Verwaltungsgericht München Urteil, 07. März 2018 - M 7 K 17.3914

published on 07/03/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 07. März 2018 - M 7 K 17.3914
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 Prozent des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Zulassung des von ihnen am 8. Juni 2017 bei der Beklagten eingereichten Bürgerbegehrens „Kein Tunnel in Starnberg“.

Mit Beschluss vom 22. Februar 2007 stellte die Regierung von Oberbayern den Plan für den Bau des sog. Entlastungstunnels Starnberg fest. Damit wurde die teilweise Untertunnelung der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 2 (im Folgenden: B2) im Stadtgebiet Starnberg genehmigt. Der ca. 1,9 km lange Tunnel (im Folgenden: B2-Tunnel) soll laut Planfeststellungsbeschluss den Durchgangsverkehr in eine zweite, unterirdische Ebene verlegen und so die Innenstadt Starnbergs entlasten (vgl. Plan-feststellungsbeschluss S. 23 ff.). Mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Juli 2008 wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mehrere von Anliegern gegen den Planfeststellungsbeschluss erhobene Klagen ab (BayVGH, U.v. 9.7.2008 – 8 A 07.40023 (u.a.) – juris).

Am 2. Mai 2016 äußerte sich die Beklagte im Rahmen einer Stellungnahme zum Bundesverkehrswegeplan 2030 kritisch zum Planfeststellungsbeschluss und dem daraus resultierenden Bau des B2-Tunnels. So sei der Tunnel an keine der ebenfalls hohe Verkehre verursachenden Staatstraßen im Bereich Starnberg angeschlossen. Die während des Planfeststellungsverfahrens prognostizierten Verkehrsbelastungen im Bezugsfall (d.h. ohne Bau des B2-Tunnels) und im Planfall (mit Bau) würden nicht mehr der aktuellen Entscheidungslage entsprechen. Die angenommene Spitzenbelastung von 30.000 Kraftfahrzeugen pro Tag sei überzogen, zumal die in Bau befindliche Westumfahrung damals nicht berücksichtigt habe werden können. Der Tunnel entlaste eher die Region, nicht aber die Stadt Starnberg. Eine Entlastung von 1.952 Einwohnern könne ohnehin nicht stattfinden, weil die Abgase über einen nur 10 m hohen Kamin am Schlossberg ungefiltert ausgeblasen würden.

Nachdem der Stadtrat der Beklagten die erste Bürgermeisterin mit Beschluss vom 6. Oktober 2016 beauftragt hatte, mit den zuständigen staatlichen Behörden Gespräche bezüglich der zu diesem Zeitpunkt von der Stadtratsmehrheit wohl favorisierten Alternativen zum B2-Tunnel zu führen, fand am … Januar 2017 eine Besprechung bei der Obersten Baubauhörde im (damaligen) Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (im Folgenden: OBB) statt. Teilnehmer dieser Besprechung waren neben Vertretern der Bayerischen Straßenbauverwaltung (OBB/Staatliches Bauamt Weilheim) die erste Bürgermeisterin und mehrere Stadträte der Beklagten. Besprechungsgegenstand waren die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen für den Bau des B2-Tunnels und weiterer, im Stadtrat diskutierter Planungen und Trassierungsvorschläge. Als „Zusammenfassung / Fazit“ heißt es dazu in dem Gericht vorgelegten Gesprächsprotokoll: „Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre grundsätzliche Bereitschaft, den Bau des Entlastungstunnels Starnberg zu finanzieren, erneut bestätigt. Er hat Baurecht und ist in greifbarer Nähe; mit den Baumaßnahmen könnte zeitnah begonnen werden. […] Voraussetzung für die Weiterführung des B2-Tunnelprojektes ist jedoch, dass sich der Stadtrat alsbald klar zum Tunnel bekennt, damit bis etwa Pfingsten die Zustimmung des Bundes zum Baubeginn erfolgen kann. Andernfalls wird die Maßnahme vom Staatlichen Bauamt Weilheim nicht mehr weiter verfolgt. In der Konsequenz würde auch für den nur noch bis Mitte September 2018 gültigen Planfeststellungsbeschluss keine Verlängerung beantragt werden und dieser damit zu diesem Zeitpunkt verfallen. […] Sollte sich die Stadt gegen den Bau des Entlastungstunnels entscheiden, dann ist sie auf dem weiteren Weg zu einer möglichen Alternative auf sich alleine gestellt. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch der Freistaat Bayern (und vsl. auch der Landkreis Starnberg) stehen auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung, um eine Umfahrungslösung von Starnberg zu planen und zu finanzieren. […]“. Zudem wurde laut Gesprächsniederschrift anlässlich einer Frage zur Finanzierung des Tunnels auf eine Äußerung des damaligen Bundesverkehrsministers Dobrindt verwiesen, wonach dieser „den Tunnel Starnberg jetzt finanzieren [könne], die notwendigen Mittel wären vorhanden, wenn es vor Ort nicht eine ablehnende Haltung der Stadt gebe“. Diese Aussage sei im Vorfeld der Besprechung nochmals fernmündlich vom Ministerbüro Dobrindt gegenüber der OBB bestätigt worden.

Am 20. Februar 2017 befasste sich der Stadtrat mit den Ergebnissen der o.g. Besprechung und beschloss (soweit ersichtlich entgegen der bisherigen Stadtratslinie zum Thema B2-Tunnel) mit 19:12 Stimmen: „Die Stadt Starnberg spricht sich für den sofortigen Bau des B2-Entlastungstunnels aus und begleitet dessen Umsetzung positiv. Die Stadt teilt dies umgehend dem Bundesverkehrsminister mit und bittet mit Nachdruck um die sofortige Baufreigabe und Bereitstellung der Bundesmittel. Die Stadtverwaltung wird außerdem beauftragt, umgehend weitere Schritte zur Realisierung einer ortsfernen Umfahrung, ergänzend zum B2-Tunnel, einzuleiten. […]“.

In Vollzug dieses Beschlusses wandte sich die erste Bürgermeisterin mit Schreiben vom 2. März 2017 an das Bundesverkehrsministerium und übersandte das zugehörige Sitzungsprotokoll des o.g. Beschlusses vom 20. Februar 2017.

Am … März 2017 antwortete der damalige Bundesverkehrsminister Dobrindt, dass „mit der vom Stadtrat der Stadt Starnberg erklärten Unterstützung für das Vorhaben, der Einstufung der Maßnahme in den neuen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2016 sowie einem vollziehbaren Planfeststellungsbeschuss […] nunmehr alle Voraussetzungen vor[liegen], um das für den Raum so wichtige Projekt weiter voranzubringen. Ich freue mich daher, Ihnen mitteilen zu können, dass ich für den Bau eines Entlastungstunnels eine Freigabe erteilen werde. Auf dieser Grundlage wird die Bayerische Straßenbauverwaltung im Weiteren mit den konkreten Ausschreibungsplanungen beginnen und die Bauvorbereitungen einleiten“.

Am *. Juni 2017 reichten die Kläger als benannte Vertreter bei der Beklagten das Bürgerbegehren „Kein Tunnel in Starnberg“ ein. Die dem Bürgerbegehren zugrundeliegende Fragestellung lautet:

„Sind Sie dafür, dass die Stadt Starnberg alles unternimmt, damit der planfestgestellte B2-Tunnel in unserer Stadt nicht gebaut wird?“. Zur Begründung wird auf den Unterschriftslisten angeführt:

– „Der Tunnel löst nicht das Starnberger Verkehrsproblem. Im Gegenteil, er zieht zusätzlichen Verkehr in die Stadt.

– Abgase und Feinstaub werden ungefiltert aus dem Tunnel geleitet. Dies stellt eine Gefahr für die Gesundheit der Starnberger Bürger dar.

– Er bewirkt während der Bauzeit eine unverhältnismäßige Belastung der Starnberger Bürger, der Schulen und der Geschäftswelt.

– Die Zustimmung des Starnberger Stadtrats zum Planfeststellungsbescheid (Baugenehmigung) zum Bau des B2-Tunnels widerspricht dem Mehrheitsvotum der Wähler der 2015 wiederholten Kommunalwahl und der offiziellen Stellungnahme der Stadt vom 02.05.2016 zum Bundesverkehrswegeplan 2030“.

In seiner öffentlichen Sitzung vom 3. Juli 2017 befasste sich der Stadtrat mit dem Bürgerbegehren. Dazu wurden ein im Vorfeld der Sitzung durch die Stadtverwaltung eingeholtes Rechtsgutachten einer Anwaltskanzlei, welches die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bejaht, und ein zu Beginn der Sitzung vorgelegtes Rechtsgutachten des Stadtratmitglieds F., welches die Zulässigkeit verneint, vorgestellt. Letztendlich beschloss der Stadtrat mit 19:11 Stimmen das Bürgerbegehren nicht zuzulassen und beauftragte die Stadtverwaltung einen entsprechenden Bescheidsentwurf auszuarbeiten und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.

In seiner Sitzung vom 24. Juli 2017 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung den zwischenzeitlich ausgearbeiteten Bescheid an die Kläger zuzustellen. Zugleich beschloss der Stadtrat, dass er „zustimmend zu Kenntnis [nimmt]: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat am 7. Juli 2017 nochmals bekräftigt, dass der B2-Tunnel kommt und die Baufreigabe abschließend beschlossen ist, siehe Süddeutsche Zeitung vom 7. Juli 2017“.

Mit dem Kläger zu 1) am 29. Juli 2017 und den Klägern zu 2) und 3) jeweils am 28. Juli 2017 zugestellten Bescheid vom 24. Juli 2017 wies die Beklagte das Bürgerbegehren „Kein Tunnel in Starnberg“ als unzulässig zurück und lehnte die Durchführung des beantragten Bürgerentscheids ab. Zwar sei mit 1.730 gültigen von 1.861 insgesamt eingereichten Unterschriften das notwendige Quorum in Höhe von 1.491 Unterschriften deutlich überschritten. Allerdings sei die gewählte Fragestellung zu unbestimmt, da dem damit angestrebten Bürgerentscheid nicht entnommen werden könne, welche hinreichend konkreten Maßnahmen die Beklagte im Erfolgsfall ergreifen solle, zumal die rechtlichen Maßnahmen infolge der Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses bereits erschöpft seien. Der Bund sei Straßenbaulastträger bezüglich des B2-Tunnels, die Beklagte habe insoweit keine Entscheidungsbefugnis. Ein Bürgerbegehren, dem – auch weil die zugrundeliegende Maßnahme bereits abgeschlossen sei – nur politische Signalwirkung zukomme, sei aber unzulässig. Ebenso dürfe ein Bürgerbegehren nicht auf ein unzulässiges, rechtswidriges Ziel gerichtet sein; neben den mit der Fragestellung implizierten Verzögerungshandlungen sei auch ein Verstoß gegen die Vorgaben des eigenen Teilplans der Beklagten im Rahmen der Luftreinhalteplanung Münchens gegeben. Denn der Bau des B2-Tunnels sei darin als Maßnahme benannt. Die Begründung des Bürgerbegehrens sei in wesentlichen Punkten irreführend und verstoße damit gegen das verfassungsrechtlich verankerte Verbot unrichtiger Tatsachenbehauptungen. So führe der B2-Tunnel sehr wohl zu einer Verkehrsentlastung. Eine Gesundheitsgefährdung durch Abgase und Feinstaub sei ebenso wenig gegeben wie eine unverhältnismäßige Belastung während der Bauzeit. Der Stadtrat habe am 20. Februar 2017 nicht ausschließlich dem Planfeststellungsbeschluss zugestimmt, sondern sich zugleich für die Planung einer ortsfernen Umfahrung ausgesprochen. Keineswegs sei das Thema Tunnel/Umfahrung allein ausschlaggebend für die Kommunalwahlen gewesen.

Am … August 2017 ließen die Kläger stellvertreten durch ihre Bevollmächtigten zu 1) beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage auf Zulassung des Bürgerbegehrens erheben, die mit Schriftsatz vom … August 2018 begründet wurde. Die Zurückweisung des Bürgerbegehrens sei rechtswidrig; die Kläger hätten einen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens und Durchführung eines Bürgerbescheids. Die dem Bürgerbegehren zugrundeliegende Fragestellung sei inhaltlich ausreichend bestimmt, zumal die diesbezüglichen Anforderungen laut Rechtsprechung nicht überspannt werden dürften. Nach Auslegung der Formulierung „alles unternimmt“ würden sich so im Hinblick auf die beabsichtigte Verhinderung des Tunnelbaus trotz bestandskräftigem Planfeststellungsbeschluss beispielsweise ein Antrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gemäß §§ 48 f. Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – oder formlose Schreiben an Volksvertreter als weiterhin ergreifbare Maßnahmen ergeben. Das Bürgerbegehren sei auch mehr als eine bloße Meinungsumfrage mit politischer Signalwirkung, nämlich eine Grundsatzentscheidung zur Verhinderung des Tunnelbaus. Welche Maßnahme die Beklagte dann in der Umsetzung dazu im Einzelnen ergreife, bleibe (zulässigerweise) ihr überlassen. Da Staatsminister Herrmann wie auch Bundesverkehrsminister Dobrindt den Bau des Tunnels an ein positives Votum seitens der Beklagten geknüpft hätten, sei ein Entscheidungsspielraum weiter gegeben. Insofern sei die Maßnahme auch noch nicht abgeschlossen bzw. vollzogen; so könne die Beklagte ihre bereits im Beschlusswege erteilte Zustimmung widerrufen oder jedenfalls formlose Bedenken äußern. Die Begründung des Bürgerbegehrens sei nicht irreführend. Dass der Tunnel entgegen der noch im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Sachlage nicht zu einer Verkehrsentlastung führe, ergebe sich aus der eigenen Stellungnahme der Beklagten zum Bundesverkehrswegeplan 2030 vom 2. Mai 2016 und einem von Prof. K. im Auftrag der Bürgerinitiative „… … … e.V.“ erstellten Gutachten vom … Januar 2017. Ebenso sei die Aussage zur Gesundheitsgefährdung der Stellungnahme der Beklagten vom 2. Mai 2016 entnommen. Dass unverhältnismäßige Belastungen während der Bauzeit entstünden, sei keine Tatsachenbehauptung, sondern eine (zulässige) subjektive Wertung. Auch seien die Stadtratswahlen 2008, 2014 und 2015 wesentlich von der Tunneldebatte geprägt gewesen. Schließlich sei das Bürgerbegehren auch im Übrigen materiell-rechtlich zulässig. Es verfolge kein unzulässiges, rechtswidriges Ziel, zumal Vorgaben eines Luftreinhalteplans allenfalls eingeschränkt verbindlich seien. Der eigene Wirkungskreis der Beklagten sei trotz Straßenbaulast des Bundes eröffnet, da der Tunnel tatsächliche Auswirkungen gewichtiger Art auf die Aufgaben der Beklagten habe.

Mit Schriftsatz vom 13. November 2017 erwiderte der Bevollmächtigte der Beklagten auf die Klage. Das Bürgerbegehren verstoße bereits gegen Art. 18a Abs. 1 Gemeindeordnung – GO –, da es sich beim in der Straßenbaulast des Bundes liegenden B2-Tunnel nicht um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises handle. Die von den Klägerbevollmächtigten zitierten Auswirkungen gewichtiger Art würden insoweit zu keinem anderen Ergebnis führen, da die dieser Argumentation zugrundeliegende Rechtsprechung (BVerwG, B.v. 9.1.1995 – 4 NB 42/94 – juris Rn. 7) auf eine andere, nämlich die einer baurechtlich gemeindenachbarlichen Abstimmung abziele. Die Beklagte habe vorliegend im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens ihre Belange und Rechte einbringen können; insoweit sei auch der eigene Wirkungskreis eröffnet gewesen (BayVGH, B.v. 12.3.1997 – 4 CE 96.3422 – juris Rn. 23). Zum heutigen Zeitpunkt, mit Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses, gelte aber insoweit der in § 38 BaugesetzbuchBauGB – normierte Vorrang der Fachplanung. Zu keiner Zeit sei der Beklagten durch die Äußerungen der Minister Dobrindt und Herrmann eine Art „faktisches Zustimmungserfordernis“ eingeräumt worden. Selbst wenn man dies – obwohl gesetzlich nicht vorgesehen – unterstelle, müsse man quasi spiegelbildlich auch diejenigen Grundsätze anwenden, die für die gemeindliche Mitwirkung an der Ausübung staatlicher Befugnisse gelten. Daher liege ein Rückgriff auf § 36 BauGB nahe, wonach die erteilte Zustimmung der Beklagten unwiderruflich sei. Außerdem sei die Fragestellung des Bürgerbegehrens – wie im Bescheid erläutert – zu unbestimmt. Ein Rückgriff auf einen Antrag nach § 48 VwVfG scheide schon wegen der im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs festgestellten Rechtmäßigkeit aus; § 49 VwVfG sei ebenso aussichtslos. Daher sei nicht zu erkennen, welche konkreten Maßnahmen die Beklagte denn im Falle eines Bürgerentscheids ergreifen solle. Ebenso sei die Maßnahme bereits abgeschlossen; die Begründung sei irreführend und das Bürgerbegehren auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet.

Mit Schriftsatz vom *. März 2018 traten die Bevollmächtigten zu 1) der Kläger diesen Ausführungen entgegen und vertieften ihre bisher vorgetragene Argumentation. Die Fragestellung sei hinreichend bestimmt, weil neben rechtlichen, wie erörtert, auch politische Maßnahmen zur Verfügung stehen würden; jedenfalls könne aber der Beschluss vom 22. Februar 2017 aufgehoben und dies dem Bundesverkehrsministerium mitgeteilt werden. Als rechtliche Maßnahme käme überdies sehr wohl ein Antrag nach § 49 VwVfG in Betracht, zumal die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG angesichts des Gutachtens von Prof. K. vom … Januar 2017 vorliegen würden. Die Maßnahme sei keineswegs abgeschlossen, da Bundesverkehrsminister Dobrindt in seinem Schreiben vom … März 2017 die Baufreigabe nur angekündigt habe; auch sei mit der Inswerksetzung des Tunnelvorhabens selbst noch gar nicht begonnen worden. Der Stadtratsbeschluss sei jederzeit aufhebbar, § 36 BauGB stehe dem wegen § 38 Satz 1 BauGB nicht entgegen. Das Vorhaben stehe angesichts des Schreibens vom … März 2017, das klar auf eine Zustimmung der Beklagten abziele, weiterhin zu deren Disposition. Die Begründung des Bürgerbegehrens sei ebenso ordnungsgemäß.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2018 beantragten die Kläger stellvertreten durch ihre Bevollmächtigten:

Die Beklagte wird unter Aufhebung der Zurückweisungsbescheide jeweils vom 26.07.2017, Az. … * … - Be verpflichtet, das von den Klägern am 08.06.2017 beantragte Bürgerbegehren „Kein Tunnel [in] Starnberg“ zuzulassen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragte,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Sitzungsniederschrift und die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie in den Verfahren M 7 E 17.3322, M 7 K 17.4417 und M 7 E 18.346 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Zulassung des Bürgerbegehrens „Kein Tunnel in Starnberg“ (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO). Das Bürgerbegehren ist unzulässig, weil es nicht auf eine (vollzugsfähige) Maßnahme mit Entscheidungscharakter gerichtet ist (dazu 1.1) und den zur Abstimmung berufenen Gemeindebürger durch die gewählte Fragestellung irreführt, indem suggeriert wird, dass der Beklagten noch solch konkrete Handlungsoptionen in Form verbindlicher Maßnahmen zur Verfügung stehen (dazu 1.2).

1.1 Das Bürgerbegehren ist unzulässig, weil es bzw. seine Fragestellung nicht auf eine (vollzugsfähige) Maßnahme mit Entscheidungscharakter gerichtet ist, sondern mangels der Beklagten verbleibender anderer Handlungsoptionen letztendlich darauf beschränkt ist, ein unverbindliches politisches Signal auszusenden.

Nach Art. 18a Abs. 4 GO hat der aus einem Bürgerbegehren resultierende Bürgerentscheid im Falle seines Erfolgs (positives Votum) die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. Anders als beim Gemeindebzw. Stadtrat, dem die umfassende Vertretung der Gemeindebürger zugewiesen ist (vgl. Art. 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GO i.V.m. Art. 29 GO) und der daher grundsätzlich auch Meinungskundgaben, Resolutionen oder (unverbindliche) politische Appelle beschließen kann, tritt für den Bürgerentscheid als „Gemeinderatsbeschluss kraft Gesetzes“ noch die weitere Voraussetzung dazu, dass es sich um eine (vollzugsfähige) Maßnahme mit Entscheidungscharakter handeln muss. Denn Bürgerbegehren und Bürgerentscheid können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Kommune jetzt oder in absehbarer Zukunft sinnvoll entscheiden kann. Wo es nichts zu entscheiden gibt, kann auch kein Bürgerbegehren/Bürgerentscheid stattfinden. Mit der Einführung des Rechtsinstituts sollte erreicht werden, dass die Gemeinde- und Landkreisbürger am kommunalen Geschehen stärker beteiligt werden und über bestimmte Angelegenheiten der Kommunen selbst entscheiden können. Art. 18a Abs. 4 Satz 1 setzt eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung voraus. An dem verlangten Entscheidungscharakter und der nach Art. 18a Abs. 14 GO „verlangten Maßnahme“ fehlt es, wenn die Abstimmungsfrage auf eine unverbindliche Meinungsumfrage gerichtet ist. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Gemeindebürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen Verwaltungsmaßnahme herbeiführen wollen, die also keine rechtlichen Auswirkungen haben, sondern denen allenfalls politische Signalwirkung zukommt, sind unzulässig (BayVerfGH, E.v. 21.12.2015 – Vf. 14-VII-13 – juris Rn. 38 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 22.3.1999 – 4 ZB 98.1352 – juris Rn. 12; vgl. in diesem Sinne auch OVG NW, U.v. 23.4.2002 – 15 A 5594/00 – juris Rn. 12 ff. zu § 22 Abs. 1 Abs. 1 und Abs. 8 Satz 1 GO NRW, der quasi inhaltsgleich zu Art. 18a Abs. 1 und Abs. 13 Satz 1 GO ist). Zwar ist dabei nicht ausgeschlossen, dass Grundsatzbeschlüsse, die noch der Ausführung und Ausfüllung durch spätere Detailentscheidungen bedürfen, durch Bürgerentscheid getroffen werden können. Daher ist nicht erforderlich, dass nur noch der Vollzug der Entscheidung durch den Bürgermeister zur Umsetzung des Bürgerbescheids notwendig ist (so – als Erfordernis einer ausreichend bestimmten Fragestellung und nicht als Aspekt der zulässigen Zielsetzung – BayVGH, U.v. 19.2.1997 – 4 B 96.2928 – BayVBl 1997, 276 ff.; st.Rspr, vgl. etwa BayVGH, B.v. 8.4.2005 – 4 ZB 04.1264 – juris Rn. 10 und BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 24).

In diesem Spannungsfeld zwischen Grundsatzbeschluss und bloßem politischen Appellcharakter verbleiben der Beklagten vorliegend zur Verhinderung des B2-Tunnels rechtlich und faktisch keine konkreten, validen und vollziehbaren Handlungsmaßnahmen, die es rechtfertigen würden, das Bürgerbegehren (noch) als zulässige Grundsatzentscheidung einzuordnen. Tatsächlich beschränken sich die der Beklagten konkret zur Verfügung stehenden Maßnahmen im Wesentlichen auf politische Appelle an den Bund als Straßenbaulastträger, den B2-Tunnel nicht zu bauen.

1.1.1 Der von den Bevollmächtigten der Kläger angeführte Antrag bzw. die Anregung (im Folgenden: Antrag) auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses auf der Grundlage von §§ 48 f. VwVfG (ggf. in Verbindung insbesondere mit § 51 Abs. 5 VwVfG) stellt für sich genommen noch keine (vollzugsfähige) Maßnahme mit Entscheidungscharakter im Sinne der o.g. Kriterien dar. So ist bereits grundsätzlich zweifelhaft, ob in Konstellationen, in welchen einer Kommune (wenn auch als beispielsweise betroffener Grundstückseigentümerin) als rechtliche Handlungsoption nach bestandsbzw. rechtskräftig abgeschlossenem Planfeststellungsverfahren allein ein Antrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 48 f. VwVfG verbleibt, ein darauf abzielendes Bürgerbegehren zulässig ist. Anders als während eines laufenden Planfeststellungsverfahrens, in welchem einer Kommune schon gesetzlich Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte eingeräumt und ihr dadurch Handlungsspielräume eröffnet sind (vgl. dazu bspw. BayVGH, B. v. 12.3.1997 – 4 CE 96.3422 – juris Rn. 16, 22) würde sich der Vollzug eines solchen Bürgerentscheids schlicht auf das Stellen eines Antrags auf Aufhebung nach §§ 48 f. VwVfG (und einem ggf. daran anknüpfenden Gerichtsverfahren bei Ablehnung) beschränken. Dies widerspricht letztendlich dem o.g. aufgezeigten Grundsatz, nachdem der Gemeinde nicht bloß ein theoretischer, sondern ein rechtlich und faktisch nicht bloß unbedeutender, sondern substantieller eigener Handlungsspielraum zur Umsetzung verbleiben muss.

Jedenfalls aber reicht ein Antrag auf der Grundlage von §§ 48 f. VwVfG als verbleibende Maßnahme dann nicht aus, wenn allein die theoretisch/abstrakte Möglichkeit einer Antragstellung besteht und der Antrag schon kursorisch betrachtet keine konkreten/erkennbaren Erfolgsaussichten hat. Indizien, dass ein Antrag gemäß § 48 VwVfG oder § 49 VwVfG auf vollständige Aufhebung (und nicht bloße Änderung einzelner Festlegungen) vorliegend Aussicht auf Erfolg hätte, sind aber nicht ersichtlich. Planfeststellungsbeschlüsse genießen ohnehin eine erhöhte Bestandskraft (vgl. § 17 Satz 2 Bundesfernstraßengesetz – FStrG – i.V.m. § 75 Abs. 2 VwVfG). Zwar sind die §§ 48 f. VwVfG grundsätzlich auch auf Planfeststellungsbeschlüsse anwendbar (vgl. etwa BVerwG, U.v. 19.12.2017 – 3 A 8/15 – juris Rn. 23); unterliegen aber je nach Fachrecht und einschlägiger Rechtsprechung weiteren Einschränkungen. So wird § 48 VwVfG vorliegend tatbestandlich bereits deswegen ausscheiden, weil die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschluss durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinen Urteilen vom 9. Juli 2008 festgestellt wurde und nachträgliche Änderungen keine Auswirkung auf seine Rechtmäßigkeit haben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit im Planfeststellungsrecht ist nämlich der der Beschlussfassung über den Plan (st.Rspr., vgl. etwa für eine Planfeststellung nach FStrG BayVGH, U.v. 27.7.2017 – 8 A 16.40019 – juris Rn. 83 m.w.N.). Im Hinblick auf § 49 VwVfG dürfte allenfalls der Tatbestand des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG in Frage kommen. Schon angesichts des Tatbestandsmerkmals „nachträglich eingetretener Tatsachen“ bestehen aber – ungeachtet der Rechtsfolgenseite (Ermessen, Frage der Teil- oder Gesamtaufhebung) bereits erhebliche rechtliche Bedenken, weil sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 9. Juli 2008 vielfach mit den jetzt im Rahmen des Gutachtens von Prof. K. vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt hat und generell zweifelhaft ist, ob es sich überhaupt um (neue) Tatsachen handelt. Denn eine Änderung der Sachlage liegt nicht vor, wenn sich nachträglich neue Erkenntnisse über zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits vorhandene Tatsachen oder im rechtskräftigen Urteil nicht berücksichtigte Beweismittel finden, oder wenn der Beteiligte sein Vorbringen aufgrund neuer Beweismittel „besser“ beweisen kann (VGH B-W, U.v. 3.7.2014 – 5 S 2429/12 – juris Rn. 37, bestätigt durch BVerwG, B. v. 27.5.2015 – 3 B 5/15 – juris Rn. 7; vgl. zum Ganzen auch BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 4 A 2/15 – juris Rn. 36 ff.).)

1.1.2 Ebenso stellt auch die bloße, von den Bevollmächtigten zu 1) der Kläger vorgetragene Möglichkeit einer Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 20. Februar 2017 keine (ausreichend substantielle, vollzugsfähige) Maßnahme mit Entscheidungscharakter dar. Anders als etwa bei Aufstellungsbeschlüssen zur Bauleitplanung knüpfen sich an den Beschluss vom 20. Februar 2017 keine unmittelbaren rechtlichen Folgen, die quasi im Wege eines „actus contrarius“ wieder aufgehoben werden könnten. Insbesondere wurden der Beklagten solche Rechte nicht mit den Äußerungen der (damals) zuständigen Minister Dobrindt und Herrmann quasi „konstitutiv“ oder rechtlich verbindlich eingeräumt. Auch ist nicht ersichtlich, dass das Bundesverkehrsministerium der Beklagten weiterhin ein (wesentliches) politisches Mitspracherecht gewähren oder gar den Tunnelbau (weiter) vom Willen der Beklagten abhängig machen will. Eher spricht vieles dafür, dass das Bundesverkehrsministerium und auch die Oberste Baubehörde zum Zeitpunkt der getätigten Äußerungen den „politischen Druck“ auf die Beklagte angesichts des näher rückenden Ablaufs der Geltungsdauer des Planfeststellungsbeschlusses und der sich damit zugleich stellenden Frage einer etwaigen (rechtzeitigen) Mittelbereitstellung erhöhen wollten. Man forderte daher ein eindeutiges Bekenntnis der Beklagten ein, um die nächsten Schritte zur Realisierung des Tunnelbaus einzuleiten. Dies ist – verbunden mit dem Einsatz bzw. der gesetzlich verankerten (und insoweit auch grdl. verbindlichen) Freigabe von nicht unerheblichen Steuermitteln – zwischenzeitlich geschehen. Der Beschluss des Stadtrats vom 20. Februar 2017 war damit letztendlich ein – wenn auch vom damaligen Bundesverkehrsminister Dobrindt eingefordertes, aber eben auch einmaliges – politisches Votum, das sich zugleich mit der Beschlussfassung und Übermittelung an den Bundesverkehrsminister verbraucht hat bzw. bereits vollzogen (abgeschlossen) ist (vgl. zu vollzogenen Maßnahmen auch BayVGH, B. v. 21.10.1999 – 4 ZE 99.2944 – juris Rn. 19). Ein etwaiger Aufhebungsbeschluss wäre damit ebenso ein rein politisches Signal. Ein Heranziehen von §§ 36 und 38 BauGB in analoger Anwendung oder vom Rechtsgedanken her auf den Stadtratsbeschluss vom 20. Februar 2017 erübrigt sich schon deswegen, weil es sich dabei um ein rein politisches Votum gehandelt hat, das in dieser Form gesetzlich nicht normiert ist und daher auch keine Rechtsfolgen auslöst. Für die Änderung einer zuvor mitgeteilten, unverbindlichen politischen Meinungsäußerung bedarf es keiner Rechtsgrundlage in Form einer „Widerruflichkeit“ oder gar einer „Anfechtung“; umgekehrt sind an die Mitteilung einer solchen Meinungsänderung auch keinerlei Rechtsfolgen geknüpft.

1.1.3 Soweit die Klägerbevollmächtigten als im Übrigen denkbare, weitere Maßnahmen politische Initiativen, Gespräche oder etwa das Verfassen unverbindlicher Schreiben an politische Mandats- und Entscheidungsträger anführen, ergibt sich bereits aus ihrem eigenen Vortrag, dass es sich hierbei sämtlich um rein politische Appelle ohne (der Beklagten zustehendem) Vollzugscharakter handelt.

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass das Bürgerbegehren letztendlich auf unverbindliche, im Wesentlichen politische Maßnahmen ohne einen für die Beklagte vollziehbaren Entscheidungscharakter gerichtet ist, was in der Konsequenz eine unzuverlässige Zielsetzung (so als daraus ableitbare Rechtsfolge BayVGH, B.v. 22.3. 1999 – 4 ZB 98.1352 – a.a.O.) bzw. eine unzulässige Fragestellung (in diesem Sinn etwa BayVGH, B.v. 8.4.2005 – 4 ZB 04.1264 – juris Rn. 10) darstellt.

1.2 Selbst wenn man aber diese Mindestanforderungen an einen Grundsatzbeschuss als zu streng oder überzogen erachten würde, wäre jedenfalls die gewählte Fragestellung – selbst bei der gebotenen wohlwollenden Auslegung (st.Rspr, vgl. etwa BayVGH, U.v. 4.7.2016 – 4 BV 16.105 – juris Rn. 32 m.w.N.) – unzulässig, weil sie gegen das nach ständiger Rechtsprechung als ungeschriebene Rechtmäßigkeits-voraussetzung bestehende sog. Täuschungs- und Irreführungsverbot verstößt.

Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss ein Bürgerbegehren eine (auf allen Unterschriftslisten gleichlautende) Begründung enthalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren VerfGH, E.v. 13.4.2000 – Vf. 4-IX-00 – VGH n.F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 Bayerische Verfassung – BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Gemeindebürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (st.Rpsr., vgl. dazu m.w.N. BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 33). Diese zwingenden Anforderungen gelten nicht nur für die Begründung des Bürgerbegehrens, sondern in gleichem Maße auch für dessen Fragestellung. Werden in der Fragestellung eines Bürgerbegehrens in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird, so ist die Fragestellung unzulässig (BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31).

Gemessen an diesen Anforderungen ist die gewählte Fragestellung irreführend, weil sie durch die Formulierung „alles unternimmt“ fälschlicherweise den Eindruck erweckt, dass der Beklagten noch konkrete, valide und substantielle Handlungsoptionen zur Verfügung stehen, um den Tunnelbau zu verhindern. Insofern ist zunächst klarzustellen, dass ein Bürgerentscheid die Beklagte nur zu rechtmäßigen Maßnahmen verpflichten könnte; ein auf ein rechtswidriges Ziel gerichtetes Bürgerbegehren ist unzulässig (BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 4 B 11.221 – juris Rn. 24). Überdies unterliegt die Beklagte in all ihrem Handeln dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG. Handlungsmöglichkeiten, wie etwa Demonstrationen oder politische Proteste, stehen ihr daher im Vergleich zu privaten Initiativen ohnehin nicht oder allenfalls sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die der Beklagten so verbleibenden, rechtlich zulässigen Optionen beschränken sich – wie eben unter 1.1 dargelegt – im Wesentlichen auf kaum aussichtsreiche politische Appelle. Letztendlich im deutlichen, wenn nicht krassen Widerspruch steht dem die Formulierung „alles unternimmt“ gegenüber, die ein verständiger, objektiver Empfänger (Rechtsgedanke der §§ 133, 157 Bürgerliches GesetzbuchBGB), nur so verstehen kann, dass die Beklagte bei positivem Bescheid nun „alle, insbesondere auch erfolgversprechende Register zieht“, um den B2-Tunnelbau zu verhindern. Dieser Eindruck bzw. die irreführende Suggestion, dass noch effektive Abwehrmittel gegen den Tunnelbau bestehen, wird auch nicht durch die Formulierung „planfestgestellte[r] B2-Tunnel“ relativiert. Allenfalls ein fachkundiger Gemeindebürger könnte daraus wohl die oben angeführten, sehr beschränkten Optionen der Beklagten bei einem bestandsbzw. rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss ableiten bzw. „herauslesen“. Abgesehen davon, dass dafür bereits die Präzisierung „bestandskräftigem/rechtskräftigem“ im Fragetext fehlt, würde ein solcher Schluss selbst bei wohlwollender Auslegung die in gewissem Maße gegebene Obliegenheit des Gemeindebürgers, sich selbst ein Bild vom Thema und Inhalt des Bürgerbegehrens zu machen – deutlich – überspannen. Zwar müssen sich die um ihre Unterschrift gebetenen Gemeindebürger selbständig ein Urteil darüber bilden, ob sie die – in der Regel einseitig zugunsten des Bürgerbegehrens – vorgebrachten Gründe für stichhaltig halten oder ob sie sich zusätzlich aus weiteren Quellen informieren wollen. Zu beanstanden ist die Begründung eines Bürgerbegehrens aber, wenn sie über eine bloß tendenziöse Wiedergabe hinaus einen entscheidungsrelevanten Umstand nachweislich falsch oder in objektiv irreführender Weise darstellt (BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – a.a.O. Rn. 35). Es kann nicht vom Gemeindebürger verlangt werden, dass er bereits die Formulierung der Fragestellung derart kritisch hinterfragt und nur aufgrund eigener Recherche zum Ergebnis kommt bzw. kommen kann, dass sich „alles Unter[nehmbare]“ auf wenige unverbindliche Schreiben reduziert (vgl. in diesem Sinne bzw. in einer ähnlichen Konstellation auch BayVGH, B.v. 20.12.2012 – 4 CE 11.2771 – a.a.O. Rn. 27, wonach Fragestellung oder Begründung unzulässig sind, wenn die Gemeindebürger, soweit sie nicht über spezielle Vorkenntnisse verfügen, den eigentlichen Inhalt des [dem dortigen Bürgerbegehren zugrundeliegenden] Regelungsvorschlags nicht erfassen können). Da es für die Gemeindebürger von maßgeblicher, wenn nicht entscheidender Bedeutung ist, dass ihr Votum effektiv umgesetzt wird, ist eine solche Täuschung bzw. Irreführung auch abstimmungsrelevant (vgl. dazu BayVGH, B.v. 14.10.2014 – 4 ZB 14.707 – juris Rn. 6).

1.3 Bereits aus den eben in 1.1 und 1.2 genannten Gründen ist das Bürgerbegehren unzulässig; daher bedarf es bzgl. der von Beteiligten im Übrigen angeführten Aspekte keiner weiterer Erläuterung. So kann etwa offen bleiben, ob das Bürgerbegehren gegen verbindliche Regelungen in Form der Luftreinhalteplanung verstößt und seine Begründung den gesetzlichen Anforderungen im Übrigen entspricht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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published on 14/10/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner. III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000,- Euro fes
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Tenor I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Vollzug des zur Nr. VII unter Tagesordnungspunkt 4 der Stadtratssitzung vom 3. Juli 2017 ergangenen Stadtratsbeschlusses (Verteilen einer Postwurfsendung mit dem unter Nr. VII des o.
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Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. März 2016 wird aufgehoben. II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2015 verpflichtet, das Bürgerbegehren „A.er Stadtwerke in A. Bürgerha
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckun
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Annotations

Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugänglicher Abfallbeseitigungsanlagen geltenden Verfahren sind die §§ 29 bis 37 nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Eine Bindung nach § 7 bleibt unberührt. § 37 Absatz 3 ist anzuwenden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugänglicher Abfallbeseitigungsanlagen geltenden Verfahren sind die §§ 29 bis 37 nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Eine Bindung nach § 7 bleibt unberührt. § 37 Absatz 3 ist anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugänglicher Abfallbeseitigungsanlagen geltenden Verfahren sind die §§ 29 bis 37 nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Eine Bindung nach § 7 bleibt unberührt. § 37 Absatz 3 ist anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.