Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2019 - 1 StR 127/19

bei uns veröffentlicht am23.05.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 127/19
vom
23. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:230519B1STR127.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 23. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 5. November 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in 44 Fällen, davon in 26 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei , sowie der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in zwei Fällen schuldig ist; im Übrigen wird die Angeklagte freigesprochen; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die der Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben;
c) im Ausspruch über die Einziehung dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 304.144,40 € angeordnet wird. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 46 Fällen, davon in 26 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei und zwei weiteren Fällen im Versuch, und wegen Steuerhinterziehung in 44 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 815.572,93 €, sichergestellter Zigaretten und eines Mobiltelefons angeordnet.
2
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte die Angeklagte im Zeitraum von Dezember 2016 bis April 2018 in 46 Fällen von unbekannt gebliebenen polnischen Lieferanten aus Drittländern stammende, unversteuerte und unverzollte Zigaretten an. In 44 Fällen verkaufte sie diese nach Erhalt ohne Erklärung gegenüber der zuständigen Zollbehörde im Straßenverkauf gewinnbringend weiter. In zwei Fällen kam es nicht zu der geplanten Übergabe der Zigaretten an die Angeklagte, da die Zigaretten zuvor von Zollbeamten sichergestellt wurden (Fall 21 der Urteilsgründe) beziehungsweise die Angeklagte vor der Übergabe festgenommen wurde (Fall 46 der Urteilsgründe).
4
Im Rahmen der Bestellungen der Zigaretten wirkte die Angeklagte in 26 Fällen mit einem geschäftlichen Bekannten namens H. in Form einer Bestellgemeinschaft zusammen; in diesen Fällen übermittelte die Angeklagte den ihr von dem Bekannten mitgeteilten Bedarf und die von ihr selbst benötigten Mengen als Gesamtbestellung an ihre Lieferanten. Die Angeklagte reichte den ihr von H. übergebenen Anteil an dem Gesamtkaufpreis an die Lieferanten weiter; der für den Bekannten H. vorgesehene Anteil der Lieferungen wurde jeweils direkt an diesen ausgeliefert.
5
Der von der Angeklagten erzielte Verkaufspreis im Straßenverkauf lag pro Stange Zigaretten bei mindestens 19 €. Auf den an die Angeklagte gelieferten Zigaretten lastete – in den Fällen 1 bis 20 und 22 bis 45 – deutsche Tabaksteuer in Höhe von insgesamt 511.428,53 €.

II.

6
1. Der Senat ändert den Schuldspruch ab, da die Feststellungen die Verurteilung der Angeklagten wegen tatmehrheitlich begangener Steuerhinterziehungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 TabStG) nicht tragen.
7
a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler in den Fällen 1 bis 20 und 22 bis 45 der Urteilsgründe durch den Ankauf von unversteuerten und unverzollten Zigaretten jeweils den Tatbestand der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Var. 1 AO), in den Fällen 1 bis 20, 22, 24 bis 27 und 29 der Urteilsgründe jeweils tateinheitlich dazu der Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei sowie in den Fällen 21 und 46 der Urteilsgründe der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei als erfüllt angesehen.
8
b) Die weitere Annahme tatmehrheitlich dazu verwirklichter Steuerhinterziehungen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen über die von der Angeklagten bezogenen unverzollten und unversteuerten Zigaretten in den Fällen 47 bis 90 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung hingegen nicht stand.
9
Aus § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 TabStG ergibt sich, dass der Empfänger der Tabakwaren Steuerschuldner wird und unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben hat. Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war aber hier unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung beizu- tragen („nemo tenetur se ipsum accusare“; hierzu näher Klein/Jäger, AO, 14. Aufl., § 393 Rn. 26 ff.; Hüls/Reichling/Schott, Steuerstrafrecht, § 370 Rn. 115 ff.).
10
aa) Der Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung ist verfassungsrechtlich zum einen von dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG umfasst, zum anderen ist er als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG anerkannt. Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit wird zudem ausdrücklich durch Art. 14 Abs. 3 Buchst. g des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (BGBl. 1973 II S. 1533) und durch das Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 6 EMRK gewährleistet (vgl. dazu insgesamt BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 6. September 2016 – 2 BvR 890/16 Rn. 34 sowie JJR/Joecks, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 393 Rn. 8 f. jeweils mwN).
11
bb) Im steuerlichen Verfahren besteht die Pflicht zur Mitwirkung allerdings auch dann fort, wenn der Steuerpflichtige sich durch die Erfüllung dieser Pflicht selbst belasten könnte. § 393 Abs. 1 Satz 2 AO enthält insoweit jedoch ein Verbot der Anwendung von Zwangsmitteln nach § 328 AO zur Durchsetzung der steuerlichen Pflichten.
12
Im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO im Falle des Unterlassens von den Erklärenden möglicherweise selbst belasten- den Angaben wird die Selbstbelastungsfreiheit hingegen in Ausnahmefällen dadurch gewährleistet, dass die Strafbewehrung der steuerlichen Pflichten suspendiert ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2001 – 5 StR 587/00 Rn. 30 f., BGHSt 47, 8, 15 f. und vom 10. Januar 2002 – 5 StR 452/01 Rn. 5). In der Regel bestehen die Erklärungspflichten jedoch fort, wenn der Betroffene auf andere Weise, insbesondere durch ein strafrechtliches Verwendungsverbot ausreichend geschützt werden kann (vgl. beispielhaft BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 1 StR 405/14, BGHSt 60, 188 Rn. 22 mwN; zusammenfassend Hüls/Reichling/Schott, Steuerstrafrecht, § 370 Rn. 116 ff.). In diesem Zusammenhang ist vor allem danach zu differenzieren, ob sich die in Rede stehende Erklärungspflicht auf den durch das Strafverfahren betroffenen oder einen anderen Veranlagungszeitraum bezieht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2001 – 5 StR 587/00 Rn. 24 ff., BGHSt 47, 8, 12 ff. und vom 12. Januar 2005 – 5 StR 191/04 Rn. 14 f.; Hüls/Reichling/Lindemann, Steuerstrafrecht , § 393 Rn. 37).
13
Überdies ist für den Fall deliktisch erlangter Einkünfte anerkannt, dass der nemo-tenetur-Grundsatz zu einer Reduzierung des Umfangs der Erklärungspflicht führt. Der Steuerpflichtige ist zwar verpflichtet, den Umfang der illegal erworbenen Vermögenswerte in der Steuererklärung anzugeben, er muss aber keine weiteren Angaben über deren genaue Herkunft machen (vgl. BGH, Urteile vom 5. Mai 2004 – 5 StR 139/03 Rn. 21 und vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05 Rn. 82 ff., BGHSt 50, 299, 316 ff.; a.A. Kohlmann/ Hilgers-Klautzsch, Steuerstrafrecht, 62. Lieferung, § 393 Rn. 127 f. mwN).
14
Dem Erklärungspflichtigen sind allerdings dann keinerlei Rechte aus dem nemo-tenetur-Grundsatz zuzubilligen, wenn er die Strafverfolgung für bereits begangene Steuerhinterziehungen durch die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige nach § 371 AO vermeiden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 1 StR 405/14, BGHSt 60, 188 Rn. 22; vom 21. August 2012 – 1 StR26/12, wistra 2012, 482, 484 und vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08 Rn. 26, BGHSt 53, 210, 218; Kohlmann/Ransiek, Steuerstrafrecht, 63. Lieferung , § 370 Rn. 307).
15
cc) Hier resultiert aus dem nemo-tenetur-Grundsatz eine Befreiung der Angeklagten von der strafbewehrten Erklärungspflicht. Die Angeklagte befand sich hinsichtlich ihrer Erklärungspflicht aus § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG in einer unauflösbaren Konfliktsituation. Hätte sie als Steuerhehlerin die unversteuerten und unverzollten Tabakwaren in dem dafür vorgesehenen Verfahren bei der zuständigen Zollbehörde erklärt, hätte sie damit zugleich die begangene Steuerhehlerei durch den Ankauf oder das Sich-Verschaffen der Tabakwaren offenbart. Dies führte zur Unzumutbarkeit, überhaupt Angaben zu machen, da der Vorgang der Steuerhehlerei den Behörden noch nicht bekannt war und die Offenbarung naheliegend die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach sich gezogen hätte.
16
Es kommt hinzu, dass sich die Steuerhehlerei und die Hinterziehung der Tabaksteuer auf dieselben Tabakwaren beziehen und insgesamt einen einheitlichen Lebenssachverhalt betreffen, der von derselben Tatmotivation getragen wird, nämlich der gewinnbringenden Veräußerung der unversteuerten Tabakwaren. Das Unterlassen der nach § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG erforderlichen Steuererklärung stellt sich dementsprechend stets als notwendiger (weiterer) Schritt zur Verwirklichung dieses Gesamtunrechts dar. Der Straftatbestand der Steuerhehlerei und die Regelungen des Tabaksteuergesetzes verfolgen mit der Verhinderung des Inverkehrbringens unversteuerter Zigaretten letztlich auch ein identisches Ziel, so dass durch die Steuerhinterziehung im Ergebnis kein weitergehendes Tatunrecht geschaffen wird. Zudem sind die Ausführungshandlungen der Steuerhehlerei und der Steuerhinterziehung hier zeitlich eng miteinan- der verknüpft, da mit der Übergabe der Zigaretten an die Angeklagte zeitgleich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 TabStG die unverzüglich zu erfüllende Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung entsteht.
17
Die Angeklagte vermag Straffreiheit hinsichtlich der Steuerhehlerei auch nicht über eine möglicherweise in der Steuererklärung liegende Selbstanzeige zu erlangen. Denn die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige durch eine entsprechende Mitteilung gegenüber der Zollbehörde besteht für den Straftatbestand der Steuerhehlerei nach der Abgabenordnung nicht. So bezieht sich die Regelung in § 371 AO lediglich auf Steuerhinterziehungen gemäß § 370 AO.
18
2. Da nach alledem eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Hinterziehung der Tabaksteuer nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ausscheidet, ist der Schuldspruch entsprechend zu ändern und die Angeklagte im Hinblick auf die tatmehrheitlich angeklagten Taten teilweise freizusprechen, auch wenn nach dem zuvor Ausgeführten die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit naheliegen dürfte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Januar 2007 – 5 StR 9/07 Rn. 1 und vom 29. September 2017 – 4 StR 256/17 Rn. 2; KK-StPO/Ott, 8. Aufl., § 260 Rn. 21 mwN; zu dem Konkurrenzverhältnis zwischen Steuerhehlerei und Tabaksteuerhinterziehung anders noch BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 – 1 StR 21/11 Rn. 7: Tatmehrheit).
19
Der Teilfreispruch bedingt den Fortfall der in den Fällen 47 bis 90 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen. Das Entfallen der Einzelstrafen entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine niedrigere Strafe verhängt hätte, auch wenn das Landgericht den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit jeweils in dem Erwerb der illegalen Zigaretten und damit der Steu- erhehlerei gesehen hat (UA S. 37). Die der Strafzumessung zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen können getroffen werden, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
20
3. Das Entfallen der Strafbarkeit wegen Hinterziehung der Tabaksteuer hat zur Folge, dass lediglich der Betrag von 304.144,40 €, den die Angeklagte aus der Veräußerung der Zigaretten erzielt hat, der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 73 c Satz 1 StGB unterliegt. Der Steuerhehler erlangt, indem er die Zigaretten ankauft oder sich sonst verschafft, zunächst die Zigaretten und durch den anschließenden Weiterverkauf den hieraus erzielten Erlös (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 – 1 StR 37/11 Rn. 11). Nur dieser Betrag unterliegt vorliegend der Einziehung.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.

(1) Ein Verwaltungsakt, der auf Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit Zwangsmitteln (Zwangsgeld, Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang) durchgesetzt werden. Für die Erzwingung von Sicherheiten gilt § 336. Vollstreckungsbehörde ist die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(2) Es ist dasjenige Zwangsmittel zu bestimmen, durch das der Pflichtige und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden. Das Zwangsmittel muss in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Die mangelhafte Dokumentation von Zahlungen kann nur dann eine im
Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung begründen
, wenn im Einzelfall mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen
und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung
der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
2. Ist wegen der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ein
Strafverfahren anhängig, entfällt während der Dauer des Strafverfahrens
die Strafbarkeit hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung.
BGH, Beschl. v. 26. April 2001 - 5 StR 587/00
LG Bochum -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. April 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2001

beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten L wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit dieser Angeklagte wegen Steuerhinterziehung im Hinblick auf die Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 v erurteilt wurde. Insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen; dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.
II. Auf die Revisionen der Angeklagten L , Dr. M und B wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO – auch soweit es sich auf den Mitangeklagten S bezieht – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten wegen Untreue bzw. wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt wurden,
b) soweit der Angeklagte Dr. M wegen Betruges verurteilt wurde, hinsichtlich des Strafausspruches,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten L wegen Beihilfe zur Untreue in 195 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten Dr. M hat es wegen Untreue in 93 Fällen, Steuerhinterziehung in drei Fällen und wegen Betruges schuldig gesprochen und gegen ihn eine – zur Bewährung ausgesetzte – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sowie eine Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen verhängt. Den Angeklagten B hat das Landgericht wegen Untreue in 20 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten belegt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten jeweils im vollen Umfang Revision eingelegt. Ihre Rechtsmittel haben in dem sich aus dem Beschlußtenor ergebenden Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Teilaufhebung des Urteils ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten S z u erstrecken, der wegen Untreue in 82 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte L , der ein Umzugsunternehmen betrieb, mit Tochtergesellschaften der Firma K Rahmenverträge abgeschlossen. Im Hinblick auf den dort von ihm ausgehandelten niedrigen Preis rechnete der Angeklagte L über einen erheblichen Zeitraum jeweils (meistens zwei) Träger zusätzlich ab, ohne daß diese auch eingesetzt worden wären. Die Mitangeklagten Dr. M , S
und B , sämtlich Beschäftigte des K -Konzerns, zeichneten die vom Angeklagten L gefertigten Rechnungen in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit als sachlich richtig ab, woraufhin die überhöhten Beträge an den Angeklagten L ausbezahlt wurden. Den Mitangeklagten B und S zahlte der Angeklagte pro Umzugswagen einen Betrag von 100,00 DM. Als der Angeklagte Dr. M s ich bereits im Vorruhestand befand, reaktivierte ihn die Firmenleitung wieder. Um den ungeschmälerten Erhalt seiner sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche nicht zu gefährden, wurden die geleisteten Arbeitsstunden im Einverständnis mit einem Vorstandsmitglied, dem Zeugen Br , über den Angeklagten L abgerechnet. Auch insoweit hat dieser überhöhte Rechnungen gestellt und den Mehrbetrag an den Angeklagten Dr. M weitergeleitet.
Das Landgericht hat die jeweils bestätigte Falschabrechnung als Untreue der Angeklagten Dr. M , S und B s owie als Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten L gewertet. Den Angeklagten Dr. M hat es wegen des Verheimlichens seiner Einkünfte aus der Tätigkeit gegenüber der Arbeitsverwaltung zudem wegen Betruges verurteilt.
Die Angeklagten Dr. M , S und B haben in ihren jeweiligen Einkommensteuererklärungen die von L erhaltenen Geldbeträge nicht angegeben, weshalb eine zu niedrige Steuer festgesetzt wurde. Der Angeklagte L hat in erheblichem Umfang Umsätze nicht verbucht und die Erlöse hieraus in Einkommensteuererklärungen, Gewerbesteuererklärungen sowie in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen auch gegenüber den Finanzbehörden verheimlicht. Für das Jahr 1997 hat er keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgegeben. Insgesamt hinterzog er Einkommensteuer in Höhe von über 1.000.000,00 DM, Gewerbesteuer in Höhe von 490.000,00 DM und für die Jahre 1992 bis 1996 Umsatzsteuer in Höhe von 550.000,00 DM sowie allein für 1997 Umsatzsteuer in Höhe von 540.000,00 DM.

II.


Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils aufgrund der Sachrüge zu einer Teilaufhebung des Schuldspruchs.
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilungen wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue durch die Falschabrechnung weiterer Träger nicht. Nach den Urteilsgründen geht das Landgericht von einem abschließenden Charakter der schriftlichen Rahmenvereinbarung aus, ohne allerdings näher auszuführen, wann und von wem diese Rahmenverträge jeweils auf Seiten der K -Unternehmungen unterzeichnet wurden. Auf der Grundlage der Einlassung des Angeklagten L unterstellt das Landgericht aber zu seinen Gunsten, daß diese Abrechnungspraxis von “verantwortlichen” Mitarbeitern in der Einkaufsabteilung stillschweigend geduldet worden sei. Eine solche Einwilligung habe jedoch keine rechtliche Relevanz erlangt, weil die hierfür zuständigen Mitarbeiter im Einkauf vom Vorstand angewiesen worden seien, keine Preiserhöhungen zuzugestehen. Damit hat das Landgericht die maßgeblichen Vertragsgrundlagen nicht ausreichend aufgeklärt.

a) Das Landgericht läßt bereits offen, ob die “verantwortlichen” Mitarbeiter der Einkaufsabteilung zu einem Vertragsschluß mit dem Angeklagten L bevollmächtigt waren. Läge eine entsprechende Vertretungsmacht vor, könnte in der späteren stillschweigenden Duldung der Abrechnungspraxis, von der das Landgericht ausgeht, eine konkludente Nachtragsvereinbarung gesehen werden, die den ursprünglichen Rahmenvertrag ergänzt und teilweise auch abbedungen hat.
aa) Ob die Begleichung der – gemessen an der Rahmenvereinbarung überhöhten – Rechnungen als Einverständnis in eine konkludente Vertragsänderung angesehen werden durfte, ist nach §§ 133, 157 BGB zu be-
urteilen. Danach ist maßgeblich, inwieweit der Angeklagte L das Verhalten derjenigen Personen, die zum Abschluß einer Vereinbarung befugt sind, als eine entsprechende Willenserklärung ansehen durfte (vgl. BGHZ 109, 171, 177; 91, 324, 328 ff.). Dies wird insbesondere anhand der beiderseitigen Interessenlage und des Verhaltens der Betreffenden im einzelnen zu bestimmen sein.
Für die Frage, in welchem Umfange die Einkaufsabteilung von den einzelnen Geschäftsvorfällen Kenntnis erlangt hat, kann die Feststellung des Landgerichts Bedeutung gewinnen, daß dort die Beschaffungsaufträge im Einzelfall erst ausgelöst wurden, nachdem die Arbeiten bereits durchgeführt waren und die Rechnung vorlag. Gerade diese Vertragspraxis konnte dem Angeklagten L den Eindruck vermitteln, daß diese Form der Gesamtabrechnung insgesamt von einem zum Vertragsschluß Bevollmächtigten aus der Einkaufsabteilung gebilligt werde. Der Annahme einer Ä nderungsvereinbarung würde es im übrigen nicht entgegenstehen, wenn die Vertreter der K -Firmen kein entsprechendes Erklärungsbewußtsein gehabt haben sollten (BGHZ aaO). Insoweit reicht aus, daß sie jedenfalls den ihrem Handeln beizumessenden Erklärungswert hätten erkennen können. Die konkludente Abänderung kann im übrigen auch einen schriftlich abgefaßten Vertrag betreffen, selbst soweit dieser eine Schriftformklausel dergestalt enthalten sollte, zukünftige Ä nderungen oder Ergänzungen nur schriftlich abzufassen (BGHZ 71, 162, 164; 66, 378, 381).
bb) Zwar mag den Schmiergeldzahlungen des Angeklagten L an die Mitangeklagten B und S eine gegen eine konkludente Übereinkunft sprechende indizielle Wirkung entnommen werden können. Dennoch läßt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landgerichts eine Abänderungsvereinbarung nicht ausschließen. Einmal lagen die Preise des Angeklagten L , die längere Zeit im wesentlichen unverändert blieben, erheblich unter Marktniveau, was auch im Zuge der Fusion
K /H deutlich wurde. Bei einem in diesem Zusammenhang vorgenommenen Preisvergleich haben Mitarbeiter von K /H erhebliche Differenzen zu den Preisen von Vertragspartnern der Firma H festgestellt , was schließlich auch zu beträchtlichen Erhöhungen der Vergütungen zugunsten des Angeklagten L führte. Zudem erbrachte der Angeklagte
L
mit seiner Firma noch weitere Arbeiten, nämlich in der Art eines Hausmeisters auch Reparatur-, Wartungs- und Aufbereitungsarbeiten, für die in den Rahmenverträgen keine Vergütung vorgesehen war und die der Angeklagte L auch nicht abrechnete. Nach § 612 Abs. 1, § 632 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung hierfür jedoch stillschweigend als vereinbart, weil bei einem Gewerbebetrieb die unentgeltliche Übernahme solcher Arbeiten nicht zu erwarten und nach § 612 Abs. 2, § 632 Abs. 2 BGB in Ermangelung einer konkreten Vergütung jeweils der marktübliche Preis geschuldet war. Diese Umstände könnten einen Anhalt bilden, daß tatsächlich im Wege einer konkludenten Übereinkunft jeweils zusätzlich zwei Träger abgerechnet werden sollten, zumal auch die Höhe des hierdurch erreichten faktischen Mehrerlöses durchschnittlich jeweils etwa 20 Prozent betrug, mithin also auch die Lücke zu einer marktgerechten Vergütung im wesentlichen geschlossen wäre. Schließlich endete auch die Abrechnung von zwei zusätzlichen Trägern zu dem Zeitpunkt, zu dem die deutlich höheren Vergütungsregelungen zugunsten des Angeklagten L in Zusammenhang mit der Fusion K /H in Kraft traten.

b) Ebenso begegnet die Annahme des Landgerichts erheblichen Bedenken , daß für eine Erhöhung der Vergütung des Angeklagten L aufgrund einer Weisung des Vorstands kein Spielraum bestanden habe.
aa) Bezüglich des Inhalts der Weisung beschränken sich die Urteilsgründe auf die Feststellung, daß “der Vorstand angewiesen habe, möglichst Nullrunden zu fahren, also die Preise nicht zu erhöhen oder aber möglichst niedrig zu halten”. Abgesehen davon, daß diese Weisung weder nach ihrer
Urheberschaft (einzelnes Vorstandsmitglied oder Gesamtvorstand, vom Konzern oder von Tochtergesellschaft) noch datumsmäßig näher konkretisiert wird, läßt sich aus dem mitgeteilten Inhalt auch nicht ohne weiteres eine derartige Beschränkung der Vertretungsmacht der eigentlich zuständigen Einkaufsabteilung entnehmen. Die Auslegung des sachlichen Umfangs einer Vollmacht ist aber anhand der §§ 133, 157 BGB vorzunehmen (BGH NJW 1991, 3141). Schon aus dem Wortlaut der Anweisung kann – wie sich aus der Einschränkung “möglichst” ergibt – kein absolutes Verbot hergeleitet werden. Ein solches wäre im übrigen auch völlig unpraktikabel, weil eine derart starre Regelung in einem größeren Konzern angesichts der raschen wirtschaftlichen Veränderungen und der zwangsläufigen Preisschwankungen gar nicht durchzuhalten wäre. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dagegen , der Anweisung des Vorstands diesen Erklärungswert beizumessen. Angesichts des Wortlauts und der Interessenlage könnte das Schreiben des Vorstands nicht als inhaltliche Beschränkung der Bevollmächtigung der zuständigen Mitarbeiter der Einkaufsabteilung angesehen werden.
bb) Zwar kann trotz Bestehens einer Vollmacht ein Vertragsschluß unwirksam sein, wenn der Vertragschließende gegen im Innenverhältnis bestehende Weisungen verstößt und der Vertragspartner den Mißbrauch der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte (vgl. BGHZ 113, 315, 320). Das Landgericht hat jedoch nicht ausreichend dargetan, ob überhaupt eine bindende Weisung vorlag. Der allgemein gehaltenen Vorgabe des Vorstands kann nämlich durchaus nur der Charakter eines Appells dergestalt beizumessen sein, nach Möglichkeit Preiserhöhungen mit Lieferanten zu vermeiden und solchen nur in unumgänglichen Fällen zuzustimmen. Ein solches Verständnis der Weisung des Vorstands wäre im übrigen auch naheliegend , weil eine allzu pauschale Einengung der nachgeordneten Einkaufsabteilung letztlich unpraktikabel und kontraproduktiv wäre. Selbst soweit der Vorstand das Eingehen von entsprechenden Verbindlichkeiten mit internen Berichtspflichten verbunden und der Angeklagte L dies gewußt
haben sollte, belegt dies nicht ohne weiteres die Kenntnis vom Mißbrauch einer Vollmacht, wenn sich die – im Nachgang konkludent ausgehandelten – Preise im Rahmen des Marktüblichen halten. Hierbei kann dann weiterhin der Gesichtspunkt Gewicht erlangen, daß Nebenleistungen im Zusammenhang mit Umzügen wie auch einzelne gesondert in Auftrag gegebene Hausmeisterarbeiten auf diese Weise abgegolten werden sollten. Insoweit standen nämlich den zuviel abgerechneten Trägern die nicht abgerechneten sonstigen Arbeiten entgegen, für deren Erbringung der Angeklagte L einen Vergütungsanspruch hatte. Insoweit hätte die Vergütung für zwei zusätzliche Träger auch als Pauschalierung für die vom Angeklagten L z u erbringenden Nebenleistungen verstanden werden können.

c) Da die Vertragsgrundlagen durch das Landgericht nicht rechtlich bedenkenfrei geklärt sind, läßt sich auch nicht feststellen, ob und gegebenenfalls inwieweit ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB zu Lasten der K -Firmen eingetreten ist. Der Nachteil würde sich nämlich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich abgerechneten und dem vertraglich vereinbarten Preis ergeben. Dies setzt voraus, daß der – gegebenenfalls unter Bedacht auf den Zweifelssatz zu ermittelnde – Vertragspreis für den jeweiligen Zeitraum bestimmt und den tatsächlich abgerechneten Preisen gegenübergestellt wird.

d) Die Schuldsprüche wegen Untreue können auch nicht in den Fällen aufrechterhalten bleiben, in denen der Angeklagte L an die Mitangeklagten S und B Schmiergelder gezahlt hat. Die Zahlung von Schmiergeldern an Mitarbeiter des Vertragspartners begründet nur dann eine Untreue im Sinne des § 266 StGB, wenn sich feststellen läßt, daß jedenfalls diese Geldbeträge über den Preis auf den Vertragspartner umgelegt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 – 5 StR 454/00 –). Ob dies angenommen werden kann, hängt wiederum von dem noch zu klärenden Zustandekommen einer konkludenten Ä nderungsvereinbarung ab. Läge näm-
lich eine solche vor, dann hätte der Angeklagte L die Mitangeklagten B und S aus der ihm insoweit insgesamt zustehenden Vergütung bezahlt, weshalb ein Vermögensnachteil der K -Firmen ausscheidet.
Für die Vertragsgestaltung waren die Mitangeklagten S und B , die nach der innerbetrieblichen Aufgabenverteilung mit Organisations - und Umzugsfragen befaßt waren, auch nicht zuständig. Zahlungen an sie können deshalb auch nicht ohne weiteres die zu vereinbarenden Vergütungen beeinflußt haben. Insoweit sind die Zahlungen – wovon auch das Landgericht auszugehen scheint – zumindest auch erfolgt, um überhaupt Aufträge von den K -Firmen zu erlangen und diese zeitlich möglichst wirtschaftlich für die Firma des Angeklagten L zu staffeln.
2. Das landgerichtliche Urteil war weiterhin auch insoweit aufzuheben, als es die Angeklagten L und Dr. M wegen Untreue im Zusammenhang mit der Vergütung für die Tätigkeit des bereits im Vorruhestand befindlichen Angeklagten Dr. M verurteilt hat. Das Landgericht hat dabei den der jeweiligen K -Firma entstandenen Nachteil darin gesehen, daß deren Vermögen durch diese Abrechnungspraxis gefährdet worden sei. Obwohl der Angeklagte Dr. M über seine geleisteten Arbeiten dem Vorstand Br monatliche Aufstellungen vorgelegt habe, hätten durch diese unkontrollierbare Art der Abrechnung nämlich die K -Firmen die Erfüllung der Ansprüche der Angeklagten L und Dr. M nicht nachweisen können. Dies begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht allerdings nicht schon in dem Zahlungsabfluß bei den K -Firmen einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB gesehen. Der Angeklagte Dr. M konnte nämlich – ungeachtet seines Vorruhestandes – aus seinem Arbeitsverhältnis die ausgehandelte Vergütung beanspruchen. Zwar unterfiel seine Tätigkeit wegen der
Verletzung seiner sozialversicherungsrechtlichen Mitteilungspficht nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dem Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 6. Februar 1995 (BGBl. I S. 165). Dies führte jedoch nicht zu einem Wegfall seines Vergütungsanspruchs. Anders als bei sonstigen Verstößen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SchwarzarbG, die grundsätzlich die Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses nach § 134 BGB zur Folge haben (BGHZ 111, 308), wird bei einem Verstoß gegen sozialversicherungsrechtliche Mitteilungspflichten nicht die Arbeitsleistung an sich mißbilligt, sondern lediglich die Nichterfüllung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten hieraus. Bei derartigen Verstößen gegen sozialversicherungsrechtliche Normen soll lediglich deren Erfüllung sichergestellt , nicht aber die Unwirksamkeit des gesamten Rechtsverhältnisses herbeigeführt werden (Kania in Personalbuch 2000 7. Aufl. “Schwarzarbeit” Rdn. 3; Buchner in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Band 1– Individualarbeitsrecht I 1992 § 37 Rdn. 64 ff.), zumal der Wegfall des Lohnanspruches die Sozialkassen gerade nicht entlasten würde.
Mit der Abrechnung über den Angeklagten L ist hinsichtlich des Gehaltsanspruches, der dem Angeklagten Dr. M aus seiner Tätigkeit für die K -Firmen zustand, Erfüllung gemäß § 362 BGB eingetreten. Der Zahlung seitens der K -Firma an den Angeklagten L s tand somit eine gleichwertige Gegenleistung gegenüber, weil damit deren Verbindlichkeit gegenüber dem Angeklagten Dr. M erloschen ist. Welche Beweissituation im Hinblick auf eine gerichtliche Durchsetzung der Lohnforderung des Angeklagten Dr. M gegeben ist, ist unerheblich, wenn die Forderung tatsächlich existiert (BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Nachteil 46).

b) Ein Nachteil könnte sich für die K -Firmen deshalb allenfalls daraus ergeben, daß sie ein zweites Mal auf die Begleichung der Forderungen in Anspruch genommen werden könnten. Da sie für die Erfüllung beweisbelastet sind, könnten die K -Firmen bei einer ungerechtfertigten
zweiten Geltendmachung dieser Ansprüche in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt gewesen sein. Dieses beweismäßige Defizit besteht letztlich in einer unzureichenden buchhalterischen Erfassung des Zahlungsflusses durch die K -Firmen. Eine falsche Buchführung begründet aber nicht schon als solche einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB (BGHSt 20, 304; BGH StV 1996, 431). In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in den Fällen unordentlicher Buchführung vielmehr nur einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB angenommen, soweit die Durchsetzung berechtigter Ansprüche erheblich erschwert, wenn nicht verhindert worden ist (BGH aaO; vgl. weiter BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Nachteil 12). Dieser Ansatz der Rechtsprechung, der in der Literatur weitgehend auf Zustimmung gestoßen ist (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 146; Lenckner/Perron in Schönke /Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 45 jeweils mit umfänglichen Nachweisen ), muß sinngemäß auch für die umgekehrte Sachverhaltskonstellation gelten. Erleichtert eine fehlerhafte Buchführung die Geltendmachung ungerechtfertigter Ansprüche Dritter, begründet dies ebenfalls nicht per se eine schadensgleiche Vermögensgefährdung, die einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB darstellt. Auch hier liegt eine im Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung nur dann vor, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls mit einer ungerechtfertigten Doppelinanspruchnahme zu rechnen und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach den Feststellungen des Landgerichts fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß überhaupt ein solches Vorgehen seitens der Angeklagten L und Dr. M in Aussicht genommen oder gar angedroht war. Vielmehr hätten beide Angeklagte im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung damit rechnen müssen, daß das gesamte – letztlich zum Nachteil der Sozialverwaltung entwickelte – Abrechnungssystem ruchbar geworden wäre. Auf der Grundlage der den Angeklagten ihrerseits zur Verfügung stehenden Be-
weismittel wäre auch eine entsprechende Geltendmachung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen. Der Angeklagte Dr. M , der im Vorruhestand auf Stundenbasis tätig wurde, hätte kaum überhaupt einen Anspruch, schon gar nicht in diesem Umfang, nachweisen können. Im Hinblick auf den Angeklagten L bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Doppelinanspruchnahme.

c) Allein der Gesichtspunkt, daß ein Abrechnungssystem gewählt wurde, das – was die Festlegung der geleisteten Stunden wie auch die Auszahlung der hierfür entstandenen Vergütung angeht – risikobehaftet war, rechtfertigt nicht die Annahme eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB. Genau diese Form der Entlohnung war nämlich zwischen dem Angeklagten Dr. M und dem Vorstandsmitglied Br v ereinbart. Die hierdurch für den Angeklagten Dr. M geschaffene Möglichkeit, dieses System zu mißbrauchen, reicht für eine Strafbarkeit nach § 266 StGB nicht aus. Daß er es tatsächlich zu seinem Vorteil und zum Nachteil der K -Firmen ausgenutzt hat, hat das Landgericht nicht festgestellt.

d) Insoweit konnte der Senat die Angeklagten L und Dr. M allerdings nicht schon aus Rechtsgründen nach § 354 Abs. 1 StPO freisprechen. Den jeweiligen Einzelabrechnungen, die das Landgericht als selbständige Untreuehandlungen ausgeurteilt hat, läßt sich nämlich nicht entnehmen , ob die Erhöhung der Transportvergütung allein der absprachegemäßen Finanzierung der Tätigkeit des Angeklagten Dr. M gedient hat. Soweit darüber hinausgehende Falschabrechnungen des Angeklagten L erfolgt sind, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Angeklagte Dr. M dies auch erkannt hat.
3. Die Verurteilung des Angeklagten L wegen Steuerhinterziehung durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 kann aus
Rechtsgründen keinen Bestand haben; insoweit war der Angeklagte freizusprechen.

a) Der Angeklagte L hatte im Jahr 1997 von Januar bis Oktober jeweils inhaltlich unrichtige monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben , insoweit ist er vom Landgericht auch verurteilt worden. Bereits mit seiner Verhaftung im Dezember 1997 wurde ihm eröffnet, daß ein Steuerstrafverfahren gegen ihn am 9. Dezember 1997 eingeleitet worden war. Die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 1997 waren sodann Gegenstand des Haftbefehles vom 5. März 1998, wobei dieser zusätzlich noch die Umsatzsteuervoranmeldung für November 1997 umfaßte. Angesichts dieser Situation war der Angeklagte L – unter dem steuerstrafrechtlichen Aspekt – nicht mehr verpflichtet, eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 abzugeben.
b) Einer Verurteilung steht hier das in § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO normierte Zwangsmittelverbot (“nemo tenetur se ipsum accusare”) entgegen (vgl. BGH wistra 1993, 66, 68). Danach sind im Besteuerungsverfahren Zwangsmittel im Sinne des § 328 AO gegen den Steuerpflichtigen unzulässig , wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten, insbesondere wenn insoweit bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden ist.
aa) Allerdings kennt die Rechtsordnung kein ausnahmsloses Gebot, daß niemand zu Auskünften gezwungen werden darf, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbaren muß (BVerfGE 56, 37, 42). Ausnahmen können insbesondere dann gegeben sein, wenn – außerhalb eines Strafverfahrens – das Interesse eines gesetzlich Auskunftspflichtigen mit dem berechtigten Informationsbedürfnis anderer, z. B. von Behörden, kollidiert (vgl. BVerfGE aaO S. 45). Die gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und die Steuergerechtigkeit sind ebenso Abwägungskriterien wie die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den
Staat, damit er seinen vielfältigen Aufgaben gerecht werden kann. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, daß die Steuerpflichtigen zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet sind ohne Rücksicht darauf, ob hierdurch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufgedeckt werden (BVerfG – Kammer – wistra 1988, 302).
bb) Bei divergierenden verfahrensrechtlichen Grundsätzen ist indes auch im Besteuerungsverfahren auf die strafprozessualen Rechte der Betroffenen Bedacht zu nehmen. Andernfalls wäre das berechtigte Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren tangiert. Im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens soll daher dem Betroffenen erspart bleiben, mit Zwangsmitteln zur Abgabe von Erklärungen im Besteuerungsverfahren gezwungen zu werden, mit denen er von ihm begangene Steuerstraftaten offenbaren müßte. Dem wird von Gesetzes wegen durch § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO Rechnung getragen. Auf eine solche Offenbarung früherer eigener Steuerstraftaten liefe es aber hinaus, wenn der Betroffene durch die gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbewehrte Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung gezwungen wäre, mit der er – bei wahrheitsgemäßer Darstellung – vorangegangene Hinterziehungen aufdecken müßte.
cc) In der nach § 18 Abs. 3 UStG abzugebenden Umsatzsteuerjahreserklärung hat der Unternehmer die zu entrichtenden Steuern bzw. den Überschuß selbst zu berechnen. Seine Erklärungspflicht erstreckt sich dabei auf dieselbe Steuerart hinsichtlich eines Gesamtzeitraums, für den er nach § 18 Abs. 1 und 2 UStG bereits Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben hatte. Bei der Pflicht zur Abgabe einer Jahreserklärung handelt es sich um eine gegenüber der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen eigenständige Erklärungspflicht , deren Nichterfüllung einen selbständigen Unrechtsgehalt besitzt (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 – Konkurrenzen 13). Da die von beiden Erklärungspflichten umfaßten Zeiträume bei gleicher Steuerart teilidentisch sind und dasselbe Steueraufkommen betreffen, gerät der Steuerpflichtige,
der keine oder unrichtige bzw. unvollständige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hat, hinsichtlich der Jahreserklärung in eine unauflösbare Konfliktlage , wenn ihm im Hinblick auf die Umsatzsteuervoranmeldungen die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben worden ist. In einem solchen Fall kann der Steuerpflichtige nämlich nicht mehr – wie ansonsten möglich (vgl. BGHR AO § 371 Abs. 1 – Unvollständigkeit 2) – durch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung Straffreiheit für die bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldungen begangenen Steuerhinterziehungen erlangen (vgl. § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO). Er kann im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung entweder durch eine Korrektur mit den richtigen Umsätzen sich selbst belasten oder den Steuerschaden durch die Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung vertiefen. Diese Konfliktlage will § 393 Abs. 1 AO vermeiden. Dies kann im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens im Hinblick auf Umsatzsteuervoranmeldungen nur bedeuten, daß die Strafbewehrung der Verletzung der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bis zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO) jedenfalls solange suspendiert ist, wie das Steuerstrafverfahren andauert (vgl. auch Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 393 Rdn. 36 ff.; Meyer DStR 2001, 461, 465) und soweit sich die Erklärungszeiträume der Steuererklärungen decken.
dd) Dem steht Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht entgegen, wonach eine Einschränkung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen oder der Feststellungslast nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO auf eine mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbare Privilegierung des in ein Strafverfahren verwickelten Steuerpflichtigen hinausliefe und deshalb nicht in Betracht komme (BFH/NV 1997, 641; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches FG, EFG 2001, 252; FG Düsseldorf, 12. Mai 1999 – 9 V 2019/99 –; FG München EFG 1996, 570). Der Senat kann offen lassen, ob dem in dieser Allgemeinheit zu folgen ist.
Eine Abweichung liegt jedenfalls nicht vor. Zu differenzieren ist nämlich in zweifacher Hinsicht:
(1) Das Zwangsmittelverbot beeinflußt nicht die bloße Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen und die sich daran anschließenden steuerrechtlichen Folgerungen (z. B. Schätzung im Besteuerungsverfahren nach § 162 AO). Es berührt lediglich die strafrechtliche Sanktionierung dieser Pflicht (vgl. BGH wistra 1999, 385 f.). Da die Androhung von Kriminalstrafe im übrigen häufig in ihren Auswirkungen die in § 393 Abs. 1 Satz 2 AO in Verbindung mit § 328 AO bezeichneten Zwangsmittel übertreffen wird, fordert eine an dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung orientierte Auslegung, den Steuerpflichtigen auch im Falle einer notwendigen Selbstbelastung von einer strafbewehrten Pflicht zur Selbstbezichtigung freizustellen (vgl. HansOLG wistra 1996, 239). Insoweit konkretisiert die Regelung des § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO für das Steuerstrafverfahren nur den allgemeinen Grundsatz , daß eine unzumutbare Handlung nicht erzwungen werden darf, weil die Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bei jedem Unterlassungsdelikt vorliegen muß (Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. Vorbem. §§ 13 ff. Rdn. 155 f.; vgl. auch BGH NStZ 1984, 164).
(2) Zum anderen findet das Zwangsmittelverbot dort seine Grenze, wo es nicht mehr um ein bereits begangenes steuerliches Fehlverhalten des Betroffenen geht, hinsichtlich dessen ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet ist. Selbst wenn die Abgabe der Steuererklärungen für nachfolgende Besteuerungszeiträume mittelbare Auswirkungen auf das laufende Steuerstrafverfahren haben sollte, könnte das nicht ihre Unterlassung rechtfertigen, weil andernfalls neues Unrecht geschaffen würde, zu dem das Recht auf Selbstschutz nicht berechtigt (vgl. BGHSt 3, 18, 19; BGH wistra 1993, 66, 68), und gleichzeitig ein Verstoß gegen den steuerlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ermöglicht würde. Diese Einschränkung greift jedoch für das Verhältnis von Umsatzsteuervoranmeldungen zur Umsatzsteuerjahreserklä-
rung wegen der Gleichheit der betroffenen Steuerart und der Teilidentität des von der jeweiligen Erklärungspflicht erfaßten Steueranmeldungszeitraums sowie des betroffenen Steueraufkommens nicht ein. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob steuerliche Erklärungspflichten, die lediglich mittelbar zu einer Selbstbelastung des Steuerpflichtigen in einem Steuerstrafverfahren führen, ein strafrechtliches Verwertungsverbot auslösen können, wie es etwa das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 56, 37, 41 ff.) im Fall von Angaben des Gemeinschuldners im Konkursverfahren ausgesprochen hat (vgl. Rüping/Kopp NStZ 1997, 530, 533 f.).

III.


Das landgerichtliche Urteil war weiterhin bezüglich des Angeklagten Dr. M im Ausspruch über die Einzelstrafe hinsichtlich der Verurteilung wegen Betruges aufzuheben. Der Angeklagte Dr. M hat sich des Betruges in der Begehungsform des Unterlassens schuldig gemacht, weil er – entgegen seiner in § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I normierten Offenbarungspflicht – gegenüber den Sozialbehörden den empfangenen Arbeitslohn verschwiegen hat. Hinsichtlich der Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen eröffnet § 13 Abs. 2 StGB eine Milderungsmöglichkeit nach § 49 Abs. 1 StGB. Die Prüfung, ob eine solche Strafrahmenverschiebung vorzunehmen ist (vgl. BGHR StGB § 13 Abs. 2 – Strafrahmenverschiebung 1, 2), hat das Landgericht verabsäumt.
Soweit der Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils bestätigt wird, können die verhängten Einzelstrafen im übrigen aufrechterhalten bleiben. Der Senat kann ausschließen, daß diese Strafen von den Rechtsfehlern beeinflußt worden sind, die zu einer Teilaufhebung des Urteils geführt haben.

IV.


Die Aufhebung im Schuldspruch wegen Untreue war gemäß § 357 StPO auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten S z u erstrekken , weil der sachlich-rechtliche Mangel in gleicher Weise auch ihn betrifft.
Anhaltspunkte, die eine andere rechtliche Beurteilung ihm gegenüber rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Nichtrevident ist zur Anwendung des § 357 StPO angehört worden und hat ihr nicht widersprochen.
Harms Häger Basdorf Raum Brause
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
AO § 370; § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3
Ist gegen einen Steuerpflichtigen wegen der Abgabe
unrichtiger Steuererklärungen ein Steuerstrafverfahren
anhängig, rechtfertigt das in § 393 Abs. 1
Sätze 2 und 3 AO normierte Zwangsmittelverbot
(”nemo tenetur se ipsum accusare”) für nachfolgende
Besteuerungszeiträume weder die Nichtabgabe zutreffender
noch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen
(im Anschluß an BGHSt 37, 8).
BGH, Beschl. vom 10. Januar 2002 - 5 StR 452/01
LG Hamburg

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2002

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 31. Mai 2001 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes: 1. Das angefochtene Urteil weist auch insoweit keinen Rechtsfehler auf, als der Angeklagte wegen Hinterziehung von Einkommensteuer für die Jahre 1997 und 1998 verurteilt worden ist.
Der Angeklagte hatte in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1991 bis 1996 wesentliche Teile seiner Einkünfte aus freiberuflicher Gutachter- und Referententätigkeit nicht angegeben und daneben die Kapitalerträge seiner Geldanlagen in Luxemburg gänzlich verschwiegen. Hierfür wurde der geständige Angeklagte zurecht wegen Hinterziehung von Einkommensteuer in sechs Fällen verurteilt. Obwohl ihm die Einleitung des Er- mittlungsverfahrens bereits im November 1998 bekanntgegeben worden war, machte er auch noch danach in den Einkommensteuererklärungen für 1997 und 1998, die er im Dezember 1998 bzw. März 2000 beim Finanzamt einreichte, in gleicher Weise wie in den Vorjahren falsche Angaben. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten auch insoweit wegen Hinterziehung von Einkommensteuer und berücksichtigte dabei strafschärfend, daß er unter dem Eindruck eines Ermittlungsverfahrens weiterhin unvollständige Angaben gemacht habe. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) Zwar befand sich der Angeklagte in einer Konfliktsituation, weil er nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens bei wahrheitsgemäßer Angabe der Größenordnung seiner freiberuflichen Einkünfte und seiner Kapitalerträge in zukünftigen Steuererklärungen wegen des sprunghaften Anstiegs der zu erklärenden Einkünfte weitere Anhaltspunkte für die ihm zur Last gelegten Einkommensteuerhinterziehungen liefern würde. Dies gestattete ihm indes nicht, für die nachfolgenden Besteuerungszeiträume unrichtige Steuererklärungen einzureichen.
aa) Allerdings ist anerkannt, daß das in § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO normierte Zwangsmittelverbot (“nemo tenetur se ipsum accussare”) zu einer Suspendierung der Strafbewehrung der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten führen kann, wenn sich der Steuerpflichtige hinsichtlich seiner Erklärungspflichten in einer unauflöslichen Konfliktlage befindet, aus der er sich durch eine (strafbefreiende) Selbstanzeige (§ 371 AO) nicht mehr befreien kann (vgl. BGHSt 47, 8, 12 ff.). So sieht der Bundesgerichtshof z. B. die Strafbewehrung der Verletzung der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bis zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO) jedenfalls solange für ausgesetzt an, wie gegen den Steuerpflichtigen ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für dieselben Besteuerungszeiträume geführt wird (BGH aaO S. 14).

bb) Inhaltlich findet das Zwangsmittelverbot jedoch dort seine Grenze , wo es nicht mehr um ein bereits begangenes steuerliches Fehlverhalten geht, für das ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet ist. Selbst wenn die Abgabe zutreffender Steuererklärungen für nachfolgende Besteuerungszeiträume mittelbare Auswirkungen auf das laufende Steuerstrafverfahren haben sollte, könnte das ihre Unterlassung nicht rechtfertigen, weil andernfalls neues Unrecht geschaffen (vgl. BGH aaO S. 15 m.w.N.) und dem Täter zudem gegenüber anderen Steuerpflichtigen eine ungerechtfertigte Besserstellung eingeräumt würde (vgl. Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO und FGO § 393 AO Rdn. 29). Die Rechtsordnung kennt kein ausnahmsloses Gebot dahingehend, daû niemand zu Auskünften gezwungen werden darf, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbaren muû (BVerfGE 56, 37, 42). Im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit und die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den Staat ist es vielmehr sachlich gerechtfertigt , daû die Steuerpflichtigen grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet sind, ohne Rücksicht darauf, ob hierdurch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufgedeckt werden (vgl. BVerfG – Kammer – wistra 1988, 302). Eine Ausnahme ist nur anzuerkennen, wenn hinsichtlich derselben Steuer und desselben Besteuerungszeitraums, für den bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, weitere Erklärungspflichten bestehen, wie dies z. B. bei Umsatzsteuerhinterziehung der Fall sein kann. In einem solchen Fall muû bei der gebotenen Abwägung das gesetzlich mit Steuererklärungspflichten gesicherte Informationsinteresse des Staates gegenüber dem Interesse des Steuerpflichtigen , sich nicht selbst belasten zu müssen, zurücktreten. Für weitere als die von dem Ermittlungsverfahren erfaûten Steuern gilt dies nicht, weil sonst neues Unrecht geschaffen würde, zu dem das Recht auf Selbstschutz nicht berechtigt (vgl. BGH aaO S. 15).
cc) Ist aber bereits die Nichtabgabe von Steuererklärungen für zukünftige Besteuerungszeiträume derselben Steuer weiterhin strafbar, dann gilt dies erst recht für die Abgabe inhaltlich unrichtiger Steuererklärungen.

b) Auf die von der Verteidigung aufgeworfene Frage, ob steuerliche Erklärungspflichten, die lediglich mittelbar zu einer Selbstbelastung des Steuerpflichtigen in einem Steuerstrafverfahren führen, ein strafrechtliches Verwertungsverbot auslösen können (vgl. hierzu BGH aaO S. 16; Hellmann aaO Rdn. 30; Rüping/Kopp NStZ 1997, 530, 533 f.), kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Diese Frage kann sich nur dann stellen, wenn neue (zutreffende) Angaben des Steuerpflichtigen in Steuererklärungen zu seiner Überführung hinsichtlich früherer Taten verwertet werden. Hier hat der Angeklagte aber zum einen weiterhin unrichtige Angaben gemacht und damit gerade keine zutreffenden Erklärungen abgegeben, die zu seiner Überführung bezüglich der von ihm in den vorangegangenen Jahren begangenen Taten hätten herangezogen werden können. Zum anderen hat das Landgericht die Verurteilung auf dessen Geständnis und nicht auf seine Angaben in nachfolgenden Steuererklärungen gestützt.
2. Schlieûlich begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daû das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung nicht zugunsten des Angeklagten die Möglichkeit eines Realsplittings (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) berücksichtigt hat. Der Angeklagte hatte bei der Einreichung seiner Einkommensteuererklärungen 1993 bis 1997 zu Unrecht eine Zusammenveranlagung mit seiner von ihm dauernd getrennt lebenden Ehefrau beantragt (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG) und dadurch unberechtigt die für ihn steuerlich günstige Möglichkeit des Splitting-Verfahrens bei Anwendung des Einkommensteuertarifes (§ 32a EStG) herbeigeführt.
Einer Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die getrennt lebende Ehefrau stand zwar für den Bereich der Strafzumessung das Kom- pensationsverbot nicht entgegen (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO; vgl. BGHR AO § 370 Abs. 4 Satz 3 Einkommensteuer 1). Es lagen indes die Voraussetzungen für eine Durchführung des grundsätzlich möglichen, aber als Wahlrecht des materiellen Steuerrechts vom Willen beider Ehegatten abhängigen Realsplittings nicht vor. Dieses ist nämlich nicht automatische Folge einer Getrenntveranlagung von Ehegatten. Der Sonderausgabenabzug für Unterhaltszahlungen setzt vielmehr neben einem Antrag beim Finanzamt auch die Zustimmung des Empfängers dieser Zahlungen voraus (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG), weil dieser dann seinerseits die erhaltenen Leistungen einer Besteuerung unterwerfen muû (§ 22 Nr. 1a EStG). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
Harms Häger Raum Brause Schaal
22
Eine sich aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz ergebende Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bestand gleichwohl nicht, weil die Angeklagte die Möglichkeit hatte, mit vollständigen und richtigen Angaben zu den Vorschenkungen zugleich die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige im Sinne von § 371 AO zu erfüllen. Durch eine Selbstanzeige kann der Steuerpflichtige regelmäßig Straf- bzw. Sanktionsfreiheit erlangen (§ 371, § 378 Abs. 3 AO). Die Angeklagte befand sich damit nicht in einer unauflösbaren Konfliktlage, die im Hinblick auf den Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ und das in § 393 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO normierte Zwangsmittel- verbot ihrer steuerrechtlichen Erklärungspflicht entgegenstehen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, Rn. 26, BGHSt 53, 210, 218). Sofern eine Selbstanzeige wegen eines Sperrgrundes im Sinne von § 371 Abs. 2 AO nicht in Betracht gekommen sein sollte, war der Angeklagten die Angabe der Vorschenkungen ebenfalls nicht unzumutbar. Denn soweit erzwungene Angaben zu einer mittelbaren Selbstbelastung führen können, besteht für sie ein strafrechtliches Verwendungsverbot (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2012 – 1 StR 26/12, BGHR AO § 393 Abs. 2 Verwertungsverbot 3; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 – 5 StR 191/04, wistra 2005, 148).
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Bei Anhängigkeit eines Steuerstrafverfahrens rechtfertigt
das Zwangsmittelverbot (nemo tenetur se ipsum
accusare) nicht, die Abgabe von Steuererklärungen für
nachfolgende Besteuerungszeiträume zu unterlassen.
Allerdings besteht für die zutreffenden Angaben des
Steuerpflichtigen, soweit sie zu einer mittelbaren Selbstbelastung
für die zurückliegenden strafbefangenen
Besteuerungszeiträume führen, ein strafrechtliches
Verwendungsverbot.
BGH, Beschluß vom 12. Januar 2005 – 5 StR 191/04
LG Kaiserslautern –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2005

beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 16. September 2003 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Steuerhinter ziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts unterließ es die Angeklagte pflichtwidrig, für 1995 und 1996 Einkommensteuererklärungen abzugeben. Das Landgericht hat der Angeklagten unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Zinseinkünfte aus ausländischen Kapitalvermögen und verdeckte Gewinnausschüttungen in erheblichem Umfang zugerechnet. Diese ergaben sich aus der Durchführung sogenannter „Schneeballsysteme“. Die Nichtabgabe der Steuererklärungen führte zu Steuerverkürzungen in Höhe von nahezu drei Millionen DM.
Gegen die Angeklagte war bereits 1995, mithin vor Ablauf der Frist zur Abgabe der gegenständlichen Einkommensteuererklärungen für 1995 und
1996, ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer 1993 und 1994 sowie Einkommensteuer 1993 eingeleitet worden. Am 13. Juni 1996 wurde wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung die Wohnung der Angeklagten durchsucht. In der Folgezeit wurde das Steuerstrafverfahren mehrfach erweitert, unter anderem auch auf den Vorwurf der Umsatzsteuerhinterziehung 1995 und 1996. Auf die vom Landgericht ausgeurteilten Tatvorwürfe der Einkommensteuerhinterziehung 1995 und 1996 durch Nichtabgabe der entsprechenden Steuererklärungen wurde das Strafverfahren allerdings erst am 20. September 2000 erweitert. Zu diesem Zeitpunkt waren die Veranlagungsarbeiten für die Einkommensteuer 1995 und 1996 bereits abgeschlossen.

II.


Die Verurteilung der Angeklagten wegen (vollendeter) Steuerhinterziehung in zwei Fällen hält rechtlicher Überprüfung letztlich stand.
1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß die Erkenntnisse der Finanzbehörden über Einkünfte der Angeklagten in den Jahren 1995 und 1996, die bereits vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich der ausgeurteilten Taten vorlagen, der Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht entgegenstehen. Diese Kenntnisse von den – die Einkommensteuer der Angeklagten betreffenden – Besteuerungsgrundlagen waren zum Zeitpunkt des Abschlusses der Veranlagungsarbeiten und somit zum Zeitpunkt der Vollendung der Steuerhinterziehung (vgl. BGHSt 47, 138, 144 f.) nicht vollständig. Es war weder der genaue Umfang der verdeckten Gewinnausschüttung bekannt, noch daß die Angeklagte auch über Einkünfte aus Kapitalvermögen verfügte.
2. Die auffallend späte Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen der ausgeurteilten Taten stellt die Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung nicht in Frage.

a) Nach § 152 Abs. 2 StPO sind die Ermittlungsbehörden verpflichtet, bei Vorliegen eines Anfangsverdachts ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Bei der Frage, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die einen Anfangsverdacht begründen, steht den Ermittlungsbehörden ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfG – Vorprüfungsausschuß – NJW 1984, 1451, 1452; BGHSt 37, 48, 51; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. § 152 Rdn. 4 m.w.N.).
Nutzen die Ermittlungsbehörden diesen Beurteilungsspielraum mißbräuchlich aus, kann dies den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Steuerstrafverfahren wegen Hinterziehung von Veranlagungssteuern erst nach Abschluß der Veranlagungsarbeiten eingeleitet wird, obwohl bereits zeitlich früher zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Steuerverkürzung vorlagen und mit dem Zuwarten allein erreicht werden soll, daß der Beschuldigte wegen einer vollendeten Tat und nicht nur wegen einer versuchten Steuerhinterziehung verfolgt werden kann, weil mit Einleitung des Ermittlungsverfahrens die Strafbarkeit wegen Nichtabgabe der Steuererklärung entfällt (vgl. BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 3).
Ein solches pflichtwidriges Verhalten der Ermittlungsbehörden, welches mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens unvereinbar wäre, führt indes nicht etwa dazu, daß eine Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung ausscheidet. Es ist jedoch vom Tatrichter bei der Festsetzung der Rechtsfolgen zu berücksichtigen (vgl. zu dem ähnlich gelagerten Problem eines Lockspitzeleinsatzes BGHSt 45, 321).

b) Will die Revision eine mißbräuchlich späte Einleitung des Ermittlungsverfahrens beanstanden, bedarf es grundsätzlich einer entsprechenden Verfahrensrüge. Mit dieser müssen dem Revisionsgericht alle Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, daß bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Anfangsverdachtslage vorlag, die zur Einleitung eines ent-
sprechenden Ermittlungsverfahrens hätte führen müssen. Darüber hinaus ist darzulegen, aus welchen Umständen der Revisionsführer den Schluß herleitet , die Ermittlungsbehörden hätten aus sachfremden Erwägungen und somit willkürlich von einer früheren Einleitung abgesehen.
Eine solche Verfahrensrüge wurde hier nicht erhoben. Auch im Rahmen der Sachrüge hat die Revision nicht geltend gemacht, das Ermittlungsverfahren sei aus sachfremden Erwägungen erst im Jahr 2000 auf die ausgeurteilten Taten erweitert worden.
3. Die Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärungen für 1995 und 1996 war nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, daß niemand gezwungen werden darf, sich selbst anzuklagen oder gegen sich selbst Zeugnis abzulegen (nemo tenetur se ipsum accusare). Soweit zutreffende Angaben in den Erklärungen mittelbar zu einer Selbstbelastung des Steuerpflichtigen hinsichtlich zurückliegender Besteuerungszeiträume oder anderer Steuerarten führen, dürfen diese Angaben nicht gegen seinen Willen in einem Strafverfahren gegen ihn verwendet werden.

a) Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich verpflichtet, seine steuerlichen Erklärungspflichten (§§ 90, 150 Abs. 2 AO) zu erfüllen, ohne Rücksicht darauf , ob er hierdurch eigene Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufdeckt. Diese weitgehenden Erklärungs- und Mitwirkungspflichten sind im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit und die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den Staat sachlich gerechtfertigt (vgl. BVerfG – Kammer – wistra 1988, 302; BGHSt 47, 8, 13).
Dem in Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankerten nemotenetur -Grundsatz (vgl. BVerfGE 56, 37, 41 f.) wird in der Abgabenordnung dadurch Rechnung getragen, daß in § 393 Abs. 1 AO der Einsatz von Zwangsmitteln untersagt ist, soweit der Steuerpflichtige Steuerstraftaten offenbaren müßte. Ergänzt wird der Schutz in § 393 Abs. 2 AO hinsichtlich an-
derer Straftaten durch ein begrenztes strafrechtliches Verwertungsverbot (vgl. BVerfGE 56, 37, 47). Ferner kann das Zwangsmittelverbot nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in bestimmten Ausnahmefällen dazu führen, daß die Strafbewehrung der Verletzung steuerlicher Pflichten suspendiert wird. So entfällt während der Dauer des Strafverfahrens die Strafbarkeit hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung, wenn wegen der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen des nämlichen Jahres ein Strafverfahren anhängig ist (vgl. BGHSt 47, 8). Ebenso wird die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe von Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für einen bestimmten Veranlagungszeitraum dadurch suspendiert, daß dem Steuerpflichtigen für diesen Zeitraum die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wird (BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 2 und 3).
Das Zwangsmittelverbot findet inhaltlich jedoch dort seine Grenze, wo es nicht mehr um ein bereits begangenes steuerliches Fehlverhalten des Betroffenen geht, für das ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet ist. Eine Ausnahme von der strafbewehrten Pflicht, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben im Besteuerungsverfahren zu machen, ist aus diesem Grund nur anzuerkennen, wenn hinsichtlich derselben Steuerart und desselben Besteuerungszeitraums , für den bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, weitere Erklärungspflichten bestehen (BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 2). Anderenfalls würde – durch Nichtabgabe von oder durch falsche Angaben in Steuererklärungen – neues Unrecht geschaffen, zu dem das Recht auf Selbstschutz nicht berechtigt; zudem würde dem Täter gegenüber anderen Steuerpflichtigen eine ungerechtfertigte Besserstellung eingeräumt (BGHSt 47, 8, 15 m.w.N.; BGHR § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 2).

b) Die Abgabe der Einkommensteuererklärungen für 1995 und 1996 war der Angeklagten auch zumutbar.
aa) Allerdings besteht auch für den Steuerpflichtigen, gegen den bereits wegen zurückliegender Besteuerungszeiträume oder anderer Steuerarten des gleichen Besteuerungszeitraumes ein Strafverfahren eingeleitet wurde , durch die Pflicht zur Abgabe von wahrheitsgemäßen Steuererklärungen für die nachfolgenden Besteuerungszeiträume eine Konfliktsituation. Kommt er seiner Verpflichtung nicht nach oder macht er erneut falsche Angaben, begeht er gegebenenfalls eine weitere Steuerhinterziehung. Erklärt er nunmehr vollständig und wahrheitsgemäß, besteht die Möglichkeit, daß seine Angaben Rückschlüsse auf die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen für die strafbefangenen Besteuerungszeiträume zulassen. Dies kann dazu führen , daß der Steuerpflichtige sich mittelbar selbst belastet.
Erklärt beispielsweise ein Beschuldigter, der bisher Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen verschwiegen hat, für die nachfolgenden Steuerjahre diese Einkünfte nunmehr wahrheitsgemäß, könnte dies die Ermittlungsbehörde veranlassen, daraus Rückschlüsse für zurückliegende Steuerjahre zu ziehen. Aufgrund des engen Zusammenhangs bei den Besteuerungsgrundlagen wäre der Steuerpflichtige somit gezwungen, durch seine Angaben (mittelbar) zum Nachweis der Steuerhinterziehung für die zurückliegenden Steuerjahre beizutragen. Gleichwohl führt diese das Zwangsmittelverbot tangierende Situation nicht zur Suspendierung strafbewehrter steuerlicher Pflichten (vgl. BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 2).
bb) Das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Steuerpflichtigen wäre jedoch dann unverhältnismäßig beeinträchtigt, wenn die unter Zwang herbeigeführten (mittelbaren) Selbstbezichtigungen für andere Zwecke verwendet würden als für diejenigen, die die Auskunftspflicht rechtfertigen (vgl. BVerfGE 56, 37, 50).
Die Erfüllung der steuerrechtlichen Offenbarungspflichten ist dem Steuerpflichtigen nur dann zumutbar, wenn die – im Besteuerungsverfahren erzwingbaren – Angaben in einem Strafverfahren nicht gegen ihn verwendet
werden dürfen (vgl. Joecks in Festschrift für Kohlmann, 2003, S. 451, 463). Das Verbot des Selbstbelastungszwanges führt daher dazu, daß die Erklärungen eines Beschuldigten, die er in Erfüllung seiner weiterbestehenden steuerrechtlichen Pflichten für nicht strafbefangene Besteuerungszeiträume und Steuerarten gegenüber den Finanzbehörden macht, allein im Besteuerungsverfahren verwendet werden dürfen. Für das laufende Strafverfahren dürfen diese Informationen soweit sie unmittelbar oder auch mittelbar zum Nachweis einer Steuerhinterziehung für die zurückliegenden Steuerjahre führen können, nicht herangezogen werden.
Ein solches – unmittelbar aus dem verfassungsrechtlich verankerten Verbot des Selbstbelastungszwangs – herzuleitendes Verwendungsverbot hinsichtlich der Angaben des Steuerpflichtigen führt nicht dazu, daß dieser unverhältnismäßig besser gestellt wird, als vom Gesetz vorgesehen. Denn das Verwendungsverbot bedeutet nicht, daß ihm bei nunmehr zutreffenden Angaben, jedoch bei Fehlen der sonstigen Voraussetzungen des § 371 AO die Wirkungen einer strafbefreienden Selbstanzeige zugute kommen. Ergeben sich für die Ermittlungsbehörden anderweitige Verdachtsmomente (etwa aus Kontrollmitteilungen) für das Vorliegen einer Steuerstraftat, sind sie nicht gehindert, diese zu verfolgen. Allein ein Rückgriff auf die wahrheitsgemäßen Angaben des Steuerpflichtigen ist ihnen verwehrt.
Der Senat braucht im vorliegenden Fall nicht darüber zu entscheiden, wie weit das Verwendungsverbot im Einzelfall reicht. Im vorliegenden Fall hat die Angeklagte überhaupt keine Erklärungen abgegeben. Insoweit ist allerdings darauf hinzuweisen, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht vor der Bestrafung strafbaren Verhaltens schützt, sondern lediglich vor einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung und einer darauf beruhenden strafrechtlichen Verurteilung (vgl. BVerfG – Kammer – Beschluß vom 15. Oktober 2004 – 2 BvR 1316/04).
4. Die Berechnung des Schuldumfangs begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Das Landgericht hat der Angeklagten mit rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung die angeblich an die O -W V L als Lizenzgeberin für das Schneeballsystem abgeführten Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen zugerechnet. Soweit der Tatrichter bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen auf Schätzungen zurückgegriffen hat, vermittelt die Gesamtschau der Urteilsgründe dafür eine tragfähige Grundlage.

b) Allerdings unterliegt es rechtlichen Bedenken, daß das Landgericht bei der Ermittlung der Höhe der hinterzogenen Einkommensteuer das Einkommen des Ehemannes aus nichtselbständiger Arbeit mit einbezogen hat.
Insoweit fehlt es bei der Angeklagten im Rahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO an einer Offenbarungspflicht für die Einkünfte ihres Ehemannes. Das Landgericht hätte richtigerweise den persönlichen Steuersatz der Angeklagten – unter Einschluß des Einkommens ihres Ehemannes – nach der Splittingtabelle berechnen und anschließend diesen Steuersatz auf das der Angeklagten zuzurechnende Einkommen anwenden müssen.
Allerdings gefährdet dies hier nicht den Bestand des Urteils. Denn die Änderungen bei dem von der Angeklagten verursachten tatb estandlichen Steuerschaden sind angesichts der ihr zutreffend zuzurechnenden Einkünfte (1995: etwa 730.000 DM; 1996: etwa 2,1 Mio. DM) und angesichts des an den Ehemann gezahlten Gehalts (1995: 80.500 DM; 1996: 69.000 DM) so gering, daß auszuschließen ist, daß das Urteil auf diesem Fehler beruht.
Darüber hinaus liegt es nicht fern, daß es auch möglich gewesen wäre , der Angeklagten das an den Ehemann ausgezahlte Gehalt ebenfalls als verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Schaal
5 StR 139/03

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 5. Mai 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 4. und 5. Mai 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 5. Mai 2004 für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle/Saale vom 5. Juni 2002 wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist und soweit die Anordnung des Verfalls unterblieben ist.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im übrigen vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Die allein gegen den Freispruch und die Nichtanordnung des Verfalls gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft ist erfolgreich.
Das Landgericht hat im wesentlichen folgendes festgestellt: Der Angeklagte war seit 1971 Angestellter der Stadt Halle/Saale, seit 1991 als stellvertretender Amtsleiter im Stadtplanungsamt, ab 1995 als Leiter der Koordi- nierungsstelle Stadtsanierung. Dabei hatte er im Rahmen der Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen – unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens – über die Vergabe von Aufträgen zu entscheiden.
Der Angeklagte lernte den Hotelbetriebswirt K , den alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der R B P GmbH (im folgenden R GmbH genannt), der mit dem Architekten S zusammenarbeitete, persönlich eng kennen. Im Jahre 1992 und am 28. Januar 1993 erteilte der Angeklagte dem Zeugen K zwei Aufträge zur Erstellung von Bestandsaufnahmen bzw. Finanzierungs- und Nutzungskonzeptionen mit einem Gesamtvolumen von mindestens 289.103 DM. Im Frühjahr 1993 trafen sich der Angeklagte und K im Café F in Halle. Der Angeklagte teilte K mit, daß es in der Branche üblich sei, 5 % der Auftragssumme zu bezahlen, und wies darauf hin, daß K und S in der Vergangenheit bereits genug an den durch die Stadt erteilten Aufträgen verdient hätten. Dabei wollte er den Eindruck erwecken, daß er sich bei der Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens im Rahmen der Vergabe entsprechender Aufträge durch eine Provision beeinflussen lasse und daß der R GmbH bei Ausbleiben der Zahlung die Nichtberücksichtigung bei weiteren Gutachtenaufträgen drohe. Das Landgericht hat nicht ausgeschlossen, daß der Angeklagte sich insgeheim , ohne dies aber K zu erkennen zu geben, vorbehielt, jeweils doch die sachgerechteste Lösung bei der Vergabe entsprechender Gutachtenaufträge auszuwählen. K fragte nach, in welchem Umfang eine Provision bezahlt werden solle. Der Angeklagte überließ diese Entscheidung seinem Gesprächspartner und forderte ihn auf, einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten. Daraufhin kamen K und S überein, daß eine jährliche Zahlung von maximal 50.000 DM in Raten an den Ange- klagten möglich sei. Etwa eine Woche nach dem Treffen im Café F traf der Angeklagte sich erneut mit K , der auf Frage des Angeklagten die Zahlung von maximal 50.000 DM pro Jahr in Raten anbot. Der Angeklagte stimmte dem Angebot zu und sagte, daß die nächste Rate in der kommenden Woche fällig sei. In den folgenden Jahren wurden daraufhin mehrfach Ratenzahlungen von K und S an den Angeklagten geleistet. Welcher Betrag bei jeder Rate an den Angeklagten gezahlt wurde, hat das Landgericht nicht feststellen können. Ebensowenig konnten Feststellungen dazu getroffen werden, welche Mindestbeträge K und S in dem Zeitraum von 1993 bis 1997 an den Angeklagten leisteten und zu welchem Zeitpunkt diese Zahlungen erfolgten. In der Folgezeit bis zum Jahr 1997 erteilte der Angeklagte der R GmbH neun Gutachtenaufträge , für die insgesamt 1.051.204 DM Honorar gezahlt wurden. Der Angeklagte befand die Rechnungen der R GmbH als sachlich richtig und fertigte entsprechende Auszahlungsanordnungen aus. Über die sich aus der Vergabeordnung der Stadt Halle und weiteren Anweisungen ergebende Pflicht, insbesondere wegen der Überschreitung bestimmter Wertgrenzen seine Dienstvorgesetzten über die Vorgänge zu informieren, setzte der Angeklagte sich bewußt hinweg.
Ab 1993 engagierte K sich auch als Bauherr und Investor in Sanierungsobjekten in Halle. Zu diesem Zweck wurden die Bauherrengemeinschaft R K – I S GbR, an der K zu 50 % beteiligt war, und die I R GmbH, deren faktischer Geschäftsführer K war, gegründet. Von April 1994 bis Juni 1995 erwarb die genannte Bauherrengemeinschaft sechs Sanierungsobjekte in Halle. Sie stellte für alle Objekte Anträge auf Bewilligung von Fördergeldern aus dem Förderprogramm „Historische Altstadt“. Im Rahmen dieses Programms bestand die Möglichkeit, die Kosten für durchgeführte Notsicherungsmaßnahmen seitens der Stadt Halle unter Anrechnung auf bewilligte und später auszuzahlende Fördergelder an den jeweiligen Bauherren vorab auszukehren. Die Bauherrengemeinschaft trat ihre Ansprüche auf Auszah- lung von Fördergeldern an die I R GmbH ab. Im Spätherbst 1995 wurden Abschlagsrechnungen in Höhe von knapp 2 Mio. DM, die von der I R GmbH eingereicht worden waren, durch die D S mbH, die seitens der Stadt Halle als Sanierungsbetreuer eingeschaltet war, beanstandet. Die Bauherrengemeinschaft befand sich, wie der Angeklagte wußte, in einer angespannten finanziellen Lage. In dieser Situation äußerte der Angeklagte gegenüber K bei einem Treffen im Spätherbst 1995 im Café H in Halle, daß „wieder eine Rate fällig“ sei. Er beabsichtigte, die mit K und S bestehende „Käuflichkeitsvereinbarung“ dahingehend zu erweitern, daß die Bezahlung der einzelnen Raten nicht nur für die Vergabe von Aufträgen an die R GmbH erfolgen sollte, sondern darüber hinaus die Bewilligung und zügige Auszahlung weiterer Fördermittel, insbesondere die Begleichung von eingereichten Abschlagsrechnungen der I R GmbH, „betreffen sollte“. Dabei wollte er gegenüber K zum Ausdruck bringen, daß er sich durch die entsprechende Zahlung bei seiner Entscheidung beeinflussen lassen würde. Das Landgericht hat nicht ausgeschlossen, daß der Angeklagte sich wiederum insgeheim vorbehielt, jeweils sachgerecht zu entscheiden. K erhoffte sich, das Wohlwollen des Angeklagten für die Bewilligung und Auskehr von Fördergeldern durch die Zahlung weiterer Raten „zusätzlich zu erkaufen“. Entsprechend der Aufforderung des Angeklagten leisteten K und S nach entsprechender Abrede untereinander weitere Ratenzahlungen an den Angeklagten. Umfang und Zeitpunkt der Ratenzahlungen, die bis August 1999 erfolgten, konnten im einzelnen nicht festgestellt werden. In der Folgezeit traf der Angeklagte zahlreiche Entscheidungen zugunsten der Bauherrengemeinschaft bzw. der I R GmbH. Er zeichnete insbesondere Rechnungen als richtig ab und erteilte entsprechende Auszahlungsanweisungen.

I.


Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Die Aufklärungsrügen sind unzulässig erhoben, weil die Beschlüsse , mit denen das Landgericht die den Beanstandungen zugrundeliegenden Anträge beschieden hat, nicht mitgeteilt werden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Auch die Sachrüge versagt. Die umfassende sachlichrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils hat – auch eingedenk der erhobenen Einzelbeanstandungen – keinen Fehler zutage treten lassen.

a) Dies gilt zunächst für den Schuldspruch.
aa) Namentlich sind die Einzelangriffe gegen die Beweiswürdigung unbegründet.
Das Landgericht hat unter umfassender Darstellung und entsprechender Würdigung belegt, weshalb es dem Zeugen K geglaubt hat.
Mit der Aussage des Zeugen KOK Kr hat das Landgericht sich auseinandergesetzt. Die darüber hinausgehende Behauptung, der Zeuge habe bekundet, „seine umfangreichen Finanzermittlungen beim Angeklagten hätten keinen Hinweis darauf ergeben“, daß der Angeklagte „Zuwendungen erhalten hat“, sind urteilsfremd.
Auch die Urheberschaft der im Rahmen einer Hausdurchsuchung bei dem Zeugen K gefundenen Liste „Zahlungen an L.“ hat das Landgericht umfassend und rechtsfehlerfrei geprüft. Es ist dabei zu der Überzeugung gelangt, daß die Liste von dem Zeugen K erstellt und von der Zeugin B mit der Überschrift „Zahlungen an L.“ versehen worden ist. Zum letzteren hat das Landgericht das Gutachten des Schriftsachver-
ständigen Dr. H ausführlich wiedergegeben. Soweit die Revision behauptet , der Sachverständige habe ausgeführt, daß „es ihm möglich wäre, den Urheber zu bestimmen, wenn ihm von diesem ausreichend Vergleichsmaterial zur Verfügung stünde“, ist dies urteilsfremd. Eine entsprechende Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
bb) Zutreffend hat das Landgericht in beiden Fällen jeweils eine Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 StGB (in der vor dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997, BGBl I 2038, geltenden Fassung ) gefunden. Der Angeklagte hat als Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB) jeweils einen Vorteil für sich gefordert und angenommen. Dabei hat er sich im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB bereit gezeigt, sich bei der Ausübung des ihm zustehenden Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

b) Auch die Strafzumessung ist ohne Rechtsfehler. Die Tatsache, daß die Höhe der einzelnen Bestechungszahlungen nicht festgestellt werden konnte, nötigte das Landgericht schon deshalb nicht zu der von der Revision vermißten Erörterung, ob eine Strafe „im Bereich der Mindeststrafe“ in Betracht käme, weil die Höhe der Bestechungszahlungen jedenfalls nicht im niedrigen Bereich lag.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist zunächst insoweit begründet, als es sich gegen den Freispruch wendet. Dem Angeklagten wird mit der zugelassenen Anklage vorgeworfen, in Tatmehrheit zu den Fällen der Bestechlichkeit eine Einkommensteuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO in vier Fällen begangen zu haben. Er habe in den Jahren 1993 bis 1996 von dem Zeugen K Bestechungsgelder jeweils in Höhe von 25.000 DM er-
halten. Er habe für das Jahr 1993 keine Einkommensteuererklärung abgegeben und in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1994 bis 1996 die jeweils erhaltenen Bestechungsgelder verschwiegen. Dadurch sei die Einkommensteuer jeweils zu niedrig festgesetzt worden, nämlich für das Jahr 1993 um 9.300 DM, für das Jahr 1994 um 7.706 DM, für das Jahr 1995 um 8.128 DM nebst 609 DM Solidaritätszuschlag und für das Jahr 1996 um 8.778 DM nebst 659 DM Solidaritätszuschlag. Das Landgericht hat den Angeklagten von diesen Vorwürfen freigesprochen. Es hat sich an einer Verurteilung allein deshalb gehindert gesehen, weil es nicht hat feststellen können, in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt der Angeklagte Zahlungen des Zeugen K erhielt. Es habe nicht einmal Mindestbeträge für die einzelnen Jahre feststellen können. Auch komme eine Wahlfeststellung nicht in Betracht. Dies hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, daß Bestechungsgelder erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG sind (BGHSt 30, 46, 51; Eisgruber in Kirchhof, EStG 3. Aufl. § 19 Rdn. 150 sub Schmiergeld; Fischer in Kirchhof aaO § 22 Rdn. 34; Wacker in Schmidt, EStG 22. Aufl. § 22 Rdn. 150 sub Schmier- und Bestechungsgelder; die beiden zuletzt Genannten je m.N. der Rspr. des Bundesfinanzhofs). Zudem hat das Landgericht festgestellt, daß der Angeklagte von K Bestechungszahlungen erhielt, deren Umfang nach den weiteren Feststellungen beträchtlich gewesen sein muß. So ergeben sich aus dem jeweiligen Volumen der einzelnen Geschäftsvorgänge, auf die sich die beiden „Käuflichkeitsvereinbarungen“ bezogen, aus der vom Angeklagten gegenüber K als branchenüblich genannten Quote von 5 % der Auftragssumme, aus dem Zeitraum der zahlreichen Bestechungszahlungen und der Liste „Zahlungen an L.“ Anhaltspunkte für eine Bestimmung der Höhe der Zahlungen. Angesichts dieser Sachlage, bei der die Schuld des Angeklagten als solche feststeht, dagegen lediglich die Verteilung der Höhe der hinterzogenen Steuern auf die einzelnen Jahre ungewiß ist, gibt es für einen Freispruch keinen Raum. Zwar ist es erforderlich, bei einer Tatserie die Einzelakte so
konkret und individualisiert zu ermitteln und festzustellen, daß sich daraus die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Deliktstatbestandes ergibt (BGHSt 40, 374, 376). Jedoch ist in solchen Fällen die Schuld des Angeklagten unter Zuordnung zu festgestellten Einzeltaten durch Schätzung zu erfassen.
Steht bei Vermögensstraftaten nach der Überzeugung des Tatrichters ein strafbares Verhalten des Täters fest, so kann die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen (BGHSt 36, 320, 328; 38, 186, 193; 40, 374, 376). Ein solches Verfahren ist stets zulässig, wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen (BGHR StGB vor § 1 Serienstraftaten Betrug 1). Die Schätzung ist dann sogar unumgänglich, wenn über die kriminellen Geschäfte keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind. In Fällen dieser Art hat der Tatrichter einen als erwiesen angesehenen Mindestschuldumfang festzustellen. Die Feststellung der Zahl der Einzelakte und die Verteilung des Gesamtschadens auf diese Einzelakte erfolgt sodann nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ (BGHSt 40, 374, 376 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 31; BGH NStZ 1999, 581; BGH, Urt. vom 21. April 2004 – 5 StR 540/03). Läßt sich nicht für jedes Steuerjahr der Empfang von Zahlungen klären, kommt auch eine Feststellung im Wege der Wahlfeststellung in Betracht.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, daß niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder gegen sich selbst Zeugnis abzulegen (nemo tenetur se ipsum accusare).
Zwar regelt § 393 Abs. 1 AO, daß der Einsatz von Zwangsmitteln unzulässig ist, soweit der Steuerpflichtige eigene Steuerstraftaten offenbaren müßte, was in bestimmten Fällen sogar dazu führt, daß die Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen suspendiert ist (vgl. BGHSt 47, 8, 12; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 2 und 3). Soweit der Steuerpflichtige mit einer
wahrheitsgemäßen Erklärung allgemeine Straftaten offenbart, ist er durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37,

47).


Indes gilt dieser Schutz nicht uneingeschränkt. Vielmehr sieht das Gesetz in § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ausdrücklich eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses vor, wenn die Offenbarung im zwingenden öffentlichen Interesse liegt. In Anbetracht der überragenden Bedeutung der in § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO genannten Rechtsgüter für ein ordnungsgemäß funktionierendes Gemeinwesen wird dem Steuerpflichtigen demnach die Erklärung auch solcher Einkünfte zugemutet, durch deren Offenbarung er in den Verdacht einer Straftat geraten und durch die er sich der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen kann (vgl. BGH, Urt. vom 10. August 2001 – RiSt (R) 1/00, teilweise abgedruckt in NJW 2002, 834). Um einen Ausgleich im gegebenen Spannungsfeld – zwischen den in § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO genannten Rechtsgütern einerseits, dem Schutz vor erzwungener Selbstbelastung und dem Steuergeheimnis andererseits, jeweils vor dem Hintergrund der gebotenen Sicherung eines vollständigen Steueraufkommens – zu finden , wird es naheliegen, an die Konkretisierung der gebotenen steuerlichen Erklärungen möglicherweise niedrigere Anforderungen zu stellen als sonst nach § 90 AO geboten. Eine solche Reduzierung des Erklärungsumfangs könnte etwa darin bestehen, daß die Einkünfte nur betragsmäßig, nicht aber unter genauer Bezeichnung der Einkunftsquelle zu benennen sein werden. Dies bedarf hier indes keiner weiteren Entscheidung, weil der Angeklagte gegenüber dem Finanzamt die Schmiergelder gänzlich verschwiegen hat.
Jedenfalls ist das gefundene Ergebnis – eine steuerliche Erklärungspflicht im Hinblick auf erhaltene Schmiergelder – verfassungsrechtlich und konventionsrechtlich (Art. 6 Abs. 1 MRK) nur dann hinnehmbar, wenn bei der Rechtsfolgenentscheidung der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung berücksichtigt wird
und dem durch eine straffe Zusammenziehung der zu verhängenden Einzelstrafen Rechnung getragen wird (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Bedenken Rogall in Festschrift für Kohlmann 2003, S. 465, 469 f., 495 f. m.w.N.; vgl. zu § 393 Abs. 2 AO auch Senatsurteil vom heutigen Tag – 5 StR 548/03, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Darüber hinaus werden die mittlerweile erhebliche Dauer des Strafverfahrens und die damit verbundenen Belastungen für den Angeklagten in besonderem Maße bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung

13).


2. Zudem ist die Revision der Staatsanwaltschaft auch insoweit begründet , als sie sich gegen die Nichtanordnung des Verfalls richtet.
Das Landgericht hat festgestellt, daß der Angeklagte von K Bestechungszahlungen erhalten hat, die nach den weiteren Feststellungen erheblich gewesen sein müssen (oben sub 1a). Es hat allerdings nicht aufklären können, in welchem konkreten Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Zahlungen erfolgten. Es hat gemeint, deshalb sei die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes nach §§ 73, 73a StGB nicht möglich. Auch eine Schätzung nach § 73b StGB hat es für ausgeschlossen gehalten. Dies hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Bestechungsgelder unterliegen grundsätzlich dem Verfall nach § 73 StGB, ihre Surrogate dem Verfall des Wertersatzes nach § 73a StGB (st. Rspr. seit BGHSt 30, 46, 47). Der Umfang des aus der Bestechung Erlangten kann geschätzt werden (§ 73b StGB). Diese Regelung bleibt nicht hinter der oben sub 1a beschriebenen Regelung für die Schätzung der Höhe hinterzogener Steuern zurück.

b) Die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht dem hier nur in eingeschränktem Maß entgegen.
aa) Ansprüche der Stadt Halle/Saale als Arbeitgeber des Angeklagten und etwaigen Verletzten, die einer Verfallsanordnung entgegenstünden, liegen generell nicht vor (vgl. BGHSt 30, 46, 49; für Beamte im formellen Sinne ferner BGH NStZ 2000, 589, 590 und 2003, 423); der vorliegende Fall gibt dem Senat keinen Anlaß, die Grundsätze dieser Rechtsprechung in Frage zu stellen. Auch für einen Fall der Art, daß dem Dienstherrn ein Schaden entstanden wäre, der demjenigen Vermögenszuwachs spiegelbildlich entspräche , den der Angeklagte aus der Tat erlangt hat (vgl. BGHR StGB § 73 Verletzter 4 und 5, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt; BGHSt 47, 22), ist nichts Tragfähiges festgestellt. Zwar läge eine Untreue des Angeklagten zum Nachteil der Stadt nicht ganz fern, wenn nachzuweisen gewesen wäre, daß er überhöhte Rechnungen zugunsten des Schmiergeldzahlers bewilligte. Dem steht aber hier letztlich entgegen, daß hinsichtlich der in Rechtskraft erwachsenen Bestechlichkeitsschuldsprüche zugunsten des Angeklagten unterstellt wurde, seine Diensthandlungen seien in der Sache nicht zu beanstanden gewesen. Eine etwaige doppelte Anwendung des Zweifelsgrundsatzes , welche im Zusammenhang mit dem Verfall das Vorliegen einer Untreue zugunsten des Angeklagten zu unterstellen vorschriebe, scheidet aus. Nach Sinn und Zweck setzt § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB den an den Schuldspruch anknüpfenden eindeutigen Beleg von Ansprüchen Verletzter voraus, weil selbstverständlich nicht ermöglicht werden soll, daß der Täter in Zweifelsfällen die grundsätzlich verfallene, nicht sicher den Ansprüchen Verletzter ausgesetzte Tatbeute etwa behalten dürfte.
bb) Allerdings gehen die Ansprüche des Steuerfiskus den Ansprüchen des Justizfiskus vor (BGHR StGB § 73 Verletzter 3; BGH NStZ 2003, 423). Jedoch besteht hier der dem Steuerfiskus zustehende Anspruch nur in Höhe der auf die Bestechungszahlungen entfallenden Einkommensteuer. In dieser Höhe ist bei der Bemessung des Verfalls unter dem Gesichtspunkt des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB – erforderlichenfalls wiederum im Wege der Schätzung – der dem Steuerfiskus zustehende Betrag auszunehmen (BGHSt 30, 46, 51;
zur Berücksichtigung von Steuern bei der Anordnung von Verfall vgl. BGHSt 47, 260, 265).
Harms Häger Basdorf Raum Schaal
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266;
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt
ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische
Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die
Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils
im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht
der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des
§ 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht
auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt
und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05
LG Köln –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
- Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sc
alsVerteidigerfürdenAngeklagten E ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwältin We
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten R ,
Rechtsanwalt M
alsVertreterderVerfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M , soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die Verfallsbeteiligte abgelehnt.
Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend gegen ihre Verurteilung.
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.

I.


Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung – vom Zeugen A anschaulich als „Monopölchen“ bezeichnet – auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG “ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren insbesondere die Errichtung und der Be-
trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog. „Dritte“ mit der Wahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings , der Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen , wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem Submissionstermin – zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen, für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996 insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt 14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio. DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio. DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM verblieben sind.
Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA – nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro – im Jahr 2001 wegen verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
1. Dass die Angeklagten E und M nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des Angeklagten E als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige Stellen“ sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl. BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler – Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor.
aa) Die AVG ist zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report 2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum Korruptionsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als „verlängerter Arm“ des Staates und damit als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19). Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht werden und dass die öffentliche Hand daneben in unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln hinreichend abgrenzen zu können.
cc) Mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der Organisationsform – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint ; erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005, 325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt).
dd) Soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt ist.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet, eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl. BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH aaO). Daraus folgt, dass – anders als die Staatsanwaltschaft meint – auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des „herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17 AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage, ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ 2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
ee) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen:
Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit DreiviertelMehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten neben der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und Darlehensaufnahme , der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen , die Bestellung eines Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans. Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des – freilich von
den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten – siebzehnköpfigen Aufsichtsrats , der die Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen und überprüfen sollte.
Schon allein aufgrund dieser vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht mehr den „verlängerten Arm“ des Staates dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten Möglichkeiten der Stadt Köln – insbesondere durch ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts –, Einfluss auf das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG als behördenähnlich zu verstehen und wie eine Behörde zu behandeln.
ff) Ob die AVG bereits keine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich (Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private – wie etwa der Unternehmer T – als Marktteilnehmer unternehmerisch tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie- und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, – wie andere (rein private) Marktteilnehmer auch – allein erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt (Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung), selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat.
2. Das mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt.

a) Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn. 31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB § 334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff. StGB).

b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E im Früh-
jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den Angeklagten E beendet worden, durch die – zumindest nicht ausschließbar – die Summe der ursprünglich allein für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder § 299 StGB erfassten Vereinbarung.

c) Mit dieser Bewertung lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des Landgerichts:
aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene Ausgangspunkt des Landgerichts – sämtliche gemeinschaftlich vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die Verjährungsfrage erheblich – trifft zu. Nicht nur die vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar.
(1) Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a.F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm, Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123, 128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331 ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339 f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw. „für diesen oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§ 331 ff.
StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S. 15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25).
(2) Nach diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil: Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in entscheidender Position tätigen T (stellvertretender Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren. Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher „Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und -organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt – zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte – nichts anderes. Im Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die Frage der Verjährung angesichts der festgestellten höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern bei E nicht einmal an.
Zudem hatte E – mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden – zunächst jeweils persönlich die Verfügungsmöglichkeit über sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung – Zahlung von insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten – ist auch nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden. Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches bloßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden Abschluss des rechtsverneinenden Handelns.
cc) Zudem ist für den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil 1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand.
In beiden Fällen war einziges Beweismittel für den Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben , dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung in der Situation „Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257) gelten zwar – wie die Revision des Angeklagten M zutreffend hervorgehoben hat – grundsätzlich unmittelbar nur in Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis nach vollständiger , nachprüfbarer Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise auch dann zum Tragen
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175).

b) Den genannten Anforderungen genügt die Darstellung der Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch.
Folgende Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend: E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des Schmiergeldes möglichst gering darzustellen , und hatte im Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine – zudem eher farblosen – Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren Geldübergaben waren uneinheitlich.
Den genannten Umständen hat das Landgericht sämtliche für die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen gegenübergestellt , insbesondere dass andere Angaben E s in der Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E sprechenden s Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht ersichtlich.
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – das Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet.
4. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten E und M auf.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; st. Rspr.).

b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe.

c) Gleichfalls weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf; dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte, liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB.
bb) Das Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige Strafmilderungsgründe – insbesondere Unbestraftheit, erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio. DM – besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in seiner Kon-
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen Geschäftspraktiken bei der Konzeption von Großanlagen und dabei – sogar ungeachtet gegebener „Staatsnähe“ – bedenkenlos angebrachten Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M sogar näher gelegen hätte.
cc) In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart bestimmenden Strafzumessungsfaktoren , dass die Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen oder – wie hier – die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschaftsund Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen – wird es möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat, zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken begegnet.

a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf hingewiesen , dass das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen – Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM. Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende wirtschaftliche Vorteile.
aa) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156); „für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung – nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.).
bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr ) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369).
cc) Der wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn. Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen.
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst.
Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke /Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78).
Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5).
Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht – wie hier – in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt , so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet.
dd) Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf diese Weise – ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB – ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip , dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können.

b) Der Anordnung des Verfalls steht – entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten – nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht , weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt.

c) Auch wenn das Landgericht den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt, sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach § 73c Abs. 1 StGB abgesehen.
aa) Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese noch vorhandenen – gegebenenfalls nach § 254 BGB geminderten – Ansprüche übersteigt, kann letztlich offen bleiben.
bb) Die Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht zwar – auch in Abgrenzung zu Satz 2 – nicht hinreichend dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.). Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein bleibender Gewinn , der Schadensersatzansprüche der AVG übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden; letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz.
cc) Ungeachtet der rechtlich nicht unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu §§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.

III.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos.
1. Die Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen Bedenken.

a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist. Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu solcher Tat Beihilfe geleistet
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten verteidigen können.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags zugefügt hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
bb) Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld – wie hier – einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH wistra 2001, 295, 296).
Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.).
cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten. Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum verminderten Preis überhaupt nicht abschließen dürfen, weil dieses durch die vorangegangene Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden (vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578).
Nachdem sich E für den Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situation den Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung.
ee) Das Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in Höhe von rund 24 Mio. DM aus.
Die Berechnung des im vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile, die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – der Angeklagte M letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb da-
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa 20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
2. Der Schuldspruch wegen – wie ausgeführt, nicht verjährter – Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M (b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.

a) Regelmäßig besteht zwischen Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten „bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47, 22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl. BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190). Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu § 332 StGB).
Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich, in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu § 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt. Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die Unrechtsvereinbarung , mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum Ausführungsstadium der Untreue.
Soweit die Revision für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist, war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht – wie hier – um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr, dass LCS über keinen „Topf“ für solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu Lasten der AVG zu erwirtschaften.

b) Rechtlich vertretbar ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten M im vorliegenden Fall materiellrechtlich als zwei Taten im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch den Angeklagten E – die eigentliche Untreuehandlung – konnte nur zu einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt hätte, wäre im Übrigen die verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei.

a) Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. DM hinterzogen.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung bei-
zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.).
aa) Ein Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten Erklärungspflicht regelmäßig bereits dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese Erklärung reicht regelmäßig zu einer Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine Verkürzung von Steuern – also der von § 370 AO vorausgesetzte Taterfolg – vermieden wird. Derartige Angaben, durch die sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt, sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit.
bb) Soweit nach der AO darüber hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO) bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund überragender öffentlicher Interessen durch § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird, gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einkünfte als solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur – allein hierdurch nicht ermittelbaren – deliktischen Herkunft der Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353).
cc) Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG – Vorprüfungsausschuss – wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens , sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353). Die Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der Einnahme als solche und nicht auf deren – allein hierdurch nicht ermittelbare – deliktische Herkunft bezieht.
4. Die Strafzumessung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) ersichtlich dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es die verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn

1.
bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung
a)
dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des § 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, oder
b)
dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
c)
ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung, oder
d)
ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
e)
ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des Einkommensteuergesetzes oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat oder
2.
eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste,
3.
die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25 000 Euro je Tat übersteigt, oder
4.
ein in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 6 genannter besonders schwerer Fall vorliegt.
Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart.

(2a) Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich.

(3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Absatz 4 angerechnet werden, sowie die Verzugszinsen nach Artikel 114 des Zollkodex der Union innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. In den Fällen des Absatzes 2a Satz 1 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die fristgerechte Entrichtung von Zinsen nach § 233a oder § 235 unerheblich ist.

(4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend.

22
Eine sich aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz ergebende Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bestand gleichwohl nicht, weil die Angeklagte die Möglichkeit hatte, mit vollständigen und richtigen Angaben zu den Vorschenkungen zugleich die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige im Sinne von § 371 AO zu erfüllen. Durch eine Selbstanzeige kann der Steuerpflichtige regelmäßig Straf- bzw. Sanktionsfreiheit erlangen (§ 371, § 378 Abs. 3 AO). Die Angeklagte befand sich damit nicht in einer unauflösbaren Konfliktlage, die im Hinblick auf den Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ und das in § 393 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO normierte Zwangsmittel- verbot ihrer steuerrechtlichen Erklärungspflicht entgegenstehen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, Rn. 26, BGHSt 53, 210, 218). Sofern eine Selbstanzeige wegen eines Sperrgrundes im Sinne von § 371 Abs. 2 AO nicht in Betracht gekommen sein sollte, war der Angeklagten die Angabe der Vorschenkungen ebenfalls nicht unzumutbar. Denn soweit erzwungene Angaben zu einer mittelbaren Selbstbelastung führen können, besteht für sie ein strafrechtliches Verwendungsverbot (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2012 – 1 StR 26/12, BGHR AO § 393 Abs. 2 Verwertungsverbot 3; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 – 5 StR 191/04, wistra 2005, 148).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 479/08
vom
17. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
17. März 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin - in der Verhandlung - und
Staatsanwältin - bei der Verkündung -
als Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. März 2008 mit den Festsstellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte freigesprochen wurde und
b) im Strafausspruch, soweit der Angeklagte verurteilt wurde. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den Teilfreispruch und, soweit der Angeklagte verurteilt wurde, gegen den Strafausspruch. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte seit dem Jahr 1979 Geschäftsführer der in Nürnberg ansässigen D. KG (nachfolgend: D. KG). Seit Mitte des Jahres 2001 entstanden in der Buchhaltung des Unternehmens Buchungsrückstände. Dies hatte zur Folge, dass von der D. KG erzielte Umsätze und gezahlte Vorsteuerbeträge spätestens seit dem Jahr 2002 der EDV-Buchhaltung des Unternehmens nicht mehr entnommen werden konnten. Von Januar 2002 bis Mai 2003 wurden die beim Finanzamt einzureichenden Umsatzsteuervoranmeldungen daher von der angestellten Buchhaltungskraft anhand der vorliegenden Eingangs- und Ausgangsrechnungen manuell erstellt, wobei ihr allerdings schwerwiegende Fehler unterliefen. Für das Jahr 2002 wurden von den tatsächlich getätigten Umsätzen im Umfang von mehr als 12,8 Mio. Euro lediglich knapp 9,1 Mio. Euro erklärt. Zugleich wurden die Vorsteuern um etwa 62.000,-- Euro zu niedrig angegeben. Auch die für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 2003 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen waren unrichtig und enthielten zu geringe Umsatzsteuerbeträge.
3
Der Angeklagte erfuhr spätestens im ersten Halbjahr 2002 von den Rückständen in der Buchhaltung. Auch wusste er, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen manuell erstellt wurden. Gleichwohl überprüfte er die Voranmeldungen nicht.
4
Im Hinblick auf die manuelle Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2003 ordnete das Finanzamt Nürnberg-Nord eine Umsatzsteuer -Nachschau an, die am 29. Oktober 2003 in den Geschäftsräumen der D. KG durchgeführt wurde. Hierbei wurde sofort festgestellt, dass die für Februar bis Mai 2003 tatsächlich erzielten Umsätze weit über den vorangemeldeten Umsätzen lagen. Dies wurde noch am selben Tag dem Angeklagten mitgeteilt, der die bei der Umsatzsteuer-Nachschau festgestellten Beträge als richtig anerkannte.
5
Aufgrund der Mitteilung des Finanzamts rechnete der Angeklagte damit, dass auch die Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Dezember 2002 unrichtig waren. Gleichwohl unterließ er die Abgabe einer richtigen Umsatzsteuerjahreserklärung, mit der er zugleich der sich aus § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO ergebenden Berichtigungspflicht hätte nachkommen können, die ihm bekannt war. Die Berichtigung wäre ihm auch ohne weiteres möglich gewesen, da die Buchhaltung zwischenzeitlich vervollständigt worden war, so dass dem Angeklagten die richtigen Umsatzzahlen zur Verfügung standen. Der Angeklagte unterließ sowohl die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2002 als auch eine Berichtigung der unrichtigen Vorsteueranmeldungen, um sich die Steuervorteile, die die Gesellschaft durch die unrichtigen Voranmeldungen erzielt hatte, auf Dauer zu sichern.
6
2. Aufgrund dieser Feststellungen hat das Landgericht den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung betreffend das Jahr 2002 zu der Geldstrafe von 270 Tagessätzen verurteilt. Von der - rechtlich möglichen - Bildung einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe hat die Strafkammer gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB bewusst abgesehen.
7
3. Soweit dem Angeklagten in der Anklageschrift zur Last gelegt wurde, auch für die Monate Februar bis Mai 2003 unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben zu haben und dadurch in vier Fällen Umsatzsteuer in Höhe von mehr als 260.000,-- Euro verkürzt zu haben, hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Ihm sei nicht nachzuweisen, dass er die Unrichtigkeit der Voranmeldungen bereits bei deren Abgabe gekannt habe. Eine Pflicht zur Berichtigung nach § 153 AO habe nicht bestanden, da die Unrichtigkeit der Voranmeldungen bereits von den Finanzbehörden festgestellt gewesen sei, als er davon erfahren habe.

II.

8
Die Freisprechung des Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in vier Fällen durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar bis Mai 2003 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Zwar hat es das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, wenn ein Angeklagter deshalb freigesprochen wird, weil das Tatgericht Zweifel an der Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist auf die Prüfung beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze und gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH StV 1994, 580 m.w.N.). Der Prüfung unterliegt auch, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; BGH NJW 2005, 1727; BGH NStZ-RR 2003, 369, 370; BGH NStZ 2002, 48; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 25, jew. m.w.N.).
10
Die Begründung eines Freispruchs muss daher so abgefasst werden, dass dem Revisionsgericht die Prüfung möglich ist, ob dem Tatgericht Rechts- fehler unterlaufen sind, insbesondere, ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt vollständig gewürdigt worden ist (vgl. BGH wistra 1991, 63). Hierzu bedarf es in den Urteilsgründen regelmäßig der Darstellung des Anklagevorwurfs , der getroffenen Feststellungen und einer Würdigung der Beweise (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 267 Rdn. 33 m.w.N.), insbesondere der gegen den Angeklagten sprechenden Um stände (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 338). Die Anforderungen an eine umfassende Würdigung der festgestellten Tatsachen sind nicht geringer als im Fall der Verurteilung (vgl. BGH NStZ 2002, 446).
11
2. Diesen Anforderungen an die Sachdarstellung und Beweiswürdigung wird das angefochtene Urteil nicht in vollem Umfang gerecht.
12
a) Soweit dem Angeklagten mit der Anklageschrift zur Last gelegt wurde, in vier Fällen durch Abgabe falscher Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar bis Mai 2003 Steuern hinterzogen zu haben, enthalten die Urteilsgründe keine Feststellungen dazu, welchen Inhalt die abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen hatten. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen fehlen in den Urteilsgründen ebenso Angaben wie zu der Frage, ob die Voranmeldungen zu einer Zahllast oder einer Erstattung geführt haben (vgl. § 168 AO). Es bleibt auch offen, in welchem Umfang die angemeldeten von den zu erklärenden Umsätzen abwichen. Der Mitteilung dieser Umstände hätte es indes schon allein deshalb bedurft, weil sich aus ihnen - etwa aus einem Vergleich mit früheren Anmeldungszeiträumen - Rückschlüsse auf die subjektive Tatseite ergeben konnten.
13
b) Die Beweiswürdigung ist auch deshalb lückenhaft, weil sie sich - soweit Feststellungen getroffen worden sind - nicht mit allen festgestellten Um- ständen auseinandersetzt, die den Angeklagten be- oder entlasten (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2).
14
aa) Die Strafkammer beschränkt sich im Wesentlichen darauf, festzustellen , dass die Einlassung des Angeklagten nicht zu widerlegen sei. Eine Auseinandersetzung mit den festgestellten Umständen, die gegen diese Einlassung sprechen könnten, enthält das Urteil nicht. So lässt das Landgericht außer Betracht , dass der Angeklagte aufgrund seiner Geschäftserfahrung und beruflichen Bildung als Kaufmann über besondere Fähigkeiten und Kenntnisse verfügte. Diese können aber für die Frage, ob der Angeklagte um die Fehler der Voranmeldungen wusste, als Beweisanzeichen von Bedeutung sein. Das gilt um so mehr, als das Landgericht ausdrücklich feststellt, dass die Defizite in der Buchhaltung , die die fehlerhaften Voranmeldungen bedingten, bereits seit längerem bestanden und der Angeklagte von diesen auch schon seit Mitte des Jahres 2002 wusste. Unerörtert bleibt auch, dass sich die D. KG bereits seit dem Jahre 2000 in finanziellen Schwierigkeiten befand, die sich im Laufe des Jahres 2002 noch verschärften. Es hätte daher jedenfalls der Erörterung bedurft, ob diese finanziellen Schwierigkeiten als Motiv für die Abgabe falscher Umsatzsteuervoranmeldungen in Betracht kamen, um aufgrund ungerechtfertigter Vorsteuererstattungen den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können.
15
bb) Die Beweiswürdigung verhält sich auch nicht dazu, ob leichtfertiges Handeln des Angeklagten im Sinne von § 378 AO auszuschließen war. Für den Schluss der Strafkammer, es habe lediglich einfache Fahrlässigkeit vorgelegen, fehlt es angesichts der gegen den Angeklagten sprechenden Umstände an einer tragfähigen Begründung. Statt einer an rechtlichen Abgrenzungskriterien ausgerichteten Gesamtwürdigung sämtlicher für und gegen die Annahme leichtfertigen Handelns sprechenden Umstände beschränkt sich die Strafkammer auf die nicht näher begründete Bewertung, es habe nur einfache Fahrlässigkeit vorgelegen. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
16
3. Das Urteil beruht insoweit auf den Darstellungs- und Beweiswürdigungsmängeln ; der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung zu einer Verurteilung des Angeklagten gelangt wäre.

III.

17
1. Auch der Strafausspruch, auf den die Staatsanwaltschaft ihre Revision wirksam beschränkt hat, soweit der Angeklagte verurteilt wurde, hat keinen Bestand. Dies folgt hier bereits aus der Aufhebung des Teilfreispruchs.
18
Bei Tatmehrheit kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Aufhebung eines Einzelstrafausspruchs zur Aufhebung weiterer Strafaussprüche führen, wenn nicht auszuschließen ist, dass diese durch den Rechtsfehler im Ergebnis beeinflusst sind (vgl. die Nachw. bei MeyerGoßner , StPO 51. Aufl. § 353 Rdn. 10). Dies kann insbesondere dann zu bejahen sein, wenn die Taten in einem engen inneren Zusammenhang stehen (BGH NStZ 2001, 323, 324; NStZ-RR 2007, 195, 196 m.w.N.). Nichts anderes gilt im Falle der Aufhebung eines Teilfreispruchs, wenn insoweit aufgrund einer neuen Hauptverhandlung eine Verurteilung noch in Betracht kommt und eine solche Verurteilung die Strafzumessung bei den übrigen Taten beeinflussen kann.
19
So verhält es sich hier; denn dem Angeklagten lag die Verletzung seiner umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für zwei aufeinander folgende Jahre zur Last. Der Frage, ob es sich bei einer Tat um eine bloß einmalige Verfehlung oder um eine wiederholte oder mit Wiederholungsabsicht begangene Straftat handelt, kommt aber für die Strafzumessung nicht unerhebliches Gewicht zu. Der Senat hebt daher auch den Strafausspruch auf, um dem Tatrichter eine in sich stimmige Strafzumessung gegebenenfalls auch im Hinblick auf den weiteren - vom aufgehobenen Teilfreispruch erfassten - Tatvorwurf zu ermöglichen. Einer Erörterung der von der Staatsanwaltschaft gegen die Strafzumessung im Einzelnen erhobenen Bedenken bedarf es daher insoweit nicht.
20
2. Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts geben allerdings im Hinblick auf die von der neuen Strafkammer vorzunehmende Strafzumessung und den dabei zugrunde zu legenden Schuldumfang Anlass zu folgendem Hinweis:
21
Die Steuerhinterziehung ist zwar Erfolgsdelikt, jedoch nicht notwendig Verletzungsdelikt. Wie die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO zeigt, ist der Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO bereits erfüllt, wenn die gesetzlich geschuldete Steuer nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt wird. Für eine Steuerverkürzung genügt deshalb eine konkrete Gefährdung des Steueranspruchs (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 15). Die Erfüllung der Steuerschuld ist demgegenüber erst Gegenstand des dem Festsetzungsverfahren nachgelagerten Erhebungs- und Vollstreckungsverfahrens (vgl. §§ 218 ff., 249 ff. AO).
22
Vor diesem Hintergrund kann dem Umstand, dass das Steueraufkommen mangels ausreichender finanzieller Mittel zur Abführung der geschuldeten Steuern auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten des Angeklagten geschädigt worden wäre, entgegen der Auffassung der Strafkammer (UA S. 15/16) für die Bestimmung des Schuldgehalts der Tat kein erhebliches Gewicht im Sinne eines bestimmenden Strafzumessungsumstandes (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) zukommen. Dies gilt im besonderen Maße, wenn es sich bei den hinterzogenen Steuern um solche handelt, die der Steuerschuldner - wie hier bei der Umsatzsteuer - wie ein Treuhänder für den Fiskus verwaltet (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 1018; Kohlmann, Steuerstrafrecht Stand 39. Lfg. Oktober 2008, § 370 AO Rdn. 1033). Demgegenüber hat es erhebliche strafmildernde Bedeutung , wenn - anders als im vorliegenden Fall - die Verkürzung von Steuern beim Fiskus nicht zu einem dauerhaften Steuerausfall geführt hat, weil etwa der Täter die geschuldeten Steuern nachgezahlt hat. Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn

1.
bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung
a)
dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des § 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, oder
b)
dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
c)
ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung, oder
d)
ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
e)
ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des Einkommensteuergesetzes oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat oder
2.
eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste,
3.
die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25 000 Euro je Tat übersteigt, oder
4.
ein in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 6 genannter besonders schwerer Fall vorliegt.
Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart.

(2a) Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich.

(3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Absatz 4 angerechnet werden, sowie die Verzugszinsen nach Artikel 114 des Zollkodex der Union innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. In den Fällen des Absatzes 2a Satz 1 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die fristgerechte Entrichtung von Zinsen nach § 233a oder § 235 unerheblich ist.

(4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

1
Anklage und Eröffnungsbeschluss legten dem Angeklagten unter anderem vierzehn tatmehrheitlich begangene Fälle des Betruges zur Last. Nach Teileinstellung (§ 154 Abs. 2 StPO) hatte das Landgericht – neben Steuerhinterziehung in zehn Fällen – nur noch über den Tatvorwurf des Betruges in drei Fällen zu entscheiden. Das Landgericht konnte sich nur in einem (dem gewichtigsten) dieser Fälle mit einem großen Vermögensschaden, nicht aber hinsichtlich zweier kleinerer Zusatzaufträge vom Vorliegen eines Betruges überzeugen. Gleichwohl unterließ es einen Teilfreispruch mit Hinweis darauf, dass alle drei verbliebenen Betrugstaten „Teilakte einer natürlichen Handlung“ seien. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Um Anklage und Eröffnungsbeschluss zu erschöpfen, muss, wenn nicht wegen aller Delikte verurteilt wird, die nach der Anklage in Tatmehrheit (§ 53 StGB) begangen sein sollen, insoweit grundsätzlich freigesprochen werden. Ein Teilfreispruch muss auch dann ergehen, wenn das Tatgericht die Konkur- renzverhältnisse anders beurteilt und von Tateinheit oder – wie hier – von einer natürlichen Handlungseinheit ausgeht (vgl. BGHSt 44, 196, 202 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 16. April 1996 – 5 StR 127/96; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 260 Rdn. 13). Der Senat holt den Teilfreispruch nach.
2
Das Landgericht hat von 28 Veräußerungsgeschäften an den Zeugen S. , die dem Angeklagten in der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage (Anklagevorwürfe 5-32) als tatmehrheitlich begangene Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Last gelegt worden sind, lediglich vier Verkäufe von jeweils 0,8 g Marihuana (II. 2 b cc und dd der Urteilsgründe) feststellen können. Bei dieser Konstellation war ungeachtet des Umstands, dass die nicht nachweisbaren Betäubungsmittelveräußerungen im Falle ihrer Erwiesenheit konkurrenzrechtlich in den von der Strafkammer abgeurteilten Bewertungseinheiten aufgegangen wären, zur Erschöpfung des Eröffnungsbeschlusses ein Teilfreispruch erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2016 - 3 StR 48/16, NStZ-RR 2016, 246; Meyer-Goßner in MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 260 Rn. 13 mwN). Diesen holt der Senat mit der Kostenfolge des § 467 Abs. 1 StPO nach.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 21/11
vom
9. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juni 2011 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 15. Januar 2010 im Strafausspruch aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO), die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Steuerhinterziehung, zu drei Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die mit der Behauptung einer Verletzung formellen und materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte in Deutschland entsprechend vorab geführter Verhandlungen mit dem anderweitig Verfolgten P. , der „seit mindestens 2005 mit Zigaretten, die von außerhalb der EU über Polen unversteuert und unverzollt nach Deutschland eingeführt wurden“ (UA S. 5), von unbekannt gebliebenen Lieferanten derartige Zigaret- ten. Am 24. April 2008 übernahm er 1.000 Stangen (zu je 200 Zigaretten), die er an P. weitergab, und am 3. Juni 2008 weitere 7.000 Stangen, die er an unbekannt gebliebene Abnehmer gewinnbringend weiterveräußerte. Nach den Berechnungen der Strafkammer betrug die den Hehlereitaten des Angeklagten zugrunde liegende Verkürzung von Einfuhrabgaben (Zoll sowie polnische Verbrauchsteuer [Akzise] und Einfuhrumsatzsteuer) in der Republik Polen 21.530,- Euro bzw. 150.710,- Euro und die nach dem Verbringen der Zigaretten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Nichtanmeldung bei den Zollbehörden verkürzte deutsche Tabaksteuer 25.410,- Euro bzw. 177.870,- Euro.
3
2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch.
4
a) Der Angeklagte hat sich der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1, Abs. 2 AO) schuldig gemacht.
5
Zutreffend weist allerdings die Revision darauf hin, dass Verbrauchsteuern i.S.d. § 374 Abs. 1 AO nur inländische Steuern sind (§ 374 Abs. 4 AO verweist nur auf § 370 Abs. 6 Satz 1 AO) und dass der Begriff der Einfuhrabgaben - in § 374 Abs. 1 AO gleichermaßen wie in § 373 Abs. 1 AO - einen Einfuhrvorgang voraussetzt. Einfuhr ist dabei nur das unmittelbare Verbringen von Ware aus einem Drittland in das Gebiet der Europäischen Union, nicht jedoch das Verbringen von Ware (außerhalb eines gemeinschaftlichen Zollverfahrens) von einem Mitgliedstaat in einen anderen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2011 - 1 StR 561/10, wistra 2011, 191; Jäger in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht , 7. Aufl., § 370 Rn. 225 und § 373 Rn. 6 ff. sowie in Klein, AO, 10. Aufl., § 373 Rn. 25). Deshalb können Verbrauchsteuern wie die in Polen zu entrichtende Akzise überhaupt nur dann zu den Einfuhrabgaben i.S.d. § 374 Abs. 1 AO zählen, wenn sie bei der unmittelbaren Einfuhr aus einem Drittland in das Gebiet der Europäischen Union entstehen. Hierzu bedarf es in Fällen des Zigarettenschmuggels - will man die Verfolgung nicht gemäß § 154a StPO auf die vom Vortäter hinterzogene Tabaksteuer beschränken - entsprechender Feststellungen.
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Im vorliegenden Fall ist hinreichend belegt, dass die verfahrensgegenständlichen Zigaretten „von außerhalb der EU über Polen“ nach Deutschland verbracht wurden (UA S. 5). Der Senat kann dies schon dem Umstand entnehmen , dass es sich - u.a. - um Zigaretten der Marke „Jin Ling“ handelte. Die Strafkammer stützt sich überdies auf die Angaben eines aufgrund „seiner beruflichen Erfahrung mit dem Sprachgebrauch in der Szene“ vertrauten (UA S. 24), also sachkundigen Zeugen, wonach illegale Zigaretten „in der Regel aus Län- dern der früheren Sowjetunion über Osteuropa in die Bundesrepublik geschafft“ werden (UA S. 25). Anhaltspunkte dafür, dass abweichend hierzu gerade die verfahrensgegenständlichen Zigaretten nicht in das Gebiet der Europäischen Union eingeführt, sondern etwa innerhalb der Europäischen Union hergestellt worden sein könnten, bestehen nicht. Solche Anhaltspunkte ergeben sich auch weder aus der Einlassung des Angeklagten noch aus dem Vortrag der Revision. Eine Aufklärungsrüge mit dem Ziel, insoweit vom Urteil abweichende Feststellungen zu ermöglichen, hat der Angeklagte nicht erhoben.
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b) Die Feststellungen belegen auch eine zugleich vom Angeklagten als Empfänger i.S.d. § 19 TabStG (in der für den Tatzeitraum maßgeblichen Fassung ) durch Unterlassen begangene Hinterziehung von Tabaksteuer (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Die Annahme von Tateinheit (statt Tatmehrheit, vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2008 - 1 StR 443/08, wistra 2008, 470; Allgayer/ Sackreuther, PStR 2009, 44 ff.) beschwert den Angeklagten nicht.
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3. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, denn das Landgericht hat den straferschwerend berücksichtigten Umfang der vom Angeklagten verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 StGB) nicht zutreffend bestimmt.
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a) Allerdings konnte die Strafkammer ohne Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten berücksichtigen, dass der von diesem begangenen Steuerhehlerei mehrere Vortaten zugrunde lagen, nämlich nicht nur die Hinterziehung deutscher Tabaksteuer, sondern auch die Hinterziehung von Einfuhrabgaben in Polen (BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - 1 StR 635/09, wistra 2010, 226). Das Tatunrecht der nach § 374 AO strafbaren Steuerhehlerei besteht in der Aufrechterhaltung des von einem oder mehreren Vortätern geschaffenen steuerrechtswidrigen Zustandes (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 5 StR 371/07, wistra 2008, 105; Jäger in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 374 Rn. 2). Die in Polen verkürzten Abgaben sind auch nicht nachträglich durch das Verbringen der Zigaretten nach Deutschland entfallen.
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Gleichwohl könnte es sich empfehlen - worauf der Senat bereits hingewiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - 1 StR 635/09, aaO; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - 1 StR 294/10) - in Fällen der vorliegenden Art die Strafverfolgung hinsichtlich der verkürzten Abgaben gemäß §§ 154, 154a StPO auf den bei der Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat hinterzogenen Zoll und (oder gar nur) auf die bei dem Verbringen in das deutsche Verbrauchsteuergebiet hinterzogene deutsche Tabaksteuer zu beschränken. Es bedarf dann auch nicht der sonst erforderlichen Feststellung und Anwendung der tabaksteuerrechtlichen Vorschriften anderer Mitgliedstaaten sowie der zuweilen schwierigen Berechnung und Darstellung der in anderen Mitgliedstaaten hinterzogenen Tabaksteuer (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 19. April 2007 - 5 StR 549/06, NStZ 2007, 595; siehe auch Jäger NStZ 2008, 21, 24).
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b) Soweit das Landgericht hier - ohne Beschränkung der Verfolgung - bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten den ganz erheblichen Steuer- und Abgabenschaden berücksichtigt hat (UA S. 29), hätte es dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass in den durch die Vortaten verkürzten Abgaben sowohl deutsche Tabaksteuer als auch polnische Akzise enthalten waren , mithin in den tatbestandlichen Schuldumfang für dieselben Waren die zweifache Verkürzung von Verbrauchsteuern einfloss (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - 1 StR 635/09, aaO; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - 1 StR 294/10). Insoweit hätte die Strafkammer in den Blick nehmen müssen, dass das unionsrechtliche Verbrauchsteuersystem - jedenfalls für den Fall normgemäßen Verhaltens - davon ausgeht, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren im Ergebnis grundsätzlich nicht mit den Verbrauchsteuern mehrerer Mitgliedstaaten belastet sein sollen. Das Unionsrecht sieht deshalb grundsätzlich die Möglichkeit der Erstattung von in anderen Mitgliedstaaten entstandenen und auch erhobenen Verbrauchsteuern vor (vgl. Art. 7 Abs. 6 und Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie Nr. 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren [ABl. EG Nr. L 76/1 – „Verbrauchsteuer-Systemrichtlinie“] sowie Art. 33 Abs. 6 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG sowie die dortigen Erwägungsgründe Nr. 12, 30 und 31; ABl. EU 2009 Nr. L 9/12).
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Daran fehlt es hier; vielmehr hat die Strafkammer die durch die Vortaten verkürzten Verbrauchsteuern wie von einander unabhängige Additionsposten nebeneinander aufgeführt. Angesichts der Höhe der polnischen Verbrauchsteuern (die von der Strafkammer errechnete polnische Akzise beträgt etwa ein Drittel des von ihr angenommenen „Steuerschadens“) kann der Senat trotz der in den Taten des Angeklagten zum Ausdruck kommenden kriminellen Energie nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Strafzumessung zu milderen Einzelfreiheitsstrafen und zu einer geringeren Gesamtfreiheitsstrafe gelangt wäre (vgl. demgegenüber BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - 1 StR 294/10). Er hebt daher den gesamten Strafausspruch auf und verweist die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.
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c) Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden von dem Wertungsfehler, der zur Aufhebung des Strafausspruchs führt, nicht berührt; sie können daher bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende, ergänzende Feststellungen treffen. Es wird auch Gelegenheit haben, die beim Verbringen der Zigaretten von Polen nach Deutschland verkürzte Tabaksteuer neu zu berechnen. Wie in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführt ist, hat das Landgericht bei Berechnung der verkürzten Tabaksteuer nicht berücksichtigt, dass sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 TabStG in der zu den Tatzeiten geltenden Fassung ein Mindeststeuersatz ergibt, der dann anzuwenden ist, wenn er höher ist als der sich § 4 Abs. 1 Satz 1 TabStG ergebende Steuersatz.
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4. Im Hinblick auf die Teilaufhebung des Urteils sieht der Senat davon ab, bereits im Revisionsverfahren zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang die von der Revision geltend gemachte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu kompensieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124). Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat aber auf Folgendes hin: Die Antwort auf die Frage, ob das Verfahren ausreichend zügig geführt oder ob das sog. Beschleunigungsgebot verletzt worden ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerfG NJW 2003, 2897 mwN). Eine gewisse Untätigkeit während eines bestimmten Verfahrensabschnitts führt regelmäßig dann nicht zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung, wenn die angemessene Frist insgesamt nicht überschritten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - 3 StR 412/06, NStZ-RR 2007, 150 mwN). Hier ist zu berücksichtigen, dass das am 15. Januar 2010 verkündete Urteil der Verteidigung erst am 26. Juli 2010 zugestellt wurde und die Akten sodann erst Anfang des Jahres 2011 dem Generalbundesanwalt vorgelegt wurden. Hierin liegen jeweils vom Angeklagten nicht zu vertretende, allein auf justizinternen Gründen beruhende Verfahrensverzögerungen. Bei deren Bewertung wird das neue Tatgericht in den Blick nehmen, dass sich aus § 347 StPO auch die Verpflichtung ergibt, die Akten so zügig dem Revisionsgericht zur Entscheidung vorzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - 3 StR 104/87, BGHSt 35, 137; vgl. auch Nr. 167 RiStBV). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander
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Zwar kann ein Täter auch dadurch etwas i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StPO erlangen, dass er sich Aufwendungen erspart. Infolgedessen kann bei einer Steuerhinterziehung auch ein Betrag in Höhe nicht gezahlter Steuern dem Verfall von Wertersatz unterliegen (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2010 - 1 StR 239/10, wistra 2010, 406), wobei allerdings der Verfallsanordnung regelmäßig Ansprüche des Steuerfiskus i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155). Das Landgericht hat jedoch nicht beachtet, dass der Steuerhehler weder aus der Tat noch für die Tat die vom „Importeur“ hinterzogenen Steuern und Abgaben erlangt. Er erspart sich „aus der Tat“ auch nicht Aufwendungen, nur weil er wegen der Tat für die (zuvor) verkürzten Steuern gemäß § 71 AO gesamtschuldnerisch haftet. Vielmehr erlangt der Steuerhehler, indem er die Zigaretten ankauft oder sich sonst verschafft, zunächst die Zigaretten und durch den anschließenden Weiterverkauf den hieraus erzielten Erlös. Die Aufwendungen des Steuerhehlers für den Erwerb der Zigaretten bleiben dabei unberücksichtigt (Bruttoprinzip; vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83 mwN). Ist der Steuerhehler auch Empfänger i.S.d. § 19 TabStG aF, hat er daneben die Aufwendungen für die beim Verbringen der Zigaretten in das deutsche Steuergebiet entstandene Tabaksteuer erspart. Die Hinterziehung von Tabaksteuer ist hier indes nicht Gegenstand der Verurteilung.