Verwaltungsgericht München Urteil, 07. März 2018 - M 7 K 17.3914
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 Prozent des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
„Sind Sie dafür, dass die Stadt Starnberg alles unternimmt, damit der planfestgestellte B2-Tunnel in unserer Stadt nicht gebaut wird?“. Zur Begründung wird auf den Unterschriftslisten angeführt:
– „Der Tunnel löst nicht das Starnberger Verkehrsproblem. Im Gegenteil, er zieht zusätzlichen Verkehr in die Stadt.
– Abgase und Feinstaub werden ungefiltert aus dem Tunnel geleitet. Dies stellt eine Gefahr für die Gesundheit der Starnberger Bürger dar.
– Er bewirkt während der Bauzeit eine unverhältnismäßige Belastung der Starnberger Bürger, der Schulen und der Geschäftswelt.
– Die Zustimmung des Starnberger Stadtrats zum Planfeststellungsbescheid (Baugenehmigung) zum Bau des B2-Tunnels widerspricht dem Mehrheitsvotum der Wähler der 2015 wiederholten Kommunalwahl und der offiziellen Stellungnahme der Stadt vom 02.05.2016 zum Bundesverkehrswegeplan 2030“.
die Klage abzuweisen.
Gründe
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Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugänglicher Abfallbeseitigungsanlagen geltenden Verfahren sind die §§ 29 bis 37 nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Eine Bindung nach § 7 bleibt unberührt. § 37 Absatz 3 ist anzuwenden.
(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.
(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.
(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.
Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugänglicher Abfallbeseitigungsanlagen geltenden Verfahren sind die §§ 29 bis 37 nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Eine Bindung nach § 7 bleibt unberührt. § 37 Absatz 3 ist anzuwenden.
Tenor
I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Vollzug des zur Nr. VII unter Tagesordnungspunkt 4 der Stadtratssitzung vom 3. Juli 2017 ergangenen Stadtratsbeschlusses (Verteilen einer Postwurfsendung mit dem unter Nr. VII des o.g. Stadtratsbeschlusses beschlossenen Inhalt inklusive Anlage) bis zum rechtskräftigen Abschluss des (Hauptsache-)Verfahrens M 7 K 17.4417 zu unterlassen.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
„Bürgerbegehren ‚Kein Tunnel in S.‘;
Zulässigkeit und Teminfestlegung
Vorlage: 2017/284“
mit dem Bürgerbegehren. Gemäß Beschlussauszug der Antragsgegnerin zum TOP 4 der Sitzung wurden die Stadtratsmitglieder zu Beginn der Behandlung von TOP 4 von der Ersten Bürgermeisterin gefragt, ob sie bei diesem TOP persönlich beteiligt sind. Der Antragsteller erklärte daraufhin, „dass er zwar Initiator des Bürgerbegehrens ist, eine persönliche Beteiligung aber nicht sieht“. Der Stadtrat beriet anschließend – ohne Anwesenheit des Antragstellers, der im Publikum Platz nahm – über die Frage der persönlichen Beteiligung des Antragstellers und beschloss mehrheitlich (19:11), den Antragsteller „bei der Beratung des Tagesordnungspunktes zur Zulässigkeit und Terminfestlegung des Bürgerbegehrens ‚Kein Tunnel für S.‘ von Beratung und Abstimmung wegen persönlicher Beteiligung nach Art. 49 Bayerische Gemeindeordnung auszuschließen“. Der Beschlussauszug stellt dazu weiter fest: „Damit ist [der Antragsteller] von Beratung und Abstimmung ausgeschlossen und bleibt dem Ratstisch fern“.
I.
Der Beschlussvorschlag der Verwaltung in den Ziffern 1 bis 3 wird abgelehnt. Der Stadtrat lässt das Bürgerbegehren ‚Kein Tunnel in S.‘ nicht zu.
II.
Der Stadtrat behält sich nach § 1 Abs. 2 Satz 2 seiner Geschäftsordnung die Beratung und Entscheidung über die das Bürgerbegehren betreffenden Verfahrensschritte vor.
III.
Der Stadtrat stellt fest, dass es sich bei der Behandlung des Bürgerbegehrens seitens der Stadt um eine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung handelt.
IV.
Der Stadtrat ermächtigt die Stadtverwaltung, den die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ablehnenden Verwaltungsakt auszuarbeiten. Der Verwaltungsakt stützt sich auf die Begründung des Stadtrates unter Ziffer I. Dem Bescheid wird in Anlage die Stellungnahme der Rechtsaufsicht vom 30.06.2017 beigefügt. Der Verwaltungsakt wird vor Erlass der Rechtsaufsicht zur Abstimmung und anschließend dem Stadtrat am 24.07.2017 zur Beschlussfassung vorgelegt.
V.
Der Stadtrat beauftragt die Stadtverwaltung, evtl. Verwaltungsstreitigkeiten nur im Sinne der Beschlussfassung des Stadtrates unter Ziffer I zu führen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit behält sich der Stadtrat im Falle von Verwaltungsstreitigkeiten entsprechend seines Beschlusses in Ziffer III in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr. 4a der Geschäftsordnung die Entscheidung über die Erteilung eines Mandats an einen Prozessbevollmächtigten vor, ebenfalls die Entscheidung über all in § 13 Abs. 2 Ziffer 4a der Geschäftsordnung genannten Verfahrenshandlungen. Bis zur Erteilung des Mandats an einen Prozessbevollmächtigten durch den Stadtrat beauftragt der Stadtrat unentgeltlich als Prozessbevollmächtigte die Stadträte F., G. und J.
VI.
Im Falle eines Verwaltungsrechtsstreites beauftragt der Stadtrat die Stadtverwaltung, die Kanzlei [Bevollmächtigter der Antragsgegnerin] – deren Einverständnis vorausgesetzt – mit der rechtlichen Beratung und Prozessführung zu betrauen.
VII.
Der Stadtrat beauftragt die Stadtverwaltung, umgehend das Protokoll der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 25.01.2017 aus dem Gespräch der Stadt mit den Vertretern des Innenministeriums vom 19.01.2017 zum B2-Entlastungstunnel und möglicher Alternativen per Postwurfsendung zur Information an alle Haushalte im Gemeindegebiet der [Antragsgegnerin] zu verteilen. Das Schreiben enthält ausschließlich folgenden Text: „Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der [Antragsgegnerin], zu dem für die künftige Stadtentwicklung und Zukunftsfähigkeit [der Antragsgegnerin] zentralen Thema B2-Tunnel und Nord-Ostumfahrung hat der […] Stadtrat am 20.02.2017 den Beschluss gefasst, „Tunnel bauen und ortsferne Umfahrung planen“. Er gab damit dem Bund ein politisches Signal für die Freigabe der Bundesmittel zum Tunnelbau und den Auftrag an die Stadt für eine städtische Vorplanung zu einer ergänzenden ortsfernen Umfahrung. Grundlage dafür war ein Gespräch von Stadtrat und Stadtverwaltung im Bayerischen Innen- und Verkehrsministerium vom 19.01.2017. Das Gesprächsprotokoll vom 25.01.2017 liegt zu Ihrer Information bei. Der Bund hat am 23.03.2017 die Bundesmittel für den Bau des B2-Tunnels freigegeben und die Arbeiten zur Realisierung des Projekts übernommen. Die Stadt hat in ihren Haushalt mittlerweile die Mittel für die Fachplanung einer ortsfernen Umfahrung aufgenommen.“
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Vollzug des in der Stadtratssitzung am 03.07.2017 gefassten Beschlusses, nach welchem „der Stadtrat die Stadtverwaltung beauftragt, umgehend das Protokoll der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 25.01.2017 aus dem Gespräch der Stadt mit den Vertretern des Innenministeriums vom 19.01.2017 zum B2-Entlastungstunnel und möglicher Alternativen per Postwurfsendung zur Information an alle Haushalte im Gemeindegebiet der Stadt S. zu verteilen“, wobei das Schreiben ausschließlich folgenden Text enthält: [Text des Schreiben gemäß Nr. VII, s.o.], vorläufig zu unterlassen.
II.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.
(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.
(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.
(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.
(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Änderung einer naturschutzrechtlichen Ersatzmaßnahme eines Planfeststellungsbeschlusses.
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Mit Planfeststellungsbeschluss (PFB) des Eisenbahn-Bundesamtes vom 10. August 1995 wurde der Plan für das Vorhaben "Neubaustrecke Erfurt - Leipzig/Halle, Planfeststellungsabschnitt 1.4, 110-kV-Bahnstromleitung" festgestellt. Das Vorhaben ist Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 und betrifft die Stromversorgung der Neubaustrecke.
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Sein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) sieht im Bereich der Hochspannungsmasten 5 und 6 die Anpflanzung einer Gehölzfläche (F/E 2) und eines zweigliedrigen Gehölzstreifens (F/E 3) vor; sie sind in der Maßnahmekarte 4.5.2 (Blatt 3) und in dem Grunderwerbsplan Blatt 3.3.2 (Blatt 2) räumlich dargestellt. Der Gehölzstreifen soll als Ersatzmaßnahme die Trennung von Aktionsräumen der Avifauna und eine mögliche Gefährdung einzelner Tiere (Drahtanflug) kompensieren. Der westliche Teil des Gehölzstreifens befindet sich auf dem Grundstück der Gemarkung G., Flur ..., Flurstück .... Er fügt sich südlich an einen Weg, der - soweit ersichtlich - auf der Dammkrone der ehemaligen "Buchenwaldbahn" verläuft, und erstreckt sich mit einer Breite von etwa 10 bis 18 m von der östlichen Grundstücksgrenze rund 218 m entlang der südlichen Grundstücksgrenze. Der Kläger ist Inhaber eines Saatgutunternehmens und seit 10. Juni 2005 Eigentümer dieses Grundstücks. In der Bilanztabelle des Landschaftspflegerischen Begleitplans (Tabelle 15) ist die Maßnahme (Nr. F/E 3) mit der "Kurzbeschreibung" "Anpflanzung eines Gehölzstreifens" genannt. Darunter finden sich zu "Ziel und Begründung" der Maßnahme die Aussagen "Bepflanzung eines ehemaligen Bahndammes" und "Schaffung anderweitiger Lebensräume".
- 4
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Die Beigeladene hat den Gehölzstreifen im Mai 2012 anlegen und einzäunen lassen, ohne hierüber mit dem Kläger eine Verständigung herbeigeführt zu haben oder vorzeitig in den Besitz eingewiesen worden zu sein.
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Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2013 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf § 18d AEG, den Landschaftspflegerischen Begleitplan des Planfeststellungsbeschlusses zu ändern. Der Gehölzstreifen solle verlegt und entsprechend einer beigefügten Karte auf dem ehemaligen Bahndamm verwirklicht werden. Dazu solle die Fläche des Weges genutzt werden, die ebenfalls zu seinem Grundstück gehöre. Selbst unter Belassung des Weges sei beidseits auf dem Bahndamm ausreichend Fläche für den Gehölzstreifen vorhanden. Bei der planungsrechtlichen Abwägung sei übersehen worden, dass nicht der Bahndamm, sondern wertvolle landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch genommen werde. Von den Voreigentümern seien keine Einwände erhoben worden, offenbar in der Annahme, es solle der Bahndamm und nicht das Ackerland bepflanzt werden.
- 6
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Mit Bescheid vom 23. Oktober 2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Das Änderungsbegehren sei unbegründet, weil ihm die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses entgegenstehe. Lasse ein Eigentümer einen Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar werden, stünden auch seinem Rechtsnachfolger Abwehrrechte nicht mehr zu. In einem Begleitschreiben führte die Beklagte weiter aus, sie habe aus Anlass des Antrags geprüft, ob eine Änderung des festgestellten Vorhabens im Zuge einer eventuellen Rücknahme oder eines Widerrufs des Planfeststellungsbeschlusses in Betracht zu ziehen sei. Das sei nicht der Fall. Eine Rücknahme scheide jedenfalls deshalb aus, weil der Planfeststellungsbeschluss ohne Abwägungsmängel ergangen sei. Planungsalternativen hätten sich nach Lage der Dinge nicht aufgedrängt, Einwendungen seien von den Rechtsvorgängern des Klägers nicht erhoben worden. Die Regelung des § 15 Abs. 3 BNatSchG sei erst mit der Bekanntmachung des Gesetzes vom 29. Juli 2009 in Kraft getreten.
- 7
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Der Kläger hat am 24. November 2014 Klage erhoben. Zur Begründung hat er weiter ausgeführt: Die Kurzbeschreibung der landschaftspflegerischen Begleitmaßnahme widerspreche der Maßnahmekarte. Insoweit sei der Planfeststellungsbeschluss auch nicht bestandskräftig, wenngleich die Voreigentümer - eine Erbengemeinschaft - keinen Rechtsbehelf eingelegt hätten. Seinem Alternativvorschlag stehe der Untergrund des Weges nicht entgegen. Auch bestehe weder eine Grunddienstbarkeit noch ein Notwegerecht. Seine Klage ziele auf die Behebung eines erheblichen Mangels, der bei der Abwägung unbemerkt geblieben sei. Hinzu komme, dass die Maßnahme von der Beigeladenen rechtswidrig durchgeführt worden sei und sie hierdurch nicht begünstigt werden dürfe.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 23. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 10. August 1995 dahin zu ändern, dass der Gehölzstreifen auf dem Grundstück der Gemarkung G., Flur ..., Flurstück ... gemäß der dem Antrag vom 27. Dezember 2013 beigefügten Skizze anzupflanzen ist.
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Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist die Beklagte auf den angefochtenen Bescheid nebst Begleitschreiben. Auf den Karten sei klar zu erkennen, welche Teilfläche des Grundstücks beansprucht werde. Dem stehe die Maßnahmebeschreibung der Bilanztabelle nicht entgegen.
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Der Senat (Berichterstatter) hat einen Orts- und Erörterungstermin durchgeführt. Bemühungen um eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits sind erfolglos geblieben. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Änderung der planfestgestellten Regelung.
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1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 11 Abs. 2 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes - VerkPBG - vom 16. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Art. 464 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet danach über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren der von diesem Gesetz erfassten Vorhaben betreffen (§ 5 Abs. 1 VerkPBG). Diese Zuständigkeit ist grundsätzlich weit zu verstehen. Sie erfasst alle Verwaltungsstreitsachen, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren nach § 1 VerkPBG haben, also Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 3 VR 4.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:151216B3VR4.16.0] - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 23 Rn. 11 m.w.N.).
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Die planfestgestellte Bahnstromleitung ist eine für den Betrieb der Neubaustrecke Erfurt-Leipzig/Halle notwendige Anlage, deren Planung vor dem 17. Dezember 2006 begonnen wurde. Sie fällt damit in den Anwendungsbereich des Gesetzes (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 11 Abs. 2 VerkPBG). Soweit mit der Klage der Planfeststellungsbeschluss und dessen Regelungsgehalt selbst in Rede stehen, ergibt sich daraus die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres. Sie ist aber auch für das den Planfeststellungsbeschluss unmittelbar betreffende Begehren gegeben, diesen nachträglich im Rahmen einer Rücknahme oder eines Widerrufs zu ändern (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:280416U4A2.15.0] - BVerwGE 155, 81 Rn. 15 f.).
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2. Planfestgestellt ist der Gehölzstreifen auf den in der Maßnahmekarte 4.5.2 (Blatt 3) und im Grunderwerbsplan Blatt 3.3.2 (Blatt 2) dargestellten Flächen.
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Für die Auslegung des Inhalts eines Planfeststellungsbeschlusses ist entsprechend der §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Adressatenkreis bei objektiver Würdigung verstehen muss (vgl. allgemein zum Verwaltungsakt BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 C 23.13 - Buchholz 451.505 Einzelne Stützungsregelungen Nr. 7 Rn. 18 m.w.N.).
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Der Landschaftspflegerische Begleitplan mit dem Erläuterungsbericht und seinen Maßnahmekarten ist ebenso wie das Grunderwerbsverzeichnis nebst den Grunderwerbsplänen Teil der planfestgestellten Unterlagen (PFB S. 2 ff.). Nach dem Erläuterungsbericht zum Landschaftspflegerischen Begleitplan werden alle Maßnahmen mit ihrem konkreten Flächen- und Objektbezug in Maßnahmekarten im Maßstab 1:2 000 dargestellt (LBP S. 42). Entsprechend stellt die Maßnahmekarte 4.5.2 den Gehölzstreifen (Maßnahme F/E 3) auf einer Flurkarte zeichnerisch dar und bestimmt so die räumliche Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers. Der Gehölzstreifen fügt sich südlich an den vorhandenen Weg und nimmt damit die dort befindliche landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch. Die Maßnahmekarte deckt sich mit dem Grunderwerbsplan Blatt 3.3.2 (Blatt 2). Er ist dem Grunderwerbsverzeichnis beigegeben und ermöglicht den Eigentümern der dort genannten Grundstücke, die konkrete Betroffenheit der Grundstücke zu bestimmen. Im Übrigen enthält der Landschaftspflegerische Begleitplan keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der vorhandene, sich östlich wie westlich fortsetzende Weg hätte beseitigt werden sollen.
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Allerdings mag die Beschreibung der Maßnahme in der Bilanztabelle des Landschaftspflegerischen Begleitplans mit der Aussage "Bepflanzung eines ehemaligen Bahndammes" Fehlvorstellungen hervorrufen, soweit sie isoliert in den Blick genommen wird. Dazu ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Bilanztabelle ohne Hinzunahme der Maßnahmekarte schon keinen Bezug zu den betroffenen Grundstücken ermöglicht. Vor allem aber enthält die Tabelle lediglich eine stichwortartige Kurzbeschreibung. Die hier bedeutsame Aussage findet sich bei dem Unterpunkt "Ziel und Begründung", dient also ersichtlich nicht dazu, die Maßnahme räumlich abzugrenzen. Unter diesen Umständen ist aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht zweifelhaft, dass sich die örtliche Lage des Gehölzstreifens und damit die Grundstücksbetroffenheit allein aus der Maßnahmekarte und dem Grunderwerbsplan ergeben. Der Planfeststellungsbeschluss leidet daher nicht an einem unauflösbaren Widerspruch (Perplexität), weshalb auch keine Teilnichtigkeit - Nichtigkeit der angeordneten Ersatzmaßnahme - in Betracht kommt (§ 43 Abs. 3, § 44 Abs. 1, § 37 Abs. 1 VwVfG).
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3. Der Planfeststellungsbeschluss ist mit der streitigen Regelung zu dem Gehölzstreifen gegenüber den Voreigentümern des Grundstücks unanfechtbar geworden, weil diese nach Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses keine Klage erhoben haben. Die damit eintretende Bestandskraft muss sich der Kläger, der das Grundstück im Jahr 2005 von den Voreigentümern erworben hat, als Rechtsnachfolger entgegenhalten lassen. Das hat zur Folge, dass er die Inanspruchnahme des Grundstücks für die Anpflanzung des Gehölzstreifens als naturschutzrechtliche Ersatzmaßnahme zu dulden hat (§ 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Selbst wenn die Beschreibung des Gehölzstreifens in der Bilanztabelle bei den Voreigentümern zu einer Fehlvorstellung geführt haben sollte und sie deshalb die Klagefrist haben verstreichen lassen, so ließe sich allenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erwägen (§ 60 VwGO). Sie scheidet ungeachtet § 60 Abs. 3 VwGO schon deshalb aus, weil der Regelungsgehalt des Planfeststellungsbeschlusses bei der gebotenen Sorgfalt ohne weiteres hätte erkannt werden können (§ 60 Abs. 1 VwGO).
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4. Aus § 18d AEG lässt sich ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Planänderung nicht ableiten.
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Anknüpfend an den Grundsatz der Planerhaltung, der die Fehlerfolgen erheblicher Mängel der Planfeststellung begrenzt (§ 18c AEG i.V.m. § 75 Abs. 1a VwVfG), und für den Fall der Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens regelt § 18d AEG mit seinem Verweis auf § 76 VwVfG, in welchen Fällen von der Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens abgesehen werden kann und welche Verfahrenserleichterungen darüber hinaus in Betracht kommen. Die Verfahrensvorschrift setzt damit voraus, dass eine Planänderung überhaupt möglich ist, regelt aber nicht "ob", sondern nur "wie" diese gegebenenfalls durchzuführen ist.
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Jenseits der Fälle, in denen die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses zu einem ergänzenden Verfahren führt, ermöglicht § 18d AEG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG dem Vorhabenträger, vor Fertigstellung des Vorhabens unwesentliche Änderungen des festgestellten Plans in einem vereinfachten Verfahren feststellen zu lassen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so hat der Vorhabenträger Anspruch auf Durchführung eines Planänderungsverfahrens ebenso, wie er allgemein die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens verlangen kann (§§ 73, 22 Satz 2 Nr. 1 VwVfG). Dritte haben keinen Anspruch auf den Fortbestand der ursprünglichen Planung, auch wenn der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig geworden ist (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 - 4 C 34.89 - BVerwGE 91, 17 <23>).
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Geht eine Planänderung hingegen nicht vom Vorhabenträger aus, so hat die Planfeststellungsbehörde die Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses zu beachten (vgl. § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Das Planfeststellungsrecht verweist hierfür auf die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, wovon lediglich § 51 VwVfG ausgenommen ist (§ 18 Satz 3 AEG, § 72 Abs. 1 VwVfG). Entsprechend ist anerkannt, dass die Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf eines Verwaltungsaktes (§§ 48, 49 VwVfG) grundsätzlich auch auf Planfeststellungsbeschlüsse anwendbar sind. Auf Antrag eines betroffenen Dritten kann ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss mithin nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 oder 49 VwVfG geändert werden. Ein auf diese Vorschriften gestützter Anspruch kann allerdings nicht weiter gehen als der durch den Planerhaltungsgrundsatz modifizierte Aufhebungsanspruch bei fristgerechter Anfechtung (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 - BVerwGE 155, 81 Rn. 22, 31 m.w.N.).
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5. Die Voraussetzungen des § 48 VwVfG liegen nicht vor. Für eine Rechtswidrigkeit der streitigen Regelung des Planfeststellungsbeschlusses zu dem Gehölzstreifen ist nichts ersichtlich.
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a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit eines (eisenbahnrechtlichen) Planfeststellungsbeschlusses ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2013 - 7 B 18.12 - juris Rn. 27 m.w.N.). Folglich ist das in dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) in § 15 Abs. 3 BNatSchG ausdrücklich enthaltene Rücksichtnahmegebot, insbesondere für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen, für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Der Hinweis des Klägers auf § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG führt dabei nicht weiter. Es geht hier nicht um nicht voraussehbare Wirkungen eines festgestellten Plans, die zu Schutzansprüchen führen können.
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b) Die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich auch nicht aus einem Abwägungsfehler. Der Kläger meint, es sei übersehen worden, dass nicht der Bahndamm, sondern wertvolle landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch genommen werde. Damit greift er auf die Beschreibung der Ersatzmaßnahme in der Bilanztabelle des Landschaftspflegerischen Begleitplans zurück. Diese Beschreibung ist jedoch - wie ausgeführt - für die Lage des Gehölzstreifens nicht aussagekräftig. Aus der Maßnahmekarte wie auch aus dem Grunderwerbsplan ergibt sich klar, dass der Gehölzstreifen nicht auf dem Weg, sondern auf der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzfläche verwirklicht werden soll. Entsprechend weist das Grunderwerbsverzeichnis die Nutzung des Grundstücks mit A (Ackerbau) und VS (Straßenverkehrsfläche) aus. Die Anordnung des Gehölzstreifens entlang des Weges entspricht im Übrigen der Grundaussage des Erläuterungsberichts, Gehölzreihen vorrangig an vorhandenen landschaftlichen Leitstrukturen auszurichten (LBP S. 22). Es besteht daher kein Anhaltspunkt dafür, dass die Planfeststellungsbehörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sein könnte oder sonst nach damaliger Lage der Dinge abwägungsfehlerhaft entschieden hätte.
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6. Auch auf die Bestimmung über den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts vermag der Kläger sein Begehren nicht zu stützen. Der Planfeststellungsbeschluss ist ein die Beigeladene begünstigender Verwaltungsakt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Der danach einzige hier näher in Betracht zu ziehende Widerrufstatbestand des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG ist nicht gegeben.
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Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob mit dem Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 3 BNatSchG eine Rechtsänderung eingetreten ist, aufgrund der die Planfeststellungsbehörde berechtigt gewesen wäre, eine andere Regelung zu erlassen. Das spezielle Rücksichtnahmegebot wäre bei der Prüfung und Abwägung eventueller Alternativen von Bedeutung. Im Rahmen dieser Prüfung war es jedoch bereits zum Zeitpunkt der Planfeststellung möglich und geboten, die Bedeutung der landwirtschaftlichen Nutzung zu berücksichtigen. Jedenfalls aber fehlt es an einer Gefährdung des öffentlichen Interesses. Das wäre nur der Fall, wenn ohne den Widerruf ein wichtiges Gemeinschaftsgut gefährdet wäre (BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1992 - 7 C 38.90 - Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 25 S. 8). Die Bestimmung des § 15 Abs. 3 BNatSchG bringt lediglich ein allgemeines öffentliches Interesse an der Rücksichtnahme auf agrarstrukturelle Belange zum Ausdruck. In dem hier vorliegenden Entzug einer begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche zugunsten eines Gehölzstreifens lässt sich aber jenseits der privaten Interessen des Klägers keine Gefahr für ein wichtiges Gemeinschaftsgut erkennen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem unterlegenen Kläger aufzuerlegen, da sie einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Der Kläger begehrt von der Beklagten die Aufhebung zweier Planfeststellungsbeschlüsse für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart "Projekt Stuttgart 21" (Abschnitt 1.1 - Talquerung mit neuem Hauptbahnhof - und Abschnitt 1.2 - Fildertunnel -). Er ist Miteigentümer eines Grundstücks am Übergang der beiden bestandskräftig planfestgestellten Planfeststellungsabschnitte, das für das Vorhaben in Anspruch genommen wird. Das auf dem Grundstück stehende Wohngebäude ist nach einer vorzeitigen Besitzeinweisung der Beigeladenen bereits abgerissen worden. Gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt 1.1 hatte der Kläger erfolglos Klage erhoben; den Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt 1.2 hatte er nicht angefochten. Seine nunmehr erhobene Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die beiden Planfeststellungsbeschlüsse aufzuheben, hat der Verwaltungsgerichtshof einschließlich damit verbundener Hilfsanträge abgewiesen.
- 2
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es ist weder die gerügte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erkennbar (1.) noch weist die Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (2.). Schließlich sind auch die nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügten Verfahrensmängel nicht erkennbar (3.).
- 3
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1. Der Kläger sieht die gerügte Abweichung darin, dass der Verwaltungsgerichtshof seinen Verpflichtungsantrag hinsichtlich des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.2 als unzulässig abgewiesen habe, weil ihm kein an die Verwaltungsbehörde gerichteter Antrag vorausgegangen sei, während das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 4. August 1993 - 11 C 15.92 - (NVwZ 1995, 76) entschieden habe, dass der Grundsatz von der Notwendigkeit eines vor Einleitung des Gerichtsverfahrens bei der Behörde zu stellenden Vornahmeantrages nicht ausnahmslos gelte.
- 4
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Die vermeintliche Abweichung existiert nicht. Die Beigeladene weist zu Recht darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich ausgeführt habe, dass der Zwang, vor der Verpflichtungsklage einen entsprechenden Antrag im Verwaltungsverfahren zu stellen, "grundsätzlich" gelte, also nach dem üblichen juristischen Sprachgebrauch gerade nicht ausnahmslos ist. Dies deckt sich aber mit dem Rechtssatz, der dem vom Kläger herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. August 1993 - 11 C 15.92 - zugrunde liegt; denn dort wird dargelegt, dass eine Ausnahme von der von einzelnen Senaten des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Regel, nach der ein vor Klageerhebung an die Behörde zu stellender Antrag Klagevoraussetzung sei, jedenfalls in dem dortigen Zusammenhang - ein Folgeantrag auf Ausbildungsförderung, nachdem die Behörde mit der streitigen Frage bereits bei dem Erstantrag befasst war - gerechtfertigt sei. Ob der Regelannahme der anderen Senate zu folgen sei, lässt das Urteil ausdrücklich offen, stellt also keinen gegenteiligen Rechtssatz auf.
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2. a) Die an diesen Sachverhalt hilfsweise anknüpfende Grundsatzrüge des Klägers, mit der er geklärt wissen will,
-
ob und unter welchen Voraussetzungen ein vorgehender Antrag an die zuständige Behörde als ungeschriebene Klage-, Statthaftigkeits- oder Zulässigkeitsvoraussetzung für die Erhebung einer Verpflichtungsklage allgemein entbehrlich sein kann und/oder insbesondere durch die Geltendmachung im Klageverfahren - vornehmlich in der Klagebegründung - (ggf. gleichsam mit heilender Wirkung) nachgeholt werden kann,
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rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Dass ein solcher Antrag grundsätzlich vor Klageerhebung gestellt werden muss, ergibt sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und ist auch Ausgangspunkt der Fragestellung des Klägers. Insoweit ergibt sich auch kein weiterer Klärungsbedarf deswegen, weil im Urteil vom 4. August 1993 - 11 C 15.92 - offengelassen wird, ob diesem Grundsatz gefolgt werden könne; denn Gründe dafür, diesen Grundsatz aufzugeben, sind weder in jener Entscheidung noch in den Ausführungen des Klägers dargetan worden. Soweit es darum geht, ob und unter welchen Voraussetzungen von diesem Grundsatz abgewichen werden kann, hängt die Beantwortung der Frage von den Umständen des Einzelfalls und den jeweils maßgeblichen Rechtsnormen des betreffenden Sachgebiets ab. Der durch den Verwaltungsgerichtshof entschiedene Sachverhalt und das Beschwerdevorbringen des Klägers bieten jedenfalls keine hinreichenden Ansatzpunkte für eine allgemeingültige Formulierung von Voraussetzungen, unter denen in solchen Konstellationen Ausnahmen zugelassen werden können. Allein die vom Kläger betonte Tatsache, dass die Behörde seinen den Planfeststellungsbeschluss für den Teilabschnitt 1.1 betreffenden Aufhebungsantrag nicht beschieden hat, reicht für sich gesehen nicht dazu aus, das Absehen von einem vorherigen Antrag hinsichtlich eines weiteren Teilabschnitts zu rechtfertigen; erst recht lässt sich dies nicht dahin generalisieren, dass eine solche den Teilabschnitt eines Vorhabens betreffende Untätigkeit der Behörde es grundsätzlich erlaubt, den Kläger auch bei der gerichtlichen Verfolgung gleichgerichteter Begehren hinsichtlich weiterer Planfeststellungsabschnitte von einer vorherigen Antragstellung im Verwaltungsverfahren freizustellen. Auch dies hängt vielmehr von den jeweiligen Umständen ab und ist einer über den Fall hinausweisenden Klärung nicht zugänglich.
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Auch die weiteren vom Kläger als klärungsbedürftig bezeichneten Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO:
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b) Die Frage,
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ob der Widerruf eines Verwaltungsakts (hier: Planfeststellungsbeschlusses) nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG, dessen Rechtmäßigkeit durch ein rechtskräftiges Urteil bindend feststeht, im nachfolgenden Prozess um einen Anspruch auf Aufhebung nur neu eingetretene Tatsachen im Sinne des Tatbestands der Widerrufsvorschrift voraussetzt oder (zusätzlich) einen "- von der Rechtskraft nicht erfassten - neuen Sachverhalt",
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ist schon deswegen nicht klärungsbedürftig, weil sie an den Ausführungen des angegriffenen Urteils vorbeigeht. Der Verwaltungsgerichtshof lässt diese Frage ausdrücklich offen, weil er der Auffassung ist, dass es im vorliegenden Fall bereits an nachträglich eingetretenen Tatsachen fehle. Soweit der Kläger geltend macht, dass der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet dessen dennoch darauf abstelle, ob die betreffenden Tatsachen von der Rechtskraft des vorausgegangenen Urteils erfasst würden, unterliegt er einem Missverständnis. Der Verwaltungsgerichtshof bejaht nicht das Vorliegen neuer Tatsachen, um diese Aussage anschließend dadurch zu beschränken, dass diese Tatsachen - obwohl sie nachträglich eingetreten seien - von der Rechtskraft des Urteils erfasst und daher nicht als solche im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG aufzufassen seien. Vielmehr verneint er die Neuheit der Tatsachen, weil sie Gegenstand des vorausgegangenen Gerichtsverfahrens gewesen seien und ihrer Berücksichtigung deshalb die Rechtskraft des Urteils entgegenstehe.
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c) Die weitere Frage,
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ob es eine neue Tatsache im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG darstellt, wenn sich ergibt, dass eine aus mehreren sukzessiv ergehenden Teilgenehmigungen bestehende Vollgenehmigung für ein teilweise genehmigtes, insoweit aber nicht funktionsfähiges Vorhaben nicht erteilt werden kann, weil feststeht, dass spätere, für die Funktionsfähigkeit des Vorhabens erforderliche Teilgenehmigungen nicht erteilt werden dürfen, auch wenn die früher ergangenen Teilgenehmigungen rechtskräftig bestätigt worden sind und bei isolierter Betrachtung ohne Rücksicht auf die fehlende Gesamtgenehmigungsfähigkeit weder zurückgenommen (§ 48 VwVfG) noch - etwa mangels neuer Tatsachen - widerrufen (§ 49 VwVfG) werden könnten,
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geht ebenfalls an den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs vorbei. Das Gericht hat gerade nicht festgestellt, dass weitere für die Funktionsfähigkeit des Vorhabens erforderliche Teilgenehmigungen nicht erteilt werden dürften, es hat sich im Gegenteil auf den Standpunkt gestellt, dass - obwohl die Planfeststellungsunterlagen zum Abschnitt 1.3 in der vorgelegten Form nach einem Schreiben des Eisenbahn-Bundesamtes nicht genehmigungsfähig seien - dies nicht bedeute, dass der Plan insoweit nicht endgültig festgestellt werden könne und dass der Verwirklichung des Gesamtprojekts daher bislang keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstünden.
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d) Die daran anschließende Frage,
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ob neue Tatsachen im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG nicht auch dann vorliegen (können), wenn - wie in der zitierten Literatur vertreten wird - die Fakten eine rechtliche Bewertung im Rahmen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals erfordern,
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stellt sich nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht und verleiht der Rechtssache daher keine grundsätzliche Bedeutung. Der Verwaltungsgerichtshof steht zu Recht auf dem Standpunkt, dass seine das Urteil tragende Rechtsansicht der in der vermeintlichen Grundsatzfrage wiedergegebenen Rechtsauffassung nicht entgegensteht. Zutreffend verweist er darauf, dass diese Rechtsauffassung auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 14. Oktober 1998 - 1 B 67.95 - (NVwZ-RR 2000, 431) zurückzuführen ist (vgl. das Zitat bei Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 49 Rn. 60 Fn. 184, sowie bei Gayer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 49 Rn. 44) und keineswegs eine Änderung der rechtlichen Bewertung bei gleichbleibender Tatsachenlage im Auge hat, sondern eine geänderte Tatsachenlage, die eine neue Bewertung erfordert. Eine solche geänderte Tatsachenlage hat der Verwaltungsgerichtshof gerade verneint.
- 10
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e) Auch die weitere Frage,
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unter welchen Voraussetzungen neue wissenschaftliche oder wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, Gutachten oder sachverständige Stellungnahmen "neuen Tatsachen" im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG gleichstehen bzw. als neue Tatsache zu behandeln sind,
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wobei nach Auffassung des Klägers auch zu klären ist,
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ob insoweit die Auslegung von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG in Bezug auf Planfeststellungsbeschlüsse anderen, engeren Vorgaben unterliegt,
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verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Kläger angeführten Stellungnahmen des Herrn Dr. E. als ein neues Beweismittel eingeordnet, mit dem der Kläger die bisherigen Gutachten zu entkräften versuche. Es handele sich nicht um neue Tatsachen im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG. Dazu genüge nicht jede neue Erkenntnis eines Wissenschaftlers; vielmehr müsse diese Grundlage dafür sein, dass eine bestimmte bereits vorhandene Tatsache allgemein anders bewertet werde; denn eine neue wissenschaftliche Erkenntnis, die geeignet sei, einen Widerruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG zu begründen, sei abzugrenzen von der bloßen anderen Bewertung einer unveränderten Tatsache.
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Der Verwaltungsgerichtshof gibt insoweit die von ihm zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1982 - 7 B 190.81 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 80; Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 308) zutreffend wieder, so dass sich nicht ohne Weiteres erschließt, woraus sich ein weiterer Klärungsbedarf ergeben soll. Das gilt auch, soweit der Kläger es für notwendig hält, sich mit der Anwendbarkeit dieser Grundsätze im Planfeststellungsrecht auseinanderzusetzen. Abgesehen davon, dass kein Grund dafür ersichtlich ist, warum die Frage, wann wissenschaftliche Erkenntnisse als "neue Tatsachen" anzusehen sind, im Planfeststellungsrecht anders als sonst zu beantworten sein soll, ergibt sich aus dem das Planfeststellungsrecht betreffenden Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116 Rn. 308), auf das sich auch der Kläger in seiner Beschwerdebegründung beruft, dass dies in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht anders beurteilt wird. Dort wird mit weiteren Nachweisen klargestellt, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse in der Regel erst dann einer Planungs- oder Zulassungsentscheidung zugrunde zu legen sind, wenn sie allgemeine Anerkennung gefunden haben. Daraus folgt sogleich, dass eine Einzelmeinung, die sich in der wissenschaftlichen Diskussion bisher nicht durchgesetzt hat, grundsätzlich keine neue Tatsache sein kann, die einen Widerruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG rechtfertigen kann. Die vom Kläger mit seinem Hinweis auf die vom Bundesverwaltungsgericht verwendeten Worte "in der Regel" indirekt aufgeworfene Frage, ob davon Ausnahmen denkbar sind, stellt sich im vorliegenden Fall nicht; denn Umstände für eine in dieser Hinsicht aus dem Rahmen fallende Situation lassen sich weder den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs noch den Ausführungen des Klägers entnehmen.
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f) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die Fragen,
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unter welchen Voraussetzungen allgemein die Planrechtfertigung im Hinblick auf die Sicherung der dem Plan ursprünglich zugrunde liegenden Finanzierung entfällt bzw. entfallen kann, beispielsweise wenn eine zugrunde liegende verbindliche Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Vorhabenträger und weiteren an der Finanzierung maßgeblich beteiligten Gebietskörperschaften (wie hier Bund, Länder, Kommune) nachträglich in Frage gestellt wird, vornehmlich nichtig ist oder nicht mehr ausreicht oder sonst feststeht, dass einzelne Mitfinanzierer ganz oder teilweise ausfallen,
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und
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ob es bei später entstehenden Zweifeln an der Finanzierung ausreicht, dass der private Vorhabenträger bzw. der in staatlichem Eigentum stehende privatisierte Vorhabenträger erklärt, er sei ggf. bereit, die Finanzierung notfalls teils zusätzlich oder ganz selbst zu übernehmen.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Verfahrens der Widerrufsanspruch des Klägers nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG sei und in diesem Rahmen geprüft werden müsse, ob aufgrund neuer Tatsachen die Gesamtfinanzierung ausgeschlossen sei und demzufolge keine Planrechtfertigung mehr vorliege. Dies hat er verneint. Die vom Kläger dazu aufgeworfenen Fragen betreffen die tatsächliche Bewertung der dieser Beurteilung zugrunde liegenden Einzelumstände und sind daher nicht geeignet, der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu verleihen.
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g) Die folgenden vier als grundsätzlich bezeichneten Fragen zu § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 VwVfG, mit denen der Kläger sinngemäß grundlegend geklärt wissen will, unter welchen Voraussetzungen ein schwerer Nachteil im Sinne dieser Vorschrift bei einem Planfeststellungsbeschluss mit enteignender Vorwirkung vorliegt, wenn der Gemeinwohlgrund der Enteignung oder Eigentumsbeschränkung nachträglich entfällt, und wozu er zahlreiche Einzelfragen formuliert, von deren Wiedergabe hier abgesehen wird, führen ebenfalls nicht zum Erfolg des Rechtsbehelfs.
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Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 VwVfG stellt mit der Verhütung oder Beseitigung von schweren Nachteilen für das Gemeinwohl besonders strenge Anforderungen an den Widerrufsgrund, ist jedoch ansonsten voraussetzungslos; insbesondere fordert sie keine Veränderung der Sach- oder Rechtslage und lässt damit ohne Weiteres die Durchbrechung der Bestandskraft zu. Angesichts dessen liegt es auf der Hand, dass mit schweren Nachteilen für das Gemeinwohl zwar nicht ausschließlich Allgemeininteressen, sondern auch individuelle Träger von Rechtsgütern geschützt sein können (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1997 - 11 C 1.96 - BVerwGE 105, 6 <15>), deren verletztes Recht aber einen Rang aufweisen muss, der es zum Gemeinwohlbelang erhebt, und dessen Verletzung zudem so gravierend sein muss, dass sie auch und gerade im Interesse der Allgemeinheit nicht hingenommen werden oder aufrechterhalten bleiben kann.
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Ausgehend davon drängt es sich auf, dass die Beeinträchtigung des Eigentums Einzelner durch einen Planfeststellungsbeschluss grundsätzlich nicht die strengen Anforderungen des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 VwVfG erfüllt. Anders als für das Leben und die Gesundheit individueller Rechtsträger, die das Bundesverwaltungsgericht als vom Schutz der Norm erfasst sieht, gibt es - worauf der Verwaltungsgerichtshof zu Recht hinweist - für verlorenes oder beeinträchtigtes Eigentum die Möglichkeit der Ersatzbeschaffung. Im Übrigen darf nicht aus den Augen verloren werden, dass Planfeststellungsbeschlüsse mit enteignenden Vorwirkungen keineswegs Ausnahmeerscheinungen sind. Vielmehr liegt es in der Natur der Sache, dass planfeststellungsbedürftige Vorhaben, insbesondere solche der Verkehrsinfrastruktur, oftmals mit der Inanspruchnahme fremden Eigentums einhergehen. Gäbe man den Betroffenen in all diesen Fällen mit der Behauptung der untragbaren Nachteile des bestandskräftig vorentschiedenen Zugriffs auf ihr Eigentum die Möglichkeit einer erneuten Verfahrenseröffnung, verlöre die Bestandskraft solcher Entscheidungen weitgehend ihre Bedeutung. Dies widerspräche der Zielrichtung der einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die Planfeststellungsbeschlüssen wegen ihrer gestalterischen Wirkung eine erhöhte Bestandskraft verleihen und daher einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Planfeststellungsverfahrens ausschließen (vgl. § 72 Abs. 1 i.V.m. § 51 VwVfG). Der Widerruf eines Planfeststellungsbeschlusses kommt daher, wenn nachträgliche Schutzauflagen nach § 75 Abs. 2 VwVfG nicht ausreichen, um Gefahren für grundrechtlich geschützte Rechtsgüter abzuwehren, nur als ultima ratio in Betracht (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1997 - 11 C 1.96 - BVerwGE 105, 6 <13>; Beschlüsse vom 10. Oktober 2003 - 4 B 83.03 - NVwZ 2004, 97 <98>, vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 - NVwZ 2004, 865 <867> und vom 26. Februar 2004 - 4 B 95.03 - NVwZ 2004, 869; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 72 Rn. 115) und jedenfalls grundsätzlich nicht schon dann, wenn Einzelne in ihren Eigentumsrechten betroffen sind. Dies ist offenkundig und bedarf zur Klärung nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Nur insoweit ist es angesichts des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts notwendig, die in diesem Zusammenhang vom Kläger aufgeworfenen zahlreichen Fragen zu beantworten.
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h) Schließlich ergibt sich auch kein grundsätzlicher Klärungsbedarf hinsichtlich der Fragen,
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unter welchen Voraussetzungen durch den ohne Widerruf eines Planfeststellungsbeschlusses erfolgenden Bau eines Planungstorsos (nicht funktionsfähiges Vorhaben) ein schwerer Nachteil für das Gemeinwohl droht,
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und
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ob die in diesem Falle ohne rechtfertigenden Gemeinwohlgrund erfolgenden Eingriffe in die im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigten öffentlichen und privaten Belange (Enteignungen, naturschutzrechtliche Eingriffe) schwere Nachteile darstellen.
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Diese Fragen sind schon deswegen nicht zu beantworten, weil sie Tatsachen voraussetzen, die vom Verwaltungsgerichtshof so nicht festgestellt worden sind.
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3. Es gibt auch keine Verfahrensmängel, die zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen.
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a) Der Kläger rügt insoweit im Anschluss an eine seiner Grundsatzrügen zunächst, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht ohne Beweisaufnahme davon habe ausgehen dürfen, dass die Stellungnahmen des Dr. E. nicht dem allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprächen.
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Diese Rüge genügt für sich gesehen nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines Verfahrensmangels, weil sie nicht verdeutlicht, weshalb es sich dem Gericht aufdrängen musste, dass seine an den bisher vorliegenden Gutachten orientierte Einschätzung der Stellungnahmen einer weiteren Fundierung durch die Einholung zusätzlicher Beweismittel bedurfte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger diese Rüge darüber hinaus mit dem Einwand verknüpft, die Beweisanträge Nr. 1 bis 14 hätten nicht übergangen werden dürfen; denn auch insoweit liegt kein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor.
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b) Mit seinen Beweisanträgen Nr. 1, 2, 11 und 12 wollte der Kläger nach seinem Beschwerdevorbringen belegen, dass der der Planung zugrunde gelegte Verkehrsbedarf fehlerhaft bemessen worden sei. Da der Verwaltungsgerichtshof die mit den Anträgen zu 1 und 2 zu beweisenden Tatsachen nicht als neu bewertet hat, waren sie nach der dem Urteil zugrunde liegenden und daher maßgeblichen Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich, so dass sich das Unterlassen der Beweisaufnahme nicht als verfahrensfehlerhaft erweist. Dem Kläger hilft insoweit auch der Vortrag nicht weiter, erst die Beweisaufnahme hätte ergeben, dass es sich bei den zu belegenden Tatsachen nicht um bloße Bewertungen bekannter Tatsachen, sondern um neue wissenschaftliche Erkenntnisse handele, die der Entscheidung wie neue Tatsachen hätten zugrunde gelegt werden müssen. Damit seine Anträge mit dieser Zielrichtung noch als echte Beweisanträge und nicht als bloße Ausforschungsanträge hätten verstanden werden können, hätte er zumindest Umstände vortragen müssen, aus denen sich ergeben hätte, dass die zu gewinnenden Beweisergebnisse nach den vom Verwaltungsgerichtshof angelegten Maßstäben notwendigerweise wissenschaftlich allgemein anerkannt und daher als neue Tatsachen hätten bewertet werden müssen. Dass dies geschehen ist, macht er mit seiner Beschwerde nicht geltend.
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Die Beweisanträge zu 11 und 12 zielten bereits ihrem Wortlaut nach auf den tatsächlichen Zugverkehr im Jahre 2011 und daher von vornherein nicht auf neue Tatsachen, so dass sie schon deswegen vom Verwaltungsgerichtshof mit dieser Begründung abgelehnt werden durften.
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Soweit der Kläger neben den Beweisanträgen zu 1, 2, 11 und 12 generell das Übergehen der Beweisanträge zu 1 bis 14 beanstandet hat, fehlt seiner Rüge die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Substanz.
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c) In der Sache nicht berechtigt ist schließlich die Verfahrensrüge, die die Beweisanträge zu 18 und 19 betrifft. Mit diesen Anträgen wollte der Kläger durch zwei Zeugenaussagen im Wesentlichen die fehlende Bereitschaft und Fähigkeit der Deutschen Bahn AG und ihres Aufsichtsrates, das Vorhaben angesichts der Kostensteigerungen zu finanzieren, und deren Absicht belegen, den Bau des Projekts einzustellen oder zu stoppen, wenn der Finanzierungsvertrag vom 2. April 2009 verfassungswidrig sei, die darin vorgesehenen Finanzierungsbeiträge des Landes Baden-Württemberg nicht gezahlt werden könnten und ggf. geleistete Zahlungen zurückgezahlt werden müssten.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Anträge mit der Begründung abgelehnt, dass die Beweisthemen keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen enthielten, weil sie Hypothesen und künftige Entscheidungen zum Gegenstand hätten, die darüber hinaus von bestimmten Bedingungen abhingen. Diese Begründung lässt keinen Verfahrensmangel erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Planrechtfertigung nur dann als fehlend angesehen, wenn im Falle der Nichtigkeit der Finanzierungsvereinbarung zugleich feststünde, dass eine andere Aufteilung der Kosten von vornherein ausscheide, so dass nach den Vorstellungen aller Finanzierungbeteiligten das Projekt nicht zu verwirklichen wäre (vgl. UA S. 17). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, konnte der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen und stützt sich dabei unter anderem auf den Prozessvortrag der Beigeladenen, wonach sie nicht gehindert sei, höhere Kosten zu tragen.
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Zu dieser Einschätzung des künftigen Verhaltens der Beigeladenen sollten die Zeugen ausweislich des Beweisthemas keine konkreten Tatsachen beitragen - solche werden in den Beweisanträgen nicht benannt -, sondern ihre eigene Einschätzung dazu, wie sich die Deutsche Bahn AG und die Beigeladene verhalten würden, wenn die beschriebenen Finanzierungsprobleme aufträten. Solche Mutmaßungen sind keine Tatsachen, die dem Beweis zugänglich sind. Dazu hätte der Kläger schon bestimmte tatsächliche Umstände in das Wissen der Zeugen stellen müssen, aus denen sich auf die vermutlichen Absichten der Deutschen Bahn AG und der Beigeladenen hätte schließen lassen.
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Die in diesem Zusammenhang erhobene Gehörsrüge ist ebenso wenig berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht nur in den Tatbestand seines Urteils den Vortrag des Klägers zur entstehenden Finanzierungslücke und der fehlenden Bereitschaft der Vorhabenträgerin und des Bundes, für diese Lücke einzustehen, aufgenommen (UA S. 5 oben), er ist auch in den Entscheidungsgründen (UA S. 17 f.) hierauf eingegangen, wenn auch nicht mit dem vom Kläger erwünschten Ergebnis. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich hieraus nicht.
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Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
- 31
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, die im Jahr 2007 planfestgestellten Betriebsregelungen für den Nachtflugbetrieb auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle aufzuheben.
- 2
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Mit Planfeststellungsbeschluss vom 4. November 2004 stellte das Regierungspräsidium Leipzig Aus- und Umbaumaßnahmen für den Flughafen Leipzig/Halle fest, um diesen zu einem Drehkreuz für den Frachtflugverkehr auszubauen. Auf Klagen von Anwohnern, darunter auch dem Kläger, verpflichtete der Senat den Beklagten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut darüber zu entscheiden, ob der Nachtflugbetrieb, soweit es nicht um Frachtflüge zum Transport von Expressgut geht, über die getroffenen flugbetrieblichen Regelungen hinaus beschränkt wird, und wies die Klagen im Übrigen ab (BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95
).
- 3
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Den nächtlichen Flugbetrieb regelte das Regierungspräsidium Leipzig in einem Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 27. Juni 2007. Die Regelungen A II.4.7.1. Satz 2 und A II.4.7.3.6. bis A II.4.7.3.8. gestatten in weitem Umfang nächtlichen Fracht- und Militärflugverkehr. Die gegen den Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss erhobene Klage des Klägers wies der Senat mit Urteil vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - (BVerwGE 131, 316) ab. Eine dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an (BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3474/08 - NVwZ 2009, 1489). Eine Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erklärte dieser für unzulässig (EGMR, Entscheidung vom 10. Juni 2014 - 25330/10 - NVwZ 2015, 1119).
- 4
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Der Kläger ist Miteigentümer eines Grundstücks, das er selbst bewohnt. Es liegt etwa 11,5 km entfernt in östlicher Verlängerung der südlichen Start- und Landebahn des Flughafens innerhalb des vom Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Nachtschutzgebietes. Für diese Ortslage prognostiziert der Planfeststellungsbeschluss eine nächtliche Lärmbelastung mit einem Dauerschallpegel Leq(3) = 51,2 dB(A), 20,3 Lärmereignissen mit LAmax ≥ 68 dB(A) und 1,2 Lärmereignissen mit LAmax ≥ 75 dB(A). Auf Kosten der Beigeladenen sind in den Schlafräumen des Wohnanwesens des Klägers Lüftungseinrichtungen sowie Schallschutzfenster eingebaut worden, die nach den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses bei geschlossenen Fenstern eine Außen-Innen-Pegeldifferenz von 25 dB(A) gewährleisten sollen. Nach Angaben der Beigeladenen liegen die in den Schlafräumen auftretenden Maximalpegel unter 50 dB(A).
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Im September 2014 beantragte der Kläger, die Bestimmungen zum Nachtflugbetrieb zurückzunehmen, hilfsweise zu widerrufen sowie das Ergänzungsplanfeststellungsverfahren wiederaufzugreifen oder erneut durchzuführen. In dem erneuten Verwaltungsverfahren seien die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Auswirkungen nächtlichen Fluglärms zu beachten. Mit Schreiben vom 19. September 2014, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, lehnte die Landesdirektion Sachsen die Anträge ab. Einen Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2015 als unzulässig und unbegründet zurück.
- 6
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Mit seiner am 4. April 2015 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Annahmen aus dem Planfeststellungsbeschluss zu Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Fluglärm seien wissenschaftlich überholt. Dies gelte insbesondere für die Grenze einer Gesundheitsgefährdung ab einem nächtlichen Dauerschallpegel von 60 dB(A) (außen) und einem Maximalpegel (innen) von 65 dB(A) sowie für die Pegeldifferenz eines gekippten Fensters von 15 dB(A). Der Beklagte dürfe daher an dem Planfeststellungsbeschluss nicht festhalten.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2014 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2015 zu verpflichten,
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die Regelungen A II.4.7.1. Satz 2, A II.4.7.3.6. bis A II.4.7.3.8. sowie A II.4.7.6. Satz 2 und 3 des Planfeststellungsbeschlusses vom 4. November 2004 in der Fassung des Ergänzungsplanfeststellungsbeschlusses vom 27. Juni 2007 zurückzunehmen,
-
hilfsweise diese Regelungen zu widerrufen,
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hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, das Planfeststellungsverfahren hinsichtlich dieser Regelungen wiederaufzugreifen.
- 8
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei unbegründet. Gemäß einer Nebenbestimmung zum Planfeststellungsbeschluss sei im Jahr 2009 ein inzwischen bestandskräftiger Änderungsplanfeststellungsbeschluss ergangen; für weitere Änderungen habe es bisher keinen Anlass gegeben. Eine Rücknahme oder ein Widerruf seien unbehelflich, weil in diesem Fall die bisherigen Regelungen - eine unbeschränkte Nachtflugerlaubnis gemäß der luftrechtlichen Betriebsgenehmigung vom 20. September 1990 in der Fassung des Bescheides vom 14. März 2000 - in Kraft träten. Der Kläger habe im Übrigen nicht dargelegt, dass die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Annahmen wissenschaftlich überholt seien. Ein Wiederaufgreifen sei von Rechts wegen ausgeschlossen.
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Die Beigeladene beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Die Rechtskraft des Urteils vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - bilde ein Prozesshindernis. Der Kläger sei nicht klagebefugt, da ihm der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zustehen könne. Jedenfalls fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil es bei einem Erfolg der Klage bei den für den Kläger nicht günstigeren Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses aus dem Jahr 2004 bliebe. Die Klage sei auch unbegründet. Einen Meinungswandel in der Wissenschaft lege der Kläger nicht substantiiert dar. Zudem gewähre das Schallschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses sogar besseren Schutz als die gesetzliche Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluglärmG.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
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I. Die Klage ist zulässig.
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1. Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung zuständig. Nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz - VerkPBG) vom 16. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Art. 464 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 VerkPBG betreffen. Zu diesen gehört nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 VerkPBG auch die Planung des Baus und der Änderung von Verkehrsflughäfen im Land Sachsen, wenn die Planfeststellung bis zum Ablauf des 16. Dezember 2006 beantragt wurde.
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Diese Zuständigkeit erstreckt sich auch auf den Streit um die Verpflichtung der Behörde, Betriebsregelungen eines in den zeitlichen Geltungsbereich des Gesetzes fallenden Planfeststellungsbeschlusses aufzuheben und das Verfahren wiederaufzunehmen. Denn § 5 Abs. 1 VerkPBG wird grundsätzlich weit verstanden (BVerwG, Beschlüsse vom 13. Oktober 1994 - 7 VR 10.94 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 3 S. 5 und vom 18. Mai 2000 - 11 A 6.99 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 11 S. 2) und erfasst alle Verwaltungsstreitsachen, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren nach § 1 VerkPBG haben. Die Vorschrift gilt daher auch für Klagen, die auf die Verpflichtung zur vollständigen Rücknahme eines Planfeststellungsbeschlusses gerichtet sind (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11 u.a. - BVerwGE 144, 44 Rn. 18), oder - wie hier - auf eine teilweise Aufhebung und ein Wiederaufgreifen des Verfahrens. Denn die angegriffenen betrieblichen Regelungen sind Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens (BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2011 - 7 VR 8.11 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 20 Rn. 5).
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Die damit eröffnete erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts unterliegt jedoch zeitlichen Grenzen: Die besonderen Vorschriften des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG nur bis zum Ablauf des 16. Dezember 2006. Wird § 5 Abs. 1 VerkPBG auf Verpflichtungsklagen auf vollständige oder teilweise Aufhebung von Planfeststellungsbeschlüssen erstreckt, birgt dies die Gefahr einer vom Gesetzgeber nicht gewollten erstinstanzlichen Dauerzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11 u.a. - BVerwGE 144, 14 Rn. 19). § 5 Abs. 1 VerkPBG setzt daher einen unmittelbaren zeitlichen Bezug zu dem jeweiligen Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren voraus. Dieser besteht hier noch. Der Senat weist aber darauf hin, dass nach seiner Einschätzung der notwendige unmittelbare zeitliche Bezug jedenfalls nach einem Zeitraum von fünfzehn Jahren nach dem 16. Dezember 2006 entfallen sein wird.
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2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.
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Anders als die Beigeladene meint, ist der Kläger klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Es ist nicht von vornherein und nach jeder Sichtweise ausgeschlossen (stRspr; vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 14 und vom 5. August 2015 - 6 C 8.14 - Buchholz 11 Art. 87f GG Nr. 4 Rn. 11), dass ihm der geltend gemachte Anspruch zusteht.
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Die Klagefrist ist gewahrt. Der Kläger hat gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides Klage erhoben. Die Klage wäre aber auch fristgerecht erhoben, wenn es nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2, § 70 Abs. 1 VwVfG keines Vorverfahrens bedurft hätte. Denn der Ausgangsbescheid vom 19. September 2014 enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung, so dass die Klage in diesem Fall binnen der Jahresfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach der Bekanntgabe des Ausgangsbescheides erhoben werden konnte.
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Für die Klage besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Allerdings lässt der Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2007 keine Verkehre zum Betrieb zu, sondern beschränkt den durch die frühere luftrechtliche Genehmigung zugelassenen Betrieb für die Nachtzeit (BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 22). Nach dem rechtskräftigen und die Beteiligten nach § 121 Nr. 1 VwGO bindenden Beschluss des Senates vom 2. Mai 2007 - 4 A 2002.07 - war der Beklagte indes mit Blick auf die durch den Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2004 geschaffenen Regelungen verpflichtet, erneut darüber zu entscheiden, ob der Nachtflugbetrieb, soweit es nicht um Frachtflüge zum Transport von Expressgut geht, über die getroffenen flugbetrieblichen Regelungen hinaus beschränkt wird. Solange es - und sei es in Folge einer behördlichen Aufhebung der flugbetrieblichen Regelungen - an der damit gebotenen Vervollständigung des Lärmschutzkonzeptes fehlte, wäre nach Inbetriebnahme der Start- und Landebahn Süd jeglicher Flugverkehr, der nicht dem Transport von Expressgut dient, zwischen 22:00 und 6:00 Uhr unzulässig (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 - 4 A 2002.07 - Rn. 10 i.V.m. Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 77).
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Auch die materielle Rechtskraft des Senatsurteils vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - (BVerwGE 131, 316) steht der Klage nicht entgegen, weil nicht derselbe Streitgegenstand in Rede steht. Streitgegenstand des Senatsurteils vom 24. Juli 2008 (a.a.O.) war die vollständige oder teilweise gerichtliche Aufhebung der Nachtflugregelungen im Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 27. Juni 2007. Darum geht es hier nicht, sondern um die Verpflichtung des Beklagten, diese Regelungen aufzuheben oder das Verfahren wiederaufzugreifen.
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II. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger kann vom Beklagten weder die Aufhebung der beanstandeten Regelungen noch ein Wiederaufgreifen des Verfahrens verlangen.
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1. Nebenbestimmungen zum Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 27. Juni 2007 stützen das klägerische Begehren nicht.
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Der Nebenbestimmung A II.4.9.1. hat der Beklagte bereits durch Erlass eines Änderungsplanfeststellungsbeschlusses im Jahr 2009 Rechnung getragen. Weiter gehende Ansprüche begründet sie nicht. Mit der Nebenbestimmung A II.4.9.2. behält sich die Planfeststellungsbehörde nachträgliche Anordnungen, insbesondere zur Abgrenzung des Nachtschutzgebietes, für den Fall vor, dass in zwei aufeinanderfolgenden Jahren das nach einer Auswertung durch die Beigeladene berechnete Gebiet über das planfestgestellte Nachtschutzgebiet oder das Nachtschutzgebiet nach Inbetriebnahme, sofern dies weiterreicht, hinausgeht. Ein solcher Fall ist bisher nicht eingetreten. Im Übrigen könnte der Kläger aus einer "insbesondere" vorgesehenen neuen Abgrenzung des Nachtschutzgebietes keinen Nutzen ziehen, da sein Grundstück bereits innerhalb dieses Gebietes liegt.
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2. Der Kläger kann keine Rücknahme der beanstandeten Regelungen nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG oder eine Ermessensentscheidung hierüber verlangen.
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Nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Vorschrift gilt auch für Planfeststellungsbeschlüsse (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11 u.a. - BVerwGE 144, 44 Rn. 23). Sie setzt die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts voraus. Weil der Anspruch auf Rücknahme nicht weiter gehen kann als der Aufhebungsanspruch bei fristgerechter Anfechtung (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 ebd.), kommt ein Anspruch eines Dritten auf Rücknahme oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber nur in Betracht, wenn der Planfeststellungsbeschluss gerade ein Recht dieses Dritten verletzt. Daran fehlt es.
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Maßgebend für die Rechtswidrigkeit ist der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 43 f. und vom 28. Mai 2015 - 1 C 24.14 - NVwZ-RR 2015, 753 Rn. 18). Mit Rechtskraft des Senatsurteils vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - (BVerwGE 131, 316 Rn. 27) steht für die Beteiligten nach § 121 Nr. 1 VwGO bindend fest, dass der Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 27. Juni 2007 bei seinem Erlass den Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt hat. Aus den in Hinblick auf Art. 35 Abs. 1 EMRK prozessrechtlich veranlassten Formulierungen des EGMR in seiner Entscheidung vom 10. Juni 2014 - 25330/10 - (NVwZ 2015, 1119 Rn. 22 ff.) folgt nichts Anderes.
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Die Rechtsprechung lässt gelegentlich, namentlich bei Dauerverwaltungsakten, die Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu, wenn dieser nachträglich rechtswidrig geworden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 1989 - 8 C 87.87 - BVerwGE 82, 98 <99>, vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 43 und vom 28. Juni 2012 - 2 C 13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 15). Die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auf Fälle nachträglicher Rechtswidrigkeit scheidet indes für luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse von vornherein aus. Denn sowohl für die planerische Rechtfertigung eines luftverkehrsrechtlichen Vorhabens als auch für die planerische Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan maßgebend (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 68 und Beschluss vom 22. Juni 2015 - 4 B 61.14 - juris Rn. 5). Einem Dritten ist es also im Anfechtungsprozess versagt, die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses unter Hinweis auf Veränderungen der Sach- und Rechtslage nach Erlass dieses Beschlusses geltend zu machen. Es stände hierzu in Widerspruch, wenn der Kläger unter Hinweis auf solche Veränderungen einen Anspruch auf Rücknahme oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber zugesprochen bekäme.
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3. Der Kläger kann auch keinen Widerruf der im Streit stehenden Regelungen oder eine Ermessensentscheidung hierüber verlangen.
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a) Der vollständige oder teilweise Widerruf eines Verwaltungsakts findet seine Rechtsgrundlage in § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 49 VwVfG.
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Diese Norm findet zwar auch auf Planfeststellungsbeschlüsse Anwendung, die Widerrufsmöglichkeit erweist sich hier aber - entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - als ultima ratio. Dritte können einen Widerruf nur verlangen, wenn Schutzauflagen nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht als Abhilfe ausreichen (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1997 - 11 C 1.96 - BVerwGE 105, 6 <13> und Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 14 S. 7 f.). Gerade hierin liegt die erhöhte Bestandskraft von Planfeststellungsbeschlüssen.
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Der Vorrang nachträglicher Schutzauflagen lässt es nicht zu, die Regelungen über den nächtlichen Flugbetrieb zu widerrufen, um auf diesem Wege den Kläger besser vor Fluglärm zu schützen. Nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG kann ein Betroffener Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche nachteilige Wirkungen ausschließen, wenn nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf sein Recht erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auftreten. Nicht voraussehbar in diesem Sinn sind auch Auswirkungen, deren Schädlichkeit oder Gefährlichkeit sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und des technischen Fortschritts erst nachträglich herausstellt (BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2004 - 4 B 82.03 - NVwZ 2004, 618). Es ist aber weder ersichtlich noch vorgetragen, dass etwaigen - vom Kläger behaupteten - veränderten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm nicht durch weitere Schutzauflagen, insbesondere besseren baulichen Lärmschutz, Rechnung getragen werden könnte.
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Ob der Kläger einen Anspruch auf nachträgliche Schutzauflagen nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG hat, war nicht Gegenstand der Klage; für einen solchen Anspruch wäre das Bundesverwaltungsgericht im Übrigen erstinstanzlich nicht zuständig (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2010 - 9 A 36.08 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 18). Der Senat weist aber darauf hin, dass es dem Kläger wohl nicht gelungen sein dürfte, eine veränderte wissenschaftliche Bewertung der ihn treffenden Belastung mit Fluglärm darzulegen. Die von ihm vorgelegten Unterlagen äußern sich jedenfalls in ganz überwiegendem Umfang dazu, welche Fluglärmbelastung Schallschutzmaßnahmen erfordert. Darauf kommt es für den Kläger nicht an, weil er über baulichen Schallschutz verfügt. Auch sein Sachbeistand hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Belastung des Klägers erscheine unter Berücksichtigung des baulichen Schallschutzes relativ gering. Einer Entscheidung bedarf die Frage aber nicht.
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b) Der Vorrang des § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG steht einem Widerruf nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 49 VwVfG nur insoweit nicht entgegen, als Beeinträchtigungen in Rede stehen, die durch nachträgliche Schutzauflagen nicht abgewehrt werden können. Solche Beeinträchtigungen macht der Kläger für den Schutz der Nachtruhe in einem weiteren Sinn geltend. Ferner wendet er sich gegen die Bewertung des Nachtflugbedarfs in der planerischen Abwägung.
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(1) Die Voraussetzungen des § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG liegen insoweit nicht vor.
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Nach diesen Normen darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. Auch die geänderte Bewertung von Sachverhalten kann eine Änderung von Tatsachen im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG sein. Eine Einzelmeinung, die sich in der wissenschaftlichen Diskussion bisher nicht durchgesetzt hat, ist dagegen grundsätzlich keine neue Tatsache, die einen Widerruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG rechtfertigen kann (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2015 - 3 B 5.15 - UPR 2015, 506 Rn. 12).
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Der Kläger fordert einen Schutz vor Störungen der Nachtruhe im Sinne eines Schutzes vor einer nächtlichen Betriebsamkeit durch Flugbewegungen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 75). Dies zeigt keine veränderten Tatsachen auf. Der Gesetzgeber kann, wie im Fluglärmschutzgesetz geschehen, seiner aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit genügen, indem er zum Schutz vor Fluglärm Grenzwerte für energieäquivalente Dauerschallpegel und eine begrenzte Zahl von Maximalpegeln festsetzt (BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 - NVwZ 2008, 780 Rn. 82, 84; BVerwG, Beschluss vom 25. März 2009 - 4 B 63.08 - juris Rn. 11
). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hiervon abweichend die Meinung durchgesetzt haben könnte, der rechtlich gebotene Schutz der Nachtruhe stehe der Durchführung von nächtlichen Flügen entgegen, ohne dass es überhaupt auf deren akustische Wahrnehmbarkeit ankäme.
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Der Vorwurf des Klägers, die Annahmen der Planfeststellungsbehörde zur Notwendigkeit von Nachtflügen beruhten auf Fehlannahmen, zeigt schon keine nachträglich eingetretenen Tatsachen im Sinne des § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG auf. Zur konkreten Situation am Flughafen Leipzig/Halle äußert sich allein ein Papier des klägerischen Sachbeistands aus dem Jahr 2008. Die dort erhobenen Einwände hat der Senat indes bereits zurückgewiesen (BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 31 Rn. 52, 68
).
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(2) Auch an den Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 VwVfG fehlt es. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. Die Norm stellt mit der Verhütung oder Beseitigung von schweren Nachteilen für das Gemeinwohl besonders strenge Anforderungen an den Widerrufsgrund, ist jedoch ansonsten voraussetzungslos. Das beeinträchtigte Recht muss daher einen Rang aufweisen, der es zum Gemeinwohlbelang erhebt, und dessen Verletzung muss so gravierend sein, dass sie auch und gerade im Interesse der Allgemeinheit nicht hingenommen oder aufrechterhalten bleiben kann (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2015 - 3 B 5.15 - UPR 2015, 506 Rn. 16). Dieses Ausmaß erreicht die Belastung des Klägers mit Fluglärm nicht.
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4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens.
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Nach § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 72 Abs. 1 VwVfG ist § 51 VwVfG in einem Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 1989 - 4 C 12.87 - Buchholz 407.4 § 18c FStrG Nr. 2 S. 8
, vom 21. Mai 1997 - 11 C 1.96 - BVerwGE 105, 6 <11> und vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11 u.a. - BVerwGE 144, 44 Rn. 23). Beachtliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung sind nicht ersichtlich, da die §§ 48, 49, 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ausreichen, um Änderungen der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen (Schink, in: Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, § 72 Rn. 55; im Ergebnis auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 72 Rn. 23 <"noch vereinbar">).
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§ 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 72 Abs. 1 VwVfG schließt damit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens auf Antrag des Betroffenen nach § 51 Abs. 1 VwVfG aus. Da § 51 VwVfG aber insgesamt nicht anzuwenden ist, ist auch ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinn ausgeschlossen (VGH Mannheim, Beschluss vom 13. August 2012 - 5 S 1200/12 - VBlBW 2013, 101 <103>). Die so bezeichnete Befugnis der Behörde, ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren bei Fehlen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten eines Betroffenen wiederaufzugreifen, bedarf zur Überwindung der Bestandskraft einer gesetzlichen Grundlage (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1988 - 2 BvR 260/88 - NVwZ 1989, 141; BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 24). Dies gilt jedenfalls, wenn ein Verwaltungsakt - wie hier - zuvor gerichtlich bestätigt worden ist. Die erforderliche Rechtsgrundlage bietet allein § 51 Abs. 5 VwVfG, dessen Anwendung § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 72 Abs. 1 VwVfG aber entgegensteht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.
(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.
Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugänglicher Abfallbeseitigungsanlagen geltenden Verfahren sind die §§ 29 bis 37 nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Eine Bindung nach § 7 bleibt unberührt. § 37 Absatz 3 ist anzuwenden.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Rechtsmittelbelehrung
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg
II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2015 verpflichtet, das Bürgerbegehren „A.er Stadtwerke in A. Bürgerhand“ zuzulassen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Gründe
I.
II.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg
II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2015 verpflichtet, das Bürgerbegehren „A.er Stadtwerke in A. Bürgerhand“ zuzulassen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
b) Nicht zu beanstanden ist auch die im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts getroffene Feststellung, dass die unrichtige Altersangabe des Gebäudes abstimmungsrelevant sei, weil davon ausgegangen werden müsse, dass der unterschriftsleistende Bürger der Frage des Alters eine große Bedeutung beimesse, wobei eine Bausubstanz als umso erhaltenswerter angesehen werde, je älter sie sei. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen handelt es sich bei der Altersangabe des Gebäudes nicht um ein lediglich untergeordnetes Detail der Begründung, dessen Unrichtigkeit im Sinne einer bürgerfreundlichen Auslegung des Begehrens hingenommen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 5.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19/20) ist zwar nicht jede Unvollständigkeit der Begründung abstimmungsrelevant und muss daher zur Ablehnung des Bürgerbegehrens führen. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber bei dem Alter des Gebäudes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, um ein zentrales Begründungselement, das durch die Wiederholung besonders betont wird und mit dem der ungewöhnliche Wert und die Erhaltungsbedürftigkeit des bestehenden Gebäudes Stadtplatz 58 unterstrichen werden soll. Die in der Begründung des Zulassungsantrags getroffene Aussage, bei dem Bürgerbegehren sei es „im Kern“ lediglich darum gegangen, „aus ästhetischen Gründen das Ensemble so zu erhalten, wie es ist“, lässt sich dagegen aus der Formulierung des Begehrens und seiner Begründung nicht ableiten. Sowohl in der Fragestellung als auch in den Einzelpunkten der Begründung wird wesentlich auf den Aspekt des Denkmalschutzes und damit auf die historische Erhaltungswürdigkeit abgestellt. Da dieser Aspekt mit dem (behaupteten) hohen Alter des zu schützenden Gebäudes in engem Zusammenhang steht, kann der unzutreffenden Angabe des Errichtungsjahrs keine bloß untergeordnete Bedeutung beigemessen werden.
verstoßende Geheimhaltung entscheidungserheblicher Erkenntnisse versucht, die Durchführung des Bürgerbegehrens mit allen Mitteln zu verhindern. Es stelle sich damit die grundsätzliche Frage, ob eine Gemeinde ein Bürgerbegehren auch dann als unzulässig ablehnen dürfe, wenn sachliche Fehler in einzelnen Begründungselementen darauf zurückzuführen seien, dass die Öffentlichkeit über die einschlägigen Erkenntnisse nicht rechtzeitig informiert worden seien, oder ob es in solchen Fällen geboten sei, das Bürgerbegehren zuzulassen und eventuell erforderliche Richtigstellungen im Rahmen des Wahlkampfs vor dem Bürgerentscheid vorzunehmen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.