 StPO verworfen".
3
Dem tritt der Senat bei.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Der nicht auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte kann die Erklärungen, die sich auf Rechtsmittel beziehen, zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts geben, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, wo er auf behördliche Anordnung verwahrt wird.

(2) Zur Wahrung einer Frist genügt es, wenn innerhalb der Frist das Protokoll aufgenommen wird.