Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2017 - 1 StR 195/17

bei uns veröffentlicht am21.06.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 195/17
vom
21. Juni 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2017:210617B1STR195.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 21. Juni 2017 beschlossen :
1. Die Revision der Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 12. Januar 2017 wird mit folgender Maßgabe als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO): Der Ausspruch über die Einziehung wird dahin neugefasst, dass die sichergestellten 307,6 g Marihuana, 224 EcstasyTabletten mit der Motivprägung eines Teufelskopfs, 6,38 g MDMA-HCL, 5,54 g Kokaingemisch, 52,55 g Marihuana, 0,9 g MDMA-HCL und drei abgepackte Konsumeinheiten Marihuana mit insgesamt 9,8 g, eingezogen werden. 2. Es wird davon abgesehen, der Beschwerdeführerin die Kosten ihres Rechtsmittels aufzuerlegen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ ange- ordnet.
2
Die mit der nicht ausgeführten Verfahrens- und Sachrüge begründete Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Jedoch war die im Urteil ausgesprochene Einziehungsentscheidung fehlerhaft und deshalb neu zu fassen.
3
Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände im Tenor so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2017 – 5 StR 133/17; vom 26. Januar 2017 – 5 StR 531/16; vom 10. Mai 2017 – 2 StR 117/17, StraFO 2017, 245 und vom 10. November 2016 – 1 StR 453/16, NStZ 2017, 88, 89). Dies ist vorliegend unterblieben, da lediglich die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeordnet worden ist.
4
Insoweit bedarf es jedoch keiner Zurückverweisung. Die Urteilsgründe enthalten die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über Art und Menge , so dass die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO vom Senat nachgeholt werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2014 – 3 StR 398/13, NStZ-RR 2015, 16, 17 und vom 23. November 2010 – 3 StR 393/10).
5
Der Senat hat davon abgesehen, der Angeklagten die Verfahrenskosten aufzuerlegen (§ 74 JGG).
Raum RiBGH Prof. Dr. Jäger befindet Bellay sich im Urlaub und ist an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum
Cirener Fischer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 74 Kosten und Auslagen


Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 133/17
vom
11. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2017:110517B5STR133.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Mai 2017 gemäß § 349 Abs. 2, Abs. 4 und § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 20. Dezember 2016
a) in der Einziehungsentscheidung dahingehend neu gefasst , dass über das sichergestellte Kraftfahrzeug hinaus folgende Gegenstände eingezogen werden: 29,48 g Kokain, 8.046,72 g Amphetamin, 6.560,27 g Marihuana , 6.150,20 g Coffein, 2 Feinwaagen der Marke Steinbach, 2 Feinwaagen der Marke Beuren, 1 Feinwaage der Marke Ciatronic, 1 Vakuumiergerät der Marke Caso VC 100, 1 Karton „eurobox Art. Nr. 586“ mit 465 Kunststoffschalen Inhalt, 1 Karton „eurobox Art. Nr. 595“ mit 470 Kunststoffdeckeln Inhalt, 2 Cuttermesser, 1 Löffel , 5 Tüten (50 cm lang), 6 Tüten (60 cm lang), 16 weitere Tüten sowie 3 Packungen Gefrierbeutel der Marke Toppits.

b) im Ausspruch über den erweiterten Verfall von 10.205 Euro aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Das mit der Sachrüge begründete Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
2
1. Die im Urteil ausgesprochene Einziehungsentscheidung „die sichergestellten Betäubungsmittel und die zur Veräußerung der Betäubungsmittel benötigten Gegenstände (Waagen und Verpackungsmaterialien) werden eingezo- gen“ istinsoweit fehlerhaft. Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände im Tenor so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsbehörden Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2017 – 5 StR 531/16). Im vorliegenden Fall bedarf es allerdings insoweit keiner Zurückverweisung. Die Urteilsgründe enthalten die erforderlichen Angaben (UA S. 22), so dass der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die Einziehungsentscheidung nachholen kann.
3
2. Die Entscheidung über den erweiterten Verfall von 10.205 Euro hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Tatgericht hat die auch im Zusammenhang mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten belangvolle Härtevorschrift des § 73c StGB überhaupt nicht in den Blick genommen.
Mutzbauer Sander Schneider
Dölp Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 531/16
vom
26. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:260117B5STR531.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2017 beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 18. Juli 2016 im Ausspruch über die Einziehung

a) dahin neugefasst, dass die sichergestellten 81,75 Gramm Amphetamin, 39,42 Gramm Kokain und 77,74 Gramm Cannabis eingezogen werden;

b) im Übrigen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 22 Fällen, davon in zehn Fällen in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, eine Verfallsentscheidung getroffen und die Einziehung der „sichergestellten Mobil- telefone und Betäubungsmittel“ angeordnet. Die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge begründete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2
Die im Urteil ausgesprochene Einziehungsentscheidung ist fehlerhaft. Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände im Tenor so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 453/16 mwN). Diesen Anforderun- gen wird die Kennzeichnung der Einziehungsgegenstände nicht gerecht.
3
Soweit die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeord- net worden ist, bedarf es jedoch keiner Zurückverweisung. Die Urteilsgründe enthalten die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über Art und Menge , so dass die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO vom Senat nachgeholt werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2014 – 3 StR 398/13, NStZ-RR 2015, 16, 17; und vom 23. November 2010 – 3 StR 393/10). Hinsicht- lich der „sichergestellten Mobiltelefone“ kommt dies jedoch nicht in Betracht; das Urteil enthält schon keine Bezeichnung zu ihrer Individualisierung. Ohnehin ergeben die bisherigen Feststellungen keine hinreichenden Anhaltspunkte da- für, dass Telefone zur Begehung der Taten verwendet worden sind, mithin die sachlich-rechtlichen Einziehungsvoraussetzungen vorliegen. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Mutzbauer Sander Schneider
Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 117/17
vom
10. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
zu 2.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:100517B2STR117.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Mai 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit dem Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist,
b) im Ausspruch über die Einziehung, auch soweit es den Mitangeklagten H. betrifft. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen. Dagegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
2. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch und hinsichtlich der verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
4
3. Die Versagung der Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung hat hingegen keinen Bestand. Die Begründung des Landgerichts, mit welcher besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB verneint wurden, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat maßgeblich darauf abgestellt, dass gegen den Angeklagten, der sich zu den Tatvorwürfen nicht geäußert hat, unmittelbar vor Beginn des letzten Hauptverhandlungstages ein Haftbefehl des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) verkündet worden sei. Dem Haftbefehl liege unter anderem zugrunde, dass der Angeklagte dringend verdächtig sei, am 24. Dezember 2015 in L. einen Wohnungseinbruchsdiebstahl mit einem Schaden in Höhe von rund 135.000 Euro begangen zu haben. Eigene Feststellungen zu den im Haftbefehl aufgeführten Taten hat das Landgericht nicht getroffen.
5
Diese Erwägung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Vorwürfe aus einem schwebenden Verfahren, in dem ein Urteil noch aussteht, dürfen bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung nicht zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden, wenn das Gericht zur Richtigkeit dieser Beschuldigungen keine eigenen, prozessordnungsgemäßen Feststellungen getroffen hat (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 24. Februar 1987 - 4 StR 56/87, BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 3; Beschluss vom 19. Juni 2012 - 4 StR 139/12 [insoweit in NStZ 2013, 36 nicht abgedruckt]). Der bloße Verdacht einer weiteren Straftat darf aufgrund der Unschuldsvermutung nicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden; dies gilt selbst dann, wenn in dem anderen Verfahren aufgrund eines dringenden Tatverdachts bereits Untersuchungshaft angeordnet worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 5 StR 350/93, StV 1993, 458, 459).
6
4. Die Einziehungsanordnung hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: „DerAusspruch über die Anordnung einer Einziehung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu kennzeichnen, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; im Falle von Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2014 - 2 StR 418/14 […]).
Zwar enthält der Einziehungsausspruch solche Angaben. Aufgrund des zugleich erfolgenden Verweises auf Asservatenverzeichnisse ist jedoch unklar, ob diese Angaben vollständig sind. Zudem widersprechen sie teilweise den in den Urteilsgründen bezeichneten Mengen. […] So ist das am 22. Dezember 2015 sichergestellte Marihuana […], auf das sich die Einziehung nach den Urteilsgründen erstrecken soll […], im Tenor nicht ausdrücklich aufgeführt. Dagegen lassen sich die beiden dort genannten Mengen […] den Urteilsgründen nicht zuordnen. […] Aufgrund dieser Unklarheiten, die auch eine Konkretisierung des Einziehungsausspruchs durch den Senat ausschließen, ist dieser insgesamt aufzuheben.“
7
Dem tritt der Senat bei.
8
Die Aufhebung der Einziehungsanordnung war gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten H. zu erstrecken (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1966 - 1 StR 592/65, BGHSt 21, 66, 69). Da es sich nach den Feststellungen um Einziehungsgegenstände beider Angeklagter handelt , betrifft der Rechtsfehler auch den wegen derselben Tat verurteilten Mitangeklagten.
Appl Krehl Eschelbach
Zeng Grube

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 453/16
vom
10. November 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten schweren Bandendiebstahls
hier: Revision des Angeklagten T.
ECLI:DE:BGH:2016:101116B1STR453.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 10. November 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten T. wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe (Auswärtige Strafkammer Pforzheim) vom 11. April 2016 – auch hinsichtlich des nicht revidierenden Mitangeklagten M. – im Ausspruch über die Einziehung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. und den nichtrevidierenden Mitangeklagten M. jeweils wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, M. zudem in einem Fall in Tateinheit mit der Störung von Telekommunikationsanlagen, zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Zudem hat das Landgericht bestimmt, dass eine Vielzahl von Asservaten gemäß in Bezug genommener mehrseitiger Auflistungen eingezogen wird. Die mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge begründete Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift näher ausgeführt hat, im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2
Die Einziehungsentscheidung kann nicht bestehen bleiben, denn das Landgericht hat die einzuziehenden Gegenstände nicht ausreichend konkret bezeichnet. Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht. Dies kann bei umfangreichem Material in einer besonderen Anlage zum Urteilstenor geschehen, die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis genügt hingegen nicht (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2014 – 3 StR 398/13, NStZ-RR 2015, 16 und vom 25. August 2009 – 3 StR 291/09, je mwN). Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen auch nicht in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände nachholen (vgl. hierzu BGH aaO), zumal nach den Urteilsgründen unklar bleibt, ob im hiesigen Verfahren Gegenstände eingezogen werden, die einem gesondert verfolgten Mittäter gehören (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1997 – 4 StR 442/97; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 74 Rn. 21 mwN).
3
Um dem neuen Tatgericht einheitliche, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu etwaigen Einziehungsgegenständen zu ermöglichen, hebt der Senat die zugehörigen Feststellungen insgesamt auf.
4
Die Entscheidung ist entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts nach § 357 Satz 1 StPO auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten M. zu erstrecken, weil dieser von dem genannten materiell-rechtlichen Rechtsfehler ebenfalls betroffen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16 und vom 14. Mai 2014 – 3 StR 398/13, NStZ-RR 2015, 16). Graf Radtke Mosbacher Fischer Bär

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 9 8 / 1 3
vom
14. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 3.: Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
hier: Revisionen der Angeklagten Kr. und H.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 14. Mai 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 Satz 1 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Mönchengladbach vom 3. Mai 2013 im Ausspruch
über die Einziehung - auch hinsichtlich des nicht revidierenden
Mitangeklagten K. -

a) dahin neugefasst, dass die sichergestellten 484 Gramm
Kokain eingezogen werden;

b) im Übrigen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wir die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Kr. wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge in sechs Fällen zu der Gesamt- freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten H. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und den nicht revidierenden Mitangeklagten K. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Außerdem hat es die "sichergestellten Betäubungsmittel und Handelsutensilien" eingezogen. Die auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revisionen haben nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Insoweit war die Neufassung des angegriffenen Urteils und dessen teilweise Aufhebung auf den Mitangeklagten K. zu erstrecken (§ 357 Satz 1 StPO).
2
1. Hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs erweisen sich die Revisionen beider Angeklagter aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Ergänzend hierzu bemerkt der Senat:
4
Die Rüge des Angeklagten Kr. , dass mehrere im Rahmen der Überwachung der Telekommunikation erhobene SMS-Mitteilungen nicht im Streng-, sondern lediglich im Freibeweisverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, im Urteil aber gleichwohl Berücksichtigung gefunden haben (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 1991 - 2 StR 311/90, StV 1991, 148, 149), ist nicht zulässig erhoben.
5
Der Revisionsführer trägt insoweit vor, dass aufgrund einer - nach Widerspruch durch die Verteidiger gerichtlich bestätigten - Verfügung des Vorsitzenden mehrere, im einzelnen bezeichnete SMS-Mitteilungen verlesen worden sind "zunächst, um die Berechtigung der ab Ende 2012 erlassenen TÜBeschlüsse durch das Amtsgericht Mönchengladbach prüfen zu können". Dieses Vorbringen genügt den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht. Die Revision versäumt es mitzuteilen, dass die genannten Urkunden nicht an anderer Stelle im Strengbeweisverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Insbesondere wird nicht vorgetragen, dass die SMS vom 20. November 2011, 15.00 Uhr, im Hauptverhandlungstermin vom 27. November 2012 verlesen worden ist.
6
2. Dagegen ist die im Urteil ausgesprochene Einziehungsanordnung fehlerhaft. Der Generalbundesanwalt hat in seinen Antragsschriften hierzu ausgeführt : "Allerdings kann die Einziehungsanordnung nicht bestehen bleiben; denn das Landgericht hat die einzuziehenden Gegenstände nicht ausreichend konkret bezeichnet. Einzuziehende Gegenstände müssen so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (Senat NStZ-RR 2009, 384 sowie Beschluss vom 16. Oktober 2012 - 3 StR 406/12 und vom 23. November 2011 [richtig: 2010] - 3 StR 393/10). Diesen Anforderungen wird die Kennzeichnung der Einziehungsgegenstände in der Urteilsformel nicht gerecht. Einer Zurückverweisung der Sache bedarf es jedoch nicht, wenn die Urteilsgründe die erforderlichen Angaben enthalten und das Revisionsgericht gemäß § 354 Abs. 1 StPO die Entscheidung selbst treffen kann (Senat a.a.O.). Soweit die Einziehung der 'sichergestellten Betäubungsmittel' angeordnet worden ist, die das Landgericht allerdings auf § 33 Abs. 2 BtMG hätte stützen müssen, enthalten die Urteilsgründe die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über Art und Menge, so dass die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände insoweit nachgeholt werden kann (UA S. 8 und 41). In Bezug auf die 'sichergestellten Handelsutensilien' hält die Einziehungsanordnung indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand (UA S. 47). Hinsichtlich der Mobiltelefone enthält das Urteil keine Bezeichnung zu ihrer Individualisierung; damit bleibt zugleich offen, ob es sich bei ihnen um die bei der Tat benutzten handelt und mithin die sachlichrechtlichen Einziehungsvoraussetzungen vorliegen. Ebenso enthält das Urteil keine Angaben zur Art und zur Menge des Verpackungsmaterials. Auch lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, ob auch die - jedoch der Menge nach nicht konkretisierten - sichergestellten Streckmittel (UA S. 42) der Einziehung unterfallen (UA S. 47). In Bezug auf die 'sichergestellten Handelsutensilien' besteht daher allein hinsichtlich der Feinwaage Klarheit über den Umfang der Einziehung. Gleichwohl erscheint es angezeigt, die Einziehungsentscheidung hinsichtlich der 'sichergestellten Handelsutensilien' insgesamt aufzuheben, um dem neuen Tatgericht eine einheitliche Entscheidung hierüber zu ermöglichen. Gemäß § 357 StPO ist eine Erstreckung der Aufhebung des angefochtenen Urteils auf die Einziehungsanordnung gegen den nicht revidierenden Mitangeklagten K. geboten."
7
Dem schließt sich der Senat an.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 393/10
vom
23. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 23. November
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Kleve vom 10. August 2010

a) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben;

b) in der Einziehungsanordnung dahin klargestellt,
dass 1.114,1 Gramm Heroin eingezogen werden.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Einziehung der "sichergestellten Betäubungsmittel" angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Strafausspruchs und Klarstellung der Einziehungsanordnung; im Übrigen ist sie unbegründet.
3
1. Die Strafzumessung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Freiheitsstrafe nach Darlegung und Abwägung der strafmildernd und straferschwerend erachteten Umstände "zudem unter Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen" bemessen, ohne dies näher zu begründen.
4
Das ist rechtsfehlerhaft. Generalpräventive Aspekte dürfen bei der Strafzumessung - im Rahmen schuldangemessenen Strafens - nur dann zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden, wenn eine gemeinschaftsgefährdende Zunahme der abgeurteilten Tat vergleichbarer Straftaten festzustellen ist, die zur Abwehr der Gefahr der Nachahmung und zum Schutz der betroffenen Rechtsgüter eine allgemeine Abschreckung geboten erscheinen lässt (BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2008 - 3 StR 150/08, StraFo 2008, 336 und vom 11. August 1982 - 2 StR 438/82, NStZ 1982, 463; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 46 Rn. 11 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Hierzu ist dem angefochtenen Urteil nichts zu entnehmen. Die Strafe muss deshalb neu zugemessen werden.
5
2. Die auf § 33 BtMG gestützte Einziehungsanordnung ist nicht hinreichend bestimmt. Der Ausspruch über die Anordnung einer Einziehung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu kennzeichnen, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; im Falle von Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 1991 - 1 StR 719/91, BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand 2). Da die erforderlichen Angaben in den Urteilsgründen enthalten sind, hat der Senat die Einziehungsentscheidung dementsprechend neu gefasst.
Becker Pfister von Lienen
Hubert Mayer

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.