Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2019 - 1 StR 102/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Juni 2019 beschlossen :
Der Antrag des Beschuldigten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 24. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat mit Urteil vom 30. Oktober 2018 wegen Missbrauchs von Notrufen und gefährlicher Körperverletzung die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Beschuldigte mit am 15. Januar 2019 bei dem Landgericht Kempten (Allgäu) eingegangenem Schreiben Revision eingelegt, die das Landgericht mit Beschluss vom 24. Januar 2019 als unzulässig verworfen hat. Den Beschluss nebst Begleitschreiben hat der Beschuldigte mit dem handschriftli- chen Vermerk „Bitte Revision des Beschlusses“ an das Landgericht, dort einge- gangen am 18. Februar 2019, zurückgesandt.
- 2
- Dieses Schreiben ist als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO auszulegen.
- 3
- Der Antrag ist unzulässig, weil das Schreiben nicht innerhalb der Frist von einer Woche nach Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses (§ 346 Abs. 2 StPO) eingegangen ist.
- 4
- Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 16. April 2019 zutreffend ausgeführt: „Der Beschluss des Landgerichts Kempten vom 24. Januar2019 wurde dem Verteidiger des Beschuldigten am 25. Januar 2019 (SA zu Bl. 146) zugestellt. Die Zustellung an den Beschuldigten durch Einlegung in den Briefkasten am 26. Januar 2019 (SA zu Bl. 146) war zwar fehlerhaft, weil eine derartige Ersatzzustellung in Gemeinschaftseinrichtungen, zu denen ein Krankenhaus zählt (Schultzky in Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 178 ZPO Rn. 20), nach § 180 ZPO nicht möglich ist. Der Zustellungsmangel wurde jedoch spätestens am 6. Februar 2019 gemäß § 189 ZPO geheilt und nach § 37 Abs. 2 StPO die Wochenfrist in Gang gesetzt. An diesem Tag wurde dem Beschuldigten der Beschluss des Landgerichts Kempten von seiner Bezugsbetreuerin übergeben und mit Hilfe einer Dolmetscherin erläutert (Schreiben des Bezirkskrankenhauses K. vom 5. April 2019, SA Bl. 150). Soweit das am 21. Februar 2019 beim Landgericht Kempten eingegangene Schreiben (SA Bl. 147a) als Wiedereinsetzungsantrag auszulegen sein könnte, wäre dieser bereits unzulässig. Ein auf Wiedereinsetzung gerichteter Antrag muss Angaben über die versäumte Frist, die Gründe, auf Grund derer die Rechtsmittelfrist nicht eingehalten werden konnte und den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses enthalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. August 2017 – 4 StR 294/17 und 8. Januar 2019 – 3 StR 548/18, jeweils mwN). Im vorliegenden Fall wird weder angegeben , ob gegen die Revisionseinlegungsfrist oder die Frist nach § 346 Abs. 2 StPO Wiedereinsetzung begehrt werden soll, noch zu welchem Zeitpunkt das Hindernis weggefallen ist. Es sind auch – hinsichtlich beider versäumter Fristen – keine Umstände , wie etwa mangelnde Sprachkenntnisse des Beschuldigten , ersichtlich, die zur Gewährung einer Wiedereinsetzung von Amts wegen Anlass geben würden. Das Urteil vom 30. Oktober 2018 wurde in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers und einer Dolmetscherin für die polnische Sprache verkündet und eine Rechtsmittelbelehrung erteilt (Protokoll der Hauptver- handlung vom 30. Oktober 2018, SA Bl. 87, 92). Der Beschluss des Landgerichts Kempten vom 24. Januar 2019, dem eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war (SA Bl. 146, 148a ff.) wurde dem Beschuldigten am 6. Februar 2019 von seiner Bezugsbetreuerin übergeben und mit Hilfe einer Dolmetscherin erläutert (Schreiben des Bezirkskrankenhauses K. vom 5. April 2019, SA Bl. 150). Im Übrigen wäre der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts auch unbegründet, weil die Strafkammer die verspätet eingelegte Revision des Beschuldigten rechtlich zutreffend gemäß § 346 Abs. 1 StPO verworfen hat.“ Raum Bellay Fischer Bär Hohoff
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(1) Ist die Revision verspätet eingelegt oder sind die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form angebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an das Revisionsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. Die Vorschrift des § 35a gilt entsprechend.
Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.
(1) Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(2) Wird die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.
(3) Ist einem Prozessbeteiligten gemäß § 187 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung des Urteils zur Verfügung zu stellen, so ist das Urteil zusammen mit der Übersetzung zuzustellen. Die Zustellung an die übrigen Prozessbeteiligten erfolgt in diesen Fällen gleichzeitig mit der Zustellung nach Satz 1.
(1) Ist die Revision verspätet eingelegt oder sind die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form angebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an das Revisionsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. Die Vorschrift des § 35a gilt entsprechend.