Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Apr. 2014 - V B 48/13

bei uns veröffentlicht am16.04.2014

Tatbestand

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I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Vorsteuern aus Gutschriften über Schrottlieferungen verschiedener Firmen in den Streitjahren (2006 bis 2008) abziehbar sind.

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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt einen Entsorgungsfachbetrieb. In diesem Zusammenhang kaufte sie von verschiedenen Firmen Schrotte an, die ihr von einem --nunmehr als Vermittler auftretenden-- ehemaligen Lieferanten angeboten wurden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) versagte den Vorsteuerabzug aus diesen Lieferungen, weil es davon ausging, dass die Lieferungen an die Klägerin tatsächlich von dem ehemaligen Lieferanten und nicht von den jeweiligen Unternehmen erfolgt seien, in deren Namen der frühere Lieferant auftrat. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Änderungsbescheide erhobene Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2006 auf und änderte den Umsatzsteuerbescheid 2007 dahingehend, dass weitere Vorsteuern zu berücksichtigen seien. Im Übrigen wies es die Klage wegen Umsatzsteuer 2007 und 2008 ab.

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Dagegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt und beantragt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, Divergenz und Verfahrensmängeln des FG zuzulassen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist zum Teil begründet.

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1. Die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als sie von der Klägerin wegen Umsatzsteuer 2007 und 2008 eingelegt worden ist.

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Die Zulassung der Revision wegen Umsatzsteuer 2007 und 2008 erfolgt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. z.B. Urteile vom 21. Juni 2012 C-80/11, 142/11, Mahagebén und Dávid, Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 591; vom 13. Februar 2014 C-18/13, Maks Pen EOOD, Mehrwertsteuerrecht 2014, 197) ist die aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig, ob der Leistungsempfänger --bei einem der Leistungsbeziehung zu Grunde liegenden Strohmannverhältnis-- zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, wenn er auf die Angaben des Lieferanten vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen.

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2. Die Beschwerde ist dagegen unzulässig, soweit sie die Umsatzsteuer 2006 betrifft.

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a) Die rechtskundig vertretene Klägerin hat ihre Nichtzulassungsbeschwerde auch wegen Umsatzsteuer 2006 eingelegt. Sie hat mit Schreiben vom 3. Mai 2013 unter Benennung des angefochtenen Urteils des FG und dem ausdrücklichen Hinweis auf alle Streitgegenstände dieses Urteils ("Umsatzsteuer 2006 bis 2008") beantragt, die Revision gegen dieses Urteil zuzulassen und damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sich ihr Rechtsmittel auf das gesamte Urteil bezieht. Angesichts dessen ist für eine abweichende Auslegung kein Raum. Insbesondere kann die von einem rechtskundigen Prozessbevollmächtigten stammende eindeutige Prozesserklärung nicht deshalb einschränkend ausgelegt oder umgedeutet werden, weil der Klage wegen Umsatzsteuer 2006 stattgegeben wurde. Denn es ist ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige mit ihren Prozesserklärungen beim Wort zu nehmen (vgl. z.B Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. November 2008 V B 114/08, BFH/NV 2009, 400, und vom 18. August 2009 VIII B 95/09, BFH/NV 2010, 217).

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b) Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist, dass der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29. August 2013 XI B 79/12, BFH/NV 2013, 1953, unter II.2.). Eine Beschwer der Klägerin liegt jedoch insoweit nicht vor, als das FG der Klage wegen Umsatzsteuer 2006 vollumfänglich stattgegeben hat.

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3. Liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nur zum Teil vor, kann die Revision auch nur teilweise zugelassen werden (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2006 V B 55/06, BFH/NV 2007, 985, m.w.N.).

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4. Von einer weiteren Begründung sowie der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 Alternative 1 FGO abgesehen.

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5. Soweit die Beschwerde unzulässig ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 2 FGO. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Revisionsverfahren vorbehalten.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.