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Die Berufung des Klägers ist nach der Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die - zulässige - Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 30.07.2004 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Juni 2003 bis Februar 2004) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17, m.w.N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen - Beihilfeverordnung - BVO - vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 20.02.2003 (GBl. S. 125). Die Beihilfeverordnung ist auf der Grundlage des § 101 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (GBl. S. 286) erlassen worden. Nach dieser Vorschrift wird den Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten, Witwern und Waisen zu Aufwendungen in Ge-burts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen sowie zur Gesundheitsvorsorge Beihilfe gewährt, solange ihnen laufende Besoldungs- oder Versorgungsbezüge zustehen. Das Nähere regelt das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung. Dabei ist insbesondere zu bestimmen, welche Personen beihilfeberechtigt und welche Personen berücksichtigungsfähig sind (Nr. 1); welche Aufwendungen beihilfefähig sind, wobei kleinere gesetzliche Kostenanteile sowie Kosten des Besuchs vorschulischer oder schulischer Einrichtungen und von berufsfördernden Maßnahmen nicht einbezogen werden dürfen (Nr. 2); unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe zu gewähren ist oder gewährt werden kann (Nr. 3); wie die Beihilfe zu bemessen ist (…) (Nr. 4) und wie übergangsweise die Gemeinden, Landkreise und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die zu leistende Beihilfe über eine Versicherung gewähren können (Nr. 5).
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Die Gewährung von Beihilfe gehört zwar nicht selbst zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, ist jedoch Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits zu diesen Grundsätzen gehört und damit verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 33 Abs. 5 GG). Danach hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird (BVerwG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277 m.w.N.). Es steht ihm frei, entweder die Dienstbezüge des Beamten so zu bemessen, dass er in der Lage ist, die ihm und seiner Familie entstehenden Kosten medizinischer Heilbehandlungen durch eigene Vorsorge abzudecken, oder dem Beamten freie Heilfürsorge oder Zuschüsse zu gewähren oder aber verschiedene Möglichkeiten miteinander zu kombinieren. Entscheidet sich der Dienstherr - wie hier der Beklagte - für die Lösung, die Dienstbezüge entsprechend zu bemessen und ergänzend Beihilfe zu gewähren, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenbeteiligung nicht absichern kann (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 -, BVerwGE 119, 168).
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Damit dienen auch die für die Ausgestaltung der Beihilfe erlassenen Vorschriften der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, müssen sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als „Programm“ ergeben. Soweit zur Beihilfeverordnung als Rechtsverordnung des Landes Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergehen, müssen sich diese im Rahmen des normativen Programms halten, dieses also konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären. Sie dürfen auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
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Nach § 5 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen.
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Die In-vitro-Fertilisation in Kombination mit der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (IVF-/ICSI-Behandlung) ist eine zur Behandlung einer Krankheit spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Die beim Kläger diagnostizierte organisch bedingte erhebliche Einschränkung der Fertilität aufgrund einer Kryptozoospermie bzw. eines OAT-Syndroms III. Grades stellt einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 C 38.02 -, BVerwGE 119, 265; BGH, Urteile vom 17.12.1986 - IVa ZR 78/85 -, BGHZ 99, 228, und vom 13.09.2006 - IV ZR 133/05 -, NJW 2006, 3560; Senatsbeschluss vom 28.10.2005 - 4 S 2627/04 - ESVGH 56, 128; VG Berlin, Urteil vom 11.09.2007 - 28 A 274.05 -, Juris). Unerheblich ist, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt ist, die Ursachen der Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohnt gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden ist. Von der Linderung einer Krankheit kann vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird. Letzteres ist hier der Fall. Die intracytoplasmatische Spermieninjektion ersetzt die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienen daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger zu ersetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.1993 - 11 S 498/93 -, Juris; BGH, Urteil vom 03.03.2004 - IV ZR 25/03 -, NJW 2004, 1658). Dies schließt die bei der - unstreitig gesunden - Lebenspartnerin des Klägers durchzuführenden Behandlungsschritte, d.h. deren Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen, die operative Eizellgewinnung mittels Follikelpunktion und den Embryotransfer nach Beendigung der Befruchtung, ein. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge kann - anders als bei anderen Erkrankungen - durch eine medizinische Behandlung allein des Klägers kein Heilungserfolg eintreten (BGH, Urteil vom 03.03.2004, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 28.10.2005, a.a.O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 04.09.2008 – 5 LA 198/07 -, NVwZ-RR 2009, 296; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.11.2007 - 1 A 2537/06 -, Juris). Daher sind die gesamten Maßnahmen im Rahmen der künstlichen Befruchtung dem Kläger zuzurechnen. Dies hat der Beklagte zumindest im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht in Frage gestellt.
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Der Umstand, dass medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen werden, sondern in § 27a SGB V als „eigenständiger Versicherungsfall“ den für Krankheiten geltenden Regelungen des Fünften Sozialgesetzbuchs lediglich unterstellt sind, rechtfertig keine andere Beurteilung (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 28.02.2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316, und Beschluss vom 27.02.2009 - 1 BvR 2982/07 -, FamRZ 2009, 761; BSG, Urteil vom 03.03.2001 - B 1 KR 40/00 R -, BSGE 88, 62). Denn zwischen den Systemen der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen grundlegende Strukturunterschiede, die es ausschließen, einzelne Strukturelemente aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung ohne ausdrückliche Regelung in das System der Beihilfe zu übertragen. Eine Anknüpfung an die Systematik des § 27a SGB V, wie sie sich in den Beihilfevorschriften des Bundes und anderer Länder findet, ist zwar grundsätzlich möglich. Weder die hier anzuwendende noch die derzeit geltende Fassung der Beihilfeverordnung des Beklagten sehen aber Derartiges vor. Aus Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums Baden-Württemberg zu § 6 BVO vom 23.04.1996 (GABl. S. 371) ergibt sich vielmehr, dass die künstliche Befruchtung im System der Beihilfe als Maßnahme zur Behandlung einer Krankheit angesehen wird.
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Der Annahme, dass die IVF-/ICSI-Behandlung der Behandlung einer Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO dient und insoweit notwendig ist, steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine so genannte heterologe IVF-/ICSI-Behandlung handelt, also eine künstlichen Befruchtung zwischen nicht verheirateten Partnern. Denn das Vorliegen eines anomalen körperlichen Zustands hängt nicht von der Existenz einer Ehe ab. Eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit - die objektiv und nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch als regelwidriger Körperzustand anzusehen ist - liegt unabhängig vom Bestehen einer Ehe vor und verändert sich nicht je nachdem, ob eine eheliche oder nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht (LG Berlin, Urteil vom 24.02.2004 - 7 O 433/02 -, RuS 2004, 203). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass die Fortpflanzungsfähigkeit nur für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, eine biologisch notwendige Körperfunktion ist (so LG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2007 - 11 O 297/06 -, Juris; ebenso Bayerischer VGH, Urteil vom 30.03.1993 - 3 B 92.2829 -, ZBR 1993, 279; OVG Berlin, Urteil vom 28.10.2003 – 4 B 3.03 -, Juris; offen gelassen BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Eine selbstbestimmte Entscheidungsbefugnis für ein gemeinsames Kind steht nichtehelichen Lebenspartnern nach den gewandelten gesellschaftlichen Anschauungen ebenso zu wie Ehepartnern. Auch können erhebliche Einschränkungen des Selbstwertgefühls und schwerwiegende Konflikte bis hin zu seelischen Erkrankungen nichteheliche Partner, die in einer festen Partnerschaft leben, genauso treffen. Denn Kinder zu haben und aufzuziehen, bedeutet - unabhängig vom Familienstand - für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens (BFH, Urteil vom 10.05.2007 - III R 47/05 -, NJW 2007, 3596).
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Die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen wird durch Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nicht ausgeschlossen. In diesem „Hinweis“ ist bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für homologe Insemination und homologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma des Ehemanns) beihilfefähig sind. Nicht beihilfefähig sind nach dieser Regelung Aufwendungen für heterologe Insemination und heterologe In-vitro-Fertilisation (Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns). Dabei beschränkt sich der Ausschlussgrund entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Fälle, in denen bei einer verheirateten und beihilfeberechtigten Frau eine künstliche Befruchtung durchgeführt wird. Zwar ist die in Parenthese erfolgte Präzisierung des Begriffs der heterologen Befruchtung dem Wortlaut nach nur auf die (Ehe-) Frau bezogen. Dies beruht indes darauf, dass jede Behandlung einer Fertilitätsstörung, unabhängig davon, ob die Ursache dafür beim Mann oder bei der Frau liegt, im Ergebnis die Herbeiführung einer Schwangerschaft bei der Frau zum Ziel hat. Da sich die Ausschlussregelung - ohne Einschränkung hinsichtlich der betroffenen Person - insgesamt auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bezieht, sind damit auch die Fälle erfasst, in denen der beihilfeberechtigte Mann aufgrund seiner Erkrankung nur im Wege der künstlichen Befruchtung in der Lage ist, ein Kind zu zeugen. Die Unterscheidung zwischen homologer und heterologer Befruchtung erfolgt in diesem Fall danach, ob der Samen des „erkrankten“ Mannes zur Befruchtung seiner Ehefrau vorgesehen ist oder zur Befruchtung einer Frau, mit der er nicht verheiratet ist.
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Die Verwaltungsvorschrift kann aber weder das Gericht binden noch einen Rechtsanspruch des Beamten ausschließen, der sich aus den Vorschriften der Beihilfeverordnung selbst ergibt (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.).
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Es erscheint bereits fraglich, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine IVF-/ICSI-Behandlung bei nichtverheirateten Beamten mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des § 27a Abs. 1 SGB V ausgeführt, es wäre nicht zu rechtfertigen, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im System der gesetzlichen Krankenversicherung von der Sachleistung einer Maßnahme der künstlichen Befruchtung auszuschließen, wenn diese medizinischen Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit dienten; eine Vorschrift, die eine solche Leistung der gesetzlichen Krankenkasse nur Verheirateten, aber nicht unverheirateten Personen zugute kommen ließe, hätte vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand. Die Regelung in § 27a Abs. 1 SGB V hat das Bundesverfassungsgericht dennoch gebilligt, weil der Gesetzgeber Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern hierfür einen eigenständigen Versicherungsfall geschaffen habe (BVerfG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.). Dies ist nach der Beihilfeverordnung - wie ausgeführt - anders. Die künstliche Befruchtung wird hier den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit zugeordnet. Ob die Erwägung des Beklagten, die Feststellung des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft könne zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen und unter Umständen ein Eindringen in das Privatleben des Beihilfeberechtigten erfordern, einen tragfähigen Grund für die Ungleichbehandlung von unverheirateten Beamten darstellen könnte, kann indes offen bleiben. Denn die Entscheidung, unverheirateten Beamten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung keine Beihilfe zu gewähren, kann jedenfalls nicht im Wege einer Verwaltungsvorschrift getroffen werden.
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Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 BVO berechtigt nur zum Erlass von Verwaltungsvorschriften, welche die Beihilfefähigkeit von näher bezeichneten Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen. Dies betrifft Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden sowie Materialien, Arznei- und Verbandmittel (Nr. 1), Aufwendungen für nicht in den Gebührenverzeichnissen der Gebührenordnungen der Bundesregierung aufgeführte ärztliche, psychotherapeutische oder zahnärztliche Leistungen (Nr. 2) und Aufwendungen für Heilbehandlungen nach Absatz 1 Nr. 3, Behandlungen von Heilpraktikern und psychotherapeutische oder ähnliche Behandlungen (Nr. 3). Hierunter fallen die streitgegenständlichen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht, insbesondere sind die In-vitro-Fertilisation und die intracytoplasmatische Spermieninjektion als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden einzustufen (BGH, Urteil vom 17.12.1986, a.a.O.). Darüber hinaus dürfen Verwaltungsvorschriften das normativ vorgegebene „Programm“ der Beihilfevorschriften lediglich norminterpretierend konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären und auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Sie dürfen dagegen nicht Leistungsausschlüsse oder Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest dem Grunde nach aus dem „Programm“ der Beihilfevorschriften selbst ergeben. Die Entscheidung darüber, welche Behandlungsmethoden oder Arzneien jeweils ausgeschlossen oder dem Aufwand nach begrenzt sind, kann nicht ohne jegliche bindende Vorgabe in die Zuständigkeit des Vorschriftenanwenders übertragen werden (BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O., und Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).
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Mit diesen Grundsätzen unvereinbar ist ein Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei unverheirateten Beamten, wie ihn Nr. 3 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO vorsieht. Erfüllt der Beamte, dem eine ärztliche Leistung zur Linderung eines krankheitsbedingten Leidens oder - wie hier - zum Ausgleich eines körperlichen Mangels erbracht wird, die in §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BVO aufgestellten Voraussetzungen, so steht ihm nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVO ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf die Beihilfe zu, der durch Verwaltungsvorschriften nicht ausgeschlossen werden kann.
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Die Erwägung des Beklagten, die Beihilfefähigkeit von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aus Gründen einer einfachen und gleichartigen Handhabung und damit zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten auf Ehepartner zu beschränken, rechtfertigt die Regelung im Wege einer Verwaltungsvorschrift nicht. Denn die Anknüpfung an den Familienstand ist zur Abgrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zur Behandlung einer Krankheit im „Programm“ der Beihilfevorschriften nicht vorgesehen. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO, auf die das Verwaltungsgericht hingewiesen hat. Diese Vorschrift regelt, wer außer den Kindern des Beihilfeberechtigten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BVO) noch zum Kreis der berücksichtigungsfähigen Angehörigen gehört. Dies sind - mit Ausnahme der Mutter eines nichtehelichen Kindes im Hinblick auf dessen Geburt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BVO) - nur die Ehegatten. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es bereits im normativen Programm der Beihilfeverordnung angelegt wäre, zu Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur verheirateten Beamten Beihilfe zu gewähren. Zwar ist eine IVF-/ICSI-Behandlung nur unter Einbeziehung des (Ehe-) Partners durchführbar. Die Aufwendungen werden allerdings allein dem erkrankten Partner zugeordnet und von diesem als Aufwendungen zur Behandlung seiner Erkrankung geltend gemacht. Die Beihilfefähigkeit derartiger Aufwendungen wird an keiner Stelle der Beihilfeverordnung unter Anknüpfung an den Familienstand bestimmt.
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Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. In dem vom Beklagten genannten in einem Berufungszulassungsverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 16.12.2004 - 4 S 2431/04 - bestand nämlich kein Anlass, sich zu der Frage zu äußern, ob der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei unverheirateten Beamten durch eine untergesetzliche Vorschrift geregelt werden darf.
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Beschluss vom 29. Juni 2009
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Der Beschluss ist unanfechtbar.
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