Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Juli 2015 - 13a ZB 15.30073

published on 28/07/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Juli 2015 - 13a ZB 15.30073
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2014 ist unbegründet.

Das Urteil weicht nicht von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ab. Eine Divergenz im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem sein Urteil tragenden Obersatz von einem Obersatz des höheren Gerichts abgewichen ist (BVerwG, B.v. 19.8.1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328).

Der Kläger rügt, die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Anforderungen an das substantiierte Vorbringen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) seien auch auf die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode zu übertragen, stehe im Widerspruch zum Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. März 2014 (13a ZB 13.30292). Dort sei ausgeführt, dass das Substantiierungserfordernis überspannt sei, wenn die hohen Anforderungen an die Diagnose bei PTBS auf diejenigen der Depression übertragen würden.

Vorliegend ist das Verwaltungsgericht zum Ergebnis gelangt, dass die vom Kläger vorgelegte psychologische Stellungnahme eines Diplom-Psychologen den im Einzelnen genannten Anforderungen an die Substantiierung seines Vorbringens nicht genüge. In erster Linie stützt sich das Verwaltungsgericht dabei darauf, dass die Stellungnahme von einem Diplom-Psychologen ausgestellt sei und nicht von einem Facharzt für psychische Erkrankungen (UA S. 9 f.). Aufgrund der Eigenart des geltend gemachten Krankheitsbildes bestünden entsprechende Anforderungen an ärztliches Vorgehen und Diagnostik, die nur von Fachärzten für Psychiatrie oder für Psychotherapeutische Medizin erfüllt werden könnten. „Diplom-Psychologe“ dürfe sich nennen, wer ein Psychologiestudium an einer Universität absolviert habe. Der Beruf des Psychologen sei kein Heilberuf; mangels Approbation dürfe der Psychologe nicht eigenverantwortlich heilberuflich am Menschen tätig werden. Der Diplom-Psychologe sei nicht als Facharzt approbiert, daher fehle ihm die fachliche ärztliche Kompetenz, so komplizierte Diagnosen psychischer Erkrankungen zu stellen.

Mit diesen Ausführungen wird kein Obersatz aufgestellt, welcher der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Senats widersprechen würde. Dort war die Erkrankung von einer Fachärztin für Neurologie und Nervenheilkunde diagnostiziert worden, die eine PTBS und eine „depressive Störung mittelgradiger Ausprägung“ bescheinigt hatte. Dementsprechend war auch der Beweisantrag auf das Vorliegen einer Depression und einer PTBS gerichtet. Bei der Ablehnung des Beweisantrags hat sich das Verwaltungsgericht im dortigen Fall allein auf die PTBS gestützt und ihn nach den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag für dieses Krankheitsbild gewürdigt. Mit der Depression hat es sich überhaupt nicht befasst. Vorliegend hingegen hat das Verwaltungsgericht im Einklang mit dem Beweisantrag die attestierte depressive Episode zugrunde gelegt und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Stellungnahme im Gegensatz zur vorgelegten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht von einem diagnoseberechtigten (Fach-)Arzt, sondern von einem Diplom-Psychologen ausgestellt sei. Damit weicht das Verwaltungsgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, weil die Ausgangslage eine andere ist.

Aus den gleichen Gründen scheidet auch der vom Kläger weiter geltend gemachte Verfahrensmangel der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Der Kläger muss die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B.v. 21.4.1982 - 2 BvR 810/81 - BVerfGE 60, 305/310). Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch in Erwägung zu ziehen (BVerfG, B.v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133/146 = DVBl 1992, 1215; BayVerfGH, E.v. 13.3.1981 - Vf. 93-VI-78 - BayVBl 1981, 529). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, B.v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133/146; B.v. 23.7.2003 - 2 BvR 624/01 - NVwZ-RR 2004, 3). Für den substantiierten Tatsachenvortrag und die schlüssige Darlegung seines Schicksals ist der Kläger selbst verantwortlich (BVerwG, B.v. 28.12.1999 - 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51).

Der Kläger rügt, die Ablehnung des Beweisantrags sei rechtswidrig, weil die Gleichsetzung des Krankheitsbilds einer posttraumatischen Belastungsstörung mit dem einer mittelgradigen depressiven Episode hinsichtlich der an die Diagnose zu stellenden Anforderungen nicht haltbar sei. Wie bereits erläutert, hat sich das Verwaltungsgericht explizit mit dem Substantiierungserfordernis einer psychischen Krankheit befasst. Die Auffassung, dass die vorgelegte Stellungnahme eines Diplom-Psychologen nicht dem Substantiierungserfordernis eines Beweisantrags entspricht, ist nicht zu beanstanden. Insbesondere verweist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf, dass sie nicht von einem Arzt, sondern von einem Diplom-Psychologen erstellt ist. Dieser ist nicht zur Diagnostik befugt, wie sich aus dem Gesetz über die Berufsausübung, die Berufsvertretungen und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufe-Kammergesetz - HKaG) ergibt. Danach gehört die Tätigkeit eines Psychologen nicht zu den Heilberufen. Das ist erst der Fall, wenn ein Psychologe zusätzlich die mindestens dreijährige Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten gem. § 5 Psychotherapeutengesetz (PsychThG) abgeleistet und die entsprechende Approbation (§ 2 PsychThG) erhalten hat (siehe hierzu auch OVG NRW, B.v. 19.12.2008 - 8 A 3053/08.A - AuAS 2009, 82). Erst der approbierte Psychologe hat das Recht und trägt die Verantwortung sowohl für die Erstellung von Diagnosen als auch für seine Entscheidung über eine Psychotherapie und ihre Durchführung (Stellungnahme des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen - bpd - zur Tätigkeit des Diplom-Psychologen als Sachverständiger im Sozialgerichtsverfahren, abrufbar unter www.b...-v....org/b...html).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus
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published on 19/01/2018 00:00

Tenor I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31. Mai 2016 wird in den Nrn. 4, 5 und 6 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflicht
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Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für ... vom 12. Januar 2016 wird in Nr. 4 insoweit aufgehoben, als festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliegt. Er wird zudem in Nr. 5 und 6 aufgeh
published on 19/06/2018 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Tatbestand  1 Der nach eigenen Angaben am ... 1996 geborene Kläger ist angeblich gambischer Staatsangehöriger. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 10.
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Annotations

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Die Approbation als Psychotherapeutin oder Psychotherapeut ist auf Antrag zu erteilen, wenn die antragstellende Person

1.
das Studium, das Voraussetzung für die Erteilung einer Approbation als Psychotherapeutin oder Psychotherapeut ist, erfolgreich absolviert hat und die psychotherapeutische Prüfung nach § 10 bestanden hat,
2.
sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt,
3.
nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist und
4.
über die für die Ausübung des Berufs erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(2) Soll die Erteilung der Approbation abgelehnt werden, weil mindestens eine der in Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 genannten Voraussetzungen nicht vorliegt, so ist die antragstellende Person oder ihre gesetzliche Vertreterin oder ihr gesetzlicher Vertreter vor der Entscheidung zu hören.

(3) Ist gegen die antragstellende Person wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet, so kann die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Approbation ausgesetzt werden, bis das Strafverfahren beendet ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.