Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Juni 2011 - VI B 146/10

bei uns veröffentlicht am09.06.2011

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat das FG nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO seine Überzeugung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen. Es muss insbesondere den Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Beteiligten (quantitativ) vollständig und (qualitativ) einwandfrei berücksichtigen. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, der einen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begründet, liegt dann vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der dem schriftlich festgehaltenen Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder wenn eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt geblieben ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 80; zuletzt BFH-Beschluss vom 22. März 2011 X B 7/11, BFH/NV 2011, 1005, m.w.N).

3

2. Gemessen daran liegt ein Verfahrensverstoß vor, weil das FG im angefochtenen Urteil nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hat.

4

Zu Recht rügt der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), dass sich das FG im angefochtenen Urteil zur Begründung seiner Entscheidung nicht darauf stützen konnte, dass der Kläger "wegen Beihilfe zu einer Verkürzung der einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in den Unternehmen der X-Gruppe" verurteilt worden sei. Denn eine solche Verurteilung lässt sich aus den Feststellungen und der rechtlichen Würdigung des dem finanzgerichtlichen Verfahren zugrunde liegenden und vom FG zu dessen Begründung auch herangezogenen strafgerichtlichen Urteil des Landgerichts (LG) Y nicht hinreichend sicher entnehmen. Das Urteil des LG spricht zwar einerseits stets von der Abgabe unrichtiger Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte, das LG hat daraus aber nur den konkreten Schluss gezogen, dass in der Zeit von Anfang 1997 bis März 2001 Umsatzsteuern in Höhe von rund … DM hinterzogen worden seien. Das gleiche gilt für die Feststellungen des LG zu der Buchung unrichtiger Rechnungen der A und der Abgabe entsprechend unrichtiger Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte. Denn auch auf Grundlage dieser Feststellungen gelangt das LG nur zu der rechtlichen Würdigung, dass Z Umsatzsteuern in Höhe von rund … DM hinterzogen habe. An diese Feststellungen knüpft das LG in seiner rechtlichen Würdigung des dem Kläger zur Last gelegten strafrechtlich erheblichen Verhaltens an, wonach er sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Betrug in zwei Fällen strafbar gemacht habe. Wenn das LG zur weiteren Begründung der strafrechtlichen Entscheidung die Haupttat wie folgt umschreibt:

5

  "Indem Z bei der Abgabe unrichtiger Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte zu den Steuerjahren 1997 bis 2001 und bei den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar bis November 2002 gegenüber dem Finanzamt die Umsatzsteuerbeträge aus den Scheinrechnungen ... geltend machte, verkürzte er Steuern durch unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen und machte sich jeweils der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO strafbar.",

6

lässt sich daraus indessen nicht der Schluss ziehen, dass der Kläger wegen Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuern durch eine Verkürzung der einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb verurteilt worden war. Denn das LG hatte lediglich festgestellt, dass der Haupttäter auch im Rahmen der Erklärungen zu den einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünften unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht hatte. Die nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO aber ebenfalls erforderliche Feststellung, dass dadurch Steuern verkürzt worden sind, hatte das LG nicht getroffen.

7

3. Der auch geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Erforderlichkeit der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) liegt nicht vor. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der vom FG zutreffend zugrunde gelegten Rechtsprechung des BFH Strafverteidigungskosten nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen war, indem etwa die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden war und die vorgeworfene Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein muss. Ob dieser entsprechende Veranlassungszusammenhang vorliegt, ist in erster Linie durch das FG als Tatsacheninstanz im Rahmen einer revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbaren Gesamtwürdigung zu entscheiden (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223, m.w.N.).

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Der Senat hält es für sachgerecht, die Vorentscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 370 Steuerhinterziehung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steu

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Bundesfinanzhof Beschluss, 22. März 2011 - X B 7/11

bei uns veröffentlicht am 22.03.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte in den Jahren 1997 bis 2000 u.a. Einkünfte aus einem Imbissbetrieb. Bei einer Außenprüfung für die Jahr
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Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Feb. 2012 - VI B 138/11

bei uns veröffentlicht am 23.02.2012

Gründe 1 Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Finanzgericht (FG) zur anderwe

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte in den Jahren 1997 bis 2000 u.a. Einkünfte aus einem Imbissbetrieb. Bei einer Außenprüfung für die Jahre 1997 bis 2000 konnte er keine ordnungsgemäße Buchführung vorlegen. Deshalb schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Da für die Streitjahre nur Eingangsrechnungen im Wert zwischen ca. 5.000 DM und 9.500 DM jährlich aufgefunden werden konnten, legte das FA seiner Schätzung der jährlichen Wareneinkäufe der Streitjahre die Daten des Jahres 1995 (50.000 DM) zugrunde und ermittelte mit Hilfe der amtlichen Richtsatzsammlung jährliche Umsätze in Höhe von 130.000 DM bzw. 135.000 DM. Den Gewinn schätzte es auf 40 % des Nettoumsatzes (52.000 DM bzw. 54.000 DM).

2

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage teilweise statt. Die für 1995 ermittelten Wareneinkäufe seien als Schätzungsmaßstab für die Streitjahre nicht geeignet, da sich die Art des Imbissbetriebs des Klägers geändert habe. Stattdessen seien einer zutreffenden Schätzung die Feststellungen der Außenprüfung zugrunde zu legen, wonach in den Jahren 1997 bis 1999 Einkäufe im Wert von monatlich 5.000 DM bis 9.500 DM durch Rechnungen belegt seien. Andere Anhaltspunkte für eine Schätzung seien nicht greifbar. Das Gericht mache von seiner eigenen Schätzungsbefugnis Gebrauch und gehe aufgrund der durch die Außenprüfung festgestellten Daten von monatlichen Einkäufen des Klägers in Höhe von 6.000 DM aus. Der vom FA verwendete Rohgewinnaufschlag sei angemessen und auch das Gericht schätze den Gewinn auf 40 % der Umsätze, also auf 74.880 DM. Für 1997 sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Imbissbetrieb erst im Mai eröffnet habe und deshalb unter Einbeziehung einer kurzen Anlaufphase davon auszugehen sei, dass in diesem Jahr nur die Hälfte der Umsätze und des Gewinns erzielt worden seien.

3

Die Revision ließ das FG nicht zu.

4

Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt der Kläger die Zulassung der Revision. Das FG-Urteil beruhe auf einem Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten (§ 96 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und damit auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Völlig überraschend und im Widerspruch zu den Feststellungen der Außenprüfung unterstelle das FG in den Jahren 1997 bis 1999 einen monatlichen Wareneinkauf von 5.000 DM bis 9.500 DM. Wäre dem Kläger hierzu rechtliches Gehör gewährt worden, hätte dieser den Irrtum des FG unter Hinweis auf den Prüfungsbericht aufklären können. Das Urteil beruhe auch auf diesem Irrtum, denn das Gericht bezeichne selbst die aufgefundenen Wareneingangsrechnungen der Jahre 1997 bis 1999 als alleinig zutreffende Schätzungsgrundlage. Von der Außenprüfung sei unstreitig ein monatlicher Wareneinkauf in Höhe von 418,24 DM (1997; = 1/12 von 5.018,85 DM), 798,05 DM (1998; = 1/12 von 9.576,65 DM) und 627,59 DM (1999; = 1/12 von 7.531,07 DM) festgestellt worden. Wende man diese Feststellung als den nach Ansicht des FG allein in Betracht kommenden Schätzungsmaßstab an, würden sich bei dem vom Gericht verwendeten Rohgewinnaufschlagssatz von 160 % Bruttojahresumsätze in Höhe von 8.030,16 DM (1997), 15.322,64 DM (1998), 12.049,71 DM (1999) und 22.098,30 DM (2000) ergeben. Diese Werte lägen deutlich unter den durch das Gericht geschätzten Beträgen.

5

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 116 Abs. 6 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Zutreffend trage der Kläger vor, dass die Außenprüfung von jährlichen Wareneinkäufen ausgegangen sei, die das FG als monatliche Einkäufe seiner Schätzung zugrunde gelegt habe.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 FGO), weil es auf einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruht.

7

1. Im angefochtenen Urteil hat das FG bei seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt.

8

a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG seine Überzeugung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen. Insbesondere muss das FG den Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Beteiligten (quantitativ) vollständig und (qualitativ) einwandfrei berücksichtigen (vgl. im Einzelnen Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Dezember 2006 VIII B 108/05, BFH/NV 2007, 741, unter II.1.a der Gründe). § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist allerdings nur verletzt, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der dem schriftlich festgehaltenen Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder wenn eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt geblieben ist. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist ein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. Februar 2006 II B 106/05, BFH/NV 2006, 975, m.w.N.; vom 7. April 2005 IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354).

9

b) Im Streitfall liegt ein derartiger Verfahrensverstoß vor, auf dem auch das angefochtene Urteil des FG beruht. Nach Auffassung des Gerichts konnten nur die von der Außenprüfung aufgefundenen Wareneingangsrechnungen der Jahre 1997 bis 1999 die alleinig zutreffende Schätzungsgrundlage für die Umsätze der Streitjahre sein. Entgegen dem eindeutigen Inhalt der Akten hat es jedoch in den Jahren 1997 bis 1999 einen monatlichen Wareneinkauf von 5.000 DM bis 9.500 DM unterstellt, obwohl sich diese Beträge --worauf der Kläger, aber auch das FA zutreffend hinweisen-- eindeutig auf die jährlichen Einkäufe des Klägers für seinen Imbissbetrieb beziehen.

10

2. Der Senat hält es für sachgerecht, die Vorentscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

11

3. Da das FG den Gewerbesteuermessbetrag 1997 auf Null DM reduziert hat, geht der beschließende Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass insoweit kein Rechtsmittel gegen das FG-Urteil eingelegt wurde.

12

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

13

5. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen, der auch für das Verfahren nach § 116 Abs. 6 FGO Anwendung findet (vgl. BFH-Beschluss vom 6. Juni 2007 VIII B 154/06, BFH/NV 2007, 1910, m.w.N.).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.