Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Okt. 2010 - V R 20/09

published on 15/10/2010 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Okt. 2010 - V R 20/09
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Gericht

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Tatbestand

1

I. Der Beklagte, Revisionskläger, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) legte gegen das der Klage überwiegend stattgebende Urteil des Finanzgerichts (FG) die vom FG zugelassene Revision ein, die beim Bundesfinanzhof (BFH) am 25. Juni 2009 einging.

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Bereits am 17. Juni 2009 hatte das FA für die Streitjahre Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 1993 bis 1997 erlassen, mit denen es dem Urteil des FG in vollem Umfang entsprach.

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Nach Ablauf der Revisionsfrist legte die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionsklägerin (Klägerin) am 7. Oktober 2010 Anschlussrevision ein, soweit das FG die Klage abgewiesen hatte.

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Das FA hat die Revision zurückgenommen, worauf die Klägerin die Anschlussrevision für erledigt erklärt hat.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Nach Rücknahme der Revision waren die Kosten des Revisionsverfahrens dem FA aufzuerlegen (§ 143 Abs. 1, § 136 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2. Die Kosten der Anschlussrevision hat die Klägerin zu tragen (§ 135 Abs. 2 FGO), da ihre Anschlussrevision mangels Zulässigkeit der Revision gleichfalls unzulässig war.

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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH-Beschlüsse vom 24. März 1988 V R 126/81, BFH/NV 1989, 33; vom 15. März 1994 IX R 6/91, BFHE 174, 4, BStBl II 1994, 599, m.w.N.) sowie des Bundesgerichtshofs --BGH-- (BGH-Beschluss vom 7. Februar 2007 XII ZB 175/06, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 2007, 631) sind einem Rechtsmittelführer grundsätzlich auch die Kosten eines zulässig erhobenen unselbständigen Anschlussrechtsmittels aufzuerlegen, wenn dieses seine Wirkung durch die Rücknahme der Berufung verliert. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die unselbständige Anschließung nur ein auch angriffsweise wirkender Antrag innerhalb des vom Rechtsmittelkläger eingelegten Rechtsmittels ist und, wenn die Anschließung durch die Zurücknahme des Rechtsmittels hinfällig wird, sich weder durch unmittelbare noch durch entsprechende Anwendung der Kostenvorschriften der Zivilprozessordnung begründen lässt, dass den Anschlusskläger die Kosten für seine durch eine Prozesshandlung des Rechtsmittelklägers ohne Sachentscheidung hinfällig gewordene Anschließung träfen. Anderes gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH sowie des BGH u.a. dann, wenn das Anschlussrechtsmittel von vornherein unzulässig war (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1989, 33, unter II.B.2.; BGH-Beschluss in FamRZ 2007, 631, unter II.2.a).

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a) Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1997 vom 17. Juni 2009, die gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind, und mit denen das FA die Umsatzsteuer entsprechend dem Urteil des FG festgesetzt hat.

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b) Die Revision des FA war daher bereits bei ihrer Einlegung am 25. Juni 2005 unzulässig, da für sie von Anfang an kein Rechtsschutzbedürfnis bestand (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Dezember 2004 XI R 80/03, BFH/NV 2005, 1572). Sie wäre durch Beschluss verworfen worden (§ 126 Abs. 1 FGO), wenn das FA die Revision nicht zurückgenommen hätte. Ist das Rechtsmittel --wie im Streitfall-- von vornherein mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, besteht auch für ein unselbständiges Anschlussrechtsmittel kein Rechtsschutzbedürfnis.

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c) Wie der BFH bereits durch Beschluss vom 10. März 1970 IV R 34/70 (BFHE 98, 461, BStBl II 1970, 457) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats in Zivilsachen des BGH vom 17. Dezember 1951 GSZ 2/51 (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 4 S. 229) entschieden hat, bestimmt der Rechtsmittelführer im Fall der Rechtsmittelrücknahme durch die in seinem alleinigen freien Belieben stehende Rücknahme seines Rechtsmittel zugleich frei über das prozessuale Schicksal der Anschließung, während im Fall der anfänglichen Unzulässigkeit des Hauptrechtsmittels die Anschließung von vornherein unzulässig und damit nicht als abhängig von dem eingelegten Hauptrechtsmittel anzusehen ist. Bei anfänglicher Unzulässigkeit des Hauptrechtsmittels ist daher die Belastung des Anschließenden mit den Kosten der Anschließung gerechtfertigt. Nur bei der Rücknahme eines zulässigen Rechtsmittels sind die durch die Anschließung erwachsenen Kosten in weiterem Sinne durch das Hauptrechtsmittel entstandene Kosten.

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d) Die Klägerin beruft sich für ihre Auffassung ohne Erfolg auf die einen anderen Sachverhalt und eine andere Rechtsfrage betreffende Entscheidung des BGH in FamRZ 2007, 631, die allein die Frage betrifft, ob ein rechtzeitig erhobenes, aber wegen verspäteter Begründung unzulässiges, als unselbständiges Rechtsmittel umgedeutetes Rechtsmittel hinsichtlich der Kosten wie von vornherein unzulässiges Anschlussrechtsmittel zu behandeln ist.

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3. Der Antrag der Klägerin auf Streitwertfestsetzung ist unzulässig, da hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muss für den Antrag ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen (vgl. Beschlüsse vom 17. November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287; vom 21. Januar 2003 VIII B 214/02, juris). Dieses fehlt in der Regel, wenn sich die Höhe des Streitwerts aus den Anträgen der Beteiligten eindeutig ermitteln lässt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 1980 IV R 235/75, BFHE 131, 288, BStBl II 1981, 38; vom 27. Januar 1994 VII S 36/93, BFH/NV 1994, 818; vom 23. Mai 2001 IV S 1/01, BFH/NV 2001, 1431). Dies trifft im Streitfall zu. Der Streitwert ergibt sich ohne Weiteres aus den Revisionsanträgen und der sich aus diesen im Vergleich zu den angefochtenen Steuerfestsetzungen ergebenden Steuerdifferenz.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs
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published on 07/02/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 175/06 vom 7. Februar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 516 Abs. 3, 524 Abs. 4 Der Berufungskläger hat nach Rücknahme seiner Berufung regelmäßig auch dann die Kosten e
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Annotations

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.