Bundesfinanzhof Urteil, 18. Sept. 2018 - VII R 3/18

ECLI:ECLI:DE:BFH:2018:U.180918.VIIR3.18.0
18.09.2018

Tenor

Die Revision des Hauptzollamts und die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 7. Dezember 2017  14 K 2162/15 werden als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin und das Hauptzollamt je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) meldete im Juli 2014 jeweils in Einzelteile zerlegte und in einem Karton zusammen mit Montagematerial verpackte Katzenkratzbäume unter Angabe der Unterpos. 4421 90 97 (andere Waren aus Holz, Zollsatz "frei") der Kombinierten Nomenklatur (KN) zur Abfertigung zum freien Verkehr an.

2

Bei der Ware mit der Art.-Nr. X handelt es sich (nach dem Zusammenbau der Teile) um eine dreistöckige, ca. 108 cm hohe Konstruktion bestehend aus einem fünfeckigen, aus Holzspanplatten gefertigten, außen mit Plüschgewirken beklebten und mit einem runden Einstieg versehenen Kasten, auf dem mit Seilen aus Sisal umwickelte Pappsäulen befestigt sind, die zwei übereinander liegende, quadratische, ebenfalls mit Plüschgewirken beklebte Holzspanplatten tragen.

3

Bei der Ware mit der Art.-Nr. Y handelt es sich (nach der Montage) um eine mehrstöckige, ca. 170 cm hohe Konstruktion, ebenfalls bestehend aus unterschiedlich hohen, zum Teil mit Plüsch beklebten, zum Teil mit Seilen aus Sisal umwickelten Pappsäulen, die auf einer quadratischen, mit Plüsch beklebten Holzspanplatte befestigt sind und in den verschiedenen Stockwerken wiederum mit Plüsch beklebte, teilweise mit einer befestigten Spielzeugmaus versehene Holzspanplatten sowie aus solchen Platten bestehende Kästen mit Einstiegsöffnungen tragen.

4

Nachdem die Waren zunächst mit nicht abschließender Festsetzung wie angemeldet abgefertigt und entnommene Proben später mit dem Einreihungsergebnis Unterpos. 6307 90 10 KN (andere konfektionierte Waren, Zollsatz 12 %) geprüft worden waren, erhob der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) die sich daraus ergebenden Einfuhrabgaben nach. Der Einspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen.

5

Die hiergegen erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Einfuhrwaren seien in die Pos. 5609 KN (Waren aus Seilen, anderweit weder genannt noch inbegriffen, Zollsatz: 5,8 %) einzureihen, und hob den angefochtenen Abgabenbescheid auf, soweit mit diesem Einfuhrabgaben nach einem höheren Zollsatz festgesetzt worden waren (Das Urteil ist in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2018, Beilage 3, S. 37, veröffentlicht).

6

Mit seiner Revision macht das HZA geltend, das FG-Urteil lasse sich nicht mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 350/2014 (VO Nr. 350/2014) der Kommission vom 3. April 2014 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union 2014, Nr. L 104/4) vereinbaren. Diese Verordnung sei im Streitfall analog anzuwenden, weil sich die im Anhang dieser Verordnung beschriebene Ware nur unerheblich von den Einfuhrwaren des Streitfalls unterscheide.

7

Die Klägerin ist der Ansicht, das verarbeitete Holz verleihe den Einfuhrwaren des Streitfalls ihren wesentlichen Charakter.

Entscheidungsgründe

II.

8

Sowohl die Revision des HZA als auch die Anschlussrevision der Klägerin sind unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Einfuhrwaren des Streitfalls zu Recht in die Pos. 5609 KN eingereiht und deshalb den angefochtenen Abgabenbescheid zu Recht insoweit aufgehoben, als Einfuhrabgaben nach einem höheren Zollsatz als für Waren der Pos. 5609 KN nacherhoben worden sind. Insoweit ist der angefochtene Abgabenbescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die darüber hinaus gehende Klage hat das FG zu Recht abgewiesen.

9

1. Ein Katzenkratzbaum, der in seinen objektiven Beschaffenheitsmerkmalen denjenigen des Streitfalls in mancherlei Hinsicht gleicht, wird im Anhang der VO Nr. 350/2014 beschrieben, die am 28. April 2014 in Kraft getreten ist und somit auf die Einfuhrwaren des Streitfalls --jedenfalls in zeitlicher Hinsicht-- angewendet werden kann.

10

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), stimmen die Beschaffenheitsmerkmale der Einfuhrwaren des Streitfalls in einigen Punkten mit denen des im Anhang der VO Nr. 350/2014 beschriebenen Katzenkratzbaums überein. Soweit solche Übereinstimmungen der Beschaffenheitsmerkmale bestehen, lassen sich der VO Nr. 350/2014 rechtliche Aussagen für die zutreffende zolltarifliche Einreihung der im vorliegenden Fall eingeführten Waren entnehmen, auch wenn die Ware der VO Nr. 350/2014 und diejenigen des Streitfalls nicht in jeder Hinsicht identisch sind. Damit wird dem mit einer verbindlichen Einreihungsverordnung verbundenen Ziel der kohärenten Auslegung der KN und der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer Rechnung getragen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- GROFA vom 22. März 2017 C-435/15 und C-666/15, EU:C:2017:232, Rz 37, ZfZ 2017, 163).

11

Ebenso wie der im Anhang der VO Nr. 350/2014 beschriebene Katzenkratzbaum bestehen die Kratzbäume des Streitfalls aus mit Stoff überzogenen Holzkästen mit Einstiegsöffnungen bzw. mit Stoff überzogenen Holzplatten sowie darauf befindlichen, mit Sisalseil umwickelten Pappröhren, die wiederum mehrere mit Stoff überzogene Holzplattformen tragen. In beiden Fällen handelt es sich um Konstruktionen, die nach ihren objektiven Beschaffenheitsmerkmalen so gestaltet sind, "dass sie für Katzen attraktiv [sind] und diese von Möbeln fern [halten], die andernfalls von ihnen beansprucht und zerkratzt würden" (vgl. Wortlaut des Anhangs der VO Nr. 350/2014). Solche Waren sind --was sich aus der VO Nr. 350/2014 ergibt und was das FG daher zutreffend auch für die Einfuhrwaren des Streitfalls entschieden hat-- weder als Möbel in die Pos. 9403 KN noch als Spielzeug (trotz vorhandener Spielzeugmaus) in die Pos. 9503 KN einzureihen.

12

2. Die Waren des Streitfalls, die in ihrer vorstehend beschriebenen Funktion von keiner speziellen Unterposition der KN erfasst werden, sind aus verschiedenen Stoffen (Holz, Pappe, Spinnstoffe) und Bestandteilen zusammengesetzte Waren, die --auch das folgt aus der rechtlichen Begründung der Einreihung gemäß der VO Nr. 350/2014 sowie den zutreffenden Ausführungen des FG-- gemäß den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) Nr. 3 Buchst. b nach dem Stoff bzw. Bestandteil einzureihen sind, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht. Dabei sind als ein wichtiges Erkenntnismittel die Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zur AV 3 Buchst. b Rz 19.1 zu berücksichtigen, denen zufolge sich das charakterbestimmende Merkmal einer Ware aus der Art und Beschaffenheit der Bestandteile, aus ihrem Umfang, Menge, Gewicht, dem Wert oder der Bedeutung für die Verwendung der Ware sowie auch aus dem Erscheinungsbild der Ware ergeben kann; welches dieser nicht abschließend aufzählbaren Merkmale im Einzelfall zu berücksichtigen ist, hängt von der Art der Ware ab (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 VII R 8/06, BFH/NV 2007, 1368, ZfZ 2007, 192).

13

a) Für einen Katzenkratzbaum der im Anhang der VO Nr. 350/2014 beschriebenen Art hat die Kommission auf seinen erkennbaren und nach seinen Beschaffenheitsmerkmalen innewohnenden Verwendungszweck abgestellt, hat deshalb diejenigen Stoffe und Bestandteile des Kratzbaums als charakterbestimmend angesehen, welche diesen für Katzen attraktiv machen, und hat insoweit das Gewebe aus Spinnstoff und die Sisalschnur, nicht jedoch das Holz oder die Pappe als wesentlich angesehen.

14

Um dem Ziel einer kohärenten Auslegung der KN und der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer Rechnung zu tragen, ist diese in Form einer Einreihungsverordnung gefasste tatsächliche Würdigung der Kommission --wie ausgeführt-- auch für die Tarifierung anderer Katzenkratzbäume verbindlich, soweit nicht eine Ware tariflich einzureihen ist, die sich in ihrer Beschaffenheit völlig von derjenigen des Anhangs der VO Nr. 350/2014 unterscheidet. Anders als die Klägerin im Streitfall meint, hat das FG daher das für die Kratzbäume verarbeitete Holz zu Recht als nicht charakterbestimmend für die Ware angesehen.

15

b) Soweit die Kommission hingegen mit der VO Nr. 350/2014 die für Katzen attraktiven Stoffe und Bestandteile des Kratzbaums dahin gewürdigt hat, dass sich eine höhere Attraktivität für Katzen weder für den Überzugstoff noch für die Sisalseile feststellen lasse, und deshalb gemeint hat, das in größerer Menge vorhandene Gewebe aus Spinnstoff sei charakterbestimmend, war das FG an diese tatsächliche Würdigung nicht gebunden.

16

Zum einen ist das für die Würdigung der Kommission maßgebliche Kriterium der "größeren Menge" zu unbestimmt, da nicht erkennbar ist, ob insoweit die Fläche, das Volumen oder das Gewicht entscheidend sein soll. Zum anderen war im Streitfall nach den Feststellungen des FG eine "hinreichende Ähnlichkeit" (vgl. EuGH-Urteil GROFA, EU:C:2017:232, Rz 38, ZfZ 2017, 163) der Einfuhrwaren mit dem im Anhang der VO Nr. 350/2014 beschriebenen Kratzbaum nicht gegeben. Vielmehr unterschieden sich jene gerade hinsichtlich des optisch erkennbaren Mengenverhältnisses von Plüschgewirken zu Sisalseilen deutlich von diesem, zumal bei den Waren des Streitfalls die mit Sisalseilen umwickelten Pappröhren in größerer Anzahl vorhanden waren als bei der Ware der VO Nr. 350/2014.

17

Soweit es danach dem FG --insofern ohne rechtliche Bindung an die VO Nr. 350/2014-- oblag, für die Waren des Streitfalls zu entscheiden, ob den vorhandenen Plüschgewirken oder den verarbeiteten Sisalseilen ein für die Waren höherer charakterbestimmender Einfluss zukam, ist seine Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden, denn der charakterbestimmende Stoff oder Bestandteil einer aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen zusammengesetzten Ware ist anhand einer dem Tatsachengericht vorbehaltenen, revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatsächlichen Würdigung auf der Grundlage der festgestellten objektiven Beschaffenheitsmerkmale der Ware zu ermitteln (Senatsbeschluss vom 23. September 2014 VII B 202/13, BFH/NV 2015, 69). Dem FG insoweit unterlaufene Rechtsfehler sind weder seitens der Beteiligten gerügt worden (§ 118 Abs. 2 FGO) noch ersichtlich, zumal das FG die Kriterien der ErlHS zur AV 3 Buchst. b bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat.

18

3. Die aus dieser tatsächlichen Würdigung gezogene zolltarifrechtliche Folgerung, die Einfuhrwaren seien in die Pos. 5609 KN (Waren aus Seilen, anderweit weder genannt noch inbegriffen) einzureihen, ist rechtlich zutreffend.

19

4. Die darauf beruhende Berechnung der festzusetzenden Einfuhrabgaben greift weder die Revision noch die Anschlussrevision an.

20

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

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Finanzgericht München Urteil, 07. Dez. 2017 - 14 K 2162/15

bei uns veröffentlicht am 07.12.2017

Tenor 1. Unter Änderung des Abgabenbescheides vom 22. Januar 2015 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2015 wird der Zoll auf … € herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kos

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Tenor

1. Unter Änderung des Abgabenbescheides vom 22. Januar 2015 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2015 wird der Zoll auf … € herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist die zolltarifliche Einreihung von Katzenkratzbäumen.

Die Klägerin entwickelt, produziert und vertreibt Heimtierartikel. Am 03. Juli 2014 und am 15. Juli 2014 meldete sie – in beiden Fällen vertreten durch die Spedition A – u.a. aus China kommende Katzenkratzbäume mit den Artikelnummern (Art.Nr.) TM-… und SFC… jeweils unter der Codenr.: 4421 9097 900 der Kombinierten Nomenklatur (KN; Zollsatz: 0%) zur Überführung in den freien Verkehr an.

Bei dem Katzenkratzbaum mit der Art.Nr.: TM-… handelt es sich um eine dreistöckige, ca. 108 cm hohe Konstruktion, die noch nicht zusammengesetzt mit Montagematerial in einem Pappkarton verpackt verschickt wurde. Die Basis bildet eine fünfeckige, aus Holzspanplatten gefertigte Höhle mit einer runden Aussparung als Einstieg für eine Katze. Die Höhle bietet einer Katze ausreichend Raum, um sich hineinzulegen. Die Außenseiten der Höhle und die Oberseite des Bodens sind mit einfarbigem Plüschgewirke beklebt. Die Unterseite des Bodens und die Innenseiten sind nicht verkleidet. Auf zwei auf dem Dach der Höhle befestigten, ca. 40 cm hohen Pappsäulen, die mit Seilen aus Sisal (Titer über 20.000 dtex) umwickelt sind, liegt eine quadratische, komplett mit einfarbigen Plüschgewirke beklebte Holzspanplatte (Kantenlänge ca. 35 cm) mit rundem Innenausschnitt. Auf dieser ist eine weitere ca. 40 cm hohe, mit Sisalseilen umwickelte Pappsäule angebracht. Darauf befindet sich eine weitere quadratische Holzspanplatte (Kantenlänge ca. 27 cm), deren Oberseite mit einfarbigem Plüschgewirke beklebt ist.

Der Katzenkratzbaum mit der Art.Nr.: SFC… ist eine mehrstöckige, ca. 170 cm hohe Konstruktion, die ebenfalls noch nicht zusammengesetzt mit Montagematerial in einem Pappkarton verpackt war. Die als Boden dienende Holzspanplatte ist ca. 50 cm x 50 cm groß und auf der Oberseite mit Plüschgewirke beklebt. Insgesamt zehn unterschiedlich hohe Pappsäulen, die oben und unten mit Plüschgewirke beklebt und dazwischen mit Seilen aus Sisal (Titer über 20.000 dtex) umwickelt sind, verbinden drei jeweils auf der Oberseite mit Plüschgewirke beklebte Holzspanplatten, zwei fünfeckige, an vier Seiten mit einem ca. 7 cm hohen Rand versehene Liegeflächen aus Holzspanplatten, die ebenfalls mit Plüschgewirke überzogen sind, und eine runde Liegemulde aus Plüschgewirke, das an einem Ring aus unedlem Metall befestigt ist. Im ersten und im dritten Stock der Konstruktion befindet sich jeweils ein Hohlkörper, deren Böden und Dächer jeweils aus Holzspanplatten bestehen, die mit Plüschgewirke überzogen und durch Säulen aus Pappe, die ebenfalls mit Plüschgewirke beklebt sind, verbunden sind. Die Seitenteile bestehen aus Plüschgewirken und sind mit mehreren Einstiegsöffnungen versehen. Boden und erster Stock bzw. Dach des unteren Hohlraums und dritter Stock sind jeweils durch Trittbretter aus Holzspanplatte, die mit Plüschgewirke überzogen ist, verbunden. An drei Liegeflächen ist jeweils eine an einer Kordel hängende Spielzeugmaus befestigt.

Die Europäische Kommission hatte am 03. April 2014 die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 350/2014 (im Folgenden DVO Nr. 350/2014) zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (KN) erlassen. Danach ordnete sie den dort beschriebenen Katzenkratzbaum in die Codenr.: 6307 90 98 (Zollsatz: 6,3%) ein. Diese Verordnung wurde am 08. April 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl EU Nr. L 104/4) veröffentlicht und trat am 28. April 2014 in Kraft.

Das Zollamt Z beließ die am 03. bzw. 15. Juli 2014 überlassenen Waren in einer nichtabschließenden Festsetzung zunächst zollfrei (vgl. Abgabenbescheide vom 03. bzw. 15. Juli 2014), entnahm aber jeweils eine Warenprobe zur Überprüfung der Einreihung. Die folgende Untersuchung durch das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung ergab, dass sowohl die Katzenkratzbäume (Art.Nr.: TM-…) als auch die Katzenkratzbäume mit Liegefläche (Art.Nr.: SFC…) der Codenr.: 6307 9010 000 (Zollsatz: 12%) zuzuweisen seien.

Das beklagte Hauptzollamt (HZA) forderte daraufhin mit Abgabenbescheid vom 22. Januar 2015 insgesamt … € Zoll nach. Der hiergegen eingelegte Einspruch vom 06. Februar 2015 blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2015).

Ihre Klage vom 27. August 2015 begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass die streitgegenständlichen Waren keiner der im Zolltarif explizit genannten Warengruppen entsprächen. Insbesondere handele es sich nicht um Spielzeug. Die Einreihung habe nach der (stofflichen) Beschaffenheit zu erfolgen. In Betracht kämen die Pos. 4421 („aus Holz“), Pos. 4823 („aus Pappe“), Pos. 5609 („aus Seilen aus Spinnstoffen“) und die Pos. 6307 („aus Plüschgewirken aus Spinnstoffen“). Nach Nr. 3 Buchst. b der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN (AV) richte sich die Einreihung nach dem charakterverleihenden Stoff, sofern dieser ermittelt werden könne. Das Merkmal, das den Charakter einer Ware bestimme, sei je nach Art der Ware verschieden. Es könne sich z.B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes, aus seinem Umfang, seiner Menge, seinem Gewicht, seinem Wert oder aus der Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung der Ware ergeben. Stelle man auf Menge, Gewicht, Umfang und Wert der Stoffe ab, ergebe sich ein eindeutiges Ergebnis: in Bezug auf das Gewicht und die Menge sei das Holz charakterbestimmend, in Bezug auf den Umfang gemessen an der Fläche könnten die Plüschgewirke oder das Holz charakterbestimmend sein und bezogen auf den Wertanteil das Sisal oder das Holz. Bereits aus diesen Merkmalen müsse sich zwingend eine Einreihung unter die Pos. 4421 („aus Holz“) oder – hilfsweise – unter die Pos. 5609 („aus Seilen aus Spinnstoffen“) ergeben. Davon abgesehen ergebe die Heranziehung des Merkmals „Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung“ nichts anderes. Entscheidend für die bestimmungsgemäße Verwendung sei letztlich allein die hohe Stabilität. Sie müsse mindestens mit einem natürlichen Baum vergleichbar sein. Auf instabilen Bäumen bewegten sich Katzen nicht bzw. nicht gern. Je stabiler der Baum sei, desto häufiger werde er genutzt. Die Stabilität hänge sowohl von der Dicke der Stämme als auch von der Qualität der Schraubverbindungen untereinander sowie von der Stabilität der Holzplattformverbindungen ab. Weil die Spinnstoffe keine Stabilität vermittelten, verleihe ausschließlich das Holz der Ware ihren wesentlichen Charakter. Die Pappe spiele zwar auch eine Rolle, stelle aber lediglich die Verbindung zwischen zwei Holzelementen her. Der Rohstoff Pappe sei nicht geeignet, dauerhaft die Stabilität zu gewährleisten. Erst die Ummantelung mit dem Sisalseil biete hier ausreichende Widerstandskraft, um der Nutzung durch das Haustier standzuhalten.

Denkbar wäre allenfalls, dass das Sisalseil charakterbestimmend sei. Denn dies diene den Katzen als Beschäftigung und Pflege. Dem Plüsch hingegen komme in Bezug auf die Verwendung nur eine ganz untergeordnete Bedeutung zu. Er habe nur optische Bedeutung. Die streitgegenständlichen Waren dienten in allererster Linie dazu, die Katzen davon abzuhalten, sonstige Möbel und Einrichtungsgegenstände der Tierhalter zu beanspruchen oder zu zerstören. Dafür brauche es eine stabile Konstruktion, die belast- und beanspruchbar sei, sich aber auch flexibel in Wohnung und Haus nutzen lasse. Dem Plüschgewirke komme demgegenüber nicht einmal ein funktioneller Charakter zu, weil der Schutz der Oberflächen und die Krallenpflege über die Sisalseile realisiert würden. Die Ruhefunktion sei nicht zentral. Letztlich lege sich die Katze dorthin, wo es ihr behage, ob Korb, Bett, Höhle, Matte, Plastik, Holzschrank oder einfach nur auf einem Pappkarton. In der Regel hätten die Tiere verschiedene Schlaf- und Ruheplätze, die sie im Laufe ihres Lebens wechselten und aufsuchten.

Im Streitfall müsse zunächst der Verwendungszweck der Ware bestimmt werden, um danach zu bewerten, welcher Stoff in Bezug auf die Verwendung charakterbestimmend sei. Die Ware diene entgegen der Auffassung des HZA nicht vorrangig als Ruhe Platz, sondern dazu, dass die Katze den Baum als Ort benutze, um ihre Krallen zu schleifen, ihr Revier zu markieren und um Schaden von Einrichtungsgegenständen des Tierhalters abzuhalten. Katzen verlangten naturgemäß nach stabilen Konstruktionen, die sich zur Pflege der Krallen, der Markierung und dem Ausüben reviertypischen Verhaltens durch Gegenstemmen mit den Vorderpfoten eigneten. Dass der Kratzbaum neben der Funktion der Beschäftigung, Pflege und des Markierens auch noch als Ruhe Platz genutzt werden könne, sei für die Tarifierung unerheblich. Dies zeige sich an einem einfachen Vergleich: Ein Kratzbaum ohne Plüschbezug wäre für eine Hauskatze hinreichend, ein Kratzbaum ohne Holz und Sisal dagegen würde dem Zweck einer artgerechten Haltung völlig zuwiderlaufen. Katzen verbrächten einen Großteil des Tages im Schlaf. Dabei bevorzugten sie warme Plätze zum Schlafen und nutzten jede sich anbietende Gelegenheit, sich einen Ruheort zu schaffen. Dabei hänge die Wahl des Schlafplatzes u.a. von den Temperaturverhältnissen und von individuellen Vorlieben ab. Es sei verfehlt, davon auszugehen, dass das Plüschgewirke den Katzen ein Mehr an Attraktivität biete. Suche der Halter einen Ruhe Platz für seine Katze, kaufe er keinen Katzenkratzbaum, sondern einen günstigeren Katzenkorb oder ein Katzenkissen. Es gebe auch eine Vielzahl von Katzenkratzbäumen ohne Plüschgewirke.

Für den Verwendungszweck eigneten sich insbesondere vertikal ausgerichtete Gegenstände. Solche seien ebenfalls auf holzbedingte Stabilität angewiesen. Das Plüschgewirke habe diesbezüglich keine Funktion. Eine an eine Wand geklebte Plüschmatte wäre innerhalb kürzester Zeit verschlissen und eher ein Risiko für Tapete/Vlies und/oder Putz.

Vergleiche man die Wertanteile der einzelnen Stoffe, zeige sich, dass mehr als 50% des Gesamtwertes auf Sisalseil und Holz entfielen. Das Plüschgewirke hingegen liege – bezogen auf den gesamten Baum – wertmäßig bei lediglich einem Sechstel.

Im Hinblick auf die DVO Nr. 350/2014 rege sie ein Vorabentscheidungsverfahren an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) an.

Die Klägerin beantragt,

den Abgabenbescheid vom 22. Januar 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2015 aufzuheben.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Einreihung eines Katzenkratzbaumes sei mit der DVO Nr. 350/2014 geregelt worden. Nach dieser DVO sei das Kriterium „Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung“ zur Ermittlung des charakterbestimmenden Stoffes heranzuziehen. Die Spinnstoffe (Gewebe aus Spinnstoff und Sisalschnur) seien wesentlich, um eine bestimmungsgemäße Verwendung der Ware zu ermöglichen, weil sie die Ware für Katzen attraktiv machten, z.B. zum Kratzen, Sitzen, Schlafen und Spielen. Die DVO könne analog angewendet werden. Der dort beschriebene Katzenkratzbaum sei zwar mit den in Rede stehenden Waren nicht identisch, aber zumindest ähnlich und mit diesen austauschbar. Nach der DVO sei das Kriterium „Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung“ ausschlaggebend. Raum für die Anwendung weiterer Kriterien bestehe nicht. Insbesondere sei das Merkmal der Stabilität in zolltariflicher Hinsicht unerheblich. Im Hinblick auf eine bestimmungsgemäße Verwendung seien die Plüschgewirke und die Seile aus Sisal gleichermaßen von erheblicher Bedeutung. Die Plüschgewirke böten der Katze einen bequemen, kuscheligen Platz zum Sitzen, Liegen und Schlafen. Die Seile aus Sisal machten die Ware für die Katze attraktiv, weil sie ihr als Beschäftigungsmöglichkeit, z.B. zum Klettern, Spielen oder zum Abwetzen der Krallen dienten. Beide Stoffe dienten dazu, die Katze von Möbeln fernzuhalten. Demgegenüber träten die nur als Unterlage dienenden Stoffe Holz und Pappe in den Hintergrund. Aufgrund der Gleichrangigkeit der Plüschgewirke und der Seile aus Sisal müssten weitere Kriterien zur Bestimmung des charakterbestimmenden Stoffes herangezogen werden. Der DVO folgend müsse bei den streitgegenständlichen Waren festgestellt werden, dass im Hinblick auf die Menge bzw. Fläche, die der Katze zur Beschäftigung bzw. zum Ruhen diene, das Gewirke im Vergleich zu den Seilen deutliche vorherrsche. Damit seien die Gewirke charakterbestimmend mit der Folge, dass die Ware in den Abschn. XI des Zolltarifs einzureihen sei. Die Waren seien durch Zusammenfügen konfektioniert. Gemäß Anm. 8 Buchst. a zu Abschn. XI und unter Beachtung des Warencharakters (keine Kleidung oder Bekleidungszubehör) komme lediglich eine Einreihung als konfektionierte Spinnstoffwaren in Kap. 63 in Betracht. Innerhalb des Kap. 63 seien die Waren der Pos. 6307 und dort der Unterpos. 6307 9010 zuzuweisen. Der Klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass das Holz die Stabilität eines Kratzbaumes gewährleiste; jedoch werde diese Stabilität nicht ausschließlich durch das Holz herbeigeführt, sondern in hohem Maße auch durch die Pappe, aus der die Säulen hergestellt seien. In der anzuwendenden DVO Nr. 350/2014 sei deutlich formuliert, dass eine Einreihung nach Holz bzw. Pappe nicht möglich sei. Somit sei das Kriterium „Stabilität“ (zu Gunsten des Holzes oder der Pappe) in Anwendung der DVO für die Einreihung nicht relevant. Um den Kratzbaum zu markieren, reibe eine Katze z.B. ihren Kopf nicht ausschließlich an den Seilen aus Sisal, sondern auch an den Flächen, die mit Plüschgewirken überzogen seien. Bei der Würdigung der sog. Markierungsfunktion seien deshalb sowohl die Seile aus Sisal als auch die Plüschgewirke einzubeziehen. Dem Holz und der Pappe als Unterlage für Sisal bzw. Plüschgewirke komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der von den Katzen abgegebene Duftstoff werde nur auf die Sisalseile bzw. Plüschgewirke übertragen und auch nur von diesen Stoffen wieder abgegeben. Ein Kratzbaum biete viele Möglichkeiten zum Schlafen oder Ruhen. Durch das weiche und kuschelige Plüschgewirke entstehe ein von Katzen bevorzugter warmer Platz. Sie müsse also nicht auf Bett, Sofa oder Kleidung des Halters ausweichen.

Eine Vorlage an den EuGH sei nicht erforderlich, weil keine Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit der DVO Nr. 350/2014 bestünden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, auf die vorgelegten Unterlagen und Akten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 07. Dezember 2017 verwiesen.

II.

Die Klage ist teilweise begründet. Das HZA hat für die streitgegenständlichen Einfuhren zwar zu Recht Zoll nacherhoben; es hat dabei aber zu Unrecht einen Zollsatz von 12% angewandt. Auszugehen ist von einem Zollsatz von 5,8%.

1. Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 22. Januar 2015 ist Art. 220 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung – EWG – Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK). Danach hat eine Nacherhebung zu erfolgen, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Art. 218 und 219 ZK buchmäßig erfasst worden ist. Dies war vorliegend der Fall, weil die Waren aufgrund einer unzutreffenden Tarifierung zunächst zollfrei belassen wurden, obwohl tatsächlich ein Zollsatz von 5,8% anzuwenden ist. Soweit das HZA – ausgehend von einem Zollsatz von 12% - höhere Abgaben nacherhoben hat, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

a) Grundlage des Zolltarifs der EU ist die KN in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABl EG L 256/1; im Folgenden: VO Nr. 2658/87).

Nach Art. 12 Abs. 1 der VO Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 (ABl EG L 28/16) geänderten Fassung veröffentlicht die Kommission jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der EU oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung gilt jeweils ab dem 1. Januar des folgenden Jahres.

Die Klägerin hat die hier zu beurteilenden Waren im Juli 2014 eingeführt. Dementsprechend richtet sich die zolltarifliche Einreihung nach der KN in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom 04. Oktober 2013 zur Änderung von Anhang I der VO Nr. 2658/87 (ABl EU L 290/1).

b) Bei der Einreihung besteht keine Bindung an die von der Kommission erlassene DVO Nr. 350/2014. Diese Einreihungsverordnung ist im Streitfall weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

Um die einheitliche Anwendung der KN in der Gemeinschaft sicherzustellen, kann die Kommission nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 2658/87 Verordnungen über die Einreihung einzelner Waren in die KN erlassen. Solche Einreihungsverordnungen haben nach der gefestigten Rechtsprechung des EuGH Normcharakter, da sie nicht für einen bestimmten Wirtschaftsteilnehmer gilt, sondern für die Gesamtheit der Waren, die mit der in der Verordnung beschriebenen Ware identisch sind (Urteil des Gerichtshof der Europäischen Union - EuGHvom 22. März 2017 C-435/15 und C-666/15, GROFA, ECLI:ECLI:EU:C:2017:232, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern – ZfZ – 2017, 163).

Die von der Kommission erlassene DVO Nr. 350/2014 gilt seit dem 28. April 2014 – dem 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung am 08. April 2014 (vgl. Art. 3 der Verordnung) – und damit auch für die hier in Rede stehenden Einfuhren aus dem Juli 2014. Sie erfasst aber die streitgegenständlichen Katzenkratzbäume nicht unmittelbar, weil diese nicht mit der in der Verordnung beschriebenen Ware identisch sind.

Der Senat hält die Unterschiede zwischen den streitgegenständlichen Waren und dem in der Einreihungsverordnung beschriebenen Katzenkratzbaum für so wesentlich, dass die DVO Nr. 350/2014 entgegen der Auffassung des HZA auch nicht entsprechend gilt.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann eine Einreihungsverordnung entsprechend anzuwenden sein. Dazu müssen jedoch die einzureihenden und die in der Einreihungsverordnung bezeichneten Waren einander hinreichend ähnlich sein. Insoweit ist auch die Begründung dieser Verordnung zu berücksichtigen (EuGH in ZfZ 2017, 163).

Die streitgegenständlichen Katzenkratzbäume sind – ebenso wie die in der DVO Nr. 350/2014 beschriebenen Kratzbäume – aufgrund ihrer objektiven Merkmale so gestaltet, dass sie „für Katzen attraktiv sind und diese von Möbeln fernhält, die anderenfalls von ihnen beansprucht und zerkratzt würden“. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die streitgegenständlichen Kratzbäume aus annähernd den gleichen Bauelementen gestaltet wie diejenigen, die Gegenstand der DVO Nr. 350/2014 waren. Sie bieten Liege- und Ruheflächen, Versteckmöglichkeiten und sind mit Sisalkratzsäulen ausgestattet.

Wesentliche Unterschiede bestehen aber in der Anzahl der sisalumwickelten Säulen und in der Art des verwendeten Spinnstoffes.

Während die in der DVO Nr. 350/2014 beschriebene Ware lediglich um eine einzige mit Sisalschnur umwickelte Säule verfügt, ist der hier zu beurteilende Katzenkratzbaum Art.Nr.: TM-… mit drei Säulen und der Katzenkratzbaum Art.Nr.: SFC… sogar mit zehn Säulen und zusätzlich mit Spielzeugmäusen ausgestattet. Bei der in der DVO beschriebenen Ware überwiegt die Anzahl der Ruheplätze deutlich mit 3:1. Beim Katzenkratzbaum Art.Nr.: TM-… dagegen ist das Verhältnis zwischen der Anzahl an Ruheplätzen und derjenigen an Kratzmöglichkeiten ausgeglichen; beim Katzenkratzbaum Art.Nr.: SFC… gibt es mehr Kratzsäulen als Ruheplätze. Anders als bei der in der DVO beschriebenen Ware ist bei den beiden hier zu beurteilenden Kratzbäumen ohne eine mathematische Berechnung nicht sofort augenfällig, dass die mit Plüschgewirke bedeckte Fläche größer ist als die mit Sisal bedeckte Fläche.

Neben dem Flächenverhältnis stellte die Art des verwendeten Spinnstoffs (Plüschgewebe) aus Sicht des Senats einen bestimmenden Gesichtspunkt bei der von der Europäischen Kommission vorgenommenen Einreihung in die Unterpos. 6307 9098 (Zollsatz: 6,3%) dar. Demgegenüber ist das im Streitfall verarbeitete Plüschgewirke von der Unterpos. 6307 9010 erfasst (Zollsatz: 12%). Das in der DVO Nr. 350/2014 normierte Einreihungsergebnis kann deshalb nicht auf die streitgegenständlichen Katzenkratzbäume übertragen werden.

Wie die Vertreterin des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, wendet die Zollverwaltung die DVO Nr. 350/2014 nicht auf alle im Handel erhältlichen Katzenkratzbäume entsprechend an, sondern lediglich auf solche, bei denen die mit Sisal bedeckte Fläche kleiner ist als die mit Plüsch bedeckte Fläche. Eine rasche und zutreffende Einreihung in den Tarif, ohne dass die mit der Einfuhr befasste Zollstelle eine im Einzelfall durchaus anspruchsvolle Flächenberechnung durchführen muss, ist damit nicht möglich. Weil zudem verschiedene Oberflächenmaterialien (Plüschgewebe, Plüschgewirke) verarbeitet werden, führt die Vorgehensweise des HZA auch nicht zu einem einheitlichen Einreihungsergebnis. Eine Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer, welche durch die entsprechende Anwendung einer Einreihungsverordnung gefördert werden soll (vgl. EuGH-Urteil in ZfZ 2017, 163), wird dadurch gerade nicht erreicht.

c) Die streitgegenständlichen Katzenkratzbäume sind gemäß den AV 1 und 3 Buchst. b in die Pos. 5609 (Zollsatz: 5,8%) einzureihen, weil die Sisalseile der Ware ihren wesentlichen Charakter verleihen.

Das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Bei der Einreihung von Waren in die KN gelten zudem die Allgemeinen Vorschriften. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen (ErlHS) und Einreihungsavise (Tarifavise), die ebenso wie die Erläuterungen zur KN ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen sind (BFH-Urteil vom 21. Februar 2017 VII R 2/15, BFH/NV 2017, 1066 m.w.N.). Maßgebend für die Tarifierung ist der Zustand, in dem die Ware zur Zollabfertigung gestellt wird (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-208/06, Medion und Canon, ECLI:ECLI:EU:C:2007:553, BFH/NV 2008, Beilage 1, 52).

aa) Nach AV 1 sind die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die Allgemeinen Vorschriften.

Im Streitfall werden die gestellten Waren mit all ihren tariflich relevanten Merkmalen von keinem Positionswortlaut der KN erfasst. Nach AV 1 Satz 2 erfolgt die Einreihung deshalb unter Berücksichtigung der AV 2 bis 4. bb) Die aus einzelnen Bauteilen bestehenden streitgegenständlichen Katzenkratzbäume waren bei der Gestellung noch nicht zusammengesetzt. Die Einreihung erfolgt aber nach AV 2 Buchst. a Satz 2 wie bei einem fertig zusammengesetzten Katzenkratzbaum. Danach gilt jede Anführung einer Ware in einer Position auch für eine vollständige oder fertige Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt eingeführt wird.

cc) Eine Einreihung der Katzenkratzbäume nach deren Verwendungszweck kommt nicht in Betracht.

So ist insbesondere eine Einreihung als andere Möbel in die Pos. 9403 ausgeschlossen.

Da die Positionen, Unterpositionen und Anmerkungen des Kapitels 94 keine ausdrücklichen Bestimmungen enthalten, die diese Waren als solche qualifizieren oder sie im Gegenteil von Kapitel 94 ausschließen, sind die Erläuterungen zum Harmonisierten System und gegebenenfalls die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur heranzuziehen (EuGH-Urteil vom 07. Oktober 2004 C-379/02, Imexpo Trading, ECLI:ECLI:EU:C:2004:595, ZfZ 2004, 409).

Nach den ErlHs zu Kap. 94 Rz. 07.0 bedeutet der Ausdruck „Möbel“ verschiedene, nicht in einer Position der Nomenklatur mit genauerer Warenbezeichnung erfasste bewegliche Gegenstände, die auf den Boden gestellt werden und die vorwiegend als Gebrauchsgegenstände zur Ausstattung von Wohnungen, Hotels, Theatern, Kinos, Büros, Kirchen, Schulen, Cafés, Restaurants, Laboratorien, Krankenhäusern, Kliniken, Zahnbehandlungsräumen usw. dienen.

Nach den ErlHS zu Pos. 9403 Rz. 03.1 gehören zur Pos. 9403 Möbel für Wohnungen, Hotels usw., wie: Truhen, Wäschetruhen, Brot- oder Brennholztruhen, Kommoden, Ständer, Pflanzenständer, Ankleidetische, Frisiertische, Ziertischchen, Kleiderschränke, Wäscheschränke, Mantelständer, Schirmständer, Buffets, Ankleideschränke, Silberschränke, Speiseschränke, Nachttische, Bettgestelle (einschließlich Schrankbetten, Feldbetten, Klappbetten, Wiegen), Nähtische, Fußbänke und -schemel, auch mit Schaukelgestell, zum Auflegen der Füße, Ofenschirme, Wandschirme, Aschenbehälter auf Sockel, Notenschränke, Pulte, Kinderställchen, Servierwagen (für Vorspeisen, Likör usw.) auch mit Heizplatte.

Die aufgeführten Beispiele lassen den Schluss zu, dass Möbel i.S.d. Zolltarifs Einrichtungsgegenstände sind, die im weitesten Sinne der Aufbewahrung oder Aufnahme von Gegenständen, dem Sitzen oder Liegen von Menschen oder als Unterlagen von menschlichen Tätigkeiten dienen. Gegenstände zur Unterbringung oder Beschäftigung von Tieren oder ähnlichen auf Tiere bezogene Zwecke sind hier nicht genannt. Obwohl Katzenkratzbäume im Regelfall der Ausstattung von Wohnräumen dienen, scheidet eine Einreihung der ausschließlich für Katzen bestimmten Waren als Möbel der Pos. 9403 aus.

Auch eine Einreihung als anderes Spielzeug in die Pos. 9503 kommt nicht in Betracht, weil die Katzenkratzbäume ausschließlich für Tiere bestimmt sind und solche Waren nach der Anm. 5 zu Kap. 95 nicht zur Pos. 9503 gehören.

dd) Die streitgegenständlichen Katzenkratzbäume sind folglich nach dem Stoff einzureihen, aus dem sie bestehen. Weil es sich dabei um mehrere einreihungsrelevante Stoffe (Holz, Pappe und Spinnstoffe) handelt, kommt AV 2 Buchst. b Satz 2 zur Anwendung.

Danach gilt jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Die Ware ist also so zu behandeln, als bestünde sie vollständig aus dem angeführten Stoff.

Ausgehend davon kommen die Pos. 4421 (andere Waren aus Holz), Pos. 4823 (andere Waren aus Pappe), Pos. 5609 (Waren aus Seilen oder Tauen anderweit weder genannt noch innbegriffen) und Pos. 6307 (andere konfektionierte Waren) in Betracht. Denn das Plüschgewirke ist durch Kleben zusammengefügt und daher eine konfektionierte Ware i.S.d. Anm. 7 Buchst. f zu Abschn. XI.

ee) Die Positionskonkurrenz ist über die AV 3 Buchst. b aufzulösen.

(1) Eine Anwendung der AV 3 Buchst. a scheidet aus. Denn nach deren Satz 2 werden zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede – wie hier – nur auf einen Teil der in einer zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe bezieht, als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält und deshalb nach AV Buchst. a Satz 1 grundsätzlich vorginge.

(2) Nach AV 3 Buchst. b werden Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

Das Merkmal, das den Charakter einer Ware bestimmt, ist je nach Art der Ware verschieden Es kann sich allgemein z.B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus seinem Umfang, seiner Menge, seinem Gewicht, seinem Wert oder aus der Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung der Ware ergeben (vgl. ErlHS AV 3 Rz. 19.1; EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-558/11, Kurcums Metal, ECLI:ECLI:EU:C:2012:721, ZfZ 2013, 41). Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend.

Um den charakterbestimmenden Stoff einer Ware festzustellen, ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ferner zu prüfen, ob die Ware auch ohne den einen oder den anderen ihrer Bestandteile ihre charakteristischen Eigenschaften behalten würde (EuGH-Urteile in ZfZ 2013, 41; vom 18. Juni 2009 C-173/08, Kloosterboer Services, ECLI:ECLI:EU:C:2009:382, ZfZ 2009, 189; vom 07. Februar 2002 C-276/00, Turbon International, ECLI:ECLI:EU:C:2002:88, ZfZ 2002, 125; vom 10. Mai 2001 C-288/99, Vaude Sport, ECLI:ECLI:EU:C:2001:262, ZfZ 2001, 266 und vom 21. Juni 1988 C-253/87, Sportex, ECLI:ECLI:EU:C:1988:333, ZfZ 1988, 269).

Ausgehend von diesen Grundsätzen bestimmen die Sisalseile den Charakter der streitgegenständlichen Waren. Denn nach den – vom HZA unbestrittenen – Angaben der Klägerin zu den Wertverhältnissen haben die Sisalseile nicht nur den höchsten Anteil am Gesamtwert der Ware, ihnen kommt auch die entscheidende Bedeutung für die bestimmungsgemäße Verwendung der Ware zu.

Katzenkratzbäume dienen vor allem dem Schutz der Einrichtung, von der die Katze ferngehalten werden soll. Anders als bei den im Handel erhältlichen Kratzbrettern wird dem Tier aber nicht nur eine Möglichkeit zum Kratzen angeboten, vielmehr werden unterschiedliche Bedürfnisse des Tieres wie Beschäftigung, Pflege, Markieren und Ruhe angesprochen. Durch das Aufstellen solcher Kratzbäume soll insbesondere Wohnungskatzen ermöglicht werden, sich arttypisch zu verhalten.

Die streitgegenständlichen Katzenkratzbäume sind dementsprechend multifunktional gestaltet. Sie sollen nicht nur zum Kratzen, sondern auch zum Klettern, Anspringen und Spielen anregen. Die horizontalen Flächen und Höhlen der Katzenkratzbäume dienen als Sitz-, Liegebzw. Schlaf Platz und als Rückzugsort. Die erhöhten Liegeplätze können außerdem als Beobachtungsposten genutzt werden. Schließlich bietet der Kratzbaum der Katze auch die Möglichkeit, ihren eigenen Geruch auszusenden, indem sie z.B. die Duftdrüsen an Kopf, Rücken, Schwanz oder Fußballen daran reibt.

Angesichts der Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten, die ein Katzenkratzbaum bietet, sind alle verarbeiteten Stoffe nützlich oder sogar notwendig, um die Ware bestimmungsgemäß zu verwenden. Dennoch sind die verwendeten Stoffe nicht gleichermaßen von Bedeutung. Vielmehr verleihen die sisalumwickelten Kratzsäulen der Ware ihren wesentlichen Charakter.

Zunächst ist festzustellen, dass die Kratzsäulen Bestandteil der Warenbezeichnung und bei den meisten im Handel erhältlichen Ausführungen vorhanden sind. Würde man sich die Sisalseile wegdenken, ginge der wesentliche Zweck des Kratzbaumes, der Katze die Pflege ihrer Krallen zu ermöglichen, um sie von Möbeln und Wänden fernzuhalten, verloren.

Sisal ist ausreichend widerstandsfähig, um zumindest für eine gewisse Dauer der starken Beanspruchung durch Katzenkrallen standzuhalten. Außerdem kommen die Naturfasern den im Freien vorkommenden Materialien wie Rinde und anderen Pflanzenfasern nahe. Anders als bei anderen Materialien besteht auch nicht die Gefahr, dass die Katze mit ihren Krallen hängen bleibt.

Ohne die Sisalsäulen verliert der Kratzbaum eine seiner wesentlichen charakteristischen Eigenschaften. Dagegen kommt dem verarbeiteten Bezugsmaterial nur eine untergeordnete Bedeutung zu.

Farbe, Muster und Art des verwendeten Bezugsmaterials spielen zwar insoweit eine Rolle, als der meist an zentraler Stelle in der Wohnung aufgestellte Katzenkratzbaum allein wegen seiner Größe auffällig ist und deshalb u.a. dekorativen Ansprüchen genügen muss. Für die im Rahmen der Verwendung entscheidende Krallenpflege dagegen ist Plüsch ungeeignet, weil es nicht ausreichend widerstandsfähig ist und die Gefahr besteht, dass die Katze mit den Krallen hängen bleibt. Soweit die Katze den Kratzbaum dazu benutzt, ihren Geruch zu hinterlassen, hat der Plüsch ebenfalls keine Bedeutung. Denn Katzen nutzen nicht nur Objekte jeglicher Art wie z.B. Möbel, Wände und Teppiche, sondern auch Menschen und Artgenossen, um sich daran zu reiben. Die Beschaffenheit der Oberfläche spielt dabei offensichtlich keine Rolle.

Dem HZA ist zwar darin zuzustimmen, dass Katzenhalter, die sich für einen Kratzbaum entscheiden, nicht allein die Möglichkeit zur Krallenpflege bieten wollen, sondern auch Wert auf behagliche Liegeplätze legen und die meisten im Handel erhältlichen Katzenkratzbäume nicht ohne Grund in einem erheblichen Umfang mit Plüsch bezogen sind. Tatsächlich scheinen weiche und wärmende Liegeflächen für Katzen attraktiver zu sein als glatte und kühle Oberflächen; ob aber ein Gegenstand als Sitz-, Liegebzw. Schlaf Platz und/oder als Rückzugsort angenommen wird, ist u.a. vom Standort des Gegenstandes, den dort vorherrschenden Temperaturverhältnissen und den individuellen Vorlieben des Tieres abhängig. Welche Bedeutung dabei die Art, die Struktur oder der Geruch des Bezugsmaterials hat, lässt sich deshalb nicht allgemein beantworten.

Unabhängig davon will zwar jeder Katzenhalter durch Krallen verursachte Schäden an seinen Möbeln oder Wänden vermeiden, er wird die Katze aber durch das Aufstellen eines Katzenkratzbaumes nicht davon abhalten, sich zusätzlich zu den dort angebotenen Liegeflächen weitere Ruhe- und Schlafplätze in der Wohnung zu suchen.

Anders als bei der in der DVO Nr. 350/2014 beschriebenen Ware kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass das Bezugsmaterial den Katzen eine größere Vielfalt an Aktivitäten bietet. Denn im Streitfall ist das Verhältnis zwischen der mit Plüschgewirke bedeckten Fläche und der mit Sisal bedeckten Fläche ausgewogener als bei der in der DVO Nr. 350/2014 beschriebenen Ware. Beim Katzenkratzbaum Art.Nr.: TM-… sind genauso viele Kratzmöglichkeiten wie Ruheplätze vorhanden; beim Katzenkratzbaum Art.Nr.: SFC… gibt es sogar mehr Kratzsäulen als Ruheplätze.

Auch dem Holz und der Pappe kommt nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Klägerin ist zwar darin zuzustimmen, dass das Gewicht der kletternden, springenden oder kratzenden Katze eine hohe Standfestigkeit der Ware erfordert, die bei den streitgegenständlichen Waren durch das verwendete Holz und die damit verschraubten Pappsäulen gewährleistet ist.

Gegen das Holz bzw. die Pappe als charakterbestimmenden Stoff spricht jedoch, dass diese Elemente bei den streitgegenständlichen Ausführungen nicht sichtbar sind, weil sämtliche Oberflächen mit Plüschgewirke überzogen bzw. mit Sisalseilen umwickelt sind. Die Konstruktion aus Holz und Pappe hat lediglich dienende Funktion. Sie bildet den Korpus, der eine ausreichende Stabilität gewährleistet. Die Stabilität ist aber nur eine von mehreren Eigenschaften, die ein Katzenkratzbaum aufweisen muss.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Wahrung der Rechtseinheit zugelassen. Nach Kenntnis des Senats sind mehrere gleichgelagerte Fälle bei anderen Finanzgerichten anhängig.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.