Bundesfinanzhof Urteil, 23. Aug. 2016 - V R 2/14


Gericht
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. November 2013 5 K 5145/13 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der KlÀger zu tragen.
Tatbestand
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I. Der KlĂ€ger und Revisionsbeklagte (KlĂ€ger) ist deutscher StaatsbĂŒrger, der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) lebt. Seine 2010 geborene Tochter L lebt im Haushalt der von ihm dauernd getrennt lebenden Kindsmutter in Polen. Die Kindsmutter ist polnische Staatsangehörige und nicht erwerbstĂ€tig. Polnische Familienleistungen bezieht sie nicht.
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Die RechtsvorgĂ€ngerin der Beklagten und RevisionsklĂ€gerin (Familienkasse) lehnte einen Antrag des KlĂ€gers auf Kindergeld fĂŒr L vom November 2012 ab, da die Kindsmutter einen vorrangigen Anspruch auf Kindergeld habe. Den dagegen eingelegten Einspruch des KlĂ€gers wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 19. April 2014 zurĂŒck. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 28. November 2013 5 K 5145/13 statt. Dagegen wendet sich die Familienkasse mit der Revision.
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Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 23. Februar 2015 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der EuropĂ€ischen Union (EuGH) in der Rechtssache Trapkowski C-378/14 ausgesetzt. Nach Veröffentlichung des EuGH-Urteils Trapkowski vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015:720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2015, 1501) hat der Senat das Verfahren wieder aufgenommen und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu dem EuGH-Urteil zu Ă€uĂern.
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Die Familienkasse rĂŒgt, das FG habe gegen seine Pflicht zur Sachverhaltsermittlung verstoĂen. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ist sie der Auffassung, der EuGH habe ihren Rechtsstandpunkt bestĂ€tigt.
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Die Familienkasse beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der KlĂ€ger beantragt sinngemĂ€Ă,
die Revision zurĂŒckzuweisen.
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Er hat im Revisionsverfahren per Telefax eine handschriftliche ErklĂ€rung der Kindsmutter ĂŒbermittelt, in der sie um Ăberweisung des Kindergeldes auf ein Konto bittet, dessen Inhaber nach eigenen Angaben er ist. Damit sind nach seiner Auffassung die Bedenken der Familienkasse erledigt. In seiner Rechtsauffassung sieht er sich durch das EuGH-Urteil bestĂ€tigt.
EntscheidungsgrĂŒnde
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II. Die Revision ist begrĂŒndet und fĂŒhrt zur Aufhebung des FG-Urteils und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG-Urteil verletzt § 64 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Danach hat der KlĂ€ger keinen Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes.
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1. Der KlĂ€ger ist zwar kindergeldberechtigt, weil er in Deutschland lebt und Vater einer Tochter ist, die ihren Wohnsitz in Polen hat (§ 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 EStG) und fĂŒr die ein Anspruch auf Kindergeld besteht (§ 32 Abs. 3 EStG). Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der KlĂ€ger Leistungen nach dem SGB II bezieht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. April 2016 III R 40/12, III R 50/12 und III R 3/15; jeweils nicht veröffentlicht).
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Der KlÀger hat aber keinen Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes; denn mit Blick auf das Unionsrecht ist nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG die Kindsmutter vorrangig anspruchsberechtigt.
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a) Nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG wird bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.
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b) Eine Person hat nach Art. 67 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004) --wie hier der KlĂ€ger nach Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 883/2004-- Anspruch auf Familienleistungen (wie hier Kindergeld nach Art. 1 Buchst. z, Art. 3 Abs. 1 Buchst. j VO Nr. 883/2004) nach den Rechtsvorschriften des zustĂ€ndigen Mitgliedstaats (hier: Deutschland gemÀà Art. 11 Abs. 3 Buchst. c und e VO Nr. 883/2004), auch fĂŒr Familienangehörige, die zwar in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, die aber so behandelt werden, als wohnten sie im zustĂ€ndigen Mitgliedstaat. Denn bei der Anwendung von Art. 67 und 68 VO Nr. 883/2004 ist nach Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der ModalitĂ€ten fĂŒr die DurchfĂŒhrung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ĂŒber die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berĂŒcksichtigen, als wĂŒrden alle Beteiligten --insbesondere was das Recht zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt-- unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats (hier: Deutschland) fallen und dort wohnen (dazu eingehend EuGH-Urteil Trapkowski, EU:C:2015:720, DStRE 2015, 1501).
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Diese Fiktion fĂŒhrt dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil vom 4. Februar 2016 III R 17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612).
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c) So verhÀlt es sich im Streitfall: L lebt im Haushalt der ebenfalls kindergeldberechtigten Kindsmutter, so dass der KlÀger keinen Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes hat.
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d) Die vom KlÀger vorgelegte ErklÀrung der Kindsmutter rechtfertigt keine andere Beurteilung.
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aa) Der KlĂ€ger kann sich im Revisionsverfahren nicht auf diese ErklĂ€rung berufen. Der BFH ist nach § 118 Abs. 2 FGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsĂ€chlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulĂ€ssige und begrĂŒndete RevisionsgrĂŒnde vorgebracht sind. Tatsachen, die erstmals im Revisionsverfahren vorgetragen werden, darf er grundsĂ€tzlich nicht berĂŒcksichtigen (stĂ€ndige Rechtsprechung, zuletzt etwa BFH-Urteil vom 3. Juli 2014 III R 30/11, BFHE 246, 477, BStBl II 2015, 157, Rz 34, m.w.N.). So verhĂ€lt es sich im Streitfall. Der KlĂ€ger hat die ErklĂ€rung der Kindsmutter erst im Revisionsverfahren vorgelegt.
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bb) Im Ăbrigen könnte der KlĂ€ger auch unter BerĂŒcksichtigung dieser ErklĂ€rung nicht anstelle der Kindsmutter im eigenen Namen Kindergeld beanspruchen. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf sein Urteil vom 23. August 2016 V R 19/15, BFHE 254, 439.
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2. Nachdem die Familienkasse bereits mit der SachrĂŒge Erfolg hat, muss ĂŒber die VerfahrensrĂŒge nicht mehr entschieden werden (Senatsurteile vom 21. MĂ€rz 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.1.; vom 8. Oktober 2008 V R 59/07, BFHE 222, 189, BStBl II 2009, 218, unter II.4.).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Annotations
(1) Ist die Revision unzulÀssig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegrĂŒndet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurĂŒck.
(3) Ist die Revision begrĂŒndet, so kann der Bundesfinanzhof
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in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurĂŒckverweisen.
(4) Ergeben die EntscheidungsgrĂŒnde zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen GrĂŒnden als richtig dar, so ist die Revision zurĂŒckzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurĂŒckverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung ĂŒber die Revision bedarf keiner BegrĂŒndung, soweit der Bundesfinanzhof RĂŒgen von VerfahrensmĂ€ngeln nicht fĂŒr durchgreifend erachtet. Das gilt nicht fĂŒr RĂŒgen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschlieĂlich VerfahrensmĂ€ngel geltend gemacht werden, fĂŒr RĂŒgen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) FĂŒr jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.
(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder GroĂeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und GroĂeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen GroĂelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenĂŒber der zustĂ€ndigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.
(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhÀlt das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhÀlt das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.
(1)1FĂŒr Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer
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im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder - 2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland - a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschrÀnkt einkommensteuerpflichtig ist oder - b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschrÀnkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
(1a)1BegrĂŒndet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der EuropĂ€ischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen ĂŒber den EuropĂ€ischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er fĂŒr die ersten drei Monate ab BegrĂŒndung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inlĂ€ndische EinkĂŒnfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von EinkĂŒnften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des FreizĂŒgigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des FreizĂŒgigkeitsgesetzes/EU erfĂŒllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des FreizĂŒgigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfĂŒllt war.4Die PrĂŒfung, ob die Voraussetzungen fĂŒr einen Anspruch auf Kindergeld gemÀà Satz 2 vorliegen oder gemÀà Satz 3 nicht gegeben sind, fĂŒhrt die Familienkasse in eigener ZustĂ€ndigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zustĂ€ndigen AuslĂ€nderbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefĂ€lschter oder verfĂ€lschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetĂ€uscht, hat die Familienkasse die zustĂ€ndige AuslĂ€nderbehörde unverzĂŒglich zu unterrichten.
(2) Ein nicht freizĂŒgigkeitsberechtigter AuslĂ€nder erhĂ€lt Kindergeld nur, wenn er
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eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt, - 2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die fĂŒr einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur AusĂŒbung einer ErwerbstĂ€tigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde - a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der BeschÀftigung als Au-Pair oder zum Zweck der SaisonbeschÀftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem EuropÀischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt, - b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes fĂŒr MaĂnahmen zur Anerkennung auslĂ€ndischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstĂ€tig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch, - c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
- 3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstÀtig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt, - 4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhÀlt oder - 5.
eine BeschÀftigungsduldung gemÀà § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
(1)1Als Kinder werden berĂŒcksichtigt
- 1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1, - 2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten, - 3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
(2) Die Bundesregierung wird ermĂ€chtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstĂ€tig ist oder sonst seine hauptsĂ€chlichen EinkĂŒnfte erzielt, fĂŒr seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit RĂŒcksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten fĂŒr Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewĂ€hrten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.
(1) Kinder sind
- 1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder, - 2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienÀhnliches, auf lÀngere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und PflegeverhÀltnis zu den Eltern nicht mehr besteht).
(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das KindschaftsverhĂ€ltnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berĂŒcksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berĂŒcksichtigen.
(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berĂŒcksichtigt.
(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berĂŒcksichtigt, wenn es
- 1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem BeschĂ€ftigungsverhĂ€ltnis steht und bei einer Agentur fĂŒr Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder - 2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und - a)
fĂŒr einen Beruf ausgebildet wird oder - b)
sich in einer Ăbergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden TĂ€tigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder - c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder - d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet: - aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - dd)
eine FreiwilligentĂ€tigkeit im Rahmen des EuropĂ€ischen SolidaritĂ€tskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms fĂŒr das EuropĂ€ische SolidaritĂ€tskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32), - ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst âweltwĂ€rtsâ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums fĂŒr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016, - gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder - hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums fĂŒr Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
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wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung auĂerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
(5)1In den FĂ€llen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das
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den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder - 2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig fĂŒr die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder - 3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende TĂ€tigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeĂŒbt hat,
(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird fĂŒr jedes zu berĂŒcksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro fĂŒr das sĂ€chliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro fĂŒr den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die BetrĂ€ge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem KindschaftsverhĂ€ltnis steht.3Die BetrĂ€ge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn
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der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschrÀnkt einkommensteuerpflichtig ist oder - 2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem PflegekindschaftsverhÀltnis steht.
(1) FĂŒr jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.
(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder GroĂeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und GroĂeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen GroĂelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenĂŒber der zustĂ€ndigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.
(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhÀlt das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhÀlt das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.
(1) Die Revision kann nur darauf gestĂŒtzt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz fĂŒr anwendbar erklĂ€rt werden, kann die Revision auch darauf gestĂŒtzt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.
(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsĂ€chlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulĂ€ssige und begrĂŒndete RevisionsgrĂŒnde vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf VerfahrensmĂ€ngel gestĂŒtzt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur ĂŒber die geltend gemachten VerfahrensmĂ€ngel zu entscheiden. Im Ăbrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten RevisionsgrĂŒnde nicht gebunden.
(1) Der unterliegende Beteiligte trÀgt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er AntrÀge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum MaĂstab genommen werden.