vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 4 K 15.109, 28.04.2016

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Das Landratsamt Erlangen-Höchstadt erteilte der Klägerin am 12. September 2012 eine Reisegewerbekarte, die sie zur Ausübung von im Wesentlichen dem Schaustellergewerbe zuzurechnenden Tätigkeiten berechtigte.

Diesen Verwaltungsakt widerrief das Landratsamt durch Bescheid vom 19. Dezember 2014 unter gleichzeitiger Anordnung der Rückgabe der Reisegewerbekarte und Untersagung der weiteren Ausübung des Reisegewerbes durch die Klägerin, da sie die für diese Betätigung erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Im Laufe des diesem Bescheid vorangegangenen Verwaltungsverfahrens waren u. a. folgende Sachverhalte bekannt geworden:

1. Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau besaß am 8. August 2014 offene Forderungen gegen die Klägerin aus Pflichtbeiträgen zur Alterskasse in Höhe von 46.309,60 € (darin enthalten Säumniszuschläge in Höhe von 18.856,28 €). Diese Außenstände stiegen nach den Feststellungen des Landratsamts bis zum 18. Dezember 2014 auf 46.396,60 € an, ohne dass die Klägerin bis dahin Zahlungen geleistet oder mit diesem Träger der Sozialversicherung Verbindung aufgenommen hatte.

2. Der Stadt Höchstadt a. d. Aisch schuldete die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann am 27. Oktober 2014 mindestens 31.359,38 €. In diesem Betrag enthalten sind am 1. Juli 2009 fällig gewordene Kanalherstellungsbeiträge in Höhe von 11.359,38 € sowie Restschulden aus einem im Jahr 1986 abgeschlossenen Kaufvertrag über ein Grundstück; die auf die letztgenannte Forderung alljährlich zu entrichtenden Ratenzahlungen in Höhe von 5.000,00 € wurden nach Darstellung der Stadt Höchstadt a. d. Aisch seit 2011 nicht mehr erbracht.

3. Bei der Kreiskasse des Landkreises Erlangen-Höchstadt standen am 3. Juli 2014 fällige Forderungen gegen die Klägerin in Höhe von 616,99 € offen. Ein am 24. Oktober 2013 an das Finanzamt Erlangen gerichtetes Vollstreckungsersuchen der Kreiskasse über 85,00 € reichte der dortige Vollziehungsbeamte mit dem Bemerken unerledigt zurück, es bestehe keine Beitreibungsmöglichkeit; die Klägerin sei als zahlungsunfähig bekannt. Auf ein Vollstreckungsersuchen der Kreiskasse vom 20. Februar 2014 hin, dem ein Forderungsbetrag von 231,98 € zugrunde lag, leistete die Klägerin am 17. Juli 2014 eine Teilzahlung in Höhe von 91,51 €; weitere Beitreibungsbemühungen des Vollziehungsbeamten blieben auch insoweit erfolglos. Auf Antrag der Kreiskasse erließ das Amtsgericht Erlangen am 19. August 2014 gegen die Klägerin einen Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe einer Vermögensauskunft, nachdem bereits am 19. April 2013 eine derartige Entscheidung in Bezug auf ihre Person ergangen war. Obwohl die Klägerin am 22. Oktober 2014 einmalig 350,00 € an den Gerichtsvollzieher entrichtet hatte, beliefen sich die sie betreffenden Außenstände der Kreiskasse am 18. Dezember 2014 auf 752,50 €.

4. Nach Darstellung des Finanzamtes Erlangen schuldeten die Klägerin und ihr Ehemann am 26. April 2013 seit dem Jahr 2002 angefallene Säumniszuschläge in Höhe von 557,50 €. Über die Rückführung der offenen Beträge bestehe mit der Klägerin eine Ratenzahlungsvereinbarung. Die Summe der Säumniszuschläge verringerte sich bis zum 15. Juli 2014 auf 207,50 €. Rückstände der Klägerin an Betriebssteuern und steuerlichen Nebenleistungen bestanden nach Mitteilung des Finanzamtes zum letztgenannten Zeitpunkt nicht; bis dahin seien jedoch die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2012 und 2013 noch nicht abgegeben worden. Die Vollstreckung in bewegliche Sachen und Forderungen sei bisher erfolglos geblieben, da ausreichende pfändbare Gegenstände nicht vorgefunden worden seien. Am 18. Dezember 2014 beliefen sich die Rückstände der Klägerin und ihres Ehemannes beim Finanzamt nach den Feststellungen des Landratsamts weiterhin auf 207,50 €.

5. Eine A. GmbH erwirkte am 16. April 2014 einen Vollstreckungsbescheid gegen die Klägerin über 2.383,29 €, da sie aus im Jahr 2013 an sie erfolgten Warenlieferungen noch 1.657,16 € zuzüglich Mahn-, Inkasso- und sonstigen Verfahrenskosten sowie Verzugszinsen schuldete. Am 4. November 2014 erschien die Klägerin auf Vorladung hin bei einem mit der Vollstreckung dieses Titels beauftragten Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Abgabe der Vermögensauskunft. Sie entrichtete bei dieser Gelegenheit an ihn 150,00 € in bar und erklärte ausweislich des vom Gerichtsvollzieher erstellten Protokolls, auf die Forderung der A. GmbH ab Dezember 2014 monatliche Raten in Höhe von 100,00 € entrichten zu wollen; ab Februar 2015 sollten die monatlichen Ratenzahlungen 200,00 € betragen. Nach einer dem Landratsamt am 18. Dezember 2014 fernmündlich erteilten Auskunft dieses Gerichtsvollziehers war die Dezemberrate bis dahin nicht eingegangen; die Gesamtforderung der A. GmbH sei auf 2.469,79 € angestiegen.

6. Ebenfalls am 4. November 2014 sprach die Klägerin im Büro des vorerwähnten Gerichtsvollziehers vor, nachdem dieser den Auftrag erhalten hatte, die Klägerin in Vollzug eines zugunsten der A. Versicherungs AG am 13. August 2013 erwirkten Vollstreckungsbescheids, dem eine Forderung in Höhe von 420,75 € zugrunde lag, zu verhaften. Sie entrichtete auf diese Schuld am 4. November 2014 an den Gerichtsvollzieher 150,00 € und sagte gleichzeitig zu, ab dem 1. Dezember 2014 monatlich 100,00 € in bar im Büro des Gerichtsvollziehers entrichten zu wollen.

7. Das Schuldnerverzeichnis enthielt am 17. Dezember 2014 drei die Klägerin betreffende Eintragungen, von denen nach Aktenlage zumindest zwei wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft vorgenommen wurden.

8. Am 23. Juni 2014 nahm die Landespolizei die zwangsweise Entstempelung von sechs auf die Klägerin zugelassenen Fahrzeugen wegen fehlenden Versicherungsschutzes vor. Zu derartigen Amtshandlungen war es nach polizeilicher Darstellung bereits am 18. November 2013 und am 12. März 2014 (in einem dieser Fälle wegen unterbliebener Vorführung eines Fahrzeugs zur Hauptuntersuchung) gekommen. Am 27. Juni 2014 musste ein gegen die Klägerin zur Erzwingung der Abgabe einer Vermögensauskunft erwirkter Haftbefehl durch die Landespolizei vollstreckt werden.

9. Am 23. April 2013 erließ das Landratsamt gegen die Klägerin einen rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheid über 300,00 €, da sie den Schießstand ihres Ehemannes ohne die hierfür notwendige waffenrechtliche Erlaubnis weiterbetrieben hatte, obwohl sie seitens der Behörde nach Aktenlage schriftlich und telefonisch mehrmals auf das Erlaubniserfordernis hingewiesen worden war.

Die gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2014 erhobene Anfechtungsklage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 28. April 2016 als unbegründet ab.

Die Klägerin beantragt, gestützt auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO, gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus der Antragsbegründung (vgl. zu ihrer Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen der von der Klägerin in Anspruch genommenen Zulassungsgründe vorliegen.

1. Von ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist immer dann auszugehen, wenn durch die Antragsbegründung ein diese Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine für den getroffenen Ausspruch erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und sich nicht ohne nähere Prüfung beurteilen lässt, ob das Verwaltungsgericht im Ergebnis gleichwohl zutreffend über die Klage befunden hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124 Rn. 7).

1.1 Keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils vom 28. April 2016 resultieren vor diesem Hintergrund aus dem Vorbringen in Abschnitt I.2 der Antragsbegründung vom 1. August 2016. Die Klägerin rügt insofern, dass das Verwaltungsgericht am Ende des dritten Absatzes des Abschnitts I der Entscheidungsgründe angemerkt hat, allein schon die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis würden für eine negative Zuverlässigkeitsprognose ausreichen, „da im Umkehrschluss dauerhaft mit einer Überschuldung der Klägerin zu rechnen ist.“

Die Antragsbegründung wendet hiergegen ein, eine Überschuldung sei dann anzunehmen, wenn die Passiva eines Gewerbetreibenden dessen Aktiva übersteigen würden. Aus dem angefochtenen Urteil ergebe sich nicht, in welcher Höhe - abgesehen von den Verbindlichkeiten gegenüber der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau - tatsächlich Schulden bestünden. Auch habe das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin zur Hälfte Miteigentümerin eines Anwesens sei; der Wert dieses Miteigentumsanteils bewege sich zwischen ca. 300.000,00 und 400.000,00 €. Ihr Gewerbebetrieb umfasse zudem mehrere Schaustellerwagen und Pferde; der geschätzte Wert dieser Vermögensgegenstände liege nicht unter 100.000,00 €. Zudem führe sie einen auf Schadensersatz gerichteten Rechtsstreit gegen Rechtsanwälte, in dessen Rahmen sie Zahlung von mindestens 50.743,00 € verlange. Da allein diese Forderung die Gesamtheit ihrer Verbindlichkeiten abdecke, könne nicht davon gesprochen werden, sie sei überschuldet.

Bei der in den Entscheidungsgründen enthaltenen Aussage, es sei mit einer Überschuldung der Klägerin „zu rechnen“, handelt es sich um einen Passus, der ohne weiteres hinweggedacht werden kann, ohne dass die Tragfähigkeit der Begründung des angefochtenen Urteils hierdurch beeinträchtigt wird. Tragend - und sachlich zutreffend - liegt dem angefochtenen Urteil vielmehr die Feststellung zugrunde, dass die Klägerin deshalb als gewerberechtlich unzuverlässig angesehen werden muss, weil sie wirtschaftlich leistungsunfähig ist. Auf dieses hier neben der ungenügenden Rechtstreue der Klägerin ausschlaggebende Kriterium hat das Verwaltungsgericht am Ende des ersten, im zweiten sowie vor allem auch eingangs des dritten Absatzes des Abschnitts I der Entscheidungsgründe zu Recht abgestellt. Den Bedeutungsgehalt dieser Rechtsfigur hat es im zweiten Absatz dieses Abschnitts zutreffend dahingehend umschrieben, dass wirtschaftlich leistungsunfähig ein Gewerbetreibender ist, der infolge des Fehlens der erforderlichen Geldmittel zu einer ordnungsgemäßen Betriebsführung im Allgemeinen und zur Erfüllung der öffentlichrechtlichen Zahlungsverpflichtungen im Besonderen nicht in der Lage ist (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2). Dieser Unzuverlässigkeitsgrund entfällt nur dann, wenn der Betroffene zahlungswillig ist und er trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 a. a. O. S. 2).

Auf sich beruhen kann vor diesem Hintergrund, ob das Verwaltungsgericht seiner ergänzenden Aussage, es sei mit einer Überschuldung der Klägerin zu rechnen, überhaupt jenen Begriff der Überschuldung zugrunde gelegt hat, wie er z. B. in § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO definiert wird und von dem die Begründung des Zulassungsantrags ausgeht. Ebenfalls dahinstehen kann wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit, ob die vorbezeichnete Annahme des Verwaltungsgerichts durch den Hinweis darauf widerlegt wird, dass die Klägerin zur Hälfte Miteigentümerin eines Grundstücks ist, bei dem es sich ausweislich des vorgelegten Grundbuchauszugs allerdings nur um eine lediglich 16 Ar große Landwirtschaftsfläche handelt, die zudem mit Grundpfandrechten in nicht unbeträchtlicher Höhe - darunter fünf Zwangssicherungshypotheken - belastet ist. Denn die bloße Existenz von Vermögenswerten, aus denen sich Gläubiger möglicherweise im Vollstreckungswege befriedigen können, lässt - wie sich unmittelbar aus der vorstehend wiedergegebenen Definition des Begriffs der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit ergibt - die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden nicht entfallen. Die Rechtsordnung erwartet von ihm vielmehr, dass er gegen ihn gerichtete Ansprüche von sich aus erfüllt. Ebenfalls außer Betracht zu bleiben haben - zumal ungewisse - Aussichten auf einen zukünftigen Erwerb finanzieller Mittel. Das Vorbringen, die Klägerin verfolge derzeit einen behaupteten Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 50.743,00 € gerichtlich, ist deshalb ebenso wenig geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen wie der in der Antragsbegründungsschrift ohne nähere Substantiierung erfolgte Verweis auf ein zu ihren Gunsten im vergangenen Jahr erlassenes, nicht mit einem Rechtskraftvermerk versehenes zivilgerichtliches Urteil, durch das ihr (nach Abzug der einem Widerkläger zugesprochenen Gegenforderung) ein Zahlungsanspruch in Höhe von 6.897,25 € zuerkannt wurde.

1.2 Ernstliche Zweifel daran, dass die Klägerin im Sinne der vorstehend wiedergegebenen Begriffsbestimmung wirtschaftlich leistungsunfähig ist, zeigt die Antragsbegründung nicht auf.

1.2.1 Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine Feststellung nicht näher begründet, wonach das von der Klägerin bisher gezeigte und von ihr künftig zu erwartende Verhalten gegen die Berufspflichten eines ordnungsgemäßen Gewerbetreibenden verstoße, ist als solche ungeeignet, die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils in Frage zu stellen. Denn ein etwaiges Begründungsdefizit ließe - selbst wenn es vorläge - keine Rückschlüsse auf die Unvereinbarkeit der angefochtenen Gerichtsentscheidung mit den Vorgaben des materiellen Rechts zu. Da die Klägerin - wie sowohl aus dem Tatbestand des Urteils vom 28. April 2016 als auch aus dem Teil I dieses Beschlusses ersichtlich - seit der Erteilung einer Reisegewerbekarte an sie auch solchen Zahlungsverpflichtungen in erheblichem Umfang nicht nachgekommen ist, die aus ihrer gewerblichen Betätigung resultierten, und sie darüber hinaus in Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung mehrfach gegen Gebote der Rechtsordnung verstoßen hat (zu verweisen ist insofern auf die Nichtabmeldung von im Betrieb vorgehaltenen Fahrzeugen, für die keine Haftpflichtversicherung mehr bestand, den Betrieb eines Schießstandes ohne waffenrechtliche Erlaubnis sowie die wiederholte Verweigerung der Abgabe der Vermögensauskunft), bedurfte es im Übrigen von der Sache her keiner vertieften Darlegungen, um ihre gewerberechtliche Unzuverlässigkeit aufzuzeigen.

U. a. im Hinblick darauf, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst eingeräumt hat, sie habe immer schon Schulden gehabt, sie und ihr Ehemann hätten während des Winters „regelmäßig finanzielle Probleme“, und der Gerichtsvollzieher komme immer wieder zu ihr, gilt Gleiches für die von der Klägerin vermisste Begründung der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Aussage, bei einer weiteren Gewerbeausübung durch sie würde es zu einer fortgesetzten Schädigung der öffentlichen Kassen sowie privater Gläubiger kommen. Denn eine solche Prognose darf auf das bisherige Zahlungsverhalten eines Gewerbetreibenden und seine aktuelle Einkommenssituation gestützt werden. Aus den u. a. in Teil I dieses Beschlusses dargestellten Vorkommnissen aber folgt in zweifelsfreier Deutlichkeit, dass jeder Geschäftspartner der Klägerin, der mit ihr andere als Zugum-Zug-Geschäfte tätigt, und jeder Träger öffentlicher Gewalt, zu dessen Gunsten Zahlungsansprüche gegen die Klägerin entstehen, Gefahr läuft, mit seinen Forderungen ganz oder zu wesentlichen Teilen auszufallen.

1.2.2 Die in der Antragsbegründung aufgestellte Behauptung, die Klägerin habe beim Finanzamt, bei der Stadt Höchstadt a. d. Aisch und bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau bestehende Verbindlichkeiten in erheblichem Umfang zurückgeführt, trifft - wie sich unmittelbar u. a. aus dem Teil I dieses Beschlusses ergibt - nicht zu. Soweit sie an diese Gläubiger überhaupt Zahlungen erbracht hat (dies war z. B. hinsichtlich der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau seit der Erteilung der Reisegewerbekarte nach Aktenlage nicht der Fall), reichten diese, wie die Entwicklung der Rückstände beim Finanzamt zeigt, nicht aus, um selbst Schulden von vergleichsweise geringer Höhe vollständig wegzufertigen.

1.2.3 Den Nachweis der Richtigkeit des Vorbringens, „derzeit“ bestünden mit allen Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen, hat die Klägerin innerhalb offener Antragsbegründungsfrist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (sie endete mit dem Ablauf des 1.8.2016) nicht geführt. Im Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 5. August 2016 hat sie vielmehr eingeräumt, sie habe lediglich mit einem Gerichtsvollzieher vereinbart, regelmäßige Ratenzahlungen zu erbringen.

Eine derartige Zusage von Ratenzahlungen wäre nur dann geeignet, den Befund in Frage zu stellen, dass die Klägerin gewerberechtlich unzuverlässig ist, wenn sie in der Antragsbegründung aufgezeigt hätte, dass vor diesem Hintergrund im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt - nämlich bei Erlass des Widerrufsbescheids vom 19. Dezember 2014 bzw. bei seiner Bekanntgabe am 30. Dezember 2014 - die Erwartung begründet war, die aufgelaufenen Rückstände würden innerhalb überschaubarer Zeit getilgt werden (vgl. zur Bedeutung der beim Ergehen der das Verwaltungsverfahren abschließenden Behördenentscheidung bestehenden Verhältnisse für die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung zu einem erlaubnisbedürftigen Gewerbe BVerwG, B. v. 3.12.1990 - 1 CB 35.90 - Buchholz 451.20 § 34b GewO Nr. 4; B. v. 9.7.1993 - 1 B 105.93 - NVwZ-RR 1994, 19). Dies hätte neben dem Nachweis, dass eine alle Gläubiger umfassende Zusage von Ratenzahlungen bereits damals bestand, die substantiierte Darlegung vorausgesetzt, dass die zugesagten Raten ihrer Höhe nach ausreichen, um die Schulden alsbald vollständig zu begleichen, vor allem aber, dass die Klägerin im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt willens und in der Lage war, die fälligen Teilleistungen termingerecht zu erbringen. Diesbezüglicher Vortrag fehlt indes zur Gänze. Da der als Beweismittel für das Bestehen einer mündlichen Zusage von Ratenzahlungen angebotene Gerichtsvollzieher der Sache nach keine Angaben über die Zahlungswilligkeit der Klägerin sowie ihre künftige Zahlungsfähigkeit hätte machen können (bei dem erstgenannten Umstand handelt es sich um eine innere, dem Zeugenbeweis nicht zugängliche Tatsache, bei dem zweitgenannten um eine Prognose, deren Vornahme nicht einem Zeugen, sondern den zur Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit berufenen Amtsträgern in der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt obliegt), musste die Berufung auch nicht deshalb zugelassen werden, um den Sachverhalt durch Einholung des angebotenen Zeugenbeweises weiter aufzuklären.

1.2.4 Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich aus der Antragsbegründung ferner insoweit, als darin vorgebracht wird, es bestehe ein tragfähiges Konzept zur Rückführung der Schulden bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. Aus dem Vermerk des Landratsamts vom 18. Dezember 2014 (Blatt 237 f. der Akten dieser Behörde) geht vielmehr hervor, dass es bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu keiner Verringerung der Rückstände der Klägerin bei diesem Sozialversicherungsträger durch die in der Antragsbegründung behauptete Verrechnung ihrer Verbindlichkeiten mit „Subventionen“ gekommen ist; ihre Schulden dort sind im Gegenteil weiter angestiegen. Nicht entgegengetreten ist die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags überdies der Erwägung des Verwaltungsgerichts, die Möglichkeit, diese Rückstände durch eine Saldierung mit Ansprüchen auf EU-Fördergelder zu tilgen, die ihrem Ehemann wegen einer von ihm nach Aktenlage ausgeübten landwirtschaftlichen Tätigkeit ggf. zustehen (vgl. dazu den als Blatt 73 f. in die Akte des Verwaltungsgerichts eingehefteten Vermerk des Landratsamts vom 4.2.2016), sei aus mehreren Gründen (u. a. deshalb, weil auf diesem Wege zunächst die Verbindlichkeiten ihres Ehemannes bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau beglichen werden müssten) ungesichert.

Sollte dieser Sozialversicherungsträger - wie in der Antragsbegründung behauptet - keine (weiteren) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Klägerin ergriffen haben, könnten hieraus schon deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hergeleitet werden, weil die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau derartige Maßnahmen eigenem Bekunden zufolge (vgl. ihr Schreiben an das Landratsamt vom 8.8.2014) im Hinblick auf die von der Klägerin abgeleistete eidesstattliche Versicherung als zwecklos ansah.

1.2.5 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben sich ferner nicht aus dem Einwand, dem Landratsamt sei bereits aufgrund des Klageverfahrens, in dem sich der Ehemann der Klägerin gegen den Entzug seiner Reisegewerbekarte gewendet habe, bekannt gewesen, dass nicht nur er, sondern auch die Klägerin selbst Rückstände bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau habe auflaufen lassen. Denn das Verwaltungsgericht hat in Abschnitt II der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in Reaktion auf diesen bereits im ersten Rechtszug erhobenen Einwand ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin schon bei der Erteilung der Reisegewerbekarte an sie unzuverlässig war, da anstelle des ausgesprochenen Widerrufs alsdann eine Rücknahme dieser Gewerbeerlaubnis hätte erfolgen können und die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts der letztgenannten Art weniger streng seien als diejenigen eines Widerrufs; die Begründung des Zulassungsantrags ist diesem rechtlichen Ansatz nicht entgegengetreten.

Ungeeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung hervorzurufen, ist der vorgenannte Einwand der Klägerin ferner deshalb, weil es sich bei den Schulden, die sie bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau hat entstehen lassen, nur um einen von vielen Gesichtspunkten handelt, aus denen sich ihre Unzuverlässigkeit ergibt. Angesichts des Ausmaßes, in dem sie Zahlungspflichten auch im Übrigen nicht erfüllt hat, sowie des Mangels an Rechtstreue, der sich in den von ihr begangenen berufsbezogenen Ordnungswidrigkeiten sowie in der wiederholten Verweigerung der Abgabe einer Vermögensauskunft manifestiert, hätte der Vorwurf der (erst nachträglich eingetretenen) Unzuverlässigkeit auch dann Bestand, könnte er nicht auf die Verbindlichkeiten gegenüber dem vorerwähnten Träger der Sozialversicherung gestützt werden. Insbesondere behielten die vom Landratsamt angestellten Ermessenserwägungen (sie gelangen im letzten Absatz des Abschnitts II.2 der Gründe des Bescheids vom 19.12.2014 zum Ausdruck) auch in diesem Fall uneingeschränkt Gültigkeit, da sie nicht speziell auf die sozialversicherungsrechtlichen Rückstände rekurrieren.

1.3 Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe sich mit dem Vorbringen in der Klagebegründung, demzufolge viele im Bescheid vom 19. Dezember 2014 angeführte Gesichtspunkte widersprüchlich oder unzutreffend seien, nicht auseinandergesetzt, ist bereits mangels hinreichender Substantiierung nicht geeignet, die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzutun. Da die Gerichte nicht verpflichtet sind, in den Gründen einer Entscheidung jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu verbescheiden (BVerfG, B. v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/274; U. v. 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205/216 f.), wäre es erforderlich gewesen, dass die Klägerin in der Antragsbegründung konkret dargetan hätte, welche Ausführungen in der Klagebegründung aus welchem Grund derart wesentlich waren, dass das Verwaltungsgericht hierauf jedenfalls näher hätte eingehen müssen, und warum alsdann ein anderer Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens ernsthaft in Betracht gekommen wäre.

2. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wurden in der Antragsbegründung ebenfalls nicht in einer den formellen Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Ein Anspruch auf Zulassung der Berufung nach dieser Vorschrift besteht nur, wenn der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eine konkrete tatsächliche oder rechtliche Frage formuliert und er aufzeigt, dass sie sich in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise stellen würde, sie ferner entweder im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht bedarf, und sie einer Beantwortung in einzelfallübergreifender (d. h. verallgemeinerungsfähigen) Weise zugänglich ist (vgl. zu diesem vierfachen Darlegungserfordernis z. B. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 211 - 213).

Grundsätzliche Bedeutung misst die Klägerin ausweislich der Antragsbegründung der Problemstellung zu, „ab welchem Umfang von Verbindlichkeiten und insbesondere wann eine Überschuldung anzunehmen ist, um den massiven Einschnitt vorzunehmen, die Reisegewerbekarte zu entziehen, die Lebensgrundlage eines Gewerbetreibenden ist“. Es fehlen jedoch Ausführungen jedweder Art vor allem zur Klärungsbedürftigkeit dieser Frage; sie wären angesichts der Tatsache, dass es auf eine etwaige Überschuldung der Klägerin im Sinn von § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht entscheidungserheblich ankommt und die Begriffsmerkmale des vorliegend ausschlaggebenden Unzuverlässigkeitsmerkmals der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht aufgezeigt wurden (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2), unverzichtbar gewesen. Ebenfalls nicht dargelegt wurde in der Antragsbegründung, dass die „Erheblichkeitsschwelle“, auf deren nähere Konkretisierung die vorbezeichnete Fragestellung abzielt, einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung zugänglich ist, obwohl sich die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden maßgeblich nach dem von ihm konkret ausgeübten Gewerbe bestimmt (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 27.6.1961 - I C 34.60 - DVBl 1961, 731/732; U. v. 5.8.1965 - I C 69.62 - BVerwGE 22, 16/24), weswegen die Gegebenheiten des konkreten Einzelfalles bei der Beurteilung, ob ein Gewerbetreibender unzuverlässig ist, in der Regel nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist auch die in der Antragsbegründung aufgestellte Behauptung einer Ungleichbehandlung kleiner und großer Unternehmen beim Entzug gewerberechtlicher Erlaubnisse - abgesehen von der insoweit bereits fehlenden Konkretheit der Fragestellung und dem hier ebenfalls unterbliebenen Aufweis der Klärungsbedürftigkeit dieses Gesichtspunkts - ungeeignet, die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsfalles darzutun.

3. Auch die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ergeben sich aus der Antragsbegründung nicht.

Die Klägerin macht insoweit geltend, das angefochtene Urteil weiche vom Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. Oktober 2015 (1 M 159/15 - juris) ab. Das Oberverwaltungsgericht habe in dieser Entscheidung zum einen zum Ausdruck gebracht, dass eine Ratenzahlungsvereinbarung Zweifel daran begründen könne, ob von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Betroffenen ausgegangen werden dürfe, und zum anderen darauf hingewiesen, dass konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen müssten, dieser Gewerbetreibende werde bei einer Fortführung seiner Tätigkeit weitere Verbindlichkeiten bei öffentlichrechtlichen Gläubigern entstehen lassen.

§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO greift jedoch nur ein, wenn dem angefochtenen Urteil ein Rechtssatz oder eine tatsächliche Annahme zugrunde liegt, die von Rechtssätzen oder tatsächlichen Annahmen abweichen, von denen das dem erkennenden Verwaltungsgericht im Rechtszug übergeordnete Oberverwaltungsgericht (oder eines der drei weiteren in dieser Vorschrift aufgeführten Gerichte bzw. Spruchkörper) bei einer seiner Entscheidungen tragend ausgegangen ist. Die Erfüllung dieser Voraussetzung wird durch den Hinweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. Oktober 2015 (1 M 159/15 - juris) ersichtlich nicht dargetan.

Eine vom Rechtsbehelfsführer aufgezeigte Divergenz zur Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts gebietet es in der Regel allerdings, die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen (BVerfG, B. v. 26.1.1993 - 2 BvR 1958, 1959/92 - NVwZ 1993, 465/466), sofern sich das mit einem solchen Rechtsmittel befasste Oberverwaltungsgericht nicht bereits anderweitig mit der Rechtsprechung des divergierenden Oberverwaltungsgerichts auseinandergesetzt hat (BVerfG, B. v. 21.3.1994 - 2 BvR 211/94 - BayVBl 1994, 530). In Betracht kommen kann in solchen Fällen ferner eine Zulassung der Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Sache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 45).

Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht der Klägerin kein Zulassungsanspruch zur Seite, da sich aus der Antragsbegründung nicht ergibt, dass sich das Verwaltungsgericht in Widerspruch zu dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. Oktober 2015 (1 M 159/15 - juris) gesetzt hat.

In jener Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Gewerbetreibenden gegen den Entzug der Reisegewerbekarte deshalb wiederhergestellt, weil

- der Erlass des Widerspruchsbescheids noch ausstand, mithin der für die gerichtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt noch nicht auf einen in der Vergangenheit liegenden Beurteilungszeitpunkt gleichsam „festgeschrieben“ war, sondern künftige, dem dortigen Antragsteller ggf. günstige Entwicklungen von Rechts wegen noch berücksichtigt werden konnten;

- der Antragsteller sein Gewerbe jahrzehntelang beanstandungsfrei ausgeübt hatte;

- konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass sich das Fehlverhalten, aus dem die Unzuverlässigkeit des Antragstellers maßgeblich resultierte (nämlich die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen für bei ihm tätige Arbeitnehmer), deshalb nicht mehr wiederholen werde, weil er glaubhaft dargetan hatte, künftig kein Personal mehr zu beschäftigen, und nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch mit dem erneuten Eintritt von in der Person des Antragstellers liegenden Gründen, die für die Vernachlässigung der Arbeitgeberpflichten durch ihn ursächlich waren, nicht zu rechnen war;

- es sich bei den aufgelaufenen sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrückständen, soweit das für das Oberverwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erkennbar war, um die einzigen Verbindlichkeiten des Antragstellers bei Gläubigern aus dem öffentlichrechtlichen Sektor handelte;

- nach der Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts damit zu rechnen war, dass diese Rückstände aufgrund der vom Antragsteller abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung innerhalb von acht bis neun Monaten entweder vollständig weggefertigt oder bis auf einen Restschuldbetrag zurückgeführt sein würden, angesichts dessen von keiner konkreten Gefährdung öffentlicher Interessen im Sinn von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG mehr ausgegangen werden könne, namentlich keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Antragsteller nicht willens oder nicht in der Lage sei, die Zahlungsvereinbarung einzuhalten;

- nichts dafür sprach, er werde künftig Gläubiger nicht termingerecht bedienen.

Vorliegend steht demgegenüber eine in wesentlicher Hinsicht anders gelagerte Sachverhaltsgestaltung inmitten. Dies gilt nicht nur in Anbetracht der Tatsache, dass im Fall der Klägerin alle ihr ggf. günstigen Entwicklungen, die nach dem Erlass (bzw. nach der Bekanntgabe) des Bescheids vom 19. Dezember 2014 eingetreten sind, außer Betracht zu bleiben haben. Zu den den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. Oktober 2015 (1 M 159/15 - juris) tragenden Annahmen hat sich das Verwaltungsgericht u. a. auch deshalb nicht in Widerspruch gesetzt, weil im Fall der Klägerin keine Rede davon sein kann, sie habe ihr Gewerbe jahrzehntelang beanstandungsfrei ausgeübt; sie hat vielmehr von Anfang an begründeten Anlass zu Zweifeln an ihrer Zuverlässigkeit gegeben (vgl. u. a. Blatt 14, Blatt 28 und Blatt 29 der Akte des Landratsamts), so dass diese Behörde die Erteilung der Reisegewerbekarte an die Klägerin aus triftigen Gründen mit dem Hinweis verband, sie müsse beim Bekanntwerden gewerbebezogener Steuerrückstände, bei nicht fristgerechter Abgabe von Steuererklärungen oder -voranmeldungen, beim Nichteinhalten von Zahlungsvereinbarungen, beim Auftreten von Beitragsrückständen, bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder bei der Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten mit der Einleitung eines Widerrufsverfahrens rechnen. Wie aus Teil I dieses Beschlusses ersichtlich, haben sich mehrere diese Befürchtungen bereits wenige Monate nach der Zulassung der Klägerin zum Reisegewerbe als begründet erwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in der Nummer 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 09. Aug. 2016 - 22 ZB 16.1347 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Insolvenzordnung - InsO | § 19 Überschuldung


(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. (2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den n

Gewerbeordnung - GewO | § 34b Versteigerergewerbe


(1) Wer gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, fremde Grundstücke oder fremde Rechte versteigern will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Zu den beweglichen Sachen im Sinne der Vorschrift gehören auch Früchte auf dem Halm und Holz auf dem

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 13. Okt. 2015 - 1 M 159/15

bei uns veröffentlicht am 13.10.2015

Gründe 1 Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1, 121 Abs. 1 ZPO. 2 D

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Wer gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, fremde Grundstücke oder fremde Rechte versteigern will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Zu den beweglichen Sachen im Sinne der Vorschrift gehören auch Früchte auf dem Halm und Holz auf dem Stamm.

(2) (weggefallen)

(3) Die Erlaubnis kann mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Auftraggeber oder der Bieter erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(4) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder wegen Vergehens gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist, oder
2.
der Antragsteller in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt; dies ist in der Regel der Fall, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder er in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 Insolvenzordnung, § 882b Zivilprozeßordnung) eingetragen ist.

(5) Auf Antrag sind besonders sachkundige Versteigerer mit Ausnahme juristischer Personen von der zuständigen Behörde allgemein öffentlich zu bestellen; dies gilt entsprechend für Angestellte von Versteigerern. Die Bestellung kann für bestimmte Arten von Versteigerungen erfolgen, sofern für diese ein Bedarf an Versteigerungsleistungen besteht. Die nach Satz 1 öffentlich bestellten Personen sind darauf zu vereidigen, dass sie ihre Aufgaben gewissenhaft, weisungsfrei und unparteiisch erfüllen werden. Für die Bestellung von Versteigerern mit Qualifikationen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworben wurden, gilt § 36a entsprechend.

(6) Dem Versteigerer ist verboten,

1.
selbst oder durch einen anderen auf seinen Versteigerungen für sich zu bieten oder ihm anvertrautes Versteigerungsgut zu kaufen,
2.
Angehörigen im Sinne des § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung oder seinen Angestellten zu gestatten, auf seinen Versteigerungen zu bieten oder ihm anvertrautes Versteigerungsgut zu kaufen,
3.
für einen anderen auf seinen Versteigerungen zu bieten oder ihm anvertrautes Versteigerungsgut zu kaufen, es sei denn, daß ein schriftliches Gebot des anderen vorliegt,
4.
bewegliche Sachen aus dem Kreis der Waren zu versteigern, die er in seinem Handelsgeschäft führt, soweit dies nicht üblich ist,
5.
Sachen zu versteigern,
a)
an denen er ein Pfandrecht besitzt oder
b)
soweit sie zu den Waren gehören, die in offenen Verkaufsstellen feilgeboten werden und die ungebraucht sind oder deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in ihrem Verbrauch besteht.

(7) Einzelhändler und Hersteller von Waren dürfen im Einzelverkauf an den Letztverbraucher Waren, die sie in ihrem Geschäftsbetrieb führen, im Wege der Versteigerung nur als Inhaber einer Versteigerererlaubnis nach Maßgabe der für Versteigerer geltenden Vorschriften oder durch einen von ihnen beauftragten Versteigerer absetzen.

(8) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates unter Berücksichtigung des Schutzes der Allgemeinheit sowie der Auftraggeber und der Bieter Vorschriften erlassen über

1.
den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen bei der Ausübung des Versteigerergewerbes, insbesondere über
a)
Ort und Zeit der Versteigerung,
b)
den Geschäftsbetrieb, insbesondere über die Übernahme, Ablehnung und Durchführung der Versteigerung,
c)
die Genehmigung von Versteigerungen, die Verpflichtung zur Erstattung von Anzeigen und die dabei den Gewerbebehörden und Industrie- und Handelskammern zu übermittelnden Daten über den Auftraggeber und das der Versteigerung zugrundeliegende Rechtsverhältnis, zur Buchführung einschließlich der Aufzeichnung von Daten über einzelne Geschäftsvorgänge sowie über die Auftraggeber,
d)
die Untersagung, Aufhebung und Unterbrechung der Versteigerung bei Verstößen gegen die für das Versteigerergewerbe erlassenen Vorschriften,
e)
Ausnahmen für die Tätigkeit des Erlaubnisinhabers von den Vorschriften des Titels III;
2.
Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 6.

(9) (weggefallen)

(10) Die Absätze 1 bis 8 finden keine Anwendung auf

1.
Verkäufe, die nach gesetzlicher Vorschrift durch Kursmakler oder durch die hierzu öffentlich ermächtigten Handelsmakler vorgenommen werden,
2.
Versteigerungen, die von Behörden oder von Beamten vorgenommen werden,
3.
Versteigerungen, zu denen als Bieter nur Personen zugelassen werden, die Waren der angebotenen Art für ihren Geschäftsbetrieb ersteigern wollen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

1

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1, 121 Abs. 1 ZPO.

2

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 4. Kammer - vom 7. August 2015, mit dem sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 abgelehnt wurde, ist zulässig und wurde insbesondere fristgemäß eingelegt.

3

Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO einmonatige Beschwerdebegründungsfrist endete im Hinblick auf den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers laut Empfangsbekenntnis am 17. August 2015 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle vom 7. August 2015 am Donnerstag, den 17. September 2015. Die zu dem vorliegend maßgeblichen Aktenzeichen 1 M 159/15 übersandte Beschwerdebegründung ging zwar erst am 18. September 2015 per Telefax beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt ein, betraf aber - wie Inhalt und Antrag der Beschwerdebegründung zweifelsfrei und offenkundig erkennen lassen - den ebenfalls vom 7. August 2015 datierenden, mit identischem erstinstanzlichen Aktenzeichen versehenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes über die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages für die erste Instanz, der vom Antragsteller ebenfalls angefochten wurde und hier das Aktenzeichen 1 O 160/15 erhalten hat. Bereits am 17. September 2015 ging dem Oberverwaltungsgericht per Telefax eine Beschwerdebegründung zu dem Aktenzeichen 1 O 160/15 zu, deren Anträge und Inhalt sich ebenso offenkundig und zweifelsfrei auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren 1 M 159/15 beziehen. Bei dieser Sachlage ist die Verwechselung des Aktenzeichens bei der Beschwerdebegründung unschädlich. Der Fehler ist offensichtlich und erlaubte innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eine zweifelsfreie Zuordnung, zu welchem Beschluss die Beschwerdebegründung ergangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1999 - XII ZB 140/98 -, juris; Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 113/00 -, juris).

4

Die Beschwerde ist auch begründet. Auf der Grundlage der mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt sich die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

5

Hinsichtlich des Widerrufs der dem Antragsteller erteilten Reisegewerbekarte (Nr. 164/93) zum Feilbieten von Textilien, Lederwaren, Modeschmuck, Geschenkartikeln gemäß Ziff. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 erscheint nach derzeitigem Erkenntnisstand zweifelhaft, ob der für die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers maßgebliche Sachverhalt sowie seine Beitragsrückstände bei der Deutschen Rentenversicherung (K.), Minijob-Zentrale angesichts der noch ausstehenden Widerspruchsentscheidung hinreichend Anlass für die Prognose bieten werden, der Antragsteller werde sich auch in Zukunft als unzuverlässig im gewerberechtlichen Sinne erweisen. Sein Vorbringen in der Beschwerdebegründungsschrift, er beschäftige keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mehr, ließe jedenfalls mögliche Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen - wie sie in der Vergangenheit aufgetreten sind - künftig nicht erwarten. An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers zu zweifeln, besteht bislang auch kein Anlass. Seine jahrzehntelang unbeanstandet gebliebene gewerbliche Tätigkeit, die von ihm angegebenen persönlichen Gründe für die Vernachlässigung seiner Arbeitgeberpflichten, die sich in dieser Form nicht wiederholen dürften, der Umstand, dass die für den Rückstand maßgeblichen Arbeitnehmer laut Schreiben der Minijob-Zentrale vom 12. März 2015 bereits zum 31. Januar 2014 abgemeldet wurden sowie Art und Umfang seiner gewerblichen Tätigkeit, die nicht erkennen lassen, dass er diese nicht allein ausüben kann, machen einen künftigen Verzicht auf die Beschäftigung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern durchaus plausibel.

6

Soweit der Antragsteller mittlerweile eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Minijob-Zentrale abgeschlossen und zwei Ratenzahlungen belegt hat, erscheint auch durchaus möglich, dass der Beitragsrückstand - wie vereinbart - bis Mitte nächsten Jahres zurückgeführt werden kann. Allerdings lässt sich bislang die Schlüssigkeit des Sanierungskonzeptes nicht zuverlässig beurteilen, weil der Antragsteller keine Angaben dazu macht, ob und zu welchen Bedingungen er weiterhin mit der finanziellen Unterstützung der Frau (F.) rechnen kann, von deren Konto die vorgenannten zwei Ratenzahlungen erfolgt sind. Ob er seinerseits bei Fortsetzung seiner gewerblichen Tätigkeit in der Lage sein wird, die vereinbarte monatliche Rate von 100,00 € selbst zu erbringen, erscheint offen.

7

Zweifel an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begründet nicht nur der Umstand, dass mit Beschluss des Amtsgerichtes Dessau-Roßlau vom 25. April 2014 der Antrag der Minijob-Zentrale auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Verfahrenskosten deckender Masse abgelehnt wurde und bislang nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers danach bis zur Untersagung und angeordneten Einstellung seiner gewerblichen Tätigkeit im Mai 2015 wesentlich verbessert haben. Soweit die Beschwerdebegründungsschrift darauf verweist, der Antragsteller sei in diesem Zeitraum allen seinen Zahlungsverpflichtungen in unternehmerischer Hinsicht nachgekommen, insbesondere seien keine Rückstände bei der Gesamtsozialversicherung entstanden, erscheint bereits zweifelhaft, ob in diesem Zeitraum überhaupt Verpflichtungen im Rahmen der Gesamtsozialversicherung bestanden haben und zu erfüllen waren. Zudem soll der Antragsteller laut Angaben der Gewerbekartei seine Betriebsaufgabe zum 31. März 2014 angezeigt haben (vgl Beiakte A, Bl. 59). Auch macht das Beschwerdevorbringen noch nicht hinreichend plausibel, dass die Einnahmen des Antragstellers aus gewerblicher Tätigkeit die Zahlung der vereinbarten Raten erlaubt hätten bzw. hiervon künftig auszugehen ist. Zu Recht verweist die Antragsgegnerin auf den Umstand, dass dem Antragsteller ausweislich des Bescheides des Jobcenters – Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts für Beschäftigung und Arbeit des Landkreises Anhalt-Bitterfeld (KomBA-ABl) vom 15. April 2015 (Beiakte A, Bl. 82 ff.) unter „Berücksichtigung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit … vorläufig basierend auf den prognostizierten Angaben vom 17.03.2015“ laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt wurden und ausweislich einer Auskunft der ARGE der Antragsteller schon vor Mai/2015 Leistungsempfänger war.

8

Andererseits kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller sein Gewerbe jahrzehntelang beanstandungsfrei ausgeübt hat und außer dem streitgegenständlichen Rückstand bei der Minijob-Zentrale - soweit ersichtlich - keine anderen Verbindlichkeiten bei öffentlichen Gläubigern entstanden sind. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei Wiederaufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit, die vereinbarte Ratenzahlung nicht zu erwirtschaften vermag oder nicht willens sein könnte, die Zahlungsvereinbarung einzuhalten, ergeben sich bislang nicht. Im Hinblick auf die noch ausstehende Widerspruchsentscheidung ist dem Antragsteller daher Gelegenheit zu geben, seine Behauptung hinsichtlich der Erfüllung der Ratenzahlungsvereinbarung zu belegen.

9

Selbst wenn im Übrigen künftig noch ein Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale bestehen sollte und/oder sich die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit auch wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit rechtfertigen sollte, machen beide Umstände noch nicht ohne Weiteres plausibel, dass ohne den Widerruf der Reisegewerbekarte das öffentliche Interesse im Sinne des vorliegend maßgeblichen Widerrufsgrundes gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gefährdet würde.

10

Soweit der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes insoweit eine konkrete Gefährdung des öffentlichen Interesses verlangt, sind - mangels Beschäftigung von Arbeitnehmern - keine weiteren Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu erwarten, und es ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsteller gegenüber anderen, sich rechtstreu verhaltenden Gewerbetreibenden insoweit wettbewerbsrechtliche Vorteile verschaffen würde. Fraglich erscheint auch, ob ein möglicher Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale sowohl der Höhe nach, wie auch aufgrund des Umstandes, dass ein mögliches Ansteigen nicht auf neue Verbindlichkeiten, sondern auf Säumniszuschläge, Mahngebühren etc. zurückzuführen wäre, eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG begründen könnte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit künftig, d. h. abgesehen von dem bisherigen Rückstand, öffentliche oder private Gläubiger nicht termingerecht bedienen wird, liegen bisher nicht vor. Die Art des Gewerbes zwingt den Antragsteller auch nicht zum Eingehen langfristiger Verbindlichkeiten. Er kann entsprechend seiner Finanzlage im Rahmen des Wareneinkaufs, bei Standgebühren etc. flexibel auf seine wirtschaftliche Lage reagieren. Seine Vertragspartner können sich im Rahmen des Wareneinkaufs, wegen Standgebühren, Kfz-Kosten etc. durch Vorauszahlungen des Antragstellers oder andere Sicherheiten hinreichend schützen. Steuern oder sonstige öffentliche Abgaben ist der Antragsteller - soweit ersichtlich und diese überhaupt anfallen - bislang nicht schuldig geblieben. Für einen besonderen Kunden- oder Verbraucherschutz bietet sein Gewerbe, das im Verkauf von durch den Kunden am Verkaufsstand zu besichtigender Ware gegen Barzahlung bestehen dürfte, bislang ebenfalls keinen Anhalt.

11

Angesichts dieser Sachlage bestehen an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte gemäß Ziff. 1 des Bescheides vom 18. Mai 2015 hinreichende rechtliche Bedenken, sodass die nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung zu Gunsten des Aussetzungsinteresses des Antragstellers ausfällt.

12

Die Beschwerdebegründungsschrift macht auch zu Recht geltend, dass sich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches bezüglich des Widerrufes der Reisegewerbekarte auch auf die weiteren Regelungen in Ziff. 2 bis 5 des angefochtenen Bescheides auswirkt.

13

Die Einstellung der mit der Reisegewerbekarte verbundenen Tätigkeit gemäß § 60d GewO (Ziff. 2 des Bescheides) ist jedenfalls zur Zeit nicht gerechtfertigt. Aufgrund des Suspensiveffektes des Widerspruches gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte betreibt der Antragsteller sein Gewerbe während der Dauer der aufschiebenden Wirkung mit der erforderlichen Erlaubnis. Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aus dem verfügten Widerruf der Reisegewerbekarte lassen sich während der aufschiebenden Wirkung des vom Antragsteller eingelegten Widerspruches nicht ziehen. Dies gilt auch für den Antragsteller belastende Folgemaßnahmen, die - wie hier in engem rechtlichen Zusammenhang - an die Rechtswirksamkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte anknüpfen. Diese Rechtswirksamkeit ist mit Ergehen des Senatsbeschlusses suspendiert.

14

Auch die unter Ziff. 4 des angefochtenen Bescheides verfügte Rückgabe der Reisegewerbekarte ist gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 52 Satz 1 VwVfG derzeit nicht gerechtfertigt, weil die Reisegewerbekarte weder unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ihre Wirksamkeit aus einem anderen Grunde nicht oder nicht mehr gegeben ist, wobei an dieser Stelle dahinstehen kann, ob eine sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufes der Reisegewerbekarte seiner Unanfechtbarkeit gleichstünde. Hinsichtlich der Regelungen in Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides überwiegt daher das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da den beiden Folgeregelungen, auch aufgrund ihrer engen rechtlichen Verknüpfung mit dem Widerruf der Reisegewerbekarte, das Verwirklichungs- und Aussetzungsverbot der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gemäß § 80 Abs. 1 VwGO gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte entgegensteht.

15

In Bezug auf die von Gesetzes wegen gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 9 AG VwGO LSA sofort vollziehbare Zwangsmittelandrohung in Ziff. 3 und 5 des angefochtenen Bescheides ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO anzuordnen, weil es mangels Vollziehbarkeit der jeweils zu vollstreckenden Grundverfügung an der Voraussetzung für die Anwendung von Verwaltungszwang fehlt. Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides, auf die sich die Zwangsmittelandrohungen beziehen, sind mit Ergehen der Senatsentscheidung weder unanfechtbar noch sofort vollziehbar im Sinne des § 71 Abs. 1 VwVG LSA i. V. m. § 53 Abs. 1 SOG LSA.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

17

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

1

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1, 121 Abs. 1 ZPO.

2

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 4. Kammer - vom 7. August 2015, mit dem sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 abgelehnt wurde, ist zulässig und wurde insbesondere fristgemäß eingelegt.

3

Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO einmonatige Beschwerdebegründungsfrist endete im Hinblick auf den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers laut Empfangsbekenntnis am 17. August 2015 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle vom 7. August 2015 am Donnerstag, den 17. September 2015. Die zu dem vorliegend maßgeblichen Aktenzeichen 1 M 159/15 übersandte Beschwerdebegründung ging zwar erst am 18. September 2015 per Telefax beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt ein, betraf aber - wie Inhalt und Antrag der Beschwerdebegründung zweifelsfrei und offenkundig erkennen lassen - den ebenfalls vom 7. August 2015 datierenden, mit identischem erstinstanzlichen Aktenzeichen versehenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes über die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages für die erste Instanz, der vom Antragsteller ebenfalls angefochten wurde und hier das Aktenzeichen 1 O 160/15 erhalten hat. Bereits am 17. September 2015 ging dem Oberverwaltungsgericht per Telefax eine Beschwerdebegründung zu dem Aktenzeichen 1 O 160/15 zu, deren Anträge und Inhalt sich ebenso offenkundig und zweifelsfrei auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren 1 M 159/15 beziehen. Bei dieser Sachlage ist die Verwechselung des Aktenzeichens bei der Beschwerdebegründung unschädlich. Der Fehler ist offensichtlich und erlaubte innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eine zweifelsfreie Zuordnung, zu welchem Beschluss die Beschwerdebegründung ergangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1999 - XII ZB 140/98 -, juris; Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 113/00 -, juris).

4

Die Beschwerde ist auch begründet. Auf der Grundlage der mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt sich die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

5

Hinsichtlich des Widerrufs der dem Antragsteller erteilten Reisegewerbekarte (Nr. 164/93) zum Feilbieten von Textilien, Lederwaren, Modeschmuck, Geschenkartikeln gemäß Ziff. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 erscheint nach derzeitigem Erkenntnisstand zweifelhaft, ob der für die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers maßgebliche Sachverhalt sowie seine Beitragsrückstände bei der Deutschen Rentenversicherung (K.), Minijob-Zentrale angesichts der noch ausstehenden Widerspruchsentscheidung hinreichend Anlass für die Prognose bieten werden, der Antragsteller werde sich auch in Zukunft als unzuverlässig im gewerberechtlichen Sinne erweisen. Sein Vorbringen in der Beschwerdebegründungsschrift, er beschäftige keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mehr, ließe jedenfalls mögliche Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen - wie sie in der Vergangenheit aufgetreten sind - künftig nicht erwarten. An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers zu zweifeln, besteht bislang auch kein Anlass. Seine jahrzehntelang unbeanstandet gebliebene gewerbliche Tätigkeit, die von ihm angegebenen persönlichen Gründe für die Vernachlässigung seiner Arbeitgeberpflichten, die sich in dieser Form nicht wiederholen dürften, der Umstand, dass die für den Rückstand maßgeblichen Arbeitnehmer laut Schreiben der Minijob-Zentrale vom 12. März 2015 bereits zum 31. Januar 2014 abgemeldet wurden sowie Art und Umfang seiner gewerblichen Tätigkeit, die nicht erkennen lassen, dass er diese nicht allein ausüben kann, machen einen künftigen Verzicht auf die Beschäftigung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern durchaus plausibel.

6

Soweit der Antragsteller mittlerweile eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Minijob-Zentrale abgeschlossen und zwei Ratenzahlungen belegt hat, erscheint auch durchaus möglich, dass der Beitragsrückstand - wie vereinbart - bis Mitte nächsten Jahres zurückgeführt werden kann. Allerdings lässt sich bislang die Schlüssigkeit des Sanierungskonzeptes nicht zuverlässig beurteilen, weil der Antragsteller keine Angaben dazu macht, ob und zu welchen Bedingungen er weiterhin mit der finanziellen Unterstützung der Frau (F.) rechnen kann, von deren Konto die vorgenannten zwei Ratenzahlungen erfolgt sind. Ob er seinerseits bei Fortsetzung seiner gewerblichen Tätigkeit in der Lage sein wird, die vereinbarte monatliche Rate von 100,00 € selbst zu erbringen, erscheint offen.

7

Zweifel an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begründet nicht nur der Umstand, dass mit Beschluss des Amtsgerichtes Dessau-Roßlau vom 25. April 2014 der Antrag der Minijob-Zentrale auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Verfahrenskosten deckender Masse abgelehnt wurde und bislang nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers danach bis zur Untersagung und angeordneten Einstellung seiner gewerblichen Tätigkeit im Mai 2015 wesentlich verbessert haben. Soweit die Beschwerdebegründungsschrift darauf verweist, der Antragsteller sei in diesem Zeitraum allen seinen Zahlungsverpflichtungen in unternehmerischer Hinsicht nachgekommen, insbesondere seien keine Rückstände bei der Gesamtsozialversicherung entstanden, erscheint bereits zweifelhaft, ob in diesem Zeitraum überhaupt Verpflichtungen im Rahmen der Gesamtsozialversicherung bestanden haben und zu erfüllen waren. Zudem soll der Antragsteller laut Angaben der Gewerbekartei seine Betriebsaufgabe zum 31. März 2014 angezeigt haben (vgl Beiakte A, Bl. 59). Auch macht das Beschwerdevorbringen noch nicht hinreichend plausibel, dass die Einnahmen des Antragstellers aus gewerblicher Tätigkeit die Zahlung der vereinbarten Raten erlaubt hätten bzw. hiervon künftig auszugehen ist. Zu Recht verweist die Antragsgegnerin auf den Umstand, dass dem Antragsteller ausweislich des Bescheides des Jobcenters – Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts für Beschäftigung und Arbeit des Landkreises Anhalt-Bitterfeld (KomBA-ABl) vom 15. April 2015 (Beiakte A, Bl. 82 ff.) unter „Berücksichtigung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit … vorläufig basierend auf den prognostizierten Angaben vom 17.03.2015“ laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt wurden und ausweislich einer Auskunft der ARGE der Antragsteller schon vor Mai/2015 Leistungsempfänger war.

8

Andererseits kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller sein Gewerbe jahrzehntelang beanstandungsfrei ausgeübt hat und außer dem streitgegenständlichen Rückstand bei der Minijob-Zentrale - soweit ersichtlich - keine anderen Verbindlichkeiten bei öffentlichen Gläubigern entstanden sind. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei Wiederaufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit, die vereinbarte Ratenzahlung nicht zu erwirtschaften vermag oder nicht willens sein könnte, die Zahlungsvereinbarung einzuhalten, ergeben sich bislang nicht. Im Hinblick auf die noch ausstehende Widerspruchsentscheidung ist dem Antragsteller daher Gelegenheit zu geben, seine Behauptung hinsichtlich der Erfüllung der Ratenzahlungsvereinbarung zu belegen.

9

Selbst wenn im Übrigen künftig noch ein Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale bestehen sollte und/oder sich die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit auch wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit rechtfertigen sollte, machen beide Umstände noch nicht ohne Weiteres plausibel, dass ohne den Widerruf der Reisegewerbekarte das öffentliche Interesse im Sinne des vorliegend maßgeblichen Widerrufsgrundes gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gefährdet würde.

10

Soweit der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes insoweit eine konkrete Gefährdung des öffentlichen Interesses verlangt, sind - mangels Beschäftigung von Arbeitnehmern - keine weiteren Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu erwarten, und es ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsteller gegenüber anderen, sich rechtstreu verhaltenden Gewerbetreibenden insoweit wettbewerbsrechtliche Vorteile verschaffen würde. Fraglich erscheint auch, ob ein möglicher Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale sowohl der Höhe nach, wie auch aufgrund des Umstandes, dass ein mögliches Ansteigen nicht auf neue Verbindlichkeiten, sondern auf Säumniszuschläge, Mahngebühren etc. zurückzuführen wäre, eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG begründen könnte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit künftig, d. h. abgesehen von dem bisherigen Rückstand, öffentliche oder private Gläubiger nicht termingerecht bedienen wird, liegen bisher nicht vor. Die Art des Gewerbes zwingt den Antragsteller auch nicht zum Eingehen langfristiger Verbindlichkeiten. Er kann entsprechend seiner Finanzlage im Rahmen des Wareneinkaufs, bei Standgebühren etc. flexibel auf seine wirtschaftliche Lage reagieren. Seine Vertragspartner können sich im Rahmen des Wareneinkaufs, wegen Standgebühren, Kfz-Kosten etc. durch Vorauszahlungen des Antragstellers oder andere Sicherheiten hinreichend schützen. Steuern oder sonstige öffentliche Abgaben ist der Antragsteller - soweit ersichtlich und diese überhaupt anfallen - bislang nicht schuldig geblieben. Für einen besonderen Kunden- oder Verbraucherschutz bietet sein Gewerbe, das im Verkauf von durch den Kunden am Verkaufsstand zu besichtigender Ware gegen Barzahlung bestehen dürfte, bislang ebenfalls keinen Anhalt.

11

Angesichts dieser Sachlage bestehen an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte gemäß Ziff. 1 des Bescheides vom 18. Mai 2015 hinreichende rechtliche Bedenken, sodass die nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung zu Gunsten des Aussetzungsinteresses des Antragstellers ausfällt.

12

Die Beschwerdebegründungsschrift macht auch zu Recht geltend, dass sich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches bezüglich des Widerrufes der Reisegewerbekarte auch auf die weiteren Regelungen in Ziff. 2 bis 5 des angefochtenen Bescheides auswirkt.

13

Die Einstellung der mit der Reisegewerbekarte verbundenen Tätigkeit gemäß § 60d GewO (Ziff. 2 des Bescheides) ist jedenfalls zur Zeit nicht gerechtfertigt. Aufgrund des Suspensiveffektes des Widerspruches gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte betreibt der Antragsteller sein Gewerbe während der Dauer der aufschiebenden Wirkung mit der erforderlichen Erlaubnis. Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aus dem verfügten Widerruf der Reisegewerbekarte lassen sich während der aufschiebenden Wirkung des vom Antragsteller eingelegten Widerspruches nicht ziehen. Dies gilt auch für den Antragsteller belastende Folgemaßnahmen, die - wie hier in engem rechtlichen Zusammenhang - an die Rechtswirksamkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte anknüpfen. Diese Rechtswirksamkeit ist mit Ergehen des Senatsbeschlusses suspendiert.

14

Auch die unter Ziff. 4 des angefochtenen Bescheides verfügte Rückgabe der Reisegewerbekarte ist gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 52 Satz 1 VwVfG derzeit nicht gerechtfertigt, weil die Reisegewerbekarte weder unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ihre Wirksamkeit aus einem anderen Grunde nicht oder nicht mehr gegeben ist, wobei an dieser Stelle dahinstehen kann, ob eine sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufes der Reisegewerbekarte seiner Unanfechtbarkeit gleichstünde. Hinsichtlich der Regelungen in Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides überwiegt daher das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da den beiden Folgeregelungen, auch aufgrund ihrer engen rechtlichen Verknüpfung mit dem Widerruf der Reisegewerbekarte, das Verwirklichungs- und Aussetzungsverbot der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gemäß § 80 Abs. 1 VwGO gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte entgegensteht.

15

In Bezug auf die von Gesetzes wegen gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 9 AG VwGO LSA sofort vollziehbare Zwangsmittelandrohung in Ziff. 3 und 5 des angefochtenen Bescheides ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO anzuordnen, weil es mangels Vollziehbarkeit der jeweils zu vollstreckenden Grundverfügung an der Voraussetzung für die Anwendung von Verwaltungszwang fehlt. Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides, auf die sich die Zwangsmittelandrohungen beziehen, sind mit Ergehen der Senatsentscheidung weder unanfechtbar noch sofort vollziehbar im Sinne des § 71 Abs. 1 VwVG LSA i. V. m. § 53 Abs. 1 SOG LSA.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

17

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

1

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1, 121 Abs. 1 ZPO.

2

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 4. Kammer - vom 7. August 2015, mit dem sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 abgelehnt wurde, ist zulässig und wurde insbesondere fristgemäß eingelegt.

3

Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO einmonatige Beschwerdebegründungsfrist endete im Hinblick auf den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers laut Empfangsbekenntnis am 17. August 2015 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle vom 7. August 2015 am Donnerstag, den 17. September 2015. Die zu dem vorliegend maßgeblichen Aktenzeichen 1 M 159/15 übersandte Beschwerdebegründung ging zwar erst am 18. September 2015 per Telefax beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt ein, betraf aber - wie Inhalt und Antrag der Beschwerdebegründung zweifelsfrei und offenkundig erkennen lassen - den ebenfalls vom 7. August 2015 datierenden, mit identischem erstinstanzlichen Aktenzeichen versehenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes über die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages für die erste Instanz, der vom Antragsteller ebenfalls angefochten wurde und hier das Aktenzeichen 1 O 160/15 erhalten hat. Bereits am 17. September 2015 ging dem Oberverwaltungsgericht per Telefax eine Beschwerdebegründung zu dem Aktenzeichen 1 O 160/15 zu, deren Anträge und Inhalt sich ebenso offenkundig und zweifelsfrei auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren 1 M 159/15 beziehen. Bei dieser Sachlage ist die Verwechselung des Aktenzeichens bei der Beschwerdebegründung unschädlich. Der Fehler ist offensichtlich und erlaubte innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eine zweifelsfreie Zuordnung, zu welchem Beschluss die Beschwerdebegründung ergangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1999 - XII ZB 140/98 -, juris; Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 113/00 -, juris).

4

Die Beschwerde ist auch begründet. Auf der Grundlage der mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt sich die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

5

Hinsichtlich des Widerrufs der dem Antragsteller erteilten Reisegewerbekarte (Nr. 164/93) zum Feilbieten von Textilien, Lederwaren, Modeschmuck, Geschenkartikeln gemäß Ziff. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 erscheint nach derzeitigem Erkenntnisstand zweifelhaft, ob der für die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers maßgebliche Sachverhalt sowie seine Beitragsrückstände bei der Deutschen Rentenversicherung (K.), Minijob-Zentrale angesichts der noch ausstehenden Widerspruchsentscheidung hinreichend Anlass für die Prognose bieten werden, der Antragsteller werde sich auch in Zukunft als unzuverlässig im gewerberechtlichen Sinne erweisen. Sein Vorbringen in der Beschwerdebegründungsschrift, er beschäftige keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mehr, ließe jedenfalls mögliche Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen - wie sie in der Vergangenheit aufgetreten sind - künftig nicht erwarten. An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers zu zweifeln, besteht bislang auch kein Anlass. Seine jahrzehntelang unbeanstandet gebliebene gewerbliche Tätigkeit, die von ihm angegebenen persönlichen Gründe für die Vernachlässigung seiner Arbeitgeberpflichten, die sich in dieser Form nicht wiederholen dürften, der Umstand, dass die für den Rückstand maßgeblichen Arbeitnehmer laut Schreiben der Minijob-Zentrale vom 12. März 2015 bereits zum 31. Januar 2014 abgemeldet wurden sowie Art und Umfang seiner gewerblichen Tätigkeit, die nicht erkennen lassen, dass er diese nicht allein ausüben kann, machen einen künftigen Verzicht auf die Beschäftigung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern durchaus plausibel.

6

Soweit der Antragsteller mittlerweile eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Minijob-Zentrale abgeschlossen und zwei Ratenzahlungen belegt hat, erscheint auch durchaus möglich, dass der Beitragsrückstand - wie vereinbart - bis Mitte nächsten Jahres zurückgeführt werden kann. Allerdings lässt sich bislang die Schlüssigkeit des Sanierungskonzeptes nicht zuverlässig beurteilen, weil der Antragsteller keine Angaben dazu macht, ob und zu welchen Bedingungen er weiterhin mit der finanziellen Unterstützung der Frau (F.) rechnen kann, von deren Konto die vorgenannten zwei Ratenzahlungen erfolgt sind. Ob er seinerseits bei Fortsetzung seiner gewerblichen Tätigkeit in der Lage sein wird, die vereinbarte monatliche Rate von 100,00 € selbst zu erbringen, erscheint offen.

7

Zweifel an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begründet nicht nur der Umstand, dass mit Beschluss des Amtsgerichtes Dessau-Roßlau vom 25. April 2014 der Antrag der Minijob-Zentrale auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Verfahrenskosten deckender Masse abgelehnt wurde und bislang nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers danach bis zur Untersagung und angeordneten Einstellung seiner gewerblichen Tätigkeit im Mai 2015 wesentlich verbessert haben. Soweit die Beschwerdebegründungsschrift darauf verweist, der Antragsteller sei in diesem Zeitraum allen seinen Zahlungsverpflichtungen in unternehmerischer Hinsicht nachgekommen, insbesondere seien keine Rückstände bei der Gesamtsozialversicherung entstanden, erscheint bereits zweifelhaft, ob in diesem Zeitraum überhaupt Verpflichtungen im Rahmen der Gesamtsozialversicherung bestanden haben und zu erfüllen waren. Zudem soll der Antragsteller laut Angaben der Gewerbekartei seine Betriebsaufgabe zum 31. März 2014 angezeigt haben (vgl Beiakte A, Bl. 59). Auch macht das Beschwerdevorbringen noch nicht hinreichend plausibel, dass die Einnahmen des Antragstellers aus gewerblicher Tätigkeit die Zahlung der vereinbarten Raten erlaubt hätten bzw. hiervon künftig auszugehen ist. Zu Recht verweist die Antragsgegnerin auf den Umstand, dass dem Antragsteller ausweislich des Bescheides des Jobcenters – Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts für Beschäftigung und Arbeit des Landkreises Anhalt-Bitterfeld (KomBA-ABl) vom 15. April 2015 (Beiakte A, Bl. 82 ff.) unter „Berücksichtigung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit … vorläufig basierend auf den prognostizierten Angaben vom 17.03.2015“ laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt wurden und ausweislich einer Auskunft der ARGE der Antragsteller schon vor Mai/2015 Leistungsempfänger war.

8

Andererseits kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller sein Gewerbe jahrzehntelang beanstandungsfrei ausgeübt hat und außer dem streitgegenständlichen Rückstand bei der Minijob-Zentrale - soweit ersichtlich - keine anderen Verbindlichkeiten bei öffentlichen Gläubigern entstanden sind. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei Wiederaufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit, die vereinbarte Ratenzahlung nicht zu erwirtschaften vermag oder nicht willens sein könnte, die Zahlungsvereinbarung einzuhalten, ergeben sich bislang nicht. Im Hinblick auf die noch ausstehende Widerspruchsentscheidung ist dem Antragsteller daher Gelegenheit zu geben, seine Behauptung hinsichtlich der Erfüllung der Ratenzahlungsvereinbarung zu belegen.

9

Selbst wenn im Übrigen künftig noch ein Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale bestehen sollte und/oder sich die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit auch wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit rechtfertigen sollte, machen beide Umstände noch nicht ohne Weiteres plausibel, dass ohne den Widerruf der Reisegewerbekarte das öffentliche Interesse im Sinne des vorliegend maßgeblichen Widerrufsgrundes gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gefährdet würde.

10

Soweit der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes insoweit eine konkrete Gefährdung des öffentlichen Interesses verlangt, sind - mangels Beschäftigung von Arbeitnehmern - keine weiteren Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu erwarten, und es ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsteller gegenüber anderen, sich rechtstreu verhaltenden Gewerbetreibenden insoweit wettbewerbsrechtliche Vorteile verschaffen würde. Fraglich erscheint auch, ob ein möglicher Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale sowohl der Höhe nach, wie auch aufgrund des Umstandes, dass ein mögliches Ansteigen nicht auf neue Verbindlichkeiten, sondern auf Säumniszuschläge, Mahngebühren etc. zurückzuführen wäre, eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG begründen könnte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit künftig, d. h. abgesehen von dem bisherigen Rückstand, öffentliche oder private Gläubiger nicht termingerecht bedienen wird, liegen bisher nicht vor. Die Art des Gewerbes zwingt den Antragsteller auch nicht zum Eingehen langfristiger Verbindlichkeiten. Er kann entsprechend seiner Finanzlage im Rahmen des Wareneinkaufs, bei Standgebühren etc. flexibel auf seine wirtschaftliche Lage reagieren. Seine Vertragspartner können sich im Rahmen des Wareneinkaufs, wegen Standgebühren, Kfz-Kosten etc. durch Vorauszahlungen des Antragstellers oder andere Sicherheiten hinreichend schützen. Steuern oder sonstige öffentliche Abgaben ist der Antragsteller - soweit ersichtlich und diese überhaupt anfallen - bislang nicht schuldig geblieben. Für einen besonderen Kunden- oder Verbraucherschutz bietet sein Gewerbe, das im Verkauf von durch den Kunden am Verkaufsstand zu besichtigender Ware gegen Barzahlung bestehen dürfte, bislang ebenfalls keinen Anhalt.

11

Angesichts dieser Sachlage bestehen an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte gemäß Ziff. 1 des Bescheides vom 18. Mai 2015 hinreichende rechtliche Bedenken, sodass die nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung zu Gunsten des Aussetzungsinteresses des Antragstellers ausfällt.

12

Die Beschwerdebegründungsschrift macht auch zu Recht geltend, dass sich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches bezüglich des Widerrufes der Reisegewerbekarte auch auf die weiteren Regelungen in Ziff. 2 bis 5 des angefochtenen Bescheides auswirkt.

13

Die Einstellung der mit der Reisegewerbekarte verbundenen Tätigkeit gemäß § 60d GewO (Ziff. 2 des Bescheides) ist jedenfalls zur Zeit nicht gerechtfertigt. Aufgrund des Suspensiveffektes des Widerspruches gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte betreibt der Antragsteller sein Gewerbe während der Dauer der aufschiebenden Wirkung mit der erforderlichen Erlaubnis. Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aus dem verfügten Widerruf der Reisegewerbekarte lassen sich während der aufschiebenden Wirkung des vom Antragsteller eingelegten Widerspruches nicht ziehen. Dies gilt auch für den Antragsteller belastende Folgemaßnahmen, die - wie hier in engem rechtlichen Zusammenhang - an die Rechtswirksamkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte anknüpfen. Diese Rechtswirksamkeit ist mit Ergehen des Senatsbeschlusses suspendiert.

14

Auch die unter Ziff. 4 des angefochtenen Bescheides verfügte Rückgabe der Reisegewerbekarte ist gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 52 Satz 1 VwVfG derzeit nicht gerechtfertigt, weil die Reisegewerbekarte weder unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ihre Wirksamkeit aus einem anderen Grunde nicht oder nicht mehr gegeben ist, wobei an dieser Stelle dahinstehen kann, ob eine sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufes der Reisegewerbekarte seiner Unanfechtbarkeit gleichstünde. Hinsichtlich der Regelungen in Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides überwiegt daher das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da den beiden Folgeregelungen, auch aufgrund ihrer engen rechtlichen Verknüpfung mit dem Widerruf der Reisegewerbekarte, das Verwirklichungs- und Aussetzungsverbot der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gemäß § 80 Abs. 1 VwGO gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte entgegensteht.

15

In Bezug auf die von Gesetzes wegen gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 9 AG VwGO LSA sofort vollziehbare Zwangsmittelandrohung in Ziff. 3 und 5 des angefochtenen Bescheides ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO anzuordnen, weil es mangels Vollziehbarkeit der jeweils zu vollstreckenden Grundverfügung an der Voraussetzung für die Anwendung von Verwaltungszwang fehlt. Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides, auf die sich die Zwangsmittelandrohungen beziehen, sind mit Ergehen der Senatsentscheidung weder unanfechtbar noch sofort vollziehbar im Sinne des § 71 Abs. 1 VwVG LSA i. V. m. § 53 Abs. 1 SOG LSA.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

17

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Gründe

1

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1, 121 Abs. 1 ZPO.

2

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 4. Kammer - vom 7. August 2015, mit dem sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 abgelehnt wurde, ist zulässig und wurde insbesondere fristgemäß eingelegt.

3

Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO einmonatige Beschwerdebegründungsfrist endete im Hinblick auf den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers laut Empfangsbekenntnis am 17. August 2015 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle vom 7. August 2015 am Donnerstag, den 17. September 2015. Die zu dem vorliegend maßgeblichen Aktenzeichen 1 M 159/15 übersandte Beschwerdebegründung ging zwar erst am 18. September 2015 per Telefax beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt ein, betraf aber - wie Inhalt und Antrag der Beschwerdebegründung zweifelsfrei und offenkundig erkennen lassen - den ebenfalls vom 7. August 2015 datierenden, mit identischem erstinstanzlichen Aktenzeichen versehenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes über die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages für die erste Instanz, der vom Antragsteller ebenfalls angefochten wurde und hier das Aktenzeichen 1 O 160/15 erhalten hat. Bereits am 17. September 2015 ging dem Oberverwaltungsgericht per Telefax eine Beschwerdebegründung zu dem Aktenzeichen 1 O 160/15 zu, deren Anträge und Inhalt sich ebenso offenkundig und zweifelsfrei auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren 1 M 159/15 beziehen. Bei dieser Sachlage ist die Verwechselung des Aktenzeichens bei der Beschwerdebegründung unschädlich. Der Fehler ist offensichtlich und erlaubte innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eine zweifelsfreie Zuordnung, zu welchem Beschluss die Beschwerdebegründung ergangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1999 - XII ZB 140/98 -, juris; Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 113/00 -, juris).

4

Die Beschwerde ist auch begründet. Auf der Grundlage der mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt sich die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

5

Hinsichtlich des Widerrufs der dem Antragsteller erteilten Reisegewerbekarte (Nr. 164/93) zum Feilbieten von Textilien, Lederwaren, Modeschmuck, Geschenkartikeln gemäß Ziff. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2015 erscheint nach derzeitigem Erkenntnisstand zweifelhaft, ob der für die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers maßgebliche Sachverhalt sowie seine Beitragsrückstände bei der Deutschen Rentenversicherung (K.), Minijob-Zentrale angesichts der noch ausstehenden Widerspruchsentscheidung hinreichend Anlass für die Prognose bieten werden, der Antragsteller werde sich auch in Zukunft als unzuverlässig im gewerberechtlichen Sinne erweisen. Sein Vorbringen in der Beschwerdebegründungsschrift, er beschäftige keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mehr, ließe jedenfalls mögliche Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen - wie sie in der Vergangenheit aufgetreten sind - künftig nicht erwarten. An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers zu zweifeln, besteht bislang auch kein Anlass. Seine jahrzehntelang unbeanstandet gebliebene gewerbliche Tätigkeit, die von ihm angegebenen persönlichen Gründe für die Vernachlässigung seiner Arbeitgeberpflichten, die sich in dieser Form nicht wiederholen dürften, der Umstand, dass die für den Rückstand maßgeblichen Arbeitnehmer laut Schreiben der Minijob-Zentrale vom 12. März 2015 bereits zum 31. Januar 2014 abgemeldet wurden sowie Art und Umfang seiner gewerblichen Tätigkeit, die nicht erkennen lassen, dass er diese nicht allein ausüben kann, machen einen künftigen Verzicht auf die Beschäftigung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern durchaus plausibel.

6

Soweit der Antragsteller mittlerweile eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Minijob-Zentrale abgeschlossen und zwei Ratenzahlungen belegt hat, erscheint auch durchaus möglich, dass der Beitragsrückstand - wie vereinbart - bis Mitte nächsten Jahres zurückgeführt werden kann. Allerdings lässt sich bislang die Schlüssigkeit des Sanierungskonzeptes nicht zuverlässig beurteilen, weil der Antragsteller keine Angaben dazu macht, ob und zu welchen Bedingungen er weiterhin mit der finanziellen Unterstützung der Frau (F.) rechnen kann, von deren Konto die vorgenannten zwei Ratenzahlungen erfolgt sind. Ob er seinerseits bei Fortsetzung seiner gewerblichen Tätigkeit in der Lage sein wird, die vereinbarte monatliche Rate von 100,00 € selbst zu erbringen, erscheint offen.

7

Zweifel an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begründet nicht nur der Umstand, dass mit Beschluss des Amtsgerichtes Dessau-Roßlau vom 25. April 2014 der Antrag der Minijob-Zentrale auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Verfahrenskosten deckender Masse abgelehnt wurde und bislang nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers danach bis zur Untersagung und angeordneten Einstellung seiner gewerblichen Tätigkeit im Mai 2015 wesentlich verbessert haben. Soweit die Beschwerdebegründungsschrift darauf verweist, der Antragsteller sei in diesem Zeitraum allen seinen Zahlungsverpflichtungen in unternehmerischer Hinsicht nachgekommen, insbesondere seien keine Rückstände bei der Gesamtsozialversicherung entstanden, erscheint bereits zweifelhaft, ob in diesem Zeitraum überhaupt Verpflichtungen im Rahmen der Gesamtsozialversicherung bestanden haben und zu erfüllen waren. Zudem soll der Antragsteller laut Angaben der Gewerbekartei seine Betriebsaufgabe zum 31. März 2014 angezeigt haben (vgl Beiakte A, Bl. 59). Auch macht das Beschwerdevorbringen noch nicht hinreichend plausibel, dass die Einnahmen des Antragstellers aus gewerblicher Tätigkeit die Zahlung der vereinbarten Raten erlaubt hätten bzw. hiervon künftig auszugehen ist. Zu Recht verweist die Antragsgegnerin auf den Umstand, dass dem Antragsteller ausweislich des Bescheides des Jobcenters – Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts für Beschäftigung und Arbeit des Landkreises Anhalt-Bitterfeld (KomBA-ABl) vom 15. April 2015 (Beiakte A, Bl. 82 ff.) unter „Berücksichtigung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit … vorläufig basierend auf den prognostizierten Angaben vom 17.03.2015“ laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt wurden und ausweislich einer Auskunft der ARGE der Antragsteller schon vor Mai/2015 Leistungsempfänger war.

8

Andererseits kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller sein Gewerbe jahrzehntelang beanstandungsfrei ausgeübt hat und außer dem streitgegenständlichen Rückstand bei der Minijob-Zentrale - soweit ersichtlich - keine anderen Verbindlichkeiten bei öffentlichen Gläubigern entstanden sind. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei Wiederaufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit, die vereinbarte Ratenzahlung nicht zu erwirtschaften vermag oder nicht willens sein könnte, die Zahlungsvereinbarung einzuhalten, ergeben sich bislang nicht. Im Hinblick auf die noch ausstehende Widerspruchsentscheidung ist dem Antragsteller daher Gelegenheit zu geben, seine Behauptung hinsichtlich der Erfüllung der Ratenzahlungsvereinbarung zu belegen.

9

Selbst wenn im Übrigen künftig noch ein Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale bestehen sollte und/oder sich die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit auch wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit rechtfertigen sollte, machen beide Umstände noch nicht ohne Weiteres plausibel, dass ohne den Widerruf der Reisegewerbekarte das öffentliche Interesse im Sinne des vorliegend maßgeblichen Widerrufsgrundes gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gefährdet würde.

10

Soweit der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes insoweit eine konkrete Gefährdung des öffentlichen Interesses verlangt, sind - mangels Beschäftigung von Arbeitnehmern - keine weiteren Verstöße des Antragstellers gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu erwarten, und es ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsteller gegenüber anderen, sich rechtstreu verhaltenden Gewerbetreibenden insoweit wettbewerbsrechtliche Vorteile verschaffen würde. Fraglich erscheint auch, ob ein möglicher Restschuldbetrag bei der Minijob-Zentrale sowohl der Höhe nach, wie auch aufgrund des Umstandes, dass ein mögliches Ansteigen nicht auf neue Verbindlichkeiten, sondern auf Säumniszuschläge, Mahngebühren etc. zurückzuführen wäre, eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG begründen könnte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit künftig, d. h. abgesehen von dem bisherigen Rückstand, öffentliche oder private Gläubiger nicht termingerecht bedienen wird, liegen bisher nicht vor. Die Art des Gewerbes zwingt den Antragsteller auch nicht zum Eingehen langfristiger Verbindlichkeiten. Er kann entsprechend seiner Finanzlage im Rahmen des Wareneinkaufs, bei Standgebühren etc. flexibel auf seine wirtschaftliche Lage reagieren. Seine Vertragspartner können sich im Rahmen des Wareneinkaufs, wegen Standgebühren, Kfz-Kosten etc. durch Vorauszahlungen des Antragstellers oder andere Sicherheiten hinreichend schützen. Steuern oder sonstige öffentliche Abgaben ist der Antragsteller - soweit ersichtlich und diese überhaupt anfallen - bislang nicht schuldig geblieben. Für einen besonderen Kunden- oder Verbraucherschutz bietet sein Gewerbe, das im Verkauf von durch den Kunden am Verkaufsstand zu besichtigender Ware gegen Barzahlung bestehen dürfte, bislang ebenfalls keinen Anhalt.

11

Angesichts dieser Sachlage bestehen an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte gemäß Ziff. 1 des Bescheides vom 18. Mai 2015 hinreichende rechtliche Bedenken, sodass die nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung zu Gunsten des Aussetzungsinteresses des Antragstellers ausfällt.

12

Die Beschwerdebegründungsschrift macht auch zu Recht geltend, dass sich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches bezüglich des Widerrufes der Reisegewerbekarte auch auf die weiteren Regelungen in Ziff. 2 bis 5 des angefochtenen Bescheides auswirkt.

13

Die Einstellung der mit der Reisegewerbekarte verbundenen Tätigkeit gemäß § 60d GewO (Ziff. 2 des Bescheides) ist jedenfalls zur Zeit nicht gerechtfertigt. Aufgrund des Suspensiveffektes des Widerspruches gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte betreibt der Antragsteller sein Gewerbe während der Dauer der aufschiebenden Wirkung mit der erforderlichen Erlaubnis. Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aus dem verfügten Widerruf der Reisegewerbekarte lassen sich während der aufschiebenden Wirkung des vom Antragsteller eingelegten Widerspruches nicht ziehen. Dies gilt auch für den Antragsteller belastende Folgemaßnahmen, die - wie hier in engem rechtlichen Zusammenhang - an die Rechtswirksamkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte anknüpfen. Diese Rechtswirksamkeit ist mit Ergehen des Senatsbeschlusses suspendiert.

14

Auch die unter Ziff. 4 des angefochtenen Bescheides verfügte Rückgabe der Reisegewerbekarte ist gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 52 Satz 1 VwVfG derzeit nicht gerechtfertigt, weil die Reisegewerbekarte weder unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ihre Wirksamkeit aus einem anderen Grunde nicht oder nicht mehr gegeben ist, wobei an dieser Stelle dahinstehen kann, ob eine sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufes der Reisegewerbekarte seiner Unanfechtbarkeit gleichstünde. Hinsichtlich der Regelungen in Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides überwiegt daher das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da den beiden Folgeregelungen, auch aufgrund ihrer engen rechtlichen Verknüpfung mit dem Widerruf der Reisegewerbekarte, das Verwirklichungs- und Aussetzungsverbot der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gemäß § 80 Abs. 1 VwGO gegen den Widerruf der Reisegewerbekarte entgegensteht.

15

In Bezug auf die von Gesetzes wegen gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 9 AG VwGO LSA sofort vollziehbare Zwangsmittelandrohung in Ziff. 3 und 5 des angefochtenen Bescheides ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO anzuordnen, weil es mangels Vollziehbarkeit der jeweils zu vollstreckenden Grundverfügung an der Voraussetzung für die Anwendung von Verwaltungszwang fehlt. Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides, auf die sich die Zwangsmittelandrohungen beziehen, sind mit Ergehen der Senatsentscheidung weder unanfechtbar noch sofort vollziehbar im Sinne des § 71 Abs. 1 VwVG LSA i. V. m. § 53 Abs. 1 SOG LSA.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

17

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.