Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2018 - 15 ZB 18.32223

bei uns veröffentlicht am20.09.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 11 K 18.30504, 08.08.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Kläger - ein nach eigenen Angaben palästinensischer Volkszugehöriger aus dem Gazastreifen - wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 31. Januar 2018, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurde, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung in die palästinensischen Autonomiegebiete oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 8. August 2018 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die vom Kläger erhobene Klage mit den Anträgen, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 31. Januar 2018 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft sowie (hilfsweise) den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und (weiter hilfsweise) festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, ab. Das Verwaltungsgericht verneinte in den Entscheidungsgründen einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) mit Zweifeln an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Verfolgungsvortrags. Einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 Abs. 1 AsylG) verneinte das Gericht entscheidungstragend aufgrund einer inländischen Fluchtalternative, § 4 Abs. 3 i.V. mit § 3e AsylG: Für die als Zuerkennungsgrund allein in Betracht kommende Fallgruppe des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aufgrund eines internationalen bewaffneten Konflikts könne die erforderliche Gefahrendichte - wonach der Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreichen müsse, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung i.S. des Art. 15 lit. c) RL 2011/95/EU ausgesetzt zu sein - jedenfalls nicht für das gesamte Gebiet des Gazastreifens bejaht werden. Aus den dem Verwaltungsgericht vorliegenden Erkenntnisquellen ergebe sich, dass im Jahr 2018 bis zum 1. August rd. 150 Todesfälle und 7.000 Verletzte in den palästinensischen Autonomiegebieten (Gazastreifen und Westjordanland) zu beklagen seien. Setze man die aktuellen Zahlen ins Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung, liege das statistische Risiko, in den palästinensischen Autonomiegebieten Veletzungs- oder Tötungsopfer zu werden, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Bereich von ca. 1:300 (0,33%). Soweit diese Wahrscheinlichkeit höher liege als die Wahrscheinlichkeit von 1:800, die das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung vom 17. November 2011 (10 C 13.10) für die Bejahung einer ernsthaften individuelle Bedrohung als nicht ausreichend angesehen habe, sei zu berücksichtigen, dass sich dieses Zahlenmaterial nicht nur auf das Gebiet des Gazastreifens beziehe und dass darüber hinaus für das Gericht nicht ersichtlich sei, inwieweit Zivilisten betroffen gewesen seien. Unabhängig von der Frage, ob der o.g. abstrakte Wahrscheinlichkeitsgrad für die Bejahung einer entsprechenden Gefährdungsdichte im Sinne des § 4 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AsylG ausreiche, führe jedenfalls eine wertende Gesamtbetrachtung zu der Annahme, dass eine entsprechende Gefahrendichte nicht gebietsübergreifend für den gesamten Gazastreifen angenommen werden könne. Die maßgeblichen Angriffe, die zu erheblichen Todeszahlen und Verletzten geführt hätten, hätten in unmittelbarer Nähe zu dem Grenzzaun zu Israel und überwiegend in Zusammenhang mit einmaligen Ereignissen stattgefunden, so etwa bei den gewalttätigen Ausschreitungen bei Protesten gegen die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem. Die Gefahr, Opfer von israelischen (Gegen-) Angriffen zu werden, sei außerhalb der unmittelbaren Grenznähe und militärisch genutzter Ziele angesichts der geringen Größe des Gazastreifens zwar nicht ausgeschlossen, aber doch viel geringer. Von einer Gefahrendichte, wie sie § 4 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AsylG voraussetze, könne daher unter Würdigung der Gesamtumstände nicht im gesamten Gebiet des Gazastreifens ausgegangen werden. Der Kläger müsse sich daher jedenfalls auf die Möglichkeit einer internen Schutzmöglichkeit verweisen lassen. Ein solches Ausweichen sei ihm auch zuzumuten. Das Verwaltungsgericht verneinte ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V. mit Art. 3 EMRK aufgrund der humanitären Lage und den allgemeinen Lebensbedingungen damit, dass ein hierfür von der Rechtsprechung gefordertes Gefährdungsniveau beim Kläger nicht vorliege. Zur Begründung ist in den Entscheidungsgründen gem. § 77 Abs. 2 AsylG zunächst auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom 31. Januar 2018 Bezug genommen. Hierin ist unter Bezugnahme auf einzelne verwaltungsgerichtliche Entscheidungen ausgeführt, dass es trotz der israelischen Einfuhrblockaden keine ausreichenden Hinweise dafür gebe, dass die - bislang jedenfalls durch die Unterstützung von Hilfsorganisationen gewährleistete - Versorgung im Gazastreifen hinsichtlich der Grundbedürfnisse (Ernährung, Unterkunft, medizinische Versorgung) unter ein Niveau gesunken sei, wonach eine generelle Leibes- und Lebensgefahr für die Bevölkerung vorliege. Ergänzend ist in den Entscheidungsgründen speziell für den Kläger ausgeführt, dass es sich bei diesem um einen gesunden arbeitsfähigen Mann handele, der durch die Aufnahme von Gelegenheitsarbeiten zumindest ein kleines Einkommen erzielen könne, um sein Überleben zu sichern. Zudem könne er unter Berücksichtigung seiner Angaben gegenüber dem Bundesamt auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen, von welchem er bei einer Rückkehr aller Lebenserfahrung nach Unterstützung und Schutz erhalten könne. Da der Kläger hiernach im Falle der Rückkehr nicht gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde bzw. es nicht so sei, dass ihm mangels jeglicher Lebensgrundlage landesweit der alsbaldige sichere Hungertod drohen würde, liege auch keine Gefahrenlage vor, die ausnahmsweise (d.h. trotz der Sperrwirkung aus § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG) ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründete.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, den er auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzinteresse weiter. Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger behauptete Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor bzw. ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 - 15 ZB 17.31475 - juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 21.8.2018 - 15 ZB 18.32029 - juris Rn. 4 m.w.N.). Das klägerische Vorbringen genügt diesen Anforderungen nicht.

a) Hinsichtlich der Klageabweisung in Bezug auf die beantragte Verpflichtung des Beklagten auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylG) hat der Kläger von vornherein keinen Zulassungsgrund i.S. von § 78 Abs. 3, Abs. 4 Satz 4 AsylG geltend gemacht oder dargelegt. Gegen die vom Verwaltungsgericht als entscheidungstragend bewertete mangelnde Glaubhaftigkeit des klägerischen Verfolgungsvortrags im Zulassungsverfahren wird in der Antragsbegründung nichts vorgebracht. Insbesondere wird diesbezüglich schon keine Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, die aus Sicht des Klägers von entscheidungserheblicher und fallübergreifender Bedeutung sein soll.

b) Hinsichtlich der auf einen behaupteten Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) zugeschnittenen Fragen,

„ob das Risiko im Gazastreifen zumutbar im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist oder aber ob das Risiko dort so hoch ist, dass der Anspruch auf subsidiären Schutzbesteht“, sowie

„ob es im Gazastreifen eine innerstaatliche Fluchtalternative gibt, aufgrund derer der subsidiäre Schutz nicht zu gewähren ist“,

setzt sich der Kläger in der Antragsbegründung nur unzureichend mit der in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils dargestellten Ansicht des Verwaltungsgerichts zur Möglichkeit des internen Schutzes gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V. mit § 3e AsylG auseinander.

Der Kläger bringt gegen die Ansicht des Verwaltungsgerichts und zur Untermauerung der aus seiner Sicht bestehenden grundsätzlichen Bedeutung der hierzu gestellten Fragen (s.o.) vor, das vom Verwaltungsgericht selbst ermittelte statistische Risiko (1:300) sei nach den vom Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 17. November 2011 aufgestellten Maßstäben wohl ausreichend, um einen Anspruch auf subsidiären Schutz zu begründen. Hinzukomme, dass der Gazastreifen laut Wikipedia nach einer Schätzung vom Juli 2017 „179095“ Einwohner habe (offensichtlich laut der in Bezug genommenen Quelle gemeint: 1.795.000 Einwohner) und damit über eine Einwohnerdichte von 4.986 Einwohnern pro km² verfüge. Die bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen resp. israelischen Militäroperationen verursachten Verluste in der Zivilbevölkerung träfen außerdem fast ausschließlich den Gazastreifen und nicht das Westjordanland. Es verfälsche daher die Gefährdungsstatistik, wenn man das wesentlich geringere Risiko, im Westjordanland bei einer Militäraktion ums Leben zu kommen, in das auf den Gazastreifen bezogene Risiko mit einrechne. Die vom Verwaltungsgericht hinsichtlich der Beurteilung des Gefährdungsgrades vorgenommene Differenzierung zwischen den Grenzgebieten des Gazastreifens und dem restlichen Gebiet sei nicht zielführend. Angesichts der geringen Größe des Gazastreifens spiele es für das Gefährdungsrisiko keine größere Rolle, ob man in Grenznähe wohne oder eher in Richtung Meer. Der Gazastreifen sei im Wesentlichen keine 10 km breit; auch ganz im Süden weise er keine Breite von 15 km auf. Dementsprechend schieße die Hamas grundsätzlich von überall aus und beträfen Vergeltungsschläge das gesamte Gebiet des Gazastreifens.

Mit dieser Argumentation erfolgt keine dem Darlegungsgebot des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügende Auseinandersetzung mit der von der angegriffenen Ausgangsentscheidung angenommenen Möglichkeit des internen Schutzes i.S. von § 4 Abs. 3 i.V. mit § 3e AsylG (vgl. insofern auch BVerwG, B.v. 14.11.2012 - 10 B 22/12 - juris Rn. 7) in einer Weise, die dem Senat eine abweichende Bewertung im Zulassungsverfahren ermöglichte. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit muss auch hinreichend substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (OVG LSA, B.v. 23.8.2018 - 3 L 293/18 - juris Rn. 3 m.w.N.). Stützt der Kläger seinen Berufungszulassungsantrag etwa auf die Behauptung, eine Tatsachenfrage habe grundsätzliche Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, setzt dieses Darlegungserfordernis die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür voraus, dass die benannte Tatsachenfrage auch einer anderen als der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Würdigung zugänglich ist. Der Rechtsmittelführer muss mithin bestimmte begründete Informationen, Auskünfte, Presseberichte oder sonstige Erkenntnisquellen benennen, aus denen sich zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Antragsbegründung zutreffend sind (OVG NRW, B.v. 31.7.2018 - 19 A 1675.17.A - juris Rn. 12 m.w.N.). Dem ist der Kläger vorliegend nicht gerecht geworden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes kann eine Gefahrenlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG wegen eines bewaffneten Konflikts nicht allein deshalb bejaht werden, weil ein Zustand permanenter Gefährdungen der Bevölkerung und schwerer Menschenrechtsverletzungen besteht. Vielmehr erfordert die Bestimmung der Gefahrendichte eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau), wobei zudem eine wertende Gesamtbetrachtung zu erfolgen hat. Das Bundesverwaltungsgericht sieht bezogen auf die Zahl der Opfer von willkürlicher Gewalt eines Jahres das Risiko, von 1:800 (0,125%) bzw. 1:1.000 (0,1%) verletzt oder getötet zu werden, als weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 22 f.; U.v. 17.11.2011 - 10 C 11.10 - juris Rn. 20 f.; vgl. auch BayVGH, B.v. 4.8.2017 - 13a ZB 17.30791 - juris Rn. 7; U.v. 12.7.2018 - 20 B 17.31292 - juris Rn. 24; OVG LSA, B.v. 23.8.2018 - 3 L 293/18 - juris Rn. 21 ff.). Gemessen hieran hat der Kläger im Berufungszulassungsverfahren zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und Entscheidungserheblichkeit nicht hinreichend substantiiert dargetan, warum die von ihm aufgeworfene Frage hinsichtlich der innerstaatlichen Fluchtalternative (s.o.) anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte. Es versteht sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht von selbst, dass eine inländische Fluchtalternative i.S. von § 4 Abs. 3 i.V. mit § 3e AsylG im Fall des Gazastreifens von vornherein allein deshalb ausscheidet, weil sich dieser von der Meeresküste nur wenige Kilometer ins Landesinnere bis zur Grenze erstreckt, wenn sich anderseits die gefahrträchtigen Orte, an denen Bedrohungslagen i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (potenziell) in Betracht kommen, nach der Überzeugungsbildung des Erstgerichts i.S. von „Hot-Spots“ im unmittelbaren Bereich der Binnengrenze konzentrieren. Der weitere Vortrag in der Zulassungsbegründung, es spiele hinsichtlich der Risikoeinordnung bezüglich § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO wegen der geringen Breite des Gazastreifens von wenigen Kilometern keine relevante Rolle, ob man in Grenznähe oder eher in Richtung Meer wohne, weil die die Hamas grundsätzlich von überall schieße und daher Vergeltungsschläge das gesamte Gebiet des Gazastreifens beträfen, wird trotz der gegenteiligen, aus einer benannten Quelle abgeleiteten Sachverhaltsbewertung des Verwaltungsgerichts nicht ansatzweise mit Erkenntnisquellen untermauert. Insofern zeigt der Kläger nicht substantiiert auf, dass die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Sachlage (keine relevante Bedrohungslage i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO bei größerer Entfernung zur Grenze) unrichtig ist. Mit dem schlichten Angriff auf die gerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und der hiermit implizit erhobenen Rüge der Fehlerhaftigkeit des Urteils wird kein Berufungszulassungsgrund gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 Satz 4 AsylG geltend gemacht. Auf ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann der Zulassungsantrag nicht gestützt werden, da nach der eindeutigen Regelung des § 78 Abs. 3 AsylG dieser Zulassungsgrund in asylrechtlichen Streitigkeiten nicht zur Verfügung steht (BayVGH, B.v. 20.9.2017 - 15 ZB 17.31105 - juris Rn. 5 m.w.N.).

Mit Blick auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen alternativen internen Schutz in grenzferneren Regionen innerhalb des Gazastreifens gem. § 4 Abs. 3 i.V. mit § 3e AsylG, die der Kläger im Zulassungsverfahren nicht über die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes zu überwinden vermochte, kommt es auf die Frage, wie hoch im besonders gefährlichen Grenzbereich oder auf die gesamte Fläche des Gazastreifens bezogen das jährliche Risiko ist, verletzt oder getötet zu werden, nicht mehr entscheidungserheblich an.

c) Ebenso vermag der Kläger mit der weiter erhobenen Frage

„Begründet die gegenwärtige Versorgungs- und Sicherheitslage für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen einen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG?“,

eine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu erreichen. Der Kläger greift im Zulassungsverfahren die Annahme des Verwaltungsgerichts an, es liege hinsichtlich der Versorgungslage im Gazastreifen kein Gefährdungsniveau vor, wonach er Gefahr laufe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden und im Falle einer Rückkehr in eine existenzielle Notlage zu geraten. Der Kläger trägt in seiner Antragsbegründung vor, die vorgenannte Ansicht des Verwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zu der Einschätzung der Vereinten Nationen, die den Gazastreifen für unbewohnbar hielten. Über diese Einschätzung der UN werde im Internet berichtet. Es gebe kaum Strom und fast kein Trinkwasser. Die humanitäre Lage sei katastrophal. Die Bewohner hätten nur noch wenige Stunden am Tag Elektrizität und die Jugendarbeitslosigkeit liege bei mehr als 60%. Mehr als 95% des Wassers habe keine Trinkwasserqualität. Die israelische Blockade tue ein Übriges.

Auch mit diesem Vorbringen setzt sich der Kläger nicht substantiiert mit den Erwägungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinander. Insbesondere wird hinreichend dargelegt, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte:

aa) Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die einen Ausländer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat erwarten, insbesondere auf die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann ein Ausländer Abschiebungsschutz nach Maßgabe von § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ganz ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Hierbei gelten im Einzelnen folgende Grundsätze (zusammenfassend vgl. BayVGH, U.v. 23.3.2017 - 20 B 15.30110 - juris Rn. 34 ff.; B.v. 26.6.2017 - 15 ZB 17.30357 - juris Rn. 23 ff.; BayVGH, U.v. 12.7.2018 - 20 B 17.31292 - juris Rn. 31 ff.):

- Im Falle besonders schlechter humanitärer Verhältnisse ist ausnahmsweise in extremen Ausnahmesituationen von einem Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 auszugehen, wenn im Herkunftsstaat derart schlechte, nicht (überwiegend) auf Handlungen staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure zurückzuführende humanitäre Bedingungen bestehen, die als unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu qualifizieren sind (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 = juris Rn. 34 ff.; BayVGH, B.v. 11.12.2014 - 13a ZB 14.30400 - juris Rn. 7; U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 12; U.v. 23.3.2017 a.a.O. Rn. 35; VGH BW, U.v. 24.7.2013 - A 11 S 697/13 - juris Rn. 79 ff.).

- Gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll ferner von der Abschiebung abgesehen werden, wenn für den Ausländer im Zielstaat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Maßgebend ist insoweit allein das Bestehen einer konkreten, individuellen - zielstaatsbezogenen - Gefahr für die genannten Rechtsgüter, ohne Rücksicht darauf, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Diese Gefahr muss dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, wobei im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der „konkreten“ Gefahr für „diesen“ Ausländer als zusätzliches Erfordernis eine einfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefahrensituation hinzutreten muss, die überdies landesweit droht. Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die einen Ausländer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann ein Ausländer Abschiebungsschutz in verfassungskonformer bzw. entsprechender Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ganz ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Eine Abschiebung wäre in diesen Fällen allenfalls auszusetzen, wenn der Ausländer ansonsten gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (also im Falle einer schlechten Lebensmittelversorgung, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde, vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 = juris Rn. 11 ff.; U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 = juris Rn. 13 ff., insbes. Rn. 15; U.v. 29.9.2011 - 10 C 24.10 - NVwZ 2012, 451 = juris Rn. 19 ff.; BayVGH, U.v. 23.3.2017 - 20 B 15.30110 - juris Rn. 36).

bb) In der Begründung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 8. August 2018 wird bei der Anwendung von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V. mit Art. 3 EMRK und § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG genau auf die vorgenannten Maßstäbe abgestellt. Das Verwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die humanitäre Situation im Gazastreifen bedenklich ist. Für das Verwaltungsgericht ist aber insoweit entscheidend und ausschlaggebend, dass derzeit über die humanitäre Leistung von H i l f s o r g a n i s a t i o n e n ein Versorgungsniveau aufrechterhalten wird, dass der Annahme eines Abschiebungsverbots nach den genannten Regelungen entgegensteht. Mit Letzterem hat sich der Kläger in der Antragsbegründung nicht auseinandergesetzt. Auch die von ihm in Bezug genommenen Kurzberichte aus der Internetpresse (ZeitOnline, „UN halten Gazastreifen für unbewohnbar“ v. 11.7.2017; ARD-Bericht „Gaza vor der Explosion“ v. 18.6.2018) gehen auf Hilfeleistungen von dritter Seite nicht ein und stehen damit nicht im Widerspruch zu der Annahme des Gerichtes, dass mit Blick auf Leistungen von Hilfsorganisationen sowie den ergänzenden Möglichkeiten des Klägers, seine Arbeitskraft einzusetzen und auf ein familiäres Netzwerk zurückzugreifen, für diesen ein Mindestversorgungsniveau gewährleistet sei, dass unterhalb der hohen Gefahrenschwellen nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V. mit Art. 3 EMRK sowie § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liege (exemplarisch zu den humanitären Dienstleistungen der UNRWA und anderen Institutionen im Bereich der Versorgung der Bevölkerung des Gazastreifens vgl. Seiten 3, 14 und 22 ff. des im Internet abrufbaren Original-UN-Berichts „Gaza - ten years later“ vom Juli 2017, der in dem von der Antragsbegründung in Bezug genommenen Artikel „UN halten Gazastreifen für unbewohnbar“ zitiert wird; vgl. insoweit auch BayVGH, B.v. 15.9.2017 - 15 ZB 17.31475 - juris Rn. 32, 33).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


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bei uns veröffentlicht am 04.08.2017

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. III. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2017 - 15 ZB 17.30357

bei uns veröffentlicht am 26.06.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt. III. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsver

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 23. März 2017 - 20 B 15.30110

bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. September 2014 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erh

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 23. Aug. 2018 - 3 L 293/18

bei uns veröffentlicht am 23.08.2018

Gründe 1 Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 2 Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 Asylgesetz - AsylG -) nicht den Anforderungen des §

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 14. Nov. 2012 - 10 B 22/12

bei uns veröffentlicht am 14.11.2012

Gründe 1 Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. 2
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2018 - 15 ZB 18.32223.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2018 - 15 ZB 17.30545

bei uns veröffentlicht am 08.10.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gründe I. Mit Bescheid vom 23. Januar 2015 (Geschäftszeichen 5791077-1-144) leh

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. März 2019 - 15 ZB 19.30627

bei uns veröffentlicht am 01.03.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gründe I. Der Kläger - ein nach eigenen Angaben malischer Staatsangehör

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2019 - 15 ZB 19.32031

bei uns veröffentlicht am 06.06.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Gründe I. Die Kläger - staatenlose Palästinenser aus dem L

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2019 - 15 ZB 19.30187

bei uns veröffentlicht am 17.01.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gründe I. Der Kläger - ein nach eigenen Angaben malischer Staatsangehör

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger – ein nach eigenen Angaben (staatenloser) palästinensischer Volkszugehöriger aus dem Gazastreifen, der nach einem im behördlichen Antragsverfahren vorgelegten Dokument vom 7. April 2016 beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East – UNRWA) als palästinensischer Flüchtling registriert ist (vgl. Bl. 74 der Asylakte) – wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für ... (Bundesamt) vom 22. Juni 2017, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft sowie der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden (Nr. 1 und Nr. 3), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde (Nr. 3), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), er unter Androhung der Abschiebung in den Gazastreifen oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurde, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. im Falle der Anfechtung nach unanfechtbarem Verfahrensabschluss zu verlassen (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde gem. Nr. 6 des Bescheids auf 30 Tage ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Am 4. Juli 2017 ließ der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage erheben. In der Klageschrift mit dem Datum dieses Tages ließ er zunächst wörtlich beantragen, „die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheids (….) zu verpflichten, das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen“. Mit der am 24. Juli 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klagebegründung legte der Kläger – zunächst ohne schriftsätzliche Antragserweiterung – dar, dass aus seiner Sicht neben den Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Mit einem u.a. als „Klageänderung“ betitelten Schriftsatz vom 9. August 2017 beantragte der Kläger sodann, den Bescheid des Bundesamts vom 22. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Urteil vom 15. September 2017, das mit vorher erklärtem Einverständnis des Klägers ohne mündliche Verhandlung erging (§ 101 Abs. 2 VwGO) – wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Laut den Entscheidungsgründen hat das Erstgericht die Klage bereits als unzulässig angesehen, soweit sie sich auf die Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes sowie zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote und gegen die Befristung gem. § 11 Abs. 1 AufenthG richtete. Soweit die Klage zulässigerweise auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtet sei, sei sie unbegründet, weil der Bescheid insofern rechtmäßig sei und mithin den Kläger nicht in seinen Rechten verletze, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger habe den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen noch drohe ihm bei Rückkehr eine solche. Ein individuelles Verfolgungsschicksal habe der Kläger weder gegenüber dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Das Vorbringen des Klägers sei oberflächlich und ungenau gewesen; mit diesem sei zudem ein in den Akten befindliches „Certificate of Good Conduct“ des Innenministeriums der Autonomiebehörde in Gaza vom 26. August 2016 (Bl. 72 der Asylakte: „Is not reported to any vice or misconduct or to any crime and his manner is good“) inhaltlich nicht zu vereinbaren. Zudem stehe § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegen, weil der Kläger laut der vorliegenden Bestätigung der UNRWA deren Schutz unterliege. Es sei auch weder vorgebracht worden noch erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG vorlägen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung sowie dem Antrag, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihm einen bestimmten Rechtsanwalt beizuordnen, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor bzw. ist vom Kläger nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 3).

a) Der Kläger vermag sich nicht auf den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu stützen, soweit er sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, seine Klage sei wegen Verstreichens der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) unzulässig, als sie sich auf die beantragte Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes und zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote bezieht. Die vom Kläger erhobene Frage,

„ob die Erweiterung des Klageantrags auf die hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG und auf die hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß §§ 60 Abs. 5 und 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen,nicht als Klageänderung anzusehen ist i.S.d. §§ 91, 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO“,

ist – wörtlich verstanden – mangels Entscheidungserheblichkeit keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Aus den vom Kläger in der Zulassungsbegründung vorgebrachten Beispielen (Übergang von einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung auf eine solche auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung sowie von einer Fortsetzungsfeststellungsklage zu einer Anfechtungsklage, wenn der Klagegrund derselbe bleibt) und aus der Bezugnahme auf eine zitierte Kommentarstelle (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 91 Rn. 9) folgt, dass der Kläger von einem Fall der Erweiterung des Klageantrags entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO ausgeht, wenn – wie hier – der abgelehnte Asylbewerber zunächst seine Klage beschränkt auf „teilweise Aufhebung des Bescheids“ sowie die Verpflichtung der Beklagten auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und dann später im weiteren Verlauf des (erstinstanzlichen) gerichtlichen Verfahrens seinen Antrag erweitert auf vollständige Aufhebung des Bundesamtsbescheids sowie auf die Verpflichtung, ihm umfassenden Schutz zuzuerkennen (Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes, weiter hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen).

Selbst wenn man von der Richtigkeit dieser rechtlichen Auffassung des Klägers ausginge, würde ihm dies für die Fallentscheidung nichts nutzen: Das Verwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit der Annahme der (Teil-) Unzulässigkeit der Klage offengelassen, ob die am 9. August 2017 bei Gericht eingegangene Klageänderung sachdienlich i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO war. Entscheidend war laut den Gründen des angegriffenen Urteils, dass die Klage gegen die Ablehnung der Asylanerkennung, gegen die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie gegen die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen Verstreichens der zweiwöchigen Klagefrist am Maßstab vom § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben worden war und der streitgegenständliche Bescheid insofern bestandskräftig geworden sei. Bei der hier erfolgten Ersatzzustellung am 27. Juni 2017 habe die Klagefrist am 28. Juni 2017 zu laufen begonnen und habe am 11. Juli 2017 geendet. Bei Eingang des geänderten Klageantrags bei Gericht am 9. August 2017 sei die Klagefrist daher bereits abgelaufen gewesen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Klageantrags im Schriftsatz vom 4. Juli 2017 scheide eine Auslegung dahingehend aus, dass damit eine umfassende Anfechtung des streitgegenständlichen Bescheids sowie umfassende Verpflichtungen der Beklagten im Sinne des geänderten Klageantrags gemeint waren. Die am 25. Juli 2017 und damit ebenfalls nach Ablauf der Klagefrist eingegangene Klagebegründung könne ebenso nicht zu einer erweiterten Auslegung des Klageantrags vom 4. Juli 2017 herangezogen werden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder vorgetragen noch erkennbar.

An dieser Bewertung des Erstgerichts ändert sich nichts, wenn die Antragserstreckung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht als Klageänderung i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO – deren Zulässigkeit von der Einwilligung der übrigen Beteiligten oder von der gerichtlichen Einschätzung als sachdienlich abhängt – angesehen wird, sondern als eine entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache. Auch bei Einschlägigkeit des § 264 Nr. 2 ZPO folgt aus der dann ohne weiteres (d.h. über § 91 Abs. 1 VwGO hinaus) zulässigen Klageerweiterung noch nicht die Zulässigkeit der erweiterten Klage; denn dieser kann insbesondere die Bestandskraft des bislang unangefochtenen Teils der behördlichen Regelung entgegenstehen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 13, 38). Die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die Ablehnung der Asylanerkennung, die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen zu später Klageerhebung bestandskräftig geworden sind, die (später erweiterte) Klage hiergegen folglich wegen Ablaufs der Zweiwochenfrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben wurde und daher unzulässig ist, bleibt unabhängig davon bestehen, ob die Antragserweiterung § 91 VwGO oder § 264 Nr. 2 ZPO unterfällt.

Soweit den Ausführungen auf Seite 3 der Klagebegründung,

– wonach „ein auf Asylanerkennung gerichteter Antrag bei lebensnaher Betrachtung immer das Begehren“ enthalte, „hilfsweise auch subsidiären Schutz oder zumindest ein Abschiebungsverbot zuerkannt zu bekommen“, und

– wonach das Verwaltungsgericht den ursprünglich gestellten Klageantrag hätte lebensnah „umdeuten“ müssen,

zu entnehmen sein sollte, dass der Kläger in der Sache rügt, das Verwaltungsgericht habe den ersten Klageantrag vom 4. Juli 2017 zu eng ausgelegt – weil es ihm von Anfang an um die vollumfängliche Bescheidanfechtung sowie eine entsprechend umfassende Verpflichtung der Beklagten gegangen sei – vermag dies die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen.

Insofern hat der Kläger bereits den Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung des Berufungszulassungsgrundes (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht genügt, weil er diesbezüglich keine fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert hat, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Unabhängig davon würde sich die Antwort auf eine entsprechend formulierte Frage – abgesehen von der Einzelfallcharakteristik – unmittelbar aus dem Wortlaut des § 88 VwGO ergeben, sodass es auch insofern keiner Klärung im Berufungsverfahren zur Wahrung der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts bedarf (mangelnde Klärungsbedürftigkeit, vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38):

Der Senat geht mit dem Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein beim Bundesamt unterlegener Kläger mit seiner Klage i m Z w e i f e l einen Ablehnungsbescheid umfassend angreift und sämtliche Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 Asyl) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) zum Gegenstand des Asylprozesses vor dem Verwaltungsgericht macht; ein regelungsimmanentes Rangverhältnis der einzelnen Anspruchsgrundlagen wirkt sich dabei über § 88 VwGO dahingehend aus, dass rangniedrigere Positionen – wie der subsidiäre Schutz oder die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten – typischerweise / regelmäßig nur im Wege eines Hilfsantrags verfolgt werden (BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 19.96 – BVerwGE 104, 260 = juris Rn. 11, 12). Andererseits bilden die Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten eigenständige Streitgegenstände bzw. jedenfalls rechtlich abtrennbare Streitgegenstandsteile (BVerwG, U.v. 15.4.1997 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.). Aufgrund dessen handelt es sich um jeweils teilbare Regelungen des Asylbescheids, die mithin im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 1 AsylVfG der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind (VGH BW, U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – VBlBW 2017, 373 = juris Rn. 32; allg. vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 125.09 – juris Rn. 16). Vor diesem Hintergrund ist aufgrund des klaren Wortlauts des Klageantrags vom 4. Juli 2017 (und anders als im Fall OVG Hamburg, B.v. 13.1.1998 – Bf VI 141/97 – NVwZ-Beilage 5/1998, 44 f., wo von vornherein der Bescheid ersichtlich in seinem gesamten Regelungsgehalt angegriffen wurde; vgl. auch Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 19) eindeutig, dass der Kläger zunächst nur und ausdrücklich die „teilweise“ Aufhebung des Bescheids vom 22. Juni 2017 begehrte, und zwar mit Blick auf den Verpflichtungsteil des Antrags nur in dem Umfang, als die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft betroffen ist und sich auswirkt (etwa bzgl. Nr. 5 des Bescheids). Wenn ein Kläger – wie hier – sein Begehren ausdrücklich auf eine Teilanfechtung und korrespondierend hierzu den Verpflichtungsteil des Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt, ist es dem Verwaltungsgericht gerade wegen § 88 VwGO verwehrt, über dieses Begehren hinauszugehen (insofern ebenso Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 20). Hierauf aufbauend ist die Annahme der Bestandskraft des Bescheides hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und die Feststellung des Nichtbestehens von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) konsequent und aufgrund des eindeutigen Prozessrechts geboten. Sollte der Kläger der Ansicht sein, dass aufgrund neuerer Erkenntnismittel (z.B. aufgrund des zitierten UN-Berichts „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017 oder aufgrund des Berichts von Amnesty international „Israel und besetzte parlamentarische Gebiete 2017“ v. 16.5.2017) etwa mit Blick auf die Versorgungslage oder die derzeit bestehende Ausreisebeschränkungen nunmehr z.B. von einem Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszugehen sei (verneinend VG Berlin, U.v. 28.7.2017 – 34 K 254.13 A – juris), müsste dies über einen Folgeantrag geltend gemacht werden, bei dessen Prüfung freilich auch die aktuellsten Entwicklungen zur Entspannung zu berücksichtigen wären (vgl. z.B. die Artikel in Spiegel Online, „Verfeindete Palästinensergruppen: Hamas meldet Versöhnung mit Fatah“ v. 12.10.2017 sowie „Hamas übergibt Kontrolle über Grenzübergang“ v. 1.11.2017; Zeit Online, „Hamas übergibt Grenzverwaltung an Palästinenserbehörde“ v. 1.11.2017).

b) Die Berufung des Klägers ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich einzelner Rechts- oder Tatsachenfragen in Bezug auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) zuzulassen. Der Kläger hat mit seinem Zulassungsvorbringen auch insofern nicht den Darlegungsobliegenheiten gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 i.V. mit Abs. 3 Nr. 1 AsylG genügt, weil er – bezogen auf die Frage, ob er einem Verfolgungstatbestand i.S. von §§ 3 – 3c AsylG unterfällt – in seinen Ausführungen gemäß Seiten 3 bis 9 der Zulassungsbegründung schon keine konkrete, klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage herausgearbeitet hat, der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll.

Der Kläger trägt auf Seiten 3 bis 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 unter Darstellung des Sachverhalts aus seiner Sicht, unter Kritik an der Sachverhaltserforschung- und Sachverhaltsbewertung durch das Bundesamt für ... und durch das Verwaltungsgericht sowie unter Darlegung der aus seiner Sicht richtigen Rechtsanwendung (u.a. zu § 3 Abs. 3 AsylG) im Zulassungsantrag im Stil einer Berufungsbegründung vor, warum das Urteil des Verwaltungsgerichts aus seiner Sicht unzutreffend sei. Dies genügt zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG aber nicht, soweit – wie vorliegend – keine fallübergreifenden Fragen, denen grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zukommen soll, konkret formuliert werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2016 – 11 ZB 16.30132 – juris Rn. 8; B.v. 16.6.2017 – 15 ZB 17.30656 – juris Rn. 5; B.v. 19.6.2017 – 20 ZB 17.30637 – juris Rn. 3; OVG NRW, B.v. 16.8.2017 – 13 A 1526/17.A – juris Rn. 11, 12). Auf ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann der Zulassungsantrag nicht gestützt werden, da nach der eindeutigen Regelung des § 78 Abs. 3 AsylG dieser Zulassungsgrund in asylrechtlichen Streitigkeiten nicht zur Verfügung steht (BayVGH, B.v. 20.9.2017 – 15 ZB 17.31105 – juris Rn. 5):

aa) Auf Seiten 3 – 5 der Zulassungsbegründung vom 13. Oktober 2017 wird – unter dem Vorwurf, die Beklagte habe den Sachverhalt (u.a. auch hinsichtlich des vom Innenministerium der Autonomiebehörde ausgestellten Führungszeugnisses sowie aufgrund einer ungenauen Übersetzung in der Anhörung) falsch bewertet und diesen durch Unterlassen eines „Nachhakens“ in der Anhörung nicht ordentlich aufgeklärt – schlicht die Verfolgungsgeschichte des Klägers wiederholt (Verfolgung und Folterung durch die Hamas nach Demonstrationsteilnahme) und rechtlich ausgeführt, dieser sei politisch aktiv gewesen (Verfolgungsgrund) und deswegen gefoltert und misshandelt worden (Verfolgungsgrund). Entgegen der Überschrift „2. Tatsachenfrage – Verfolgung des Klägers“ wird eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage weder konkret herausgearbeitet noch ist eine solche aus dem Vortrag der Sache nach ersichtlich.

bb) Soweit der Kläger die derzeitige politische Situation im Gazastreifen als grundsätzlich bedeutsam darstellt (Seiten 5 – 7 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017), hat er es auch insofern unterlassen, eine konkrete, fallübergreifende und in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage herauszustellen. Dass die politische und wirtschaftliche Situation im Gazastreifen für eine Vielzahl von Asylgesuchen von Bedeutung ist, begründet als solches keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Denn zur Beurteilung eines jeden Asylgesuchs kommt es letztlich regelmäßig auf die politischen und wirtschaftlichen Umstände im Herkunftsstaat an.

Wird zugunsten des Klägers aufgrund der hervorgehobenen Überschrift unter a) (Seite 5) sowie aufgrund der umfangreichen Bezugnahme auf den UN-Bericht „Gaza – ten years later“ (Juli 2017) unterstellt, dieser habe in der Sache die Frage aufwerfen wollen, ob der Gazastreifen mittlerweile oder in absehbarer Zukunft nicht mehr (zumutbar) bewohnbar ist bzw. ob die Situation im Gazastreifen derzeit schlicht menschenunwürdig ist, ist dies nicht entscheidungserheblich: Soweit der Kläger unter Berufung auf den UN-Bericht vom Juli 2017 auf unmenschliche Lebensbedingungen Bezug nimmt (zunehmende Unterversorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln, hohe Arbeitslosigkeit, auf Leben und Sicherheit der Bewohner des Gazastreifens auswirkende Methoden Israels zur Durchsetzung von Zugangsbeschränkungen), hat dies für die (mit Blick auf die im Übrigen – s.o. – eingetretene Bestandskraft) nur noch fallrelevante Frage nach einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) keine Bedeutung. Denn die Flüchtlingseigenschaft ist einem Ausländer nach § 3 Abs. 1, 4 AsylG – ohne Berücksichtigung des Schutzes gem. § 3 Abs. 3 AsylG, hierzu unten sub cc) – nur zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgungwegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder wenn er sich aus den genannten Gründen außerhalb des Landes befindet, in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang über den UN-Bericht vom Juli 2017 auch auf Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas (z.B. Beschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit; willkürliche Verhaftungen, Belästigungen, Folterungen bis hin zum Tod in Gewahrsam) oder Israels (in den sog. „Access Restricted Areas“) beruft und weiter darauf hinweist, dass die Hamas auf der europäischen Liste terroristischer Vereinigungen stehe sowie dem dort lebenden Volk der Palästinenser nicht einmal die grundlegenden Menschenrechte gewähre, wäre eine hieraus etwa wie folgt ggf. vom Kläger in der Sache als zu klären gewollte (so tatsächlich im Zulassungsverfahren aber nicht formulierte) Frage,

ob Menschen, die im Gazastreifen leben, aufgrund von festgestellten Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas und Israels die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist,

ebenfalls keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Denn die Antwort auf diese Frage ist von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig, sie wäre deshalb nicht hinreichend konkret gefasst und würde sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 7 ff.; BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 2 ZB 13.30255 – juris Rn. 8; B.v. 7.11.2016 – 15 ZB 16.30425 – juris Rn. 6). Auch wenn es im Gazastreifen Handlungen der Hamas gab und gibt, die gegenüber einzelnen Betroffenen den Verfolgungstatbestand gem. § 3 Abs. 1 AsylG erfüllen, und auch wenn es solche Handlungen trotz der Entwicklungen der letzten Monate ggf. auch in Zukunft ggf. geben mag, folgt im Falle einer positiven Beantwortung der Frage nicht, dass praktisch jedem oder jedem mit bestimmten Gruppeneigenschaften – unabhängig von seiner individuellen Situation im Übrigen – automatisch mit der gebotenen beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG droht (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 19; U.v. 1.3.2012 – 10 C 7.11 – juris Rn. 12; B.v. 11.7.2017 – 1 B 116.17 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 24.8.2017 – 11 B 17.30392 – juris Rn. 16). Das Verwaltungsgericht ist speziell zum Fall des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, dieser habe ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Es ist zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen habe und dass ihm auch bei Rückkehr keine solche drohe.

cc) Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) auch nicht deswegen zuzulassen, soweit der Kläger unter der Überschrift „4. Rechtsfrage – Flüchtlingseigenschaft trotz ‚offiziellem‘ Schutz durch UNRWA“ (Seiten 7 – 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017) die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf § 3 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AsylG angreift und sich darauf beruft, die UNRWA könne aufgrund der Foltermaßnahmen gegen ihn und aufgrund der unbewohnbaren Verhältnisse im Gazastreifen ihren Schutzauftrag nicht mehr erfüllen.

Die abstrakten Rechtsfragen hierzu sind wie folgt geklärt: Die Flüchtlingseigenschaft kann von vornherein an der Ausschlussklausel des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG scheitern, vgl. auch Art. 1 D Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1958 (Genfer Konvention – GK). Zu den dort genannten Schutz und Beistand leistenden Organisationen und Einrichtungen zählt die durch Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen Nr. 302/IV vom 8. Dezember 1949 errichtete UNRWA, deren Aufgabe in der Hilfeleistung für palästinensische Flüchtlinge in Jordanien, im Libanon, in Syrien, der West Bank und dem Gazastreifen besteht. Als Nachweis einer Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes genügt es grundsätzlich, wenn die Betroffenen – wie vorliegend der Kläger – von UNRWA förmlich registriert worden sind (EuGH, U.v. 17.6.2010 – C-31/09 – NVwZ 2010, 1211 = juris Rn. 52; BVerwG, U.v. 4.6.1991 – 1 C 42.88 – BVerwGE 88, 254 = juris Rn. 25; U.v. 21.1.1992 – 1 C 21.87 – BVerwGE 89, 296 = juris, Rn. 22; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 22; VG Ansbach, U.v. 31.7.2017 – AN 9 K 16.31851 – juris Rn. 22; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 72). Umgekehrt ist – automatisch – ein Ausländer als Flüchtling gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG anzuerkennen, der den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen gem. Art. 1 Abschnitt D GK genossen hat, dem aber ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen endgültig geklärt worden ist (vgl. ebenso Art. 1 D Abs. 2 GK; Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU = Qualifikationsrichtlinie). § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG beinhaltet eine Rechtsfolgenverweisung. Die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention sind nach Art. 1 D Abs. 2 GFK „ipso facto“ anwendbar, d.h. unmittelbar ohne dass es einer Einzelfallprüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft bedürfte, mithin unabhängig davon, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG vorliegen. Die Prüfung ist im Falle einer Ausreise des Betroffenen grundsätzlich auf die Feststellung beschränkt, ob der Betroffene Schutz und Beistand von einer entsprechenden Organisation genossen hat und ob dieser aus von seinem Willen unabhängigen Gründen entfallen ist und keine Ausschlussgründe nach Abs. 2 vorliegen (vgl. EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 66 ff., 81; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 20, 21; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22 ff.; OVG NRW, B.v. 22.2.2012 – 18 A 901/11 – juris Rn. 13 ff.; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 74 ff.). Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die bloße Abwesenheit des Betreffenden vom Gebiet der Schutzgewährung oder die freiwillige Entscheidung, dieses zu verlassen, regelmäßig unzureichend, um die Annahme zu rechtfertigen, der Schutz sei im vorgenannten Sinn weggefallen. Vielmehr kommt es auf die fehlende Freiwilligkeit des Ausreiseentschlusses aufgrund von seinem Willen unabhängiger Zwänge an, weil der Betroffene „sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet“ und es UNRWA unmöglich ist, ihm im Mandatsgebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der übertragenen Aufgabe in Einklang stehen (EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 58, 59, 64, 65; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 24; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 a.a.O. Rn. 23).

Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht im Zulassungsverfahren – unter Bezugnahme auf die Anhörung vor dem Bundesamt am 22. März 2017 – darauf abstellt, gefoltert worden zu sein, sowie die Behauptung aufstellt, er habe nicht gewusst, wo er Schutz vor weiteren Folterungen und Inhaftierungen hätte suchen können, weil die UNRWA ihm keinen Schutz habe gewähren können, und dass deswegen seine Ausreise aus dem Schutzgebiet durch Umstände bzw. Zwänge verursacht worden sei, die von seinem Willen unabhängig gewesen sei, wäre eine – ggf. vom Kläger in der Sache gewollte (zu seinen Gunsten unterstellte) – Fragestellung,

ob speziell beim Kläger aufgrund von stattgefundenen Folterungen und mangels tatsächlicher Schutzgewährung seitens der UNRWA Umstände vorlagen, die für ihn eine unsichere persönliche Lage und daher einen Zwang zur Ausreise begründeten,

keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich, weil es sich insofern nicht um eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage handelt, sondern ausschließlich um eine Frage einer individuellen Verfolgungssituation, die das Verwaltungsgericht dem Kläger nicht geglaubt hat. Dass dem Kläger eine Rückkehr in den Gazastreifen nicht möglich wäre – und dass ggf. deshalb für ihn der Schutz und Beistand der UNRWA i.S. von § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG weggefallen wäre (vgl. VG München, U.v. 2.2.2017 – M 17 K 16.34829 – juris Rn. 24; VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 41 ff.) – wird vom Kläger weder behauptet noch dargelegt.

Soweit bei wohlwollender Auslegung des Zulassungsantrags das Vorbringen des Klägers auf Seite 9 (oben) des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 dahingehend aufgefasst werden sollte, dass er sinngemäß die Frage aufwirft, ob im Gazastreifen der UNRWA-Schutz generell – also für alle Unterschutzgestellten und deshalb auch für ihn – entfallen sei, weil es dieser Hilfsorganisation aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich unmöglich geworden sei, ihre Aufgabe zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56), genügt auch das diesbezügliche Vorbringen den Klägers inhaltlich nicht den Darlegungsanforderungen des Art. 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Der Verweis des Klägers darauf, dass laut dem UN-Bericht „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017“ der Gazastreifen mittlerweile so gut wie unbewohnbar sei, und die von ihm hieraus gezogene Schlussfolgerung, dass UNRWA aufgrund der politischen Verhältnisse nicht mehr in der Lage sei, Schutz zu gewähren, ist für die Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu unsubstanziiert.

Bei einem auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gestützten Zulassungsantrag ist im Einzelnen darzulegen, welche genauen Anhaltspunkte für eine bestimmte, vom Erstgericht abweichende Tatsacheneinschätzung bestehen. Der Antragsteller muss die Gründe, aus denen seiner Ansicht nach die Berufung zuzulassen ist, dartun und in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erläutern. Hierzu genügt es nicht, bloße Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Gegebenheiten im Herkunftsland des Ausländers zu äußern oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, unter Benennung bestimmter Erkenntnisquellen und Einzelfakten zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass der behauptete (nicht mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts sich deckende) Umstand zutreffend ist und dass es deswegen zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (BayVGH, B.v. 13.6.2016 – 13a ZB 16.30062 – juris Rn. 5 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 5.9.2017 – 13 A 923/17.A – juris Rn. 14). Diese Anforderung hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht erfüllt. Er hat weder im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen (geschweige denn unter Beweis gestellt) noch im Berufungszulassungsverfahren konkret ausgeführt, dass UNRWA im Gazastreifen generell die Aufgabe, Hilfe und Schutz zu gewähren, nicht mehr erfüllen kann (vgl. auch VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 33, 40). Insoweit bleiben die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 13. Oktober 2017 trotz der Bezugnahme auf den UN-Bericht vom Juli 2017 bloße unsubstanziierte Behauptung. Zwar geht aus dem Bericht hervor, dass sich die Lebensbedingungen u.a. aufgrund der von Israel ausgehenden Blockade im Gazastreifen weiter – und zwar drastischer als von den Vereinten Nationen im Jahr 2012 prognostiziert – verschlechtert haben (u.a.: hohes Bevölkerungswachstum; Rückgang des Pro-Kopf-BIP; zunehmende Arbeitslosigkeit, Rückgang der Bereitstellung von Basisdiensten im Gesundheits- und Bildungssektor; schlechte Stromversorgung; schlechte Trinkwasserversorgung, verbunden mit der Gefahr, dass die bestehende Trinkwasserversorgungseinrichtung bis Ende 2017 unbrauchbar wird). Ebenso geht aus dem UN-Bericht vom Juli 2017 hervor, dass es weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas kommt (willkürliche Verhaftungen, Schikanen und Folterungen, Tötungen in der Haft). Weder führt der Kläger aber im Einzelnen auf noch ergibt sich aus dem Bericht, dass es UNRWA aufgrund der dort beschriebenen Umstände nunmehr unmöglich geworden sei, die Versorgungs- und Schutzaufgabe gegenüber den von ihr geschützten (insbesondere gegenüber den von ihr förmlich registrierten) Personen zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56). Im Gegenteil wird im Bericht hervorgehoben, dass – trotz eines weiter zu prognostizierenden Abwärtstrends der Lebensbedingungen im Gazastreifen – insbesondere die Dienstleistungen der UNRWA dazu beigetragen haben, der Verschlechterung der Lebensbedingungen im Gazastreifen insgesamt entgegenzuwirken (vgl. Seite 3; zur Nahrungsmittelversorgung durch UNRWA vgl. Seite 14; zu Dienstleistungen durch UNRWA im Gesundheits- und Bildungssektor vgl. Seite 22 ff.).

c) Soweit der Kläger in der Sache Ausführungen zur Gewährung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) und zur Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) macht, kann diesbezüglich schon wegen eingetretener Bestandskraft und verspäteter Klageerhebung (s.o.) keine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfolgen.

2. Der zulässige Antrag, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu gewähren (§ 166 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und ihm den von ihm bevollmächtigen Rechtsanwalt beizuordnen (§ 121 ZPO), ist nicht begründet. Die Absicht des Klägers, die Zulassung der Berufung zu erreichen, hat aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

Der Kläger, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im Alter von 22 Jahren nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, der im September 2004 abgelehnt wurde. Das Verwaltungsgericht hob die im Ablehnungsbescheid enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung wegen eines Zustellungsmangels auf und wies die Asylklage im Übrigen zurück. Durch einen im August 2006 erlassenen, inzwischen bestandskräftigen Bescheid erließ die Beklagte erneut eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung. Im November 2006 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag; die Beklagte lehnte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht verpflichteten die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach Aufhebung des Berufungsurteils durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte das Oberverwaltungsgericht erneut das Urteil des Verwaltungsgerichts, allerdings mit der Maßgabe, dass die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG verpflichtet wurde.

3

1. Die von der Beklagten erhobenen Grundsatzrügen greifen nicht durch.

4

1.1 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist oder aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann.

5

1.2 Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob sich die im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erforderliche Gefahrenprognose bei nicht landesweiten bewaffneten Konflikten auf diejenigen Landesteile zu beziehen hat, die der Asylbewerber aus einem subjektiven Blickwinkel als Rückkehrziele ansieht, oder auf dasjenige Gebiet innerhalb des Zielstaats, "in das ein unbeteiligter, objektiver, nüchtern denkender Betrachter vernünftigerweise zurückkehren würde, weil dort jedenfalls kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mit allen Gefahren für die Zivilbevölkerung herrschen würde".

6

Diese Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet ist und ein neuerlicher Klärungsbedarf für die hier vorliegende Fallkonstellation nicht dargelegt ist.

7

Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Abschiebungsverbots auch dann erfüllt sind, wenn sich der innerstaatliche bewaffnete Konflikt auf einen Teil des Staatsgebiets beschränkt und dem Ausländer die gesetzlich definierte Gefahr in diesem Landesteil droht (vgl. Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 25). Weiter ist geklärt, dass für die Gefahrenprognose bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Antragstellers bei einer Rückkehr abzustellen ist (vgl. Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17 unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - Slg 2009, I-921 Rn. 40). Für die Frage, welche Region als Zielort der Rückkehr eines Ausländers anzusehen ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Senats weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt (vgl. aber VGH Mannheim, Urteile vom 27. April 2012 - A 11 S 3079/11 - und vom 11. Juli 2012 - A 11 S 3205/11 -, nach Zulassung durch das Berufungsgericht in der Revisionsinstanz anhängig unter den Aktenzeichen BVerwG 10 C 15.12 und BVerwG 10 C 19.12). Als Zielort der Abschiebung sieht der Senat vielmehr in der Regel die Herkunftsregion des Klägers an, in die er typischerweise zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 a.a.O.). Ein Abweichen von der Regel kann jedenfalls nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ihm Schutz gewähren soll. Kommt die Herkunftsregion des Ausländers - wie hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - als Zielort einer Rückführung wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den Voraussetzungen des Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG auf eine andere Region des Landes verwiesen werden. Schon der Gerichtshof der Europäischen Union weist im Zusammenhang mit dem Zielort bei Rückkehr auf Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie hin (vgl. Urteil vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 40 erster Spiegelstrich). Die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen bei einer nicht landesweit drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG indes dann nicht erfüllt sein, wenn Zielort der Rückkehr die Herkunftsregion des Ausländers ist, da er dort keinen weiteren oder andersartigen Beschwernissen ausgesetzt ist, wie sie ihn in einer anderen Region seines Herkunftslandes erwarten können. Der Senat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Fall einer dem Ausländer in der für ihn maßgeblichen Region drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG weiter zu prüfen ist, ob der Ausländer in anderen Regionen des Landes internen Schutz gemäß Art. 8 der Richtlinie finden kann (vgl. Urteil vom 14. Juli 2009 a.a.O. Rn. 18).

8

1.3 Auch die weitere Frage,

"welche Mindestanforderungen an das Vorhandensein einer hinreichenden Existenzgrundlage i.S.v. Art. 8 Abs. 1 QRL zu stellen sind, ab der 'von einem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält'"

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde.

9

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG kann ein Ausländer nur dann auf die Verfügbarkeit internen Schutzes in seinem Heimatstaat verwiesen werden, wenn in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden (Art. 15 der Richtlinie) zu erleiden, besteht, und wenn von dem Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Es kann offenbleiben, ob die Frage, welches materielle Schutzniveau damit für eine inländische Fluchtalternative unionsrechtlich bzw. nach § 60 Abs. 11 AufenthG zu fordern ist, bereits abschließend geklärt ist. Offen könnte lediglich sein, ob oder inwieweit höhere Anforderungen gestellt werden müssen. Denn jedenfalls müssen die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse am Ort des internen Schutzes wenigstens so gestaltet sein, dass das Existenzminimum des betroffenen Ausländers gewährleistet ist (Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186, Rn. 31 f., 35). Hiervon ausgehend ist die von der Beschwerde aufgeworfene Frage für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Denn das Berufungsgericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass im Gebiet des denkbaren internen Schutzes (Kabul) für den Kläger nicht einmal das Existenzminimum gewährleistet ist, weil er dort seinen Lebensunterhalt durch Arbeit nicht werde sicherstellen können. Von diesem Ansatz ausgehend hat es zu Recht offengelassen, inwieweit die nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG zu berücksichtigenden Gegebenheiten den Zumutbarkeitsmaßstab dergestalt prägen, dass er möglicherweise als oberhalb des Existenzminimums liegend anzusehen ist.

10

2. Die von Beklagten behaupteten Abweichungen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des Berufungsurteils von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts liegen nicht vor.

11

2.1 Eine Divergenz im Sinne der genannten Vorschrift ist gegeben, wenn das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

12

2.2 Dies gilt zunächst für die von der Beschwerde behauptete Divergenz zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - (a.a.O.). Die Beschwerde entnimmt der Berufungsentscheidung den Rechtssatz, hinsichtlich des in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG verankerten Abschiebungsschutzes sei "immer und ausschließlich auf die Heimatprovinz abzustellen", und sieht darin eine Abweichung von der angeführten Senatsentscheidung. Eine solche Abweichung liegt indes schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht einen derartigen Rechtssatz nicht aufgestellt hat. Es geht vielmehr davon aus, eine individuelle Bedrohung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG komme "in der Regel nur in Betracht, wenn der Konflikt sich auf die Herkunftsregion des Klägers erstreckt, in die er typischerweise zurückkehren muss" (UA S. 12). Damit befindet es sich im Einklang mit der angeführten Senatsentscheidung und der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji).

13

2.3 Soweit die Beschwerde eine weitere Divergenz im Hinblick auf die Auslegung von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG rügt, ist die Beschwerde unzulässig, da sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt. Vielmehr beschränkt sie sich auf die Rüge, das Berufungsgericht weiche "eindeutig von den Grundsätzen des BVerwG ab", ohne den Rechtssatz zu präzisieren und die in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu benennen, zu der sich das Berufungsgericht in Widerspruch gesetzt haben soll. Im Übrigen lässt sich der Berufungsentscheidung nicht, wie die Beschwerde annimmt, der Rechtssatz entnehmen, für eine Prognose künftiger Verfolgung bei Rückkehr nach Afghanistan genüge im Hinblick auf Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG ein Kausalzusammenhang zwischen erlittener Verfolgung und Ausreise. Vielmehr stellt sich das Berufungsgericht ausdrücklich auf den Standpunkt, ein innerer Zusammenhang zwischen der Vorschädigung vor Ausreise und der befürchteten zukünftigen Beeinträchtigung müsse festgestellt werden (UA S. 21; die von der Beschwerde in Bezug genommene Textstelle beschränkt sich auf Ausführung über die wirtschaftliche Lage am Ort eines möglichen internen Schutzes).

14

3. Die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

15

3.1 Soweit die Beklagte einen Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO rügt, fehlt es an einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Darlegung, welche tatsächlichen Umstände das Berufungsgericht hätte aufklären müssen, welche für das Verfahren relevanten Erkenntnisse dabei voraussichtlich hätten gewonnen werden können und dass die Beklagte auf die Aufklärung dieser Umstände erfolglos hingewirkt oder sich die Aufklärung auch ohne derartiges Hinwirken aufgedrängt hat. Insbesondere lässt sich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht entnehmen, dass die Beklagte auf eine Aufklärung der Frage, wie sich die "heutigen 'regierungsfeindlichen Kräfte', die in Ghazni ihr Unwesen treiben, genau zusammensetzen", und ob die heute in Afghanistan auftretenden Taliban strukturell mit den Taliban der Jahre ab 1998 vergleichbar sind, hingewirkt hätte.

16

3.2 Auch die weitere Verfahrensrüge führt nicht zur Revisionszulassung. Die Beschwerde hat einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) mit der Rüge, den Ausführungen des Berufungsgerichts zu einer möglichen Gefährdung des Klägers bei einer Rückkehr nach Afghanistan könne "nicht ohne weiteres gefolgt werden", nicht dargetan. Verstöße gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind regelmäßig dem sachlichen Recht zuzuordnen und deshalb nicht mit der Verfahrensrüge angreifbar. Nur wenn sich der gerügte Verstoß hinreichend eindeutig auf den Bereich der Tatsachenfeststellung und -würdigung, nicht aber auf die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die Normen des materiellen Rechts bezieht, kommt eine Verfahrensrüge ausnahmsweise in Betracht (vgl. Beschluss vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66), etwa bei Aktenwidrigkeit der Sachverhaltsfeststellungen oder bei Verstößen der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze. Im vorliegenden Fall rügt die Beschwerde indes lediglich die Plausibilität der vom Berufungsgericht aus den festgestellten Tatsachen gezogenen Schlussfolgerungen, wenn sie darauf hinweist, die Taliban der Jahre 1998 bis 2000 seien von den derzeit in Afghanistan auftretenden Taliban zu unterscheiden. Eine solche, sich auf die Kritik der angegriffenen Entscheidung in der Art einer Berufungsbegründung beschränkende Rüge erfüllt die Anforderungen an die Darlegung einer Beweiswürdigungsrüge nicht.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. April 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob volljährigen und arbeitsfähigen afghanischen Männern … bei einer Rückkehr nach Afghanistan grundsätzlich eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit … infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG droht“ und „ob arbeitsfähige afghanische Männer … sich ihren Lebensunterhalt jedenfalls in Kabul sicherstellen können, wenn sie zwar Familienangehörige in Afghanistan haben, aber kein sie stützendes familiäres Netzwerk“. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes lägen nicht vor, beruhe auf überholten Erkenntnissen. Mittlerweile müsse von einer ernsthaften individuellen Bedrohung für alle Zivilpersonen gesprochen werden. Dies ergebe sich aus zahlreichen, im Einzelnen genannten Stellungnahmen und Berichten. So liege eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts vor. Der UNHCR habe auf die Verschlechterung der Sicherheitslage hingewiesen. Dies werde auch in Presseberichten vom Spiegel, vom Focus, der FAZ, der Welt und anderen Organisationen und Presseorganen bestätigt. Angesichts der desaströsen Umstände in Afghanistan solle kein Mensch dorthin abgeschoben werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG und damit einen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes verneint (UA S. 8 ff.). Ob ein landesweiter bewaffneter Konflikt vorliege, könne dahinstehen, weil der Kläger jedenfalls in Kabul hinreichend geschützt und auch sein wirtschaftliches Existenzminimum gewährleistet sei. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG lägen nicht vor.

Das entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieser geht weiterhin davon aus, dass für die in der Zentralregion gelegene Stadt Kabul (und auch für ganz Afghanistan) die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht vorliegen und dass auch die Lage in Afghanistan nicht derart ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre (BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris – unter Bezugnahme auf U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris – und Verweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167). Auch in Bezug auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit weiterhin nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris; B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris; U.v. 12.2.2015 a.a.O.; U.v. 30.1.2014 –13a B 13.30279 – juris). Auf ein stützendes Netzwerk kommt es nicht an.

Die klägerischen Ausführungen insbesondere zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Sie berücksichtigen nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, wann eine für die Gewährung subsidiären Schutzes notwendige erhebliche individuelle Gefährdung anzunehmen sein kann (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – BVerwGE 136, 360 = NVwZ 2011, 56). Danach bedarf es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte einer wertenden Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – NVwZ-RR 2014, 487; U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – NVwZ 2012, 454). Ausgehend von mindestens 27 Millionen Einwohnern (vielfach wird eine höhere Bevölkerungszahl angenommen) und von 11.418 Opfern in Afghanistan (nach UNAMA) liegt die Gefahrendichte im Jahr 2016 landesweit erheblich unter 0,12% oder 1:800. Selbst dieses Risiko wäre weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt (BVerwG, B.v. 17.11.2011, a.a.O. Rn. 23).

Soweit der UNHCR im Dezember 2016 („Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern Dezember 2016“ unter Bezugnahme auf die UNHCR-Richtlinien vom 19.4.2016) und in weiteren Publikationen auf die Verschlechterung der Sicherheitslage hinweist, folgt nichts anderes. Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass dort Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016, S. 10).

Aus den sonstigen Ausführungen und Hinweisen auf Presseartikel im Zulassungsantrag ergeben sich ebenfalls keine anderen Ausgangsdaten, die darauf schließen ließen, dass die vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären. Insbesondere geben auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 10 B 11.13 – juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B.v. 14.10.2015 – 2 BvR 1626/13).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Juni 2017 wird geändert. Die Klage wird, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen.

Der somalische Kläger stammt aus Mogadischu und gehört dem Stamm der Garre, Clan Tuuf, Sub-Clan Ali an. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland stellte er am 17. Juli 2014 in Deutschland einen Asylantrag.

Anlässlich der Vorprüfungsanhörung am 15. September 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab er im Wesentlichen folgendes an: Er habe in Mogadischu mit seiner Frau, einem Sohn, einer Tochter und seinem Bruder gelebt. 2007 sei er auf Empfehlung seines Bruders von seiner Heimatstadt Toro Toro nach Mogadischu gezogen. Dort habe er in einem Videoverleih als Angestellter gearbeitet. Er habe dort Videokassetten an junge Männer weiterverkauft, die Freiheit wollten und Musik hören wollten. Religiöse Fanatiker hätten ihn im Jahr 2008 bei der Scharia-Polizei von Al-Shabaab angezeigt. Darauf hätten Kindersoldaten der Al-Shabaab das Geschäft angegriffen. Bei dem Angriff habe er sich drei Finger gebrochen, ein weiterer Angestellter sei schwer verletzt worden. Den Chef hätten sie umgebracht. Es sei dann nach Saudi-Arabien geflohen, wo er ein Jahr lang gearbeitet habe, sei aber von dort im Dezember 2012 abgeschoben worden.

Während dieser Zeit sei seine Familie von Mogadischu nach Torro Torrow (richtig wohl Toro Toro) geflohen, wo er auch geboren sei. Als er nach Mogadischu zurückgekehrt sei, sei die Situation in Ordnung gewesen, er habe aber niemanden mehr gekannt. In Mogadischu habe er sich für den Geheimdienst beworben, habe jedoch die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Beim Geheimdienst habe er aber gemerkt, dass auch Al-Shabaab Leute beim Geheimdienst seien. Er habe Angst gehabt, dass die Al-Shabaab ihn gesehen hätte. Der Al-Shabaab Anführer, der beim Geheimdienst bei der Regierung arbeite, heiße … … Er sei auch für die Kindersoldaten zuständig. Auch nach Toro habe er nicht zurückkehren können, da auch dort die Milizen präsent seien. Er habe sich dann mehrere Tage in Mogadischu versteckt und sei dann über Äthiopien geflohen. Die Al-Shabaab habe nach seiner Flucht bei seinem Vater nach ihm gefragt.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes ab (Ziffer 1). Der Antrag auf Asylanerkennung wurde abgelehnt (Ziffer 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes lägen nicht vor (Ziffer 4). Der Kläger wurde aufgefordert die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und ihm wurde die Abschiebung nach Somalia angedroht (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die vom Antragsteller vorgetragene Verfolgung wegen seiner Tätigkeit für den Videoverleih könne als nicht mehr relevant angesehen werden, da der Antragsteller nach seiner Rückkehr nach Somalia sich erneut eine Existenz habe aufbauen können. Eine Bedrohung im Zusammenhang mit der Bewerbung beim Geheimdienst sei zu allgemein. Dass dies unbedeutend sei, zeige auch, dass bei seiner Familie lediglich einmal nach ihm gefragt worden sein soll. Der Grad willkürlicher Gewalt reiche nicht aus für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, zumal der Antragsteller auch keine persönlichen Umstände vorgetragen habe, die Gefahr erhöhend berücksichtigt werden könnten. Die derzeitigen humanitären Bedingungen seien nicht so gravierend, dass ein Abschiebungsverbot angenommen werden könnte.

Hiergegen hat der Kläger beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben. Während der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger neue Angaben gemacht: Eines Tages habe die Al-Shabaab sein Heimatdorf erobert und die Leute dazu aufgerufen, Dschihadisten zu werden. Wer nicht mitmache, würde getötet werden. Er habe zunächst ja gesagt und sei dann nach Hause geschickt worden, um seine Sachen zu nehmen, damit er das Training beginnen könne. Als er zu Hause gewesen sei, sei er auf Rat seines Vaters zu seinem Bruder nach Mogadischu geflohen. Dort habe er dann in einem Videoverleih begonnen zu arbeiten. Ein paar Tage später, nachdem er angefangen habe zu arbeiten, seien Männer in das Geschäft gekommen und hätten gesagt, dass das was er arbeite, gegen die islamische Religion verstoße und dass er damit aufhören solle. Sie seien dann erst einmal gegangen. Nach ein paar Tagen seien sie jedoch erneut gekommen und hätten ihn mit dem Tode bedroht. Eines Tages sei dann eine Bombe auf das Geschäft geworfen worden. Hierbei sei er an der linken Hand verletzt worden. Er sei ohnmächtig geworden und jemand hätte ihn in die Wohnung seines Bruders gebracht. Nach diesem Vorfall habe er das Land in Richtung Saudi-Arabien verlassen. Nachdem er von dort abgeschoben worden sei, habe er sich entschlossen, zum Militär zu gehen. Sein Antrag sei allerdings zwei Monate später abgelehnt worden. Hierbei habe er bemerkt, dass einer der Entscheider über seinen Antrag einer der Männer war, der ihn damals im Geschäft bedroht habe. Dieser sei dann hinter ihm her und habe ihm gesagt, dass jetzt, wo er zurückgekommen sei, er die Wahl habe zu Al-Shabaab zu gehen oder getötet zu werden. Daraufhin habe er Angst bekommen. Der Mann habe daraufhin telefonisch Verstärkung angefordert. Es sei daraufhin weggerannt. Der Mann habe dann auf ihn geschossen, habe ihn zum Glück aber nicht getroffen.

Das Verwaltungsgericht hat den Kläger wegen der allgemeinen Lage in Somalia subsidiären Schutz zuerkannt, nachdem er seinen Antrag auf Asylanerkennung und Flüchtlingsschutz zurückgenommen hat.

Der Senat hat die Revision wegen Divergenz zugelassen.

Das Bundesamt beantragte,

unter Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben wurde.

Zur Begründung verwies die Beklagte zunächst auf die Begründung ihres Antrages auf Zulassung der Berufung. Ergänzend führte das Bundesamt aus, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs es bereits fraglich sei, ob in Mogadischu ein bewaffneter Konflikt herrsche. Jedenfalls sei die erforderliche Gefahrendichte zu verneinen. Gefahrerhöhende Faktoren in der Person des Klägers seien nicht erkennbar. Anhaltspunkte für ein nationales Abschiebungshindernis hinsichtlich Mogadischus seien ebenso zu verneinen.

Der Kläger beantragte,

die Berufung wird zurückgewiesen.

Das Bundesamt habe seine Berufung bereits nicht ordnungsgemäß begründet. Es genüge nicht, dass in der Berufungsbegründung lediglich auf die Ausführungen in dem Antrag auf Zulassung der Berufung verwiesen werde. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass die aktuelle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vom 9. Mai 2017 davon ausgehe, dass der Aufenthalt in weiten Teilen Somalias sehr gefährlich sei, unter anderem in der Herkunftsregion des Klägers. Überdies komme dem Kläger auch die Beweiserleichterung des Artikels 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU zugute.

Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden bzw. den Berichterstatter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage, ob dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus nach § 4 AsylG, hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zusteht.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht weder auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich Somalias ein Rechtsanspruch zu. Auch die Abschiebungsandrohung ist deshalb nicht zu beanstanden. Die Festsetzung des Einreiseverbots nach § 11 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung ist rechtmäßig. Schutzwürdige Belange für die Bemessung einer kürzeren Frist hat der Kläger nicht vorgetragen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2016 ist daher, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Aus diesen Gründen war das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weil die Voraussetzungen des § 4 AsylG nicht vorliegen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG gelten als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- bzw. Zentralsomalia mit der Hauptstadt Mogadischu kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al-Shabaab-Miliz. Die Gebiete befinden sich teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al-Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon seit längerer Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al-Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al-Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 – Stand: November 2016, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Somalia – vom 25. April 2016, S. 13 ff. und Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 12. Oktober 2015, S. 32; siehe auch EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 – Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] – Rn. 87 ff.; BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris und U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris = Asylmagazin 2016, 29).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, weil er eine ihm drohende individuelle Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nicht glaubhaft gemacht hat. Sein Vorbringen hinsichtlich der Bedrohung durch die Al-Shabaab ist bei Würdigung der vorgetragenen Gesamtumstände nicht glaubhaft. Der Kläger gründet die vom ihm befürchtete Gefährdung durch die Al-Shabaab auf zwei Ereignisse. Zum einen den Anschlag auf den Videoladen, in dem er gearbeitet hatte, aus dem Jahr 2007. Zum anderen auf den Anschlag auf ihn, der sich im Zusammenhang mit seiner Bewerbung für den somalischen Geheimdienst ereignet haben soll aus dem Jahr 2013. Hier zeigen sich im Vortrag des Klägers Ungereimtheiten. Hinsichtlich des Handgranatenüberfalles auf den Musik- bzw. Videoladen spricht der Kläger bei der Vorprüfungsanhörung beim Bundesamt von einem Überfall durch Kindersoldaten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat will der Kläger dagegen keinen Angreifer erkannt haben. Trotzdem behauptet er, dass er bei dem Anschlag auf ihn nach seiner Bewerbung beim Geheimdienst einen der Männer wiedererkannt haben will, welche den Anschlag auf den Videoverleih verübt hätten. Auch kann das Gericht im nicht glauben, dass er sich beim Geheimdienst in Somalia beworben hat. Seine Angaben hierzu sind widersprüchlich. Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger noch angegeben, dass einer der Entscheider für seinen Antrag beim Geheimdienst einer der Männer gewesen sei, welche ihn damals im Geschäft bedroht hätten. Dieser sei dann hinter ihm her und habe ihm gesagt, dass jetzt, wo er zurückgekommen sei, er die Wahl habe zur Al-Shabaab zu gehen oder getötet zu werden. Als der Kläger geflohen sei, habe der Mann auf ihn geschossen, ihn aber nicht getroffen. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht sagte der Kläger dagegen aus, dass er beim Verlassen des Gebäudes die Leute getroffen habe, die ihn damals im Jahr 2007 telefonisch bedroht hätten. Einer dieser Männer hätte ihn erkannt und versucht mit einer Pistole auf ihn zu schießen. Die Pistole habe aber eine Ladehemmung gehabt. Bereits diese Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten im Vortrag des Klägers verdeutlichten anschaulich, dass es sich bei dem Vorbringen des Klägers nicht um tatsächlich Erlebtes, sondern um Erfundenes handelt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Bei der für die Beurteilung maßgeblichen Herkunftsregion des Klägers stellt das erkennende Gericht auf Mogadischu ab. Hier hat sich der Kläger seit Verlassen seines Heimatortes Toro Toro im Jahr 2007, mit Ausnahme seines Aufenthaltes in Saudi-Arabien, bis zu seiner Ausreise im Jahr 2013 aufgehalten. Es kann dahinstehen, ob in der Region Mogadischu tatsächlich ein bewaffneter Konflikt im Sinne dieser Vorschrift herrscht, wofür allerdings anhand der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünfte einiges spricht. Jedenfalls ist die erforderliche Gefahrendichte nicht erreicht, um eine hinreichende Gefährdung des Klägers durch Akte willkürlicher Gewalt zu bejahen. Gefahrerhöhende Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen, noch sind sie sonst wie ersichtlich.

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 33; U.v. 17.11.2010 – 10 C 13.10 – juris Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465/07 [Elgafaji] – juris Rn. 35, 39; U.v. 30.1.2014 – C-285/12 [Diakité] – juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 32; U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 19).

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die dort von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen verübt werden, notwendig (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 33; U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 22 f.; U.v. 17.11.2011 – 10 C 11/10 – juris Rn. 20 f. [Risiko von 1:1000]).

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9.08 – juris Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465/07 [Elgafaji]; zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris = Asylmagazin 2016, 29). Im Falle des Klägers ist daher auf Mogadischu als Herkunftsregion abzustellen.

Gemessen an den vorgenannten Kriterien fehlt es jedoch an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (EASO Country of Origin Information Report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen – v.a. auch Binnenvertriebenen (vgl. EASO Country of Origin Information Report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 12.10.2015, S. 23) – ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Im Übrigen ist der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab aus Mogadischu nach den vorliegenden Erkenntnismitteln dauerhaft. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785).

Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen gegenüber jeder Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht gegeben. Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt erscheint anhand exakter Zahlen kaum verlässlich möglich. Die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kann kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Ebenso wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris = Asylmagazin 2016, 29).

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird auf vermutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener geschätzt (EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 16). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED, 4.2.2016)) ergebende Zahl der im Jahr 2015 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 370 Vorfälle mit 411 Toten – jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen – in Beziehung, würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:2433 (0,0411%) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels einer entsprechenden verfügbaren Auflistung nicht möglich erscheint. Die Aufstellung für das erste Quartal des Jahres 2016 (ACLED, 3.5.2016) mit 66 Vorfällen in der Region Banaadir und 80 Toten zeigt im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Quartalen des Jahres 2015 (3/2015 und 4/2015) mit 82 Vorfällen und 79 Toten (4/2015, ACLED 4.2.2016) bzw. 80 Vorfälle und 75 Toten (3/2015, ACLED 4.2.2016) eine leicht rückläufige Tendenz bei der Zahl der Vorfälle bei gleich bleibender bzw. leicht gesteigerter Zahl der Todesopfer, welches ein Indiz für die in anderen Erkenntnismitteln festgestellte Änderung der Strategie der Al-Shabaab darstellt (siehe dazu unten), aber nicht zur Feststellung einer Verdichtung der allgemein bestehenden Gefahrenlage zu einer individuellen Gefahr für jede dort lebende Einzelperson führt. Auch der Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft) Nr. 6.4 geht davon aus, dass die Islamisten ca. 20 Personen pro Monat in Mogadishu töten. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung.

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen (v.a. Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft), Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22 ff. m.w.N.; EASO Security Situation Report, Februar 2016, S. 50 ff.) in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben wäre. Mogadischu bleibt weiterhin unter der Kontrolle von Regierung und AMISOM. Der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab ist dauerhaft. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab wieder die Kontrolle über die Stadt erlangt. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft) Nr. 6.4; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785). Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt, auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können. Die Stadt ist somit generell sicher, auch wenn sie von Al-Shabaab bedroht wird. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der Al-Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde. Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann von Anschlägen betroffen, wenn sie sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ befinden. Jeder Einwohner kann sein persönliches Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der Al-Shabaab erkennbar sind, wie vor allem Hotels, Restaurants, Regierungseinrichtungen und -konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM. Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, wenngleich noch wöchentlich Angriffe stattfinden. Der Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Fällen von Artilleriebeschuss auf die Bezirke Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, Dayniile und das Küstengebiet von Wadajir/Medina. Insgesamt scheint es für Al-Shabaab einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von Al-Shabaab derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten. Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der Al-Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1/2013 – Q1/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen 2/2014 – 3/2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind – vor allem im Jahr 2015 – rückläufig. Im Zeitraum Q1/2013 – Q4/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19). Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3/2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der Al-Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44. Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen sind (vgl. Österreichisches Bundesasylamt a.a.O. S. 30). Auch die neuere Entwicklung in den Jahren 2016 bis August 2017 zeichnet ein ähnliches Bild. Nach dem sich auf ACLED-Zahlen stützenden EASO Somalia Security Situation Report (December 2017 S. 81 ff) kam es in der Region Benaadir zu 939 Vorfällen mit 1244 Todesopfern, wobei sich die Strategie der der Al-Shabaab zugerechneten Anschläge ihrer Art nach insoweit geändert hat, dass weniger einfache Mörserattacken vorgenommen werden und vermehrt direkte Ziele wie Hotels und Märkte mit hohen Opferzahlen attackiert werden. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass Al-Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen. Die Zahl der Angriffe ging insgesamt zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer. Es ist zu erkennen, dass Al-Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass Al-Shabaab in den von AMISOM/SNA kontrollierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden kann, wenngleich die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (vgl. auch die Karte im Lagebericht des Österr. Bundesasylamtes a.a.O., S. 24). Im zweiten Quartal 2017 scheint es bei der Sicherheitslage zu Verbesserungen gekommen zu sein. Der in der mündlichen Verhandlung eingeführte Bericht des United Nations Human Rights Office of the High Commissioner vom 10. Dezember 2017 geht für den Zeitraum von 1. Januar 2016 bis 14. Oktober 2017 für die Region Benaadir/Mogadishu von 2265 Toten und Verletzten bei konfliktbedingten Auseinandersetzungen aus, welches für sich allein keine hinreichende Gefahrendichte im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG belegen kann. Bei wertender Betrachtung ergibt sich somit, dass die Gefahr für jede Einzelperson, in Mogadischu bei einem Anschlag oder Angriff getötet oder verletzt zu werden, in einigen Stadtteilen höher, in anderen niedriger liegt. Anschläge und bewaffnete Auseinandersetzungen haben in bestimmten Bezirken ihren Schwerpunkt. Gleichzeitig sind die Angriffe zielgerichtet auf bestimmte Personen und Objekte bezogen, weshalb unbeteiligte Zivilpersonen eher zufällig und auch von den Akteuren eher ungewollt Opfer werden. Dieses Risiko kann jedoch verringert werden, indem gefährdete Orte und Objekte gemieden werden. Dem höheren Anschlagsrisiko in einzelnen Stadtteilen können Betroffene durch Ausweichen in sicherere Stadtteile entkommen. Die Situation in Mogadischu ist somit nicht derart unsicher, dass jede dort anwesende Person einer erheblichen und individuellen Gefährdung an Leib oder Leben ausgesetzt wäre (im Ergebnis ebenso EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 45).

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG, weil es auch dafür an den Voraussetzungen fehlt. Individuelle Abschiebungshindernisse wurden vom Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Relevant sind daher vorliegend nur solche Abschiebungsverbote, die sich für den Kläger aus einer Verdichtung der aus der ungünstigen Versorgungslage resultierenden allgemeinen Gefahrenlage zu einer extremen Gefahrensituation in seiner Person ergeben könnten.

a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht, noch ist ein solches ersichtlich. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus der nach den eingeführten Erkenntnismitteln unzureichenden Versorgungslage in Somalia. Einschlägig ist hier das Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Art. 3 EMRK. Denn die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann dessen Verantwortlichkeit auch dann begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U.v. 12.1.2016 – Nr. 13442/08 [A.G.R./Niederlande] – NVwZ 2017, 293; U.v. 5.9.2013 – Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] – Rn. 68; U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06 [Saadi/Italien] – NVwZ 2008, 1330 Rn. 125; ebenso BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 m.w.N.). Allerdings folgt aus der EMRK kein Recht auf Verbleib in einem Konventionsstaat, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe der Aufenthaltsbeendigung zwingend entgegenstehen, wobei solche humanitären Gründe auch in einer völlig unzureichenden Versorgungslage begründet sein können (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 ff. unter Verweis auf EGMR, U.v. 28.5.2008 – Nr. 26565/05 [N./Vereinigtes Königreich] – NVwZ 2008, 1334 Rn. 42; U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] – NVwZ 2012, 681; ebenso BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 – juris Rn. 17 f.). In Bezug auf Somalia, insbesondere Mogadischu geht der EGMR jedoch nunmehr in gefestigter Rechtsprechung – und in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (EGMR, U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] a.a.O.) – davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 – Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] – Rn. 85 ff.). Auf Mogadischu ist hier abzustellen, weil dort die Abschiebung endet (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 26), denn die Hauptstadt kann mit Linienflügen direkt angeflogen werden, ohne dass die Gefahr bestünde, dass der Kläger in einem anderen, weniger sicheren Landesteil Somalias landen würde oder diesen durchreisen müsste (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 – Stand: November 2016 – S. 16; EGMR, U.v. 10.9.2015 a.a.O.).

b) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung ist die nach den eingeführten Erkenntnisquellen bestehende unzureichende Versorgungslage in Somalia eine allgemeine Gefahr, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen kann. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43.07 – juris Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 – 1 C 5.01 – BVerwGE 115, 1 m.w.N. = juris). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – BVerwGE 137, 226 = juris).

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nach wie vor nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand: November 2016 – S. 16). Wenngleich die somalische Wirtschaft ständig wächst und eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit ist, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia v. 25.4.2016, S. 82 ff. m.w.N.; EASO Informationsbericht – Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 36 ff.), ist doch in allen Städten Süd- und Zentralsomalias für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, der Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen (Auswärtiges Amt, Lagebericht a.a.O.). Nach einer Zeit der landesweiten Dürre ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zum mittleren bis starken Regenfällen gekommen. In dem Zeitraum Juni bis September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist. Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau. (Länderinformationsblatt der Staaten Dokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12. Januar 2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 3. Mai 2018, Seite 4 und 5).

In Mogadischu stellt sich im Vergleich zu anderen Regionen Somalias die wirtschaftliche Situation günstiger dar, wenngleich zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren sind (vgl. hierzu und zum Folgenden Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia, 25.4.2016, S. 82 ff.; EASO Informationsbericht – Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 15 ff.). Etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu erhalten humanitäre Unterstützung in Form von Nahrungsmittelhilfe und anderen Leistungen von humanitären Organisationen. Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle ist der Kleinhandel, vor allem mit landwirtschaftlichen Produkten. Für Arbeitslose gibt es seitens der Regierung keinerlei Unterstützung. Arbeitslose Jugendliche werden in erster Linie von der Familie in Somalia und von Verwandten im Ausland versorgt. Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung, insbesondere im Baugewerbe, aber auch in zahlreichen anderen Wirtschaftszweigen. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen. Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, deren physische Kraft benötigt wird, vor allem in der kontinuierlich wachsenden Bauwirtschaft und als Hafenarbeiter, in Mogadischu zahlreich verfügbar. Dabei werden jedoch junge Bewerber bevorzugt. Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird. Weil freie Stellen oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne gute Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen, Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitssuchende greifen deshalb auf ihre privaten Netzwerke zurück. Vor allem junge, nicht ausgebildete Männer sind auf die Arbeit als Tagelöhner angewiesen. Der militärische Erfolg gegen Al-Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind. Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen. Außerdem traten neue Investoren aus dem Ausland in den Vordergrund. Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet.

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage bzw. unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein arbeitsfähiger junger Mann. Er hat seit 2007 in Mogadishu zweimal Fuß gefasst. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, warum dem Kläger dies nicht noch einmal gelingen sollte und er so seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 Asylgesetz - AsylG -) nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt.

3

„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2016 - 4 A 2103/15.A -, juris). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9. Oktober 2015 - 8 LA 146/15 -, juris).

4

Hieran gemessen wird die Zulassungsschrift des Klägers den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht.

5

Die Antragsschrift wirft die Fragen auf,

6

„1. ob Rückkehrer ins Herkunftsland Afghanistan wie der Berufungskläger eine reale Chance haben, dort namentlich zum Leben in Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif, eine ausreichende Lebensgrundlage finden,“

7

2. ob nicht für den Berufungskläger, sowie für alle zivile Personen im gesamten Staatsgebiet Afghanistans, ein solches Gewaltniveau herrscht, dass im Sinne der Rechtsprechung des EuGH das Risiko besteht, allein aufgrund seiner Anwesenheit aktuell oder in naher Zukunft einen ernsthaften Schaden hinsichtlich des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden und allein schon deswegen die Voraussetzungen subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 AsylG gegeben sind, wenn dazu zwingend und laufend eine Aktualisierung der Sicherheits- und Gefährdungslage in Afghanistan orientiert am Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts angefertigt [wird]“,

8

3. ob zurückkehrende Asylbewerber wie der Kläger einer besonderen, individuellen und asylrechtsrelevanten Gefährdung unterliegen, weil sie sich für längere Zeit im westlichen Ausland befunden ha[ben] und deshalb seitens extremistischer Kreise als Verräter oder Handlanger des Westens angesehen w[erden], und auch dazu laufend eine nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 27.03.2017 zwingend notwendige Aktualisierung der Sicherheits- und Gefahrenlage in Afghanistan orientiert am Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes anzufertigen ist.“

9

Der Kläger hält diese Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig und begründet dies damit, dass sie in der Rechtsprechung - ohne diese ausdrücklich zu bezeichnen - unterschiedlich behandelt bzw. nicht berücksichtigt würden und eine einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung nicht bekannt bzw. auf die aktuelle Situation nicht anwendbar sei, weil diese bereits veraltet sei und die aktuelle Situation nicht wiedergebe (so etwa: VGH Hessen, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 A 119/12 A. -; Beschluss vom 25. Januar 2017 - 13a ZB16.30374 - [vgl. Zulassungsschrift S. 5]). Hiermit wird er dem Darlegungserfordernis nicht gerecht.

10

1. Soweit der Kläger geltend macht, dass die aktuelle Auskunftslage für ganz Afghanistan, speziell auch für die Hauptstadt Kabul mittlerweile im Widerspruch zur obergerichtlichen Rechtsprechung stehe, mit der sich die Obergerichte in ihrer Komplexität noch nicht auseinandergesetzt hätten (vgl. Zulassungsschrift Seite 3), vermag der Senat mit Blick auf die neueren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg dem nicht zu folgen. Denn entgegen der Annahme des Klägers (vgl. Zulassungsschrift S. 22) sind jüngere - die aktuelle Sicherheits- und Versorgungslage wiedergegebene und die Auffassung des Klägers nicht teilende - Berufungsurteile (vgl. zuletzt: VGH BW, Urteile vom 11. April 2018 - A 11 S 924/17 - und - A 11 S 1729/17 -, Urteil vom 24. Januar 2018 - A 11 S 1265/17 -, Urteil vom 17. Januar 2018 - A 11 S 241/17 -; Urteil vom 5. Dezember 2017 - A 11 S 1144/17 -, alle juris) vorhanden, hinsichtlich derer der Kläger die erforderliche Auseinandersetzung bereits vermissen lässt.

11

Es ist auch nicht erkennbar, dass diese obergerichtlichen Entscheidungen - wie der Kläger allgemein behauptet - auf veralteten Erkenntnismittel fußen. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg das Gutachten von Frau Stahlmann für das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 28. März 2018 bei seiner Bewertung der Sicherheits- und Versorgungslage in seinen Entscheidungen aus April 2018 berücksichtigt. Hierbei ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass bei afghanische Flüchtlingen unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der schlechten humanitären Situation mangels Akteurs die Gewährung von subsidiärem Schutz auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ausscheide bzw. die landesweiten Lebensverhältnisse in Afghanistan und gerade der in Kabul trotz Fehlens eines familiären oder sozialen Netzwerkes bei einem nicht unterhaltspflichtigen arbeitsfähigen Mann kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK rechtfertigten und ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht in Kabul (und weiteren - hier nicht streitbefangenen - Provinzen) drohe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) bzw. auch im Hinblick auf die schwierige Sicherheitslage in Kabul kein Verstoß im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 ERMK festzustellen sei.

12

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang der Auffassung ist, dass aus dem Gutachten von Frau Stahlmann, das er in Auszügen zitiert, ein „differenziert-vertieftes, völlig anderes Bild der Situation in Afghanistan hervorgeh[e]“, das den Schluss zulasse, dass sich die Verhältnisse in Afghanistan eher verschlimmert bzw. schon immer die Qualität eines Bürgerkrieges hätten, übersieht er, dass der etwaigen rechtlichen Würdigung der Gutachterin keine Indizwirkung zukommt, sondern diese den Gerichten vorbehalten ist (vgl. so auch: VGH BW, Urteile vom 11. April 2018, a. a. O.). Abgesehen davon lag das aktuelle Gutachten von Frau Stahlmann der Entscheidungsfindung zugrunde, wie die richterliche Verfügungen an die Beteiligten vom 9. Mai 2018 (vgl. Gerichtsakte Bl. 61 f.), wonach die mit der Ladung versandte Erkenntnismittelliste (Stand: 14. März 2018) um das Gutachten vom 28. Marz 2018 ergänzt wurde, und die Sitzungsniederschrift vom 28. Mai 2018 offenbaren. Dass das Gutachten in der Entscheidung nicht ausdrücklich bezeichnet wird, steht dem nicht entgegen.

13

Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Auslegung des subsidiären Schutzes nach der Qualifikationsrichtlinie (vom 17. Februar 2009 - Rs C-465/07 -) einwendet, mit den „häufigen und unberechenbaren, immer wieder unvorhersehbar auftretenden Todesgefahren in ganz Afghanistan [sei] eine Situation erreicht, wonach willkürliche Gewalt jenseits von Statistiken über Todesfälle und regionale Überlegungen vorlieg[e]“, verkennt er, dass maßgebender Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG die Herkunftsregion des Betroffenen - hier: Provinz Balkh - ist, in die er typischer Weise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris). Das Gleiche gilt, soweit er geltend macht, dass die allgemeine Gefährdungslage in der Zentralregion, in Kandahar oder Kabul habe eine so starke Intensität erreicht habe. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen (vgl. Urteilsabdruck S. 8 [3. Absatz]).

14

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger in seiner Herkunftsregion durch seinen Onkel bedroht worden sein soll. Denn das Verwaltungsgericht hat die insoweitige Versagung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 AsylG selbstständig tragend darauf gestützt, dass der Kläger nicht um den möglichen staatlichen Schutz vor der Bedrohung durch seinen Onkel - als nichtstaatlichen Akteur im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG - nachgesucht habe (vgl. Urteilsabdruck S. 7 [4. Absatz]). Hiermit hat sich der Kläger nicht zulassungsbegründend auseinandergesetzt. Er beschränkt sich darauf, dass ihm nach den persönlichen Umständen eine Rückkehr nicht möglich sei, ohne sich mit der Begründung des Verwaltungsgerichtes auseinanderzusetzen. Ist aber ein Urteil - wie hier - in je selbstständig tragender Weise mehrfach begründet worden, so muss im Hinblick auf jeden Begründungsteil ein Zulassungsgrund dargelegt und gegeben sein (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Dezember 1994 - 11 B 182.94 -, und vom 10. Mai 1990 - 5 B 31.90 -; OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2002 - 19 A 1609/00.A -, alle juris).

15

Der Kläger zeigt auch nicht auf, dass die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Auskunftslage zur Provinz Balkh unrichtig ist, mithin die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG gerechtfertigt sein könnte.

16

Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Tatsachenfrage setzt eine intensive, fallbezogene Auseinandersetzung mit den von dem Verwaltungsgericht herangezogenen und bewerteten Erkenntnismitteln voraus. Es ist Aufgabe des Antragstellers, durch die Benennung bestimmter begründeter Informationen, Auskünfte, Presseberichte oder sonstiger Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern seine gegenteiligen Bewertungen in der Antragsschrift zutreffend sind, sodass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Dies kann durch eine eigenständige Bewertung der bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel geschehen oder auch durch Berufung auf weitere, neue oder von dem Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Erkenntnismittel. Dabei gilt allgemein, dass die Anforderungen an die Darlegung nicht überspannt werden dürfen, sondern sich nach der Begründungstiefe der angefochtenen Entscheidung zu richten haben (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 29. März 2017 - 3 L 249/16 -, juris [m. w. N.]).

17

Zwar behauptet der Kläger, dass entgegen der verwaltungsgerichtlichen Feststellung in der Region Balkh eine erhöhte Gefährdung aufgetreten sei und beruft sich hierbei auf einen Bericht von ACCORD vom 25. Juni 2018 (www.ecoi.net), wonach in der Provinz Balkh 13 Vorfälle mit 94 Toten erfasst worden seien. Dieses in Bezug genommene Erkenntnismittel steht jedoch nicht im Widerspruch zu der Feststellung des Gerichtes, wonach in der Provinz Balkh im Jahr 2017 insgesamt 129 Zivilpersonen getötet oder verletzt worden sind (vgl. UNAMA, Annual Report 2017). Denn die vom Kläger zitierten Zahlen sind dem von ACCORD zusammengestellten Bericht „Afghanistan, First Quarter 2018: Update on incidents according to the Armed Conflict Location & Event Data Projekt“ vom 25. Juni 2018 zu entnehmen und unterscheiden nicht zwischen zivilen und nichtzivilen Verlusten im ersten Quartal 2018. Zudem kann einem weiteren Bericht von ACCORD gleichen Datums („Brief compilation on the security situation in Afghanistan an security-related events in Kabul [covering January 2017 to May 2018]“) entnommen werden, dass die von UNAMA in ihrem Quartalsbericht vom April 2018 dokumentierte Anzahl aller zivilen Opfer in Afghanistan (763 Tote und 1.495 Verletzte, Januar bis März 2018) im selben Quartal der Jahre 2016 und 2017 vergleichbar groß gewesen sei, wobei Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryar und Kandahar vom Konflikt am stärksten betroffen gewesen sein sollen. Die Provinz Balkh wird in diesem Bericht nicht explizit erwähnt. Auch aus dem Bericht von EASO vom 1. Mai 2018 (vgl. Report Afghanistan: Security Situation - update -) ergeben sich keine anderen Erkenntnisse, die für das erste Quartal 2018 bzw. das Jahr 2017 den Schluss zuließen, dass sich in der Provinz Balkh die Gefährdungslage gegenüber den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes verschlechtert hätte. Dementsprechend ist die Bewertung des Verwaltungsgerichtes nicht zu bestanden, dass bei einer Bevölkerungszahl von schätzungsweise 1,38 Mio. Menschen die Wahrscheinlichkeit, im Jahr 2017 Opfer eines Anschlages in der Provinz Balkh zu werden, bei 0,009% und damit weit unterhalb der vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, juris) als beachtlich angenommenen Schwelle liegt.

18

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, das Zahlenmaterial von UNAMA, das auch vom Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung zugrunde gelegt wurde, sei zwar valide im Sinne methodischer Verlässlichkeit, könne aber nicht den Anspruch erheben, die tatsächliche Anzahl ziviler Opfer zu erfassen (so auch Stahlmann, Gutachten vom 28. März 2018), hat das Verwaltungsgericht diesen Aspekt hinreichend berücksichtigt. Es hat in seine Überlegung eingestellt, dass in den Statistiken von UNAMA alle Vorfällen unberücksichtigt blieben, die nicht von drei unabhängigen, überprüfbaren Quellen bestätigt worden seien und daher eine Untererfassung als zwingend angesehen. Das Verwaltungsgericht ist ausgehend vom rechnerisch ermittelten Risiko in der Provinz Balkh von 0,009% sodann zu dem - zutreffenden - Ergebnis gelangt, dass auch bei einer tatsächlich wesentlich höheren Opferzahl als 129 Zivilisten eine tatsächliche Gefahr mit Blick auf die vom Bundesverwaltungsgericht bezeichneten Schwellenwerte bei Weitem zu verneinen sei (vgl. so auch zu anderen afghanischen Provinzen [Kandahar und Kabul): VGH BW, Urteil vom 11. April 2018 - A 11 S 924/17 -, a. a. O. Rn. 101, 367).

19

Der Kläger dringt auch nicht mit seinen Einwendungen gegen die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßstäbe der Bewertung einer Gefahrenlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG durch.

20

Er beschränkt sich darauf, einen Vergleich zum Gewaltniveau in Deutschland anzustrengen und daraus zu folgern, dass nicht allein eine quantitative Betrachtungsweise von Opferzahlen für die Beurteilung bürgerkriegsähnliche Zustände ausschlaggebend, sondern der Gesamtkonflikt ins Auge zu fassen sei. Insbesondere bedürfe es - seiner Auffassung nach - vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur tagesaktuellen Berücksichtigung von Erkenntnismitteln (Beschluss vom 27. März 2017 - 2 BvR 681/17 -, juris) einer grundsätzlichen Neubewertung des Tatbestandes des innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes.

21

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes kann ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt jedoch nicht allein deshalb bejaht werden, weil ein Zustand permanenter Gefährdungen der Bevölkerung und schwerer Menschenrechtsverletzungen im Rahmen des innerstaatlichen Konflikts festgestellt wird. Vielmehr erfordert die Bestimmung der Gefahrendichte eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau), wobei zudem eine wertende Gesamtbetrachtung zu erfolgen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 und 10 C 11.10 - sowie vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, alle juris). Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteile vom 17. November 2011, a. a. O.) hatte bezogen auf die Zahl der Opfer von willkürlicher Gewalt eines Jahres das Risiko, von 1:800 (0,125 %) bzw. 1:1.000 (0,1 %) verletzt oder getötet zu werden, als weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt angesehen.

22

Die Zulassungsschrift setzt sich nicht differenziert mit diesen bundesverwaltungsgerichtlichen Vorgaben auseinander. Zwar ergänzt der Kläger seine unter Ziffer 2. gestellte Frage dahingehend, „ob es unabhängig von bzw. ergänzend zu den zu entscheidenden Einzelfällen und theoretischer Statistiken der UNAMA, die nicht verlässlich genug sind, zu einer grundsätzlichen und momentan tagesaktuellen Beurteilung der Sicherheitslage von allgemeiner, übergreifender Bedeutung dahingehend kommen muss, dass es in Afghanistan einfach nicht mehr kalkulierbar ist, ob man Opfer eines willkürlichen Attentates allein durch die Anwesenheit vor Ort wird“ (vgl. Zulassungsantrag, S. 22). Jedoch wird der Kläger auch insoweit den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht.

23

Zum einen übersieht er, dass das Bundesverwaltungsgericht neben der quantitativen Ermittlung auch eine wertende Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung verlangt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 11.10 -, Rn. 21, juris). Hiermit setzt sich der Kläger bezogen auf die Provinz Balkh ebenso wenig auseinander, wie mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichtes zu etwaigen gefahrerhöhenden Umständen auf Seiten des Klägers (vgl. Urteilsabdruck S. 9 [2. Absatz]).

24

Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht - entgegen der bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben (Beschluss vom 27. März 2017 - 2 BvR 681/17 -) - die neuesten Entwicklungen der Sicherheitslage bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hätte. Richtig ist, dass sich Behörden und Gerichte bei der Beantwortung der Frage, ob ein Antragsteller in ein Land abgeschoben werden darf, in dem wegen einer stetigen Verschlechterung der Sicherheitslage die Gefahr besteht, dass die Schwelle des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG oder des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG überschritten sein könnte, laufend über die tatsächlichen Entwicklungen unterrichten und nur auf Grundlage aktueller Erkenntnisse entscheiden dürfen. Bloße Verweisungen auf - auch nur Monate zurückliegende - frühere Entscheidungen oder Quellen werden vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 1 GG dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten dann nicht gerecht, wenn diese sich auf neuere relevante Dokumente berufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. März 2017 - 2 BvR 681/17 -, juris Rn. 11).

25

Solche neueren relevanten Dokumente, die eine andere Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Kläger zeichnen, als vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt, zeigt der Kläger in Bezug auf die Provinz Balkh nicht auf. Für eine schwellenüberschreitende Verschlechterung der Sicherheitslage der Provinz Balkh ist auch unter Berücksichtigung der vom Kläger herangezogenen neueren - vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigten - Erkenntnismittel (Amnesty Internation, Bericht an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 5. Februar 2018, ACCORD-Berichte vom 25. Juni 2018; EASO, Report Afghanistan: Security Situation - update - vom 1. Mai 2018, S. 47 ff.) nichts ersichtlich (siehe auch Darstellung oben). Die im Übrigen vom Kläger bezeichneten und in Auszügen zitierten Publikationen und Presseartikel aus den Jahren 2018 bis 2009 beziehen sich im Wesentlichen auf Afghanistan im Allgemeinen bzw. die Provinz Kabul und enthalten schon keine die momentane Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Klägers konkretisierenden Aussagen. Auch die mit Verweis auf den Afghanistan Weekly Field Report von OCHA vom 26. März bis 1. April 2018 (www.unocha.org) geltend gemachte starke Binnenfluchtbewegung betrifft weder die Heimatprovinz des Klägers, noch sind anhand jüngerer Berichte von OCHA (Zeitraum Juni-Juli 2018) Binnenfluchtbewegungen in der Provinz Balkh erkennbar. Dementsprechend sind Anhaltspunkte dafür, dass sich die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Klägers (Balkh) gegenüber der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Auskunftslage (UNAMA, Annual Report 2017, S. 67; EASO, Afghanistan: Security Situation, Stand: Dezember 2017) mittlerweile derart verändert hätte, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in der Heimatprovinz des Klägers gegeben wäre, weder dargelegt noch ersichtlich. Dies zugrunde gelegt ist für eine weitere Relativierung der quantitativen Betrachtungsweise schon kein Raum.

26

Auch der Verweis des Klägers auf eine neuere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 25. April 2018 - 2 BvR 2425/17 -, juris) führt zu keiner anderen Betrachtung. Gegenstand des stattgebenden Kammerbeschlusses war die rechtschutzgarantieverletzende Abweisung einer Asylklage als offensichtlich unbegründet, wenn das Asylland (Afghanistan) von einer äußerst volatilen und zudem regional sehr unterschiedlichen Sicherheitslage geprägt ist, so dass die Gefahr besteht, dass dort wegen einer stetigen Verschlechterung der Sicherheitslage die Schwelle des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG überschritten ist. Vorliegend steht eine Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 78 Abs. 1 AsylG weder im Raum, noch hat das Verwaltungsgericht unter Berufung auf eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung die Sicherheitslage anhand überholter Erkenntnismitteln geprüft. Dass die Sicherheitslage in Afghanistan unbeständig ist und sich stetig verschlechtert hat, rechtfertigt für sich betrachtet die Zulassung der Berufung nicht, wenn die (tages-)aktuelle Auskunftslage keinen greifbaren Anhalt für eine Überschreitung des vom Bundesverwaltungsgericht bezeichneten Schwellenwertes bietet.

27

2. Nach der unter Ziffer 1. zur ausreichenden Lebensgrundlage aufgeworfene Fragestellung soll die (Neu-)Bewertung der humanitären Lage des Herkunftslandes anhand des Gutachtens von Frau Stahlmann vom 28. März 2018 die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 AsylG und hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtfertigen (vgl. Zulassungsantrag S. 3 und 20). Auch insoweit wird der Kläger dem Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er setzt sich weder mit den Gründen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (vgl. Urteilsabdruck S. 7, 10) und den herangezogenen Erkenntnismitteln (UNHCR, Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 29. Oktober 2016) auseinander, noch zeigt er auf, dass sich das 354-seitige Gutachten zu den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes zur Versorgungslage in Widerspruch setzt. Der Kläger beschränkt sich darauf, hinsichtlich der Sicherheitslage aus dem Gutachten zu zitieren, nimmt jedoch die auch maßgebende Versorgungslage und damit die Frage, ob für zurückkehrende Asylbewerber die Möglichkeit besteht, eine ausreichende Existenzgrundlage zu finden, nicht in den Blick. Der Kläger zeigt zudem nicht auf, dass spezifische individuelle Einschränkungen bei ihm bestehen, die eine andere Sichtweise rechtfertigen (vgl. insbesondere Urteilsabdruck S. 7 [3. Absatz]). Abgesehen davon scheidet unter dem allgemeinen Gesichtspunkt einer schlechten humanitären Situation mangels Akteurs die Gewährung von subsidiärem Schutz auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG von vornherein aus (vgl. zum Ganzen: VGH BW, Urteil vom 11. April 2018 - A 11 S 1729/17 -, a. a. O. Rn. 43). Im Übrigen wird auf die differenzierten und überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg in seinen Urteilen vom 11. April 2018 (vgl. a. a. O.) verwiesen.

28

3. Obgleich der Kläger im Rahmen der von ihm aufgeworfenen Fragen nicht ausdrücklich, aber wohl in der Sache geltend macht, dass die Sicherheitslage Kabuls - als End- und Ankunftsort der Abschiebung - die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK rechtfertige, ist auch nach der neueren - die aktuelle Auskunftslage abbildenden (s. o.) - obergerichtlichen Rechtsprechung ein Verstoß im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG, Art. 3 EMRK nicht festzustellen. Danach entspricht die Gefahrendichte in der Provinz Kabul insbesondere nicht der, wie sie im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zur Gewährung subsidiären Schutzes erforderlich wäre. Denn bei einer auf das Jahr 2017 bezogenen rechnerischen Wahrscheinlichkeit, aufgrund willkürlicher Gewalt getötet oder körperlich verletzt zu werden, von unter 0,07% (Zahlenmaterial UNAMA, Annual Report 2017: 1.831 zivile Opfer [479 Tote, 1352 Verletzte) und einer Einwohnerzahl von 3.000.000 besteht keine tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen Behandlung allein aufgrund des Ausmaßes vorherrschender Gewalt im Falle einer Rückkehr. Hierbei gleicht der Verwaltungsgerichtshof die zu niedrigen Angaben von UNAMA durch eine konservative Annahme von Einwohnern der Provinz Kabul aus (vgl. VGH BW, Urteil vom 11. April 2018 - A 11 S 1729/17 -, a. a. O. Rn. 359-361).

29

Die vom Kläger zur Sicherheitslage in Kabul im Jahr 2017 in Bezug genommenen Erkenntnismittel zeichnen kein abweichendes Bild (Deutschlandfunk, 30. November 2017 „Anschläge, Bomben, Raketenbeschuss: Kabul ist eine Stadt in ständiger Anspannung. Fast täglich gibt es Zwischenfälle. […] Die Stadtbewohner führen ein Leben in Angst“; Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2017, „Explosion im Diplomatenviertel in Kabul - Deutsche Botschaft bei schwerem Anschlag massiv beschädigt: […] mindestens 64 Menschen seien getötet und weitere 320 verletzt worden […] Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach sogar von 80 Toten und 350 Verletzten. […]“; Tagesschau, 31. Mai 2017 „Anschlag in Kabul ist der vorläufige Tiefpunkt“). Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger zur Sicherheitslage Kabuls seit Januar 2018 in Bezug genommenen Erkenntnismittel lässt einen den Schwellenwert übersteigenden Anstieg von Gefahren nicht erkennen. So hat die Tagesschau am 27. Januar 2018 berichtet, dass mindestens 95 Menschen in Kabul ums Leben gekommen seien, als ein Sprengsatz im Stadtzentrum detonierte. Hierbei soll es sich um den bereits dritten großen Anschlag in Kabul gehandelt haben (Tagesschau, 27. Januar 2018). Der neuste Bericht von UNAMA vom 15. Juli 2018 (Afghanistan Protection of Civilians in Armed Conflict Midyear Update - 2018) beschreibt, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 das Leben von Zivilisten in Afghanistan auf demselben Level wie im vorangegangenen Jahr betroffen gewesen sei. In dieser Zeitspanne dokumentierte UNAMA 1.692 tote und 3.430 verletzte Zivilisten (Rückgang um 3% im Vergleich zum Jahr 2017) und damit ein im Vergleich zu ersten Halbjahren der Jahre 2017 und 2016 gleiches Maß an Schadensfällen. Wie in der Vergangenheit sollen am stärksten Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar betroffen gewesen seien. Eine konkrete Aufschlüsselung nach afghanischen Provinzen enthält dieser Halbjahresbericht zwar nicht. Dass die Schadensfälle in der Provinz Kabul über das bisherige Maß hinaus zugenommen hätten, kann jedoch den Ausführungen ebenfalls nicht entnommen werden, zumal der Kläger als Paschtune sunnitischen Glaubens keiner besonders (anschlags-)gefährdeten Gruppe angehört.

30

4. Auch hinsichtlich der unter Ziffer 3. der Zulassungsschrift aufgeworfene Fragestellung wird der Kläger den Anforderungen an die Darlegung nicht gerecht.

31

Die Fragestellung, ob zurückkehrende Asylbewerber - wie der Kläger - einer besonderen individuellen und asylrechtsrelevanten Gefährdung unterliegen, weil sie sich für längere Zeit im westlichen Ausland befunden haben und deshalb seitens extremistischer Kreise als Verräter oder Handlager des Westens angesehen werden, zielt im Wesentlichen darauf ab, ob ihnen durch radikale Kräfte eine gezielte Verfolgung aufgrund ihrer Einreise aus dem Westen droht. Der Kläger trägt unter Berufung auf UNHCR zwar vor, dass in den von Taliban beherrschten Gebieten, Rückkehrer der Scharia-Paralleljustiz ausgesetzt seien, weil sie als „verwestlicht“ wahrgenommen werden würden. Dass Kabul, der Zielort der Abschiebung, bzw. Balkh, die Heimatprovinz des Klägers, von den Taliban beherrscht würden, behauptet der Kläger jedoch schon nicht. Zwar drohen auch bei Überlandreisen Personen, deren Kleidung und Äußeres nicht den Regeln der Taliban entsprechen, Gefahren durch regierungsfeindliche Kräfte. Dass sich dieses Risiko regelmäßig bei Rückkehrern aus dem westlichen Ausland, die Überlandreisen unternehmen, realisiert, zeigt der Kläger jedoch nicht auf. Abgesehen davon kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass jeder „Europa-Rückkehrer“ als „verwestlicht“ wahrgenommen werden wird. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, dass Rückkehrer aus Europa oder aus dem Iran, die in jungen Jahren Afghanistan verlassen haben, mit den kulturellen Gepflogenheiten nicht vertraut seien und sich dadurch stigmatisierten, da sie an ihrer Sprache, ihrer Kleidung und ihrem Verhalten als fremd zu erkennen seien bzw. diese keine Erfahrungen im Umgang mit den alltäglichen Bedrohungen hätten, trifft dies auf den Kläger schon nicht in dieser Gesamtheit zu. Das Verwaltungsgericht hat - ohne dass sich der Kläger dagegen wendet - darauf abgestellt, dass der Kläger mit den Verhältnissen in Afghanistan vertraut sei und bei seinen Befragungen keine Befürchtungen hinsichtlich seiner Existenzsicherung angegeben oder diesbezügliche erhebliche Probleme in Afghanistan vorgetragen habe (vgl. Urteilsabdruck, S. 7 [3. Absatz]). Darüber hinaus hat der Kläger seinen Angaben nach sein Heimatland 2015, im Alter von 20 Jahren verlassen und ausweislich der Ausführungen des Gerichtes, mit seiner früheren selbstständigen Tätigkeit als Verkäufer von Textilien bereits bewiesen, dass er in der Lage sei, sich eine Existenz in Afghanistan aufzubauen. Auch seien Diskriminierungen nicht zu befürchten, weil der Kläger als Paschtune sunnitischer Religion der größten Bevölkerungsgruppe Afghanistans und der verbreitetsten Religion angehöre (vgl. Urteilsabdruck, S. 7 [2. Absatz]). Mit alldem setzt sich der Kläger nicht auseinander.

32

Soweit der Kläger daneben unter Bezugnahme auf das Gutachten von Frau Stahlmann vom 28. März 2018 geltend macht, dass unfreiwillige „Europa-Rückkehrer“ vom Zugang zu sozialen Netzwerken ausgeschlossen seien, weil ihre Vertrauenswürdigkeit regelmäßig durch die Stigmatisierung als Versager, Annahmen der Verwestlichung und des Abfalls vom Glauben sowie Kriminalität als Ursache der Abschiebung in Frage gestellt werde, fehlt es bereits am erforderlichen Zusammenhang mit der aufgeworfenen Fragestellung, die auf eine individuelle und asylrechtsrelevante Gefährdung von aus dem Westen zurückkehrenden Asylbewerbern durch extremistische Kreise abzielt.

33

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.

34

III. Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG, 152 Abs. 1 VwGO).


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Für die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Die Mitglieder und drei Vertreter des für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 zuständigen Spruchkörpers bestimmt das Präsidium jeweils für die Dauer von vier Jahren. Die Mitglieder und ihre Vertreter müssen Richter auf Lebenszeit sein.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Mai 2016, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wurde (Nr. 1), sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurden (Nr. 2), der subsidiäre Schutz nicht zuerkannt wurde (Nr. 3), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), er unter Androhung der Abschiebung nach Georgien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurde, die Bunderepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bescheidbekanntgabe bzw. dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Nr. 5) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde (Nr. 6).

Seine Klage, mit der er beantragt hatte, den Bescheid vom 25. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Asyl zu gewähren und die Flüchtlingseigenschaft zuzubilligen, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 30. Juni 2017 ab, nachdem es bereits mit Beschluss vom 2. Juni 2017 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung abgelehnt hatte.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Kläger macht mit seiner Zulassungsbegründung ausschließlich unter Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017 geltend. Dieser Zulassungsgrund ist aber im Asylrechtsstreit nach der eindeutigen Regelung des § 78 AsylG nicht einschlägig (BayVGH, B.v. 3.7.2017 – 20 ZB 17.30632 – juris Rn. 2; B.v. 29.8.2017 – 11 ZB 17.31081 – juris Rn. 3). Soweit der Kläger im Zulassungsverfahren die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils durch Vorlage einer womöglich nunmehr erst vorliegenden Bescheinigung des Innenministeriums von Georgien vom 29. Mai 2017 zu untermauern sucht, wonach er in Georgien zur Fahndung ausgeschrieben sei, wäre dies ggf. in einem Folgeverfahren (§ 71 AsylG), nicht aber im Berufungszulassungsverfahren geltend zu machen.

Auch die Behauptung, das Urteil sei unrichtig, weil es sich auf einen ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss stütze, der aber fehlerhaft sei, weil der insoweit ausschlaggebende Maßstab „hinreichender Erfolgsaussichten der Klage“ nicht beachtet worden sei, verhilft ihm nicht zur Zulassung der Berufung. Auch mit diesem Einwand sucht der Kläger ausschließlich den im Asylrechtsstreit irrelevanten Zulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen. Zwar kann nach den Umständen des Einzelfalls der Anspruch eines Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO dadurch verletzt werden, dass ihm in rechtswidriger Weise Prozesskostenhilfe vorenthalten wird (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.1999 – 6 B 121.98 – NVwZ-RR 1999, 587 = juris Rn. 5 ff.; B.v. 23.10.2006 – 6 B 29.06 u.a. – Buchholz 448.0 § 34 WPflG Nr. 80 = juris Rn. 5 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 19.10.2006 – 12 ZB 06.1211 – juris Rn. 6 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 12.3.2008 – 13 A 2643/07.A – juris Rn. 22). Erforderlich ist dann aber für die Zulassung der Berufung, dass der Kläger insofern einen Verfahrensverstoß gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit § 138 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO tatsächlich geltend macht und dessen Voraussetzungen fallbezogen substanziiert darlegt (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.7.2017 – 20 ZB 17.30930 – juris Rn. 2). Beides ist vorliegend nicht gegeben. Aus dem Zulassungsbegehren geht schon nicht hervor, dass der Kläger sich in seinem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt fühlt.

Auch soweit der Kläger in der Zulassungsbegründung rügt, das Verwaltungsgericht hätte den Sachverhalt etwa durch ein Auskunftsersuchen an das Auswärtige Amt weiter aufklären müssen, hat er keinen Verfahrensmangel i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG geltend gemacht, zumal ein (behaupteter) Aufklärungsmangel ebenso wie ein Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung keinen der in § 138 VwGO genannten absoluten Revisionsgründe erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2017 – 11 ZB 17.31081 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Da sich der Kläger nicht auf einen Verfahrensmangel i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit § 138 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO beruft und einen solchen auch in der Sache nicht substanziiert darlegt hat, vermag auch sein Hinweis, dass er „aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen von seinen ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten (….) über die (….) mündliche Verhandlung vor dem VG Regensburg nicht vorab in Kenntnis gesetzt“ worden sei und deshalb zu dieser mangels Kenntnis nicht habe erscheinen können, keine Zulassung der Berufung zu begründen. Zudem wurde sein damaliger Bevollmächtigter nach Aktenlage (vgl. Bl. 73, 76 der VG-Akte RO 9 K 16.31075) ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen, was der Kläger im vorliegenden Verfahren auch nicht bestreitet; sein persönliches Erscheinen wurde nicht angeordnet (zum Ganzen im Zusammenhang mit einem Gehörsverstoß vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 108 Rn. 21 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. September 2014 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen.

Der Kläger, nach eigenen Angaben ein am 5. Oktober 1994 in Mogadischu geborener somalischer Staatsangehöriger, reiste am 12. August 2012 in das Bundesgebiet ein und stellte hier am 12. September 2012 einen Asylantrag.

In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 22. Mai 2013 gab der Kläger im Wesentlichen an, er gehöre dem Clan Abgal, Sub-Clan Wacaysleh an. Seine Religion sei der Islam. Seine letzte Anschrift im Herkunftsland sei Mogadischu gewesen, Stadtteil M* … Straße J* … Dort habe er bis zu seiner Ausreise gelebt. In Mogadischu lebten noch seine Mutter und seine Großmutter mütterlicherseits. Er habe keine Geschwister, sein Vater sei im Jahr 2010 verstorben. Er habe in Somalia 8 Jahre lang die Schule besucht und danach an einem Stand auf dem Markt Fleisch verkauft. Er habe keinen Wehrdienst geleistet.

Am 1. November 2011 habe er Mogadischu verlassen und sei 6 Tage lang mit verschiedenen PKWs nach Addis Abeba (Äthiopien) gefahren. Dort habe er sich 9 Monate lang aufgehalten. Während dieser Zeit habe er seine nach religiösem Ritus getraute Ehefrau kennengelernt. Da er nach der Heirat nach Deutschland weitergereist sei, sei seine Frau zu ihrer Schwester nach Nairobi in Kenia gegangen, nach dem Tod der Schwester jedoch in ihre Heimatstadt G* … zurückgekehrt. Dort sei am 18. Mai 2013 auch der gemeinsame Sohn geboren worden, der bei der Ehefrau des Klägers lebe. Von Addis Abeba sei der Kläger direkt nach Frankfurt am Main geflogen. Ein somalischer Mann habe ihn als sein Kind ausgegeben und mitgenommen. Vom Flughafen aus sei er mit dem Zug nach München gefahren. Die Ausreise habe er mit 10 Millionen somalischer Schillinge bezahlt, die als Erlös aus dem Verkauf eines geerbten Grundstücks stammten.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Kläger an, sein Vater sei von einer Al-Shabaab-Miliz umgebracht worden, weil er sich geweigert habe, für sie zu kämpfen. Der Kläger habe dann den Job des Vaters auf dem Markt übernommen. Zu dieser Zeit hätten die Al-Shabaab-Milizen versucht, eine Menge junger Leute zu rekrutieren. Sie seien deshalb auch auf den Kläger zugekommen und hätten ihn gefragt, ob er mit ihnen kämpfen wolle. Weil er sich geweigert habe, seien sie wiederholt gekommen, hätten ihn beschimpft und bedroht. Seine Mutter habe ihm geraten, auf keinen Fall mitzugehen. Letztendlich hätten sie ihn dann mitgenommen und eingesperrt. Nach 3 Tagen habe ihm ein Junge mitgeteilt, dass er zum Tode verurteilt worden sei. Während der Gefangenschaft sei er geschlagen, beschimpft und schikaniert worden. In der Nacht, nachdem er von dem Todesurteil erfahren habe, habe sich eine Möglichkeit geboten, zu fliehen. Er sei über eine Mauer gesprungen. Ein Junge aus seiner Nachbarschaft, der für die Al-Shabaab gearbeitet habe, habe ihm dabei geholfen. Der Junge habe ihn aus dem Zimmer geholt, so als ob er ihn zur Toilette bringen würde. Dann sei er über diese Mauer geflohen. Es habe zwar noch weitere Bewachung in dem Lager gegeben, die Wachleute seien aber in Schichten eingeteilt gewesen und zum Zeitpunkt seiner Flucht habe dieser Junge Schicht gehabt. Das Lager habe sich in einem Stadtteil von Mogadischu, Deyniile, befunden. Auf die Frage, welche Gründe es gebe, jetzt nicht nach Mogadischu zurückzukehren, gab der Kläger an, dass die Al-Shabaab nach wie vor noch Leute umbringe. Wie die Situation in G* … sei, wo seine Frau und sein Sohn lebten, wisse er nicht. Er sei selbst nie dort gewesen. Seine Frau habe er in Äthiopien kennengelernt.

Mit Bescheid vom 25. September 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter (Ziff. 1. des Bescheides) sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 2.) ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 3.) und forderte den Kläger unter Fristsetzung zur Ausreise auf; für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Somalia bzw. in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht (Ziff. 4.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe eine asyl- bzw. flüchtlingsschutzrechtlich relevante Betroffenheit nicht glaubhaft machen können. Sein diesbezügliches Vorbringen sei ungereimt bzw. nicht nachvollziehbar. Auch ergäben sich selbst bei einer Wahrunterstellung des Vorbringens zur angeblichen Zwangsrekrutierung keine relevanten Umstände, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigten. Die Zwangsrekrutierungen erfolgten wahllos und ungeachtet der Identität des Einzelnen. Eine drohende Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Angesichts der im Gebiet der Hauptstadt Mogadischu herrschenden Situation drohten ihm bei Rückkehr keine erheblichen individuellen Gefahren. Die bewaffneten Auseinandersetzungen erreichten nicht mehr allgemein für alle Personen in der Region ein derartiges Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit, dass Angehörige der Zivilbevölkerung in Folge der Gefahrverdichtung einer erheblichen individuellen und willkürlichen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt seien. Den Angaben des Klägers sei auch nicht zu entnehmen, dass für ihn aus individuellen Umständen eine Gefahrenlage bestehe, weil er aufgrund seiner persönlichen Situation spezifisch betroffen sei. Ein individuelles Verfolgungsschicksal habe er nicht glaubhaft machen können. Auch andere Umstände, nach denen sich für ihn die Gefahr verdichten könnte, seien nicht ersichtlich. Für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG fehle es sowohl an einem glaubhaften Vortrag des Klägers als auch an anderweitigen Erkenntnissen.

Gegen diesen ihm am 10. Oktober 2013 zugestellten Bescheid (Bl. 88 der Bundesamtsakte) ließ der Kläger am 22. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage erheben.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gab der Kläger im Wesentlichen an, die Al-Shabaab habe gewollt, dass sein Vater mit ihnen zusammenarbeite, dieser habe sich jedoch geweigert. Eines Abends während des Abendessens seien sie gekommen und hätten seinen Vater erschossen. Der Kläger sei damals noch zur Schule gegangen. Wegen des Todes seines Vaters habe er sich dann aber Arbeit suchen müssen. Es sei dann ein Mann von Al-Shabaab gekommen und habe ihn aufgefordert, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Er habe ihn dann in ein Gefangenenlager der Al-Shabaab mitgenommen. Dort sei er 3 Tage lang festgehalten worden. Er sei dort gemeinsam mit vielen anderen Männern gewesen. Eines Abends habe ein Mann aus der Nachbarschaft Wache gehabt. Er habe den Kläger gerufen und ihm mitgeteilt, dass er zum Tod verurteilt worden sei. Der Mann habe ihm auch gesagt, dass er ihm helfen werde. Eines Nachts sei der Mann zu ihm gekommen und habe ihn aufgefordert, mit ihm zur Toilette zu gehen. An einer Stelle sei die Mauer niedrig gewesen und der Mann habe den Kläger aufgefordert, darüber zu springen. Er sei dann zurück zu seiner Mutter gegangen, die ihm geraten habe, sich zu verstecken. In dem Gefängnis seien sie immer in einem Raum eingesperrt gewesen. Selbst bei den Toilettengängen seien sie bewacht worden. An dem Abend seiner Flucht habe der Mann aus der Nachbarschaft zwar nicht alleine Dienst gehabt, die anderen Wachen hätten jedoch geschlafen.

Den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung zurück.

Mit Urteil vom 15. September 2014 hob das Verwaltungsgericht Regensburg den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2013 in Ziff. 3. und 4. auf und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger subsidiären Schutz zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe kein Anspruch des Klägers auf Anerkennung als Flüchtling, weil die geschilderte Vorverfolgung nicht glaubhaft sei. Der Kläger habe jedoch Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 4 AsylVfG. In Süd- und Zentralsomalia herrsche ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, aufgrund dessen ihm eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt drohe. Zu berücksichtigen sei dabei die sog. Beweiserleichterung, weil es keinerlei Anhaltspunkte gebe, dass der Kläger nicht wie angegeben aus Süd- oder Zentralsomalia komme und seine Heimat aus anderen Gründen als wegen der instabilen Verhältnisse verlassen habe. Entsprechend der Auskunftslage habe es spätestens seit etwa dem Jahr 2007 der Praxis der Beklagten entsprochen, zumindest Abschiebungsschutz wegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts oder drohender Menschenrechtsverletzungen zu gewähren. Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos sei nicht möglich. Bestätigt worden sei diese Entscheidungspraxis durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 28. Juni 2011 (Az. 8319/07, Sufi und Elmi). Eine maßgebliche Änderung der Situation in Süd- und Zentralsomalia liege nicht vor. Es gebe keine belastbaren Zahlen, in welchem Umfang andere Aktivitäten der Al-Shabaab bzw. anderer regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie willkürliche Akte der auf der Seite der Regierung stehenden Einheiten weiterhin Todes- und Verletzungsopfer in der Zivilbevölkerung forderten. Zwar habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einer Entscheidung vom 5. September 2013 (Az. 886/11) entschieden, dass nicht mehr angenommen werden könne, es bestehe für Jedermann in Mogadischu das ernsthafte Risiko einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Schon in einer abweichenden Meinung (dissenting opinion) hierzu sei jedoch ausgeführt worden, dass der Gerichtshof seine eigenen Vorgaben in der Entscheidung vom 28. Juni 2011 nicht ausreichend berücksichtigt habe. Insbesondere beruhe die Einschätzung des Rückgangs ziviler Opfer nicht auf belastbaren Zahlen. Es sei die Zahl der Rückkehrer vor dem Hintergrund der weiterhin extrem hohen Zahl der Vertriebenen überbewertet und die fehlende gesicherte Lebensgrundlage missachtet worden sowie die Unberechenbarkeit der Situation nach 20 Jahren Bürgerkrieg nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die angenommene positive Entwicklung habe sich weder bestätigt noch fortgesetzt. Eine quantitative Ermittlung des bestehenden Verletzungsrisikos sei auch nicht annäherungsweise möglich. Fest stehe, dass Al-Shabaab in einigen Landesteilen weiterhin die Macht habe und in Mogadischu noch präsent sei. Keine sicheren Rückschlüsse ließen die vorliegenden Erkenntnisquellen darauf zu, in welchem Umfang es auch in den „befreiten“ Städten noch zu den von der Mehrheit der männlichen Asylbewerber geschilderten Zwangsrekrutierungen komme. Zusätzlich zu dieser generellen Einschätzung könne sich der Kläger auf gefahrerhöhende persönliche Umstände berufen. Als Rückkehrer nach jahrelanger Abwesenheit sei er auf den Schutz eines Clans besonders angewiesen. Er gehöre zwar nicht zu einer Minderheit, es sei aber fraglich, ob es ihm überhaupt gelingen werde, wieder seine Stammfamilie und über diese die Verbindung zu seinem Clan zu finden. Dazu bestehe das Risiko, dass er schon deshalb als Feind der Al Shabaab und anderer militanter muslimischer Gruppen angesehen werde, weil er sich während der Auseinandersetzungen durch die Ausreise einer Parteinahme entzogen habe und nach der offiziellen Machtübernahme durch die Regierung zurückkomme.

Nach Zulassung der Berufung mit Beschluss des Senats vom 11. Mai 2015 (Az. 20 ZB 14.30469) beantragte die Beklagte unter dem 8. Juni 2015,

unter Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben wurde.

Zur Begründung wurde zunächst auf den Zulassungsantrag Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, tragfähige Gründe für die Zuerkennung des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus seien weiterhin nicht feststellbar. Auch zeige sich weiterhin nichts Durchgreifendes für einen Anspruch auf das nationale ausländerrechtliche Abschiebungsverbot. Es fehle an einer tragfähigen Grundlage für einen Anspruch auf den unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus nach den Anspruchsgrundlagen des § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG. Zwar werde die Sicherheits- und Versorgungslage nach wie vor als fragil beschrieben. Unabhängig davon, ob und in welchen Teilen des Landes gegenwärtig von einem bewaffneten Konflikt auszugehen wäre, erreiche dessen Intensität jedenfalls nicht den erforderlichen besonders hohen Grad, um eine konkrete individuelle Bedrohung jeder Zivilperson bereits infolge des Aufenthalts in Somalia bejahen zu können. Auch für die Zeit der vom Kläger genannten Ausreise aus Somalia beschrieben die Quellen ein insoweit durchaus vergleichbares Bild. Individuelle besondere gefahrerhöhende Umstände seien nicht erkennbar. Insbesondere ließen sich die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erwägungen hierzu nicht als ausreichende Aspekte werten. Denn soweit es die Situation als Rückkehrer und daran vermeintlich anknüpfende Verdächtigungen betreffe, erhöhe dies nicht das Risiko willkürlicher Betroffenheit, sondern könne allein Einfluss auf das Risiko einer gezielten Rechtsgutsverletzung haben. Eine gerichtlich für erforderlich erachtete besondere Angewiesenheit auf den Schutz durch einen Clan möge sich auf die Chancen bei der Wiedereingliederung in die Lebenswirklichkeit Somalias bzw. auf den Grad der zu überwindenden Schwierigkeiten auswirken, um sich das nötige Auskommen zu erwirtschaften. Inwiefern aber Schutz vor willkürlicher Gewalteinwirkung vermittelt werden sollte, bleibe nicht naheliegend. Belastbare Anhaltspunkte für besondere in der Person des Klägers erfüllte Umstände, die ein nationales Abschiebungsverbot begründen sollten, zeigten sich ebenfalls nicht. Soweit es andererseits die Folgen der allgemeinen Verhältnisse anbelange, handele es sich um Gefährdungslagen, die zugleich der dortigen Bevölkerung bzw. einer Bevölkerungsgruppe allgemein drohten. Sie könnten daher nur im Fall einer Schutzlücke die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG rechtfertigen. Auch für eine alsbald nach der Rückkehr drohende Extremgefahr ließen sich aber bislang keine ausreichenden Anhaltspunkte feststellen.

Der Kläger beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wurde auf den bisherigen Vortrag verwiesen und ergänzend ausgeführt, in Somalia herrsche ein Bürgerkrieg, der insbesondere in den Grenzregionen und den Einflusssphären der um die Macht kämpfenden Milizen sowie durch marodierende bewaffnete kriminelle Banden zu permanenten Gefährdungen der dort ansässigen Zivilbevölkerung führe. Diese sei schweren Menschenrechtsverletzungen sowohl durch Kampfhandlungen der streitenden Milizen als auch durch die „Justiz“ der jeweils obsiegenden Partei ausgesetzt. Inländische Fluchtalternativen seien nicht ersichtlich. In Anbetracht der Intensität des bewaffneten Konfliktes bestehe eine konkrete individuelle Bedrohung jeder Zivilperson bereits aufgrund ihres dortigen Aufenthaltes.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift vom 23. März 2017.

Gründe

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nach der unanfechtbar gewordenen Ablehnung der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nur noch die Frage, ob dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus nach § 4 AsylG, hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zusteht.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht weder auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich Somalias ein Rechtsanspruch zu. Auch die Abschiebungsandrohung ist deshalb nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 25. September 2013 ist daher, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Aus diesen Gründen war das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weil die Voraussetzungen des § 4 AsylG nicht vorliegen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG gelten als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

a) Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- bzw. Zentralsomalia mit der Hauptstadt Mogadischu kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al-Shabaab-Miliz. Die Gebiete befinden sich teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al-Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon seit längerer Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al-Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al-Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 - Stand: November 2016, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia - vom 25. April 2016, S. 13 ff. und Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 12. Oktober 2015, S. 32; siehe auch EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 - Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] - Rn. 87 ff.; BayVGH, U.v. 17.3.2016 - 20 B 13.30233 - juris und U.v. 17.3.2016 - 20 B 13.30233 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, weil er eine individuelle Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch die Al-Shabaab nicht glaubhaft gemacht hat. Auch in der informatorischen Anhörung des Klägers durch den Senat in der mündlichen Verhandlung sind die vorhandenen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des vorgetragenen Geschehens nicht entkräftet worden. Der Kläger hat seinen diesbezüglichen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sowohl im Vergleich zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als auch im Vergleich zur Anhörung beim Bundesamt erheblich gesteigert und bestehende Widersprüche nicht aufgelöst. So hat der Kläger erstmals gegenüber dem Senat einen Freund erwähnt, der mit ihm zusammen in dem Gefangenenlager der Al-Shabaab interniert gewesen sei. Auch hat er vorher nicht berichtet, dass dort auch Frauen eingesperrt worden seien. Zudem erscheint der vorgetragene Geschehensablauf nicht glaubhaft. Denn es ist nicht plausibel, dass der Kläger von Al-Shabaab zunächst gefangen genommen und zum Tode verurteilt worden, dann aber mit der Hilfe eines Bewachers geflohen sein soll. Gerade wenn ein solches Gefangenenlager unzureichend gegen Fluchtversuche gesichert worden wäre, wie der Kläger vorgetragen hat, erscheint es umso weniger nachvollziehbar, dass ein zum Tode verurteilter Gefangener nicht strenger bewacht worden sein soll. Diese Unschlüssigkeit hat der Kläger trotz gezielter Nachfrage nicht erklären können. Noch stärker spricht aber gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers, dass er trotz Nachfrage keinen plausiblen Grund dafür genannt hat, dass der Bewacher nach seinem Vortrag ein hohes persönliches Risiko der Bestrafung hätte eingehen sollen, um dem Kläger die Flucht zu ermöglichen. Alleine der Umstand, dass dieser Bewacher ein ehemaliger Nachbar gewesen sein soll, vermag dies nicht überzeugend zu erklären. Anstatt hierfür eine plausible Erklärung zu liefern, hat der Kläger seinen Vortrag weiter gesteigert, indem er erstmals vor dem Senat behauptet hat, dieser Bewacher sei ein Anführer gewesen. Selbst dieser Umstand könnte aber nicht plausibilisieren, dass ein Anführer einen zum Tode verurteilten Gefangenen hätte laufen lassen.

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Es ist bereits fraglich, ob in der für die Beurteilung maßgeblichen Herkunftsregion des Klägers, der Hauptstadt Mogadischu, noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht. Vom Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist auszugehen, wenn die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen, ohne dass dieser Konflikt als bewaffneter Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts eingestuft zu werden braucht und ohne dass die Intensität der bewaffneten Auseinandersetzungen, der Organisationsgrad der vorhandenen bewaffneten Streitkräfte oder die Dauer des Konflikts Gegenstand einer anderen Beurteilung als der des im betreffenden Gebiet herrschenden Grades an Gewalt ist (EuGH, U.v. 30.1.2014 - C-285/12 [Diakité] - NVwZ 2014, 573 = juris, Leitsatz 1 und Rn. 28; BayVGH, U.v. 7.4.2016 - 20 B 14.30101 - juris Rn. 20). Mogadischu gehört zu den von der Herrschaft der Al-Shabaab befreiten Gebieten, die zwar vielleicht noch nicht „befriedet“ sind, jedoch definitiv nicht mehr im Kriegszustand stehen (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia - vom 25. April 2016, S. 22; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris Rn. 35). Es erscheint unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab die Kontrolle über Mogadischu wiedergewinnen könnte (Österreichisches Bundesasylamt a.a.O.). Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass in Mogadischu - wie in anderen „befreiten“ Gebieten - die Al-Shabaab nach wie vor Attentate auf bestimmte Objekte und Personen verübt, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder gar getötet werden, und auch direkte Kampfhandlungen stattfinden (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage v. 12.10.2015, S. 22 ff.; dies., Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22). Die Al-Shaban vollzieht dort nunmehr eine asymmetrische Kriegsführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und überfallartige Angriffe (sog. „hit and run“) umfasst (vgl. OVG Rheinland-Pfalz a.a.O., m.w.N.; Österr. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; dies., Lagekarten zur Sicherheitslage v. 12.10.2015, S. 22 ff.). Der erreichte Zustand wird daher in nahezu allen Berichten als fragil oder unbeständig beschrieben (vgl. z.B. Auswärtiges Amt, Lagebericht Somalia, Stand Oktober 2015, S. 4; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 17; EASO [European Asylum Support Office], Country of Origin Information Report, Somalia - Security Situation, Februar 2016, S. 51 ff.). Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Denn jedenfalls ist der Kläger aufgrund der beschriebenen Konfliktlage als Zivilperson keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt.

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; U.v. 17.11.2010 - 10 C 13.10 - juris Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji] - juris Rn. 35, 39; U.v. 30.1.2014 - C-285/12 [Diakité] - juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 32; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 19).

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die dort von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen verübt werden, notwendig (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 22 f.; U.v. 17.11.2011 - 10 C 11/10 - juris Rn. 20 f. [Risiko von 1:1000]).

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - juris Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji]; zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29). Im Falle des Klägers ist daher auf Mogadischu als Herkunftsregion abzustellen.

d) Gemessen an den vorgenannten Kriterien fehlt es jedoch an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen - v.a. auch Binnenvertriebenen (vgl. EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 12.10.2015, S. 23) - ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Im Übrigen ist der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab aus Mogadischu nach den vorliegenden Erkenntnismitteln dauerhaft. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785). Zwar hat der Kläger vorgetragen, sich vor seiner Ausreise in der Gefangenschaft der Al-Shabaab befunden und sich dieser durch Flucht entzogen zu haben, weshalb er der Al-Shabaab bereits einmal besonders aufgefallen sei (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 7.4.2016 - 20 B 14.30101 - juris Rn. 30; OVG Rheinland-Pfalz U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29). Dieses Vorbringen des Klägers ist jedoch nicht glaubhaft, wie bereits ausgeführt wurde (siehe oben zu b)). Zudem gehört der Kläger nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitsclan, den Hawiye-Abgal, an (vgl. ACCORD, Clans in Somalia, Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel v. 15.5.2009, S. 12, 14; EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 15, 21, 45 ff.). Auch unter diesem Aspekt kann also kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand in der Person des Klägers angenommen werden.

e) Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen gegenüber jeder Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht gegeben. Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kann kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Ebenso wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird auf vermutlich über einer Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener geschätzt (EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 16). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED, 4.2.2016) ergebende Zahl der im Jahr 2015 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 370 Vorfälle mit 411 Toten - jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen - würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:2433 (0,0411%) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels einer entsprechenden verfügbaren Auflistung nicht möglich erscheint. Die Aufstellung für das erste Quartal des Jahres 2016 (ACLED, 3.5.2016) mit 66 Vorfällen in der Region Banaadir und 80 Toten zeigt im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Quartalen des Jahres 2015 (3/2015 und 4/2015) mit 82 Vorfällen und 79 Toten (4/2015, ACLED 4.2.2016) bzw. 80 Vorfälle und 75 Toten (3/2015, ACLED 4.2.2016) eine leicht rückläufige Tendenz bei der Zahl der Vorfälle bei gleich bleibender bzw. leicht gesteigerter Zahl der Todesopfer, welches ein Indiz für die in anderen Erkenntnismitteln festgestellte Änderung der Strategie der Al-Shabaab darstellt (siehe dazu unten), aber nicht zur Feststellung einer Verdichtung der allgemein bestehenden Gefahrenlage zu einer individuellen Gefahr für jede dort lebende Einzelperson führt.

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen (v.a. Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22 ff. m.w.N.; EASO Security Situation Report, Februar 2016, S. 50 ff.) in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben wäre. Mogadischu bleibt weiterhin unter der Kontrolle von Regierung und AMISOM. Der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab ist dauerhaft. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab wieder die Kontrolle über die Stadt erlangt. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785). Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt, auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können. Die Stadt ist somit generell sicher, auch wenn sie von Al-Shabaab bedroht wird. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der Al-Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde. Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann von Anschlägen betroffen, wenn sie sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ befinden. Jeder Einwohner kann sein persönliches Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der Al-Shabaab erkennbar sind, wie vor allem Hotels, Restaurants, Regierungseinrichtungen und -konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM. Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, wenngleich noch wöchentlich Angriffe stattfinden. Der Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Feuergefechten auf die Bezirke Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, Dayniile und das Küstengebiet von W* …M* … dem Heimatbezirk des Klägers. Insgesamt scheint es für Al-Shabaab einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von Al-Shabaab derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten. Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der Al-Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1/2013 - Q1/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen 2/2014 - 3/2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind - vor allem im Jahr 2015 - rückläufig. Im Zeitraum Q1/2013 - Q4/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19). Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3/2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der Al-Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44. Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen sind. Dies gilt u.a. auch für den Heimatbezirk des Klägers, W* …M* … (vgl. Österreichisches Bundesasylamt a.a.O.). Mithin sind in Mogadischu die Zahlen an terroristischen Aktivitäten und auch die Gesamtzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen innerhalb der vergangenen vier Quartale zurückgegangen. Gleichzeitig bleibt aber die Zahl bewaffneter Auseinandersetzungen mit Al-Shabaab konstant hoch. Während terroristische Aktivitäten relativ flächendeckend über das Stadtgebiet verstreut vorkommen, konzentrieren sich bewaffnete Zusammenstöße in einer kleinen, übersichtlichen Anzahl an Bezirken. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass Al-Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen. Die Zahl der Angriffe ging insgesamt zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer. Es ist zu erkennen, dass Al-Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass Al-Shabaab in den von AMISOM/SNA kontrollierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden kann, wenngleich die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (vgl. auch die Karte im Lagebericht des Österr. Bundesasylamtes a.a.O., S. 24). Bei wertender Betrachtung ergibt sich somit, dass die Gefahr für jede Einzelperson, in Mogadischu bei einem Anschlag oder Angriff getötet oder verletzt zu werden, in einigen Stadtteilen höher, in anderen niedriger liegt. Anschläge und bewaffnete Auseinandersetzungen haben in bestimmten Bezirken ihren Schwerpunkt. Gleichzeitig sind die Angriffe zielgerichtet auf bestimmte Personen und Objekte bezogen, weshalb unbeteiligte Zivilpersonen eher zufällig und auch von den Akteuren eher ungewollt Opfer werden. Dieses Risiko kann jedoch verringert werden, indem gefährdete Orte und Objekte gemieden werden. Dem höheren Anschlagsrisiko in einzelnen Stadtteilen können Betroffene durch Ausweichen in sicherere Stadtteile entkommen. Die Situation in Mogadischu ist somit nicht derart unsicher, dass jede dort anwesende Person einer erheblichen und individuellen Gefährdung an Leib oder Leben ausgesetzt wäre (im Ergebnis ebenso EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris Rn. 45).

f) Der Kläger kann sich hier nicht auf einen vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden ernsthaften Schaden berufen, da sein diesbezüglicher Vortrag, wie bereits ausgeführt, nicht glaubwürdig ist. Ein ernsthafter Schaden könnte ihm bei seiner Ausreise aus Somalia im November 2011 aufgrund der damaligen bewaffneten Auseinandersetzungen zwar unmittelbar gedroht haben, wofür insbesondere die Einschätzung der Lage in Mogadischu im Jahr 2011 durch den EGMR (U.v. 28.6.2011 - Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] - NVwZ 2012, 681) spricht. Ob die Gefährdung der Zivilbevölkerung durch diese Auseinandersetzungen das für die Annahme der Gefahr eines ernsthaften Schadens i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderliche Ausmaß erreicht hat, kann aber letztendlich dahingestellt bleiben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezieht sich die Schadensvermutung des Art. 4 Abs. 4 der sog. Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 - Qualifikationsrichtlinie, QRL - ABl. Nr. L 337 S. 9) zum einen nicht auf das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes oder auf ein hohes Niveau willkürlicher Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung. Zum anderen setzt sie einen inneren Zusammenhang zwischen dem früher unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden voraus (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 31). Letzterer fehlt hier jedenfalls aufgrund der seit 2011 in Mogadischu, wie bereits ausgeführt, erheblich verbesserten Sicherheitslage.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG, weil es auch dafür an den Voraussetzungen fehlt. Individuelle Abschiebungshindernisse wurden vom Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Relevant sind daher vorliegend nur solche Abschiebungsverbote, die sich für den Kläger aus einer Verdichtung der aus der ungünstigen Versorgungslage resultierenden allgemeinen Gefahrenlage zu einer extremen Gefahrensituation in seiner Person ergeben könnten.

a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht, noch ist ein solches ersichtlich. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus der nach den eingeführten Erkenntnismitteln unzureichenden Versorgungslage in Somalia. Einschlägig ist hier das Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Art. 3 EMRK. Denn die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann dessen Verantwortlichkeit auch dann begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U.v. 12.1.2016 - Nr. 13442/08 [A.G.R./Niederlande] - NVwZ 2017, 293; U.v. 5.9.2013 - Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] - Rn. 68; U.v. 28.2.2008 - Nr. 37201/06 [Saadi/Italien] - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125; ebenso BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 23 m.w.N.). Allerdings folgt aus der EMRK kein Recht auf Verbleib in einem Konventionsstaat, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe der Aufenthaltsbeendigung zwingend entgegenstehen, wobei solche humanitären Gründe auch in einer völlig unzureichenden Versorgungslage begründet sein können (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 23 ff. unter Verweis auf EGMR, U.v. 28.5.2008 - Nr. 26565/05 [N./Vereinigtes Königreich] - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42; U.v. 28.6.2011 - Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] - NVwZ 2012, 681; ebenso BayVGH, U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - juris Rn. 17 f.). In Bezug auf Somalia, insbesondere Mogadischu geht der EGMR jedoch nunmehr in gefestigter Rechtsprechung - und in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (EGMR, U.v. 28.6.2011 - Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] a.a.O.) - davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 - Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] - Rn. 85 ff.). Auf Mogadischu ist hier abzustellen, weil dort die Abschiebung endet (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 26), denn die Hauptstadt kann mit Linienflügen direkt angeflogen werden, ohne dass die Gefahr bestünde, dass der Kläger in einem anderen, weniger sicheren Landesteil Somalias landen würde oder diesen durchreisen müsste (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 - Stand: November 2016 - S. 16; EGMR, U.v. 10.9.2015 a.a.O.). Der Senat schließt sich in Anbetracht der im Folgenden (siehe b)) noch näher darzulegenden Erkenntnisse über die Versorgungslage in Mogadischu der Einschätzung des EGMR an.

b) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung ist die nach den eingeführten Erkenntnisquellen bestehende unzureichende Versorgungslage in Somalia eine allgemeine Gefahr, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen kann. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 m.w.N. = juris). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, U.v. 29.9.2011 - 10 C 24.10 - BVerwGE 137, 226 = juris).

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nach wie vor nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand: November 2016 - S. 16). Wenngleich die somalische Wirtschaft ständig wächst und eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit ist, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia v. 25.4.2016, S. 82 ff. m.w.N.; EASO Informationsbericht - Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 36 ff.), ist doch in allen Städten Süd- und Zentralsomalias für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, der Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen (Auswärtiges Amt, Lagebericht a.a.O.). Überdies sind einige Regionen Somalias derzeit von einer Dürrekatastrophe betroffen (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Kurzinformation der Staatendokumentation, Somalia - Dürre hält weiterhin an, 19.1.2017; UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 9.1.2017, S. 12).

In Mogadischu stellt sich jedoch im Vergleich zu anderen Regionen Somalias die wirtschaftliche Situation günstiger dar, wenngleich zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren sind (vgl. hierzu und zum Folgenden Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia, 25.4.2016, S. 82 ff.; EASO Informationsbericht - Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 15 ff.). Etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu erhalten humanitäre Unterstützung in Form von Nahrungsmittelhilfe und anderen Leistungen von humanitären Organisationen. Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle ist der Kleinhandel, vor allem mit landwirtschaftlichen Produkten. Für Arbeitslose gibt es seitens der Regierung keinerlei Unterstützung. Arbeitslose Jugendliche werden in erster Linie von der Familie in Somalia und von Verwandten im Ausland versorgt. Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften, als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung, insbesondere im Baugewerbe, aber auch in zahlreichen anderen Wirtschaftszweigen. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen. Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, deren physische Kraft benötigt wird, vor allem in der kontinuierlich wachsenden Bauwirtschaft und als Hafenarbeiter, in Mogadischu zahlreich verfügbar. Dabei werden jedoch junge Bewerber bevorzugt. Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird. Weil freie Stellen oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne gute Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen, Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitssuchende greifen deshalb auf ihre privaten Netzwerke zurück. Vor allem junge, nicht ausgebildete Männer sind auf die Arbeit als Tagelöhner angewiesen. Der militärische Erfolg gegen Al-Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind. Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen. Außerdem traten neue Investoren aus dem Ausland in den Vordergrund. Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet.

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage bzw. unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger Mann, der einem Mehrheitsclan angehört (Hawiye-Abgal). Seine Mutter lebt noch in Mogadischu. Auch ist nicht ersichtlich, dass die (Groß-)Familie und der Clan des Klägers diesem im Falle seiner Rückkehr keine Unterstützung gewähren können und wollen. Der Kläger hat zwar in der mündlichen Verhandlung auf die Frage nach Unterstützung durch seinen Clan angegeben, man helfe sich in Somalia nicht gegenseitig. Dies erscheint aber vor dem Hintergrund der zitierten Erkenntnisquellen, welche den Clan und die Familie als die zentralen Bezugspunkt der somalischen Gesellschaft nennen, nicht glaubhaft. Von der derzeitigen Dürrekatastrophe in ländlichen Gebieten Somalias ist der Kläger in Mogadischu nicht betroffen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

III. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. Oktober 2016, mit dem ihnen die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wurde (Nr. 1), ihre Anträge auf Asylanerkennung abgelehnt wurden (Nr. 2), der subsidiäre Schutz nicht zuerkannt wurde (Nr. 3), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), sie unter Androhung der Abschiebung nach Georgien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurden, die Bunderepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Nr. 5) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde (Nr. 6).

Ihre Klage, mit der sie in der Sache beantragt haben, den Bescheid vom 18. Oktober 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen die Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) zuzuerkennen, hilfsweise ihnen subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren sowie weiter hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AufenthG festzustellen, wies das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 10. Februar 2017 ab.

Mit ihrem am 22. März 2017 beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung sowie dem Antrag, ihnen Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihnen einen bestimmten Rechtsanwalt beizuordnen, verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Mit Schreiben vom 21. April 2017 übersandte das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof eine Mitteilung der Zentralen Ausländerbehörde der Regierung von Oberfranken vom 20. April 2017. Laut den beigefügten Anlagen haben die Kläger am 11. April 2017 Erklärungen unterschrieben, wonach sie u.a. ihre Asylanträge vom 19. September 2016 sowie bereits eingelegte Rechtsbehelfe zurücknehmen. Ferner wurde für jeden Kläger eine gesonderte Niederschrift angefertigt, die von jedem Kläger - auch vom zwischenzeitlich volljährigen Kläger zu 3 - unterschrieben wurde und die folgenden Inhalt hat:

„Hiermit nehme ich meinen Asylantrag vom 19.09.2016 (…..) und - soweit eingelegt - alle Rechtsbehelfe zurück. Ich erkläre mich mit einer Weiterleitung der vorstehenden Erklärung an das zuständige VG Bayreuth einverstanden.

Des Weiteren erkläre ich, bereits bei Behörden und Verwaltungsgerichten eingelegte Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung meines Asylverfahrens, die auf eine Sicherung des Verbleibs in der Bundesrepublik Deutschland oder einer Einreise hierher gerichtet sind, zurückzunehmen und gegebenenfalls auf meine Rechte aus Aufenthaltsgenehmigungen zu verzichten.“

II.

Die Anträge haben keinen Erfolg.

1. Dem Antrag auf Zulassung der Berufung fehlt bereits das Rechtsschutzbedürfnis, soweit das angegriffene Urteil die Klage in Bezug auf die Ablehnung des Antrags auf Asylanerkennung sowie die Nichtzuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus abgewiesen hat. Zwar haben die Kläger trotz ihrer schriftlichen Erklärungen vom 11. April 2017 weder ihre Klage noch den Antrag auf Zulassung der Berufung wirksam zurückgenommen, vgl. im Folgenden a). Das Rechtsschutzbedürfnis für die Zulassung der Berufung ist aber hinsichtlich eines Teils der Streitgegenstände entfallen, weil der Asylantrag (wirksam) zurückgenommen wurde, vgl. im Folgenden b).

a) Auch wenn die Kläger am 11. April 2017 schriftlich erklärt haben, Rechtsbehelfe auch hinsichtlich ihres abgelehnten Asylantrags zurückzunehmen und diese Erklärung zwischenzeitlich dem Verwaltungsgerichtshof zugegangen ist, liegt keine wirksame Rücknahme der Berufungszulassungsantrags vor, weil den Klägern hinsichtlich ihrer persönlich abgegebenen Erklärung gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof die Postulationsfähigkeit gem. § 67 Abs. 4 VwGO fehlt; ihr Prozessbevollmächtigter kam der Bitte des Gerichts, sich zu den abgegebenen Erklärungen der Kläger zu äußern, nicht nach. Das Rechtsschutzinteresse für den Berufungszulassungsantrag ist auch nicht durch eine Rücknahme der Klage entfallen. Es ist im Einzelnen umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen Kläger in der Rechtsmittelinstanz persönlich, d.h. ohne Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten gem. § 67 Abs. 4 VwGO, eine Klage zurücknehmen können (vgl. Saurenhaus/Buchheister in Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 67 Rn. 13; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Oktober 2016, § 92 Rn. 18; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 67 Rn. 9; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 67 Rn. 31; vgl. auch SächsOVG, B.v. 20.6.2013 - 5 A 360/12 - NVwZ 2013, 902 = juris Rn. 2; B.v. 11.2.2016 - 5 A 608/15 - juris). Der Senat geht vorliegend nicht von einer wirksamen Klagerücknahme aus, weil bereits die Klage vom Bevollmächtigten der Kläger erhoben wurde und die Rücknahme von den Klägern persönlich zu einem Zeitpunkt erklärt wurde, nachdem der prozessbevollmächtigte Anwalt durch einen gem. § 67 Abs. 4 VwGO formal ordnungsgemäßen Antrag das Verfahren in die nächste Instanz gebracht und - als Berufungszulassungsverfahren - beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gemacht hatte.

b) Das Rechtsschutzbedürfnis für den Berufungszulassungsantrag ist aber jedenfalls für einen Teil des Streitgegenstands - nämlich hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Asylanerkennung sowie der Nichtzuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus (Nr. 1 - Nr. 3 des Bescheids vom 18. Oktober 2016) - entfallen, weil die Kläger durch ihre persönlich gegenüber der Regierung von Oberbayern abgegebenen Erklärungen, die über die Weiterleitung durch den Senat an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jedenfalls zwischenzeitlich auch dem richtigen Adressaten zugegangen sind, ihre Asylanträge zurückgenommen haben (vgl. Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 32 Rn. 5; Funke-Kaiser in GK zum AsylG, Stand: April 2017, § 32 Rn. 17). Insofern ist nicht ersichtlich, welches schutzwürdige Interesse sie an einer gerichtlichen Überprüfung der vorgenannten Entscheidungsteile des Bescheids vom 18. Oktober 2016 noch haben könnten (bei Rücknahme des Asylantrags im erstinstanzlichen Klageverfahren vgl. VG Göttingen, U.v. 20.9.2004 - 4 A 4121 - juris Rn. 55; juris Rn. 55; VG Oldenburg, U.v. 12.5.2016 - 5 A 4509/15 - juris Rn. 19; VG Augsburg, U.v. 1.3.2016 - Au 6 K 15.30772 - juris Rn. 15 ff.).

Demgegenüber bleibt fraglich, ob hinsichtlich der Feststellungen im streitgegenständlichen Bescheid, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AufenthG (Nr. 4 des Bescheids vom 18. Oktober 2016) vorliegen, sowie hinsichtlich der Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des Bescheids) allein wegen der Rücknahme des Asylantrags das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zulassung der Berufung erlischt. Denn aus § 32 Satz 1 AsylG könnte abzuleiten sein, dass von einer Asylantragsrücknahme auch bereits getroffene Entscheidungen nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AsylG unberührt bleiben (vgl. die Argumentation bei VG Oldenburg, U.v. 12.5.2016 - 5 A 4509/15 - juris Rn. 21 ff.; VG Augsburg, U.v. 1.3.2016 - Au 6 K 15.30772 - juris Rn. 19, 23). Diese Rechtsfragen bedürfen vorliegend keiner abschließenden Klärung. Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob das Rechtsschutzbedürfnis für den Zulassungsantrag im Ganzen deshalb entfallen ist, weil die Kläger womöglich zwischenzeitlich aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist sind und ihr Aufenthaltsort deshalb unbekannt ist (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2005 - 6 ZB 04.30509 - juris Rn. 2). Denn der Antrag auf Zulassung der Berufung ist jedenfalls abzulehnen, weil es an der hinreichend substanziierten Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes fehlt.

2. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist in Bezug auf das von der Asylantragsrücknahme womöglich nicht betroffene hilfsweise Klagebegehren, die Beklagte unter Aufhebung von Nr. 4 bis Nr. 6 des Bescheids vom 18. Oktober 2016 zu verpflichten, zugunsten der Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AufenthG festzustellen, von den Klägern nicht in einer Weise dargetan worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2016 - 15 ZB 16.30425 - juris Rn. 3 m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Kläger nicht gerecht. Die Kläger tragen im Rahmen ihrer Zulassungsbegründung vor, sie seien ossetische Volkszugehörige mit georgischer und südossetischer Staatsangehörigkeit. Sie hätten Angehörige, die Militärs mit hohem Rang gewesen seien und im Augustkrieg 2008 auf südossetischer Seite gegen Georgien gekämpft hätten. Aufgrund ihrer exponierten Bedeutung im Krieg gegen Georgien würden diese Personen als nationale Feinde angesehen. Insbesondere mit Bekanntwerden der Verwandtschaftsbeziehungen der Klägerin zu 2 zu ihren populären Brüdern seien die Anfeindungen der Georgier gegen sie noch gewachsen. Die Klägerin zu 2 habe sich seitdem nur noch selten und allenfalls in Begleitung ihres Sohnes oder ihres Ehemannes auf die Straße getraut. Sie wäre im Falle von Übergriffen völlig ungeschützt gewesen, da die Polizei nicht zu Hilfe gekommen wäre. Folgende nationale Grundhaltung sei die Ursache für die Gefahr, die den Klägern drohe: Der Verlust ehemaliger georgischer Gebiete, insbesondere in Abchasien und Südossetien, werde als nationales Trauma empfunden. Für Georgier sei es nicht hinnehmbar, dass diese ganz klar zu Georgien gehörenden Regionen plötzlich abgespaltet würden und zu Russland gehören sollen bzw. in eine Pseudo-Unabhängigkeit von Russlands Gnaden überführt würden. Die Schutzbedürftigkeit des Staates sei in der Konstellation der Kläger als Angehörige von exponierten nationalen Feinden besonders herausgefordert. Die Kläger hätten sich zur Flucht entschieden, weil sie eine Schutzbereitschaft nicht gewährleistet gesehen hätten und die Realisierung der Gefahr von Übergriffen nicht hätten abwarten wollen.

a) Der im Zulassungsantrag aufgeworfenen Frage,

„ob die georgische Polizei keine Gewähr dafür bietet, zurückkehrenden Georgiern ossetischer Volkszugehörigkeit mit Verwandtschaft zu hochrangigen südossetischen Militärs den erforderlichen Schutz vor Übergriffen von Dritten zu bieten“, ist keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen.

Die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage würde voraussetzen, dass eine am Maßstab von § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AsylG relevante Bedrohungslage durch Dritte überhaupt besteht. Das ist bereits auf Basis des eigenen Vortrags der Kläger mehr als fraglich, jedenfalls von den Klägern nicht hinreichend substanziiert dargelegt worden. Das Verwaltungsgericht hat insofern ausgeführt, dass der Vorfall, bei dem der ältere Sohn der Kläger zu 1 und 2 attackiert worden sei, bereits im Jahr 2011 stattgefunden habe, dass die Kläger selbst von diesem nicht betroffen gewesen seien und dass sie für den Zeitraum bis zur Ausreise (September 2016) nur über verbale Anfeindungen, schlechte wirtschaftliche Bedingungen, eine Sachbeschädigung am Auto und Schmierereien an der Wohnungstür berichtet hätten. Hiergegen erheben die Kläger keine konkreten Einwendungen und erfüllen schon deswegen nicht die Begründungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 13.6.2016 - 13a ZB 16.30062 - juris Rn. 5). Es ist daher nicht ersichtlich, dass mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine von Dritten ausgehende Bedrohungslage gegenüber den Klägern i.S. von § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt und die Kläger insofern eines besonderen polizeilichen Schutzes überhaupt bedürften.

Im Übrigen hält das Verwaltungsgericht den Klägern - unabhängig von der jedenfalls teilweise angezweifelten Glaubhaftigkeit ihres Vortrags - entgegen, nicht versucht zu haben, sich zum Schutz vor Übergriffen an staatliche Behörden zu wenden. Das Gericht berücksichtigt dabei, dass georgische Behörden oftmals „sehr zögerlich“ vorgingen, verweist aber darauf, dass für den Fall, dass eine Hinwendung der Kläger an die Polizei nutzlos gewesen wäre, die Beschwerde beim sog. Ombudsmann zur Verfügung stehe, wenn z.B. vermutet werde, dass sich in dem Verhalten einer Behörde eine Diskriminierung aufgrund der Volkszugehörigkeit widerspiegele (Urteil Seite 8, im Zusammenhang mit § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vgl. Urteil Seite 9). Das Gericht nimmt insofern auf Seite 2 des vom Auswärtigen Amt erstellten „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Oktober 2016)“ vom 10. November 2016 Bezug, wonach - auch im Zusammenhang mit vereinzelten gewalttätigen Handlungen gegen Minderheiten - die Behörde des Ombudsmannes „äußerst aktiv“ sei, Einzelfälle aufgreife und Missstände aller Art regelmäßig öffentlich angreife (Urteil Seite 6). Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht auf inländische Fluchtalternativen verwiesen (Urteil Seite 8; zur Bedeutung im Rahmen von § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AsylG vgl. z.B. BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 13a ZB 15.30031 - juris Rn. 9); die Kläger hätten nicht versucht, in einen anderen Landesteil zu ziehen, obwohl ihnen dies möglich gewesen wäre und obwohl sie hierdurch einer Konfrontation mit den Flüchtlingen entgangen wären. Insofern liege keine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehende landesweite Rückkehrgefährdung vor. Mit diesen Erwägungen hat sich die Zulassungsbegründung nicht hinreichend auseinandergesetzt. Soweit aber über die Einschaltung des vom Verwaltungsgericht thematisierten Ombutsmanns ein hinreichendes Schutzniveau gewährleistet wird und keine landesweite Rückkehrgefährdung vorliegt, die Kläger also den befürchteten Übergriffen hierdurch ausweichen können, spielt die als grundsätzlich aufgeworfene Frage, ob aufgrund der von ihnen angegebenen Verwandtschaftsbeziehungen über die georgische Polizei hinreichender Schutz vor Übergriffen von Dritten geboten wird, für Ansprüche auf Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AsylG keine entscheidungserheblich Rolle.

b) Auch die weitere mit der Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage,

„ob es für eine Familie mit südossetischer Herkunft mit Verwandtschaft zu öffentlich exponierten feindlichen Militärs im Falle ihrer Rückkehr nach Georgien möglich ist, Unterkunft und Arbeit zu finden, um sich den Lebensunterhalt zu sichern“,

führt nicht zur Berufungszulassung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Auch insofern ist der Vortrag der Kläger zu unsubstanziiert.

aa) Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die einen Ausländer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann ein Ausländer Abschiebungsschutz nach Maßgabe von § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ganz ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Hierbei gelten im Einzelnen folgende Grundsätze (zusammenfassend vgl. BayVGH, U.v. 23.3.2017 - 20 B 15.30110 - juris Rn. 34 ff.):

Im Falle besonders schlechter humanitärer Verhältnisse ist ausnahmsweise in extremen Ausnahmesituationen von einem Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 auszugehen, wenn im Herkunftsstaat derart schlechte, nicht (überwiegend) auf Handlungen staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure zurückzuführende humanitäre Bedingungen bestehen, die als unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu qualifizieren sind (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 = juris Rn. 34 ff.; BayVGH, B.v. 11.12.2014 - 13a ZB 14.30400 - juris Rn. 7; U.v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris Rn. 12; U.v. 23.3.2017 a.a.O. Rn. 35; VGH BW, U.v. 24.7.2013 - A 11 S 697/13 - juris Rn. 79 ff.).

Gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll ferner von der Abschiebung abgesehen werden, wenn für den Ausländer im Zielstaat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Maßgebend ist insoweit allein das Bestehen einer konkreten, individuellen - zielstaatsbezogenen - Gefahr für die genannten Rechtsgüter, ohne Rücksicht darauf, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Diese Gefahr muss dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, wobei im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der „konkreten“ Gefahr für „diesen“ Ausländer als zusätzliches Erfordernis eine einfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefahrensituation hinzutreten muss, die überdies landesweit droht. Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die einen Ausländer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann ein Ausländer Abschiebungsschutz in verfassungskonformer bzw. entsprechender Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ganz ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG (= § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Eine Abschiebung wäre in diesen Fällen allenfalls auszusetzen, wenn der Ausländer ansonsten gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (also im Falle einer schlechten Lebensmittelversorgung, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde, vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 = juris Rn. 11 ff.; U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 = juris Rn. 13 ff., insbes. Rn. 15; U.v. 29.9.2011 - 10 C 24.10 - NVwZ 2012, 451 = juris Rn. 19 ff.; BayVGH, U.v. 23.3.2017 - 20 B 15.30110 - juris Rn. 36).

bb) Die Kläger, die ihren Vortrag nicht auf diese, im Rahmen von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG relevanten Fragen ausgerichtet haben, erfüllen auch insofern nicht die Begründungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Es versteht sich nicht von selbst, dass die Kläger im Falle einer Rückkehr in eine extreme Notlage im vorgenannten Sinn in ganz Georgien fallen werden. In der Begründung des angefochtenen Bescheids vom 18. Oktober 2016, auf den das Verwaltungsgericht verwiesen hat und die damit zum Gegenstand der Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts wurde, heißt es, dass eine allgemeine extreme Gefahrenlage in Georgien nicht vorliege und dass sich eine solche insbesondere nicht aus der allgemeinen wirtschaftlichen Situation im Land ergebe. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sei dort insgesamt gewährleistet, wozu die humanitäre Hilfe der internationalen Geberorganisationen und Geldzahlungen von Verwandten aus dem Ausland beitrügen (vgl. insofern auch den Lagebericht des Auswärtigen Amts für Georgien vom 10. November 2016, Stand Oktober 2016, Seiten 2 f., 12 f.). Damit, dass sie eine extreme Notlage über die vorgenannten Möglichkeiten nicht abwenden könnten, setzen sich die Kläger aber im Zulassungsverfahren nicht auseinander. Im Übrigen haben die Kläger keine konkreten Einwände gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts erhoben, der Kläger zu 1 habe nach seinem eigenen Vortrag bis 2014 Aufträge aus selbständiger Arbeit erhalten, obwohl die Probleme mit den Flüchtlingen bereits im Jahr 2011 begonnen hätten. Da nach dem Vortrag der Kläger offenbar vor 2011 keinerlei Probleme bestanden hatten und der Kläger zu 1 bis 2014 für seinen Kfz-Handel private Aufträge erhalten hatte, wären die behaupteten Probleme, keine Arbeit und keine Unterkunft zu finden, jedenfalls durch Umzug - etwa in einen anderen Landesteil oder in einen anderen Stadtbezirk von Tiflis, wo man sie nicht persönlich kennt und daher von den behaupteten Verwandtschaftsbeziehungen zu den genannten Militärs nichts weiß - zu vermeiden.

3. Der zulässige Antrag, den Klägern Prozesskostenhilfe zu gewähren (§ 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO) und ihnen den von ihnen bevollmächtigen Rechtsanwalt beizuordnen (§ 121 ZPO), ist nicht begründet. Die Absicht der Kläger, die Zulassung der Berufung zu erreichen, hat aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.

5. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Juni 2017 wird geändert. Die Klage wird, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen.

Der somalische Kläger stammt aus Mogadischu und gehört dem Stamm der Garre, Clan Tuuf, Sub-Clan Ali an. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland stellte er am 17. Juli 2014 in Deutschland einen Asylantrag.

Anlässlich der Vorprüfungsanhörung am 15. September 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab er im Wesentlichen folgendes an: Er habe in Mogadischu mit seiner Frau, einem Sohn, einer Tochter und seinem Bruder gelebt. 2007 sei er auf Empfehlung seines Bruders von seiner Heimatstadt Toro Toro nach Mogadischu gezogen. Dort habe er in einem Videoverleih als Angestellter gearbeitet. Er habe dort Videokassetten an junge Männer weiterverkauft, die Freiheit wollten und Musik hören wollten. Religiöse Fanatiker hätten ihn im Jahr 2008 bei der Scharia-Polizei von Al-Shabaab angezeigt. Darauf hätten Kindersoldaten der Al-Shabaab das Geschäft angegriffen. Bei dem Angriff habe er sich drei Finger gebrochen, ein weiterer Angestellter sei schwer verletzt worden. Den Chef hätten sie umgebracht. Es sei dann nach Saudi-Arabien geflohen, wo er ein Jahr lang gearbeitet habe, sei aber von dort im Dezember 2012 abgeschoben worden.

Während dieser Zeit sei seine Familie von Mogadischu nach Torro Torrow (richtig wohl Toro Toro) geflohen, wo er auch geboren sei. Als er nach Mogadischu zurückgekehrt sei, sei die Situation in Ordnung gewesen, er habe aber niemanden mehr gekannt. In Mogadischu habe er sich für den Geheimdienst beworben, habe jedoch die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Beim Geheimdienst habe er aber gemerkt, dass auch Al-Shabaab Leute beim Geheimdienst seien. Er habe Angst gehabt, dass die Al-Shabaab ihn gesehen hätte. Der Al-Shabaab Anführer, der beim Geheimdienst bei der Regierung arbeite, heiße … … Er sei auch für die Kindersoldaten zuständig. Auch nach Toro habe er nicht zurückkehren können, da auch dort die Milizen präsent seien. Er habe sich dann mehrere Tage in Mogadischu versteckt und sei dann über Äthiopien geflohen. Die Al-Shabaab habe nach seiner Flucht bei seinem Vater nach ihm gefragt.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes ab (Ziffer 1). Der Antrag auf Asylanerkennung wurde abgelehnt (Ziffer 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes lägen nicht vor (Ziffer 4). Der Kläger wurde aufgefordert die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und ihm wurde die Abschiebung nach Somalia angedroht (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die vom Antragsteller vorgetragene Verfolgung wegen seiner Tätigkeit für den Videoverleih könne als nicht mehr relevant angesehen werden, da der Antragsteller nach seiner Rückkehr nach Somalia sich erneut eine Existenz habe aufbauen können. Eine Bedrohung im Zusammenhang mit der Bewerbung beim Geheimdienst sei zu allgemein. Dass dies unbedeutend sei, zeige auch, dass bei seiner Familie lediglich einmal nach ihm gefragt worden sein soll. Der Grad willkürlicher Gewalt reiche nicht aus für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, zumal der Antragsteller auch keine persönlichen Umstände vorgetragen habe, die Gefahr erhöhend berücksichtigt werden könnten. Die derzeitigen humanitären Bedingungen seien nicht so gravierend, dass ein Abschiebungsverbot angenommen werden könnte.

Hiergegen hat der Kläger beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben. Während der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger neue Angaben gemacht: Eines Tages habe die Al-Shabaab sein Heimatdorf erobert und die Leute dazu aufgerufen, Dschihadisten zu werden. Wer nicht mitmache, würde getötet werden. Er habe zunächst ja gesagt und sei dann nach Hause geschickt worden, um seine Sachen zu nehmen, damit er das Training beginnen könne. Als er zu Hause gewesen sei, sei er auf Rat seines Vaters zu seinem Bruder nach Mogadischu geflohen. Dort habe er dann in einem Videoverleih begonnen zu arbeiten. Ein paar Tage später, nachdem er angefangen habe zu arbeiten, seien Männer in das Geschäft gekommen und hätten gesagt, dass das was er arbeite, gegen die islamische Religion verstoße und dass er damit aufhören solle. Sie seien dann erst einmal gegangen. Nach ein paar Tagen seien sie jedoch erneut gekommen und hätten ihn mit dem Tode bedroht. Eines Tages sei dann eine Bombe auf das Geschäft geworfen worden. Hierbei sei er an der linken Hand verletzt worden. Er sei ohnmächtig geworden und jemand hätte ihn in die Wohnung seines Bruders gebracht. Nach diesem Vorfall habe er das Land in Richtung Saudi-Arabien verlassen. Nachdem er von dort abgeschoben worden sei, habe er sich entschlossen, zum Militär zu gehen. Sein Antrag sei allerdings zwei Monate später abgelehnt worden. Hierbei habe er bemerkt, dass einer der Entscheider über seinen Antrag einer der Männer war, der ihn damals im Geschäft bedroht habe. Dieser sei dann hinter ihm her und habe ihm gesagt, dass jetzt, wo er zurückgekommen sei, er die Wahl habe zu Al-Shabaab zu gehen oder getötet zu werden. Daraufhin habe er Angst bekommen. Der Mann habe daraufhin telefonisch Verstärkung angefordert. Es sei daraufhin weggerannt. Der Mann habe dann auf ihn geschossen, habe ihn zum Glück aber nicht getroffen.

Das Verwaltungsgericht hat den Kläger wegen der allgemeinen Lage in Somalia subsidiären Schutz zuerkannt, nachdem er seinen Antrag auf Asylanerkennung und Flüchtlingsschutz zurückgenommen hat.

Der Senat hat die Revision wegen Divergenz zugelassen.

Das Bundesamt beantragte,

unter Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben wurde.

Zur Begründung verwies die Beklagte zunächst auf die Begründung ihres Antrages auf Zulassung der Berufung. Ergänzend führte das Bundesamt aus, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs es bereits fraglich sei, ob in Mogadischu ein bewaffneter Konflikt herrsche. Jedenfalls sei die erforderliche Gefahrendichte zu verneinen. Gefahrerhöhende Faktoren in der Person des Klägers seien nicht erkennbar. Anhaltspunkte für ein nationales Abschiebungshindernis hinsichtlich Mogadischus seien ebenso zu verneinen.

Der Kläger beantragte,

die Berufung wird zurückgewiesen.

Das Bundesamt habe seine Berufung bereits nicht ordnungsgemäß begründet. Es genüge nicht, dass in der Berufungsbegründung lediglich auf die Ausführungen in dem Antrag auf Zulassung der Berufung verwiesen werde. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass die aktuelle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vom 9. Mai 2017 davon ausgehe, dass der Aufenthalt in weiten Teilen Somalias sehr gefährlich sei, unter anderem in der Herkunftsregion des Klägers. Überdies komme dem Kläger auch die Beweiserleichterung des Artikels 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU zugute.

Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden bzw. den Berichterstatter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage, ob dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus nach § 4 AsylG, hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zusteht.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht weder auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich Somalias ein Rechtsanspruch zu. Auch die Abschiebungsandrohung ist deshalb nicht zu beanstanden. Die Festsetzung des Einreiseverbots nach § 11 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung ist rechtmäßig. Schutzwürdige Belange für die Bemessung einer kürzeren Frist hat der Kläger nicht vorgetragen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2016 ist daher, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Aus diesen Gründen war das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weil die Voraussetzungen des § 4 AsylG nicht vorliegen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG gelten als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- bzw. Zentralsomalia mit der Hauptstadt Mogadischu kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al-Shabaab-Miliz. Die Gebiete befinden sich teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al-Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon seit längerer Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al-Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al-Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 – Stand: November 2016, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Somalia – vom 25. April 2016, S. 13 ff. und Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 12. Oktober 2015, S. 32; siehe auch EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 – Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] – Rn. 87 ff.; BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris und U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris = Asylmagazin 2016, 29).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, weil er eine ihm drohende individuelle Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nicht glaubhaft gemacht hat. Sein Vorbringen hinsichtlich der Bedrohung durch die Al-Shabaab ist bei Würdigung der vorgetragenen Gesamtumstände nicht glaubhaft. Der Kläger gründet die vom ihm befürchtete Gefährdung durch die Al-Shabaab auf zwei Ereignisse. Zum einen den Anschlag auf den Videoladen, in dem er gearbeitet hatte, aus dem Jahr 2007. Zum anderen auf den Anschlag auf ihn, der sich im Zusammenhang mit seiner Bewerbung für den somalischen Geheimdienst ereignet haben soll aus dem Jahr 2013. Hier zeigen sich im Vortrag des Klägers Ungereimtheiten. Hinsichtlich des Handgranatenüberfalles auf den Musik- bzw. Videoladen spricht der Kläger bei der Vorprüfungsanhörung beim Bundesamt von einem Überfall durch Kindersoldaten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat will der Kläger dagegen keinen Angreifer erkannt haben. Trotzdem behauptet er, dass er bei dem Anschlag auf ihn nach seiner Bewerbung beim Geheimdienst einen der Männer wiedererkannt haben will, welche den Anschlag auf den Videoverleih verübt hätten. Auch kann das Gericht im nicht glauben, dass er sich beim Geheimdienst in Somalia beworben hat. Seine Angaben hierzu sind widersprüchlich. Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger noch angegeben, dass einer der Entscheider für seinen Antrag beim Geheimdienst einer der Männer gewesen sei, welche ihn damals im Geschäft bedroht hätten. Dieser sei dann hinter ihm her und habe ihm gesagt, dass jetzt, wo er zurückgekommen sei, er die Wahl habe zur Al-Shabaab zu gehen oder getötet zu werden. Als der Kläger geflohen sei, habe der Mann auf ihn geschossen, ihn aber nicht getroffen. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht sagte der Kläger dagegen aus, dass er beim Verlassen des Gebäudes die Leute getroffen habe, die ihn damals im Jahr 2007 telefonisch bedroht hätten. Einer dieser Männer hätte ihn erkannt und versucht mit einer Pistole auf ihn zu schießen. Die Pistole habe aber eine Ladehemmung gehabt. Bereits diese Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten im Vortrag des Klägers verdeutlichten anschaulich, dass es sich bei dem Vorbringen des Klägers nicht um tatsächlich Erlebtes, sondern um Erfundenes handelt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Bei der für die Beurteilung maßgeblichen Herkunftsregion des Klägers stellt das erkennende Gericht auf Mogadischu ab. Hier hat sich der Kläger seit Verlassen seines Heimatortes Toro Toro im Jahr 2007, mit Ausnahme seines Aufenthaltes in Saudi-Arabien, bis zu seiner Ausreise im Jahr 2013 aufgehalten. Es kann dahinstehen, ob in der Region Mogadischu tatsächlich ein bewaffneter Konflikt im Sinne dieser Vorschrift herrscht, wofür allerdings anhand der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünfte einiges spricht. Jedenfalls ist die erforderliche Gefahrendichte nicht erreicht, um eine hinreichende Gefährdung des Klägers durch Akte willkürlicher Gewalt zu bejahen. Gefahrerhöhende Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen, noch sind sie sonst wie ersichtlich.

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 33; U.v. 17.11.2010 – 10 C 13.10 – juris Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465/07 [Elgafaji] – juris Rn. 35, 39; U.v. 30.1.2014 – C-285/12 [Diakité] – juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 32; U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 19).

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die dort von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen verübt werden, notwendig (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 33; U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 22 f.; U.v. 17.11.2011 – 10 C 11/10 – juris Rn. 20 f. [Risiko von 1:1000]).

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9.08 – juris Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465/07 [Elgafaji]; zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris = Asylmagazin 2016, 29). Im Falle des Klägers ist daher auf Mogadischu als Herkunftsregion abzustellen.

Gemessen an den vorgenannten Kriterien fehlt es jedoch an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (EASO Country of Origin Information Report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen – v.a. auch Binnenvertriebenen (vgl. EASO Country of Origin Information Report – South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 12.10.2015, S. 23) – ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Im Übrigen ist der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab aus Mogadischu nach den vorliegenden Erkenntnismitteln dauerhaft. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785).

Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen gegenüber jeder Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht gegeben. Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt erscheint anhand exakter Zahlen kaum verlässlich möglich. Die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kann kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Ebenso wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris = Asylmagazin 2016, 29).

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird auf vermutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener geschätzt (EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 16). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED, 4.2.2016)) ergebende Zahl der im Jahr 2015 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 370 Vorfälle mit 411 Toten – jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen – in Beziehung, würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:2433 (0,0411%) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels einer entsprechenden verfügbaren Auflistung nicht möglich erscheint. Die Aufstellung für das erste Quartal des Jahres 2016 (ACLED, 3.5.2016) mit 66 Vorfällen in der Region Banaadir und 80 Toten zeigt im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Quartalen des Jahres 2015 (3/2015 und 4/2015) mit 82 Vorfällen und 79 Toten (4/2015, ACLED 4.2.2016) bzw. 80 Vorfälle und 75 Toten (3/2015, ACLED 4.2.2016) eine leicht rückläufige Tendenz bei der Zahl der Vorfälle bei gleich bleibender bzw. leicht gesteigerter Zahl der Todesopfer, welches ein Indiz für die in anderen Erkenntnismitteln festgestellte Änderung der Strategie der Al-Shabaab darstellt (siehe dazu unten), aber nicht zur Feststellung einer Verdichtung der allgemein bestehenden Gefahrenlage zu einer individuellen Gefahr für jede dort lebende Einzelperson führt. Auch der Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft) Nr. 6.4 geht davon aus, dass die Islamisten ca. 20 Personen pro Monat in Mogadishu töten. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung.

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen (v.a. Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft), Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22 ff. m.w.N.; EASO Security Situation Report, Februar 2016, S. 50 ff.) in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben wäre. Mogadischu bleibt weiterhin unter der Kontrolle von Regierung und AMISOM. Der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab ist dauerhaft. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab wieder die Kontrolle über die Stadt erlangt. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Fact Finding Mission (FFM) Report Somalia vom August 2017 (zusammen mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweizerischen Eidgenossenschaft) Nr. 6.4; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785). Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt, auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können. Die Stadt ist somit generell sicher, auch wenn sie von Al-Shabaab bedroht wird. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der Al-Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde. Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann von Anschlägen betroffen, wenn sie sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ befinden. Jeder Einwohner kann sein persönliches Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der Al-Shabaab erkennbar sind, wie vor allem Hotels, Restaurants, Regierungseinrichtungen und -konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM. Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, wenngleich noch wöchentlich Angriffe stattfinden. Der Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Fällen von Artilleriebeschuss auf die Bezirke Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, Dayniile und das Küstengebiet von Wadajir/Medina. Insgesamt scheint es für Al-Shabaab einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von Al-Shabaab derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten. Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der Al-Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1/2013 – Q1/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen 2/2014 – 3/2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind – vor allem im Jahr 2015 – rückläufig. Im Zeitraum Q1/2013 – Q4/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19). Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3/2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der Al-Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44. Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen sind (vgl. Österreichisches Bundesasylamt a.a.O. S. 30). Auch die neuere Entwicklung in den Jahren 2016 bis August 2017 zeichnet ein ähnliches Bild. Nach dem sich auf ACLED-Zahlen stützenden EASO Somalia Security Situation Report (December 2017 S. 81 ff) kam es in der Region Benaadir zu 939 Vorfällen mit 1244 Todesopfern, wobei sich die Strategie der der Al-Shabaab zugerechneten Anschläge ihrer Art nach insoweit geändert hat, dass weniger einfache Mörserattacken vorgenommen werden und vermehrt direkte Ziele wie Hotels und Märkte mit hohen Opferzahlen attackiert werden. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass Al-Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen. Die Zahl der Angriffe ging insgesamt zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer. Es ist zu erkennen, dass Al-Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass Al-Shabaab in den von AMISOM/SNA kontrollierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden kann, wenngleich die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (vgl. auch die Karte im Lagebericht des Österr. Bundesasylamtes a.a.O., S. 24). Im zweiten Quartal 2017 scheint es bei der Sicherheitslage zu Verbesserungen gekommen zu sein. Der in der mündlichen Verhandlung eingeführte Bericht des United Nations Human Rights Office of the High Commissioner vom 10. Dezember 2017 geht für den Zeitraum von 1. Januar 2016 bis 14. Oktober 2017 für die Region Benaadir/Mogadishu von 2265 Toten und Verletzten bei konfliktbedingten Auseinandersetzungen aus, welches für sich allein keine hinreichende Gefahrendichte im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG belegen kann. Bei wertender Betrachtung ergibt sich somit, dass die Gefahr für jede Einzelperson, in Mogadischu bei einem Anschlag oder Angriff getötet oder verletzt zu werden, in einigen Stadtteilen höher, in anderen niedriger liegt. Anschläge und bewaffnete Auseinandersetzungen haben in bestimmten Bezirken ihren Schwerpunkt. Gleichzeitig sind die Angriffe zielgerichtet auf bestimmte Personen und Objekte bezogen, weshalb unbeteiligte Zivilpersonen eher zufällig und auch von den Akteuren eher ungewollt Opfer werden. Dieses Risiko kann jedoch verringert werden, indem gefährdete Orte und Objekte gemieden werden. Dem höheren Anschlagsrisiko in einzelnen Stadtteilen können Betroffene durch Ausweichen in sicherere Stadtteile entkommen. Die Situation in Mogadischu ist somit nicht derart unsicher, dass jede dort anwesende Person einer erheblichen und individuellen Gefährdung an Leib oder Leben ausgesetzt wäre (im Ergebnis ebenso EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 45).

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG, weil es auch dafür an den Voraussetzungen fehlt. Individuelle Abschiebungshindernisse wurden vom Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Relevant sind daher vorliegend nur solche Abschiebungsverbote, die sich für den Kläger aus einer Verdichtung der aus der ungünstigen Versorgungslage resultierenden allgemeinen Gefahrenlage zu einer extremen Gefahrensituation in seiner Person ergeben könnten.

a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht, noch ist ein solches ersichtlich. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus der nach den eingeführten Erkenntnismitteln unzureichenden Versorgungslage in Somalia. Einschlägig ist hier das Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Art. 3 EMRK. Denn die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann dessen Verantwortlichkeit auch dann begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U.v. 12.1.2016 – Nr. 13442/08 [A.G.R./Niederlande] – NVwZ 2017, 293; U.v. 5.9.2013 – Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] – Rn. 68; U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06 [Saadi/Italien] – NVwZ 2008, 1330 Rn. 125; ebenso BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 m.w.N.). Allerdings folgt aus der EMRK kein Recht auf Verbleib in einem Konventionsstaat, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe der Aufenthaltsbeendigung zwingend entgegenstehen, wobei solche humanitären Gründe auch in einer völlig unzureichenden Versorgungslage begründet sein können (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 ff. unter Verweis auf EGMR, U.v. 28.5.2008 – Nr. 26565/05 [N./Vereinigtes Königreich] – NVwZ 2008, 1334 Rn. 42; U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] – NVwZ 2012, 681; ebenso BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 – juris Rn. 17 f.). In Bezug auf Somalia, insbesondere Mogadischu geht der EGMR jedoch nunmehr in gefestigter Rechtsprechung – und in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (EGMR, U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] a.a.O.) – davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, U.v. 10.9.2015 – Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] – NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 – Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] – Rn. 85 ff.). Auf Mogadischu ist hier abzustellen, weil dort die Abschiebung endet (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 26), denn die Hauptstadt kann mit Linienflügen direkt angeflogen werden, ohne dass die Gefahr bestünde, dass der Kläger in einem anderen, weniger sicheren Landesteil Somalias landen würde oder diesen durchreisen müsste (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 – Stand: November 2016 – S. 16; EGMR, U.v. 10.9.2015 a.a.O.).

b) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung ist die nach den eingeführten Erkenntnisquellen bestehende unzureichende Versorgungslage in Somalia eine allgemeine Gefahr, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen kann. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43.07 – juris Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 – 1 C 5.01 – BVerwGE 115, 1 m.w.N. = juris). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – BVerwGE 137, 226 = juris).

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nach wie vor nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand: November 2016 – S. 16). Wenngleich die somalische Wirtschaft ständig wächst und eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit ist, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia v. 25.4.2016, S. 82 ff. m.w.N.; EASO Informationsbericht – Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 36 ff.), ist doch in allen Städten Süd- und Zentralsomalias für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, der Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen (Auswärtiges Amt, Lagebericht a.a.O.). Nach einer Zeit der landesweiten Dürre ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zum mittleren bis starken Regenfällen gekommen. In dem Zeitraum Juni bis September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist. Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau. (Länderinformationsblatt der Staaten Dokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12. Januar 2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 3. Mai 2018, Seite 4 und 5).

In Mogadischu stellt sich im Vergleich zu anderen Regionen Somalias die wirtschaftliche Situation günstiger dar, wenngleich zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren sind (vgl. hierzu und zum Folgenden Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia, 25.4.2016, S. 82 ff.; EASO Informationsbericht – Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 15 ff.). Etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu erhalten humanitäre Unterstützung in Form von Nahrungsmittelhilfe und anderen Leistungen von humanitären Organisationen. Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle ist der Kleinhandel, vor allem mit landwirtschaftlichen Produkten. Für Arbeitslose gibt es seitens der Regierung keinerlei Unterstützung. Arbeitslose Jugendliche werden in erster Linie von der Familie in Somalia und von Verwandten im Ausland versorgt. Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung, insbesondere im Baugewerbe, aber auch in zahlreichen anderen Wirtschaftszweigen. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen. Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, deren physische Kraft benötigt wird, vor allem in der kontinuierlich wachsenden Bauwirtschaft und als Hafenarbeiter, in Mogadischu zahlreich verfügbar. Dabei werden jedoch junge Bewerber bevorzugt. Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird. Weil freie Stellen oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne gute Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen, Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitssuchende greifen deshalb auf ihre privaten Netzwerke zurück. Vor allem junge, nicht ausgebildete Männer sind auf die Arbeit als Tagelöhner angewiesen. Der militärische Erfolg gegen Al-Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind. Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen. Außerdem traten neue Investoren aus dem Ausland in den Vordergrund. Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet.

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage bzw. unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein arbeitsfähiger junger Mann. Er hat seit 2007 in Mogadishu zweimal Fuß gefasst. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, warum dem Kläger dies nicht noch einmal gelingen sollte und er so seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. September 2014 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen.

Der Kläger, nach eigenen Angaben ein am 5. Oktober 1994 in Mogadischu geborener somalischer Staatsangehöriger, reiste am 12. August 2012 in das Bundesgebiet ein und stellte hier am 12. September 2012 einen Asylantrag.

In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 22. Mai 2013 gab der Kläger im Wesentlichen an, er gehöre dem Clan Abgal, Sub-Clan Wacaysleh an. Seine Religion sei der Islam. Seine letzte Anschrift im Herkunftsland sei Mogadischu gewesen, Stadtteil M* … Straße J* … Dort habe er bis zu seiner Ausreise gelebt. In Mogadischu lebten noch seine Mutter und seine Großmutter mütterlicherseits. Er habe keine Geschwister, sein Vater sei im Jahr 2010 verstorben. Er habe in Somalia 8 Jahre lang die Schule besucht und danach an einem Stand auf dem Markt Fleisch verkauft. Er habe keinen Wehrdienst geleistet.

Am 1. November 2011 habe er Mogadischu verlassen und sei 6 Tage lang mit verschiedenen PKWs nach Addis Abeba (Äthiopien) gefahren. Dort habe er sich 9 Monate lang aufgehalten. Während dieser Zeit habe er seine nach religiösem Ritus getraute Ehefrau kennengelernt. Da er nach der Heirat nach Deutschland weitergereist sei, sei seine Frau zu ihrer Schwester nach Nairobi in Kenia gegangen, nach dem Tod der Schwester jedoch in ihre Heimatstadt G* … zurückgekehrt. Dort sei am 18. Mai 2013 auch der gemeinsame Sohn geboren worden, der bei der Ehefrau des Klägers lebe. Von Addis Abeba sei der Kläger direkt nach Frankfurt am Main geflogen. Ein somalischer Mann habe ihn als sein Kind ausgegeben und mitgenommen. Vom Flughafen aus sei er mit dem Zug nach München gefahren. Die Ausreise habe er mit 10 Millionen somalischer Schillinge bezahlt, die als Erlös aus dem Verkauf eines geerbten Grundstücks stammten.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Kläger an, sein Vater sei von einer Al-Shabaab-Miliz umgebracht worden, weil er sich geweigert habe, für sie zu kämpfen. Der Kläger habe dann den Job des Vaters auf dem Markt übernommen. Zu dieser Zeit hätten die Al-Shabaab-Milizen versucht, eine Menge junger Leute zu rekrutieren. Sie seien deshalb auch auf den Kläger zugekommen und hätten ihn gefragt, ob er mit ihnen kämpfen wolle. Weil er sich geweigert habe, seien sie wiederholt gekommen, hätten ihn beschimpft und bedroht. Seine Mutter habe ihm geraten, auf keinen Fall mitzugehen. Letztendlich hätten sie ihn dann mitgenommen und eingesperrt. Nach 3 Tagen habe ihm ein Junge mitgeteilt, dass er zum Tode verurteilt worden sei. Während der Gefangenschaft sei er geschlagen, beschimpft und schikaniert worden. In der Nacht, nachdem er von dem Todesurteil erfahren habe, habe sich eine Möglichkeit geboten, zu fliehen. Er sei über eine Mauer gesprungen. Ein Junge aus seiner Nachbarschaft, der für die Al-Shabaab gearbeitet habe, habe ihm dabei geholfen. Der Junge habe ihn aus dem Zimmer geholt, so als ob er ihn zur Toilette bringen würde. Dann sei er über diese Mauer geflohen. Es habe zwar noch weitere Bewachung in dem Lager gegeben, die Wachleute seien aber in Schichten eingeteilt gewesen und zum Zeitpunkt seiner Flucht habe dieser Junge Schicht gehabt. Das Lager habe sich in einem Stadtteil von Mogadischu, Deyniile, befunden. Auf die Frage, welche Gründe es gebe, jetzt nicht nach Mogadischu zurückzukehren, gab der Kläger an, dass die Al-Shabaab nach wie vor noch Leute umbringe. Wie die Situation in G* … sei, wo seine Frau und sein Sohn lebten, wisse er nicht. Er sei selbst nie dort gewesen. Seine Frau habe er in Äthiopien kennengelernt.

Mit Bescheid vom 25. September 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter (Ziff. 1. des Bescheides) sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 2.) ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 3.) und forderte den Kläger unter Fristsetzung zur Ausreise auf; für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Somalia bzw. in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht (Ziff. 4.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe eine asyl- bzw. flüchtlingsschutzrechtlich relevante Betroffenheit nicht glaubhaft machen können. Sein diesbezügliches Vorbringen sei ungereimt bzw. nicht nachvollziehbar. Auch ergäben sich selbst bei einer Wahrunterstellung des Vorbringens zur angeblichen Zwangsrekrutierung keine relevanten Umstände, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigten. Die Zwangsrekrutierungen erfolgten wahllos und ungeachtet der Identität des Einzelnen. Eine drohende Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Angesichts der im Gebiet der Hauptstadt Mogadischu herrschenden Situation drohten ihm bei Rückkehr keine erheblichen individuellen Gefahren. Die bewaffneten Auseinandersetzungen erreichten nicht mehr allgemein für alle Personen in der Region ein derartiges Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit, dass Angehörige der Zivilbevölkerung in Folge der Gefahrverdichtung einer erheblichen individuellen und willkürlichen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt seien. Den Angaben des Klägers sei auch nicht zu entnehmen, dass für ihn aus individuellen Umständen eine Gefahrenlage bestehe, weil er aufgrund seiner persönlichen Situation spezifisch betroffen sei. Ein individuelles Verfolgungsschicksal habe er nicht glaubhaft machen können. Auch andere Umstände, nach denen sich für ihn die Gefahr verdichten könnte, seien nicht ersichtlich. Für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG fehle es sowohl an einem glaubhaften Vortrag des Klägers als auch an anderweitigen Erkenntnissen.

Gegen diesen ihm am 10. Oktober 2013 zugestellten Bescheid (Bl. 88 der Bundesamtsakte) ließ der Kläger am 22. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage erheben.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gab der Kläger im Wesentlichen an, die Al-Shabaab habe gewollt, dass sein Vater mit ihnen zusammenarbeite, dieser habe sich jedoch geweigert. Eines Abends während des Abendessens seien sie gekommen und hätten seinen Vater erschossen. Der Kläger sei damals noch zur Schule gegangen. Wegen des Todes seines Vaters habe er sich dann aber Arbeit suchen müssen. Es sei dann ein Mann von Al-Shabaab gekommen und habe ihn aufgefordert, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Er habe ihn dann in ein Gefangenenlager der Al-Shabaab mitgenommen. Dort sei er 3 Tage lang festgehalten worden. Er sei dort gemeinsam mit vielen anderen Männern gewesen. Eines Abends habe ein Mann aus der Nachbarschaft Wache gehabt. Er habe den Kläger gerufen und ihm mitgeteilt, dass er zum Tod verurteilt worden sei. Der Mann habe ihm auch gesagt, dass er ihm helfen werde. Eines Nachts sei der Mann zu ihm gekommen und habe ihn aufgefordert, mit ihm zur Toilette zu gehen. An einer Stelle sei die Mauer niedrig gewesen und der Mann habe den Kläger aufgefordert, darüber zu springen. Er sei dann zurück zu seiner Mutter gegangen, die ihm geraten habe, sich zu verstecken. In dem Gefängnis seien sie immer in einem Raum eingesperrt gewesen. Selbst bei den Toilettengängen seien sie bewacht worden. An dem Abend seiner Flucht habe der Mann aus der Nachbarschaft zwar nicht alleine Dienst gehabt, die anderen Wachen hätten jedoch geschlafen.

Den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung zurück.

Mit Urteil vom 15. September 2014 hob das Verwaltungsgericht Regensburg den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2013 in Ziff. 3. und 4. auf und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger subsidiären Schutz zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe kein Anspruch des Klägers auf Anerkennung als Flüchtling, weil die geschilderte Vorverfolgung nicht glaubhaft sei. Der Kläger habe jedoch Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 4 AsylVfG. In Süd- und Zentralsomalia herrsche ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, aufgrund dessen ihm eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt drohe. Zu berücksichtigen sei dabei die sog. Beweiserleichterung, weil es keinerlei Anhaltspunkte gebe, dass der Kläger nicht wie angegeben aus Süd- oder Zentralsomalia komme und seine Heimat aus anderen Gründen als wegen der instabilen Verhältnisse verlassen habe. Entsprechend der Auskunftslage habe es spätestens seit etwa dem Jahr 2007 der Praxis der Beklagten entsprochen, zumindest Abschiebungsschutz wegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts oder drohender Menschenrechtsverletzungen zu gewähren. Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos sei nicht möglich. Bestätigt worden sei diese Entscheidungspraxis durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 28. Juni 2011 (Az. 8319/07, Sufi und Elmi). Eine maßgebliche Änderung der Situation in Süd- und Zentralsomalia liege nicht vor. Es gebe keine belastbaren Zahlen, in welchem Umfang andere Aktivitäten der Al-Shabaab bzw. anderer regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie willkürliche Akte der auf der Seite der Regierung stehenden Einheiten weiterhin Todes- und Verletzungsopfer in der Zivilbevölkerung forderten. Zwar habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einer Entscheidung vom 5. September 2013 (Az. 886/11) entschieden, dass nicht mehr angenommen werden könne, es bestehe für Jedermann in Mogadischu das ernsthafte Risiko einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Schon in einer abweichenden Meinung (dissenting opinion) hierzu sei jedoch ausgeführt worden, dass der Gerichtshof seine eigenen Vorgaben in der Entscheidung vom 28. Juni 2011 nicht ausreichend berücksichtigt habe. Insbesondere beruhe die Einschätzung des Rückgangs ziviler Opfer nicht auf belastbaren Zahlen. Es sei die Zahl der Rückkehrer vor dem Hintergrund der weiterhin extrem hohen Zahl der Vertriebenen überbewertet und die fehlende gesicherte Lebensgrundlage missachtet worden sowie die Unberechenbarkeit der Situation nach 20 Jahren Bürgerkrieg nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die angenommene positive Entwicklung habe sich weder bestätigt noch fortgesetzt. Eine quantitative Ermittlung des bestehenden Verletzungsrisikos sei auch nicht annäherungsweise möglich. Fest stehe, dass Al-Shabaab in einigen Landesteilen weiterhin die Macht habe und in Mogadischu noch präsent sei. Keine sicheren Rückschlüsse ließen die vorliegenden Erkenntnisquellen darauf zu, in welchem Umfang es auch in den „befreiten“ Städten noch zu den von der Mehrheit der männlichen Asylbewerber geschilderten Zwangsrekrutierungen komme. Zusätzlich zu dieser generellen Einschätzung könne sich der Kläger auf gefahrerhöhende persönliche Umstände berufen. Als Rückkehrer nach jahrelanger Abwesenheit sei er auf den Schutz eines Clans besonders angewiesen. Er gehöre zwar nicht zu einer Minderheit, es sei aber fraglich, ob es ihm überhaupt gelingen werde, wieder seine Stammfamilie und über diese die Verbindung zu seinem Clan zu finden. Dazu bestehe das Risiko, dass er schon deshalb als Feind der Al Shabaab und anderer militanter muslimischer Gruppen angesehen werde, weil er sich während der Auseinandersetzungen durch die Ausreise einer Parteinahme entzogen habe und nach der offiziellen Machtübernahme durch die Regierung zurückkomme.

Nach Zulassung der Berufung mit Beschluss des Senats vom 11. Mai 2015 (Az. 20 ZB 14.30469) beantragte die Beklagte unter dem 8. Juni 2015,

unter Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben wurde.

Zur Begründung wurde zunächst auf den Zulassungsantrag Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, tragfähige Gründe für die Zuerkennung des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus seien weiterhin nicht feststellbar. Auch zeige sich weiterhin nichts Durchgreifendes für einen Anspruch auf das nationale ausländerrechtliche Abschiebungsverbot. Es fehle an einer tragfähigen Grundlage für einen Anspruch auf den unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus nach den Anspruchsgrundlagen des § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG. Zwar werde die Sicherheits- und Versorgungslage nach wie vor als fragil beschrieben. Unabhängig davon, ob und in welchen Teilen des Landes gegenwärtig von einem bewaffneten Konflikt auszugehen wäre, erreiche dessen Intensität jedenfalls nicht den erforderlichen besonders hohen Grad, um eine konkrete individuelle Bedrohung jeder Zivilperson bereits infolge des Aufenthalts in Somalia bejahen zu können. Auch für die Zeit der vom Kläger genannten Ausreise aus Somalia beschrieben die Quellen ein insoweit durchaus vergleichbares Bild. Individuelle besondere gefahrerhöhende Umstände seien nicht erkennbar. Insbesondere ließen sich die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erwägungen hierzu nicht als ausreichende Aspekte werten. Denn soweit es die Situation als Rückkehrer und daran vermeintlich anknüpfende Verdächtigungen betreffe, erhöhe dies nicht das Risiko willkürlicher Betroffenheit, sondern könne allein Einfluss auf das Risiko einer gezielten Rechtsgutsverletzung haben. Eine gerichtlich für erforderlich erachtete besondere Angewiesenheit auf den Schutz durch einen Clan möge sich auf die Chancen bei der Wiedereingliederung in die Lebenswirklichkeit Somalias bzw. auf den Grad der zu überwindenden Schwierigkeiten auswirken, um sich das nötige Auskommen zu erwirtschaften. Inwiefern aber Schutz vor willkürlicher Gewalteinwirkung vermittelt werden sollte, bleibe nicht naheliegend. Belastbare Anhaltspunkte für besondere in der Person des Klägers erfüllte Umstände, die ein nationales Abschiebungsverbot begründen sollten, zeigten sich ebenfalls nicht. Soweit es andererseits die Folgen der allgemeinen Verhältnisse anbelange, handele es sich um Gefährdungslagen, die zugleich der dortigen Bevölkerung bzw. einer Bevölkerungsgruppe allgemein drohten. Sie könnten daher nur im Fall einer Schutzlücke die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG rechtfertigen. Auch für eine alsbald nach der Rückkehr drohende Extremgefahr ließen sich aber bislang keine ausreichenden Anhaltspunkte feststellen.

Der Kläger beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wurde auf den bisherigen Vortrag verwiesen und ergänzend ausgeführt, in Somalia herrsche ein Bürgerkrieg, der insbesondere in den Grenzregionen und den Einflusssphären der um die Macht kämpfenden Milizen sowie durch marodierende bewaffnete kriminelle Banden zu permanenten Gefährdungen der dort ansässigen Zivilbevölkerung führe. Diese sei schweren Menschenrechtsverletzungen sowohl durch Kampfhandlungen der streitenden Milizen als auch durch die „Justiz“ der jeweils obsiegenden Partei ausgesetzt. Inländische Fluchtalternativen seien nicht ersichtlich. In Anbetracht der Intensität des bewaffneten Konfliktes bestehe eine konkrete individuelle Bedrohung jeder Zivilperson bereits aufgrund ihres dortigen Aufenthaltes.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift vom 23. März 2017.

Gründe

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nach der unanfechtbar gewordenen Ablehnung der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nur noch die Frage, ob dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus nach § 4 AsylG, hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zusteht.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht weder auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus noch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich Somalias ein Rechtsanspruch zu. Auch die Abschiebungsandrohung ist deshalb nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 25. September 2013 ist daher, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Aus diesen Gründen war das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weil die Voraussetzungen des § 4 AsylG nicht vorliegen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG gelten als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).

a) Nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- bzw. Zentralsomalia mit der Hauptstadt Mogadischu kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al-Shabaab-Miliz. Die Gebiete befinden sich teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al-Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon seit längerer Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al-Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die Al-Shabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 - Stand: November 2016, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia - vom 25. April 2016, S. 13 ff. und Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 12. Oktober 2015, S. 32; siehe auch EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 - Nr. 886/11, [K.A.B. ./. Schweden] - Rn. 87 ff.; BayVGH, U.v. 17.3.2016 - 20 B 13.30233 - juris und U.v. 17.3.2016 - 20 B 13.30233 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, weil er eine individuelle Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch die Al-Shabaab nicht glaubhaft gemacht hat. Auch in der informatorischen Anhörung des Klägers durch den Senat in der mündlichen Verhandlung sind die vorhandenen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des vorgetragenen Geschehens nicht entkräftet worden. Der Kläger hat seinen diesbezüglichen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sowohl im Vergleich zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als auch im Vergleich zur Anhörung beim Bundesamt erheblich gesteigert und bestehende Widersprüche nicht aufgelöst. So hat der Kläger erstmals gegenüber dem Senat einen Freund erwähnt, der mit ihm zusammen in dem Gefangenenlager der Al-Shabaab interniert gewesen sei. Auch hat er vorher nicht berichtet, dass dort auch Frauen eingesperrt worden seien. Zudem erscheint der vorgetragene Geschehensablauf nicht glaubhaft. Denn es ist nicht plausibel, dass der Kläger von Al-Shabaab zunächst gefangen genommen und zum Tode verurteilt worden, dann aber mit der Hilfe eines Bewachers geflohen sein soll. Gerade wenn ein solches Gefangenenlager unzureichend gegen Fluchtversuche gesichert worden wäre, wie der Kläger vorgetragen hat, erscheint es umso weniger nachvollziehbar, dass ein zum Tode verurteilter Gefangener nicht strenger bewacht worden sein soll. Diese Unschlüssigkeit hat der Kläger trotz gezielter Nachfrage nicht erklären können. Noch stärker spricht aber gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers, dass er trotz Nachfrage keinen plausiblen Grund dafür genannt hat, dass der Bewacher nach seinem Vortrag ein hohes persönliches Risiko der Bestrafung hätte eingehen sollen, um dem Kläger die Flucht zu ermöglichen. Alleine der Umstand, dass dieser Bewacher ein ehemaliger Nachbar gewesen sein soll, vermag dies nicht überzeugend zu erklären. Anstatt hierfür eine plausible Erklärung zu liefern, hat der Kläger seinen Vortrag weiter gesteigert, indem er erstmals vor dem Senat behauptet hat, dieser Bewacher sei ein Anführer gewesen. Selbst dieser Umstand könnte aber nicht plausibilisieren, dass ein Anführer einen zum Tode verurteilten Gefangenen hätte laufen lassen.

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Es ist bereits fraglich, ob in der für die Beurteilung maßgeblichen Herkunftsregion des Klägers, der Hauptstadt Mogadischu, noch ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht. Vom Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist auszugehen, wenn die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen, ohne dass dieser Konflikt als bewaffneter Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts eingestuft zu werden braucht und ohne dass die Intensität der bewaffneten Auseinandersetzungen, der Organisationsgrad der vorhandenen bewaffneten Streitkräfte oder die Dauer des Konflikts Gegenstand einer anderen Beurteilung als der des im betreffenden Gebiet herrschenden Grades an Gewalt ist (EuGH, U.v. 30.1.2014 - C-285/12 [Diakité] - NVwZ 2014, 573 = juris, Leitsatz 1 und Rn. 28; BayVGH, U.v. 7.4.2016 - 20 B 14.30101 - juris Rn. 20). Mogadischu gehört zu den von der Herrschaft der Al-Shabaab befreiten Gebieten, die zwar vielleicht noch nicht „befriedet“ sind, jedoch definitiv nicht mehr im Kriegszustand stehen (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia - vom 25. April 2016, S. 22; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris Rn. 35). Es erscheint unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab die Kontrolle über Mogadischu wiedergewinnen könnte (Österreichisches Bundesasylamt a.a.O.). Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass in Mogadischu - wie in anderen „befreiten“ Gebieten - die Al-Shabaab nach wie vor Attentate auf bestimmte Objekte und Personen verübt, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder gar getötet werden, und auch direkte Kampfhandlungen stattfinden (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage v. 12.10.2015, S. 22 ff.; dies., Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22). Die Al-Shaban vollzieht dort nunmehr eine asymmetrische Kriegsführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und überfallartige Angriffe (sog. „hit and run“) umfasst (vgl. OVG Rheinland-Pfalz a.a.O., m.w.N.; Österr. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; dies., Lagekarten zur Sicherheitslage v. 12.10.2015, S. 22 ff.). Der erreichte Zustand wird daher in nahezu allen Berichten als fragil oder unbeständig beschrieben (vgl. z.B. Auswärtiges Amt, Lagebericht Somalia, Stand Oktober 2015, S. 4; Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 17; EASO [European Asylum Support Office], Country of Origin Information Report, Somalia - Security Situation, Februar 2016, S. 51 ff.). Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Denn jedenfalls ist der Kläger aufgrund der beschriebenen Konfliktlage als Zivilperson keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt.

Für die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24). Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich jedoch individuell verdichten. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben kann in erster Linie auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Ausländer als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; U.v. 17.11.2010 - 10 C 13.10 - juris Rn. 18). Im Ausnahmefall kann eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib oder Leben aber auch durch eine allgemeine Gefahr hervorgerufen sein, die sich in besonderer Weise zugespitzt hat. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt ist, stellen normalerweise zwar keine individuelle Bedrohung dar. Eine Ausnahme davon gilt aber bei besonderer Verdichtung der Gefahr, die unabhängig von individuellen gefahrerhöhenden Umständen zu deren Individualisierung führt. Davon ist auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji] - juris Rn. 35, 39; U.v. 30.1.2014 - C-285/12 [Diakité] - juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 32; U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 19).

Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf persönliche Umstände oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. In beiden Konstellationen ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die dort von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen verübt werden, notwendig (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33). Es bedarf zudem einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24). Das Bundesverwaltungsgericht sieht ein Risiko von 1:800, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 22 f.; U.v. 17.11.2011 - 10 C 11/10 - juris Rn. 20 f. [Risiko von 1:1000]).

Für die Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr abzustellen. Für die Frage, welche Region als Zielort seiner Rückkehr anzusehen ist, kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer aus seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Zielort der Abschiebung ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - juris Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465/07 [Elgafaji]; zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29). Im Falle des Klägers ist daher auf Mogadischu als Herkunftsregion abzustellen.

d) Gemessen an den vorgenannten Kriterien fehlt es jedoch an einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Klägers bei einer Rückkehr nach Mogadischu.

Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen - v.a. auch Binnenvertriebenen (vgl. EASO Country of Origin Information Report - South and Central Somalia - Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation - Somalia - Sicherheitslage, 12.10.2015, S. 23) - ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Im Übrigen ist der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab aus Mogadischu nach den vorliegenden Erkenntnismitteln dauerhaft. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785). Zwar hat der Kläger vorgetragen, sich vor seiner Ausreise in der Gefangenschaft der Al-Shabaab befunden und sich dieser durch Flucht entzogen zu haben, weshalb er der Al-Shabaab bereits einmal besonders aufgefallen sei (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 7.4.2016 - 20 B 14.30101 - juris Rn. 30; OVG Rheinland-Pfalz U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29). Dieses Vorbringen des Klägers ist jedoch nicht glaubhaft, wie bereits ausgeführt wurde (siehe oben zu b)). Zudem gehört der Kläger nicht einem Minderheiten-, sondern einem Mehrheitsclan, den Hawiye-Abgal, an (vgl. ACCORD, Clans in Somalia, Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel v. 15.5.2009, S. 12, 14; EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 15, 21, 45 ff.). Auch unter diesem Aspekt kann also kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand in der Person des Klägers angenommen werden.

e) Auch die allgemeine Lage ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen gegenüber jeder Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht gegeben. Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kann kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Ebenso wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris = Asylmagazin 2016, 29).

Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird auf vermutlich über einer Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener geschätzt (EASO Länderüberblick Südu. Zentralsomalia, August 2014, S. 16). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED, 4.2.2016) ergebende Zahl der im Jahr 2015 in der gesamten Region Banaadir verzeichneten 370 Vorfälle mit 411 Toten - jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen - würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:2433 (0,0411%) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels einer entsprechenden verfügbaren Auflistung nicht möglich erscheint. Die Aufstellung für das erste Quartal des Jahres 2016 (ACLED, 3.5.2016) mit 66 Vorfällen in der Region Banaadir und 80 Toten zeigt im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Quartalen des Jahres 2015 (3/2015 und 4/2015) mit 82 Vorfällen und 79 Toten (4/2015, ACLED 4.2.2016) bzw. 80 Vorfälle und 75 Toten (3/2015, ACLED 4.2.2016) eine leicht rückläufige Tendenz bei der Zahl der Vorfälle bei gleich bleibender bzw. leicht gesteigerter Zahl der Todesopfer, welches ein Indiz für die in anderen Erkenntnismitteln festgestellte Änderung der Strategie der Al-Shabaab darstellt (siehe dazu unten), aber nicht zur Feststellung einer Verdichtung der allgemein bestehenden Gefahrenlage zu einer individuellen Gefahr für jede dort lebende Einzelperson führt.

Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen (v.a. Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22 ff. m.w.N.; EASO Security Situation Report, Februar 2016, S. 50 ff.) in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben wäre. Mogadischu bleibt weiterhin unter der Kontrolle von Regierung und AMISOM. Der Rückzug der formalen Präsenz der Al-Shabaab ist dauerhaft. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al-Shabaab wieder die Kontrolle über die Stadt erlangt. Es gibt in der Stadt daher kein Risiko mehr, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt v. 25.4.2016, S. 22; EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785). Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt, auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können. Die Stadt ist somit generell sicher, auch wenn sie von Al-Shabaab bedroht wird. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der Al-Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde. Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann von Anschlägen betroffen, wenn sie sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ befinden. Jeder Einwohner kann sein persönliches Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der Al-Shabaab erkennbar sind, wie vor allem Hotels, Restaurants, Regierungseinrichtungen und -konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM. Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, wenngleich noch wöchentlich Angriffe stattfinden. Der Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Feuergefechten auf die Bezirke Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, Dayniile und das Küstengebiet von W* …M* … dem Heimatbezirk des Klägers. Insgesamt scheint es für Al-Shabaab einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von Al-Shabaab derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten. Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der Al-Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1/2013 - Q1/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen 2/2014 - 3/2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind - vor allem im Jahr 2015 - rückläufig. Im Zeitraum Q1/2013 - Q4/2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19). Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3/2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der Al-Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44. Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen sind. Dies gilt u.a. auch für den Heimatbezirk des Klägers, W* …M* … (vgl. Österreichisches Bundesasylamt a.a.O.). Mithin sind in Mogadischu die Zahlen an terroristischen Aktivitäten und auch die Gesamtzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen innerhalb der vergangenen vier Quartale zurückgegangen. Gleichzeitig bleibt aber die Zahl bewaffneter Auseinandersetzungen mit Al-Shabaab konstant hoch. Während terroristische Aktivitäten relativ flächendeckend über das Stadtgebiet verstreut vorkommen, konzentrieren sich bewaffnete Zusammenstöße in einer kleinen, übersichtlichen Anzahl an Bezirken. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass Al-Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen. Die Zahl der Angriffe ging insgesamt zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer. Es ist zu erkennen, dass Al-Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass Al-Shabaab in den von AMISOM/SNA kontrollierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden kann, wenngleich die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (vgl. auch die Karte im Lagebericht des Österr. Bundesasylamtes a.a.O., S. 24). Bei wertender Betrachtung ergibt sich somit, dass die Gefahr für jede Einzelperson, in Mogadischu bei einem Anschlag oder Angriff getötet oder verletzt zu werden, in einigen Stadtteilen höher, in anderen niedriger liegt. Anschläge und bewaffnete Auseinandersetzungen haben in bestimmten Bezirken ihren Schwerpunkt. Gleichzeitig sind die Angriffe zielgerichtet auf bestimmte Personen und Objekte bezogen, weshalb unbeteiligte Zivilpersonen eher zufällig und auch von den Akteuren eher ungewollt Opfer werden. Dieses Risiko kann jedoch verringert werden, indem gefährdete Orte und Objekte gemieden werden. Dem höheren Anschlagsrisiko in einzelnen Stadtteilen können Betroffene durch Ausweichen in sicherere Stadtteile entkommen. Die Situation in Mogadischu ist somit nicht derart unsicher, dass jede dort anwesende Person einer erheblichen und individuellen Gefährdung an Leib oder Leben ausgesetzt wäre (im Ergebnis ebenso EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.12.2015 - 10 A 10689/15 - juris Rn. 45).

f) Der Kläger kann sich hier nicht auf einen vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden ernsthaften Schaden berufen, da sein diesbezüglicher Vortrag, wie bereits ausgeführt, nicht glaubwürdig ist. Ein ernsthafter Schaden könnte ihm bei seiner Ausreise aus Somalia im November 2011 aufgrund der damaligen bewaffneten Auseinandersetzungen zwar unmittelbar gedroht haben, wofür insbesondere die Einschätzung der Lage in Mogadischu im Jahr 2011 durch den EGMR (U.v. 28.6.2011 - Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] - NVwZ 2012, 681) spricht. Ob die Gefährdung der Zivilbevölkerung durch diese Auseinandersetzungen das für die Annahme der Gefahr eines ernsthaften Schadens i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderliche Ausmaß erreicht hat, kann aber letztendlich dahingestellt bleiben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezieht sich die Schadensvermutung des Art. 4 Abs. 4 der sog. Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 - Qualifikationsrichtlinie, QRL - ABl. Nr. L 337 S. 9) zum einen nicht auf das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes oder auf ein hohes Niveau willkürlicher Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung. Zum anderen setzt sie einen inneren Zusammenhang zwischen dem früher unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden voraus (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 31). Letzterer fehlt hier jedenfalls aufgrund der seit 2011 in Mogadischu, wie bereits ausgeführt, erheblich verbesserten Sicherheitslage.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG, weil es auch dafür an den Voraussetzungen fehlt. Individuelle Abschiebungshindernisse wurden vom Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Relevant sind daher vorliegend nur solche Abschiebungsverbote, die sich für den Kläger aus einer Verdichtung der aus der ungünstigen Versorgungslage resultierenden allgemeinen Gefahrenlage zu einer extremen Gefahrensituation in seiner Person ergeben könnten.

a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht, noch ist ein solches ersichtlich. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus der nach den eingeführten Erkenntnismitteln unzureichenden Versorgungslage in Somalia. Einschlägig ist hier das Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Art. 3 EMRK. Denn die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann dessen Verantwortlichkeit auch dann begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U.v. 12.1.2016 - Nr. 13442/08 [A.G.R./Niederlande] - NVwZ 2017, 293; U.v. 5.9.2013 - Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] - Rn. 68; U.v. 28.2.2008 - Nr. 37201/06 [Saadi/Italien] - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125; ebenso BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 23 m.w.N.). Allerdings folgt aus der EMRK kein Recht auf Verbleib in einem Konventionsstaat, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe der Aufenthaltsbeendigung zwingend entgegenstehen, wobei solche humanitären Gründe auch in einer völlig unzureichenden Versorgungslage begründet sein können (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 23 ff. unter Verweis auf EGMR, U.v. 28.5.2008 - Nr. 26565/05 [N./Vereinigtes Königreich] - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42; U.v. 28.6.2011 - Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] - NVwZ 2012, 681; ebenso BayVGH, U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - juris Rn. 17 f.). In Bezug auf Somalia, insbesondere Mogadischu geht der EGMR jedoch nunmehr in gefestigter Rechtsprechung - und in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (EGMR, U.v. 28.6.2011 - Nr. 8319/07 [Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich] a.a.O.) - davon aus, dass die allgemeine Lage dort nicht so ernst ist, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK wäre (EGMR, U.v. 10.9.2015 - Nr. 4601/14 [R.H./Schweden] - NVwZ 2016, 1785; U.v. 5.9.2013 - Nr. 886/11 [K.A.B./Schweden] - Rn. 85 ff.). Auf Mogadischu ist hier abzustellen, weil dort die Abschiebung endet (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 26), denn die Hauptstadt kann mit Linienflügen direkt angeflogen werden, ohne dass die Gefahr bestünde, dass der Kläger in einem anderen, weniger sicheren Landesteil Somalias landen würde oder diesen durchreisen müsste (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 1. Januar 2017 - Stand: November 2016 - S. 16; EGMR, U.v. 10.9.2015 a.a.O.). Der Senat schließt sich in Anbetracht der im Folgenden (siehe b)) noch näher darzulegenden Erkenntnisse über die Versorgungslage in Mogadischu der Einschätzung des EGMR an.

b) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein solches Abschiebungsverbot ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Mangels einer derartigen Abschiebestopp-Anordnung ist die nach den eingeführten Erkenntnisquellen bestehende unzureichende Versorgungslage in Somalia eine allgemeine Gefahr, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen kann. Diese Sperrwirkung kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 32 m.w.N.). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Somalia erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 m.w.N. = juris). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zu alldem BVerwG, U.v. 29.9.2011 - 10 C 24.10 - BVerwGE 137, 226 = juris).

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nach wie vor nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand: November 2016 - S. 16). Wenngleich die somalische Wirtschaft ständig wächst und eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit ist, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia v. 25.4.2016, S. 82 ff. m.w.N.; EASO Informationsbericht - Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 36 ff.), ist doch in allen Städten Süd- und Zentralsomalias für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, der Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen (Auswärtiges Amt, Lagebericht a.a.O.). Überdies sind einige Regionen Somalias derzeit von einer Dürrekatastrophe betroffen (vgl. Österreichisches Bundesasylamt, Kurzinformation der Staatendokumentation, Somalia - Dürre hält weiterhin an, 19.1.2017; UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 9.1.2017, S. 12).

In Mogadischu stellt sich jedoch im Vergleich zu anderen Regionen Somalias die wirtschaftliche Situation günstiger dar, wenngleich zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren sind (vgl. hierzu und zum Folgenden Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia, 25.4.2016, S. 82 ff.; EASO Informationsbericht - Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 15 ff.). Etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu erhalten humanitäre Unterstützung in Form von Nahrungsmittelhilfe und anderen Leistungen von humanitären Organisationen. Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle ist der Kleinhandel, vor allem mit landwirtschaftlichen Produkten. Für Arbeitslose gibt es seitens der Regierung keinerlei Unterstützung. Arbeitslose Jugendliche werden in erster Linie von der Familie in Somalia und von Verwandten im Ausland versorgt. Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften, als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung, insbesondere im Baugewerbe, aber auch in zahlreichen anderen Wirtschaftszweigen. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen. Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, deren physische Kraft benötigt wird, vor allem in der kontinuierlich wachsenden Bauwirtschaft und als Hafenarbeiter, in Mogadischu zahlreich verfügbar. Dabei werden jedoch junge Bewerber bevorzugt. Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird. Weil freie Stellen oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne gute Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen, Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitssuchende greifen deshalb auf ihre privaten Netzwerke zurück. Vor allem junge, nicht ausgebildete Männer sind auf die Arbeit als Tagelöhner angewiesen. Der militärische Erfolg gegen Al-Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind. Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen. Außerdem traten neue Investoren aus dem Ausland in den Vordergrund. Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet.

Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist für den Kläger nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage bzw. unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger Mann, der einem Mehrheitsclan angehört (Hawiye-Abgal). Seine Mutter lebt noch in Mogadischu. Auch ist nicht ersichtlich, dass die (Groß-)Familie und der Clan des Klägers diesem im Falle seiner Rückkehr keine Unterstützung gewähren können und wollen. Der Kläger hat zwar in der mündlichen Verhandlung auf die Frage nach Unterstützung durch seinen Clan angegeben, man helfe sich in Somalia nicht gegenseitig. Dies erscheint aber vor dem Hintergrund der zitierten Erkenntnisquellen, welche den Clan und die Familie als die zentralen Bezugspunkt der somalischen Gesellschaft nennen, nicht glaubhaft. Von der derzeitigen Dürrekatastrophe in ländlichen Gebieten Somalias ist der Kläger in Mogadischu nicht betroffen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger – ein nach eigenen Angaben (staatenloser) palästinensischer Volkszugehöriger aus dem Gazastreifen, der nach einem im behördlichen Antragsverfahren vorgelegten Dokument vom 7. April 2016 beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East – UNRWA) als palästinensischer Flüchtling registriert ist (vgl. Bl. 74 der Asylakte) – wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für ... (Bundesamt) vom 22. Juni 2017, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft sowie der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden (Nr. 1 und Nr. 3), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde (Nr. 3), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), er unter Androhung der Abschiebung in den Gazastreifen oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurde, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. im Falle der Anfechtung nach unanfechtbarem Verfahrensabschluss zu verlassen (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde gem. Nr. 6 des Bescheids auf 30 Tage ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Am 4. Juli 2017 ließ der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage erheben. In der Klageschrift mit dem Datum dieses Tages ließ er zunächst wörtlich beantragen, „die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheids (….) zu verpflichten, das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen“. Mit der am 24. Juli 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klagebegründung legte der Kläger – zunächst ohne schriftsätzliche Antragserweiterung – dar, dass aus seiner Sicht neben den Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Mit einem u.a. als „Klageänderung“ betitelten Schriftsatz vom 9. August 2017 beantragte der Kläger sodann, den Bescheid des Bundesamts vom 22. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Urteil vom 15. September 2017, das mit vorher erklärtem Einverständnis des Klägers ohne mündliche Verhandlung erging (§ 101 Abs. 2 VwGO) – wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Laut den Entscheidungsgründen hat das Erstgericht die Klage bereits als unzulässig angesehen, soweit sie sich auf die Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes sowie zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote und gegen die Befristung gem. § 11 Abs. 1 AufenthG richtete. Soweit die Klage zulässigerweise auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtet sei, sei sie unbegründet, weil der Bescheid insofern rechtmäßig sei und mithin den Kläger nicht in seinen Rechten verletze, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger habe den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen noch drohe ihm bei Rückkehr eine solche. Ein individuelles Verfolgungsschicksal habe der Kläger weder gegenüber dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Das Vorbringen des Klägers sei oberflächlich und ungenau gewesen; mit diesem sei zudem ein in den Akten befindliches „Certificate of Good Conduct“ des Innenministeriums der Autonomiebehörde in Gaza vom 26. August 2016 (Bl. 72 der Asylakte: „Is not reported to any vice or misconduct or to any crime and his manner is good“) inhaltlich nicht zu vereinbaren. Zudem stehe § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegen, weil der Kläger laut der vorliegenden Bestätigung der UNRWA deren Schutz unterliege. Es sei auch weder vorgebracht worden noch erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG vorlägen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung sowie dem Antrag, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihm einen bestimmten Rechtsanwalt beizuordnen, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor bzw. ist vom Kläger nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 3).

a) Der Kläger vermag sich nicht auf den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu stützen, soweit er sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, seine Klage sei wegen Verstreichens der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) unzulässig, als sie sich auf die beantragte Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes und zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote bezieht. Die vom Kläger erhobene Frage,

„ob die Erweiterung des Klageantrags auf die hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG und auf die hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß §§ 60 Abs. 5 und 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen,nicht als Klageänderung anzusehen ist i.S.d. §§ 91, 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO“,

ist – wörtlich verstanden – mangels Entscheidungserheblichkeit keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Aus den vom Kläger in der Zulassungsbegründung vorgebrachten Beispielen (Übergang von einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung auf eine solche auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung sowie von einer Fortsetzungsfeststellungsklage zu einer Anfechtungsklage, wenn der Klagegrund derselbe bleibt) und aus der Bezugnahme auf eine zitierte Kommentarstelle (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 91 Rn. 9) folgt, dass der Kläger von einem Fall der Erweiterung des Klageantrags entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO ausgeht, wenn – wie hier – der abgelehnte Asylbewerber zunächst seine Klage beschränkt auf „teilweise Aufhebung des Bescheids“ sowie die Verpflichtung der Beklagten auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und dann später im weiteren Verlauf des (erstinstanzlichen) gerichtlichen Verfahrens seinen Antrag erweitert auf vollständige Aufhebung des Bundesamtsbescheids sowie auf die Verpflichtung, ihm umfassenden Schutz zuzuerkennen (Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes, weiter hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen).

Selbst wenn man von der Richtigkeit dieser rechtlichen Auffassung des Klägers ausginge, würde ihm dies für die Fallentscheidung nichts nutzen: Das Verwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit der Annahme der (Teil-) Unzulässigkeit der Klage offengelassen, ob die am 9. August 2017 bei Gericht eingegangene Klageänderung sachdienlich i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO war. Entscheidend war laut den Gründen des angegriffenen Urteils, dass die Klage gegen die Ablehnung der Asylanerkennung, gegen die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie gegen die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen Verstreichens der zweiwöchigen Klagefrist am Maßstab vom § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben worden war und der streitgegenständliche Bescheid insofern bestandskräftig geworden sei. Bei der hier erfolgten Ersatzzustellung am 27. Juni 2017 habe die Klagefrist am 28. Juni 2017 zu laufen begonnen und habe am 11. Juli 2017 geendet. Bei Eingang des geänderten Klageantrags bei Gericht am 9. August 2017 sei die Klagefrist daher bereits abgelaufen gewesen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Klageantrags im Schriftsatz vom 4. Juli 2017 scheide eine Auslegung dahingehend aus, dass damit eine umfassende Anfechtung des streitgegenständlichen Bescheids sowie umfassende Verpflichtungen der Beklagten im Sinne des geänderten Klageantrags gemeint waren. Die am 25. Juli 2017 und damit ebenfalls nach Ablauf der Klagefrist eingegangene Klagebegründung könne ebenso nicht zu einer erweiterten Auslegung des Klageantrags vom 4. Juli 2017 herangezogen werden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder vorgetragen noch erkennbar.

An dieser Bewertung des Erstgerichts ändert sich nichts, wenn die Antragserstreckung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht als Klageänderung i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO – deren Zulässigkeit von der Einwilligung der übrigen Beteiligten oder von der gerichtlichen Einschätzung als sachdienlich abhängt – angesehen wird, sondern als eine entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache. Auch bei Einschlägigkeit des § 264 Nr. 2 ZPO folgt aus der dann ohne weiteres (d.h. über § 91 Abs. 1 VwGO hinaus) zulässigen Klageerweiterung noch nicht die Zulässigkeit der erweiterten Klage; denn dieser kann insbesondere die Bestandskraft des bislang unangefochtenen Teils der behördlichen Regelung entgegenstehen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 13, 38). Die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die Ablehnung der Asylanerkennung, die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen zu später Klageerhebung bestandskräftig geworden sind, die (später erweiterte) Klage hiergegen folglich wegen Ablaufs der Zweiwochenfrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben wurde und daher unzulässig ist, bleibt unabhängig davon bestehen, ob die Antragserweiterung § 91 VwGO oder § 264 Nr. 2 ZPO unterfällt.

Soweit den Ausführungen auf Seite 3 der Klagebegründung,

– wonach „ein auf Asylanerkennung gerichteter Antrag bei lebensnaher Betrachtung immer das Begehren“ enthalte, „hilfsweise auch subsidiären Schutz oder zumindest ein Abschiebungsverbot zuerkannt zu bekommen“, und

– wonach das Verwaltungsgericht den ursprünglich gestellten Klageantrag hätte lebensnah „umdeuten“ müssen,

zu entnehmen sein sollte, dass der Kläger in der Sache rügt, das Verwaltungsgericht habe den ersten Klageantrag vom 4. Juli 2017 zu eng ausgelegt – weil es ihm von Anfang an um die vollumfängliche Bescheidanfechtung sowie eine entsprechend umfassende Verpflichtung der Beklagten gegangen sei – vermag dies die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen.

Insofern hat der Kläger bereits den Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung des Berufungszulassungsgrundes (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht genügt, weil er diesbezüglich keine fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert hat, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Unabhängig davon würde sich die Antwort auf eine entsprechend formulierte Frage – abgesehen von der Einzelfallcharakteristik – unmittelbar aus dem Wortlaut des § 88 VwGO ergeben, sodass es auch insofern keiner Klärung im Berufungsverfahren zur Wahrung der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts bedarf (mangelnde Klärungsbedürftigkeit, vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38):

Der Senat geht mit dem Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein beim Bundesamt unterlegener Kläger mit seiner Klage i m Z w e i f e l einen Ablehnungsbescheid umfassend angreift und sämtliche Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 Asyl) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) zum Gegenstand des Asylprozesses vor dem Verwaltungsgericht macht; ein regelungsimmanentes Rangverhältnis der einzelnen Anspruchsgrundlagen wirkt sich dabei über § 88 VwGO dahingehend aus, dass rangniedrigere Positionen – wie der subsidiäre Schutz oder die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten – typischerweise / regelmäßig nur im Wege eines Hilfsantrags verfolgt werden (BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 19.96 – BVerwGE 104, 260 = juris Rn. 11, 12). Andererseits bilden die Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten eigenständige Streitgegenstände bzw. jedenfalls rechtlich abtrennbare Streitgegenstandsteile (BVerwG, U.v. 15.4.1997 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.). Aufgrund dessen handelt es sich um jeweils teilbare Regelungen des Asylbescheids, die mithin im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 1 AsylVfG der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind (VGH BW, U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – VBlBW 2017, 373 = juris Rn. 32; allg. vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 125.09 – juris Rn. 16). Vor diesem Hintergrund ist aufgrund des klaren Wortlauts des Klageantrags vom 4. Juli 2017 (und anders als im Fall OVG Hamburg, B.v. 13.1.1998 – Bf VI 141/97 – NVwZ-Beilage 5/1998, 44 f., wo von vornherein der Bescheid ersichtlich in seinem gesamten Regelungsgehalt angegriffen wurde; vgl. auch Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 19) eindeutig, dass der Kläger zunächst nur und ausdrücklich die „teilweise“ Aufhebung des Bescheids vom 22. Juni 2017 begehrte, und zwar mit Blick auf den Verpflichtungsteil des Antrags nur in dem Umfang, als die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft betroffen ist und sich auswirkt (etwa bzgl. Nr. 5 des Bescheids). Wenn ein Kläger – wie hier – sein Begehren ausdrücklich auf eine Teilanfechtung und korrespondierend hierzu den Verpflichtungsteil des Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt, ist es dem Verwaltungsgericht gerade wegen § 88 VwGO verwehrt, über dieses Begehren hinauszugehen (insofern ebenso Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 20). Hierauf aufbauend ist die Annahme der Bestandskraft des Bescheides hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und die Feststellung des Nichtbestehens von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) konsequent und aufgrund des eindeutigen Prozessrechts geboten. Sollte der Kläger der Ansicht sein, dass aufgrund neuerer Erkenntnismittel (z.B. aufgrund des zitierten UN-Berichts „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017 oder aufgrund des Berichts von Amnesty international „Israel und besetzte parlamentarische Gebiete 2017“ v. 16.5.2017) etwa mit Blick auf die Versorgungslage oder die derzeit bestehende Ausreisebeschränkungen nunmehr z.B. von einem Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszugehen sei (verneinend VG Berlin, U.v. 28.7.2017 – 34 K 254.13 A – juris), müsste dies über einen Folgeantrag geltend gemacht werden, bei dessen Prüfung freilich auch die aktuellsten Entwicklungen zur Entspannung zu berücksichtigen wären (vgl. z.B. die Artikel in Spiegel Online, „Verfeindete Palästinensergruppen: Hamas meldet Versöhnung mit Fatah“ v. 12.10.2017 sowie „Hamas übergibt Kontrolle über Grenzübergang“ v. 1.11.2017; Zeit Online, „Hamas übergibt Grenzverwaltung an Palästinenserbehörde“ v. 1.11.2017).

b) Die Berufung des Klägers ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich einzelner Rechts- oder Tatsachenfragen in Bezug auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) zuzulassen. Der Kläger hat mit seinem Zulassungsvorbringen auch insofern nicht den Darlegungsobliegenheiten gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 i.V. mit Abs. 3 Nr. 1 AsylG genügt, weil er – bezogen auf die Frage, ob er einem Verfolgungstatbestand i.S. von §§ 3 – 3c AsylG unterfällt – in seinen Ausführungen gemäß Seiten 3 bis 9 der Zulassungsbegründung schon keine konkrete, klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage herausgearbeitet hat, der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll.

Der Kläger trägt auf Seiten 3 bis 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 unter Darstellung des Sachverhalts aus seiner Sicht, unter Kritik an der Sachverhaltserforschung- und Sachverhaltsbewertung durch das Bundesamt für ... und durch das Verwaltungsgericht sowie unter Darlegung der aus seiner Sicht richtigen Rechtsanwendung (u.a. zu § 3 Abs. 3 AsylG) im Zulassungsantrag im Stil einer Berufungsbegründung vor, warum das Urteil des Verwaltungsgerichts aus seiner Sicht unzutreffend sei. Dies genügt zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG aber nicht, soweit – wie vorliegend – keine fallübergreifenden Fragen, denen grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zukommen soll, konkret formuliert werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2016 – 11 ZB 16.30132 – juris Rn. 8; B.v. 16.6.2017 – 15 ZB 17.30656 – juris Rn. 5; B.v. 19.6.2017 – 20 ZB 17.30637 – juris Rn. 3; OVG NRW, B.v. 16.8.2017 – 13 A 1526/17.A – juris Rn. 11, 12). Auf ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann der Zulassungsantrag nicht gestützt werden, da nach der eindeutigen Regelung des § 78 Abs. 3 AsylG dieser Zulassungsgrund in asylrechtlichen Streitigkeiten nicht zur Verfügung steht (BayVGH, B.v. 20.9.2017 – 15 ZB 17.31105 – juris Rn. 5):

aa) Auf Seiten 3 – 5 der Zulassungsbegründung vom 13. Oktober 2017 wird – unter dem Vorwurf, die Beklagte habe den Sachverhalt (u.a. auch hinsichtlich des vom Innenministerium der Autonomiebehörde ausgestellten Führungszeugnisses sowie aufgrund einer ungenauen Übersetzung in der Anhörung) falsch bewertet und diesen durch Unterlassen eines „Nachhakens“ in der Anhörung nicht ordentlich aufgeklärt – schlicht die Verfolgungsgeschichte des Klägers wiederholt (Verfolgung und Folterung durch die Hamas nach Demonstrationsteilnahme) und rechtlich ausgeführt, dieser sei politisch aktiv gewesen (Verfolgungsgrund) und deswegen gefoltert und misshandelt worden (Verfolgungsgrund). Entgegen der Überschrift „2. Tatsachenfrage – Verfolgung des Klägers“ wird eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage weder konkret herausgearbeitet noch ist eine solche aus dem Vortrag der Sache nach ersichtlich.

bb) Soweit der Kläger die derzeitige politische Situation im Gazastreifen als grundsätzlich bedeutsam darstellt (Seiten 5 – 7 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017), hat er es auch insofern unterlassen, eine konkrete, fallübergreifende und in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage herauszustellen. Dass die politische und wirtschaftliche Situation im Gazastreifen für eine Vielzahl von Asylgesuchen von Bedeutung ist, begründet als solches keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Denn zur Beurteilung eines jeden Asylgesuchs kommt es letztlich regelmäßig auf die politischen und wirtschaftlichen Umstände im Herkunftsstaat an.

Wird zugunsten des Klägers aufgrund der hervorgehobenen Überschrift unter a) (Seite 5) sowie aufgrund der umfangreichen Bezugnahme auf den UN-Bericht „Gaza – ten years later“ (Juli 2017) unterstellt, dieser habe in der Sache die Frage aufwerfen wollen, ob der Gazastreifen mittlerweile oder in absehbarer Zukunft nicht mehr (zumutbar) bewohnbar ist bzw. ob die Situation im Gazastreifen derzeit schlicht menschenunwürdig ist, ist dies nicht entscheidungserheblich: Soweit der Kläger unter Berufung auf den UN-Bericht vom Juli 2017 auf unmenschliche Lebensbedingungen Bezug nimmt (zunehmende Unterversorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln, hohe Arbeitslosigkeit, auf Leben und Sicherheit der Bewohner des Gazastreifens auswirkende Methoden Israels zur Durchsetzung von Zugangsbeschränkungen), hat dies für die (mit Blick auf die im Übrigen – s.o. – eingetretene Bestandskraft) nur noch fallrelevante Frage nach einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) keine Bedeutung. Denn die Flüchtlingseigenschaft ist einem Ausländer nach § 3 Abs. 1, 4 AsylG – ohne Berücksichtigung des Schutzes gem. § 3 Abs. 3 AsylG, hierzu unten sub cc) – nur zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgungwegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder wenn er sich aus den genannten Gründen außerhalb des Landes befindet, in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang über den UN-Bericht vom Juli 2017 auch auf Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas (z.B. Beschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit; willkürliche Verhaftungen, Belästigungen, Folterungen bis hin zum Tod in Gewahrsam) oder Israels (in den sog. „Access Restricted Areas“) beruft und weiter darauf hinweist, dass die Hamas auf der europäischen Liste terroristischer Vereinigungen stehe sowie dem dort lebenden Volk der Palästinenser nicht einmal die grundlegenden Menschenrechte gewähre, wäre eine hieraus etwa wie folgt ggf. vom Kläger in der Sache als zu klären gewollte (so tatsächlich im Zulassungsverfahren aber nicht formulierte) Frage,

ob Menschen, die im Gazastreifen leben, aufgrund von festgestellten Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas und Israels die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist,

ebenfalls keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Denn die Antwort auf diese Frage ist von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig, sie wäre deshalb nicht hinreichend konkret gefasst und würde sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 7 ff.; BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 2 ZB 13.30255 – juris Rn. 8; B.v. 7.11.2016 – 15 ZB 16.30425 – juris Rn. 6). Auch wenn es im Gazastreifen Handlungen der Hamas gab und gibt, die gegenüber einzelnen Betroffenen den Verfolgungstatbestand gem. § 3 Abs. 1 AsylG erfüllen, und auch wenn es solche Handlungen trotz der Entwicklungen der letzten Monate ggf. auch in Zukunft ggf. geben mag, folgt im Falle einer positiven Beantwortung der Frage nicht, dass praktisch jedem oder jedem mit bestimmten Gruppeneigenschaften – unabhängig von seiner individuellen Situation im Übrigen – automatisch mit der gebotenen beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG droht (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 19; U.v. 1.3.2012 – 10 C 7.11 – juris Rn. 12; B.v. 11.7.2017 – 1 B 116.17 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 24.8.2017 – 11 B 17.30392 – juris Rn. 16). Das Verwaltungsgericht ist speziell zum Fall des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, dieser habe ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Es ist zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen habe und dass ihm auch bei Rückkehr keine solche drohe.

cc) Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) auch nicht deswegen zuzulassen, soweit der Kläger unter der Überschrift „4. Rechtsfrage – Flüchtlingseigenschaft trotz ‚offiziellem‘ Schutz durch UNRWA“ (Seiten 7 – 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017) die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf § 3 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AsylG angreift und sich darauf beruft, die UNRWA könne aufgrund der Foltermaßnahmen gegen ihn und aufgrund der unbewohnbaren Verhältnisse im Gazastreifen ihren Schutzauftrag nicht mehr erfüllen.

Die abstrakten Rechtsfragen hierzu sind wie folgt geklärt: Die Flüchtlingseigenschaft kann von vornherein an der Ausschlussklausel des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG scheitern, vgl. auch Art. 1 D Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1958 (Genfer Konvention – GK). Zu den dort genannten Schutz und Beistand leistenden Organisationen und Einrichtungen zählt die durch Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen Nr. 302/IV vom 8. Dezember 1949 errichtete UNRWA, deren Aufgabe in der Hilfeleistung für palästinensische Flüchtlinge in Jordanien, im Libanon, in Syrien, der West Bank und dem Gazastreifen besteht. Als Nachweis einer Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes genügt es grundsätzlich, wenn die Betroffenen – wie vorliegend der Kläger – von UNRWA förmlich registriert worden sind (EuGH, U.v. 17.6.2010 – C-31/09 – NVwZ 2010, 1211 = juris Rn. 52; BVerwG, U.v. 4.6.1991 – 1 C 42.88 – BVerwGE 88, 254 = juris Rn. 25; U.v. 21.1.1992 – 1 C 21.87 – BVerwGE 89, 296 = juris, Rn. 22; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 22; VG Ansbach, U.v. 31.7.2017 – AN 9 K 16.31851 – juris Rn. 22; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 72). Umgekehrt ist – automatisch – ein Ausländer als Flüchtling gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG anzuerkennen, der den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen gem. Art. 1 Abschnitt D GK genossen hat, dem aber ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen endgültig geklärt worden ist (vgl. ebenso Art. 1 D Abs. 2 GK; Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU = Qualifikationsrichtlinie). § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG beinhaltet eine Rechtsfolgenverweisung. Die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention sind nach Art. 1 D Abs. 2 GFK „ipso facto“ anwendbar, d.h. unmittelbar ohne dass es einer Einzelfallprüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft bedürfte, mithin unabhängig davon, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG vorliegen. Die Prüfung ist im Falle einer Ausreise des Betroffenen grundsätzlich auf die Feststellung beschränkt, ob der Betroffene Schutz und Beistand von einer entsprechenden Organisation genossen hat und ob dieser aus von seinem Willen unabhängigen Gründen entfallen ist und keine Ausschlussgründe nach Abs. 2 vorliegen (vgl. EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 66 ff., 81; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 20, 21; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22 ff.; OVG NRW, B.v. 22.2.2012 – 18 A 901/11 – juris Rn. 13 ff.; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 74 ff.). Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die bloße Abwesenheit des Betreffenden vom Gebiet der Schutzgewährung oder die freiwillige Entscheidung, dieses zu verlassen, regelmäßig unzureichend, um die Annahme zu rechtfertigen, der Schutz sei im vorgenannten Sinn weggefallen. Vielmehr kommt es auf die fehlende Freiwilligkeit des Ausreiseentschlusses aufgrund von seinem Willen unabhängiger Zwänge an, weil der Betroffene „sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet“ und es UNRWA unmöglich ist, ihm im Mandatsgebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der übertragenen Aufgabe in Einklang stehen (EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 58, 59, 64, 65; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 24; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 a.a.O. Rn. 23).

Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht im Zulassungsverfahren – unter Bezugnahme auf die Anhörung vor dem Bundesamt am 22. März 2017 – darauf abstellt, gefoltert worden zu sein, sowie die Behauptung aufstellt, er habe nicht gewusst, wo er Schutz vor weiteren Folterungen und Inhaftierungen hätte suchen können, weil die UNRWA ihm keinen Schutz habe gewähren können, und dass deswegen seine Ausreise aus dem Schutzgebiet durch Umstände bzw. Zwänge verursacht worden sei, die von seinem Willen unabhängig gewesen sei, wäre eine – ggf. vom Kläger in der Sache gewollte (zu seinen Gunsten unterstellte) – Fragestellung,

ob speziell beim Kläger aufgrund von stattgefundenen Folterungen und mangels tatsächlicher Schutzgewährung seitens der UNRWA Umstände vorlagen, die für ihn eine unsichere persönliche Lage und daher einen Zwang zur Ausreise begründeten,

keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich, weil es sich insofern nicht um eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage handelt, sondern ausschließlich um eine Frage einer individuellen Verfolgungssituation, die das Verwaltungsgericht dem Kläger nicht geglaubt hat. Dass dem Kläger eine Rückkehr in den Gazastreifen nicht möglich wäre – und dass ggf. deshalb für ihn der Schutz und Beistand der UNRWA i.S. von § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG weggefallen wäre (vgl. VG München, U.v. 2.2.2017 – M 17 K 16.34829 – juris Rn. 24; VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 41 ff.) – wird vom Kläger weder behauptet noch dargelegt.

Soweit bei wohlwollender Auslegung des Zulassungsantrags das Vorbringen des Klägers auf Seite 9 (oben) des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 dahingehend aufgefasst werden sollte, dass er sinngemäß die Frage aufwirft, ob im Gazastreifen der UNRWA-Schutz generell – also für alle Unterschutzgestellten und deshalb auch für ihn – entfallen sei, weil es dieser Hilfsorganisation aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich unmöglich geworden sei, ihre Aufgabe zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56), genügt auch das diesbezügliche Vorbringen den Klägers inhaltlich nicht den Darlegungsanforderungen des Art. 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Der Verweis des Klägers darauf, dass laut dem UN-Bericht „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017“ der Gazastreifen mittlerweile so gut wie unbewohnbar sei, und die von ihm hieraus gezogene Schlussfolgerung, dass UNRWA aufgrund der politischen Verhältnisse nicht mehr in der Lage sei, Schutz zu gewähren, ist für die Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu unsubstanziiert.

Bei einem auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gestützten Zulassungsantrag ist im Einzelnen darzulegen, welche genauen Anhaltspunkte für eine bestimmte, vom Erstgericht abweichende Tatsacheneinschätzung bestehen. Der Antragsteller muss die Gründe, aus denen seiner Ansicht nach die Berufung zuzulassen ist, dartun und in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erläutern. Hierzu genügt es nicht, bloße Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Gegebenheiten im Herkunftsland des Ausländers zu äußern oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, unter Benennung bestimmter Erkenntnisquellen und Einzelfakten zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass der behauptete (nicht mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts sich deckende) Umstand zutreffend ist und dass es deswegen zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (BayVGH, B.v. 13.6.2016 – 13a ZB 16.30062 – juris Rn. 5 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 5.9.2017 – 13 A 923/17.A – juris Rn. 14). Diese Anforderung hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht erfüllt. Er hat weder im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen (geschweige denn unter Beweis gestellt) noch im Berufungszulassungsverfahren konkret ausgeführt, dass UNRWA im Gazastreifen generell die Aufgabe, Hilfe und Schutz zu gewähren, nicht mehr erfüllen kann (vgl. auch VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 33, 40). Insoweit bleiben die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 13. Oktober 2017 trotz der Bezugnahme auf den UN-Bericht vom Juli 2017 bloße unsubstanziierte Behauptung. Zwar geht aus dem Bericht hervor, dass sich die Lebensbedingungen u.a. aufgrund der von Israel ausgehenden Blockade im Gazastreifen weiter – und zwar drastischer als von den Vereinten Nationen im Jahr 2012 prognostiziert – verschlechtert haben (u.a.: hohes Bevölkerungswachstum; Rückgang des Pro-Kopf-BIP; zunehmende Arbeitslosigkeit, Rückgang der Bereitstellung von Basisdiensten im Gesundheits- und Bildungssektor; schlechte Stromversorgung; schlechte Trinkwasserversorgung, verbunden mit der Gefahr, dass die bestehende Trinkwasserversorgungseinrichtung bis Ende 2017 unbrauchbar wird). Ebenso geht aus dem UN-Bericht vom Juli 2017 hervor, dass es weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas kommt (willkürliche Verhaftungen, Schikanen und Folterungen, Tötungen in der Haft). Weder führt der Kläger aber im Einzelnen auf noch ergibt sich aus dem Bericht, dass es UNRWA aufgrund der dort beschriebenen Umstände nunmehr unmöglich geworden sei, die Versorgungs- und Schutzaufgabe gegenüber den von ihr geschützten (insbesondere gegenüber den von ihr förmlich registrierten) Personen zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56). Im Gegenteil wird im Bericht hervorgehoben, dass – trotz eines weiter zu prognostizierenden Abwärtstrends der Lebensbedingungen im Gazastreifen – insbesondere die Dienstleistungen der UNRWA dazu beigetragen haben, der Verschlechterung der Lebensbedingungen im Gazastreifen insgesamt entgegenzuwirken (vgl. Seite 3; zur Nahrungsmittelversorgung durch UNRWA vgl. Seite 14; zu Dienstleistungen durch UNRWA im Gesundheits- und Bildungssektor vgl. Seite 22 ff.).

c) Soweit der Kläger in der Sache Ausführungen zur Gewährung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) und zur Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) macht, kann diesbezüglich schon wegen eingetretener Bestandskraft und verspäteter Klageerhebung (s.o.) keine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfolgen.

2. Der zulässige Antrag, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu gewähren (§ 166 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und ihm den von ihm bevollmächtigen Rechtsanwalt beizuordnen (§ 121 ZPO), ist nicht begründet. Die Absicht des Klägers, die Zulassung der Berufung zu erreichen, hat aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.