Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezog zunächst Kindergeld für seine im Dezember 1985 geborene Tochter (T), die im Juli 2005 das Abitur ablegte. Ab September 2005 nahm sie bei der Ordensgemeinschaft … einen Dienst als sog. "Missionarin auf Zeit" in Kamerun auf. Dort arbeitete sie bis zum 31. August 2006 unentgeltlich in verschiedenen Einrichtungen (Kindergarten, Internat, Zentrum für außerschulische Aktivitäten, Gesundheitsstation). Sie erhielt freie Unterkunft und Verpflegung. Fahrt- und Flugkosten sowie Versicherungsbeiträge wurden vom Kläger oder von T getragen. Zum Wintersemester 2006/2007 nahm T ein Lehramtsstudium für die Fächer Englisch, Französisch und Theologie auf, das sie allerdings alsbald wieder aufgab. Zum 1. April 2007 begann sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin.

2

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes durch Bescheid vom 29. August 2005 ab August 2005 auf, da ein Dienst als Missionarin auf Zeit nicht als Berufsausbildung anerkannt werden könne.

3

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Urteil des Finanzgerichts --FG-- vom 26. November 2008  4 K 157/06, Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 598). Das FG führte zur Begründung aus, der Dienst als Missionarin auf Zeit sei keine Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der für die Jahre 2005 und 2006 geltenden Fassung (EStG), denn er habe nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf gedient. Die Förderung von Fremdsprachenkenntnissen reiche nicht aus. Der Freiwilligendienst habe auch nicht auf Praktika im Rahmen des späteren Studiums angerechnet werden können. Der Umstand, dass der Auslandsaufenthalt im hochschuleigenen Auswahlverfahren der Hochschule X berücksichtigt worden sei, genüge nicht. Ebenso wenig sei ausreichend, dass die Erfahrungen, die T während des Dienstes gemacht habe, (mit-)ursächlich für die spätere Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gewesen seien. Der Dienst in Kamerun könne auch nicht als freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) angesehen werden, da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 FSJG nicht erfüllt seien. Erst im April 2008 sei der Trägerverein in das Programm "weltwärts" der Bundesregierung aufgenommen worden. Eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 2 Buchst. d EStG sei nicht möglich.

4

Zur Begründung der Revision trägt der Kläger vor, T habe zur Berufsorientierung, zur Förderung ihrer sozialen Kompetenz in ihrem späteren Beruf und zur Verbesserung ihrer Französischkenntnisse ein freiwilliges soziales Jahr ableisten wollen. Sie habe damals vorgehabt, entweder Sozialpädagogik, Medizin oder für einen Lehrberuf zu studieren. Zumindest bei einer analogen Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG ergebe sich ein Anspruch auf Kindergeld.

5

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, den Aufhebungsbescheid vom 29. August 2005 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12. Mai 2006 aufzuheben.

6

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

7

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Familienkasse hat zu Recht die Festsetzung von Kindergeld ab August 2005 aufgehoben.

9

1. Nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird Kindergeld für ein Kind gewährt, das für einen Beruf ausgebildet wird.

10

a) Der Begriff der Berufsausbildung umfasst jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf. In Berufsausbildung befindet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet (Senatsurteil vom 24. Juni 2004 III R 3/03, BFHE 206, 413, BStBl II 2006, 294). Einzubeziehen sind alle Maßnahmen, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. April 2002 VIII R 58/01, BFHE 199, 111, BStBl II 2002, 523; vom 18. März 2009 III R 26/06, BFHE 225, 331, BStBl II 2010, 296; vom 26. August 2010 III R 88/08, BFH/NV 2011, 26). Maßgebend für die weite Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist die Erwägung, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern auch dann gemindert ist, wenn sich ihr Kind unabhängig von vorgeschriebenen Ausbildungsgängen in Ausbildung befindet und von ihnen unterhalten wird (Senatsurteil vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298).

11

b) Freiwilligendienste sind grundsätzlich keine Berufsausbildung. Sie dienen in der Regel nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl (BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 78/99, BFHE 203, 90, BStBl II 2003, 841, sowie in BFHE 206, 413, BStBl II 2006, 294). Auch der Gesetzgeber ging davon aus, dass die Ableistung eines Freiwilligendienstes grundsätzlich keine Berufsausbildung darstellt (vgl. BTDrucks IV/2138, S. 2).

12

c) Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) einen hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Freiwilligendienst und einem angestrebten Beruf verneint. Zutreffend hat es auch die mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Verbesserung von Sprachkenntnissen nicht für die Annahme einer Berufsausbildung genügen lassen. Der Aufenthalt war nicht von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt (vgl. BFH-Urteil vom 19. Februar 2002 VIII R 83/00, BFHE 198, 192, BStBl II 2002, 469; Senatsbeschluss vom 14. September 2009 III B 119/08, BFH/NV 2010, 34). Auch hat das FG zu Recht dem Umstand, dass der Freiwilligendienst im Auswahlverfahren der Hochschule als sonstige Leistung zugunsten von T gewertet wurde, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen.

13

2. Der von T geleistete Freiwilligendienst ist auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG begünstigt. Insbesondere liegt kein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des FSJG vor. Nach den Feststellungen des FG war die Organisation … im streitigen Zeitraum nicht als Trägerorganisation i.S. von § 5 Abs. 2 FSJG zugelassen (s. Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 III R 62/06, BFH/NV 2009, 747). Auch eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG scheidet aus, da die Vorschrift keine planwidrige Regelungslücke erkennen lässt (Senatsurteil vom 18. März 2009 III R 33/07, BFHE 224, 508, BStBl II 2009, 1010). Es ist verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten, das Existenzminimum eines Kindes, das einen Freiwilligendienst leistet, bei den Eltern von der Einkommensteuer freizustellen. Der Gesetzgeber fördert diese Dienste unter anderem durch die (Weiter-)Gewährung von Kindergeld (vgl. § 4 Nr. 4 FSJG, § 9 Nr. 3 des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten), um einen Anreiz für die Leistung solcher Dienste zu schaffen und die damit verbundenen Nachteile auszugleichen (vgl. BTDrucks 16/6519, S. 12). Es liegt im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, nur anerkannte, bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen genügende Dienste zu fördern.

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Bundesfinanzhof Urteil, 07. Apr. 2011 - III R 11/09 zitiert 7 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten


Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG

Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG | § 9 Förderung


Die Förderung des freiwilligen sozialen Jahres und des freiwilligen ökologischen Jahres richtet sich nach folgenden Rechtsnormen: 1. § 3 der Verordnung über Sonderurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst (Sonderurlaub),2. § 2 Abs. 1 Nr. 8

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog Kindergeld für ihre 1981 geborene Tochter, die im Januar 2007 ihr Hochschulstudium der Germanistik, Anglistik und Wirtschaftswissenschaften mit der Magisterprüfung abschloss. Die Tochter strebte eine Tätigkeit im Bereich Presse, Public Relations oder Marketing an und hatte bereits während ihres Studiums entsprechende Praktika absolviert.

2

Zum 15. Juni 2007 schloss sie einen auf ein Jahr befristeten Vertrag als Trainee im Bereich Marketing mit einem kleineren Verlag. Der Ausbildungsplan sah vier Monate in der Event- und Marketingabteilung, zwei Monate in der Anzeigenabteilung, je einen Monat in der Koordination und der Bildredaktion und je zwei Monate in der Redaktion und der Distribution vor. Die Jahresbruttovergütung belief sich auf 7.800 €. Vorgeschaltet war ein nicht vergütetes 14-tägiges Praktikum. Vom 1. Juli 2008 an sollte die Tochter unbefristet als Marketingassistentin für eine Jahresbruttovergütung von 21.600 € beschäftigt werden.

3

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2007 auf. Mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse im Januar 2007 seien die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab Februar 2007 entfallen. Die Tochter habe sich auch nicht in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befunden, da es sich bei ihrer Tätigkeit als Trainee nicht um eine Berufsausbildung handele. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) hob den Aufhebungsbescheid und die Einspruchsentscheidung mit Urteil vom 30. Oktober 2008, 4 K 4113/07 Kg (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 357) auf. Es führte aus, die Tochter der Klägerin habe sich als Trainee in Ausbildung befunden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ein wissenschaftliches Hochschulstudium nicht die erforderliche Qualifikation für das angestrebte Berufsziel "Assistent im Bereich Marketing und Public Relations im Pressewesen und Verlagswesen" vermittele, dass die Tochter alle den angestrebten Beruf berührenden Sachbereiche durchlaufen habe, dass eine theoretische und praktische Unterweisung durch fachkundiges Personal bei ihrer Mitarbeit an Projekten stattgefunden habe und ein Einstieg in den angestrebten Beruf mit einem auskömmlichen Gehalt eröffnet worden sei, während das Gehalt der Höhe nach einer Ausbildungsvergütung entsprochen habe. Die in der befristeten Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten würden unternehmensübergreifend als berufsqualifizierend anerkannt, was sich daran zeige, dass die Tochter anschließend eine Festanstellung bei einem anderen Unternehmen erhalten habe und ihre Vorgängerin in der Traineestelle sofort danach in die Marketing-Abteilung eines DAX30-Unternehmens gewechselt sei.

5

Die Familienkasse trägt zur Begründung ihrer Revision unter Hinweis auf die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) 63.3.2.2 Abs. 3 Satz 3 (BStBl I 2009, 1029, 1060) und die dazu ergangene Weisung des Bundeszentralamtes für Steuern im Newsletter aus Juli 2008 vor, bei der Stelle als Marketing-Trainee habe es sich um ein Arbeits- und nicht um ein Ausbildungsverhältnis gehandelt. Dies zeige insbesondere ein Vergleich mit dem Arbeitsvertrag über die unbefristete Anstellung ab dem 1. Juli 2008, denn die Verträge seien mit Ausnahme der Vereinbarung über die Vergütung und die Kündigungsfristen inhaltlich nahezu identisch. Dies begründe ein starkes Indiz für die Einschätzung des Trainee-Verhältnisses als verlängerte Probezeit. Der Ausbildungsplan habe auch keine theoretischen Unterweisungen vorgesehen. Das Niedersächsische FG gehe in seinem Urteil vom 21. April 1999 II 684/97 Ki (EFG 1999, 901) wie auch das Thüringer FG in seinem Urteil vom 5. September 2007 III 610/06 (EFG 2008, 631) davon aus, dass Trainee-Programme regelmäßig als Arbeitsverhältnis zu würdigen seien.

6

Die Familienkasse beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Die Entscheidung des FG, die Traineetätigkeit sei als Berufsausbildung zu werten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

10

a) Für ein über 18 Jahre altes Kind, das für einen Beruf ausgebildet wird, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG Anspruch auf Kindergeld. Das Kind darf zudem das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben; Kinder, die --wie die Tochter der Klägerin-- im Veranlagungszeitraum 2006 das 25. Lebensjahr vollendet haben, werden bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs berücksichtigt (§ 52 Abs. 40 Satz 4 EStG, jetzt Satz 7).

11

In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298, m.w.N.).

12

Eine Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird in der Regel mit einer Prüfung abgeschlossen. Die Berufsausbildung umfasst aber nicht nur Ausbildungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Mindestvoraussetzungen für die Ausübung des gewählten Berufs zu erfüllen, sondern auch solche, die geeignet sind, die berufliche Stellung des Kindes zu verbessern. Danach kann sich ein Kind auch dann noch in Berufsausbildung befinden, wenn es nach einer erfolgreich absolvierten Ausbildung in ernsthafter und nachhaltiger Weise zusätzliche Qualifikationen erwirbt, sofern diese als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Der BFH hat daher ein Studium nach einer Lehre, ein Zusatzstudium mit dem Ziel "Master of Laws (LLM)" nach bestandenem Staatsexamen (BFH-Urteil vom 14. November 2000 VI R 128/00, BFHE 193, 457, BStBl II 2001, 495), die Fortsetzung des Studiums nach bestandener Diplomprüfung als Maschinenbauingenieur (Senatsurteil vom 24. Februar 2010 III R 80/08, BFH/NV 2010, 1431), den Erwerb der ersten Musterberechtigung (sog. type rating) durch einen Verkehrsflugzeugführer (Senatsurteil vom 4. März 2010 III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264) und insbesondere auch die gegen geringe Entlohnung ausgeübte Volontärtätigkeit einer Wirtschaftsassistentin (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 50/98, BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706) als Ausbildung angesehen. Der Begriff der Ausbildung für einen Beruf i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist daher weiter als der Begriff der Berufsausbildung i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG; die dort bedeutsame Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 29. Aufl., § 10 Rz 122) ist für § 32 EStG nicht maßgeblich (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 16. März 2004 VIII R 65/03, BFH/NV 2004, 1522).

13

b) Ob es sich bei einer Tätigkeit als Volontärin, als Trainee oder als bezahlte Praktikantin um eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG oder um ein Arbeitsverhältnis handelt, hängt nicht von der Bezeichnung der Maßnahme ab. Entscheidend ist vielmehr, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen oder die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht (BFH-Urteile in BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706; vom 21. Januar 2010 III R 17/07, BFH/NV 2010, 1423, betr. Tätigkeit als Shampooneuse in einem Frisiersalon).

14

Das FG ist im Rahmen der Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der Aussage der als Zeugin vernommenen Tochter und der Stellungnahme der Ausbildungsleiterin des Verlages zu dem Ergebnis gelangt, dass die Traineetätigkeit nicht als ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis, sondern als Ausbildung zu beurteilen sei. Da die tatsächliche Würdigung des FG verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, bindet sie den BFH als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO, selbst wenn die Wertung des FG nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (z.B. Senatsurteil vom 19. November 2008 III R 105/07, BFHE 223, 365, BFH/NV 2009, 638, unter II.2.).

15

2. Der Anspruch auf Kindergeld besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG auch für die Monate Februar bis Mai 2007. Die Tochter befand sich zwischen ihrem Hochschulstudium und dem Beginn ihrer Tätigkeit als Marketing-Trainee in einer Übergangszeit i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG; die Vier-Monats-Frist ist nicht taggenau zu berechnen, sondern umfasst vier volle Kalendermonate (BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 105/01, BFHE 203, 102, BStBl II 2003, 847; vom 23. Februar 2006 III R 82/03, BFHE 212, 476, BStBl II 2008, 702).

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Die Förderung des freiwilligen sozialen Jahres und des freiwilligen ökologischen Jahres richtet sich nach folgenden Rechtsnormen:

1.
§ 3 der Verordnung über Sonderurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst (Sonderurlaub),
2.
§ 2 Abs. 1 Nr. 8 des Arbeitsgerichtsgesetzes (Zuständigkeit von Gerichten),
3.
§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b und d des Einkommensteuergesetzes (Berücksichtigung von Kindern),
4.
§ 265 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 des Gesetzes über den Lastenausgleich (Lastenausgleich),
5.
§ 27 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, § 344 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung),
6.
§ 20 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Gesamtsozialversicherungsbeitrag),
7.
§ 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b und c, § 82 Abs. 2 Satz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Unfallversicherung),
8.
§ 33b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe d, § 45 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe c des Bundesversorgungsgesetzes (Kinderzuschlag und Waisenrente bei Kriegsopferversorgung),
9.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b und d des Bundeskindergeldgesetzes (Kindergeld),
10.
§ 10 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Beschäftigungsort),
11.
§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 10 Abs. 2 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Krankenversicherung),
12.
§ 6 Absatz 1b Satz 5, § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b und c des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Rentenversicherung),
13.
§ 25 Abs. 2 Nr. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Pflegeversicherung),
14.
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe h der Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (Ermäßigungen im Straßenpersonenverkehr),
15.
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe h der Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Eisenbahnverkehr (Ermäßigungen im Eisenbahnverkehr),
16.
§ 14c des Gesetzes über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Anerkannte Kriegsdienstverweigerer).