Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld rechtmäßig sind.

Der Kläger ist polnischer Staatsangehöriger. Seine Tochter A, geboren am xx.xx.2010, lebt seit ihrer Geburt bei ihrer Mutter in Polen, die ebenfalls polnische Staatsangehörige ist.

Mit Bescheid vom 03.09.2015 setzte die Beklagte zugunsten des Klägers für A ab Juli 2015 Kindergeld fest, weil er in Deutschland wohnte, arbeitete, mit der nicht erwerbstätigen Kindsmutter, seiner damaligen Ehefrau, in Polen einen gemeinsamen Haushalt führte und für A kein Anspruch auf polnische Familienleistungen bestand.

Im Rahmen einer Überprüfung des Kindergeldanspruchs reichte der Kläger bei der Beklagten einen Fragebogen ein, den er am 15.09.2017 unterschrieb. Darin gab er an, geschieden zu sein. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Scheidung beantwortete er nicht. Zudem teilte er mit, dass die Kindsmutter seit dem 11.11.2017 in Polen erwerbstätig ist und nach wie vor für das Kind A kein Anspruch auf polnische Familienleistungen besteht. Ferner legte er Bescheide des Jobcenters der Stadt 1 vom 03.02.2017, 12.07.2017 und 16.01.2018 vor. Danach wurden ihm für Februar 2017 bis Juli 2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II bewilligt. Die Bescheide sind an die Adresse des Klägers in der Straße 1 in 1 adressiert, unter der er laut Meldedatenabfrage vom 31.01.2019 seit 01.12.2012 mit Wohnsitz gemeldet ist.

Trotz mehrmaliger Aufforderung der Beklagten wies er nicht nach, bis zu welchem Zeitpunkt er mit der Kindsmutter in Polen einen gemeinsamen Haushalt führte und seit wann diese erwerbstätig ist.

Mit Bescheid vom 15.06.2018 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für das Kind A ab März 2017 gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf und forderte vom Kläger das an ihn für März 2017 bis November 2017 ausbezahlte Kindergeld zurück. Zur Begründung gab sie an, dass ein Kindergeldanspruch ab März 2017 nicht festgestellt werden könne, weil die hierfür erforderlichen Nachweise nicht erbracht worden seien.

Den dagegen eingelegten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28.09.2018 mit der gleichen Begründung zurück. Die am 14.09.2018 vom Kläger eingereichten Unterlagen (Arbeitszeugnis über eine Beschäftigung der Kindsmutter vom 12.07.2017 bis 11.10.2017 in polnischer Sprache, ein vom 18.03.2018 bis 30.11.2020 befristeter Arbeitsvertrag der Kindsmutter in polnischer Sprache, eine ins Deutsche übersetzte Bescheinigung der Sozialversicherungsanstalt mit Sitz in Polen vom 23.07.2018, wonach A seit 18.12.2017 als zu Leistungen aus der Krankenversicherung berechtigte Familienangehörige einer versicherten Person zur Krankenversicherung angemeldet ist und eine Bescheinigung in polnischer Sprache über einen gemeinsamen Haushalt mit der Kindsmutter -ohne Angabe unter welcher Adresse und in welchem Zeitraum dieser bestandberücksichtigte sie nicht.

Der Kläger hat fristgemäß Klage erhoben und trägt vor:

Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung des ausbezahlten Kindergeldes seien rechtswidrig. Der Kläger habe auch ab März 2017 einen Anspruch auf Kindergeld für das Kind A, weil die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 1 EStG erfüllt seien. Er habe am 14.09.2018 der Beklagten sämtliche Unterlagen gefaxt, die zum Nachweis seines Kindergeldanspruchs erforderlich seien. Die gegenteilige Behauptung in der Einspruchsentscheidung sei falsch.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Der Bescheid vom 15.06.2018 und die Einspruchsentscheidung vom 28.09.2018 werden aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger das rückständige Kindergeld für A,, geb. am 03.05.2010, ab März 2017 in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zutreffend sei, dass die vom Kläger am 14.09.2018 gefaxten Dokumente in der Einspruchsentscheidung keine Berücksichtigung gefunden hätten, weil sie aufgrund einer Verzögerung interner Arbeitsabläufe erst nach deren Erlass eingescannt worden seien. Dies ändere jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

Ab März 2017 habe der Kläger selbst dann keinen Kindergeldanspruch, wenn zu seinen Gunsten unterstellt werde, dass er seitdem einen Wohnsitz in Deutschland gehabt habe.

Dies folge aus Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004. Nach Art. 68 Abs. 2 Satz 1 dieser Verordnung seien im Streitfall die Familienleistungen für A nach polnischem Recht zu gewähren, weil Ansprüche nach deutschen und polnischen Recht zusammentreffen würden und letztere gemäß Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 Vorrang hätten. Denn die Ansprüche der Kindsmutter auf polnische Familienleistungen würden durch deren Beschäftigung in Polen -von Juli 2017 bis Oktober 2017 sowie ab Dezember 2017 bis laufend- und die Ansprüche des Klägers auf deutsches Kindergeld lediglich durch seinen Wohnsitz in Deutschland ausgelöst.

Gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz VO (EG) Nr. 883/2004 seien deshalb die nachrangigen Kindergeldansprüche bis zur Höhe der vorrangigen polnischen Ansprüche auf Familienleistungen ausgesetzt.

Im Streitfall bestehe auch kein Anspruch auf Differenzkindergeld, weil ein solcher durch Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO (EG) Nr. 883/2004 ausgeschlossen sei. Denn der gegebenenfalls höhere Anspruch auf Kindergeld werde ausschließlich durch den Wohnsitz des Klägers in Deutschland ausgelöst und A wohne in Polen, mithin in einem anderen Mitgliedstaat der EU.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Finanzgerichts- und die vorgelegte Kindergeldakte verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig, soweit sie darauf gerichtet ist, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für A ab März 2017 Kindergeld zu gewähren. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Eine Klage ist wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, wenn sie für das Erreichen des Rechtsschutzziels nicht erforderlich ist.

Das ist der Fall, soweit der Verpflichtungsantrag in Rede steht. Der Kläger will die Gewährung von Kindergeld für A ab März 2017 erreichen. Hierfür ist die Aufhebung des Bescheids vom 15.06.2018 und der Einspruchsentscheidung vom 28.09.2018 ausreichend, weil dann der Bescheid vom 03.09.2015 wieder auflebt, mit dem die Beklagte dem Kläger für A ab Juli 2015 Kindergeld bewilligte.

Der Bescheid vom 15.06.2018 und die Einspruchsentscheidung vom 28.09.2018 sind nicht aufzuheben, weil sie rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld wesentlich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergelds mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 70 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall.

Die Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld wesentlich sind, haben sich ab März 2017 geändert, weil der Kläger ab diesem Monat keinen Anspruch auf Kindergeld für A hat.

Der Kläger ist zwar im Streitzeitraum März 2017 bis November 2017 kindergeldberechtigt, weil er in Deutschland wohnte, seine Tochter in Polen im Haushalt ihrer Mutter lebte und sie im Streitzeitraum das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Sätze 2 und 6 EStG, § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 32 Abs. 3 EStG).

Der Anspruch auf Kindergeld steht jedoch ab März 2017 nicht mehr dem Kläger, sondern nach Art. 67 Satz 1 VO (EG) Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 DVO (EG) Nr. 987/2009 sowie § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG der Kindsmutter zu, weil zwischen dem Kläger und ihr ab diesem Monat keine gemeinsame Haushaltsführung festgestellt werden kann, A im Haushalt ihrer Mutter lebt und die Kindsmutter deshalb vorrangig anspruchsberechtigt ist.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger im Streitzeitraum März 2017 bis November 2017 in 1 in der Straße 1 seinen Wohnsitz hatte, weil er dort gemeldet war, vom Jobcenter der Stadt 1 seit Februar 2017 Leistungen nach dem SGB II erhielt, die hierüber ergangenen Bescheide an die Adresse des Klägers in der Straße 1 in 1 adressiert waren und sein Prozessbevollmächtigter seinen Kanzleisitz in 1 hat.

Ein gemeinsamer Haushalt des Klägers und der Kindsmutter lässt sich jedoch ab März 2017 nicht feststellen. Die vom Kläger in polnischer Sprache vorgelegte Bescheinigung reicht als Nachweis für eine gemeinsame Haushaltsführung nicht aus, weil ihr nicht zu entnehmen ist, unter welcher Adresse und in welchem Zeitraum der gemeinsame Haushalt geführt worden sein soll. Vielmehr spricht die Scheidung der Ehe des Klägers mit der Kindsmutter gegen eine gemeinsame Haushaltsführung ab März 2017. Denn aufgrund seiner Angaben im Fragebogen steht fest, dass er am 15.09.2017 von der Kindsmutter geschieden war. Unter Berücksichtigung üblicher Trennungszeiten, die der Scheidung vorangehen, ist davon auszugehen, dass ab März 2017 ein gemeinsamer Haushalt mit der Kindsmutter nicht mehr bestand. Denn der Zeitpunkt der Scheidung und die vorangehende Trennungszeit kann nicht festgestellt werden, weil der Kläger trotz Nachfrage des Gerichts hierzu keine Angaben machte und sich dies auch nicht aus den Akten des Jobcenters der Stadt 1 ergibt. Darin befindet sich kein Urteil über die Scheidung der Ehe mit der Kindsmutter, sondern nur ein Urteil vom 16.02.2004 über die Scheidung der Ehe mit B. Folglich muss zu Lasten des Klägers davon ausgegangen werden, dass jedenfalls ab März 2017 ein gemeinsamer Haushalt mit der Kindsmutter nicht mehr bestand, weil er die Feststellungslast für eine gemeinsame Haushaltsführung trägt.

Der Kindergeldanspruch für A steht ab März 2017 nicht mehr dem Kläger, sondern nach Art. 67 Satz 1 VO (EG) Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 DVO (EG) Nr. 987/2009 sowie § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG der vorrangig anspruchsberechtigten Kindsmutter zu.

Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 ist eröffnet, weil der Kläger als polnischer Staatsangehöriger die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt (Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004) und das Kindergeld eine Familienleistung i.S. des Art. 1 Buchst. z VO (EG) Nr. 883/2004 ist (Art. 3 Abs. 1 Buchst. j VO (EG) Nr. 883/2004).

Nach Art. 11 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 11 Abs. 3 Buchst. e VO (EG) Nr. 883/2004 ist für den Kläger Deutschland der zuständige Mitgliedstaat, weil er in Deutschland seinen Wohnsitz hat und deshalb den Rechtsvorschriften Deutschlands unterliegt.

Eine Person hat nach Art. 67 Satz 1 VO (EG) Nr. 883/2004 Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats auch für Familienangehörige, die zwar in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, die aber so behandelt werden, als wohnten sie im zuständigen Mitgliedstaat. Denn bei der Anwendung von Art. 67 und 68 VO (EG) Nr. 883/2004 ist nach Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO (EG) Nr. 987/2009 die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle Beteiligten -insbesondere was das Recht zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangtunter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats (hier: Deutschland) fallen und dort wohnen (vgl. BFH-Urteil vom 23.08.2016 V R 2/14, BFH/NV 2016, 1725).

Im Streitfall wird somit fingiert, dass die Kindsmutter mit A, die sie in ihren Haushalt aufgenommen hat, nicht im Mitgliedsstaat Polen, sondern in Deutschland wohnt, weil es sich um Familienangehörige des Klägers handelt. Die Kindsmutter erfüllt somit ab März 2017 alle Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld und ist wegen der Aufnahme von A in ihren Haushalt vorrangig anspruchsberechtigt. Deshalb steht ihr und nicht dem Kläger ab März 2017 nach §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 6, § 32 Abs. 3, § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG der Anspruch auf Kindergeld für A zu.

Dieser Anspruch ist weder durch Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 noch durch Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO (EG) Nr. 883/2004 ausgeschlossen.

Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 Vorrang haben (Art. 68 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 883/2004). Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren (Art. 68 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 883/2004). Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird (Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO (EG) Nr. 883/2004).

Nach dem eindeutigen Wortlaut setzt der gesamte Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 und somit auch Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO EG Nr. 883/2004 voraus, dass tatsächlich in einem anderen Mitgliedstaat Ansprüche auf Familienleistungen bestehen, die dem Kindergeld vergleichbar sind.

Dies folgt zum einen aus Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004, wonach die folgenden Prioritätsregelungen nur gelten, wenn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind. Das mit „folgenden Prioritätsregeln“ nicht nur die in Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 enthaltenen, sondern die Regelungen in sämtlichen Absätzen des Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 gemeint sind, ergibt sich aus der Überschrift des Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004, die wie folgt lautet: „Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen“.

Zum anderen ist in Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO nicht nur von einem Unterschiedsbetrag, sondern von einem „derartigen Unterschiedsbetrag“ die Rede. Dadurch wird unzweifelhaft auf die vorangehenden Sätze des Art. 68 Abs. 2 EG (VO) Nr. 883/2004 Bezug genommen. Aus diesen ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Unterschiedsbetrag dadurch zu ermitteln ist, dass auf den nachrangigen Anspruch der vorrangige anzurechnen ist. Somit kann die Formulierung „derartiger Unterschiedsbetrag“ nur so verstanden werden, dass Art. 68 Abs. 2 Satz 3 EG (VO) Nr. 883/2004 voraussetzt, dass tatsächlich anrechenbare, vorrangige Ansprüche auf Familienleistungen bestehen.

Kindergeldansprüche sind demnach auch dann zu erfüllen, wenn sie allein durch den Wohnort ausgelöst werden, die Kinder in einem anderen Mitgliedstaat wohnen und dieser Mitgliedstaat vorrangig zuständig wäre, wenn er tatsächlich mit dem Kindergeld vergleichbare Leistungen erbringen würde (vgl. BFH-Urteil vom 22.02.2018 III R 10/17, BStBl II 2018, 717, Tz. 26 in der juris-Dokumentation; Gerichtsbescheid des Finanzgerichts Bremen vom 27.02.2017 3 K 77/16 (1), NZFam 2017, 669 (rkr.) m.w.N. zur insoweit gefestigten Rechtsprechung der Finanzgerichte; Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich - Kommentar - Fach D I. Kommentierung Europarecht VO Nr. 883/2004, Art. 68 Rz 36, 24).

Im Streitfall ist der Kindergeldanspruch der Klägerin für A somit weder durch Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 und auch nicht durch Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO (EG) Nr. 883/2004 ausgeschlossen, weil nach Aktenlage in Polen keine Ansprüche auf Familienleistungen für A bestehen und deshalb der gesamte Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht zur Anwendung kommt.

Nach all dem war nach § 70 Abs. 2 EStG die Festsetzung von Kindergeld für A gegenüber dem Kläger ab März 2017 aufzuheben, weil ab diesem Monat der gemeinsame Haushalt mit der Kindsmutter nicht mehr bestand und deshalb der Anspruch auf Kindergeld für A ab März 2017 nicht mehr dem Kläger, sondern der vorrangig anspruchsberechtigten Kindsmutter zustand.

Die Rückforderung des Kindergelds, das für März 2017 bis November 2017 für A an den Kläger ausbezahlt wurde, ist ebenfalls rechtmäßig.

Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) hat derjenige, der eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt hat, gegen den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Beim Kindergeld handelt es sich um eine Steuervergütung (§ 31 Satz 3 EStG). Die Beklagte hat dem Kläger Kindergeld für A ab März 2017 bis November 2017 ausgezahlt. Der rechtliche Grund hierfür ist durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab März 2017 entfallen. Die Beklagte hat deshalb gegen den Kläger gemäß § 37 Abs. 2 AO einen Anspruch auf Erstattung des Kindergelds, das sie an ihn für A für März 2017 bis November 2017 ausgezahlt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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(1) 1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer 1. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder2. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland a) nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt ei

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(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregel

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1Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Absa

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(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. November 2013  5 K 5145/13 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist deutscher Staatsbürger, der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) lebt. Seine 2010 geborene Tochter L lebt im Haushalt der von ihm dauernd getrennt lebenden Kindsmutter in Polen. Die Kindsmutter ist polnische Staatsangehörige und nicht erwerbstätig. Polnische Familienleistungen bezieht sie nicht.

2

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte einen Antrag des Klägers auf Kindergeld für L vom November 2012 ab, da die Kindsmutter einen vorrangigen Anspruch auf Kindergeld habe. Den dagegen eingelegten Einspruch des Klägers wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 19. April 2014 zurück. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 28. November 2013  5 K 5145/13 statt. Dagegen wendet sich die Familienkasse mit der Revision.

3

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 23. Februar 2015 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Trapkowski C-378/14 ausgesetzt. Nach Veröffentlichung des EuGH-Urteils Trapkowski vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015:720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2015, 1501) hat der Senat das Verfahren wieder aufgenommen und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu dem EuGH-Urteil zu äußern.

4

Die Familienkasse rügt, das FG habe gegen seine Pflicht zur Sachverhaltsermittlung verstoßen. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ist sie der Auffassung, der EuGH habe ihren Rechtsstandpunkt bestätigt.

5

Die Familienkasse beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hat im Revisionsverfahren per Telefax eine handschriftliche Erklärung der Kindsmutter übermittelt, in der sie um Überweisung des Kindergeldes auf ein Konto bittet, dessen Inhaber nach eigenen Angaben er ist. Damit sind nach seiner Auffassung die Bedenken der Familienkasse erledigt. In seiner Rechtsauffassung sieht er sich durch das EuGH-Urteil bestätigt.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG-Urteil verletzt § 64 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes.

9

1. Der Kläger ist zwar kindergeldberechtigt, weil er in Deutschland lebt und Vater einer Tochter ist, die ihren Wohnsitz in Polen hat (§ 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 EStG) und für die ein Anspruch auf Kindergeld besteht (§ 32 Abs. 3 EStG). Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger Leistungen nach dem SGB II bezieht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. April 2016 III R 40/12, III R 50/12 und III R 3/15; jeweils nicht veröffentlicht).

10

Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes; denn mit Blick auf das Unionsrecht ist nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG die Kindsmutter vorrangig anspruchsberechtigt.

11

a) Nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG wird bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

12

b) Eine Person hat nach Art. 67 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004) --wie hier der Kläger nach Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 883/2004-- Anspruch auf Familienleistungen (wie hier Kindergeld nach Art. 1 Buchst. z, Art. 3 Abs. 1 Buchst. j VO Nr. 883/2004) nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats (hier: Deutschland gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. c und e VO Nr. 883/2004), auch für Familienangehörige, die zwar in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, die aber so behandelt werden, als wohnten sie im zuständigen Mitgliedstaat. Denn bei der Anwendung von Art. 67 und 68 VO Nr. 883/2004 ist nach Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle Beteiligten --insbesondere was das Recht zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt-- unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats (hier: Deutschland) fallen und dort wohnen (dazu eingehend EuGH-Urteil Trapkowski, EU:C:2015:720, DStRE 2015, 1501).

13

Diese Fiktion führt dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil vom 4. Februar 2016 III R 17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612).

14

c) So verhält es sich im Streitfall: L lebt im Haushalt der ebenfalls kindergeldberechtigten Kindsmutter, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes hat.

15

d) Die vom Kläger vorgelegte Erklärung der Kindsmutter rechtfertigt keine andere Beurteilung.

16

aa) Der Kläger kann sich im Revisionsverfahren nicht auf diese Erklärung berufen. Der BFH ist nach § 118 Abs. 2 FGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Tatsachen, die erstmals im Revisionsverfahren vorgetragen werden, darf er grundsätzlich nicht berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, zuletzt etwa BFH-Urteil vom 3. Juli 2014 III R 30/11, BFHE 246, 477, BStBl II 2015, 157, Rz 34, m.w.N.). So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger hat die Erklärung der Kindsmutter erst im Revisionsverfahren vorgelegt.

17

bb) Im Übrigen könnte der Kläger auch unter Berücksichtigung dieser Erklärung nicht anstelle der Kindsmutter im eigenen Namen Kindergeld beanspruchen. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf sein Urteil vom 23. August 2016 V R 19/15, BFHE 254, 439.

18

2. Nachdem die Familienkasse bereits mit der Sachrüge Erfolg hat, muss über die Verfahrensrüge nicht mehr entschieden werden (Senatsurteile vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.1.; vom 8. Oktober 2008 V R 59/07, BFHE 222, 189, BStBl II 2009, 218, unter II.4.).

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 15. Februar 2017  3 K 1601/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Nürnberg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die Höhe des Kindergeldanspruchs für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2014.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau sind Eltern von zwei im Juli 2001 und im Oktober 2003 geborenen Kindern. Der Kläger ist seit 2006 als Arzt an einer Klinik in Großbritannien tätig und wohnt seither dort auch mit seiner Familie.

3

Im Frühjahr 2012 war der Kläger Eigentümer und Vermieter eines Hauses in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und hielt sich dort vornehmlich in den Schulferien --teilweise mit seiner Familie-- auch auf.

4

Laut einer Bescheinigung des Finanzamts (FA) X vom 12. April 2012 gilt der Kläger nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab dem Jahr 2011 antragsgemäß als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

5

Mit Bescheid vom 17. April 2012 setzte die Familienkasse Y ab Januar 2011 zugunsten des Klägers Kindergeld für die beiden Kinder in Höhe von 193,08 € pro Monat fest. Der Betrag errechnete sich aus der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld (2 x 184 € = 368 €) und dem in Großbritannien bestehenden Anspruch auf Familienleistungen (umgerechnet 174,92 € pro Monat).

6

Am 12. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Familienkasse Y eine Bescheinigung der HM Revenue Customs (Child Benefit Customs) ein, aus der hervorgeht, dass dort die Auszahlung des Child Benefit ab 7. Januar 2013 eingestellt wird. Mit Schreiben vom 2. Mai 2013 reichte der Kläger einen Kindergeldantrag für seine beiden Kinder ein und wies darauf hin, dass aufgrund einer Gesetzesänderung in Großbritannien Erwerbstätige, die über ein Jahreseinkommen von über 60.000 Pfund verfügen, kein Kindergeld mehr erhalten.

7

Mit Wechsel der Zuständigkeit zur Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) stellte die Familienkasse Y die Zahlung des Kindergeldes ab April 2013 zunächst ein. Mit Schreiben vom 7. August 2013 teilte die beklagte Familienkasse mit, dass ab Mai 2013 weiterhin Differenzkindergeld in der bisherigen Höhe ausgezahlt werde, da der Anspruch auf Kindergeld in Großbritannien weiterhin dem Grunde nach bestehe.

8

Mit Bescheid vom 28. Februar 2014 lehnte die Familienkasse eine über den Differenzbetrag hinausgehende, die vollen gesetzlichen Kindergeldsätze umfassende Festsetzung von Kindergeld ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 13. November 2014 als unbegründet zurück.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage in vollem Umfang statt und verpflichtete die Familienkasse, für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2014 Kindergeld für die beiden Kinder in voller Höhe und damit in Höhe von insgesamt zusätzlich 174,92 € pro Monat festzusetzen.

10

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

11

Die Familienkasse beantragt,
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

13

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Unrecht entschieden, dass dem Kläger für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2014 ein Anspruch auf Kindergeld in Höhe der vollen gesetzlichen Beträge zusteht.

14

1. Das FG ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger im Streitzeitraum Januar 2013 bis November 2014 die nationalrechtlichen Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch erfüllt hat.

15

a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Nach der Rechtsprechung des Senats macht das Gesetz die Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG --anders als in den Fällen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a EStG-- von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers abhängig (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897, Rz 13 ff.). Eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG setzt daher voraus, dass das FA in dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid dem Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen und ihn demnach gemäß § 1 Abs. 3 EStG veranlagt hat (Senatsurteil vom 18. Juli 2013 III R 59/11, BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, Rz 46). Lässt sich eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG dem Steuerbescheid nicht eindeutig entnehmen, ist maßgebend auf seinen durch Auslegung (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs analog) zu ermittelnden objektiven Erklärungsinhalt abzustellen. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber dem Betroffenen mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird (§ 124 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung). Bei der Auslegung sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte, entscheidend. Es können auch außerhalb des Bescheids liegende Umstände zu berücksichtigen sein (Senatsurteil in BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, Rz 46, m.w.N.).

16

b) Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG im Streitfall zu Unrecht aus einer Bescheinigung des FA X vom 12. April 2012, wonach der Kläger ab dem Jahr 2011 antragsgemäß als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gilt, den Schluss gezogen, dass der Kläger im Streitzeitraum Januar 2013 bis November 2014 nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde.

17

Als Nachweis für eine Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG sind nur Beweismittel geeignet, aus denen sich ergibt, dass für den betreffenden Anspruchszeitraum bereits eine entsprechende steuerliche Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG durch das zuständige FA vorgenommen wurde. Da der nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG erforderliche Antrag für jeden Veranlagungszeitraum neu zu stellen ist (Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 EStG Rz 255; Blümich/Rauch, § 1 EStG Rz 261) --in der Regel nach dessen Ablauf (Gosch in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 1 Rz 25)--, kann die vom FG herangezogene Bescheinigung aus dem Jahr 2012 daher möglicherweise Auskunft darüber geben, wie das FA einen Steuerfall des Veranlagungszeitraums 2011 behandelt hat, nicht aber darüber, ob es bei einem Steuerpflichtigen in den Veranlagungszeiträumen 2013 und 2014 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG bejaht hat. Die fraglichen Veranlagungszeiträume hatten im Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung noch nicht einmal begonnen. Damit ist es ausgeschlossen, dass das zuständige FA für diese Veranlagungszeiträume bereits einen auf § 1 Abs. 3 EStG gestützten Einkommensteuerbescheid erlassen oder den Steuerpflichtigen anderweitig nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt haben kann.

18

Dies gilt umso mehr, als die bislang getroffenen weiteren Feststellungen des FG nicht dafür sprechen, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG im Streitzeitraum erfüllt hat. Denn dies würde nach § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG voraussetzen, dass die Einkünfte des Klägers und seiner Ehefrau zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben. Das bedeutet zugleich, dass die der Versteuerung in Großbritannien unterliegenden nichtselbständigen Einkünfte des Klägers maximal 10 % der Welteinkünfte der Eheleute umfasst haben dürfen.

19

Der Senat ist auch nicht nach § 118 Abs. 2 FGO an die abweichende Auslegung der Bescheinigung durch das FG gebunden, da die Auslegung des in einer Urkunde Erklärten nicht zu den Tatsachenfeststellungen, sondern zur Rechtsanwendung gehört (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Mai 2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261, Rz 15; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 213).

20

c) Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang anhand der für die Veranlagungszeiträume 2013 und 2014 ergangenen Einkommensteuerbescheide unter ergänzender Heranziehung der Einkommensteuerakten einschließlich der Einkommensteuererklärungen zu ermitteln haben, ob das zuständige FA den Kläger tatsächlich aufgrund eines entsprechenden Antrags nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt hat. Dabei wäre gegebenenfalls auch zu beachten, dass eine Bindungswirkung der Behandlung des Steuerfalls durch das FA dann entfallen kann, wenn der Steuerbescheid auf unzutreffenden Tatsachenangaben des Antragstellers beruht (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 67/01, BFH/NV 2002, 1294, Rz 22).

21

2. Sollte sich im zweiten Rechtsgang ergeben, dass das FA den Kläger nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt hat, weist der Senat im Hinblick auf die sich dann ergebenden weiteren Fragen zur Verfahrensbeschleunigung auf Folgendes hin:

22

a) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2004 Nr. L 166, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung --VO Nr. 883/2004 (Grundverordnung)-- der persönliche und nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. j i.V.m. Art. 1 Buchst. z auch der sachliche Anwendungsbereich der VO Nr. 883/2004 eröffnet ist.

23

Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Annahme, dass der Kläger aufgrund seiner in Großbritannien ausgeübten Beschäftigung den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt (Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der VO Nr. 883/2004).

24

b) Hinsichtlich der nach Art. 68 der VO Nr. 883/2004 weiter zu prüfenden Frage, ob es für die beiden Kinder des Klägers aufgrund eines Leistungsanspruchs in Großbritannien zu einem Zusammentreffen von Leistungen für denselben Zeitraum kommt, hat das FG jedoch zu Unrecht nicht auf eine Entscheidung der zuständigen Behörde in Großbritannien abgestellt.

25

Anders als im Falle der Anwendbarkeit der Konkurrenzregelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (dazu Senatsurteile vom 13. Juni 2013 III R 63/11, BFHE 242, 34, BStBl II 2014, 711, Rz 17 ff., und vom 13. Juni 2013 III R 10/11, BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706, Rz 22 ff.) bedarf es im Anwendungsbereich des Art. 68 der VO Nr. 883/2004 regelmäßig keiner eigenen Feststellungen des FG zum Inhalt des ausländischen Rechts. Denn insoweit ist vorrangig das auf dem Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten basierende Koordinierungsverfahren (dazu insbesondere Art. 60 Abs. 3 der VO Nr. 883/2004 und Art. 59 f. der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABlEU 2009 Nr. L 284, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung --VO Nr. 987/2009 (Durchführungsverordnung)--) zwischen den jeweils zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durchzuführen (im Einzelnen Senatsurteil vom 26. Juli 2017 III R 18/16, BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237, Rz 18 ff.). Dies bedeutet, dass mittels eines Auskunftsersuchens gegenüber der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats Großbritannien zu klären ist, ob und in welchem Umfang dort ein Anspruch auf Familienleistungen für die Kinder des Klägers bestand. Dabei wäre auch einer rechtlichen Bewertung der zuständigen ausländischen Stelle über das Verhältnis zwischen der Besteuerung der Familienleistung ("Higher Income Child Benefit Charge ...") und dem Anspruch auf die Familienleistung ("... has no effect on UK Child Benefit Entitlement"), wie sie in dem von der Familienkasse im Revisionsverfahren vorgelegten Schreiben des HM Revenue & Customs vom 20. Februar 2013 zum Ausdruck kommt, zu folgen.

26

c) Ergibt sich danach ein konkurrierender Anspruch auf Familienleistungen in Großbritannien, ist dieser Anspruch --wovon auch das FG ausgegangen ist-- nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 vorrangig. Besteht hingegen kein konkurrierender Anspruch in Großbritannien, ist Deutschland als allein zuständiger Mitgliedstaat zur Zahlung von Kindergeld in Höhe der vollen in § 66 Abs. 1 EStG vorgesehenen Beträge verpflichtet.

27

d) Besteht ein vorrangiger Anspruch in Großbritannien, würde dieser im Streitfall nach Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 auch einen Anspruch auf die Zahlung eines Unterschiedsbetrags in Deutschland ausschließen.

28

aa) Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 werden die Familienleistungen bei Zusammentreffen von Ansprüchen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren (Art. 68 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 883/2004). Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird (Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004).

29

bb) Im Streitfall wären die Voraussetzungen des Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 erfüllt; insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung mehrerer Finanzgerichte an (Niedersächsisches FG, Urteil vom 15. Dezember 2011  3 K 154/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1071, Rz 29; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Mai 2012  12 K 12134/11, juris, Rz 20; FG Köln, Urteil vom 30. Januar 2013  15 K 3230/11, EFG 2013, 795, Rz 24; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21. Juni 2017  5 K 179/16, juris, Rz 38). Denn die Kinder wohnen in dem anderen (vorrangigen) Mitgliedstaat Großbritannien. Zudem wird der (nachrangige) Leistungsanspruch in Deutschland durch den Wohnort ausgelöst.

30

Letzterem steht nicht entgegen, dass die Anspruchsberechtigung nicht auf § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern auf § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gestützt wird. Denn zum einen ersetzt die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG in nationalrechtlicher Hinsicht nur das Kriterium des Wohnsitzes, an dem sich die grundsätzliche Ausrichtung der Kindergeldberechtigung nach dem Territorialitätsprinzip widerspiegelt. Zum anderen unterscheidet auch das EU-Recht in Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 nur zwischen den vier Anknüpfungspunkten Beschäftigung, selbständige Erwerbstätigkeit, Rente und Wohnsitz. Da der Kläger in Deutschland keiner Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit nachging und er auch keine Rente bezog, kommt auch in unionsrechtlicher Hinsicht nur eine Zuordnung zur Anspruchsauslösung durch den Wohnort in Betracht.

31

e) Soweit das FG einen Anspruch auf Kindergeld in voller Höhe daraus ableiten will, dass die Familienkasse eine Verpflichtung zur Weiterleitung des Antrags an die für Familienleistungen zuständige Behörde in Großbritannien verletzt hat, wäre Folgendes zu beachten:

32

aa) Art. 68 Abs. 3 der VO Nr. 883/2004 enthält eine Bestimmung für den Fall, dass nach Art. 67 der VO Nr. 883/2004 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln des Art. 68 Abs. 1 und 2 der VO Nr. 883/2004 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt wird. Danach leitet der nachrangig zuständige Träger den Antrag unverzüglich an den vorrangig zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Art. 68 Abs. 2 der VO Nr. 883/2004 genannten Unterschiedsbetrag. Der zuständige Träger des vorrangigen Mitgliedstaats bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.

33

Näheres hinsichtlich des Verfahrens bei der Anwendung von Art. 68 der Grundverordnung enthält Art. 60 der Durchführungsverordnung. Danach werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt (Art. 60 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 987/2009). Der nach Art. 60 Abs. 1 der VO Nr. 987/2009 in Anspruch genommene Träger prüft den Antrag anhand der detaillierten Angaben des Antragstellers und berücksichtigt dabei die gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die familiäre Situation des Antragstellers ausmachen (Art. 60 Abs. 2 Satz 1 der VO Nr. 987/2009). Kommt dieser Träger zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften nach Art. 68 Abs. 1 und 2 der Grundverordnung prioritär anzuwenden sind, so zahlt er die Familienleistungen nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften (Art. 60 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 987/2009). Ist dieser Träger der Meinung, dass aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats ein Anspruch auf einen Unterschiedsbetrag nach Art. 68 Abs. 2 der Grundverordnung bestehen könnte, so übermittelt er den Antrag unverzüglich dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedstaats und informiert die betreffende Person; außerdem unterrichtet er den Träger des anderen Mitgliedstaats darüber, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden (Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der VO Nr. 987/2009).

34

bb) Aus der Gesamtschau dieser Regelungen ergibt sich, dass die in Art. 68 Abs. 3 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 bestimmte Verpflichtung des nachrangig zuständigen Trägers zur Weiterleitung des Antrags an den Träger des vorrangig zuständigen Mitgliedstaats auf den Fall ausgerichtet ist, dass der Anspruchsteller den Antrag nur beim nachrangig zuständigen Träger, nicht hingegen beim vorrangig zuständigen Träger gestellt hat. Hat der Anspruchsteller den Antrag beim nachrangig zuständigen Träger dagegen zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem er bereits einen Antrag beim vorrangig zuständigen Träger gestellt hat, bedarf es der Antragsweiterleitung weder im Hinblick darauf, dass dem vorrangig zuständigen Träger die Antragsbearbeitung ermöglicht wird, noch im Hinblick darauf, dass ein Antragseingang beim vorrangig zuständigen Träger und der Eingangszeitpunkt gemäß Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der VO Nr. 883/2004 fingiert werden. Denn der Zweck der Regelung über die Antragsweiterleitung durch den nachrangigen Träger besteht darin, den Antragsteller davor zu bewahren, dass ihm durch die Antragstellung bei der nur nachrangig zuständigen Stelle und durch die sich aus der Weiterleitung ergebende zeitliche Verzögerung des Antragseingangs bei der vorrangig zuständigen Behörde materielle Nachteile entstehen. Das Koordinierungsverfahren erfordert in dieser Konstellation vielmehr nur für den Fall eines möglichen Differenzanspruchs eine Mitteilung des vorrangig zuständigen Trägers an den nachrangigen Träger, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden (Art. 60 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 987/2009).

35

cc) Nichts anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang aus der vom FG herangezogenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH. Der EuGH hat zwar im Urteil Schwemmer vom 14. Oktober 2010 C-16/09 (EU:C:2010:605, Rz 52) entschieden, dass eine Kumulierung von Ansprüchen auf Familienleistungen nicht schon dann vorliegt, wenn derartige Leistungen in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind wohnt, geschuldet werden und zugleich in einem anderen Mitgliedstaat, in dem ein Elternteil dieses Kindes arbeitet, lediglich geschuldet werden können. Er begründete dies damit, dass Familienleistungen nur dann als nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschuldet gelten können, wenn das Recht dieses Staats dem Familienangehörigen, der dort arbeitet, einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen verleiht. Der Betroffene muss folglich alle in den internen Rechtsvorschriften dieses Staats aufgestellten --formellen und materiellen-- Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, zu denen gegebenenfalls auch die Voraussetzung gehören kann, dass ein Antrag auf Gewährung dieser Leistungen gestellt wird (EuGH-Urteil Schwemmer, EU:C:2010:605, Rz 53).

36

Zum einen betraf diese Entscheidung aber nicht den Fall, dass der Antragsteller in beiden Mitgliedstaaten einen Antrag auf Familienleistungen gestellt hat. Zum anderen erging diese Entscheidung noch zur Regelung des Art. 10 der VO (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Im zeitlichen Anwendungsbereich dieser Regelung galt aber noch nicht eine Regelung wie die des Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der VO Nr. 883/2004, die dazu führt, dass ohnehin bereits die Antragstellung in einem Mitgliedstaat die entsprechende formelle Anspruchsvoraussetzung im anderen Mitgliedstaat wahrt. Entsprechendes gilt für den Hinweis des BFH in den Urteilen vom 5. September 2013 XI R 52/10 (BFH/NV 2014, 33, Rz 43) und vom 18. Juli 2013 III R 51/09 (BFHE 242, 222, BStBl II 2016, 947, Rz 24). Soweit der EuGH im Urteil Trapkowski vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015:720, Rz 32) ebenfalls auf diese Aussage aus dem Urteil Schwemmer Bezug nimmt, betraf dies hingegen --wie sich aus dem Vorlagebeschluss des Senats vom 8. Mai 2014 III R 17/13 (BFHE 245, 522, BStBl II 2015, 329, Rz 1) ergibt-- nicht den Fall einer fehlenden formellen, sondern den Fall einer --in Form der Überschreitung der Einkommensgrenze-- fehlenden materiellen Voraussetzung des Anspruchs auf Familienleistungen.

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dd) Übertragen auf die Verhältnisse des Streitfalls bedeutet dies, dass die deutsche Familienkasse nicht zu einer Antragsweiterleitung an die Familienkasse in Großbritannien verpflichtet ist, wenn sie davon ausgehen kann, dass bereits ein Antrag auf Familienleistungen im vorrangig zuständigen Mitgliedstaat gestellt wurde. Hierfür könnten nach Aktenlage die entsprechenden Angaben des Klägers zum Vorliegen eines Verfahrens auf Gewährung von Familienleistungen in Großbritannien in den Kindergeldanträgen vom 25. August 2011 und 6. März 2012, das Schreiben der HM Revenue vom 5. Dezember 2012 und die Angaben des Klägers im Fragebogen vom 2. Mai 2013 sprechen.

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ee) Im Übrigen könnte sich der Senat auch nicht der Auffassung anschließen, dass die Verletzung einer Verfahrensvorschrift zur Begründung eines materiellen Anspruchs führen kann. Denn dies liefe auf die Anerkennung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hinaus, dessen Geltung der Senat für das Kindergeldrecht nach den §§ 62 ff. EStG in ständiger Rechtsprechung abgelehnt hat (Senatsurteil vom 9. Februar 2012 III R 68/10, BFHE 236, 421, BStBl II 2012, 686, Rz 14 f., m.w.N.).

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3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

1Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 oder durch Kindergeld nach Abschnitt X bewirkt.2Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie.3Im laufenden Kalenderjahr wird Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt.4Bewirkt der Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum die nach Satz 1 gebotene steuerliche Freistellung nicht vollständig und werden deshalb bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 vom Einkommen abgezogen, erhöht sich die unter Abzug dieser Freibeträge ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum; bei nicht zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch im Umfang des Kinderfreibetrags angesetzt.5Bei der Prüfung der Steuerfreistellung und der Hinzurechnung nach Satz 4 bleibt der Anspruch auf Kindergeld für Kalendermonate unberücksichtigt, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.6Satz 4 gilt entsprechend für mit dem Kindergeld vergleichbare Leistungen nach § 65.7Besteht nach ausländischem Recht Anspruch auf Leistungen für Kinder, wird dieser insoweit nicht berücksichtigt, als er das inländische Kindergeld übersteigt.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.