Bundesfinanzhof Urteil, 28. Feb. 2013 - III R 15/12

bei uns veröffentlicht am28.02.2013

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, entwickelt und produziert Teile für die Kfz-Industrie. Sie beschäftigt ca. 400 Mitarbeiter, mehr als 45 Mitarbeiter bildet sie aus. Die Ausbildung findet im … Ausbildungszentrum statt, einer öffentlich-rechtlichen Bildungseinrichtung. Die Klägerin schaffte im Februar 2007 u.a. eine CNC-Drehmaschine zum Preis von … € an. Sie stellte diese Maschine dem Ausbildungszentrum aufgrund eines "Leihvertrags" vom 8./12. Februar 2007 zur Verfügung. Als Gegenleistung bildete das Ausbildungszentrum in den Zeiträumen September 2007 bis August 2009 sowie September 2009 bis August 2010 jeweils zwei Mitarbeiter der Klägerin kostenfrei im Beruf "Maschinen- und Anlagenführer" aus.

2

Die Klägerin beantragte für das Jahr 2007 eine Investitionszulage nach § 2 Abs. 1 des Investitionszulagengesetzes 2007 (InvZulG 2007), u.a. für die Drehmaschine. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gewährte die Zulage insoweit nicht, weil die Maschine entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b InvZulG 2007 nicht in einer Betriebsstätte des Anspruchsberechtigten verblieben sei.

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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ offen, ob die Drehmaschine im Rahmen eines Erstinvestitionsvorhabens nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 InvZulG 2007 angeschafft worden sei. Sie sei jedenfalls nicht bei der Klägerin verblieben. Nach dem InvZulG 2007 genüge --anders als nach den Vorgängerregelungen-- nicht das Verbleiben in irgendeinem Betrieb oder in irgendeiner Betriebsstätte eines begünstigten Wirtschaftszweigs im Fördergebiet, vielmehr müsse es sich um einen Betrieb/eine Betriebsstätte des Anspruchsberechtigten handeln. Im Streitfall sei die Drehmaschine im Ausbildungszentrum verblieben.

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Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor, die Drehmaschine werde im Wesentlichen für sie selbst verwendet. Sie werde auf ihre Anweisung hin dafür eingesetzt, Teile für sie herzustellen. Für eine räumliche Zuordnung sei es nicht erforderlich, dass das geförderte Wirtschaftsgut tatsächlich Bestandteil einer Betriebsstätte des Anspruchsberechtigten sei bzw. im räumlich abgegrenzten Teil der Betriebsstätte verbleibe. Das Ausbildungszentrum habe nicht das Personal, die Drehmaschine zu programmieren und auf die Dauer für eine praxisgerechte Ausbildung zu bedienen. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. Mai 1986 III R 144/85 (BFHE 147, 195, BStBl II 1986, 919) gehe hervor, dass die Überlassung eines geförderten Wirtschaftsguts im Rahmen eines Dienstvertrags unschädlich sei. Das FG habe zu Unrecht die Grundsätze dieses Urteils nicht auf den Streitfall angewandt. Die Maschine werde regelmäßig von ihren --der Klägerin-- Mitarbeitern kontrolliert. Sie beschaffe die notwendigen Werkzeuge, Arbeits- und Messmittel. Auch betreue sie Garantie- und Reparaturfälle.

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Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Bescheid über die Investitionszulage für das Jahr 2007 vom 3. März 2009 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2010 dahingehend zu ändern, dass die Investitionszulage um … € erhöht wird.

6

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Investitionszulage für die CNC-Drehmaschine verneint.

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1. Voraussetzung für eine Förderung durch Investitionszulage nach dem InvZulG 2007 ist u.a., dass die abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens während des Bindungszeitraums von in der Regel fünf Jahren in einer Betriebsstätte eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistungen oder des Beherbergungsgewerbes des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet verbleiben (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b InvZulG 2007).

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2. Unter "Verbleiben in einer Betriebsstätte des Anspruchsberechtigten" ist eine dauerhafte zeitliche und räumliche Beziehung des Wirtschaftsguts zur Betriebsstätte des Investors zu verstehen. Die einem anderen Betrieb überlassenen Wirtschaftsgüter sind nur bei einer kurzfristigen Überlassung von bis zu drei Monaten weiterhin dem Betrieb bzw. der Betriebsstätte des Investors zuzurechnen, weil dieser nach kurzer Zeit wieder über die überlassenen Wirtschaftsgüter tatsächlich verfügen kann. Bei langfristiger Überlassung verbleiben die Wirtschaftsgüter dagegen in dem Betrieb bzw. der Betriebsstätte des Nutzungsberechtigten (Senatsurteile vom 23. Mai 1986 III R 66/85, BFHE 147, 193, BStBl II 1986, 916; vom 15. März 1991 III R 18/88, BFH/NV 1991, 626; vom 3. August 2000 III R 76/97, BFHE 194, 282, BStBl II 2001, 446; vom 7. März 2002 III R 44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545; vom 19. Februar 2004 III R 14/02, BFHE 204, 537, BStBl II 2004, 570; vom 30. Juni 2005 III R 47/03, BFHE 210, 538, BStBl II 2006, 78; ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. Mai 2008, BStBl I 2008, 590 Tz 66, sowie Heß/Martin, Investitionszulagengesetz, § 2 Rz 166). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Investor den Einsatz der überlassenen Wirtschaftsgüter z.B. durch bestimmte Weisungsmöglichkeiten, Zutritts- oder Kontrollbefugnisse beeinflussen kann (Senatsurteile in BFHE 194, 282, BStBl II 2001, 446, sowie in BFHE 210, 538, BStBl II 2006, 78).

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3. Im Streitfall hat die Klägerin die Drehmaschine dem Ausbildungszentrum auf Dauer und nicht nur kurzfristig zur Nutzung überlassen. Die Nutzungsüberlassung ist nach den vorstehenden Grundsätzen zulagenschädlich, trotz der von der Klägerin hervorgehobenen Zutritts- und Kontrollrechte sowie der anderweitigen Einwirkungsmöglichkeiten. Mit der langfristigen Nutzungsüberlassung eines PKW an einen Arbeitnehmer, die der Senat in dem zu § 4b InvZulG 1982 ergangenen Senatsurteil in BFHE 147, 195, BStBl II 1986, 919 als unschädlich angesehen hat, lässt sich die hier zu beurteilende Nutzungsüberlassung nicht vergleichen. Der einem Arbeitnehmer überlassene PKW wird in der Regel für die Fahrten zum Betrieb oder zur Betriebsstätte genutzt, wodurch die räumliche Beziehung des Fahrzeugs zum Betrieb bzw. zur Betriebsstätte zum Ausdruck kommt. Dagegen fehlt es im Streitfall an jeglichem räumlichen Bezug der Drehmaschine zur Betriebsstätte der Klägerin.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Investitionszulagengesetz 2007 - InvZulG 2007 | § 2 Begünstigte Investitionen


(1) Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, 1. die zu einem Erstinvestitionsvorhaben im Sinne des Absatzes 3 gehören,2. die mindestens fünf Jahre nach

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Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 15. März 2017 - 1 K 1151/14

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten darüber, ob im Zusammenhang mit dem Verkauf der Betriebsstätte die Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzunge

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(1) Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens,

1.
die zu einem Erstinvestitionsvorhaben im Sinne des Absatzes 3 gehören,
2.
die mindestens fünf Jahre nach Beendigung des Erstinvestitionsvorhabens (Bindungszeitraum)
a)
zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistungen oder des Beherbergungsgewerbes des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehören,
b)
in einer Betriebsstätte eines solchen Betriebs des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet verbleiben,
c)
in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 Prozent privat genutzt werden.
Nicht begünstigt sind Luftfahrzeuge, Personenkraftwagen und geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Wertes von 150 Euro der Wert von 410 Euro tritt. Satz 1 gilt nur, soweit in den sensiblen Sektoren, die in der Anlage 2 zu diesem Gesetz aufgeführt sind, die Förderfähigkeit nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen ist. Für nach dem 31. Dezember 2006 begonnene Erstinvestitionsvorhaben verringert sich der Bindungszeitraum auf drei Jahre, wenn die beweglichen Wirtschaftsgüter in einem begünstigten Betrieb verbleiben, der zusätzlich die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 S. 36) im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens erfüllt. Für den Anspruch auf Investitionszulage ist es unschädlich, wenn das bewegliche Wirtschaftsgut innerhalb des Bindungszeitraums
1.
a)
in das Anlagevermögen eines mit dem Anspruchsberechtigten verbundenen Unternehmens eines begünstigten Wirtschaftszweigs im Fördergebiet übergeht, oder
b)
in einem mit dem Anspruchsberechtigten verbundenen Unternehmen eines begünstigten Wirtschaftszweigs im Fördergebiet verbleibt
und
2.
dem geförderten Erstinvestitionsvorhaben eindeutig zugeordnet bleibt.
Ersetzt der Anspruchsberechtigte ein begünstigtes bewegliches Wirtschaftsgut wegen rascher technischer Veränderungen vor Ablauf des jeweils maßgebenden Bindungszeitraums durch ein neues abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut, ist Satz 1 Nr. 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die verbleibende Zeit des jeweils maßgebenden Bindungszeitraums das Ersatzwirtschaftsgut an die Stelle des begünstigten beweglichen Wirtschaftsguts tritt. Beträgt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des begünstigten beweglichen Wirtschaftsguts weniger als fünf oder in Fällen des Satzes 4 weniger als drei Jahre, tritt die zu Beginn des Bindungszeitraums verbleibende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer an die Stelle des Zeitraums von fünf oder drei Jahren. Als Privatnutzung im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe c gilt auch die Verwendung von Wirtschaftsgütern, die zu einer verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes führt. Betriebe der produktionsnahen Dienstleistungen sind die folgenden Betriebe:
1.
Betriebe der Datenverarbeitung und Datenbanken,
2.
Betriebe der Forschung und Entwicklung,
3.
Betriebe der Markt- und Meinungsforschung,
4.
Ingenieurbüros für bautechnische Gesamtplanung,
5.
Ingenieurbüros für technische Fachplanung,
6.
Büros für Industrie-Design,
7.
Betriebe der technischen, physikalischen und chemischen Untersuchung,
8.
Betriebe der Werbung und
9.
Betriebe des fotografischen Gewerbes.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes sind die folgenden Betriebe:
1.
Betriebe der Hotellerie,
2.
Jugendherbergen und Hütten,
3.
Campingplätze und
4.
Erholungs- und Ferienheime.
Hat ein Betrieb Betriebsstätten innerhalb und außerhalb des Fördergebiets, gelten für die Einordnung des Betriebs in das verarbeitende Gewerbe oder in die produktionsnahen Dienstleistungen oder in das Beherbergungsgewerbe alle Betriebsstätten im Fördergebiet als ein Betrieb.

(2) Begünstigte Investitionen sind auch die Anschaffung neuer Gebäude, Eigentumswohnungen, im Teileigentum stehender Räume und anderer Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind (Gebäude), bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung sowie die Herstellung neuer Gebäude, soweit die Gebäude zu einem Erstinvestitionsvorhaben im Sinne des Absatzes 3 gehören und mindestens fünf Jahre nach dem Abschluss des Investitionsvorhabens in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes, in einem Betrieb der produktionsnahen Dienstleistungen oder in einem Betrieb des Beherbergungsgewerbes im Sinne des Absatzes 1 verwendet werden. Im Fall der Anschaffung kann Satz 1 nur angewendet werden, wenn kein anderer Anspruchsberechtigter für das Gebäude Investitionszulage in Anspruch nimmt. Absatz 1 Satz 3, 4 und 11 gilt entsprechend.

(3) Erstinvestitionen sind die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern bei

1.
Errichtung einer neuen Betriebsstätte,
2.
Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte,
3.
Diversifizierung der Produktion einer Betriebsstätte in neue, zusätzliche Produkte,
4.
grundlegende Änderung des Gesamtproduktionsverfahrens einer bestehenden Betriebsstätte oder
5.
Übernahme eines Betriebs, der geschlossen worden ist oder geschlossen worden wäre, wenn der Betrieb nicht übernommen worden wäre und wenn die Übernahme durch einen unabhängigen Investor erfolgt.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.