Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Juli 2010 - VIII B 54/10

bei uns veröffentlicht am14.07.2010

Gründe

1

Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

2

a) Soweit mit der Beschwerdeschrift gerügt wird, das Finanzgericht (FG) habe den Sachverhalt nicht zutreffend gewürdigt und bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung die besonderen Umstände im Falle des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) nicht hinreichend beachtet, ist die Beschwerde unzulässig (vgl. zu den Darlegungsanforderungen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 25 ff. und § 115 Rz 23 ff., jeweils m.w.N.). Einwendungen, die sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG sowie gegen die vom FG gezogenen Schlussfolgerungen richten, d.h. gegen die materielle Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils, führen grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289). Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.

3

b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch keine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Kläger verkennt, dass die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinem Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus nachgeht, den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes), höchstrichterlich durch eine umfangreiche Rechtsprechung des BFH geklärt ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. Dezember 2005 VI B 62/05, BFH/NV 2006, 737, und vom 24. Juli 2006 VI B 112/05, BFH/NV 2006, 2071, jeweils m.w.N.). Danach bestimmt sich der Mittelpunkt der Berufstätigkeit nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Diese Rechtsprechung ist auf alle Berufsgruppen anzuwenden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2005 XI B 87/05, BFH/NV 2006, 2045) und damit auch auf Hochschullehrer, die neben ihrer Tätigkeit als Hochschulprofessor mit einer Lehrverpflichtung von 18 Wochenstunden auch noch einer weiteren oder mehreren Tätigkeiten nachgehen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2007 XI B 12/07, BFH/NV 2008, 47; Senatsbeschluss vom 26. November 2008 VIII B 7/07, juris).

4

Das FG hat sich im Streitfall ersichtlich an der Rechtsauffassung des BFH orientiert und ist nach umfangreicher Würdigung der gesamten Umstände u.a. zu dem Schluss gelangt, der Schwerpunkt der gesamten Tätigkeit des Klägers liege nicht in dessen häuslichen Arbeitszimmer. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung sowie die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung und die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art des FG sind jedoch einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen und haben für die Revisionsinstanz Bindungswirkung (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

5

Es könnte deshalb allenfalls eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Besonderheiten des Streitfalles vorliegen. Das reicht aber grundsätzlich für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht aus (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 6. April 1995 VIII B 61/94, BFH/NV 1996, 137, m.w.N.; vom 25. November 1999 I B 34/99, BFH/NV 2000, 677, unter 2.b der Gründe).

6

Eine unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall könnte allenfalls dann zur Zulassung der Revision führen, wenn dieser Fehler von erheblichem Gewicht und zudem geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen oder aber, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich ist (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 201, 204 f.; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55 und 68). Dafür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

7

c) Soweit der Kläger als Verfahrensmangel rügt, das FG habe beim Ansatz der Fahrtkosten den von ihm benutzten Volvo nicht berücksichtigt, ist der Verfahrensmangel schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger mit Schriftsatz an das FG vom 14. Februar 2010 selbst vorgetragen hat, er habe dieses Fahrzeug bereits am 10. Dezember 2003, d.h. vor den Streitjahren, verkauft. Im Übrigen wendet sich der Kläger im Ergebnis auch hinsichtlich der Fahrtkosten gegen die vom FG getroffene Würdigung und rügt damit inzidenter, das Urteil der Vorinstanz sei materiell fehlerhaft. Auf Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung kann die Zulassung der Revision jedoch nicht gestützt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1336; in BFH/NV 2003, 1289).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.