Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2016 - 20 ZB 16.453

bei uns veröffentlicht am14.06.2016
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 11 K 14.1736, 16.12.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 8.910,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angeführten Zulassungsgründe nicht vorliegen und nicht hinreichend dargelegt wurden.

1. Zum geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer aufzeigt, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Der Rechtsmittelführer muss sich mit dem angefochtenen Urteil und dessen entscheidungstragenden Annahmen substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 124 a Rn. 62 m. w. N.). Unter Zugrundelegung der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, er sei Abfallbesitzer gewesen. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts sei der Kläger vielmehr als Besitzdiener einzustufen, welcher kein Besitzer im Sinne des Abfallrechts sei. Diese Rüge greift nicht durch, vielmehr ist die rechtliche Einordnung des Klägers als Abfallbesitzer auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts richtig. Besitzdiener ist nach § 855 BGB, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Dazu muss ein nach außen erkennbares soziales Abhängigkeitsverhältnis begründet werden, das dem Besitzherrn zumindest faktisch die Möglichkeit gibt, seinen Willen gegenüber dem Besitzdiener durchzusetzen (BGH, U. v. 13.12.2013 - V ZR 58/13 - NJW 2014, 1524). Der Klägerbevollmächtigte will die Besitzdienerschaft des Klägers aus den Umständen herleiten, dass der Kläger nicht Eigentümer der Reifen gewesen sei, dass die Firma W. für das ganze Projekt verantwortlich gewesen sei und der Kläger keine Verfügungen getroffen habe, die nicht im Sinne und nach den Vorgaben der Firma W. ergangen seien. Hierbei bleibt anzumerken, dass es nach der o.g. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für die Annahme der Besitzdienerschaft erforderlich ist, dass der Kläger in einem nach außen erkennbaren Abhängigkeitsverhältnis zur Firma W. tätig gewesen sein müsste. Dafür lässt sich aber der Zulassungsbegründung des Klägers kein substantiiertes Vorbringen entnehmen. Im Übrigen weist das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (S. 20) zu Recht darauf hin, dass der Kläger aufgrund seines (zumindest) nach außen selbstständigen Agierens bei Einkauf, Verladung, Verbringung und Ausladen der Reifen die volle Sachherrschaft besessen habe.

Der Kläger meint weiter, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts, weil die Altreifen im Eigentum der Firma W. stünden und die Beseitigungsanordnung deshalb deren Eigentumsgrundrecht verletze. Dabei verkennt er, dass diese Frage nicht die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung, sondern deren Durchsetzbarkeit berühren könnte. Schließlich sind die hypothetischen Ausführungen des Klägers in seinem Zulassungsantrag zur Unverhältnismäßigkeit der Beseitigungsanordnung und zur Vorbereitung einer theoretischen Verwertung der Altreifen im Ausland nicht in der Lage, Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen.

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Die Darlegungsanforderungen dieses Zulassungsgrundes sind nur dann erfüllt, wenn der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist sowie erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist und schließlich darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Klägers nicht. Er meint vielmehr nur beiläufig, dass die Frage, ob und inwieweit die Besitzregelungen des BGB bei der Auslegung des Begriffes des Abfallbesitzers im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beachten sind, grundsätzliche Bedeutung habe.

3. Das Verwaltungsgericht hat schließlich nicht verfahrensfehlerhaft (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, indem es den Beweisantrag des Klägers abgelehnt hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, entscheidungserhebliche Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägung einzubeziehen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gerichtsentscheidung frei von Fehlern ergeht, welche ihren Grund in einer unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Verfahrensbeteiligten haben. Eine Versagung des rechtlichen Gehörs im Sinne von § 138 Nr. 3 VwGO kann auch in der Verletzung von Verfahrensvorschriften liegen, die der Wahrung des rechtlichen Gehörs dienen. Hierzu gehört, wenn die Ablehnung eines Beweisantrages im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, B. v. 8.4.2004 - 2 BvR 743/03 - NJW-RR 2004, 1150). Dies ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat den Zeugenbeweisantrag des Klägers, zur Tatsache, dass der Kläger beim Reifenzusammenstellen nur geholfen, aber keine Verantwortung getragen habe, in der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2015 mit der (kurzen) Begründung abgelehnt, der Beweisantrag sei unbehelflich. Dies ist im Ergebnis jedoch nicht zu beanstanden. Es ist unter der zugrunde gelegten Rechtsansicht, das Abhängigkeitsverhältnis des Besitzdieners müsse nach außen erkennbar sein, bereits nicht ersichtlich, warum die genannten Zeugen zur Klärung dieser Frage beitragen könnten. Auf diesen Umstand hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16. Dezember 2015 (S. 21) ebenfalls hingewiesen. Zusätzlich mag es zutreffen, dass aufgrund der eigenen Aussagen des Klägers während des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Abfallbesitzereigenschaft ohne weiteres zu bejahen ist.

4. Daher ist der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 855 Besitzdiener


Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so i

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2013 - V ZR 58/13

bei uns veröffentlicht am 13.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 58/13 Verkündet am: 13. Dezember 2013 Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere Besitzer.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 58/13 Verkündet am:
13. Dezember 2013
Mayer,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine bewegliche Sache kommt dem mitbesitzenden Eigentümer nicht im Sinne
von § 935 Abs. 1 BGB abhanden, wenn er selbst den unmittelbaren Besitz ohne
Willen des eigentumslosen Mitbesitzers freiwillig aufgibt.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2013 - V ZR 58/13 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2013 durch die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. SchmidtRäntsch
und Dr. Czub, die Richterin Dr. Brückner und den Richter Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Arzt, kaufte mit Vertrag vom 25. November 2010 einen neuen PKW der Marke BMW (fortan: BMW) für 46.490,80 €. Das Fahrzeug wurde ihm am 24. Januar 2011 übergeben. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Einer seiner Patienten, Herr G. , erklärte sich bereit, ihm gegen Stellung des BMW als Sicherheit ein Darlehen zu verschaffen, mit dem die übrigen Gläubiger ausgezahlt werden könnten. Der Kläger traf sich am 30. Januar 2011 mit Herrn G. in einem Hotel und unterzeichnete eine Vereinbarung mit einer W. Treuhand AG, deren Verwaltungsratspräsident Herr G. war, der zufolge er der AG seinen BMW übereignete. Tags darauf rief Herr G. den Kläger an und teilte ihm mit, in etwa 15 Minuten werde ein Herr F. bei ihm in der Praxis erscheinen und den BMW abholen. Als dieser erschien, übergab der Kläger ihm den BMW nebst einem der Fahrzeugschlüssel und beiden Teilen der Zulas- sungsbescheinigung (fortan Fahrzeugbrief bzw. Fahrzeugschein). Er behielt einen weiteren Fahrzeugschlüssel, das Originalbordbuch und das Servicescheckheft , fertigte eine Kopie des Personalausweises von Herrn F. und ließ sich von diesem die Übergabe und den Kilometerstand bestätigen. Am 22. Februar 2011 wurde der BMW in N. abgemeldet. Der Kläger erhielt ihn nicht zurück.
2
Am 7. April 2011 kaufte die Beklagte das Fahrzeug, dessen Laufleistung mit 1.960 km angegeben war, unter Inzahlunggabe ihres alten BMW für 42.500 € von einem Autohändler. Sie bezahlte in bar und erhielt einen Fahrzeugschlüssel und die Originalpapiere, in denen nicht der Verkäufer, sondern der Kläger als Halter ausgewiesen war, sowie auf Nachfrage den Hinweis, die Papiere zu dem BMW befänden sich im Handschuhfach. Der BMW wurde am folgenden Tag auf die Beklagte zugelassen. Den zweiten Schlüssel, das Bordbuch und das Scheckheft, die sich nicht im Fahrzeug befanden, sandte der Verkäufer der Beklagten wenige Tage später zu.
3
Das Landgericht hat die auf Herausgabe des BMW und Zahlung einer Nutzungsentschädigung gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihr verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung unter anderem in WM 2013, 1481 veröffentlicht ist, scheitern die geltend gemachten Ansprüche daran, dass die Beklagte gutgläubig Eigentum an dem BMW erworben hat. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Beklagte bei dem Erwerb des BMW gutgläubig gewesen sei. Sie habe weder auf Grund der Antwort des Verkäufers auf ihre Frage nach dem Bordbuch und dem Servicescheckheft noch auf Grund der Umstände des Verkaufs misstrauisch werden müssen. Die Herabsetzung des Kaufpreises von rund 46.000 € auf 42.000 € sei angesichts der Laufleistung des Fahrzeugs angemessen gewesen. Dass der Verkäufer als Autohändler nicht als Halter eines Fahrzeugs in den Zulassungspapieren aufgeführt sei, sei nicht ungewöhnlich, da die Voreintragung aufwendig sei und die Eintragung zusätzlicher früherer Halter zu Wertverlusten führe. Vor allem habe er die Originalzulassungspapiere übergeben. Ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums an dem BMW durch die Beklagte scheitere auch nicht daran, dass der BMW dem Kläger abhandengekommen wäre. Ein Abhandenkommen infolge einer Unterschlagung des Fahrzeugs durch Herrn F. setze voraus, dass dieser Besitzdiener des Klägers gewesen sei. Das sei aber nicht der Fall. Nach den eigenen Einlassungen des Klägers habe Herr F. nicht in einem sozialen Abhängigkeitsverhältnis zu dem Kläger gestanden. Ein Abhandenkommen des BMW folge auch nicht daraus, dass die Ehefrau des Klägers, die Zeugin M. , Mitbesitz an dem BMW gehabt habe. Die freiwillige Weggabe einer Sache durch deren Alleineigentümer schließe ein Abhandenkommen im Hinblick auf einen weiteren Mitbesitzer aus.

II.

5
Diese Erwägungen treffen zu. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
6
1. Der Kläger kann von der Beklagten weder Herausgabe des BMW noch Herausgabe der Nutzungen des Fahrzeugs verlangen. Als Grundlage solcher Ansprüche kommen nur § 985 BGB (Herausgabe des BMW) und § 990 Abs. 1 Satz 1, § 987 Abs. 1 BGB (Herausgabe der Nutzungen) in Betracht. Diese Ansprüche stehen dem Kläger nur zu, wenn er Eigentümer des BMW geblieben ist. Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Die Beklagte hat gutgläubig Eigentum an dem BMW erworben.
7
2. Ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums an dem BMW durch die Beklagte setzt nach § 932 Abs. 1 Satz 1, § 929 Satz 1 BGB voraus, dass diese sich mit dem Verkäufer über den Übergang des Eigentums an dem Fahrzeug geeinigt, der Verkäufer ihr den unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug verschafft hat und dass die Beklagte bei Vollendung des Eigentumserwerbs gutgläubig war. Das war sie nach § 932 Abs. 2 BGB, wenn sie zu diesem Zeitpunkt weder wusste noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass der BMW nicht dem Verkäufer, sondern einem Dritten gehörte. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegeben. Die Beklagte hat sich danach mit dem Verkäufer darüber geeinigt, dass sie (Zug um Zug gegen die geleistete Barzahlung des Kaufpreises und die Inzahlunggabe ihres alten Fahrzeugs) das Eigentum an dem BMW erhielt. Der Verkäufer hat ihr den BMW übergeben. Sie wusste nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu diesem Zeitpunkt nicht, dass der Verkäufer nicht Eigentümer des BMW war und hatte auch keinen hinreichenden Anlass, an dessen Eigentum zu zweifeln. Diese tatsächlichen Feststellungen sind revisionsrechtlich nur eingeschränkt über- prüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden. Sie werden von dem Kläger mit der Revision auch nicht angegriffen.
8
3. Entgegen der Ansicht des Klägers scheitert der gutgläubige Erwerb des Eigentums an dem BMW durch die Beklagte auch nicht an der Vorschrift des § 935 Abs. 1 BGB. Danach scheidet der gutgläubige Erwerb des Eigentums an einer beweglichen Sache trotz der Gutgläubigkeit des Erwerbers aus, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Eine bewegliche Sache kommt ihrem Eigentümer abhanden, wenn dieser den Besitz an ihr unfreiwillig verliert (BGH, Urteile vom 15. November 1951 - III ZR 21/51, BGHZ 4, 10, 33 und vom 16. April 1969 - VIII ZR 64/67, WM 1969, 656, 657; RGZ 101, 224, 225; MünchKommBGB /Oechsler, 6. Aufl., § 935 Rn. 2; Staudinger/Wiegand, BGB [2011] § 935 Rn. 4). Der Kläger hat den Besitz an dem BMW nicht in diesem Sinne unfreiwillig verloren.
9
a) Ein unfreiwilliger Besitzverlust kann unter allerdings im Einzelnen streitigen Bedingungen eintreten, wenn der Eigentümer den Besitz an der Sache nach Maßgabe von § 855 BGB durch einen Besitzdiener ausübt und dieser die Sache ohne den Willen des Eigentümers einem Dritten überlässt (RGZ 71, 248, 253; OLG Köln, MDR 2006, 90; zu den Einzelheiten: MünchKommBGB /Oechsler, BGB. 6. Aufl., § 935 Rn. 10; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012] § 855 Rn. 28). Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht des Klägers hier dadurch eingetreten, dass er den BMW dem Zeugen F. zur Vorführung bei der Bank überlassen und dieser das Fahrzeug dem Zeugen G. oder der von diesem vertretenen Gesellschaft überlassen hat, von denen der Autohändler das Fahrzeug erworben hat. Diese Annahme ist unzutreffend.
10
aa) Besitzdiener ist nach § 855 BGB, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Dazu muss ein nach außen erkennbares soziales Abhängigkeitsverhältnis begründet werden (BGH, Urteil vom 24. April 1952 - IV ZR 107/51, LM Nr. 2 zu § 1006 BGB, Bl. 876 Rückseite; Senat, Urteil vom 30. Mai 1958 - V ZR 295/56, BGHZ 27, 360, 363; RGZ 77, 201, 209), das dem Besitzherrn zumindest faktisch die Möglichkeit gibt, seinen Willen gegenüber dem Besitzdiener durchzusetzen (OLG Bamberg, NJW 1949, 716, 717; OLG Schleswig, SchlHA 1969, 43, 44; OLG Stuttgart, WM 2009, 1003; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 855 Rn. 8; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012] § 855 Rn. 16).
11
bb) Ein solches Rechtsverhältnis hat das Berufungsgericht mit Recht verneint.
12
(1) Der Kläger hat bislang die Ansicht vertreten, ein solches Rechtsverhältnis habe zwischen ihm und dem Zeugen F. bestanden. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil dieser Zeuge von dem Zeugen G. beauftragt worden war, den BMW abzuholen, diesen Auftrag auch erledigt hat und ihn der Kläger, wie das Berufungsgericht formuliert hat, „nicht einfach ‚kraft Willensakts‘ zu seinem Besitzdiener machen“ konnte. Das hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen. Dagegen wendet sich der Kläger nicht.
13
(2) Entgegen der Ansicht des Klägers waren auch weder der Zeuge G. selbst noch die von diesem vertretene Gesellschaft seine Besitzdiener.
14
(a) Der Kläger stützt seine gegenteilige Ansicht darauf, dass derZeuge G. oder die von diesem vertretene Gesellschaft zu ihm in einem Auftrags - oder Geschäftsbesorgungsverhältnis gestanden und auf Grund dieses Rechtsverhältnisses seine Weisungen zu befolgen gehabt hätten. Das allein macht aber weder den Zeugen noch die von ihm vertretene Gesellschaft zu Besitzdienern des Klägers. Besitzdiener ist nicht jeder, der Weisungen des Eigentümers der Sache zu befolgen hat, sondern nur derjenige, demgegenüber der Eigentümer die Einhaltung seiner Weisungen im Nichtbefolgungsfall auf Grund eines Direktionsrechts oder vergleichbarer Befugnisse unmittelbar selbst durchsetzen kann. Solche Befugnisse sehen weder das Auftrags- noch das Geschäftsbesorgungsrecht vor. Deshalb werden der Beauftragte, der Geschäftsbesorger ebenso wie Werkunternehmer als Besitzmittler angesehen (RGZ 100, 190, 193; 109, 167, 170 für Auftrag; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 1010, 1011; OLG Brandenburg, OLGR 2006, 850 für Geschäftsbesorgungsvertrag; RGZ 98, 131, 134 für Geschäftsführung ohne Auftrag; BGH, Urteil vom 11. Oktober 1951 - IV ZR 90/50, Umdruck Seite 29, insoweit weder in LM Nr. 2 zu Art. 3 AHKG 13 noch in LM Nr. 1 zu § 855 BGB abgedruckt, und OGHZ 2, 157, 160 für Frachtvertrag; OLG Koblenz, NJW-RR 2003, 1563, 1564 aE für Werkvertrag), nicht als Besitzdiener.
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(b) Nichts anderes ergibt sich aus dem von dem Kläger angestellten Vergleich des vorliegenden Rechtsverhältnisses mit dem Rechtsverhältnis des Verkäufers eines Fahrzeugs zu dem Kaufinteressenten, dem er eine Probefahrt ermöglicht. Es ist zwar richtig, dass der Kaufinteressent, der mit dem ihn interessierenden Fahrzeug eine Probefahrt unternimmt, als Besitzdiener des Verkäufers angesehen wird (OLG Köln, MDR 2006, 90; MünchKomm-BGB/Joost, 6. Aufl., § 855 Rn. 14; vorsichtig distanzierend: Staudinger/Gutzeit, BGB, [2012] § 855 Rn. 22). Ob dem ohne weiteres gefolgt werden kann, kann dahinstehen. Anerkannt ist jedenfalls, dass der Inhaber der Fahrzeugschlüssel jedenfalls dann nicht mehr nur Besitzdiener des Eigentümers, sondern selbst unmittelbarer Besitzer des Fahrzeugs ist, wenn sich der Eigentümer seiner Einflussmöglichkeiten begibt (OLG Schleswig, SchlHA 1969, 43, 44; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 855 Rn. 10 aE; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012] § 855 Rn. 16 Abs. 2). So liegt es hier. Der Kläger hat den BMW dem Zeugen F. übergeben , der von dem Zeugen G. beauftragt war, auf den wiederum der Kläger nicht unmittelbar einwirken konnte. Er hat dem Zeugen F. zudem nicht nur das Fahrzeug mit dem Schlüssel und dem für die Fahrt zur Bank benötigten Fahrzeugschein, sondern auch den Fahrzeugbrief übergeben. Welchen Zweck das hatte, muss hier nicht geklärt werden. Der Kläger hatte mit der von dem Zeugen G. vertretenen Gesellschaft am Tag zuvor vereinbart, dieser den BMW zu übereignen. Vor diesem Hintergrund hat er jedenfalls durch die Übergabe auch des Fahrzeugbriefs - im Unterschied zu dem Verkäufer bei der Übergabe eines Fahrzeugs zur Probefahrt - dem Zeugen G. oder der von diesem vertretenen Gesellschaft die Möglichkeit verschafft, als Eigentümer des Fahrzeugs aufzutreten. Er hat seinen unmittelbaren Besitz freiwillig aufgegeben und hatte auch keinen Besitzdiener, durch den er den Besitz noch ausüben konnte.
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b) Ein Abhandenkommen des BMW ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger ihn dem Zeugen F. nicht zur beliebigen Verwendung, sondern nur dazu überlassen hat, das Fahrzeug der Bank vorzuführen und ihr gegebenenfalls zur Sicherheit zu übereignen. Damit hat der Kläger zwar, wie dargelegt, mit dem Zeugen G. , der den Zeugen F. zu ihm geschickt hatte, oder mit der von dem Zeugen G. vertretenen Gesellschaft einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, auf Grund dessen er mittelbarer Besitzer des BMW blieb. Eine eigenmächtige Weggabe der Sache durch den Besitzmittler - hier des Zeugen G. oder der von diesem vertretenen Gesellschaft - steht aber, anders als ein eigenmächtiges Verhalten eines Besitzdieners, dem gutgläubigen Erwerb durch einen Dritten nicht entgegen (BGH, Urteile vom 16. April 1969 - VIII ZR 64/67, WM 1969, 656, 657 und vom 20. September 2004 - II ZR 318/02, NJW-RR 2005, 280, 281). Sie führt zwar zur Beendigung des Besitzmittlungsverhältnisses und dazu, dass der mittelbare Besitzer - hier der Kläger - den mittelbaren Besitz ohne seinen Willen verliert. Der Verlust des mittelbaren Besitzes ist aber für den Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs nach § 935 Abs. 1 BGB nicht entscheidend (BGH, Urteil vom 16. April 1969 - VIII ZR 64/67, WM 1969, 656, 657). Den unmittelbaren Besitz, auf dessen unfreiwilligen Verlust es nach der Vorschrift ankommt, hat der mittelbare Besitzer mit der Begründung des Besitzmittlungsverhältnisses freiwillig aufgegeben (MünchKomm-BGB/Oechsler, 6. Aufl., § 935 Rn. 9).
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c) Ein Abhandenkommen des BMW ergibt sich schließlich entgegen der Ansicht des Klägers nicht daraus, dass seine Ehefrau Mitbesitz an dem BMW hatte und diesen verlor, als er den BMW dem Zeugen F. übergab.
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aa) Dem Kläger ist allerdings einzuräumen, dass der gutgläubige Erwerb des Alleineigentums an einer in unmittelbarem Besitz mehrerer Mitbesitzer stehenden Sache nach wohl unbestrittener Ansicht ausscheidet, wenn der Erwerber den Besitz von einem Mitbesitzer ohne Wissen und Wollen der anderen Mitbesitzer erlangt (BGH, Urteil vom 6. März 1995 - II ZR 84/94, NJW 1995, 2097, 2099; OLG München, MDR 1993, 918; OLG Braunschweig, OLGE 26, 58, 59; Bamberger/Roth/Kindl, BGB, 3. Aufl., § 935 Rn. 4; jurisPKBGB /Beckmann, 6. Aufl., § 935 Rn. 6; MünchKomm-BGB/Oechsler, 6. Aufl., § 935 Rn. 3; NK-BGB/Meller-Hannich, 3. Aufl., § 935 Rn. 4; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 935 Rn. 9; Soergel/Henssler, BGB, 13. Aufl., § 935 Rn. 9; Staudinger/Wiegand, BGB [2011] § 935 Rn. 7). Diskutiert wird diese Möglichkeit bislang aber nur für den Fall, dass die Mitbesitzer der Sache auch Miteigentümer sind (BGH, Urteil vom 6. März 1995 - II ZR 84/94, NJW 1995, 2097, 2099; OLG Braunschweig, OLGE 26, 58, 59), und für den Fall, dass der Mitbesitzer, der sich oder einem Dritten den Alleinbesitz an der Sache verschafft, selbst nicht deren Eigentümer ist (OLG München, MDR 1993, 918; Staudinger/ Wiegand, aaO Rn. 8). Hier geht es aber weder um die eine noch um die andere Fallgestaltung, sondern darum, dass der Dritte den Besitz von dem Mitbesitzer erlangt, in dessen Alleineigentum die Sache steht.
19
bb) Auf diesen Fall ist § 935 Abs. 1 BGB seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Die Vorschrift schließt den gutgläubigen Erwerb nur aus, wenn entweder der Eigentümer selbst (Absatz 1 Satz 1) oder der unmittelbare Besitzer, der ihm den Besitz vermittelt, den unmittelbaren Besitz unfreiwillig verliert (Absatz 1 Satz 2). Der Verlust des Mitbesitzes der Ehefrau des Klägers erfüllt weder den Tatbestand des Satzes 1 noch den des Satzes 2 der Vorschrift. Der Kläger hat seinen unmittelbaren Mitbesitz nicht unfreiwillig verloren. Seine Ehefrau vermittelte ihm den Besitz an dem BMW nicht, da er selbst neben ihr unmittelbarer Mitbesitzer war.
20
cc) Die Vorschrift kann in beiden Alternativen auf diesen Fall auch nicht entsprechend angewandt werden. Das setzte voraus, dass die Vorschrift in der vorliegenden Fallkonstellation eine unbeabsichtigte Lücke aufwiese, die nach dem Plan des Gesetzes durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf diese Konstellation ausgefüllt werden müsste (vgl. Senat, Urteile vom 12. Juli 2013, V ZR 85/12, ZfBR 2013, 766, 768 Rn. 26 und vom 19. März 2004 - V ZR 214/03, VIZ 2004, 374, 375). Es fehlt schon an der planwidrigen Lücke.
21
(1) § 935 Abs. 1 BGB schützt den Eigentümer vor einem Eigentumsverlust durch den gutgläubigen Erwerb eines Dritten, wenn er seinen Besitz unfreiwillig verloren hat. Der unfreiwillige Besitzverlust entwertet nämlich den unmittelbaren Besitz und die an ihn anknüpfende Eigentumsvermutung (§ 1006 BGB) als Grundlage des gutgläubigen Erwerbs. Das ist in den bisher diskutierten Fallgestaltungen nicht anders. Erlangt der Erwerber ohne den Willen des Eigentümers den unmittelbaren Besitz von einem Mitbesitzer, dem die Sache nicht gehört, verliert ihr Eigentümer den Besitz jedenfalls unfreiwillig. Ist der Mitbesitzer zugleich Miteigentümer, verlieren zwar nicht alle Miteigentümer den Besitz unfreiwillig, wohl aber die Miteigentümer, die dem Dritten den Besitz nicht (mit-)verschafft haben. In beiden Fallgestaltungen wäre die Anwendung der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb nicht zu rechtfertigen. Beide Fälle werden nach Wortlaut und Zweck von § 935 Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst.
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(2) Das Problem, das die Vorschrift des § 935 BGB bewältigen soll, stellt sich dagegen nicht, wenn der Dritte den unmittelbaren Besitz von einem Mitbesitzer erlangt, dem die Sache allein gehört. Der Eigentümer gibt in diesem Fall seinen unmittelbaren Besitz an der Sache zu Gunsten des Dritten freiwillig ganz auf und verschafft diesem damit den unmittelbaren Besitz, an den wiederum nach § 1006 BGB die Vermutung für dessen Eigentum knüpft. Es gibt deshalb keinen sachlichen Grund, ihn vor den Folgen des gutgläubigen Erwerbs zu schützen. Dass die Regelung in § 935 BGB auf diesen Fall keine Anwendung findet, entspricht dem Plan des Gesetzes und dem Zweck der Vorschrift. Daran ändert es entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht nichts, dass Mitbesitzerin des Fahrzeugs im vorliegenden Fall die Ehefrau des Klägers war. Für die Geltung oder Nichtgeltung der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb kommt es nach § 935 Abs. 1 BGB allein darauf an, ob der Eigentümer oder sein Besitzmittler den unmittelbaren Besitz unfreiwillig verlieren. Auf welcher Grundlage die maßgeblichen Besitzverhältnisse beruhen, spielt dagegen für die Geltung des Verkehrsschutzes keine Rolle.
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(3) § 935 BGB kann, anders als der Kläger meint, auch nicht deshalb als lückenhaft angesehen werden, weil der Schutz des eigentumslosen Mitbesitzers in dieser Fallkonstellation unzureichend sei.
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(a) Zweifelhaft ist schon, ob der Schutz des Mitbesitzers unzureichend ist. Dem eigentumslosen Mitbesitzer stehen gegen den Eigentümer die materiell -rechtlichen Ansprüche auf Verschaffung oder Wiederverschaffung des Mitbesitzes aus dem Rechtsverhältnis zu, auf Grund dessen er den Mitbesitz erlangt hat. Außerdem stehen ihm die allgemeinen possessorischen Ansprüche zu, die bei der vollständigen Entziehung des Mitbesitzes durch § 866 BGB nicht ausgeschlossen sind (Senat, Urteil vom 6. April 1973 - V ZR 127/72, LM Nr. 8 zu § 854 BGB; OLG Düsseldorf, OLGZ 1985, 233, 235).
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(b) Auch wenn der Schutz des Mitbesitzers gegenüber dem mitbesitzenden Eigentümer unzureichend sein sollte, bedeutet das nicht, dass gerade die Vorschrift des § 935 BGB planwidrig lückenhaft ist. Lückenhaft ist in einer solchen Situation vielmehr die Vorschrift, deren Zweck die Bewältigung des unzureichend geregelten Problems ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 214/03, VIZ 2004, 374, 375). Das wäre hier § 866 BGB, nicht § 935 BGB. Nur die erstgenannte Vorschrift befasst sich mit dem Schutz des Mitbesitzers. Die Vorschrift des § 935 BGB befasst sich dagegen mit dem Schutz des Eigentümers vor den Folgen des gutgläubigen Erwerbs bei einem unfreiwilligen Besitzverlust. Regelungsthema der Vorschrift ist damit der Schutz des Eigentümers , nicht der Schutz des Besitzers. Dass diese Vorschrift nicht lückenhaft sein kann, wenn der Schutz der Mitbesitzer untereinander unzureichend sein sollte, zeigt sich auch an den Folgen einer entsprechenden Anwendung auf die Entziehung des Mitbesitzes durch den mitbesitzenden Eigentümer. Die Vorschrift schlösse zwar den gutgläubigen Erwerb des Eigentums an der Sache durch einen Dritten aus und verhinderte, dass der Besitz an der Sache endgültig verlorengeht. Davon profitierte aber nur der Eigentümer. Für den eigentumslosen Mitbesitzer wäre nichts gewonnen. Er bliebe für die Wiederverschaffung des Mitbesitzes auf die materiell-rechtlichen und possessorischen Ansprüche verwiesen, die ohnehin bestehen.

IV.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Lemke Schmidt-Räntsch Czub Brückner Kazele
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 20.07.2012 - 20 O 499/11 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 27.02.2013 - 3 U 140/12 -

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.