Tenor

I. In Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Januar 2015 wird die Klage insgesamt abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Befristung des mit seiner Ausweisung verbundenen Einreise-und Aufenthaltsverbots auf unter fünf Jahre.

Der 1992 in ... geborene und hier aufgewachsene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er erhielt zuletzt eine bis 15. April 2008 befristete Aufenthaltserlaubnis.

Mit Verfügung vom 25. September 2014 wies die Beklagte den Kläger aus der ... aus (Nr. 1.), lehnte den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 2.), drohte ihm die Abschiebung in die Türkei an (Nr. 3.) und befristete die Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre (Nr. 4.). Die Ausweisung wurde damit begründet, dass der Kläger aufgrund seiner wegen einer Vielzahl gemeinschaftlich begangener Einbruchsdiebstähle rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht A. vom 15. Februar 2011 zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und vier Monaten den Ausweisungstatbestand gemäß § 53 Nr. 1 AufenthG (a.F.) verwirklicht habe. Es liege weder ein besonderer Ausweisungsschutz gemäß § 56 Abs. 1 AufenthG (a.F.) vor, noch könne sich der Kläger auf ein Aufenthaltsrecht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) berufen. Ungeachtet dessen gehe vom persönlichen Verhalten des Klägers eine schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aus, die seine Ausweisung rechtfertige, obwohl er in Deutschland geboren und aufgewachsen sei und seine Familie hier lebe. Die Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre sei nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 14.2.2012 - 1 C 7.11) entwickelten Kriterien unter Berücksichtigung der von ihm ausgehenden schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung angemessen.

Mit Urteil vom 27. Januar 2015 hat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg die Beklagte verpflichtet, die Wirkungen der Ausweisung auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen, und die Klage des Klägers im Übrigen abgewiesen. Die Klage sei lediglich begründet, soweit sie sich inzident gegen die Sperrfrist von fünf Jahren richte. Seit dem Inkrafttreten des § 11 AufenthG in der Neufassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 (BGBl I S. 2258) hätten Ausländer einen uneingeschränkten, auch hinsichtlich der Dauer der Befristung voller gerichtlicher Überprüfung unterliegenden Befristungsanspruch. Im Fall der Bestätigung der Ausweisung habe das Gericht daher auch ohne einen diesbezüglichen ausdrücklichen Klageantrag zugleich eine Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu treffen. Die durch die Beklagte festgesetzte Frist sei unverhältnismäßig lang. Nach Auffassung der Kammer sei eine Sperrfrist von zwei Jahren sechs Monaten erforderlich aber auch ausreichend. Dabei orientiere sich das Gericht an den zuletzt gegen den Kläger verhängten Freiheitsstrafen in Höhe von vier Jahren vier Monaten sowie fünf Monaten. Von dieser Dauer (der Freiheitsstrafen) sei mit Blick auf Art. 8 EMRK und den Status des Klägers als faktischer Inländer deutlich nach unten abzuweichen. Denn insoweit sei der Kernbereich seiner persönlichen Bindungen betroffen. In Abwägung mit den von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei eine Frist von zwei Jahren sechs Monaten angemessen.

Mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (10 ZB 15.388) hat der Senat den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abgelehnt und die Berufung der Beklagten zugelassen, soweit diese erstinstanzlich verpflichtet worden ist, die Wirkungen der Ausweisung auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen.

Zur Begründung ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, die Orientierung des Verwaltungsgerichts am Strafmaß des Klägers führe zu einer unzutreffenden Ausgangsannahme für die Befristungsregelung. Für die Festsetzung der Sperrfrist gemäß § 11 AufenthG bedürfe es im ersten Schritt vielmehr der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liege, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermöge. Der Ausweisungsgrund beim Kläger wiege schwer, was schon die Verurteilung zu einer Jugendeinheitsstrafe von vier Jahren vier Monaten verdeutliche. Der Kläger habe bislang überwiegend Eigentumsdelikte begangen. Dies rechtfertige es jedoch nicht, im ersten Schritt der Fristbestimmung nur noch von vier Jahren neun Monaten auszugehen. Damit werde die Bedeutung des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes verkannt und zudem vernachlässigt, dass beim Kläger nichts für eine geminderte Wiederholungsgefahr spreche. Dieser sei auch durch Strafvollstreckung nicht zu beeindrucken und Bewährungsversager. Zudem liege bei ihm eine unbehandelte Alkohol- und Drogenproblematik vor, die mit seinen Straftaten ohne Zweifel im Zusammenhang stehe. Auch der vom Verwaltungsgericht im zweiten Schritt vorgenommene Abschlag von etwa 50 v.H. auf die zunächst ermittelte Sperrfrist sei nicht gerechtfertigt. Zwar sei der Kläger in Deutschland geboren und habe hier nahezu sein gesamtes Leben verbracht. Familiäre Bindungen habe er allerdings nur an seine Mutter und seine erwachsenen Geschwister. Er verfüge über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Auch im Übrigen sei seine soziale Integration als eher gering zu bewerten.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Januar 2015 die Klage insgesamt abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 14. April 2016 hat die Beklagte mitgeteilt, ein gegen den Kläger ergangenes Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. August 2015, mit dem er wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt wurde, sei nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft ... nunmehr rechtskräftig geworden. Der Kläger sei nach ihrer Kenntnis am ... 2016 in die Türkei ausgereist.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 14. April 2016, hier eingegangen am 12. Juni 2017, hat die Beklagte weiter mitgeteilt, mit Urteil des Landgerichts M. I vom 10. November 2015 sei das gegen den Kläger ergangene Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. August 2015 mit der Maßgabe aufrechterhalten worden, dass der Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt wird. Gleichzeitig hat die Beklagte gemäß § 11 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AufenthG in der Neufassung des Gesetzes vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots beim Kläger nunmehr nach Ermessen entschieden bzw. die bisher fehlende Ermessensentscheidung nachgeholt. Es entspreche pflichtgemäßem Ermessen, die Sperrwirkungen auf fünf Jahre zu befristen. Die sich an der Erreichung des spezialpräventiven Ausweisungszwecks orientierende Sperrfrist verlange nach prognostischer Einschätzung ein Fernhalten des Klägers für sechs Jahre. Dieser habe seit 2006 kontinuierlich gravierende Straftaten begangen, zuletzt Betäubungsmitteldelikte während offener Reststrafenbewährung. Frühere Verurteilungen und die anschließende Strafvollstreckung hätten auf ihn offensichtlich keinen Eindruck gemacht. Ansatzpunkte, die für ein künftiges straffreies Leben des Klägers und seine soziale Integration sprechen würden, seien nicht ersichtlich. Auch wenn der Kläger sogenannter faktischer Inländer sei, werde dieser Aspekt durch die besonderen Umstände in seinem Fall nicht unerheblich relativiert. Der Kläger habe es bisher kaum zu wirtschaftlich-sozialen Integrationsleistungen gebracht und verfüge im Bundesgebiet über eher schwache soziale und familiäre Kontakte. Daher sei eine Reduzierung der Sperrfrist (nur) um ein Jahr auf fünf Jahre vorzunehmen.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben sich zur Berufung der Beklagten nicht geäußert, sondern mit Schriftsatz vom 7. Juni 2017 lediglich mitgeteilt, angesichts der Rückkehr des Klägers in die Türkei bereits im April 2016 und fehlender Erfolgsaussichten seines Prozesskostenhilfeantrags sei beabsichtigt, nicht zum - zunächst bestimmten - Sitzungstermin am 19. Juni 2017 zu erscheinen.

Auf Anfrage des Gerichts vom 13. Juni 2017 haben alle Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Festsetzung einer Sperrfrist gemäß § 11 AufenthG von unter fünf Jahren. Im Übrigen - das ist bezüglich der mit Bescheid vom 25. September 2014 verfügten Ausweisung, der Ablehnung des Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und der Abschiebungsandrohung - ist das klageabweisende Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Januar 2015 mit der Ablehnung des Antrags des Klägers auf Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 17. Januar 2017 (10 ZB 15.388) rechtskräftig geworden (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung einer Sperrfrist von unter fünf Jahren oder zumindest Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Daher ist das insoweit stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage des Klägers insgesamt abzuweisen.

2.1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen (Verpflichtungs-)Begehrens und damit der Befristungsentscheidung der Beklagten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts (zur gerichtlichen Kontrolle einer Befristungsentscheidung nach § 11 AufenthG in der Neufassung vom 27. Juli 2015, zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO und zum der Ausländerbehörde bei ihrer Entscheidung über die Länge der Frist zustehenden Ermessen nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - juris; BayVGH, U.v. 28.6.2016 - 10 B 15.1854 - juris). Maßgeblich ist hier deshalb die Regelung des § 11 AufenthG in der (Neu-)Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386).

Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der - wie der Kläger - ausgewiesen worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Nach § 11 Abs. 2 AufenthG ist das mit der Ausweisung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise und ist gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung festzusetzen. Über die Länge der Frist wird nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Sie darf gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll zehn Jahre nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG).

Die Neuregelung des Gesetzgebers in § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach über die Dauer der Sperrfrist im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde zu entscheiden ist, ist mit höher- und vorrangigem Recht zu vereinbaren, insbesondere stehen ihr verfassungs- und menschenrechtliche Vorgaben nicht entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - juris Rn. 20 ff.).

2.2. Ausgehend davon ist der in erster Instanz vom Kläger gestellte (pauschale) Klageantrag, die Ausweisungsverfügung der Beklagten vom 25. September 2014 aufzuheben, auch ohne ausdrücklichen Hilfsantrag zur Befristungsregelung nach § 88 VwGO entsprechend dem Rechtsschutzziel sachgerecht dahin auszulegen, dass für den Fall einer gerichtlichen Bestätigung der Ausweisungsverfügung eine angemessene Verkürzung der Dauer der Befristung auf unter fünf Jahre oder zumindest eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung hinsichtlich der Dauer der Frist begehrt wird (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2016 - 10 B 15.1854 - juris Rn. 48).

2.3. Die behördliche Befristungsentscheidung unterliegt auch als Ermessensentscheidung einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für die Behörde eine gesetzliche Ermessensgrenze darstellt, ein Verstoß dagegen zu einer Ermessensüberschreitung führt und der gerichtlichen Überprüfung nach § 114 Satz 1 VwGO unterliegt. Die Behörde darf bei der Ausübung ihres Ermessens von dem im Einzelfall zulässigen Höchstmaß der Frist nicht zulasten des Ausländers abweichen. Die Einhaltung dieser Obergrenze unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - juris Rn. 24).

2.4. Die Befristungsentscheidung der Beklagten in der Gestalt der von ihr zuletzt (mit dem am 12.6.2017 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 14.4.2016) angestellten Ermessenserwägungen verstößt jedoch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist damit nicht ermessensfehlerhaft im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO.

2.4.1. Da für die gerichtliche Überprüfung der Befristungsentscheidung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen ist, trifft die Ausländerbehörde auch während des gerichtlichen Verfahrens eine Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Befristungsentscheidung und gegebenenfalls zur Ergänzung ihrer Ermessenserwägungen (BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - juris Rn. 23). § 114 Satz 2 VwGO schließt es im Rechtsstreit um eine Befristungsentscheidung auch nicht aus, eine behördliche Ermessensentscheidung erstmals im gerichtlichen Verfahren zu treffen und zur gerichtlichen Prüfung zu stellen, wenn sich - wie hier - aufgrund neuer Umstände (hier: Neuregelung des § 11 AufenthG durch den Gesetzgeber) die Notwendigkeit einer Ermessensausübung erst nach Klageerhebung ergibt (zur Nachholung einer Ermessensentscheidung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei einer Ausweisung: BVerwG, U.v. 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 8). Die systematischen Gründe sowie Sinn und Zweck der Vorschrift des § 114 Satz 2 VwGO, die das Bundesverwaltungsgericht für die Rechtfertigung der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen der Ausländerbehörde heranzieht, die ihrer Verpflichtung zur Aktualisierung durch erstmalige Ausübung des Ausweisungsermessens während des gerichtlichen Verfahrens nachgekommen ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 9), sprechen in gleicher Weise bei der Befristungsentscheidung der Ausländerbehörde dafür, die so nachgeschobenen Ermessenserwägungen bei der gerichtlichen Prüfung zu berücksichtigen. Daher sind die Ermessenserwägungen, die die Beklagte ihrer Pflicht zur fortlaufenden Aktualisierung ihrer behördlichen Befristungsentscheidung entsprechend während des Berufungsverfahrens nachgeschoben hat, vom Senat bei der gerichtlichen Überprüfung mit zu würdigen.

2.4.2. Das Erfordernis einer Ermessensentscheidung ändert auch nichts am behördlichen Prüfprogramm. Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zu Grunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG), sowie unions- und konventionsrechtlich an den Vorgaben aus Art. 7 der Grundrechtecharta der Europäischen Union und Art. 8 EMRK gemessen und gegebenenfalls relativiert werden. Über dieses normative Korrektiv lassen sich auch bei einer Ermessensentscheidung die einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen begrenzen. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern es bedarf nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls einer umfassenden Abwägung der betroffenen Belange (BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - juris Rn. 23).

Daran gemessen sind die nachträgliche Ermessensausübung und die Befristungsentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat bei der Bemessung der Sperrfrist im ersten Schritt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass die Ausweisung des Klägers aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfolgt ist und der spezialpräventive Zweck der Verhinderung weiterer gravierender Straftaten insbesondere im Bereich der Eigentumsdelikte, aber auch der Körperverletzungs- und Betäubungsmitteldelikte ein Fernhalten des Klägers vom Bundesgebiet für sechs Jahre erfordert. Sie hat zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger innerhalb weniger Jahre mehrfach insbesondere wegen Diebstahlsdelikten - bandenmäßig begangenen Einbruchsdiebstählen mit hohem Schaden und erheblichen erbeuteten Geldbeträgen - zu Freiheitsstrafen (zuletzt zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren vier Monaten) verurteilt worden ist, mehrfach Bewährungschancen nicht genutzt hat, sondern vielmehr während offener Bewährungszeit erneut einschlägig straffällig geworden und ein Unterbrechungszeitraum zwischen 2010 und 2013 lediglich auf die Inhaftierung des Klägers zurückzuführen ist. In ihre Gefahrenprognose hat die Beklagte zutreffend mit eingestellt, dass der Kläger auch nach erfolgter Strafvollstreckung wegen eines vorsätzlichen Körperverletzungsdelikts und wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erneut zu Freiheitsstrafen verurteilt worden ist und Anhaltspunkte für eine Verhaltensänderung bei ihm nicht erkennbar sind. Aufgrund der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr erneuter schwerwiegender Straftaten und damit des hohen Gefahrenpotenzials des Klägers ist die Überschreitung der Frist von fünf Jahren (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG) und Bemessung der Frist im ersten Schritt auf sechs Jahre nicht zu beanstanden.

Ohne Rechtsfehler hat die Beklagte die so bestimmte Frist mit Blick auf die persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet als sogenannter faktischer Inländer um ein Jahr auf fünf Jahre reduziert. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verlangt Art. 8 EMRK als normatives Korrektiv, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für dessen persönliche Lebensführung zu begrenzen, unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles hier nicht, die Frist weiter oder - wovon das Erstgericht ausgegangen ist - sogar um die Hälfte zu reduzieren. Denn die Beklagte hat zu Recht darauf verwiesen, dass der Aspekt der persönlichen Bindungen des Klägers an Deutschland trotz seines Status als faktischer Inländer aufgrund fallspezifischer Besonderheiten eine nicht unerhebliche Relativierung erfährt, weil der Kläger bisher nennenswerte wirtschaftlich-soziale Integrationsleistungen nicht erbracht hat, seine sozialen und familiären Kontakte und Bindungen im Bundesgebiet als nicht besonders eng zu bewerten sind und er bei seiner letzten Ausreise in die Türkei (zu seinem dort lebenden Vater) immerhin schon 24 Jahre alt war. Bei der bereits festgestellten erheblichen Wiederholungsgefahr und den zu berücksichtigenden persönlichen Bindungen lässt die durch die Beklagte vorgenommene Reduzierung der Höchstfrist um ein Jahr keinen Rechtsfehler zulasten des Klägers erkennen; insbesondere gebietet auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter den dargelegten Umständen nicht die Festsetzung einer Frist von unter fünf Jahren oder eine Neubescheidung durch die Beklagte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

I.

Die Berufung wird zugelassen, soweit das Bayerische Verwaltungsgericht München die Beklagte verpflichtet hat, die Wirkungen der Ausweisung (Nr. 4 des Bescheids der Beklagten vom 25.9.2014) auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, soweit sein Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt wird.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird hinsichtlich des abgelehnten Teils (Antrag des Klägers) auf 5.000,- Euro und, soweit die Berufung zugelassen wird, vorläufig auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz (insoweit) erfolglose Klage auf Aufhebung der Ausweisungsverfügung und Abschiebungsandrohung im Bescheid der Beklagten vom 25. September 2014 weiter. Die Beklagte wendet sich mit ihrem Zulassungsantrag gegen die vom Verwaltungsgericht unter teilweiser Stattgabe der Klage ausgesprochene Verpflichtung, (unter Aufhebung der Nr. 4. des Bescheids vom 25. September 2014) die Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unabhängig von der Frage seines Rechtsschutzbedürfnisses nach der offensichtlich am 7. April 2016 ohne Mitteilung einer neuen ladungsfähigen Anschrift erfolgten Ausreise in die Türkei jedenfalls unbegründet, weil sich aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ergeben (1.). Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat dagegen Erfolg, weil sie im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche und tatsächliche Umstände aufgezeigt hat, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung insoweit unrichtig ist (BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546; 2.)

1. Ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung sieht der Kläger darin begründet, dass das Verwaltungsgericht Sinn und Zweck der gegen den Kläger verhängten Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und vier Monaten verkannt habe. Entscheidender Gesichtspunkt sei hier der Erziehungsgedanke. Auch der Umstand, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung lediglich eine einfache Körperverletzung und keine Delikte mehr aus dem Bereich der mittleren und schweren Kriminalität begangen habe, zeige, dass die erzieherische Wirkung der Haft ihre Wirkung nicht verfehlt habe und somit eine positive Prognose gerechtfertigt sei.

Mit diesem Vorbringen zieht der Kläger jedoch die Prognose des Verwaltungsgerichts, es bestehe beim Kläger eine erhebliche Gefahr, dass er erneut gravierende Straftaten, insbesondere Eigentumsdelikte, begehen werde (s. § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG), nicht ernsthaft in Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger zwischen 2007 und 2011 mehrfach wegen Diebstahlsdelikten verurteilt worden sei, die Einbruchsdiebstähle bandenmäßig, mit hohem Schaden und erheblichen erbeuteten Geldbeträgen zur Finanzierung seines Lebensstils begangen habe. Er sei innerhalb von wenigen Jahren mehrfach zu Freiheitsstrafen verurteilt worden und habe ihm eingeräumte Chancen zur Bewährung nicht genutzt, sondern sei vielmehr während offener Bewährungszeit wieder massiv einschlägig straffällig geworden. Die erzieherischen Maßnahmen des Jugendstrafrechts hätten bei ihm gerade keine entsprechende Wirkung gezeigt. Auch habe er nach der Haft erneut eine Straftat, nunmehr erstmalig ein Körperverletzungsdelikt, begangen. Gegen eine positive Prognose spreche schließlich, dass er sich auch in der mündlichen Verhandlung nicht einsichtig gezeigt, sondern neben seinen Straftaten auch seine Alkohol- und Drogenproblematik bagatellisiert habe. Eine tragfähige berufliche Perspektive für die Zeit nach der Haftentlassung sei nicht zu erkennen, so dass bei dem von ihm offenbarten Persönlichkeitsdefizit und mangelnden Respekt vor den Rechtsgütern anderer die erneute Begehung von Eigentumsdelikten wahrscheinlich sei.

Die vom Verwaltungsgericht angestellte (negative) Gefahrenprognose beim Kläger wird vor allem auch dadurch bestätigt, dass er zuletzt mit Urteil des Amtsgerichts München vom 11. August 2015 wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tatmehrheitlichen Fällen (erneut) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden ist.

Nicht durchgreifend ist auch der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seinen Kontakt zum in der Türkei lebenden Vater überbewertet und sei demzufolge zu Unrecht davon ausgegangen, dass er künftig in der Türkei zurechtkäme. Denn das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass der in Deutschland geborene und aufgewachsene Kläger „faktischer Inländer“ und sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet bei der vorzunehmenden Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls (s. § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG) daher besonders stark zu gewichten ist. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Abwägung weiter davon ausgegangen, dass der Kläger seine überwiegenden sozialen Beziehungen und familiären Bindungen, die jedoch nicht besonders eng seien, in Deutschland habe, eine dem besonderen Schutz des Art. 6 GG unterfallende familiäre Beziehung nicht bestehe und von ihm nennenswerte Integrationsleistungen bisher nicht erbracht worden seien. Ihm sei es sprachlich und kulturell möglich und zumutbar, in der Türkei Fuß zu fassen, zumal er von Januar bis April 2013 dort bei seinem Vater gelebt habe, um sich eine Arbeit zu suchen bzw. um dort zu arbeiten.

Angesichts der erheblichen Gefahr weiterer gravierender Straftaten durch den Kläger ist das Verwaltungsgericht bei der vorzunehmenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalls deshalb zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers seine Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt (s. § 53 Abs. 1 AufenthG) und sich die Ausweisung auch mit Blick auf Art. 8 EMRK als nicht unverhältnismäßig erweist.

Die Kostenentscheidung bezüglich der Antragsablehnung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich insoweit aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der unanfechtbaren Ablehnung des Antrags des Klägers auf Zulassung der Berufung (§ 152 Abs. 1 VwGO) wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, soweit die Klage abgewiesen worden ist, rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

2. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat dagegen Erfolg. Denn die Beklagte hat hinreichend substantiiert rechtliche und tatsächliche Umstände aufgezeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die bezüglich der angegriffenen Befristungsregelung stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit der ausgesprochenen Verpflichtung, die Wirkungen der Ausweisung auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen, unrichtig ist.

Abzustellen ist insoweit auf die Regelungen des § 11 AufenthG in der seit 24. Oktober 2015 geltenden Fassung, wonach für einen Ausländer, der ausgewiesen worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gilt (Abs. 1), dessen Dauer von Amts wegen nach Ermessen zu befristen ist (Abs. 2 und 3).

Die Bestimmung der Länge der Frist erfolgt einem ersten Schritt anhand einer prognostischen Einschätzung, wie lange die Gefahr besteht, dass der Ausländer weitere Straftaten oder andere Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung begehen wird, wobei die Umstände des Einzelfalles anhand des Gewichts des Ausweisungsgrundes zu berücksichtigen sind. In einem zweiten Schritt ist die so ermittelte Frist anhand der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und der Vorgaben aus Art. 8 EMRK zu überprüfen und ggf. zu verkürzen (st. Rspr., vgl. BayVGH, U. v. 28.6.2016 - 10 B 15.1854 - juris Rn. 50). Diesbezüglich hat die Beklagte im Zulassungsverfahren zu Recht gerügt, dass sich das Verwaltungsgericht in seinem ersten Schritt pauschal (allein) an der Höhe der zuletzt gegen den Kläger verhängten Freiheitsstrafen orientiert habe und so schon von einer im konkreten Fall zu kurzen Frist ausgegangen sei. Ebenfalls mit schlüssigen Gegenargumenten ernstlich infrage gestellt hat die Beklagte die weitere Annahme des Erstgerichts, die von ihm ermittelte Frist sei wegen der zugunsten des Klägers zu berücksichtigenden Gesichtspunkte, insbesondere mit Blick auf Art. 8 EMRK, letztlich auf die Hälfte und damit einen Zeitraum von zwei Jahren und sechs Monaten zu verkürzen. Denn die Beklagte verweist nachvollziehbar und schlüssig darauf, dass das Verwaltungsgericht insoweit keinen adäquaten Ausgleich mehr zwischen dem Präventionszweck und den für den Kläger streitenden Bleibeinteressen vorgenommen habe.

Die vorläufige Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2, § 47 Abs. 1 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

I.

Die Berufung wird zugelassen, soweit das Bayerische Verwaltungsgericht München die Beklagte verpflichtet hat, die Wirkungen der Ausweisung (Nr. 4 des Bescheids der Beklagten vom 25.9.2014) auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, soweit sein Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt wird.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird hinsichtlich des abgelehnten Teils (Antrag des Klägers) auf 5.000,- Euro und, soweit die Berufung zugelassen wird, vorläufig auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz (insoweit) erfolglose Klage auf Aufhebung der Ausweisungsverfügung und Abschiebungsandrohung im Bescheid der Beklagten vom 25. September 2014 weiter. Die Beklagte wendet sich mit ihrem Zulassungsantrag gegen die vom Verwaltungsgericht unter teilweiser Stattgabe der Klage ausgesprochene Verpflichtung, (unter Aufhebung der Nr. 4. des Bescheids vom 25. September 2014) die Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unabhängig von der Frage seines Rechtsschutzbedürfnisses nach der offensichtlich am 7. April 2016 ohne Mitteilung einer neuen ladungsfähigen Anschrift erfolgten Ausreise in die Türkei jedenfalls unbegründet, weil sich aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ergeben (1.). Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat dagegen Erfolg, weil sie im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche und tatsächliche Umstände aufgezeigt hat, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung insoweit unrichtig ist (BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546; 2.)

1. Ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung sieht der Kläger darin begründet, dass das Verwaltungsgericht Sinn und Zweck der gegen den Kläger verhängten Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und vier Monaten verkannt habe. Entscheidender Gesichtspunkt sei hier der Erziehungsgedanke. Auch der Umstand, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung lediglich eine einfache Körperverletzung und keine Delikte mehr aus dem Bereich der mittleren und schweren Kriminalität begangen habe, zeige, dass die erzieherische Wirkung der Haft ihre Wirkung nicht verfehlt habe und somit eine positive Prognose gerechtfertigt sei.

Mit diesem Vorbringen zieht der Kläger jedoch die Prognose des Verwaltungsgerichts, es bestehe beim Kläger eine erhebliche Gefahr, dass er erneut gravierende Straftaten, insbesondere Eigentumsdelikte, begehen werde (s. § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG), nicht ernsthaft in Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger zwischen 2007 und 2011 mehrfach wegen Diebstahlsdelikten verurteilt worden sei, die Einbruchsdiebstähle bandenmäßig, mit hohem Schaden und erheblichen erbeuteten Geldbeträgen zur Finanzierung seines Lebensstils begangen habe. Er sei innerhalb von wenigen Jahren mehrfach zu Freiheitsstrafen verurteilt worden und habe ihm eingeräumte Chancen zur Bewährung nicht genutzt, sondern sei vielmehr während offener Bewährungszeit wieder massiv einschlägig straffällig geworden. Die erzieherischen Maßnahmen des Jugendstrafrechts hätten bei ihm gerade keine entsprechende Wirkung gezeigt. Auch habe er nach der Haft erneut eine Straftat, nunmehr erstmalig ein Körperverletzungsdelikt, begangen. Gegen eine positive Prognose spreche schließlich, dass er sich auch in der mündlichen Verhandlung nicht einsichtig gezeigt, sondern neben seinen Straftaten auch seine Alkohol- und Drogenproblematik bagatellisiert habe. Eine tragfähige berufliche Perspektive für die Zeit nach der Haftentlassung sei nicht zu erkennen, so dass bei dem von ihm offenbarten Persönlichkeitsdefizit und mangelnden Respekt vor den Rechtsgütern anderer die erneute Begehung von Eigentumsdelikten wahrscheinlich sei.

Die vom Verwaltungsgericht angestellte (negative) Gefahrenprognose beim Kläger wird vor allem auch dadurch bestätigt, dass er zuletzt mit Urteil des Amtsgerichts München vom 11. August 2015 wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tatmehrheitlichen Fällen (erneut) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden ist.

Nicht durchgreifend ist auch der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seinen Kontakt zum in der Türkei lebenden Vater überbewertet und sei demzufolge zu Unrecht davon ausgegangen, dass er künftig in der Türkei zurechtkäme. Denn das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass der in Deutschland geborene und aufgewachsene Kläger „faktischer Inländer“ und sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet bei der vorzunehmenden Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls (s. § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG) daher besonders stark zu gewichten ist. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Abwägung weiter davon ausgegangen, dass der Kläger seine überwiegenden sozialen Beziehungen und familiären Bindungen, die jedoch nicht besonders eng seien, in Deutschland habe, eine dem besonderen Schutz des Art. 6 GG unterfallende familiäre Beziehung nicht bestehe und von ihm nennenswerte Integrationsleistungen bisher nicht erbracht worden seien. Ihm sei es sprachlich und kulturell möglich und zumutbar, in der Türkei Fuß zu fassen, zumal er von Januar bis April 2013 dort bei seinem Vater gelebt habe, um sich eine Arbeit zu suchen bzw. um dort zu arbeiten.

Angesichts der erheblichen Gefahr weiterer gravierender Straftaten durch den Kläger ist das Verwaltungsgericht bei der vorzunehmenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalls deshalb zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers seine Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt (s. § 53 Abs. 1 AufenthG) und sich die Ausweisung auch mit Blick auf Art. 8 EMRK als nicht unverhältnismäßig erweist.

Die Kostenentscheidung bezüglich der Antragsablehnung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich insoweit aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der unanfechtbaren Ablehnung des Antrags des Klägers auf Zulassung der Berufung (§ 152 Abs. 1 VwGO) wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, soweit die Klage abgewiesen worden ist, rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

2. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat dagegen Erfolg. Denn die Beklagte hat hinreichend substantiiert rechtliche und tatsächliche Umstände aufgezeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die bezüglich der angegriffenen Befristungsregelung stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit der ausgesprochenen Verpflichtung, die Wirkungen der Ausweisung auf zwei Jahre sechs Monate zu befristen, unrichtig ist.

Abzustellen ist insoweit auf die Regelungen des § 11 AufenthG in der seit 24. Oktober 2015 geltenden Fassung, wonach für einen Ausländer, der ausgewiesen worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gilt (Abs. 1), dessen Dauer von Amts wegen nach Ermessen zu befristen ist (Abs. 2 und 3).

Die Bestimmung der Länge der Frist erfolgt einem ersten Schritt anhand einer prognostischen Einschätzung, wie lange die Gefahr besteht, dass der Ausländer weitere Straftaten oder andere Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung begehen wird, wobei die Umstände des Einzelfalles anhand des Gewichts des Ausweisungsgrundes zu berücksichtigen sind. In einem zweiten Schritt ist die so ermittelte Frist anhand der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und der Vorgaben aus Art. 8 EMRK zu überprüfen und ggf. zu verkürzen (st. Rspr., vgl. BayVGH, U. v. 28.6.2016 - 10 B 15.1854 - juris Rn. 50). Diesbezüglich hat die Beklagte im Zulassungsverfahren zu Recht gerügt, dass sich das Verwaltungsgericht in seinem ersten Schritt pauschal (allein) an der Höhe der zuletzt gegen den Kläger verhängten Freiheitsstrafen orientiert habe und so schon von einer im konkreten Fall zu kurzen Frist ausgegangen sei. Ebenfalls mit schlüssigen Gegenargumenten ernstlich infrage gestellt hat die Beklagte die weitere Annahme des Erstgerichts, die von ihm ermittelte Frist sei wegen der zugunsten des Klägers zu berücksichtigenden Gesichtspunkte, insbesondere mit Blick auf Art. 8 EMRK, letztlich auf die Hälfte und damit einen Zeitraum von zwei Jahren und sechs Monaten zu verkürzen. Denn die Beklagte verweist nachvollziehbar und schlüssig darauf, dass das Verwaltungsgericht insoweit keinen adäquaten Ausgleich mehr zwischen dem Präventionszweck und den für den Kläger streitenden Bleibeinteressen vorgenommen habe.

Die vorläufige Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2, § 47 Abs. 1 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Gründe

I.

In Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2015 wird Nr. 2 des Bescheides der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. März 2015 und 24. Juni 2016 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Juli 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte ein Viertel, der Kläger drei Viertel.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. März 2015 und 24. Juni 2016 weiter, soweit sie erfolglos geblieben ist. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, die Wirkungen der Ausweisung wurden zuletzt auf sechs bzw. fünf Jahre befristet.

Der am 1. Januar 1989 in der Republik Jugoslawien geborene Kläger, ein kosovarischer Volkszugehöriger, reiste im August 1998 zusammen mit seiner Mutter zu seinem Vater in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 1. September 1998 einen Asylantrag.

Nachdem das Asylverfahren zunächst erfolglos verlaufen war, stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 14. Mai 2002 fest, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der Republik Jugoslawien vorlägen. Beim Kläger sei eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt worden, die nach Auskunft des Auswärtigen Amtes im Kosovo nicht behandelt werden könne.

Der Kläger erhielt zunächst eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG i. V. m. § 53 Abs. 6 AuslG und schließlich am 22. November 2005 eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 35 AufenthG.

Der Kläger ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

- Urteil des Jugendgerichts des Amtsgerichts München vom 18. November 2009: Bewährungsstrafe von zwei Jahren wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 19 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit drei selbstständigen Fällen des Diebstahls in Mittäterschaft

- Urteil des Jugendgerichts des Amtsgerichts München vom 19. Januar 2011: Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schwerem Fall in Mittäterschaft unter Einbeziehung der verhängten Bewährungsstrafe

- Urteil des Landgerichts München vom 25. Oktober 2011: Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen Diebstahls und versuchten Diebstahls.

Wegen dieser Verurteilung leitete die Beklagte ein Verfahren zum Widerruf des beim Kläger vorliegenden Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ein. Mit Schreiben vom 22. April 2013 teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit, dass die Voraussetzungen eines Widerrufs oder einer Rücknahme der Begünstigung nach § 73 Abs. 3 AsylVfG nicht vorlägen und daher ein Aufhebungsverfahren nicht eingeleitet werde.

Der Kläger befand sich vom 1. Juli 2009 bis 18. November 2009 in Untersuchungshaft. Ab dem 14. November 2010 befand er sich erneut in (Untersuchungs-)Haft. Er verbüßte anschließend die Einheitsjugendstrafe aus dem Urteil vom 19. November 2011 und die Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 25. Oktober 2011.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2013 wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1), untersagte die Wiedereinreise (Nr. 2) und forderte ihn zur Ausreise auf. Sollte der Kläger nicht freiwillig ausreisen, werde sein Aufenthalt geduldet (Nr. 3).

Die Ausweisung erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Kläger sei seit April 2009 immer wieder straffällig geworden. Er habe in einer Vielzahl von Einzelfällen Heroin verkauft, um sich eine Einnahmequelle von einiger Dauer zu verschaffen. Zudem sei er mit mehreren Mittätern in zwei Gaststätten und einen Baucontainer eingebrochen, wo Werkzeuge und Tresore mit Wertsachen entwendet worden seien. Bei der Strafzumessung sei berücksichtigt worden, dass der Kläger durch die Kriegsereignisse im Heimatland schwer traumatisiert sei und es ihm daher nicht möglich sei, sich altersgerecht zu verhalten. Es seien Reifeverzögerungen festgestellt worden. Zudem sei berücksichtigt worden, dass der Kläger durch vorangegangenen Kokainkonsum enthemmt gewesen sei. Die erste Verurteilung, die Bewährungsentscheidung und der erstmalige Hafteindruck hätten ihn jedoch völlig unbeeindruckt gelassen. Bereits zwei Wochen nach der Hauptverhandlung habe er versucht, mit einem Mittäter in einen Zeitschriftenladen einzubrechen, und habe hierzu die Eingangstüre aufgebrochen. Am 1. Oktober 2010 habe er zusammen mit einem Mittäter in eine Filiale einer Imbisskette eingebrochen und einen Tresor entwendet, in dem sich 2.491 Euro befunden hätten. Am 14. November 2010 habe er versucht, mit zwei Mittätern in eine Bäckerei einzubrechen. Der Kläger sei offenbar nicht in der Lage oder gewillt, ein rechtskonformes Leben im Bundesgebiet zu führen. Im Alter von 19 Jahren habe er begonnen, in erheblichem Umfang und mit enormer Rückfallgeschwindigkeit Straftaten zu begehen und sich von keiner strafgerichtlichen Sanktion von weiteren Straftaten abhalten lassen. Dass er sich nunmehr, nach Ablauf von fast drei Jahren Haft, kooperativ zeige, entspreche dem typischen Bild eines Straftäters. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass durch die weitere Anwesenheit des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland auch künftig schwerwiegend gefährdet werde. Nach der Art und dem Umfang der begangenen Straftaten müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer konkreten Gefahr neuer Störungen ausgegangen werden. Die Integration des Klägers in Deutschland sei gescheitert. Der Kläger habe in seinem Heimatland die Grundschule besucht und bis zu seinem neunten Lebensjahr dort gelebt. Auch seine Mutter sei erst im Jahr 1998 zusammen mit dem Kläger nach Deutschland eingereist, so dass davon auszugehen sei, dass in der Familie die Sprache und die Gepflogenheiten des Heimatlandes weiter geführt worden seien. Der Kläger sei volljährig und nicht auf den Beistand seiner Eltern angewiesen. Mit der Ausweisung erlösche der Aufenthaltstitel. Aufgrund des fortbestehenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG werde der Aufenthalt des Klägers weiter geduldet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München.

Mit Beschluss vom 27. April 2014 setzte die Strafvollstreckungskammer die Vollstreckung des Rests der Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 19. Januar 2011 und des Rests der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren aus dem Urteil des Landgerichts München I vom 25. Oktober 2011 ab dem 1. Juni 2014 zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt. Der Kläger wird auf die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und der Leitung der für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshilfe unterstellt.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2014 vernahm das Verwaltungsgericht die Bewährungshelferin des Klägers. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Weiterhin legte der Kläger eine Bestätigung von Condrobs vom 27. November 2014 sowie den Befundbericht der Diplompsychologin M. vom 3. Dezember 2014 vor.

Mit Schriftsätzen vom 20. Januar 2015 und 4. März 2015 ergänzte die Beklagte ihr im Bescheid ausgeübtes Ermessen. Sie berücksichtigte insbesondere die Entlassung aus der Strafhaft auf Bewährung und die Aussagen der Bewährungshelferin in der mündlichen Verhandlung. Sie befristete unter Änderung der Nr. 2 des Bescheids vom 22. Juli 2013 die Wirkungen der Ausweisung auf acht Jahre.

Mit Urteil vom 15. April 2015 änderte das Verwaltungsgericht die Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung vom 4. März 2015 dahingehend ab, dass die gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von sechs Jahren befristet werden. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Auf Antrag des Klägers ließ der Senat mit Beschluss vom 21. August 2015 die Berufung gegen das Urteil vom 15. April 2015 zu.

Zur Begründung der Berufung verwies der Kläger zunächst auf die Begründung des Zulassungsantrags vom 24. Juni 2015. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine nach wie vor bestehende konkrete Wiederholungsgefahr angenommen. Zudem habe das Verwaltungsgericht den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers und das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der Traumatisierung nicht hinreichend berücksichtigt.

Im Erörterungstermin vom 16. Februar 2016 wurde die Sach- und Rechtslage bezüglich des seit 1. Januar 2016 geltenden neuen Ausweisungsrechts mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger legte einen Untersuchungsbefund vom 12. Februar 2016 vor, wonach in seinem Urin keine Hinweise auf Opiate und Kokain gefunden worden seien. Er habe stets nur Opiate und Kokain konsumiert. Seit seiner Haftentlassung habe er ca. sieben Drogenberatungsgespräche bei Condrobs absolviert. Dort sei ihm geraten worden, zunächst seine Traumatherapie zu beenden. Bezüglich der psychotherapeutischen Traumabehandlung legte der Kläger eine Bestätigung vom 15. Februar 2016 vor. Derzeit arbeite der Kläger auf geringfügiger Basis als Küchenhilfe und warte auf eine Festanstellung. Den Schulabschluss habe er in der Justizvollzugsanstalt nicht nachholen können, weil dies an der Haltung der Beklagten gescheitert sei.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2016 änderte die Beklagte Nr. 2 des Bescheids vom 22. Juli 2013 erneut. Unter der Bedingung, dass keine weiteren Ausweisungsgründe bekannt würden, ferner Straf- und Drogenfreiheit nachgewiesen sowie die Meldeverhältnisse ab Ausreise lückenlos belegt würden, werde das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf fünf Jahre befristet. Die Frist beginne mit der Ausreise. Werde diese Bedingung nicht erfüllt, betrage die Sperrfrist sechs Jahre ab Ausreise. Die Beklagte verwies auf das Gewicht der vom Kläger begangenen Straftaten und die von ihm ausgehende Wiederholungsgefahr. Zu seinen Gunsten sprächen sein langer Aufenthalt, die familiären Bindungen und das Abschiebungsverbot.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 beantragt der Kläger,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. Juni 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Ausweisung auch unter Geltung des neuen Ausweisungsrechts für rechtmäßig, weil vom Kläger nach wie vor eine Wiederholungsgefahr ausgehe. Trotz des bestehenden Abschiebungshindernisses verblieben in spezialpräventiver Hinsicht die gewünschte Verschlechterung des ausländerrechtlichen Status und eine mögliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Generalpräventiv diene die Ausweisung der Abschreckung in vergleichbaren Fällen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2015 hat nur teilweise Erfolg. Seine Klage auf Aufhebung der Ausweisungsentscheidung in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Juli 2013 ist unbegründet, weil die Ausweisungsverfügung rechtmäßig ist und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; 1.). Soweit sich der Kläger gegen die in Nr. 2 des Bescheides vom 22. Juli 2013 (geändert durch die Bescheide vom 4. März 2015 und 24. Juni 2016) verfügte Befristung der Wirkungen der Ausweisung wendet, ist die Klage begründet, weil die Befristungsentscheidung der Beklagten rechtswidrig ist und er einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte neu über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; 2.).

1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisungsverfügung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, also hier des Verwaltungsgerichtshofs als Berufungsinstanz (st. Rspr.. vgl. BayVGH, U. v. 5.3.2013 - 10 B 12.2219 - juris Rn. 29 m. w. N.). Rechtlicher Maßstab für die Überprüfung der von der Beklagten nach § 53 Nr. 1, § 56 Abs. 1 AufenthG in der bis 31. Dezember 2015 gültigen Fassung (a. F.) verfügten Ausweisung sind daher die gesetzlichen Regelungen über die Ausweisung in der ab 17. März 2016 geltenden Fassung des Aufenthaltsgesetzes. Die bereits am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Regelungen zur Ausweisung (Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.7.2015 BGBl I S. 1386) differenzieren nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangen für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang überprüfbar (st. Rspr.; vgl. BayVGH, U. v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 26; Welte, AuslR 2015, 426; Cziersky-Reis in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, AufenthG, Vor §§ 53 bis 56 Rn. 5 ff., a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte Ausweisung wird auch nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Dies ist vorliegend der Fall.

1.1 Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs noch gegeben. Denn es besteht noch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger weiterhin Straftaten begehen wird, die sich insbesondere gegen das Eigentum anderer richten. Bei der vom Gericht eigenständig zu treffenden Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, B. v. 21.3.2016 - 10 ZB 15.1968 - juris Rn. 10 m. w. N.). Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Wiederholungsgefahr gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 1911 - juris Rn. 16 m. w. N.; U. v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 18). Ausreichend, aber auch erforderlich für die Bejahung einer Wiederholungsgefahr ist eine konkrete Rückfallgefahr. Eine solche konkrete Rückfallgefahr liegt nach Auffassung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) trotz der guten Entwicklung des Klägers während seiner Inhaftierung vom 14. November 2010 bis zum 1. Juni 2014 und seiner Straffreiheit während der nunmehr zweijährigen Bewährungszeit noch vor.

Der Kläger hatte im Zeitraum zwischen April und Ende Juni 2009 in mindestens 19 Fällen Heroingemisch verkauft und 100 g Heroingemisch angekauft. Am 1. Dezember 2009 versuchte er einen Einbruchsdiebstahl. Am 1. Oktober 2010 brach er in eine Imbissfiliale ein, ein weiterer Einbruchsversuch fand am 14. November 2010 statt.

Der Kläger ist damit innerhalb von eineinhalb Jahren massiv straffällig geworden. Er handelte nicht nur gewerbsmäßig mit Heroin, sondern beging bzw. versuchte zahlreiche Einbruchsdiebstähle, um sich eine sichere Einnahmequelle zu verschaffen. Besonders negativ für die zu treffende Prognoseentscheidung wirkt sich aus, dass der Kläger kurz nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft am 18. November 2009 bereits am 1. Dezember 2009 einen versuchten Diebstahl in einem besonders schweren Fall beging. Offensichtlich zeigte die mehr als fünf Monate dauernde Untersuchungshaft wegen Heroinhandels keine nachhaltigen Wirkungen in Bezug auf seine Delinquenz. In der Strafhaft entwickelte sich der Kläger positiv, so dass ihm die Justizvollzugsanstalt in der Stellungnahme vom 4. Juli 2013 eine vorsichtig positive Zukunftsprognose ausstellte. Schließlich setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg mit Beschluss vom 27. April 2014 den Rest der Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten und den Rest der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren unter Auflagen zur Bewährung aus, weil die Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld die Reststrafenaussetzung befürwortet und die Staatsanwaltschaft sich deren Votum angeschlossen hatte. Für den Zeitraum nach der Haftentlassung ist jedoch festzustellen, dass der Kläger den Bewährungsauflagen im Beschluss vom 27. April 2014 teilweise nur zögerlich bzw. unter Druck nachkommt. Während die Bewährungshilfe im Bericht vom 6. August 2015 davon spricht, dass der Kläger sich neue berufliche Perspektiven erarbeiten wolle, intensiv in der Traumatherapie mitarbeite und die Kontakte und Gesprächstermine zur Bewährungshilfe zuverlässig wahrnehme, berichtet die Bewährungshelferin in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2016 davon, dass sich der Kläger seit September 2015 nicht an die Termine mit der Bewährungshilfe halte. Zu den Gesprächsterminen sei er weder erschienen noch habe er sich entschuldigt. Ein Termin mit der Bewährungshelferin fand erst statt, als ihm mit Schreiben der Strafvollstreckungskammer vom 4. Februar 2016 die Einleitung des Bewährungswiderrufsverfahrens angedroht worden war. Der Kläger nahm dann zwar einen Gesprächstermin am 15. Februar 2016 wahr, in der Stellungnahme vom 21. Juni 2016, die in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 vorgelegt worden war, teilte die Bewährungshelferin jedoch erneut mit, dass die Kontakthaltung mit dem Kläger unbefriedigend verlaufe und er auf ein Schreiben vom 15. März 2016 nicht reagiert habe. Insoweit hat der Kläger zwar vorgetragen, dass er dieses Schreiben nicht erhalten habe. Auffallend ist jedoch, dass der Kläger nur auf ausdrückliche Aufforderung der Bewährungshelferin den Kontakt hält.

Entsprechend den Auflagen im Beschluss vom 17. April 2014 hat der Kläger eine Traumatherapie begonnen. Im Bericht vom 15. Februar 2016 führt die Therapeutin aus, dass der Kläger regelmäßig, wenn auch teilweise verspätet, zu den Stunden gekommen sei und weitgehend motiviert mitgearbeitet habe. Die mit der posttraumatischen Belastungsstörung verbundenen Impulskontrollstörungen hätten sich deutlich reduziert.

Insgesamt hat der Senat aus dem Gesamtergebnis der vorgelegten Bescheinigungen zu den Bewährungsauflagen und den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 die Überzeugung gewonnen, dass sein Wohlverhalten dem Druck der noch bestehenden Bewährung und einem etwaig drohenden Bewährungswiderruf geschuldet ist und es ihm schon jetzt Mühe bereitet, die Bewährungsauflagen einzuhalten. Hinzu kommt, dass die Straffälligkeit des Klägers zumindest durch die bestehende posttraumatische Belastungsstörung und die Impulskontrollstörung mitverursacht war, so dass, solange die Verhaltenstherapie nicht erfolgreich abgeschlossen ist, auch insoweit die Gefahr besteht, dass der Kläger erneut straffällig wird. Bezüglich der Gefahrenprognose wirkt sich auch zulasten des Klägers aus, dass er seit seiner Haftentlassung auf dem Arbeitsmarkt noch nicht Fuß fassen konnte. Auch wenn seine derzeitige aufenthaltsrechtliche Situation zu den Schwierigkeiten, eine Vollzeitbeschäftigung zu finden, beitragen mag, so liegt eine weitere Ursache dafür auch im fehlenden Schulabschluss und der fehlenden Berufsausbildung. Der Kläger hat seit seiner Haftentlassung keine Anstrengungen unternommen, sich insoweit, zum Beispiel durch Berufspraktika, weiter zu qualifizieren.

1.2 Im Fall des Klägers liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor, weil er zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden ist.

1.3 Diesem gesetzlich vertypten Ausweisungsinteresse steht ein ebenfalls besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen, weil der Kläger seit 22. November 2005 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist.

1.4 Die nach § 53 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 AufenthG unter Berücksichtigung der in § 54, § 55 AufenthG normierten Ausweisungsinteressen und Bleibeinteressen vorzunehmende Abwägungsentscheidung führt hier zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer Ausreise das Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Die streitbefangene Ausweisung erweist sich unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG aufgeführten Umstände und mit Blick auf die Anforderungen des Art. 8 EMRK als verhältnismäßig.

1.4.1 Im Rahmen der Ausweisungsentscheidung sind die abwägungserheblichen Interessen zutreffend zu ermitteln und zu gewichten. Es ist ein Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen herzustellen, der dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Im Rahmen seiner Gestaltungskompetenz hat der Gesetzgeber sowohl für das Ausweisungs- als auch für das Bleibeinteresse normative Gewichtungen vorgenommen (Bauer in Bergmann/Dienelt, a. a. O., § 53 Rn. 50). Generalpräventive Aspekte sind Teil des öffentlichen Ausweisungsinteresses. Nach der Gesetzesbegründung kann eine Ausweisungsentscheidung daher grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Interesse an der Ausreise des Ausländers sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt (BT-Drs. 18/4097, S. 49). Die in § 53 Abs. 2 AufenthG - nicht abschließend - aufgeführten Kriterien orientieren sich an den durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten sog. Boultif/Üner Kriterien (EGMR, U. v. 2.8.2001 - Boultif, Nr. 45273/00 - InfAuslR 2001, 476, U. v. 18.10.2006 - Üner, Nr. 46410/99 - NVwZ 2007, 1229). Bei der Abwägung zu berücksichtigen sind danach die Art und die Schwere der begangenen Straftaten, wobei die vom Gesetzgeber vorgenommene typisierende Gewichtung zu beachten ist, das Verhalten des Ausländers nach der Tatbegehung sowie die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielstaat.

1.4.2 Für den weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet spricht, dass er bereits seit seinem 10. Lebensjahr im Bundesgebiet lebt, er hier die Schule besucht hat, wenn auch ohne Abschluss, und sehr gut deutsch spricht. Der lange Aufenthalt des Klägers ist entsprechend der gesetzlichen Typisierung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG als besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse zu bewerten. Wirtschaftliche Bindungen des Klägers im Bundesgebiet bestehen nicht. Er kann keine Berufsausbildung vorweisen und war auch vor seiner Inhaftierung überwiegend nur geringfügig beschäftigt. Eine eigene Kernfamilie hat der Kläger noch nicht gegründet. Er hat zwar eine Freundin, Anhaltspunkte dafür, dass er eine Intensivierung dieser Beziehung anstreben würde, sind nicht ersichtlich. Seine Eltern und Geschwister leben im Bundesgebiet, bei einem Erwachsenen ist aber den familiären Bindungen kein allzu großes Gewicht mehr beizumessen. Die Art und die Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten sind entsprechend der Bestimmung in § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ebenfalls als besonders schwerwiegend einzustufen, wobei nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass der Kläger das gesetzlich als besonders schwerwiegend eingestufte Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG durch seine Verurteilungen zweimal verwirklicht hat.

1.4.3 Die aus spezialpräventiven Gründen für das Überwiegen des Ausweisungsinteresses sprechenden Gesichtspunkte, die wegen der vom Kläger nach wie vor ausgehenden Wiederholungsgefahr weiterhin zu berücksichtigen sind, verlieren nicht deshalb ihre Bedeutung, weil er wegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in sein Heimatland abgeschoben werden kann. Nach der zum alten Ausweisungsrecht ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 31.8.2004 - 1 C 25.03 - juris Rn. 15) schloss der Umstand, dass ein Ausländer wegen des Bestehens von Abschiebungshindernissen nicht in sein Heimatland abgeschoben werden konnte, eine Ausweisung grundsätzlich nicht aus. Eine Ausweisung könne ihren ordnungsrechtlichen Zweck sowohl unter spezialpräventiven als auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten auch dann erreichen, wenn sie nicht zu einer Abschiebung des Ausländers in sein Heimatland, sondern nur zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führe (vgl. zur Generalprävention BVerwG, B. v. 18.8.1995 - 1 B 55.95 - juris Rn. 9; Discher in GK-Aufenthaltsgesetz, vor §§ 53 ff Rn. 429). Unter Geltung des alten Ausweisungsrechts hatte die Ausländerbehörde das Bestehen eines Abschiebungshindernisses gemäß § 55 Abs. 3 AufenthG a. F. in ihre Ermessenserwägungen einzustellen bzw. war die Ausweisung unverhältnismäßig, weil sie ihren Zweck, den Ausländer wegen der von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr aus dem Bundesgebiet zu entfernen, nicht erreichen konnte (Discher, a. a. O.; § 55 Rn. 1370; Graßhof in Beck´scher Online-Kommentar, Ausländerrecht, Stand: 1.1.2015, § 55 Rn. 52). Der Senat hatte die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. April 2015 zugelassen, weil die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt hatte. Im ab 1. Januar 2016 geltenden Ausweisungsrecht ist das Bestehen eines Abschiebungsverbots mangels Ermessensentscheidung bei der Gewichtung des öffentlichen Ausweisungsinteresses zu berücksichtigen und kann unter bestimmten Umständen auch zum Wegfall des Ausweisungsinteresses führen.

Solche Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Ein unter spezialpräventiven Gesichtspunkten zu berücksichtigendes öffentliches Ausweisungsinteresse kann auch bei Bestehen von Duldungsgründen dann bejaht werden, wenn mit der Ausweisung ein Aufenthaltstitel zum Erlöschen gebracht oder einer weiteren Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt wird oder Aufenthaltsbeschränkungen ausgelöst werden (vgl. VGH BW, U. v. 21.4.2010 - 11 S 200/10 - juris Rn. 60). Vorliegend führt die Ausweisung des Klägers zum Erlöschen seines Aufenthaltstitels und somit unabhängig von § 61 AufenthG auch zur Einschränkung seiner Reise- und Bewegungsfreiheit. Auch wenn die damit verbundene Aufenthaltsbeschränkung beim Kläger aus spezialpräventiven Gesichtspunkten nicht zwingend notwendig sein dürfte, verhält es sich bei dem mit der Ausweisung verbundenen Erlöschen des durch die Niederlassungserlaubnis vermittelten Aufenthaltsrechts anders. Gegenwärtig ist nicht absehbar, wie lange das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen bleibt, so dass der Kläger, um überhaupt wieder die Chance zu bekommen, einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG oder § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG und damit einen gesicherten Aufenthalt zu erhalten, kein neues Ausweisungsinteresse begründen, d. h. keine neuen Straftaten begehen darf. Insoweit kommt daher der Ausweisung trotz des bestehenden Abschiebungsverbots verhaltenssteuernde Wirkung zu (zu diesem Erfordernis VGH BW, U. v. 13.1.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 138).

Auch wenn das auf spezialpräventiven Gesichtspunkten beruhende öffentliche Ausweisungsinteresse im Hinblick auf die dem Kläger zu erteilenden Duldungen als nicht so gewichtig einzustufen ist, führt jedenfalls die zusätzliche Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen dazu, dass das öffentliche Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Klägers überwiegt. Anderen Ausländern, die einen Aufenthaltstitel und unabhängig davon Abschiebungsschutz besitzen, wird deutlich vor Augen geführt, dass durch die Begehung von Straftaten mit dem durch die Ausweisung bedingten Erlöschen des Aufenthaltstitels gravierende Nachteile wie zum Beispiel räumliche Beschränkungen oder der Verlust der mit einem Aufenthaltstitel verbundenen Sozialleistungen einhergehen, auch wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet tatsächlich nicht beendet werden kann.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass abgesehen von der bloßen Dauer des Aufenthalts keine gewichtigen Bleibeinteressen des Klägers bestehen, so dass das auf spezial- und generalpräventiven Gründen beruhende Ausweisungsinteresse letztlich überwiegt.

2. Die Klage hat jedoch Erfolg, soweit sie sich gegen die zuletzt mit Bescheid vom 24. Juni 2016 neu gefasste Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs bzw. fünf Jahre ab Ausreise richtet. Die Festsetzung der Länge der Sperrfrist erweist sich als ermessensfehlerhaft, so dass die Beklagte zu verpflichten ist, erneut über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden.

2.1 Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Befristungsentscheidung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also des Verwaltungsgerichtshofs als Berufungsgericht (BVerwG, U. v. 25.3.2015 - 1 C 18.14 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Abzustellen ist daher auf die Regelungen des § 11 AufenthG in der seit 24. Oktober 2015 geltenden Fassung des Aufenthaltsgesetzes. Für einen Ausländer, der ausgewiesen ist, gilt nach § 11 Abs. 1 AufenthG ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, dessen Dauer von Amts wegen nach Ermessen zu befristen ist (§ 11 Abs. 2 und 3 AufenthG).

2.2 Begehrt der Kläger die Verkürzung der von der Behörde verfügten Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot, so ist richtige Klageart nach Auffassung des Senats die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO). Aus der obergerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich bislang nicht eindeutig, ob die Verkürzung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage verfolgt werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 14.2.2012 - 1 C 7.11, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11: Verpflichtungsklage; U. v. 14.3.2013 - 1 B 17.12, U. v. 15.4.2013 - 1 B 22.12: Anfechtungsklage - alle juris). Der Senat ist bislang davon ausgegangen, dass dann, wenn die Verwaltungsbehörde - wie hier - bereits eine Befristungsentscheidung erlassen hat, die Anfechtungsklage die richtige Klageart für eine begehrte Verkürzung der Frist ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 10 ZB 15.1998 - juris Rn. 4). In der aktuell gültigen Fassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG hat der Gesetzgeber nun bestimmt, dass über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach Ermessen entschieden wird. Dies hat zur Folge, dass das Gericht die Länge der Frist grundsätzlich nur in dem durch § 114 Satz 1 VwGO vorgegebenen Rahmen überprüfen darf. Eine Verkürzung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot durch das Gericht selbst kommt also nur in Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. In allen anderen Fällen ist zwar die Entscheidung der Verwaltungsbehörde aufzuheben, jedoch muss das Gericht der Verwaltungsbehörde erneut Gelegenheit geben, ihr Ermessen rechtsfehlerfrei auszuüben. Dies kann jedoch nur im Rahmen einer Verpflichtungsklage erreicht werden (für den vorläufigen Rechtsschutz: vgl. OVG Lünebürg, B. v. 14.12.2015 - 8 PA 199/15 - juris). Zusammen mit der Änderung des § 11 AufenthG hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG neu eingefügt, wonach Widerspruch und Klage gegen die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber betonen, dass ein Rechtsbehelf des Ausländers gegen die Befristungsentscheidung die Durchsetzung der Ausreisepflicht unberührt lässt (BT-Drs. 18/4097, S. 58). Aus § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG ergibt sich jedoch nicht, dass der Rechtsschutz gegen eine Befristungsentscheidung stets im Rahmen einer Anfechtungsklage zu erfolgen hat.

2.3 Der vom Kläger im Berufungsverfahren gestellte Antrag, die Befristungsentscheidung der Beklagten in Nr. 2 des Bescheides vom 22. Juli 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. Juni 2016 aufzuheben, ist bei sachgerechter Würdigung des Klagebegehrens dahin auszulegen, dass er für den Fall, dass die Ausweisungsentscheidung im Berufungsurteil nicht aufgehoben wird, hilfsweise zumindest eine angemessene Verkürzung der Dauer der Befristung erreichen will und die Festsetzung der Länge der Frist der Entscheidung des Senats überlässt. Nach § 88 VwGO darf das Gericht zwar nicht über das Klagebegehren hinausgehen, es ist aber nicht an die Fassung der Klageanträge gebunden, sondern hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzziel zu ermitteln. Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel (BVerwG, B. v. 13.1.2012 - 9 B 56.11 - juris Rn. 7).

2.4 Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wird über die Länge der Frist nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden. Mit der Neufassung der gesetzlichen Bestimmung wollte der Gesetzgeber unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - juris) den bisher offenen Wortlaut der Vorschrift konkretisieren (BT-Drs. 18/4097, S. 36). Der Senat teilt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U. v. 9.12.2015 - 11 S 1857 - juris Rn. 27), wonach trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts die Entscheidung über die Länge der Frist für das Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbots eine gebundene Entscheidung darstelle (siehe schon BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 54). Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem genannten Urteil ausgeführt, aus der unionsrechtlichen Prägung von § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a. F. durch Art. 11 der Richtlinie 2008/115/EG, Art. 8 EMRK, Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG ergebe sich, dass der ausgewiesene Ausländer einen Rechtsanspruch auf Befristung habe und dem Betroffenen ein Recht auf eine vollständige Kontrolle der Dauer der Befristung eingeräumt sei. An der bisherigen Auffassung, dass § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a. F. die Dauer der Befristung in das Ermessen der Ausländerbehörde stelle, werde nicht mehr festgehalten (BVerwG, a. a. O., Rn. 33). Zuvor hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch klargestellt (Rn. 32), dass sich die gesetzliche Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a. F. nicht zu der Frage verhalte, ob die Bemessung der Frist in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellt sei (siehe auch Oberhäuser in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, AufenthG, § 11 Rn. 40). Aus den vom Bundesverwaltungsgericht genannten Vorschriften ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig, dass der Gesetzgeber im Rahmen einer Neuregelung der Ausländerbehörde bei der Bestimmung der Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot kein Ermessen einräumen dürfe, weil die Dauer der Frist einer vollumfänglichen gerichtlichen Überprüfung unterliegen müsse. Insbesondere enthalten Art. 12 und 13 der Richtlinie 2008/115/EU keine Regelungen über die gerichtliche Kontrolldichte der Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbot. Aus dem unionsrechtlichen Anspruch auf Befristung der Wirkungen einer Rückkehrentscheidung (zur Frage, ob die Ausweisung überhaupt eine solche darstellt vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 - 11 S 2114 - juris Rn. 6), folgt nicht zwangsläufig, dass bei der Bestimmung der Länge der Frist der zuständigen Behörde kein, wenn auch durch die verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben deutlich eingeschränkter, Ermessensspielraum verbleiben darf. Die für die Bestimmung der Länge der Sperrfrist maßgeblichen Kriterien der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag, und der anschließenden Relativierung anhand höherrangiger Rechtsnormen überprüft das Gericht vollständig. Der Behörde kann bei der Festsetzung der Dauer der Sperrfirst dennoch ein Ermessenspielraum eingeräumt sein. Denn die verfassungsrechtlich und unionsrechtlich geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt sich regelmäßig nicht auf die Bestimmung einer taggenauen Frist reduzieren. Letztendlich handelt es sich damit bei dem der Behörde vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessen um einen - wenn auch - geringen Spielraum bei der Festsetzung der Dauer der Sperrfrist, die sich an den verfassungs-, unions- und völkerrechtlichen Wertentscheidungen messen lassen muss (vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, AufenthG, § 11 Rn. 31). Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach ein struktureller Widerspruch zur Ausgestaltung der Ausweisung als gebundene Entscheidung bestünde, wenn der Behörde bei der Befristungsentscheidung eine mehr oder weniger große autonome Steuerungsmöglichkeit eingeräumt wäre (VGH BW, U. v. 9.12.2015, a. a. O. juris Rn. 27), teilt der Senat nicht. Die Ausgestaltung der Ausweisung als gerichtlich voll überprüfbare Abwägungsentscheidung ist auf das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zurückzuführen, „eine Beschleunigung des Verfahrens und schnellere Rechtssicherheit“ zu erreichen (BT-Drs. 18/4097, S. 50).

2.5 Die Bestimmung der Länge der Frist erfolgt einem ersten Schritt anhand einer prognostischen Einschätzung, wie lange die Gefahr besteht, dass der Ausländer weitere Straftaten oder andere Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung begehen wird, wobei die Umstände des Einzelfalles anhand des Gewichts des Ausweisungsgrundes zu berücksichtigen sind. In einem zweiten Schritt ist die so ermittelte Frist anhand der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK zu überprüfen und ggf. zu verkürzen (vgl. BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Diese auch nach neuem Recht gültigen Kriterien hat die Beklagte bei der Festsetzung der Frist für das Einreise-, Aufenthalts- und Titelerteilungsverbot nicht hinreichend berücksichtigt.

Bei der prognostischen Beurteilung der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr hat die Beklagte ausschließlich auf das Gewicht der begangenen Straftaten abgestellt, ohne zu berücksichtigen, dass er seit seiner Entlassung aus der Strafhaft keine Straftaten mehr begangen hat und sich jedenfalls um die therapeutische Aufarbeitung seiner Impulskontrollstörung bemüht. Daher ist die Beklagte in dem ersten Schritt von einer zu langen Dauer der Frist ausgegangen. Weiterhin hat die Beklagte bei der Bemessung der Dauer der Sperrfrist nicht berücksichtigt, dass wegen des bestehenden Abschiebungsverbotes nicht ausschließlich die Gefahrenprognose ausschlaggebend sein kann, sondern - vorrangig - die Notwendigkeit einer verhaltenssteuernden Wirkung der durch die Ausweisung bewirkten Titelerteilungssperre aus spezialpräventiven Gründen. Denn Erwägungen zur Abwehr einer vom betroffenen Ausländer ausgehenden Gefahr verlieren auch bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG an Bedeutung, wenn der betreffende Ausländer das Land nicht verlässt oder verlassen kann, weil ein Abschiebungshindernis besteht.

Zudem hat die Beklagte bei ihrer Entscheidung außer Acht gelassen, dass im vorliegenden Fall unklar ist, wann die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots konkret zu laufen beginnt, weil der Kläger wegen des bestehenden Abschiebungsverbots nicht abgeschoben werden kann und die Frist erst mit der Ausreise beginnt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Das Bestehen eines Ausreisehindernisses bedeutet zwar nicht, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot von vornherein nicht zum Tragen kommt (Maor in Beck´scher Online-Kommentar, Ausländerrecht, Stand 1.2.2016, AufenthG, § 11 Rn. 11). In jedem Fall führt aber ein Verschieben des für den Fristbeginn maßgeblichen Zeitpunkts der Ausreise zur Verlängerung des gesetzlich in § 11 Abs. 1 AufenthG vorgesehenen Einreise- und Aufenthaltsverbots. Das Einreiseverbot und die Titelerteilungssperre verlängern sich also faktisch um die Dauer des Ausreisehindernisses. Bliebe das Abschiebungsverbot des Klägers auf Dauer bestehen, so hätte der Befristungsbescheid vom 24. Juni 2016 zur Folge, dass dem Kläger kein neuer Aufenthaltstitel erteilt werden kann und das Titelerteilungsverbot unbefristet wirkt. Dieses Ergebnis ist jedoch mit dem Grundsatz, dass der betroffene Ausländer einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen einer Ausweisung hat, nicht zu vereinbaren.

Die Befristungsentscheidung leidet daher unter einem Ermessensdefizit, weil die genannten Gesichtspunkte bei der Bestimmung der Fristdauer und der Festsetzung von Nebenbestimmungen bzw. Bedingungen nicht berücksichtigt worden sind. Demgemäß war die Beklagte nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Gründe

I.

In Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2015 wird Nr. 2 des Bescheides der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. März 2015 und 24. Juni 2016 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Juli 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte ein Viertel, der Kläger drei Viertel.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. März 2015 und 24. Juni 2016 weiter, soweit sie erfolglos geblieben ist. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, die Wirkungen der Ausweisung wurden zuletzt auf sechs bzw. fünf Jahre befristet.

Der am 1. Januar 1989 in der Republik Jugoslawien geborene Kläger, ein kosovarischer Volkszugehöriger, reiste im August 1998 zusammen mit seiner Mutter zu seinem Vater in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 1. September 1998 einen Asylantrag.

Nachdem das Asylverfahren zunächst erfolglos verlaufen war, stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 14. Mai 2002 fest, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der Republik Jugoslawien vorlägen. Beim Kläger sei eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt worden, die nach Auskunft des Auswärtigen Amtes im Kosovo nicht behandelt werden könne.

Der Kläger erhielt zunächst eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG i. V. m. § 53 Abs. 6 AuslG und schließlich am 22. November 2005 eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 35 AufenthG.

Der Kläger ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

- Urteil des Jugendgerichts des Amtsgerichts München vom 18. November 2009: Bewährungsstrafe von zwei Jahren wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 19 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit drei selbstständigen Fällen des Diebstahls in Mittäterschaft

- Urteil des Jugendgerichts des Amtsgerichts München vom 19. Januar 2011: Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schwerem Fall in Mittäterschaft unter Einbeziehung der verhängten Bewährungsstrafe

- Urteil des Landgerichts München vom 25. Oktober 2011: Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen Diebstahls und versuchten Diebstahls.

Wegen dieser Verurteilung leitete die Beklagte ein Verfahren zum Widerruf des beim Kläger vorliegenden Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ein. Mit Schreiben vom 22. April 2013 teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit, dass die Voraussetzungen eines Widerrufs oder einer Rücknahme der Begünstigung nach § 73 Abs. 3 AsylVfG nicht vorlägen und daher ein Aufhebungsverfahren nicht eingeleitet werde.

Der Kläger befand sich vom 1. Juli 2009 bis 18. November 2009 in Untersuchungshaft. Ab dem 14. November 2010 befand er sich erneut in (Untersuchungs-)Haft. Er verbüßte anschließend die Einheitsjugendstrafe aus dem Urteil vom 19. November 2011 und die Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 25. Oktober 2011.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2013 wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1), untersagte die Wiedereinreise (Nr. 2) und forderte ihn zur Ausreise auf. Sollte der Kläger nicht freiwillig ausreisen, werde sein Aufenthalt geduldet (Nr. 3).

Die Ausweisung erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Kläger sei seit April 2009 immer wieder straffällig geworden. Er habe in einer Vielzahl von Einzelfällen Heroin verkauft, um sich eine Einnahmequelle von einiger Dauer zu verschaffen. Zudem sei er mit mehreren Mittätern in zwei Gaststätten und einen Baucontainer eingebrochen, wo Werkzeuge und Tresore mit Wertsachen entwendet worden seien. Bei der Strafzumessung sei berücksichtigt worden, dass der Kläger durch die Kriegsereignisse im Heimatland schwer traumatisiert sei und es ihm daher nicht möglich sei, sich altersgerecht zu verhalten. Es seien Reifeverzögerungen festgestellt worden. Zudem sei berücksichtigt worden, dass der Kläger durch vorangegangenen Kokainkonsum enthemmt gewesen sei. Die erste Verurteilung, die Bewährungsentscheidung und der erstmalige Hafteindruck hätten ihn jedoch völlig unbeeindruckt gelassen. Bereits zwei Wochen nach der Hauptverhandlung habe er versucht, mit einem Mittäter in einen Zeitschriftenladen einzubrechen, und habe hierzu die Eingangstüre aufgebrochen. Am 1. Oktober 2010 habe er zusammen mit einem Mittäter in eine Filiale einer Imbisskette eingebrochen und einen Tresor entwendet, in dem sich 2.491 Euro befunden hätten. Am 14. November 2010 habe er versucht, mit zwei Mittätern in eine Bäckerei einzubrechen. Der Kläger sei offenbar nicht in der Lage oder gewillt, ein rechtskonformes Leben im Bundesgebiet zu führen. Im Alter von 19 Jahren habe er begonnen, in erheblichem Umfang und mit enormer Rückfallgeschwindigkeit Straftaten zu begehen und sich von keiner strafgerichtlichen Sanktion von weiteren Straftaten abhalten lassen. Dass er sich nunmehr, nach Ablauf von fast drei Jahren Haft, kooperativ zeige, entspreche dem typischen Bild eines Straftäters. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass durch die weitere Anwesenheit des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland auch künftig schwerwiegend gefährdet werde. Nach der Art und dem Umfang der begangenen Straftaten müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer konkreten Gefahr neuer Störungen ausgegangen werden. Die Integration des Klägers in Deutschland sei gescheitert. Der Kläger habe in seinem Heimatland die Grundschule besucht und bis zu seinem neunten Lebensjahr dort gelebt. Auch seine Mutter sei erst im Jahr 1998 zusammen mit dem Kläger nach Deutschland eingereist, so dass davon auszugehen sei, dass in der Familie die Sprache und die Gepflogenheiten des Heimatlandes weiter geführt worden seien. Der Kläger sei volljährig und nicht auf den Beistand seiner Eltern angewiesen. Mit der Ausweisung erlösche der Aufenthaltstitel. Aufgrund des fortbestehenden Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG werde der Aufenthalt des Klägers weiter geduldet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München.

Mit Beschluss vom 27. April 2014 setzte die Strafvollstreckungskammer die Vollstreckung des Rests der Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 19. Januar 2011 und des Rests der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren aus dem Urteil des Landgerichts München I vom 25. Oktober 2011 ab dem 1. Juni 2014 zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt. Der Kläger wird auf die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und der Leitung der für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshilfe unterstellt.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2014 vernahm das Verwaltungsgericht die Bewährungshelferin des Klägers. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Weiterhin legte der Kläger eine Bestätigung von Condrobs vom 27. November 2014 sowie den Befundbericht der Diplompsychologin M. vom 3. Dezember 2014 vor.

Mit Schriftsätzen vom 20. Januar 2015 und 4. März 2015 ergänzte die Beklagte ihr im Bescheid ausgeübtes Ermessen. Sie berücksichtigte insbesondere die Entlassung aus der Strafhaft auf Bewährung und die Aussagen der Bewährungshelferin in der mündlichen Verhandlung. Sie befristete unter Änderung der Nr. 2 des Bescheids vom 22. Juli 2013 die Wirkungen der Ausweisung auf acht Jahre.

Mit Urteil vom 15. April 2015 änderte das Verwaltungsgericht die Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung vom 4. März 2015 dahingehend ab, dass die gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von sechs Jahren befristet werden. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Auf Antrag des Klägers ließ der Senat mit Beschluss vom 21. August 2015 die Berufung gegen das Urteil vom 15. April 2015 zu.

Zur Begründung der Berufung verwies der Kläger zunächst auf die Begründung des Zulassungsantrags vom 24. Juni 2015. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine nach wie vor bestehende konkrete Wiederholungsgefahr angenommen. Zudem habe das Verwaltungsgericht den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers und das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der Traumatisierung nicht hinreichend berücksichtigt.

Im Erörterungstermin vom 16. Februar 2016 wurde die Sach- und Rechtslage bezüglich des seit 1. Januar 2016 geltenden neuen Ausweisungsrechts mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger legte einen Untersuchungsbefund vom 12. Februar 2016 vor, wonach in seinem Urin keine Hinweise auf Opiate und Kokain gefunden worden seien. Er habe stets nur Opiate und Kokain konsumiert. Seit seiner Haftentlassung habe er ca. sieben Drogenberatungsgespräche bei Condrobs absolviert. Dort sei ihm geraten worden, zunächst seine Traumatherapie zu beenden. Bezüglich der psychotherapeutischen Traumabehandlung legte der Kläger eine Bestätigung vom 15. Februar 2016 vor. Derzeit arbeite der Kläger auf geringfügiger Basis als Küchenhilfe und warte auf eine Festanstellung. Den Schulabschluss habe er in der Justizvollzugsanstalt nicht nachholen können, weil dies an der Haltung der Beklagten gescheitert sei.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2016 änderte die Beklagte Nr. 2 des Bescheids vom 22. Juli 2013 erneut. Unter der Bedingung, dass keine weiteren Ausweisungsgründe bekannt würden, ferner Straf- und Drogenfreiheit nachgewiesen sowie die Meldeverhältnisse ab Ausreise lückenlos belegt würden, werde das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf fünf Jahre befristet. Die Frist beginne mit der Ausreise. Werde diese Bedingung nicht erfüllt, betrage die Sperrfrist sechs Jahre ab Ausreise. Die Beklagte verwies auf das Gewicht der vom Kläger begangenen Straftaten und die von ihm ausgehende Wiederholungsgefahr. Zu seinen Gunsten sprächen sein langer Aufenthalt, die familiären Bindungen und das Abschiebungsverbot.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 beantragt der Kläger,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. Juni 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Ausweisung auch unter Geltung des neuen Ausweisungsrechts für rechtmäßig, weil vom Kläger nach wie vor eine Wiederholungsgefahr ausgehe. Trotz des bestehenden Abschiebungshindernisses verblieben in spezialpräventiver Hinsicht die gewünschte Verschlechterung des ausländerrechtlichen Status und eine mögliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Generalpräventiv diene die Ausweisung der Abschreckung in vergleichbaren Fällen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. April 2015 hat nur teilweise Erfolg. Seine Klage auf Aufhebung der Ausweisungsentscheidung in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Juli 2013 ist unbegründet, weil die Ausweisungsverfügung rechtmäßig ist und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; 1.). Soweit sich der Kläger gegen die in Nr. 2 des Bescheides vom 22. Juli 2013 (geändert durch die Bescheide vom 4. März 2015 und 24. Juni 2016) verfügte Befristung der Wirkungen der Ausweisung wendet, ist die Klage begründet, weil die Befristungsentscheidung der Beklagten rechtswidrig ist und er einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte neu über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; 2.).

1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisungsverfügung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, also hier des Verwaltungsgerichtshofs als Berufungsinstanz (st. Rspr.. vgl. BayVGH, U. v. 5.3.2013 - 10 B 12.2219 - juris Rn. 29 m. w. N.). Rechtlicher Maßstab für die Überprüfung der von der Beklagten nach § 53 Nr. 1, § 56 Abs. 1 AufenthG in der bis 31. Dezember 2015 gültigen Fassung (a. F.) verfügten Ausweisung sind daher die gesetzlichen Regelungen über die Ausweisung in der ab 17. März 2016 geltenden Fassung des Aufenthaltsgesetzes. Die bereits am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Regelungen zur Ausweisung (Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.7.2015 BGBl I S. 1386) differenzieren nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangen für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang überprüfbar (st. Rspr.; vgl. BayVGH, U. v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 26; Welte, AuslR 2015, 426; Cziersky-Reis in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, AufenthG, Vor §§ 53 bis 56 Rn. 5 ff., a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte Ausweisung wird auch nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Dies ist vorliegend der Fall.

1.1 Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs noch gegeben. Denn es besteht noch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger weiterhin Straftaten begehen wird, die sich insbesondere gegen das Eigentum anderer richten. Bei der vom Gericht eigenständig zu treffenden Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, B. v. 21.3.2016 - 10 ZB 15.1968 - juris Rn. 10 m. w. N.). Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Wiederholungsgefahr gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 1911 - juris Rn. 16 m. w. N.; U. v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 18). Ausreichend, aber auch erforderlich für die Bejahung einer Wiederholungsgefahr ist eine konkrete Rückfallgefahr. Eine solche konkrete Rückfallgefahr liegt nach Auffassung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) trotz der guten Entwicklung des Klägers während seiner Inhaftierung vom 14. November 2010 bis zum 1. Juni 2014 und seiner Straffreiheit während der nunmehr zweijährigen Bewährungszeit noch vor.

Der Kläger hatte im Zeitraum zwischen April und Ende Juni 2009 in mindestens 19 Fällen Heroingemisch verkauft und 100 g Heroingemisch angekauft. Am 1. Dezember 2009 versuchte er einen Einbruchsdiebstahl. Am 1. Oktober 2010 brach er in eine Imbissfiliale ein, ein weiterer Einbruchsversuch fand am 14. November 2010 statt.

Der Kläger ist damit innerhalb von eineinhalb Jahren massiv straffällig geworden. Er handelte nicht nur gewerbsmäßig mit Heroin, sondern beging bzw. versuchte zahlreiche Einbruchsdiebstähle, um sich eine sichere Einnahmequelle zu verschaffen. Besonders negativ für die zu treffende Prognoseentscheidung wirkt sich aus, dass der Kläger kurz nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft am 18. November 2009 bereits am 1. Dezember 2009 einen versuchten Diebstahl in einem besonders schweren Fall beging. Offensichtlich zeigte die mehr als fünf Monate dauernde Untersuchungshaft wegen Heroinhandels keine nachhaltigen Wirkungen in Bezug auf seine Delinquenz. In der Strafhaft entwickelte sich der Kläger positiv, so dass ihm die Justizvollzugsanstalt in der Stellungnahme vom 4. Juli 2013 eine vorsichtig positive Zukunftsprognose ausstellte. Schließlich setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg mit Beschluss vom 27. April 2014 den Rest der Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten und den Rest der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren unter Auflagen zur Bewährung aus, weil die Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld die Reststrafenaussetzung befürwortet und die Staatsanwaltschaft sich deren Votum angeschlossen hatte. Für den Zeitraum nach der Haftentlassung ist jedoch festzustellen, dass der Kläger den Bewährungsauflagen im Beschluss vom 27. April 2014 teilweise nur zögerlich bzw. unter Druck nachkommt. Während die Bewährungshilfe im Bericht vom 6. August 2015 davon spricht, dass der Kläger sich neue berufliche Perspektiven erarbeiten wolle, intensiv in der Traumatherapie mitarbeite und die Kontakte und Gesprächstermine zur Bewährungshilfe zuverlässig wahrnehme, berichtet die Bewährungshelferin in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2016 davon, dass sich der Kläger seit September 2015 nicht an die Termine mit der Bewährungshilfe halte. Zu den Gesprächsterminen sei er weder erschienen noch habe er sich entschuldigt. Ein Termin mit der Bewährungshelferin fand erst statt, als ihm mit Schreiben der Strafvollstreckungskammer vom 4. Februar 2016 die Einleitung des Bewährungswiderrufsverfahrens angedroht worden war. Der Kläger nahm dann zwar einen Gesprächstermin am 15. Februar 2016 wahr, in der Stellungnahme vom 21. Juni 2016, die in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 vorgelegt worden war, teilte die Bewährungshelferin jedoch erneut mit, dass die Kontakthaltung mit dem Kläger unbefriedigend verlaufe und er auf ein Schreiben vom 15. März 2016 nicht reagiert habe. Insoweit hat der Kläger zwar vorgetragen, dass er dieses Schreiben nicht erhalten habe. Auffallend ist jedoch, dass der Kläger nur auf ausdrückliche Aufforderung der Bewährungshelferin den Kontakt hält.

Entsprechend den Auflagen im Beschluss vom 17. April 2014 hat der Kläger eine Traumatherapie begonnen. Im Bericht vom 15. Februar 2016 führt die Therapeutin aus, dass der Kläger regelmäßig, wenn auch teilweise verspätet, zu den Stunden gekommen sei und weitgehend motiviert mitgearbeitet habe. Die mit der posttraumatischen Belastungsstörung verbundenen Impulskontrollstörungen hätten sich deutlich reduziert.

Insgesamt hat der Senat aus dem Gesamtergebnis der vorgelegten Bescheinigungen zu den Bewährungsauflagen und den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 die Überzeugung gewonnen, dass sein Wohlverhalten dem Druck der noch bestehenden Bewährung und einem etwaig drohenden Bewährungswiderruf geschuldet ist und es ihm schon jetzt Mühe bereitet, die Bewährungsauflagen einzuhalten. Hinzu kommt, dass die Straffälligkeit des Klägers zumindest durch die bestehende posttraumatische Belastungsstörung und die Impulskontrollstörung mitverursacht war, so dass, solange die Verhaltenstherapie nicht erfolgreich abgeschlossen ist, auch insoweit die Gefahr besteht, dass der Kläger erneut straffällig wird. Bezüglich der Gefahrenprognose wirkt sich auch zulasten des Klägers aus, dass er seit seiner Haftentlassung auf dem Arbeitsmarkt noch nicht Fuß fassen konnte. Auch wenn seine derzeitige aufenthaltsrechtliche Situation zu den Schwierigkeiten, eine Vollzeitbeschäftigung zu finden, beitragen mag, so liegt eine weitere Ursache dafür auch im fehlenden Schulabschluss und der fehlenden Berufsausbildung. Der Kläger hat seit seiner Haftentlassung keine Anstrengungen unternommen, sich insoweit, zum Beispiel durch Berufspraktika, weiter zu qualifizieren.

1.2 Im Fall des Klägers liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor, weil er zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden ist.

1.3 Diesem gesetzlich vertypten Ausweisungsinteresse steht ein ebenfalls besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen, weil der Kläger seit 22. November 2005 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist.

1.4 Die nach § 53 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 AufenthG unter Berücksichtigung der in § 54, § 55 AufenthG normierten Ausweisungsinteressen und Bleibeinteressen vorzunehmende Abwägungsentscheidung führt hier zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer Ausreise das Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Die streitbefangene Ausweisung erweist sich unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG aufgeführten Umstände und mit Blick auf die Anforderungen des Art. 8 EMRK als verhältnismäßig.

1.4.1 Im Rahmen der Ausweisungsentscheidung sind die abwägungserheblichen Interessen zutreffend zu ermitteln und zu gewichten. Es ist ein Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen herzustellen, der dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Im Rahmen seiner Gestaltungskompetenz hat der Gesetzgeber sowohl für das Ausweisungs- als auch für das Bleibeinteresse normative Gewichtungen vorgenommen (Bauer in Bergmann/Dienelt, a. a. O., § 53 Rn. 50). Generalpräventive Aspekte sind Teil des öffentlichen Ausweisungsinteresses. Nach der Gesetzesbegründung kann eine Ausweisungsentscheidung daher grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Interesse an der Ausreise des Ausländers sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt (BT-Drs. 18/4097, S. 49). Die in § 53 Abs. 2 AufenthG - nicht abschließend - aufgeführten Kriterien orientieren sich an den durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten sog. Boultif/Üner Kriterien (EGMR, U. v. 2.8.2001 - Boultif, Nr. 45273/00 - InfAuslR 2001, 476, U. v. 18.10.2006 - Üner, Nr. 46410/99 - NVwZ 2007, 1229). Bei der Abwägung zu berücksichtigen sind danach die Art und die Schwere der begangenen Straftaten, wobei die vom Gesetzgeber vorgenommene typisierende Gewichtung zu beachten ist, das Verhalten des Ausländers nach der Tatbegehung sowie die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielstaat.

1.4.2 Für den weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet spricht, dass er bereits seit seinem 10. Lebensjahr im Bundesgebiet lebt, er hier die Schule besucht hat, wenn auch ohne Abschluss, und sehr gut deutsch spricht. Der lange Aufenthalt des Klägers ist entsprechend der gesetzlichen Typisierung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG als besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse zu bewerten. Wirtschaftliche Bindungen des Klägers im Bundesgebiet bestehen nicht. Er kann keine Berufsausbildung vorweisen und war auch vor seiner Inhaftierung überwiegend nur geringfügig beschäftigt. Eine eigene Kernfamilie hat der Kläger noch nicht gegründet. Er hat zwar eine Freundin, Anhaltspunkte dafür, dass er eine Intensivierung dieser Beziehung anstreben würde, sind nicht ersichtlich. Seine Eltern und Geschwister leben im Bundesgebiet, bei einem Erwachsenen ist aber den familiären Bindungen kein allzu großes Gewicht mehr beizumessen. Die Art und die Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten sind entsprechend der Bestimmung in § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ebenfalls als besonders schwerwiegend einzustufen, wobei nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass der Kläger das gesetzlich als besonders schwerwiegend eingestufte Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG durch seine Verurteilungen zweimal verwirklicht hat.

1.4.3 Die aus spezialpräventiven Gründen für das Überwiegen des Ausweisungsinteresses sprechenden Gesichtspunkte, die wegen der vom Kläger nach wie vor ausgehenden Wiederholungsgefahr weiterhin zu berücksichtigen sind, verlieren nicht deshalb ihre Bedeutung, weil er wegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in sein Heimatland abgeschoben werden kann. Nach der zum alten Ausweisungsrecht ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 31.8.2004 - 1 C 25.03 - juris Rn. 15) schloss der Umstand, dass ein Ausländer wegen des Bestehens von Abschiebungshindernissen nicht in sein Heimatland abgeschoben werden konnte, eine Ausweisung grundsätzlich nicht aus. Eine Ausweisung könne ihren ordnungsrechtlichen Zweck sowohl unter spezialpräventiven als auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten auch dann erreichen, wenn sie nicht zu einer Abschiebung des Ausländers in sein Heimatland, sondern nur zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führe (vgl. zur Generalprävention BVerwG, B. v. 18.8.1995 - 1 B 55.95 - juris Rn. 9; Discher in GK-Aufenthaltsgesetz, vor §§ 53 ff Rn. 429). Unter Geltung des alten Ausweisungsrechts hatte die Ausländerbehörde das Bestehen eines Abschiebungshindernisses gemäß § 55 Abs. 3 AufenthG a. F. in ihre Ermessenserwägungen einzustellen bzw. war die Ausweisung unverhältnismäßig, weil sie ihren Zweck, den Ausländer wegen der von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr aus dem Bundesgebiet zu entfernen, nicht erreichen konnte (Discher, a. a. O.; § 55 Rn. 1370; Graßhof in Beck´scher Online-Kommentar, Ausländerrecht, Stand: 1.1.2015, § 55 Rn. 52). Der Senat hatte die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. April 2015 zugelassen, weil die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt hatte. Im ab 1. Januar 2016 geltenden Ausweisungsrecht ist das Bestehen eines Abschiebungsverbots mangels Ermessensentscheidung bei der Gewichtung des öffentlichen Ausweisungsinteresses zu berücksichtigen und kann unter bestimmten Umständen auch zum Wegfall des Ausweisungsinteresses führen.

Solche Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Ein unter spezialpräventiven Gesichtspunkten zu berücksichtigendes öffentliches Ausweisungsinteresse kann auch bei Bestehen von Duldungsgründen dann bejaht werden, wenn mit der Ausweisung ein Aufenthaltstitel zum Erlöschen gebracht oder einer weiteren Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt wird oder Aufenthaltsbeschränkungen ausgelöst werden (vgl. VGH BW, U. v. 21.4.2010 - 11 S 200/10 - juris Rn. 60). Vorliegend führt die Ausweisung des Klägers zum Erlöschen seines Aufenthaltstitels und somit unabhängig von § 61 AufenthG auch zur Einschränkung seiner Reise- und Bewegungsfreiheit. Auch wenn die damit verbundene Aufenthaltsbeschränkung beim Kläger aus spezialpräventiven Gesichtspunkten nicht zwingend notwendig sein dürfte, verhält es sich bei dem mit der Ausweisung verbundenen Erlöschen des durch die Niederlassungserlaubnis vermittelten Aufenthaltsrechts anders. Gegenwärtig ist nicht absehbar, wie lange das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen bleibt, so dass der Kläger, um überhaupt wieder die Chance zu bekommen, einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG oder § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG und damit einen gesicherten Aufenthalt zu erhalten, kein neues Ausweisungsinteresse begründen, d. h. keine neuen Straftaten begehen darf. Insoweit kommt daher der Ausweisung trotz des bestehenden Abschiebungsverbots verhaltenssteuernde Wirkung zu (zu diesem Erfordernis VGH BW, U. v. 13.1.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 138).

Auch wenn das auf spezialpräventiven Gesichtspunkten beruhende öffentliche Ausweisungsinteresse im Hinblick auf die dem Kläger zu erteilenden Duldungen als nicht so gewichtig einzustufen ist, führt jedenfalls die zusätzliche Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen dazu, dass das öffentliche Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Klägers überwiegt. Anderen Ausländern, die einen Aufenthaltstitel und unabhängig davon Abschiebungsschutz besitzen, wird deutlich vor Augen geführt, dass durch die Begehung von Straftaten mit dem durch die Ausweisung bedingten Erlöschen des Aufenthaltstitels gravierende Nachteile wie zum Beispiel räumliche Beschränkungen oder der Verlust der mit einem Aufenthaltstitel verbundenen Sozialleistungen einhergehen, auch wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet tatsächlich nicht beendet werden kann.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass abgesehen von der bloßen Dauer des Aufenthalts keine gewichtigen Bleibeinteressen des Klägers bestehen, so dass das auf spezial- und generalpräventiven Gründen beruhende Ausweisungsinteresse letztlich überwiegt.

2. Die Klage hat jedoch Erfolg, soweit sie sich gegen die zuletzt mit Bescheid vom 24. Juni 2016 neu gefasste Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs bzw. fünf Jahre ab Ausreise richtet. Die Festsetzung der Länge der Sperrfrist erweist sich als ermessensfehlerhaft, so dass die Beklagte zu verpflichten ist, erneut über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden.

2.1 Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Befristungsentscheidung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also des Verwaltungsgerichtshofs als Berufungsgericht (BVerwG, U. v. 25.3.2015 - 1 C 18.14 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Abzustellen ist daher auf die Regelungen des § 11 AufenthG in der seit 24. Oktober 2015 geltenden Fassung des Aufenthaltsgesetzes. Für einen Ausländer, der ausgewiesen ist, gilt nach § 11 Abs. 1 AufenthG ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, dessen Dauer von Amts wegen nach Ermessen zu befristen ist (§ 11 Abs. 2 und 3 AufenthG).

2.2 Begehrt der Kläger die Verkürzung der von der Behörde verfügten Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot, so ist richtige Klageart nach Auffassung des Senats die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO). Aus der obergerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich bislang nicht eindeutig, ob die Verkürzung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage verfolgt werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 14.2.2012 - 1 C 7.11, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11: Verpflichtungsklage; U. v. 14.3.2013 - 1 B 17.12, U. v. 15.4.2013 - 1 B 22.12: Anfechtungsklage - alle juris). Der Senat ist bislang davon ausgegangen, dass dann, wenn die Verwaltungsbehörde - wie hier - bereits eine Befristungsentscheidung erlassen hat, die Anfechtungsklage die richtige Klageart für eine begehrte Verkürzung der Frist ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 10 ZB 15.1998 - juris Rn. 4). In der aktuell gültigen Fassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG hat der Gesetzgeber nun bestimmt, dass über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach Ermessen entschieden wird. Dies hat zur Folge, dass das Gericht die Länge der Frist grundsätzlich nur in dem durch § 114 Satz 1 VwGO vorgegebenen Rahmen überprüfen darf. Eine Verkürzung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot durch das Gericht selbst kommt also nur in Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. In allen anderen Fällen ist zwar die Entscheidung der Verwaltungsbehörde aufzuheben, jedoch muss das Gericht der Verwaltungsbehörde erneut Gelegenheit geben, ihr Ermessen rechtsfehlerfrei auszuüben. Dies kann jedoch nur im Rahmen einer Verpflichtungsklage erreicht werden (für den vorläufigen Rechtsschutz: vgl. OVG Lünebürg, B. v. 14.12.2015 - 8 PA 199/15 - juris). Zusammen mit der Änderung des § 11 AufenthG hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG neu eingefügt, wonach Widerspruch und Klage gegen die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber betonen, dass ein Rechtsbehelf des Ausländers gegen die Befristungsentscheidung die Durchsetzung der Ausreisepflicht unberührt lässt (BT-Drs. 18/4097, S. 58). Aus § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG ergibt sich jedoch nicht, dass der Rechtsschutz gegen eine Befristungsentscheidung stets im Rahmen einer Anfechtungsklage zu erfolgen hat.

2.3 Der vom Kläger im Berufungsverfahren gestellte Antrag, die Befristungsentscheidung der Beklagten in Nr. 2 des Bescheides vom 22. Juli 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. Juni 2016 aufzuheben, ist bei sachgerechter Würdigung des Klagebegehrens dahin auszulegen, dass er für den Fall, dass die Ausweisungsentscheidung im Berufungsurteil nicht aufgehoben wird, hilfsweise zumindest eine angemessene Verkürzung der Dauer der Befristung erreichen will und die Festsetzung der Länge der Frist der Entscheidung des Senats überlässt. Nach § 88 VwGO darf das Gericht zwar nicht über das Klagebegehren hinausgehen, es ist aber nicht an die Fassung der Klageanträge gebunden, sondern hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzziel zu ermitteln. Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel (BVerwG, B. v. 13.1.2012 - 9 B 56.11 - juris Rn. 7).

2.4 Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wird über die Länge der Frist nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden. Mit der Neufassung der gesetzlichen Bestimmung wollte der Gesetzgeber unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - juris) den bisher offenen Wortlaut der Vorschrift konkretisieren (BT-Drs. 18/4097, S. 36). Der Senat teilt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U. v. 9.12.2015 - 11 S 1857 - juris Rn. 27), wonach trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts die Entscheidung über die Länge der Frist für das Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbots eine gebundene Entscheidung darstelle (siehe schon BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 54). Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem genannten Urteil ausgeführt, aus der unionsrechtlichen Prägung von § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a. F. durch Art. 11 der Richtlinie 2008/115/EG, Art. 8 EMRK, Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG ergebe sich, dass der ausgewiesene Ausländer einen Rechtsanspruch auf Befristung habe und dem Betroffenen ein Recht auf eine vollständige Kontrolle der Dauer der Befristung eingeräumt sei. An der bisherigen Auffassung, dass § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a. F. die Dauer der Befristung in das Ermessen der Ausländerbehörde stelle, werde nicht mehr festgehalten (BVerwG, a. a. O., Rn. 33). Zuvor hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch klargestellt (Rn. 32), dass sich die gesetzliche Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a. F. nicht zu der Frage verhalte, ob die Bemessung der Frist in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellt sei (siehe auch Oberhäuser in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, AufenthG, § 11 Rn. 40). Aus den vom Bundesverwaltungsgericht genannten Vorschriften ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig, dass der Gesetzgeber im Rahmen einer Neuregelung der Ausländerbehörde bei der Bestimmung der Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot kein Ermessen einräumen dürfe, weil die Dauer der Frist einer vollumfänglichen gerichtlichen Überprüfung unterliegen müsse. Insbesondere enthalten Art. 12 und 13 der Richtlinie 2008/115/EU keine Regelungen über die gerichtliche Kontrolldichte der Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbot. Aus dem unionsrechtlichen Anspruch auf Befristung der Wirkungen einer Rückkehrentscheidung (zur Frage, ob die Ausweisung überhaupt eine solche darstellt vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 - 11 S 2114 - juris Rn. 6), folgt nicht zwangsläufig, dass bei der Bestimmung der Länge der Frist der zuständigen Behörde kein, wenn auch durch die verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben deutlich eingeschränkter, Ermessensspielraum verbleiben darf. Die für die Bestimmung der Länge der Sperrfrist maßgeblichen Kriterien der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag, und der anschließenden Relativierung anhand höherrangiger Rechtsnormen überprüft das Gericht vollständig. Der Behörde kann bei der Festsetzung der Dauer der Sperrfirst dennoch ein Ermessenspielraum eingeräumt sein. Denn die verfassungsrechtlich und unionsrechtlich geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt sich regelmäßig nicht auf die Bestimmung einer taggenauen Frist reduzieren. Letztendlich handelt es sich damit bei dem der Behörde vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessen um einen - wenn auch - geringen Spielraum bei der Festsetzung der Dauer der Sperrfrist, die sich an den verfassungs-, unions- und völkerrechtlichen Wertentscheidungen messen lassen muss (vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, AufenthG, § 11 Rn. 31). Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach ein struktureller Widerspruch zur Ausgestaltung der Ausweisung als gebundene Entscheidung bestünde, wenn der Behörde bei der Befristungsentscheidung eine mehr oder weniger große autonome Steuerungsmöglichkeit eingeräumt wäre (VGH BW, U. v. 9.12.2015, a. a. O. juris Rn. 27), teilt der Senat nicht. Die Ausgestaltung der Ausweisung als gerichtlich voll überprüfbare Abwägungsentscheidung ist auf das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zurückzuführen, „eine Beschleunigung des Verfahrens und schnellere Rechtssicherheit“ zu erreichen (BT-Drs. 18/4097, S. 50).

2.5 Die Bestimmung der Länge der Frist erfolgt einem ersten Schritt anhand einer prognostischen Einschätzung, wie lange die Gefahr besteht, dass der Ausländer weitere Straftaten oder andere Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung begehen wird, wobei die Umstände des Einzelfalles anhand des Gewichts des Ausweisungsgrundes zu berücksichtigen sind. In einem zweiten Schritt ist die so ermittelte Frist anhand der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK zu überprüfen und ggf. zu verkürzen (vgl. BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Diese auch nach neuem Recht gültigen Kriterien hat die Beklagte bei der Festsetzung der Frist für das Einreise-, Aufenthalts- und Titelerteilungsverbot nicht hinreichend berücksichtigt.

Bei der prognostischen Beurteilung der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr hat die Beklagte ausschließlich auf das Gewicht der begangenen Straftaten abgestellt, ohne zu berücksichtigen, dass er seit seiner Entlassung aus der Strafhaft keine Straftaten mehr begangen hat und sich jedenfalls um die therapeutische Aufarbeitung seiner Impulskontrollstörung bemüht. Daher ist die Beklagte in dem ersten Schritt von einer zu langen Dauer der Frist ausgegangen. Weiterhin hat die Beklagte bei der Bemessung der Dauer der Sperrfrist nicht berücksichtigt, dass wegen des bestehenden Abschiebungsverbotes nicht ausschließlich die Gefahrenprognose ausschlaggebend sein kann, sondern - vorrangig - die Notwendigkeit einer verhaltenssteuernden Wirkung der durch die Ausweisung bewirkten Titelerteilungssperre aus spezialpräventiven Gründen. Denn Erwägungen zur Abwehr einer vom betroffenen Ausländer ausgehenden Gefahr verlieren auch bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG an Bedeutung, wenn der betreffende Ausländer das Land nicht verlässt oder verlassen kann, weil ein Abschiebungshindernis besteht.

Zudem hat die Beklagte bei ihrer Entscheidung außer Acht gelassen, dass im vorliegenden Fall unklar ist, wann die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots konkret zu laufen beginnt, weil der Kläger wegen des bestehenden Abschiebungsverbots nicht abgeschoben werden kann und die Frist erst mit der Ausreise beginnt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Das Bestehen eines Ausreisehindernisses bedeutet zwar nicht, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot von vornherein nicht zum Tragen kommt (Maor in Beck´scher Online-Kommentar, Ausländerrecht, Stand 1.2.2016, AufenthG, § 11 Rn. 11). In jedem Fall führt aber ein Verschieben des für den Fristbeginn maßgeblichen Zeitpunkts der Ausreise zur Verlängerung des gesetzlich in § 11 Abs. 1 AufenthG vorgesehenen Einreise- und Aufenthaltsverbots. Das Einreiseverbot und die Titelerteilungssperre verlängern sich also faktisch um die Dauer des Ausreisehindernisses. Bliebe das Abschiebungsverbot des Klägers auf Dauer bestehen, so hätte der Befristungsbescheid vom 24. Juni 2016 zur Folge, dass dem Kläger kein neuer Aufenthaltstitel erteilt werden kann und das Titelerteilungsverbot unbefristet wirkt. Dieses Ergebnis ist jedoch mit dem Grundsatz, dass der betroffene Ausländer einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen einer Ausweisung hat, nicht zu vereinbaren.

Die Befristungsentscheidung leidet daher unter einem Ermessensdefizit, weil die genannten Gesichtspunkte bei der Bestimmung der Fristdauer und der Festsetzung von Nebenbestimmungen bzw. Bedingungen nicht berücksichtigt worden sind. Demgemäß war die Beklagte nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.