Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Apr. 2016 - I B 12/16

bei uns veröffentlicht am26.04.2016

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16. Oktober 2015  13 K 50/15 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat beim Niedersächsischen Finanzgericht (FG) die Beiordnung eines Notanwalts für sein Klageverfahren (Untätigkeitsklage hinsichtlich der Ausstellung einer Ansässigkeitsbescheinigung) beantragt. Das FG hat den Antrag mit Beschluss vom 16. Oktober 2015 abgelehnt, weil die Bestimmung des § 78b der Zivilprozessordnung über die Bestellung eines Notanwalts in erstinstanzlichen Verfahren vor den Finanzgerichten nicht gelte, da dort kein Vertretungszwang bestehe, sondern die Beteiligten sich selbst vertreten könnten. Auch habe der Kläger nicht dargelegt, dass sich ein zu seiner Rechtsverteidigung bereiter Rechtsanwalt nicht finden lasse.

2

Gegen den Beschluss hat der Kläger Beschwerde erhoben. Zur Begründung der Beschwerde bezieht sich der Kläger auf ein Strafverfahren, in dem ihm seitens des Gerichts ein Verteidiger beigeordnet worden war. Er trägt vor, er habe keine ausreichende Kenntnis im Steuerrecht, fühle sich aber gleichwohl im Recht und benötige daher einen Prozessvertreter.

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Das FG hat nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 24. November 2015  13 K 50/15 die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 30. November 2015  13 K 50/15 hat das FG der Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. Oktober 2015 nicht abgeholfen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unzulässig. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Rechtsmittel wegen Versäumung der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 129 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von Anfang an unzulässig gewesen ist. Denn jedenfalls fehlt es nach dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens durch Urteil vom 24. November 2015 an einem Rechtsschutzbedürfnis für das Beschwerdebegehren. Für ein abgeschlossenes Verfahren kann ein Notanwalt nicht mehr bestellt werden (vgl. auch den Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Oktober 2005 VII B 207/05, BFHE 211, 15, BStBl II 2006, 41 zu einer Beschwerde gegen die Versagung der Akteneinsicht durch das FG nach Ergehen der Sachentscheidung).

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Dem Kläger wird dadurch keine Rechtsschutzmöglichkeit genommen. Denn er könnte nunmehr eine etwaig rechtsfehlerhafte Ablehnung seines Antrags auf Bestellung eines Notanwalts durch das FG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil als Verfahrensmangel rügen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Dass er dafür auch die formellen Voraussetzungen für die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde einhalten und gegebenenfalls für dieses Verfahren beim BFH wiederum die Bestellung eines Notanwalts beantragen müsste, ist kein unzumutbares Hindernis.

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Der Antrag des Klägers, ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gemäß § 78 FGO Einsicht in die Verfahrensakte zu gewähren, war abzulehnen. Da die Beschwerde unzulässig und der erkennende Senat damit gehindert ist, eine Sachentscheidung zu treffen, sind die Prozessakten unter keinem Gesichtspunkt geeignet, dem Rechtsschutz des Klägers in der Beschwerdesache zu dienen (BFH-Beschluss vom 20. Juni 2006 X B 55/06, BFH/NV 2006, 1694).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Bei dem Verfahren über die Bestellung eines Notanwalts handelt es sich zwar um ein unselbständiges Zwischenverfahren, für welches eine eigenständige Kostenentscheidung nicht zu treffen ist. Letzteres gilt aber nicht für ein erfolgloses Beschwerdeverfahren gegen einen den Antrag auf Bestellung eines Notanwalts ablehnenden Beschluss (zur vergleichbaren Situation bei der Beiladung z.B. BFH-Beschluss vom 11. Juli 2012 IV B 1/11; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 143 FGO Rz 7).

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Referenzen - Gesetze

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 143


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. (2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheid

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78b Notanwalt


(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Re

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 78


(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen. (2) Werden die Prozes

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 129


(1) Die Beschwerde ist beim Finanzgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde i

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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Beschwerde ist beim Finanzgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bundesfinanzhof eingeht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen.

(2) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, wird Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akten wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Über einen Antrag nach Satz 3 entscheidet der Vorsitzende; die Entscheidung ist unanfechtbar. § 79a Absatz 4 gilt entsprechend.

(3) Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt werden.

(4) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung, ferner die Dokumente, die Abstimmungen oder Ordnungsstrafen des Gerichts betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.