Bundesfinanzhof Beschluss, 03. Aug. 2011 - V B 36/10

bei uns veröffentlicht am03.08.2011

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) für das Streitjahr 2005 ein höherer Vorsteuervergütungsanspruch festzusetzen ist.

2

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erwarb aufgrund eines Kaufvertrags vom 1. September 2001 von der M-GmbH drei Filmrechte zum Preis von 8 Mio. DM zuzüglich 7 % Umsatzsteuer (560.000 DM = 286.323,45 €), insgesamt 8,56 Mio. DM (= 4.376.658,50 €). Kurz zuvor, am 27. August 2001, trat die Ehefrau des Geschäftsführers sowohl der M-GmbH als auch der Klägerin aus einer ihr gegen die M-GmbH zustehenden Darlehensrückzahlungsforderung einen Teilbetrag in Höhe von 8 Mio. DM an die Klägerin ab. Die Klägerin rechnete mit dieser Forderung durch Aufrechnungserklärung vom 27. November 2001 in Höhe eines Betrags von 8 Mio. DM gegen die Kaufpreisforderung auf.

3

Aufgrund einer Änderungsvereinbarung vom 26. Juni 2002 zwischen der Klägerin und der M-GmbH wurde die Kaufpreisforderung wegen eines Wertverfalls der Filmrechte mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 auf einen Kaufpreis in Höhe von 2,5 Mio. DM zuzüglich 7 % Umsatzsteuer (175.000 DM = 89.476 €) ermäßigt.

4

Die Klägerin ging nach einer Außenprüfung davon aus, dass hierdurch Vorsteuer im Jahr 2002 zu berichtigen sei und ihr statt eines Vorsteuervergütungsanspruchs in Höhe von bisher 560.000 DM nur ein solcher in Höhe von 175.000 DM zustehe, mithin sie 385.000 DM (196.847 €) Umsatzsteuer für das Streitjahr an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) zurückzahlen müsse.

5

Am 2. November 2006 beantragte die Klägerin mit der Begründung, die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (UStG) lägen nicht vor, erfolglos die Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2002. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

6

In der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2005 erklärte die Klägerin eine "negative Umsatzsteuer" in Höhe von 196.847,35 €, da ihr nach der Herabsetzung der Kaufpreisforderung und der vollständigen Erfüllung der ursprünglich höheren Kaufpreisforderung ein Rückforderungsanspruch gegen die M-GmbH zugestanden habe, der wegen Insolvenz der M-GmbH im Jahr 2005 uneinbringlich geworden sei.

7

Das FA folgte dem nicht und setzte Umsatzsteuer ohne die begehrte Minderung fest. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

8

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, da Negativumsätze bei der Umsatzsteuer nicht zu berücksichtigen seien. Die Frage, ob die im Kalenderjahr 2002 gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG zu Lasten der Klägerin durchgeführte Vorsteuerkorrektur rechtmäßig sei, habe keinen Einfluss auf die Umsatzsteuerfestsetzung des Streitjahres.

9

Die Klägerin stützt die vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde sinngemäß sowohl auf das Vorliegen einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) als auch auf Verfahrensfehler des FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO und beantragt, die Revision zuzulassen.

10

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

12

1. Die Revision ist nicht wegen Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO zuzulassen.

13

a) Unabhängig davon, ob das FG --wie die Klägerin vorbringt-- in der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 18. September 2008 V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250; vom 2. September 2010 V R 34/09, BFHE 231, 321, BFH/NV 2011, 383; s. auch Senatsurteil vom 19. Juli 2007 V R 11/05, BFHE 219, 220, BStBl II 2007, 966) abgewichen ist, wäre diese Abweichung nicht entscheidungserheblich.

14

Denn weder die Herabsetzung des ursprünglichen Kaufpreises im Wege der Änderungsvereinbarung noch das Entstehen eines Rückforderungsanspruchs der Klägerin gegen die M-GmbH aufgrund eines "überzahlten Kaufpreises" (so die Auffassung der Klägerin) noch die "Rückgewähr des Entgelts" durch das Wiederaufleben der zur Aufrechnung gestellten Darlehensforderung und deren anschließende Uneinbringlichkeit (so die Auffassung des FA) haben materiell-rechtliche Auswirkungen auf die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 2005. Für die Zulassung der Revision wegen Divergenz muss das FG nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedoch in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine abweichende Rechtsauffassung vertreten als die Divergenzentscheidung (vgl. z.B. den Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 V B 160/08, BFH/NV 2010, 1876, unter 2.a).

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b) Hat die Klägerin das vereinbarte Entgelt im Zeitpunkt der Herabsetzung des Kaufpreises aufgrund der Vereinbarung vom 26. Juni 2002 noch nicht bezahlt, führt die Herabsetzung des vereinbarten Entgelts schon im Jahr der Herabsetzung des Kaufpreises bei der Klägerin als Leistungsempfängerin zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG im Umfang der Inanspruchnahme des zu hohen Vorsteuerabzuges. Eine Umsatzsteuerauswirkung für das Streitjahr 2005 scheidet daher aus. Insbesondere ist eine Herabsetzung der Umsatzsteuer auszuschließen, da sich die Vorsteuerberichtigung nicht zu Gunsten der Klägerin auswirkt.

16

c) Hat die Klägerin das vereinbarte Entgelt bereits entrichtet und hat die M-GmbH auch im Jahr 2005 den zivilrechtlichen Rückforderungsanspruch der Klägerin nicht erfüllt und ist weiter wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M-GmbH der Rückzahlungsanspruch der Klägerin uneinbringlich geworden, kommt eine Änderung zu Gunsten der Klägerin im Jahr 2005 nicht in Betracht. Denn vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, ändert sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 UStG nur, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (BFH-Urteile in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, Leitsatz; in BFHE 231, 321, BFH/NV 2011, 383, unter II.2.b). Weder hat das FG festgestellt noch hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass die M-GmbH im Streitjahr 2005 (die Entrichtung des vereinbarten Entgelts unterstellt) ganz oder teilweise das Entgelt, soweit es den herabgesetzten Kaufpreis überstieg, zurückbezahlt hat.

17

d) Selbst wenn der Auffassung des FA und des FG in dem die Umsatzsteuer 2002 betreffenden Urteil vom 20. Februar 2009  14 K 552/08 zu folgen wäre, wonach die Darlehensforderung, die die Klägerin gegen den Kaufpreisanspruch aufgerechnet hatte, aufgrund der Herabsetzung des Kaufpreises (im Jahr 2002) wiederauflebte, hätte dies umsatzsteuerrechtlich allenfalls zur Folge, dass die Vorsteuerberichtigung im Jahr 2002 unzulässig gewesen wäre. Deren Uneinbringlichkeit hätte im Streitjahr 2005 umsatzsteuerrechtlich jedoch keine Auswirkung.

18

2. Im Übrigen ist der Vortrag der Klägerin im Wesentlichen gegen die rechtliche und tatsächliche Würdigung des FG in Bezug auf die Umsatzsteuerfestsetzung des Kalenderjahres 2002 gerichtet, die nicht Gegenstand der Vorentscheidung ist. Das Vorbringen, dem FG seien materiell-rechtliche Fehler bei der Würdigung der Streitsache 14 K 552/08 unterlaufen, ist für das hier relevante Streitjahr 2005 nicht erheblich.

19

3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensrügen gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.

20

Die Rügen der Klägerin,

-      das FG habe das Gebot verletzt, ihr ausreichendes rechtliches Gehör zu gewähren,

-      eine Überraschungsentscheidung getroffen,

-      entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerin

missachtet,

-      keine faire Verhandlungsführung gewährleistet, insbesondere habe sie ihre Rechtsauffassung zu den Vorgängen des Kalenderjahres 2002 nicht umfassend genug darlegen und den Laienrichtern zu Gehör bringen können und

-      das Gericht habe einen unvollständigen Sachbericht vorgetragen,

21

werden nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt. Werden mit der Beschwerde Verfahrensfehler geltend gemacht, ist nach ständiger Rechtsprechung u.a. darzulegen, dass der behauptete Fehler ausgehend vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG, der für die Prüfung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, maßgeblich ist, entscheidungserheblich war (Senatsbeschluss vom 26. Mai 2010 V B 70/09, BFH/NV 2010, 1837). Ausführungen dazu fehlen.

22

4. Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 17 Änderung der Bemessungsgrundlage


(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzu

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Bundesfinanzhof Beschluss, 29. Juni 2010 - V B 160/08

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Gründe 1 Die Beschwerde ist unbegründet. 2 Nach § 115 Abs.

Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Mai 2010 - V B 70/09

bei uns veröffentlicht am 26.05.2010

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aus in Rechnung gestellten Kosten der Rechtsberatung und -vertretung in den Streitjahren 2001 b

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(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Dies gilt nicht, soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird. Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die Sätze 1 bis 4 gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und des § 13b sinngemäß. Bei Preisnachlässen und Preiserstattungen eines Unternehmers in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach Satz 1 nur vor, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann unterbleiben, soweit ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet; in diesem Fall ist der dritte Unternehmer Schuldner der Steuer. Die Berichtigungen nach den Sätzen 1 und 2 sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung nach Satz 4 ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der andere Unternehmer wirtschaftlich begünstigt wird.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn

1.
das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;
2.
für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;
3.
eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist;
4.
der Erwerber den Nachweis im Sinne des § 3d Satz 2 führt;
5.
Aufwendungen im Sinne des § 15 Abs. 1a getätigt werden.

(3) Ist Einfuhrumsatzsteuer, die als Vorsteuer abgezogen worden ist, herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden, so hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Absatz 1 Satz 8 gilt sinngemäß.

(4) Werden die Entgelte für unterschiedlich besteuerte Lieferungen oder sonstige Leistungen eines bestimmten Zeitabschnitts gemeinsam geändert (z.B. Jahresboni, Jahresrückvergütungen), so hat der Unternehmer dem Leistungsempfänger einen Beleg zu erteilen, aus dem zu ersehen ist, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

3

1. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) eine Entscheidung des BFH. Beide Zulassungsgründe setzen eine klärungsbedürftige und im Revisionsverfahren klärbare Rechtsfrage voraus (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. März 2010 X B 51/09, BFH/NV 2010, 1291). Hieran fehlt es im Streitfall. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage, ob bei einer gemeinnützigen Forschungseinrichtung die Eigenforschung eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit (oder eine Vorbereitungshandlung für spätere Einnahmen) begründet, ist weder klärungsbedürftig noch in einem Revisionsverfahren klärbar:

4

a) Durch die bereits vorliegende Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH ist geklärt, dass auch eine gemeinnützige Körperschaft einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich haben kann (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2008 XI B 171/07, BFH/NV 2008, 1215, m.w.N. aus der Rechtsprechung), wobei der unternehmerische Bereich die wirtschaftliche und die nichtwirtschaftliche Tätigkeit umfasst (EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009 C 515/07, VNLTO, Slg. 2009, I-00839, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2009, 421, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2009, 199 Rz 35). Dabei besteht die wirtschaftliche Tätigkeit in der entgeltlichen Lieferung oder Erbringung von Dienstleistungen (EuGH-Urteil VNLTO in Slg. 2009, I-00839, HFR 2009, 421, UR 2009, 199 Rz 34). Geht ein Steuerpflichtiger zugleich wirtschaftlichen Tätigkeiten und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten nach, ist ein Abzug der Vorsteuer für Aufwendungen nur insoweit zulässig, als diese der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) zuzurechnen sind (EuGH-Urteile vom 13. März 2008 C 437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597, HFR 2008, 526, Leitsatz sowie Rz 31, und in Slg. 2009, I-00839, HFR 2009, 421, UR 2009, 199 Rz 37). Daraus ergibt sich, dass die Eigenforschung dann der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen ist, wenn sie nicht auf die Leistung von Gegenständen oder Dienstleistungen gerichtet ist.

5

b) Die als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage wäre zudem im Revisionsverfahren nicht klärbar. Das FG hat sein Urteil damit begründet, dass der Kläger mit seiner Eigen- oder Grundlagenforschung eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt habe. Der Kläger habe in den Streitjahren …wissenschaftliche Forschung betrieben, indem er --ausweislich seiner Satzung-- Erkenntnisse über … gesammelt, erweitert und verbreitet habe. Damit habe der Kläger dazu beitragen wollen, die empirischen und theoretischen Grundlagen zu verbessern, die zur Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen im Bereich der …politik notwendig seien. In erster Linie seien dabei die Interessen des Bundes, aber auch der Länder und Gemeinden sowie der übrigen in diesem Bereich tätigen Institutionen und Organisationen berücksichtigt worden. Die hierfür gewährten Zuschüsse seien für die Grundlagenforschung des Klägers bestimmt gewesen, konkrete Projekte seien damit nicht gefördert worden. Dies und die umfangreichen, damit abgedeckten Ausgaben des Klägers zeigten, dass dieser in sehr erheblichem Maß auf dem Gebiet der Forschung tätig gewesen sei, ohne damit Entgelte im umsatzsteuerrechtlichen Sinne anzustreben, also einen umfangreichen nichtwirtschaftlichen Bereich unterhalten habe.

6

An diese --auf tatrichterlichem Gebiet liegende-- Würdigung des FG wäre der Senat in einem Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da der Kläger keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen hiergegen erhoben hat.

7

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) zuzulassen.

8

a) Soweit der Kläger seine Beschwerde damit begründet, die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage werde in der Finanzgerichtsbarkeit uneinheitlich beantwortet, liegt eine Divergenz nicht vor. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung erfordert, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestelltem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als insbesondere der BFH oder ein anderes FG (BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 2009 IX B 105/09, BFH/NV 2010, 443; vom 28. September 2009 IV B 99/08, BFH/NV 2010, 167). Der vorliegende Streitfall ist nicht mit den Sachverhalten vergleichbar, die den Urteilen des Schleswig-Holsteinischen FG vom 7. September 2006  4 K 223/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1867) und des Sächsischen FG vom 29. Januar 2002  6 K 1747/98 (nicht veröffentlicht) zugrunde lagen:

9

aa) Das Schleswig-Holsteinische FG hatte über die Aufteilung von Vorsteuern auf steuerpflichtige und steuerbefreite Umsätze nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes zu entscheiden. Es war zudem davon ausgegangen, dass die Steuerpflichtige keine Eingangsleistungen für den Bereich ihrer ideellen (nichtwirtschaftlichen) Tätigkeit bezogen hatte. Im Streitfall geht es nicht um die Aufteilung von Vorsteuern auf steuerpflichtige und steuerbefreite Umsätze, sondern um die Aufteilung von Vorsteuern einer gemeinnützigen Körperschaft, die wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausübt und für letztere Zuschüsse erhalten hat.

10

bb) Der vom Sächsischen FG entschiedene Fall betrifft keine gemeinnützige Körperschaft, sondern eine GmbH, die Fördermittel (Zuschüsse) erhielt. Dabei stand die durch Zuschüsse geförderte Tätigkeit in einem sachlichen Zusammenhang zur unternehmerischen Tätigkeit der GmbH, so dass sie deren Unternehmen zuzuordnen war. Im Streitfall war der Kläger in erheblichem Umfang auf dem Gebiet der Eigen- oder Grundlagenforschung tätig, ohne dass nach den bindenden Feststellungen des FG insoweit ein sachlicher Zusammenhang zur unternehmerischen Tätigkeit des Klägers (Auftragsforschung) bestand.

11

b) Mit der Behauptung, das Urteil des FG lasse mehrere Rechtsfragen offen und verstoße gegen die Systematik des Umsatzsteuerrechts nach der Richtlinie 77/388/EWG (Neutralitätsprinzip), wendet sich der Kläger letztlich gegen die seiner Ansicht nach fehlerhafte Tatsachenwürdigung und setzt seine eigene Rechtsauffassung an die Stelle des FG. Damit macht er eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das FG geltend und rügt mithin materiell-rechtliche Fehler, also die inhaltliche Unrichtigkeit des FG-Urteils, womit jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreicht werden kann (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2003 IX B 29/03, BFH/NV 2003, 1212, m.w.N.). Etwas anderes gilt zwar ausnahmsweise dann, wenn die Vorentscheidung an einem sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler leidet, d.h. offensichtlich materielle oder formelle Fehler im Sinne einer willkürlichen Entscheidung aufweist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. März 2006 V B 15/05, BFH/NV 2006, 1366; vom 16. Juni 2009 V B 131/08, BFH/NV 2009, 1678). Ein derartiger Fehler ist jedoch vom Kläger selbst nicht geltend gemacht worden und für den Senat nicht erkennbar.

12

3. Soweit der Kläger rügt, das FG habe die von ihm vorgetragene finanzgerichtliche Rechtsprechung in seinem Urteil nicht "gewürdigt", führt dies nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

13

a) Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verpflichtet das Gericht, Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Aus der Begründung seiner Entscheidung muss erkennbar werden, dass das Gericht dieser Verpflichtung, das wesentliche tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nachgekommen ist. Indes muss sich das Gericht nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falls deutlich ergibt, dass das Gericht wesentliche Ausführungen eines Beteiligten bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht berücksichtigt hat, ist das rechtliche Gehör verletzt (BFH-Beschlüsse vom 21. Mai 2010 V B 143/09; vom 16. Oktober 1996 VIII B 19/95, BFH/NV 1997, 489, m.w.N.).

14

b) Im Streitfall kann offen bleiben, ob ein Verfahrensfehler schon deswegen ausgeschlossen ist, weil sich der Grundsatz des rechtlichen Gehörs lediglich auf das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten, nicht aber auf deren Rechtsansichten bezieht. Denn die vom Kläger angeführten finanzgerichtlichen Entscheidungen betreffen --wie unter 2.a) näher ausgeführt wurde-- andere Sachverhalte, so dass deren Würdigung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit unterbleiben konnte.

(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Dies gilt nicht, soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird. Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die Sätze 1 bis 4 gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und des § 13b sinngemäß. Bei Preisnachlässen und Preiserstattungen eines Unternehmers in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach Satz 1 nur vor, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann unterbleiben, soweit ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet; in diesem Fall ist der dritte Unternehmer Schuldner der Steuer. Die Berichtigungen nach den Sätzen 1 und 2 sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung nach Satz 4 ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der andere Unternehmer wirtschaftlich begünstigt wird.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn

1.
das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;
2.
für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;
3.
eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist;
4.
der Erwerber den Nachweis im Sinne des § 3d Satz 2 führt;
5.
Aufwendungen im Sinne des § 15 Abs. 1a getätigt werden.

(3) Ist Einfuhrumsatzsteuer, die als Vorsteuer abgezogen worden ist, herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden, so hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Absatz 1 Satz 8 gilt sinngemäß.

(4) Werden die Entgelte für unterschiedlich besteuerte Lieferungen oder sonstige Leistungen eines bestimmten Zeitabschnitts gemeinsam geändert (z.B. Jahresboni, Jahresrückvergütungen), so hat der Unternehmer dem Leistungsempfänger einen Beleg zu erteilen, aus dem zu ersehen ist, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aus in Rechnung gestellten Kosten der Rechtsberatung und -vertretung in den Streitjahren 2001 bis 2003 der Vorsteuerabzug zusteht.

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Der Kläger ist Rechtsanwalt und Steuerberater. Zwischen 1998 und dem Streitjahr 2001 war er Partner (Mitgesellschafter) einer Anwalts- und Steuerberatungssozietät, aus der er im Jahr 2001 ausgeschlossen wurde.

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Der Kläger war nach seinem Ausschluss aus der Sozietät als Einzelanwalt tätig. Schließlich nahm er zusätzlich eine Stellung als Syndikusanwalt an.

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Er führte mehrere Rechtsstreite, aus denen ihm Rechtsberatungs- und Vertretungskosten entstanden. Zum einen klagte er wegen des Ausschlusses aus der Sozietät und wegen Schadensersatzes gegen den früheren Mitgesellschafter und diejenigen Personen, die als Gesellschafter der Sozietät auftraten. Zum anderen wurde er auf Rückzahlung eines angeblichen Darlehens verklagt. Hinzu kamen Kosten der Rechtsvertretung im Rahmen einer Honorarklage, die frühere Prozessbevollmächtigte gegen den Kläger betrieben.

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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte im Anschluss an eine Außenprüfung den Vorsteuerabzug aus den Rechtsberatungs- und Vertretungskosten, die der Kläger im Rahmen seiner einzelunternehmerischen Anwaltskanzlei geltend gemacht hatte. Es war der Auffassung, diese ständen fast ausschließlich im Zusammenhang mit dessen früherer Gesellschafterstellung und den Auseinandersetzungen anlässlich seines Ausschlusses.

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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Ein objektiver Zusammenhang der Rechtsstreitigkeiten wegen des Ausschlusses aus der Kanzlei und im Zusammenhang damit der Rückzahlung eines Darlehens mit der späteren einzelunternehmerischen Tätigkeit als Rechtsanwalt sei nicht erkennbar. U.a. habe der Kläger selbst im Schriftsatz vom 6. September 2007 vorgetragen, dass er durch eine Feststellungsklage versucht habe, "die weitere Existenz als Rechtsanwalt in der Kanzlei sichern zu können". Selbst wenn die Verfahren auch zum Teil seinem persönlichen (privaten) oder seinem beruflichen Rehabilitationsinteresse gedient haben sollten, wäre dies von weitaus untergeordneter Bedeutung und deshalb zu vernachlässigen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger vorgebrachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) liegen nicht vor, die Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

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1. Werden mit der Beschwerde Verfahrensfehler geltend gemacht, ist nach ständiger Rechtsprechung u.a. darzulegen, dass der behauptete Fehler ausgehend vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG, der für die Prüfung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, maßgeblich ist, überhaupt entscheidungserheblich war (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Juli 2002 IX R 28/98, BFHE 198, 403, BStBl II 2002, 714, unter II.1. der Gründe; Senatsbeschluss vom 6. November 2008 V B 126/07, BFH/NV 2009, 234; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 79).

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a) Der Kläger behauptet als Verfahrensfehler des FG, dass es

-      Beweismittel und Sachverhaltsvorbringen des Klägers nicht zutreffend gewürdigt und daher der Entscheidung einen unzutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt,

-      weder die schriftliche Erklärung des Rechtsanwalts S. noch ein Schaubild des Klägers, welche in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht worden seien, in der Sitzungsniederschrift erwähnt und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt,

-      eine Einsicht in die schriftliche Zusammenfassung des vorgetragenen wesentlichen Akteninhalts des Berichterstatters verweigert,

-      im Protokoll die Länge der mündlichen Verhandlung nicht kenntlich gemacht und

-      Akten aus den schwebenden zivilrechtlichen Verfahren nicht beigezogen

habe. Zudem soll das FG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) verstoßen haben, weil es nicht ermittelt habe, ob neben der Sozietät, an der der Kläger beteiligt gewesen sei, nach dessen Ausschluss eine zweite Sozietät bestanden habe.

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b) Ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist gegeben, wenn das FG seiner Überzeugungsbildung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde gelegt hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. August 2006 IX B 184/05, BFH/NV 2007, 70; vom 7. April 2005 IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354, m.w.N.). Dabei ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt und Vortrag in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (z.B. BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2007 X B 89/07, BFH/NV 2008, 599; vom 15. April 2008 IX B 159/07, BFH/NV 2008, 1341). Insoweit fehlt es jedoch schon an der Darlegung, inwieweit die nach Ansicht des Klägers erheblichen Akteninhalte oder Vorgänge bei Zugrundelegung des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG hätten entscheidungserheblich sein können.

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c) Soweit der Kläger sinngemäß rügt, das FG habe den Sachverhalt unzutreffend wiedergegeben, ist diese Rüge im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. Denn etwaige Unzulänglichkeiten oder Unrichtigkeiten im Tatbestand des FG-Urteils hätte der Kläger mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO beim FG geltend machen müssen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 2008 IX B 249/07, BFH/NV 2008, 1512; vom 21. Oktober 2005 IX B 164/05, BFH/NV 2006, 340, m.w.N.).

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d) Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt auch nicht deshalb vor, weil das FG den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht entsprechend den Vorstellungen des Klägers gewürdigt hat oder ihm die Würdigung fehlerhaft erscheint. Soweit sich der Kläger daher gegen die seiner Ansicht nach unzutreffende Würdigung des fehlenden Zusammenhangs der Rechtsstreitigkeiten mit seiner späteren Tätigkeit als Einzelanwalt wendet, rügt er allenfalls materiell-rechtliche Fehler, aber keinen Verfahrensverstoß (z.B. BFH-Beschluss vom 24. April 2007 VIII B 251/05, BFH/NV 2007, 1521, m.w.N.). Ein materiell-rechtlicher Fehler des FG rechtfertigt die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 27 und 45). Schwerwiegende Rechtsfehler, die ausnahmsweise zur Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führen könnten (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 68, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen), lassen sich der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht entnehmen.

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e) Soweit der Kläger rügt, das FG hätte den Rechtsstreit angesichts der schwebenden zivilrechtlichen Verfahren gemäß § 74 FGO aussetzen müssen, fehlt die Darlegung, warum diese Verfahren nach dem maßgeblichen Rechtsstandpunkt des FG vorgreiflich gewesen sein sollen und die Aussetzung des finanzgerichtlichen Verfahrens die einzig ermessensgerechte Entscheidung gewesen wäre (s. hierzu den Senatsbeschluss vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501).

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f) Hinsichtlich der Rüge, das FG habe den Vertagungsantrag rechtswidrig abgelehnt und dem Kläger hierdurch die weitere Gelegenheit zur Stellungnahme abgeschnitten, fehlt es an der Darlegung, was der Kläger --ausgehend von der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG-- noch Entscheidungserhebliches vorgebracht hätte. Darüber hinaus fehlen Ausführungen, dass und warum für diese Verfahrensfehler kein Rügeverzicht eingetreten ist. Denn ein Verfahrensfehler kann gemäß § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO nicht mehr im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gerügt werden, wenn dessen Verletzung in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht gerügt worden ist, obwohl er bekannt war oder bekannt sein musste. Zu dem in einer Beschwerdebegründung darzulegenden Inhalt gehören bei verzichtbaren Verfahrensverstößen deshalb auch Ausführungen, dass die Verletzung der Verfahrensvorschrift vom Beteiligten in der Vorinstanz rechtzeitig gerügt worden ist oder nicht gerügt werden konnte (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 49; vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 V B 154/08, BFH/NV 2009, 1597).

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g) Von einem Rügeverzicht geht die Rechtsprechung auch aus, wenn ein Beteiligter der Auffassung ist, der in der mündlichen Verhandlung gemäß § 92 Abs. 2 FGO vorgetragene Sachbericht sei unvollständig oder nicht zutreffend und er in der mündlichen Verhandlung die mögliche Richtigstellung des Sachverhalts unterlässt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31. Oktober 2003 IX B 97/03, BFH/NV 2004, 196). Dies schließt auch die Rüge aller weiteren darin möglicherweise liegenden Verfahrensfehler (mangelnde Sachaufklärung, Verstoß gegen das Gebot der Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens) im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aus (BFH-Beschluss vom 22. Mai 2006 X B 182/05, BFH/NV 2006, 1506). Die Beschwerdebegründung legt nicht dar, dass der Kläger vor dem FG --abgesehen von einer im Urteil konkret benannten und vom FG berichtigten Tatsache-- beantragt habe, den Sachbericht hinsichtlich weiterer konkreter Einzelheiten zu berichtigen oder warum ihm dies nicht möglich gewesen sei.

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h) Für die Behauptung des Klägers, das FG habe ihm mündlich zugesagt, er könne vor der Entscheidung nochmals schriftlich Stellung nehmen, dann aber entgegen der Zusage durch Verkündung entschieden, besteht weder nach der Niederschrift noch nach dem Urteil ein Anhaltspunkt. Aus der Niederschrift ergibt sich nur, dass der Vorsitzende die mündliche Verhandlung am 6. Mai 2009 mit dem Beschluss geschlossen hat, den Beteiligten werde eine Entscheidung zugestellt. Der Kläger muss gemäß § 165 ZPO i.V.m. § 94 FGO diesen Inhalt der Niederschrift als richtig und verbindlich gegen sich gelten lassen. Im Übrigen ist auf Seite 5 im Tatbestand des Urteils erwähnt, der Kläger habe den Antrag gestellt, nochmals umfassend zur Sache vortragen zu können, allerdings ohne eine Frist zur Stellungnahme zu beantragen. Davon abgesehen fehlt es auch hier am Vortrag, was der Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des FG noch Entscheidungserhebliches vorgebracht hätte.

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i) Ohne Erfolg rügt der Kläger, das FG habe den gesamten Inhalt der Sitzungsniederschrift am Ende der mündlichen Verhandlung nicht nochmals vorgelesen; denn das FG ist nicht verpflichtet, die gesamte Niederschrift am Sitzungsende nochmals zu verlesen oder eine Verzichtserklärung der Beteiligten hierzu einzuholen (vgl. § 162 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 94 FGO).

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j) Auch das Vorbringen des Klägers, der Berichterstatter (der Vorsitzende) beim FG habe ihm die Einsicht in seine schriftliche Grundlage für den vorgetragenen wesentlichen Akteninhalt nicht gewährt, führt nicht zur Zulassung der Revision. § 92 Abs. 2 FGO verpflichtet das FG nur zum Vortrag des wesentlichen Akteninhalts, gibt den Beteiligten aber kein Einsichtsrecht in das Manuskript des Sachvortrages. Für die Rüge eines Verstoßes gegen das Recht, die Prozessakten einzusehen (§ 78 Abs. 1 FGO), erläutert der Kläger nicht, welche entscheidungserheblichen Umstände --unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG (s. unter II.1.a)-- sich aus den betreffenden Akten möglicherweise hätten ergeben können, was er nach Akteneinsicht noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. zu diesen Begründungsanforderungen BFH-Beschlüsse vom 15. Juli 2005 I B 233/04, BFH/NV 2005, 2216; vom 13. März 2009 II B 84/08, BFH/NV 2009, 956).

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2. Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nicht in Betracht. Dies würde u.a. voraussetzen, dass die Rechtsfragen, die der Kläger für grundsätzlich bedeutend hält, im Revisionsverfahren klärbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28 ff.). Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt, der --weil insoweit die Verfahrensrügen des Klägers nicht durchgreifen-- den Senat bindet (§ 118 Abs. 2 FGO), ist das für die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen nicht der Fall. Denn das FG geht davon aus, dass die Leistungsbezüge, für die der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, nicht mit der späteren selbständigen Tätigkeit des Klägers als Einzelanwalt objektiv zusammenhängen und, soweit überhaupt ein Bezug zu der späteren Tätigkeit vorliegt, dieser völlig untergeordnet und deshalb unbeachtlich ist. Der Zusammenhang mit der Tätigkeit in der Sozietät reicht deswegen nicht aus, weil eine Personengesellschaft und deren Gesellschafter umsatzsteuerrechtlich ihre Unternehmerstellung jeweils eigenständig begründen müssen (Senatsurteil vom 6. September 2007 V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710). Ohne einen zumindest teilweisen, unmittelbaren objektiven Bezug zu einer unternehmerischen Tätigkeit des Klägers als Einzelunternehmer kommt ein Vorsteuerabzug durch ihn unter keinen denkbaren Umständen in Betracht. Schon deshalb scheidet auch eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen der vom Kläger vermissten Erörterung des "Zuordnungswahlrechts" im angefochtenen Urteil aus.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.