Bundesfinanzhof Urteil, 19. Okt. 2010 - I R 109/09

bei uns veröffentlicht am19.10.2010

Tatbestand

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I. Die Beteiligten streiten über die Auslegung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1971/1992--. Streitjahr ist 2005.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist deutscher Staatsangehöriger und wohnte bis Ende Januar 2004 in Deutschland. Er war seit 1998 für die H-AG in der Schweiz nichtselbständig tätig. Am 27. Januar 2004 erwarb er eine Wohnung in A in der Schweiz, wohin er sich unter Aufgabe seines deutschen Wohnsitzes abmeldete. Sein Weg zur Arbeitsstätte verringerte sich durch den Umzug von 35 km (1 Stunde) Autofahrt auf 0,5 km Fußweg je einfache Strecke.

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Das Arbeitsverhältnis zur H-AG endete zum 30. November 2004. Im Dezember 2004 nahm der Kläger eine nichtselbständige Tätigkeit für die M-GmbH in Deutschland auf, und zwar in B. Die Anstellung bei der M-GmbH war zunächst bis zum 31. Dezember 2005 befristet, wurde aber später zum 30. November 2005 vorzeitig beendet. Während der Zeit der Beschäftigung bei der M-GmbH pendelte der Kläger arbeitstäglich von A nach B und zurück. Im Dezember 2005 war der Kläger arbeitslos; seit Januar 2006 war er erneut in der Schweiz nichtselbständig tätig.

4

Im Streitjahr erzielte der Kläger für seine Tätigkeit für die M-GmbH Bruttoeinnahmen in Höhe von 49.500 €. Davon wurden 2.227,50 € Lohnsteuer einbehalten; in der Lohnsteuerbescheinigung wurde auf die Abzugsteuer von 4,5 % gemäß Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 hingewiesen.

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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ging zunächst davon aus, dass der Kläger für das Streitjahr der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliege. Daraufhin beantragte der Kläger unter Hinweis auf § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) eine Veranlagung zur Einkommensteuer. Dem entsprechend veranlagte das FA ihn als unbeschränkt Steuerpflichtigen. Es rechnete die in der Schweiz gezahlte Steuer mit Ausnahme der Feuerwehrersatzabgabe in Höhe von 196,25 CHF auf die Einkommensteuer an. Die gegen den Einkommensteuerbescheid gerichtete Klage hatte Erfolg; das Finanzgericht (FG) hob den Bescheid ersatzlos auf (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 24. September 2009  3 K 3034/07, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 624).

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Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger für das Streitjahr nicht in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt werden darf.

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1. Der Kläger hatte nach den Feststellungen des FG, die nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen wurden und deshalb für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), im Streitjahr seinen alleinigen Wohnsitz und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz. Er war deshalb in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig und aus abkommensrechtlicher Sicht in der Schweiz ansässig (Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Zugleich war er sog. Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992, weshalb sein aus Deutschland stammender Arbeitslohn in der Schweiz besteuert werden durfte (Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf deshalb keiner näheren Erörterung. Dasselbe gilt insoweit, als der Kläger die in § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen genannten Voraussetzungen erfüllte und deshalb nach dieser Vorschrift der erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht unterlag und dass diese Steuerpflicht seine aus Deutschland stammenden Arbeitseinkünfte umfasste.

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2. Einer Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer steht jedoch für das Streitjahr Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 entgegen. Danach unterliegt ein in der Schweiz ansässiger Grenzgänger in Deutschland regelmäßig nur einer Quellenbesteuerung (Art. 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Schweiz 1971/1992). Die in Art. 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Schweiz 1971/1992 getroffene Regelung gilt zwar nur vorbehaltlich des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 (Art. 15a Abs. 1 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992). Die letztgenannte Vorschrift hebt jedoch unter den Gegebenheiten des Streitfalls die Wirkung des Art. 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Schweiz 1971/1992 nicht auf.

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a) Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 darf Deutschland unter bestimmten, in der Vorschrift näher bezeichneten Voraussetzungen eine in der Schweiz ansässige natürliche Person ungeachtet anderer Bestimmungen des Abkommens besteuern. Das gilt jedoch nicht, wenn die Person in der Schweiz ansässig geworden ist, um hier eine echte unselbständige Arbeit für einen Arbeitgeber auszuüben, an dem sie über das Arbeitsverhältnis hinaus weder unmittelbar noch mittelbar durch Beteiligung oder in anderer Weise wirtschaftlich wesentlich interessiert ist (Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992).

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b) Im Streitfall sind die in Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 genannten Voraussetzungen erfüllt.

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aa) Der Kläger ist nach den bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG im Jahr 2004 in die Schweiz gezogen. Er hat im Anschluss daran nichtselbständig für die H-AG gearbeitet, an der er nicht in der in Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 genannten Weise interessiert war. Sein Wegzug in die Schweiz war durch diese Arbeitstätigkeit veranlasst; das hat das FG ohne Rechtsfehler daraus geschlossen, dass sich die neue Wohnung des Klägers in geringer Entfernung zu seiner Arbeitsstätte befand und sein Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgeblich verkürzt wurde. Zudem sind private Gründe für den Umzug weder vom FG festgestellt noch vom FA geltend gemacht worden. Angesichts dessen ist der Kläger in die Schweiz verzogen, um i.S. von Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 dort eine Arbeit auszuüben.

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bb) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seine Tätigkeit für die H-AG nicht im Anschluss an den Umzug oder zumindest im zeitlichen Umfeld des Umzugs aufgenommen hat, sondern schon seit 1998 bei der H-AG beschäftigt war. Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 nicht sachgerecht ist.

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aaa) Das gilt zunächst im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift. Die dort verwendete Formulierung "um ... auszuüben" bringt zwar zum Ausdruck, dass der Umzug von der Absicht getragen sein muss, anschließend in der Schweiz tätig zu werden. Er besagt aber zumindest nicht zwingend, dass die Vorschrift nicht eingreift, wenn die Tätigkeit in der Schweiz schon vor dem Umzug begonnen hatte und im Anschluss an den Umzug fortgesetzt werden soll. Eine dahin gehende Einschränkung hätte indessen ohne Schwierigkeiten klar und eindeutig vereinbart werden können, indem z.B. statt des Wortes "auszuüben" der Begriff "aufzunehmen" verwendet worden wäre. Angesichts dessen weist der in dieser Hinsicht neutral gehaltene Abkommenstext eher darauf hin, dass es auf die zeitliche Abfolge von Arbeitsaufnahme und Wohnsitzwechsel nicht ankommen soll.

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bbb) Der Blick auf die Entstehungsgeschichte der Regelung führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Es gibt keine Verlautbarungen aus der Zeit der Abkommensverhandlungen, die darauf schließen lassen, dass die Vertragsstaaten bei der Schaffung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 nur den Wegzug zwecks künftiger Arbeitsaufnahme, nicht aber den Wegzug zwecks Fortsetzung einer bereits begonnenen Arbeitstätigkeit im Auge hatten. Im Einführungsschreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) zum DBA-Schweiz 1971 heißt es zwar, "Motiv für den Wohnsitzwechsel" müsse "die Absicht" gewesen sein, "eine ... Tätigkeit in der Schweiz auszuüben" (BMF-Schreiben vom 26. März 1975, BStBl I 1975, 479, Tz. 2.2.3.4, Satz 2). Diese Formulierung gibt jedoch zum einen nur eine einseitige Stellungnahme einer deutschen Behörde, nicht aber ein mit der Schweiz abgestimmtes Verständnis wieder; zum anderen beinhaltet sie erneut den in zeitlicher Hinsicht neutralen Ausdruck "auszuüben". Soweit die deutsche Finanzverwaltung in späteren Verlautbarungen (Grenzgänger-Handbuch, Fach A, Teil 4 Nr. 1) ohne weitere Begründung eine in diesem Punkt eingeschränkte Auslegung vorgenommen hat, wäre diese Sicht im gerichtlichen Verfahren selbst dann nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen verbindlich, wenn sie auf einer Verständigungsvereinbarung mit den zuständigen Schweizer Behörden beruhen sollte (vgl. dazu Senatsurteil vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387).

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ccc) Vor allem aber hat das FG zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom FA befürwortete eingeschränkte Auslegung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 zu nicht interessengerechten und wertungswidersprüchlichen Unterscheidungen führen würde. Der Zweck der Vorschrift liegt erkennbar darin, einen bestimmten Personenkreis deshalb von der "Wartepflicht" gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 zu befreien, weil bei ihm der Wegzug aus Deutschland auf anzuerkennenden wirtschaftlichen Gründen beruht und die Gefahr einer "Steuerflucht" nicht besteht (Senatsurteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387). Dieser Gedanke greift jedoch nicht nur dann durch, wenn der Umzug im Hinblick auf eine bevorstehende Arbeitsaufnahme erfolgt; er erfasst vielmehr erst recht die Situation, in der ein Arbeitnehmer nach Aufnahme einer Arbeit in der Schweiz zunächst seinen Wohnsitz in Deutschland beibehält und erst im weiteren Verlauf in die Schweiz verzieht. Hier ist der Bezug zwischen Umzug und Arbeitstätigkeit sogar eindeutiger und unmittelbarer als z.B. dann, wenn im Zeitpunkt des Umzugs die Aufnahme einer Tätigkeit in der Schweiz geplant ist, sich dieses Vorhaben aber später zerschlägt; da in jenem Fall Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 eingreift (Senatsurteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387), muss bei einem Umzug im Hinblick auf eine schon bestehende und in Zukunft fortzusetzende Arbeitstätigkeit erst recht dasselbe gelten (ebenso Walter, Internationale Wirtschaftsbriefe 2007, 661, 667).

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ddd) Zu einer abweichenden Beurteilung führt nicht der Vortrag des FA, dass Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 eine Ausnahme von der Regel des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 enthalte und deshalb eng auszulegen sei. In diesem Zusammenhang muss nicht der Frage nachgegangen werden, ob es einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts gibt, dass Ausnahmebestimmungen eng auszulegen sind. Jedenfalls müsste ein solcher hinter dem Gebot der widerspruchsfreien und am Gesetzeszweck orientierten Auslegung zurücktreten. Letzteres aber spricht im Streitfall für eine Anwendung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992.

19

Der Senat teilt in diesem Zusammenhang zudem nicht die Befürchtung des FA, dass die vom FG befürwortete Auslegung Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 von einer Ausnahmevorschrift zu einer "Massenvorschrift" umgestalte. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass ein aus beruflichen Gründen in die Schweiz verziehender Arbeitnehmer in aller Regel seine dortige Arbeitstätigkeit für längere Zeit fortsetzen wird und dass sich dann die Frage nach der Anwendung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 zumeist schon deshalb nicht stellen wird, weil der Arbeitnehmer nach deutschem Steuerrecht keine hier steuerpflichtigen Einkünfte erzielt. Im Streitfall tritt diese Frage nur deshalb auf, weil der Kläger alsbald nach seinem Umzug in die Schweiz eine Arbeitsstelle in Deutschland angenommen hat. Dass in dieser Situation Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 für einschlägig erachtet wird, lässt den Ausnahmecharakter dieser Norm unberührt.

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eee) Eine solche Handhabung widerspricht schließlich nicht der bisherigen Rechtsprechung zur Auslegung der Vorschrift. Das gilt zum einen in Hinblick auf das Senatsurteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387, in dem es darum ging, dass eine im Zeitpunkt des Wegzugs bestehende Absicht zur Arbeitsaufnahme in der Schweiz später nicht verwirklicht werden konnte. Der Senat hat dazu ausgeführt, dass das Bestehen jener Absicht für die Anwendung des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 genüge; mit der hier in Rede stehenden Problematik hat er sich nicht befasst. Ähnliches gilt in Bezug auf das Urteil vom 19. November 2003 I R 64/02 (BFH/NV 2004, 765), das einen aus persönlichen Gründen in die Schweiz verzogenen und weiterhin in Deutschland tätigen Arbeitnehmer betrifft, und das ebenfalls eine Tätigkeit in Deutschland betreffende Urteil des FG Baden-Württemberg vom 22. Januar 2008  11 K 245/05 (EFG 2008, 1360). In seinem Urteil vom 4. Dezember 2007  12 K 19/04 (EFG 2008, 592) hat das FG Baden-Württemberg zwar Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 für nicht anwendbar erachtet, wenn bereits Arbeitsverhältnisse in der Schweiz bestehen und dort lediglich ein weiteres Arbeitsverhältnis begründet wird; der dort beurteilte Sachverhalt war aber insoweit besonders gelagert, als der Arbeitnehmer sowohl vor als auch nach seinem Wegzug sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz tätig war. Soweit das Urteil auf dem Gedanken beruht, dass Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/1992 allgemein eine erstmalige Verlagerung der Einkunftsquelle in die Schweiz voraussetzt, folgt der Senat dem nicht.

21

c) Da hiernach Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 eine Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer hindert, hat das FG den angefochtenen Bescheid zu Recht aufgehoben. Dem steht der auf § 1 Abs. 3 EStG gestützte Antrag des Klägers auf Veranlagung nicht entgegen. Denn ein solcher Antrag kann nicht nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG widerrufen (Blümich/Ebling, § 1 EStG Rz 290; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 1 Rz 25), sondern auch hilfsweise für den Fall gestellt werden, dass das FA oder das FG nicht aus anderen Gründen zu einer für den Antragsteller günstigeren Entscheidung gelangt. Letzteres ist, wie das FG ohne Rechtsfehler angenommen hat und das FA nicht in Abrede stellt, im Streitfall geschehen. Der auf § 1 Abs. 3 EStG gestützte Antrag ist daher gegenstandslos, da der Kläger von jeglicher Veranlagung zur Einkommensteuer befreit ist.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Einkommensteuergesetz - EStG | § 1 Steuerpflicht


(1) 1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. 2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. an d

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(1) Eine natürliche Person, die in den letzten zehn Jahren vor dem Ende ihrer unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes als Deutscher insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und

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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 04. Dez. 2007 - 12 K 19/04

bei uns veröffentlicht am 04.12.2007

Tatbestand   1 Der Kläger war bis zu seinem Wegzug in die Schweiz zum 01. April 2001 in der Bundesrepublik Deutschland ansässig und hier auch unbeschränkt steuerpflichtig (danach Grenzgängereigenschaft, vgl. Ansässigkeitsbescheinigung für Grenzgä
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Bundesfinanzhof Urteil, 10. Jan. 2012 - I R 49/11

bei uns veröffentlicht am 10.01.2012

Tatbestand 1 I. Streitig ist eine inländische Steuerpflicht auf der Grundlage der sog. überdachenden Besteuerung gemäß Art. 4 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrep

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(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Eine natürliche Person, die in den letzten zehn Jahren vor dem Ende ihrer unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes als Deutscher insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und

1.
in einem ausländischen Gebiet ansässig ist, in dem sie mit ihrem Einkommen nur einer niedrigen Besteuerung unterliegt, oder in keinem ausländischen Gebiet ansässig ist und
2.
wesentliche wirtschaftliche Interessen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat,
ist bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Ende des Jahres, in dem ihre unbeschränkte Steuerpflicht geendet hat, über die beschränkte Steuerpflicht im Sinne des Einkommensteuergesetzes hinaus beschränkt einkommensteuerpflichtig mit allen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d des Einkommensteuergesetzes sind. Für Einkünfte der natürlichen Person, die weder durch deren ausländische Betriebsstätte noch durch deren in einem ausländischen Staat tätigen ständigen Vertreter erzielt werden, ist für die Anwendung dieser Vorschrift das Bestehen einer inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte der natürlichen Person anzunehmen, der solche Einkünfte zuzuordnen sind. Satz 1 findet nur Anwendung für Veranlagungszeiträume, in denen die hiernach insgesamt beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte mehr als 16 500 Euro betragen.

(2) Eine niedrige Besteuerung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 liegt vor, wenn

1.
die Belastung durch die in dem ausländischen Gebiet erhobene Einkommensteuer - nach dem Tarif unter Einbeziehung von tariflichen Freibeträgen - bei einer in diesem Gebiet ansässigen unverheirateten natürlichen Person, die ein steuerpflichtiges Einkommen von 77 000 Euro bezieht, um mehr als ein Drittel geringer ist als die Belastung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen natürlichen Person durch die deutsche Einkommensteuer unter sonst gleichen Bedingungen, es sei denn, die Person weist nach, daß die von ihrem Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern mindestens zwei Drittel der Einkommensteuer betragen, die sie bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes zu entrichten hätte, oder
2.
die Belastung der Person durch die in dem ausländischen Gebiet erhobene Einkommensteuer auf Grund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert sein kann, es sei denn, die Person weist nach, daß die von ihrem Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern mindestens zwei Drittel der Einkommensteuer betragen, die sie bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes zu entrichten hätte.

(3) Eine Person hat im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 wesentliche wirtschaftliche Interessen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn

1.
sie zu Beginn des Veranlagungszeitraums Unternehmer oder Mitunternehmer eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes belegenen Gewerbebetriebs ist oder, sofern sie Kommanditist ist, mehr als 25 Prozent der Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes aus der Gesellschaft auf sie entfallen oder ihr eine Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes an einer inländischen Kapitalgesellschaft gehört oder
2.
ihre Einkünfte, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d des Einkommensteuergesetzes sind, im Veranlagungszeitraum mehr als 30 Prozent ihrer sämtlichen Einkünfte betragen oder 62 000 Euro übersteigen oder
3.
zu Beginn des Veranlagungszeitraums ihr Vermögen, dessen Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d des Einkommensteuergesetzes wären, mehr als 30 Prozent ihres Gesamtvermögens beträgt oder 154 000 Euro übersteigt.

(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 3 sind bei einer Person Gewerbebetriebe, Beteiligungen, Einkünfte und Vermögen einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 5, an der die Person unter den dort genannten Voraussetzungen beteiligt ist, entsprechend ihrer Beteiligung zu berücksichtigen.

(5) Ist Absatz 1 anzuwenden, kommt der Steuersatz zur Anwendung, der sich für sämtliche Einkünfte der Person ergibt; für die Ermittlung des Steuersatzes bleiben Einkünfte aus Kapitalvermögen außer Betracht, die dem gesonderten Steuersatz nach § 32d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes unterliegen. Auf Einkünfte, die dem Steuerabzug auf Grund des § 50a des Einkommensteuergesetzes unterliegen, ist § 50 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden. § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes bleibt unberührt.

(6) Weist die Person nach, daß die auf Grund der Absätze 1 und 5 zusätzlich zu entrichtende Steuer insgesamt zu einer höheren inländischen Steuer führt, als sie sie bei unbeschränkter Steuerpflicht und Wohnsitz ausschließlich im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entrichten hätte, so wird der übersteigende Betrag insoweit nicht erhoben, als er die Steuer überschreitet, die sich ohne Anwendung der Absätze 1 und 5 ergäbe.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Tatbestand

 
Der Kläger war bis zu seinem Wegzug in die Schweiz zum 01. April 2001 in der Bundesrepublik Deutschland ansässig und hier auch unbeschränkt steuerpflichtig (danach Grenzgängereigenschaft, vgl. Ansässigkeitsbescheinigung für Grenzgänger Blatt 10, Allgemeine Akten, Int. Steuerrecht). Nach der Anlage betreffend Anlage N zur Einkommensteuererklärung für 2001 bezog der Kläger folgende Arbeitslöhne (Beträge in DM):
A-GmbH, -Z- (01.01. - 31.03.2001)
  23.166,-
A-GmbH, -Z- (01.04. - 31.12.2001)
  65.318,-
B-GmbH, -X-, Schweiz (01.04. - 31.12.2001)
  56.158,-
-C-, -Y-, Schweiz (01.01. - 31.03.2001)
  85.375,94
-C-, -Y-, Schweiz (01.04. - 31.12.2001)
229.103,74
Der Kläger ist nach den Ermittlungen des beklagten Finanzamts jedenfalls bei folgenden Unternehmen (ohne Schweiz; insoweit nachfolgend) Geschäftsführer:
A-GmbH, -Z-
F-GmbH, -S-
G-GmbH, -Z-
E-GmbH, -Z-
-H-, -U- (Ungarn)
-I-, -V- (Polen)
-J-, -Z- (Einzelprokura seit 03. Juni 1994)
-K-, -O- (Ungarn).
Bereits seit dem Jahr 1994 erzielt der Kläger Arbeitslohn aus der Schweiz und ist Geschäftsführer bei den folgenden schweizerischen Unternehmen:
A-AG (seit 01. Januar 1994)
-C- (seit 01. Januar 1994)
-M- (seit 01. Januar 1994)
P-GmbH (seit 01. Januar 1994)
-Q- (seit 01. Januar 1994)
R-GmbH (1995).
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 beantragte der Kläger als Grenzgänger u.a. die Steuerfreistellung der ab April 2001 aus Deutschland bezogenen Lohneinkünfte und die Nichtberücksichtigung der ab diesem Zeitpunkt bezogenen schweizerischen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts.
Im Einkommensteuerbescheid für 2001 - zuletzt vom 30. November 2007 - unterwarf der Beklagte, gestützt auf Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz, die aus Deutschland bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers voll der deutschen Besteuerung unter Anrechnung der zwischenzeitlich nachgewiesenen schweizerischen Steuer und berücksichtigte (auch) die ab April 2001 in der Schweiz bezogenen Einkünfte des Klägers im Rahmen des Progressionsvorbehalts.
Dagegen wenden sich die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage.
10 
Zur Begründung wird im Wesentlichen sinngemäß vorgetragen, dass nach Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz eine Besteuerung der aus Deutschland stammenden Einkünfte in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen sei, wenn die natürliche Person in der Schweiz ansässig geworden sei, um hier eine echte unselbständige Tätigkeit für einen Arbeitgeber auszuüben, an dem sie über das Arbeitsverhältnis hinaus weder unmittelbar noch mittelbar durch Beteiligung oder in anderer Weise wirtschaftlich wesentlich interessiert sei. Mit der Arbeitsaufnahme bei der Firma B-GmbH in der Schweiz sei dies erfolgt (vgl. Bescheinigung der T-AG, Blatt 258 der Finanzgerichtsakten). Unbeachtlich sei insoweit, dass der Kläger bereits zuvor bei verschiedenen schweizerischen Firmen tätig gewesen sei, da der Tatbestand nicht verlange, dass eine unselbständige Arbeit für einen Arbeitgeber neu ausgeübt werde. Ausreichend sei bereits die bloße Absicht der Arbeitsaufnahme; auch sei nicht erforderlich, dass die Absicht, in der Schweiz eine unselbständige Arbeit auszuüben, der alleinige Beweggrund für den Zuzug in die Schweiz sei, der überdies auch nicht vorrangiges Motiv für den Umzug sein müsse. Auch verkenne das beklagte Finanzamt, dass die Ursächlichkeit der Arbeitsaufnahme für den Wegzug in die Schweiz überhaupt nicht erforderlich sei und die mit der Arbeitsaufnahme bei der Firma B-GmbH erforderliche zusätzliche Tätigkeit in der Schweiz gerade für den berufsbedingten Wegzug in die Schweiz spreche.
11 
Schließlich verbiete die Regelung des Art. 4 Abs. 5 DBA-Schweiz die Anwendung des Progressionsvorbehalts auf Einkünfte, die der Steuerpflichtige nach dem Wegzug in die Schweiz erziele und die aufgrund des Abkommens steuerbefreit seien.
12 
Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für 2001 - zuletzt vom 30. November 2007 - dahingehend abzuändern, dass die ab 01. April 2001 in Deutschland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht der deutschen Besteuerung unterworfen werden und die ab 01. April 2001 in der Schweiz erzielten Einkünfte nicht dem Progressionsvorbehalts unterworfen werden.
13 
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
14 
Nicht nachgewiesen sei zum Einen die tatsächliche Aufnahme einer echten nichtselbständigen Tätigkeit in der Schweiz ab April 2001, da der angeforderte Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Firma B-GmbH bislang nicht vorgelegt worden sei. Schließlich fehle es an der Ursächlichkeit der Aufnahme einer echten nichtselbständigen Arbeit für den Wegzug, da der Kläger bereits zuvor für mehrere schweizerische Arbeitgeber nichtselbständig tätig gewesen sei.
15 
Schließlich ziele Art. 4 Abs. 5 DBA-Schweiz nur auf die sachliche Steuerpflicht der nach § 2 Abs. 7 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in die Bemessungsgrundlage einzubeziehenden Einkünfte ab. Demgegenüber regele § 32b Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 EStG, mit welchem Steuersatz die während der Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht erzielten Einkünfte besteuert würden. Dies zu bestimmen sei ausschließlich Sache des Ansässigkeitsstaates.
16 
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte sowie den vom Beklagten nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten ( 9 Bände Veranlagungsakten) entnommen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
17 
Die Akten aus dem Verfahren 12 K 172/01 wurden beigezogen.
18 
Aufgrund des unstreitigen Sachverhalts erschien es zweckmäßig, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a Abs. 1 FGO).

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Finanzamt hat die in Deutschland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von April bis Dezember 2001 zu Recht in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuerveranlagung einbezogen und auch die schweizerischen Einkünfte für diesen Zeitraum zutreffend dem Progressionsvorbehalt unterworfen.
20 
Nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz, der nach Art. 15a Abs. 1 Satz 4 DBA-Schweiz auch bei der Besteuerung von Grenzgängern anwendbar ist, darf unter bestimmten Voraussetzungen - die im vorliegenden Fall unstreitig vorliegen - eine von Deutschland in die Schweiz verzogene Person u.a. im Jahr des Wegzugs mit ihren aus der Bundesrepublik Deutschland stammenden Einkünften in Deutschland besteuert werden. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Wegzug in die Schweiz dem Ziel diente, in der Schweiz eine echte unselbständige Arbeit für einen „fremden“ Arbeitgeber aufzunehmen (Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz).
21 
Entgegen dem Vortrag der Klägerseite ist dieser Ausnahmefall nicht gegeben.
22 
Durch die Regelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz soll der Wegzug unattraktiv gestaltet werden. Neben Deutschland haben sich verschiedene Staaten ein ergänzendes Besteuerungsrecht für den Fall des Wohnsitzwechsels in die Schweiz vorbehalten. Hintergrund für die Regelung ist, dass eine Person, die im deutschen Inland nachhaltig persönlich verwurzelt war, zwar mit dem Wegzug in die Schweiz für das Steuerrecht zum Steuerausländer wird, aber nicht sogleich auch für die im Abkommen vorgesehene Entlastung von der deutschen Quellenbesteuerung jeder anderen in der Schweiz ansässigen Person gleichgestellt werden kann. Sie soll zunächst eine Frist der persönlichen Eingliederung in die Rechts- und Wirtschaftsordnung der Schweiz zurückgelegt haben, bevor die Abkommensvorteile gegen die deutsche Besteuerung zuerkannt werden (vgl. Hamminger in Debatin/Wassermeyer, Kommentar zu allen Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 4 DBA-Schweiz, Rz 128 m.w.N.). Eine Ausnahmeregelung enthält Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz, wenn der Wegzug erfolgte, um eine echte unselbständige Arbeit für einen „fremden“ Arbeitgeber auszuüben. Da es sich insoweit um eine Ausnahmeregelung zu der Grundsatzregelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz handelt, ist sie als solche restriktiv auszulegen, um Sinn und Zweck des Grundsatzes gerecht zu werden. Grundsätzlich sollen danach Einkünfte aus deutschen Quellen aufgrund der bestehenden Verwurzelung für einen Übergangszeitraum nach wie vor der deutschen Besteuerung unterliegen. Diese Verwurzelung endet, wenn die Existenzgrundlage in Form des Arbeitseinkommens durch einen Umzug in die Schweiz quasi in die Schweiz transferiert wird, die persönliche Verwurzelung in Deutschland damit aufhört zu bestehen, und die intendierte Arbeitsaufnahme kausal für den Wegzug ist. Hiervon ist jedoch wie im Fall der Kläger dann nicht auszugehen, wenn bereits seit mehreren Jahren die Vermögensinteressen peu à peu verlagert werden, seit mehreren Jahren Arbeitsverhältnisse in der Schweiz bestehen und ein bereits mehrjähriger Verlagerungsprozess letztendlich abgeschlossen wird. Hierfür spricht auch der Wortlaut der Regelung „um ... zu“, der nahelegt, dass eine erstmalige Arbeitsaufnahme in der Schweiz intendiert sein muss und deshalb der Wohnsitz gewechselt wird. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Einkünfte des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis mit der B-GmbH im Jahr 2001 im Verhältnis zu den Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis mit der -C-, das bereits seit 1994 besteht, lediglich rund ein ¼ betragen, was wiederum die Auslegung nahe legt, dass ein Wegzug im Zusammenhang mit einem weiteren Arbeitsverhältnis nicht den Begünstigungstatbestand des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz begründen kann. Schließlich spricht auch die Grenzgängereigenschaft des Klägers gegen die Anwendbarkeit von Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz, wodurch die weiter bestehende Verwurzelung mit der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert wird (vgl. insoweit auch Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Kommentar zum Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz, Art. 4, Rz 131).
23 
Schließlich verstößt die Regelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz weder gegen Art. 11 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 43 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG-Vertrag - (vgl. insoweit Dr. Michaela Walter „Die überdachende Besteuerung des Art. 4 DBA-Schweiz bei Wohnsitzwechsel von Deutschland in die Schweiz“, Internationale Wirtschaftsbriefe - IWB - Nr. 12 vom 27. Juni 2007, Fach 5 Schweiz Gr. 2, S. 633). Bezüglich Art. 11 fehlt es bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich. Geschützt wird lediglich der Wechsel des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes innerhalb des gesamten Bundesgebietes, der jedoch durch eine zusätzliche Steuerlast bei einem Wegzug ins Ausland nicht tangiert wird (vgl. insoweit auch Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 8. Auflage, Art. 11, Rz 4). Ebenso wenig wird im Übrigen Art. 2 GG verletzt, da durch die Besteuerung der deutschen Einkünfte für eine Übergangszeit das Recht, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, jedenfalls nicht eingeschränkt wird (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 2, Rz 112).
24 
Auch verstößt Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz nicht gegen die europarechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit.  Unabhängig davon, dass im Verhältnis zur Schweiz als Drittstaat eine Überprüfung nationalstaatlicher Rechtsnormen anhand des EG-Vertrages ausgeschlossen ist, ist in der Regelung kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gegeben, da durch die (verhältnismäßige) Anrechnung der schweizerischen Steuer keine Diskriminierung im Verhältnis zu Inländern stattfindet. Nichts anders ergibt sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. März 2004 C-9/02, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2004, 551. Danach ist es „einem Mitgliedstaat verwehrt, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung einzuführen, wonach latente - also noch nicht realisierte - Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt“. Durch die Regelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz kommt es jedoch zu keiner Besteuerung latenter Wertsteigerungen, sondern es werden lediglich für eine Übergangszeit die Einkünfte aus inländischen Vermögensquellen unter Anrechnung der schweizerischen Steuer der deutschen Besteuerung unterworfen. Insoweit findet keine Benachteiligung gegenüber denjenigen Personen statt, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland behalten.
25 
Nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG sind, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht während des Veranlagungszeitraums beginnt oder endet, die in dem betreffenden Veranlagungszeitraum erzielten und nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden ausländischen Einkünfte bei der Bemessung des anzuwendenden besonderen Steuersatzes (§ 32b Abs. 2 EStG) zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt). Dies gilt unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige außerhalb der Zeit seiner unbeschränkten Steuerpflicht beschränkt steuerpflichtige Einkünfte (§ 49 EStG) erzielt hat oder nicht. Kann sich der Steuerpflichtige auf ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) berufen, so setzt die Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts nicht voraus, dass das DBA sie positiv erlaubt; sie ist vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn ein einschlägiges DBA sie verbietet (BFH-Urteil vom 15. Mai 2002 I R 40/01, Bundessteuerblatt - BStBl II - 2002, 660). Entgegen der Ansicht der Klägerseite enthält Art. 4 Abs. 5 DBA-Schweiz kein entsprechendes Verbot. Diese Regelung zielt nur auf die sachliche Steuerpflicht der nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG in die Bemessungsgrundlage einzubeziehenden Einkünfte. Bei der Anwendung des § 32b Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 EStG geht es demgegenüber darum, mit welchem Steuersatz die während der Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht (hier Januar bis März 2001) erzielten Einkünfte besteuert werden. Dies zu bestimmen ist ausschließlich Sache des Ansässigkeitsstaates (s.a. Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, a.a.O., Art. 4, Rz 143.2).
26 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da zur Anwendbarkeit des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz in der vorliegenden Fallkonstellation bislang noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO bzw. § 137 Satz 1 FGO, da das beklagte Finanzamt unter Berücksichtigung der ergangenen Änderungsbescheide (volle Einbeziehung der Einkünfte aus der -C- Januar bis März 2001 in Höhe von DM 85.375,- in den Progressionsvorbehalt) nur zu einem geringen Teil unterlegen ist bzw. die Unterlagen zur Anrechnung der schweizerischen Steuer trotz mehrfacher Aufforderung erst im laufenden Prozess vorgelegt worden sind.

Gründe

 
19 
Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Finanzamt hat die in Deutschland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von April bis Dezember 2001 zu Recht in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuerveranlagung einbezogen und auch die schweizerischen Einkünfte für diesen Zeitraum zutreffend dem Progressionsvorbehalt unterworfen.
20 
Nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz, der nach Art. 15a Abs. 1 Satz 4 DBA-Schweiz auch bei der Besteuerung von Grenzgängern anwendbar ist, darf unter bestimmten Voraussetzungen - die im vorliegenden Fall unstreitig vorliegen - eine von Deutschland in die Schweiz verzogene Person u.a. im Jahr des Wegzugs mit ihren aus der Bundesrepublik Deutschland stammenden Einkünften in Deutschland besteuert werden. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Wegzug in die Schweiz dem Ziel diente, in der Schweiz eine echte unselbständige Arbeit für einen „fremden“ Arbeitgeber aufzunehmen (Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz).
21 
Entgegen dem Vortrag der Klägerseite ist dieser Ausnahmefall nicht gegeben.
22 
Durch die Regelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz soll der Wegzug unattraktiv gestaltet werden. Neben Deutschland haben sich verschiedene Staaten ein ergänzendes Besteuerungsrecht für den Fall des Wohnsitzwechsels in die Schweiz vorbehalten. Hintergrund für die Regelung ist, dass eine Person, die im deutschen Inland nachhaltig persönlich verwurzelt war, zwar mit dem Wegzug in die Schweiz für das Steuerrecht zum Steuerausländer wird, aber nicht sogleich auch für die im Abkommen vorgesehene Entlastung von der deutschen Quellenbesteuerung jeder anderen in der Schweiz ansässigen Person gleichgestellt werden kann. Sie soll zunächst eine Frist der persönlichen Eingliederung in die Rechts- und Wirtschaftsordnung der Schweiz zurückgelegt haben, bevor die Abkommensvorteile gegen die deutsche Besteuerung zuerkannt werden (vgl. Hamminger in Debatin/Wassermeyer, Kommentar zu allen Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 4 DBA-Schweiz, Rz 128 m.w.N.). Eine Ausnahmeregelung enthält Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz, wenn der Wegzug erfolgte, um eine echte unselbständige Arbeit für einen „fremden“ Arbeitgeber auszuüben. Da es sich insoweit um eine Ausnahmeregelung zu der Grundsatzregelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz handelt, ist sie als solche restriktiv auszulegen, um Sinn und Zweck des Grundsatzes gerecht zu werden. Grundsätzlich sollen danach Einkünfte aus deutschen Quellen aufgrund der bestehenden Verwurzelung für einen Übergangszeitraum nach wie vor der deutschen Besteuerung unterliegen. Diese Verwurzelung endet, wenn die Existenzgrundlage in Form des Arbeitseinkommens durch einen Umzug in die Schweiz quasi in die Schweiz transferiert wird, die persönliche Verwurzelung in Deutschland damit aufhört zu bestehen, und die intendierte Arbeitsaufnahme kausal für den Wegzug ist. Hiervon ist jedoch wie im Fall der Kläger dann nicht auszugehen, wenn bereits seit mehreren Jahren die Vermögensinteressen peu à peu verlagert werden, seit mehreren Jahren Arbeitsverhältnisse in der Schweiz bestehen und ein bereits mehrjähriger Verlagerungsprozess letztendlich abgeschlossen wird. Hierfür spricht auch der Wortlaut der Regelung „um ... zu“, der nahelegt, dass eine erstmalige Arbeitsaufnahme in der Schweiz intendiert sein muss und deshalb der Wohnsitz gewechselt wird. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Einkünfte des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis mit der B-GmbH im Jahr 2001 im Verhältnis zu den Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis mit der -C-, das bereits seit 1994 besteht, lediglich rund ein ¼ betragen, was wiederum die Auslegung nahe legt, dass ein Wegzug im Zusammenhang mit einem weiteren Arbeitsverhältnis nicht den Begünstigungstatbestand des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz begründen kann. Schließlich spricht auch die Grenzgängereigenschaft des Klägers gegen die Anwendbarkeit von Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz, wodurch die weiter bestehende Verwurzelung mit der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert wird (vgl. insoweit auch Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Kommentar zum Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz, Art. 4, Rz 131).
23 
Schließlich verstößt die Regelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz weder gegen Art. 11 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 43 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG-Vertrag - (vgl. insoweit Dr. Michaela Walter „Die überdachende Besteuerung des Art. 4 DBA-Schweiz bei Wohnsitzwechsel von Deutschland in die Schweiz“, Internationale Wirtschaftsbriefe - IWB - Nr. 12 vom 27. Juni 2007, Fach 5 Schweiz Gr. 2, S. 633). Bezüglich Art. 11 fehlt es bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich. Geschützt wird lediglich der Wechsel des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes innerhalb des gesamten Bundesgebietes, der jedoch durch eine zusätzliche Steuerlast bei einem Wegzug ins Ausland nicht tangiert wird (vgl. insoweit auch Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 8. Auflage, Art. 11, Rz 4). Ebenso wenig wird im Übrigen Art. 2 GG verletzt, da durch die Besteuerung der deutschen Einkünfte für eine Übergangszeit das Recht, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, jedenfalls nicht eingeschränkt wird (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 2, Rz 112).
24 
Auch verstößt Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz nicht gegen die europarechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit.  Unabhängig davon, dass im Verhältnis zur Schweiz als Drittstaat eine Überprüfung nationalstaatlicher Rechtsnormen anhand des EG-Vertrages ausgeschlossen ist, ist in der Regelung kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gegeben, da durch die (verhältnismäßige) Anrechnung der schweizerischen Steuer keine Diskriminierung im Verhältnis zu Inländern stattfindet. Nichts anders ergibt sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. März 2004 C-9/02, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2004, 551. Danach ist es „einem Mitgliedstaat verwehrt, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung einzuführen, wonach latente - also noch nicht realisierte - Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt“. Durch die Regelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz kommt es jedoch zu keiner Besteuerung latenter Wertsteigerungen, sondern es werden lediglich für eine Übergangszeit die Einkünfte aus inländischen Vermögensquellen unter Anrechnung der schweizerischen Steuer der deutschen Besteuerung unterworfen. Insoweit findet keine Benachteiligung gegenüber denjenigen Personen statt, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland behalten.
25 
Nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG sind, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht während des Veranlagungszeitraums beginnt oder endet, die in dem betreffenden Veranlagungszeitraum erzielten und nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden ausländischen Einkünfte bei der Bemessung des anzuwendenden besonderen Steuersatzes (§ 32b Abs. 2 EStG) zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt). Dies gilt unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige außerhalb der Zeit seiner unbeschränkten Steuerpflicht beschränkt steuerpflichtige Einkünfte (§ 49 EStG) erzielt hat oder nicht. Kann sich der Steuerpflichtige auf ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) berufen, so setzt die Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts nicht voraus, dass das DBA sie positiv erlaubt; sie ist vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn ein einschlägiges DBA sie verbietet (BFH-Urteil vom 15. Mai 2002 I R 40/01, Bundessteuerblatt - BStBl II - 2002, 660). Entgegen der Ansicht der Klägerseite enthält Art. 4 Abs. 5 DBA-Schweiz kein entsprechendes Verbot. Diese Regelung zielt nur auf die sachliche Steuerpflicht der nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG in die Bemessungsgrundlage einzubeziehenden Einkünfte. Bei der Anwendung des § 32b Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 EStG geht es demgegenüber darum, mit welchem Steuersatz die während der Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht (hier Januar bis März 2001) erzielten Einkünfte besteuert werden. Dies zu bestimmen ist ausschließlich Sache des Ansässigkeitsstaates (s.a. Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, a.a.O., Art. 4, Rz 143.2).
26 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da zur Anwendbarkeit des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz in der vorliegenden Fallkonstellation bislang noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO bzw. § 137 Satz 1 FGO, da das beklagte Finanzamt unter Berücksichtigung der ergangenen Änderungsbescheide (volle Einbeziehung der Einkünfte aus der -C- Januar bis März 2001 in Höhe von DM 85.375,- in den Progressionsvorbehalt) nur zu einem geringen Teil unterlegen ist bzw. die Unterlagen zur Anrechnung der schweizerischen Steuer trotz mehrfacher Aufforderung erst im laufenden Prozess vorgelegt worden sind.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.