Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2015 - 11 CS 14.2635

bei uns veröffentlicht am27.01.2015

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A18, A1, B, M, L und S.

Mit Bescheid vom 21. September 2010 entzog die Fahrerlaubnisbehörde ihm wegen Erreichens von 18 Punkten die Fahrerlaubnis. Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte mit Schreiben vom 25. Mai 2010 mitgeteilt, dass der Antragsteller einen Stand von 50 Punkten im Verkehrszentralregister erreicht hatte. Dem lagen u. a. zahlreiche Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit und andere Ordnungswidrigkeiten zugrunde. Am 20. Oktober 2010 führte der Antragsteller ein Kraftfahrzeug, obwohl er keine Fahrerlaubnis hatte. Das Amtsgericht Kehl verhängte dafür mit Strafbefehl vom 1. August 2011 eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen.

Im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens ordnete die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 ein ärztliches und ein medizinisch-psychologisches Gutachten an. Es wurde darauf hingewiesen, dass die an den Gutachter zu übersendenden Akten jederzeit eingesehen werden können.

Der Fahrerlaubnisbehörde war seit 31. August 2012 durch eine Mitteilung der Polizeiinspektion Regenstauf bekannt, dass gegen den Antragsteller Ermittlungen wegen mehrfachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis im Zeitraum vom 1. März 2012 bis 4. Juli 2012 geführt wurden. Diese Unterlagen wurden nach Aktenlage nicht an den Gutachter weitergegeben.

Die Gutachten vom 13. Dezember 2012 kamen zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller trotz Vorliegens einer Erkrankung bzw. psychischen Störung fahrgeeignet sei und nicht zu erwarten sei, dass er in Zukunft erheblich oder wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßen werde. Dabei wurden die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten berücksichtigt, die aus dem Führungszeugnis vom 21. August 2012 und dem Verkehrszentralregisterauszug vom 10. August 2012 ersichtlich waren. Die Frage des Gutachters, ob er seit dem letzten aktenkundigen Delikt weitere Verkehrsordnungswidrigkeiten oder Straftaten begangen habe, verneinte der Antragsteller. Der Gutachter bewertete es positiv, dass der Antragsteller seit Januar 2011 keine Verkehrsdelikte mehr begangen habe. Die Fahrerlaubnisbehörde erteilte daraufhin am 27. Dezember 2012 eine Fahrerlaubnis.

Am 15. April 2013 ging die Mitteilung ein, dass der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 15. März 2013, rechtskräftig seit 23. März 2013, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt und ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt worden sei.

Mit Schreiben vom 17. April 2013 fragte die Fahrerlaubnisbehörde bei dem Gutachter an, ob die Prognose aus dem Gutachten vom 13. Dezember 2012 angesichts der offensichtlich unrichtigen Angaben des Antragstellers aufrechterhalten werde. Der Gutachter führte daraufhin mit Schreiben vom 26. April 2013 aus, dass die positive Prognose nicht aufrechterhalten werden könne.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2014 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller auf, ein Fahreignungsgutachten beizubringen. Die Anordnung wurde auf § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV gestützt und ausgeführt, dass das Gutachten vom 13. Dezember 2012 die Tat vom 4. Juli 2012 nicht berücksichtigt habe, da der Antragsteller falsche Angaben gemacht habe. Das Gutachten könne daher die Fahreignung nicht stützen. Es handele sich nicht um eine Anordnung wegen erneuten verkehrsrechtlichen Verstößen, sondern es müsse die Fahreignung unter Berücksichtigung aller relevanten Tatbestände beurteilt werden.

Einem Auszug aus dem Fahrerlaubnisregister vom 25. Juni 2014 ist zu entnehmen, dass für den Antragsteller insgesamt vier Punkte und 15 Verstöße eingetragen sind. Die letzte Eintragung bezieht sich auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung am 29. November 2013 und ist mit einem Punkt bewertet.

Nachdem der Antragsteller trotz entsprechender Ankündigung kein Gutachten vorlegte, entzog die Fahrerlaubnisbehörde ihm mit Bescheid vom 20. Oktober 2014 die Fahrerlaubnis (Nr. 1), ordnete die Vorlage des Führerscheins innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung (Nr. 2) und den Sofortvollzug der Nrn. 1 und 2 des Bescheids an (Nr. 3).

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat über die Klage gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2014 noch nicht entschieden. Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. November 2014 ab.

Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller geltend, das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs sei schon nicht hinreichend begründet worden. Darüber hinaus sei die Interessenabwägung fehlerhaft, da ausschließlich auf die Erfolgsaussichten der Klage abgestellt werde. Dem Eilantrag sei stattzugeben, da die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nicht vorliegen würden.

Die Erfolgsaussichten der Hauptsache seien auch nur summarisch zu prüfen. Der Antragsteller sei bei der Begutachtung am 22. November 2012 angesichts der Fülle der aktenkundigen Verstöße davon ausgegangen, dass dem Gutachter sämtliche Verfehlungen bekannt gewesen seien. Das Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Straftat vom 4. Juli 2012 sei schon eingeleitet und aktenkundig gewesen. Er sei froh gewesen, dass im Hinblick auf das laufende Strafverfahren bei der Begutachtung keine intensivere Auseinandersetzung mit dem letztmaligen Verstoß erfolgt sei. Er habe keines der bekannten Delikte verschweigen wollen. Der Gutachter habe dann bestätigt, dass der Antragsteller sich mit seinem Fehlverhalten und den Ursachen dafür auseinandergesetzt habe und keine weiteren Verkehrsverstöße zu befürchten seien. Für die positive Prognose sei es unerheblich, ob noch eine weitere Tat dazugekommen sei. Es handele sich dabei nur um einen von vielen Bausteinen, die die positive Prognose tragen würden. Das Amtsgericht habe bezüglich der Tat vom 4. Juli 2012 auch von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen.

Seit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis sei der Antragsteller auch nicht negativ in Erscheinung getreten. Der Beschluss des erkennenden Senats vom 7. August 2014, Az. 11 CS 14.352, entspreche dem vorliegenden Sachverhalt. Im Übrigen seien nur noch die letzten beiden Eintragungen im Fahrerlaubnisregister verwertbar, alle anderen Verfehlungen seien schon getilgt. Damit habe sich die günstige Prognose bestätigt.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Anordnung des Sofortvollzugs den formellen Anforderungen genügt. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Insbesondere bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (Schmidt, a. a. O. Rn. 36). Die Antragsgegnerin hat auf Seite vier des Bescheids unter Bezugnahme auf den konkreten Einzelfall zwar knapp, aber ausreichend, das besondere Interesse am sofortigen Vollzug begründet. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigenständige Interessenabwägung durchgeführt.

2. Das Beschwerdevorbringen führt nicht zu einer Änderung der Entscheidung, da das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Klage bei summarischer Prüfung keine Erfolgsaussichten hat. Die Erfolgsaussichten der Klage sind ein wichtiges Kriterium im Rahmen der gerichtlichen Interessenabwägung, denn ein Bürger kann kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Schmidt, a. a. O. § 80 Rn. 73 f.). Soweit der Antragsteller vorträgt, dass dann der Verwaltung die Befugnis eingeräumt würde, bei ihrer Entscheidung über die Vollziehungsanordnung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigten, übersieht er, dass bei einer Entscheidung im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO nicht die Behörde, sondern das Gericht eine eigenständige Interessenabwägung vornimmt.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller nach summarischer Prüfung zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Fahrerlaubnis auch dann nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV entzogen werden kann, wenn im Erteilungszeitpunkt die Erfordernisse für die Erteilung nicht erfüllt waren und auch nachträglich nicht erfüllt sind, weil die allgemeinen Vorschriften über Rücknahme und Widerruf nach Art. 48, 49 BayVwVfG nicht anwendbar sind (BayVGH, B. v. 11.6.2007 - 11 CS 06.2244 - juris; OVG Hamburg, B. v. 30.1.2002 - 3 Bs 4/02 - NJW 2002, 2123 m. w. N.). Einen solchen Fall macht die Antragsgegnerin geltend, denn sie hat die Anordnung zur Beibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens ausdrücklich nicht auf die nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Fahrerlaubnisregister eingetragenen Verfehlungen gestützt. Sie hat sich darauf berufen, dass der positiven Prognose im Gutachten vom 13. Dezember 2012 die Grundlage entzogen sei und daher ungeklärt sei, ob der Antragsteller die Eignung zum Führen von Fahrzeugen besitze.

Die Antragsgegnerin konnte nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers schließen, weil er das rechtmäßig geforderte Gutachten nicht fristgerecht beigebracht hat. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U. v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78). Dies ist hier der Fall, denn die Antragsgegnerin konnte auf der Grundlage des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV zur Klärung von Eignungszweifeln bei wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften eine medizinisch-psychologische Begutachtung anordnen.

Die Straftaten und Verkehrsordnungswidrigkeiten, die im Jahr 2010 zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt haben, konnten auch bei Erlass der Beibringungsanordnung am 13. Juni 2014 noch verwertet werden, denn sie waren zu diesem Zeitpunkt noch im Fahrerlaubnisregister eingetragen und nicht tilgungsreif. Nach dem zum Zeitpunkt der Entziehung der Fahrerlaubnis im Jahr 2010 anwendbaren § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG a. F. wurden nur die Punkte für die vor der Entziehung der Fahrerlaubnis begangenen Zuwiderhandlungen gelöscht. Die Zuwiderhandlungen selbst wurden nach § 28 Abs. 3 StVG a. F. weiter gespeichert und unterlagen der Tilgungsvorschrift des § 29 StVG a. F. Seit der Rechtsänderung zum 1. Mai 2014 werden die bestehenden Eintragungen gemäß der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG weiterhin bis 1. Mai 2019 nach der alten Rechtslage gespeichert, getilgt und gelöscht. Nach § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG a. F. ist im Falle von mehreren Eintragungen nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 9 StVG a. F. die Tilgung erst zulässig, wenn für alle betreffenden Eintragungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Nach § 29 Abs. 6 Satz 4 StVG a. F. wird die Eintragung einer Entscheidung wegen einer Ordnungswidrigkeit spätestens nach Ablauf von fünf Jahren nach Rechtskraft getilgt. Die Tilgung der Ordnungswidrigkeit vom 23. Juni 2009, rechtskräftig geahndet am 8. Oktober 2009, erfolgte daher zum 8. Oktober 2014.

Es bestanden auch berechtigte Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen, da das Gutachten vom 13. Dezember 2012, das zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 27. Dezember 2012 geführt hat, sich nachträglich als nicht zutreffend erwiesen hat. Diese Zweifel können durch die Anforderung eines neuen medizinisch-psychologischen Gutachtens geklärt werden (vgl. VG München, U. v. 19.11.2013 - M 1 K 13.2679 - juris Rn. 14). Der Gutachter hat mit Schreiben vom 26. April 2013 ausgeführt, dass die positive Prognose bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht aufrechterhalten werden könne. Diese Aussage des Gutachters ist auch nachvollziehbar, denn er ging auf der Basis der übersandten Akten und der Angaben des Antragstellers im Gutachten unzutreffend davon aus, dass die letzten Straftaten und Verkehrsordnungswidrigkeiten im Jahr 2011 begangen wurden und hat aus der straffreien Zeit auf eine positive Verhaltensänderung beim Antragsteller geschlossen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Gutachten ebenfalls positiv ausgefallen wäre, wenn der Antragsteller die Tat vom 4. Juli 2012 offenbart hätte, denn es handelte sich nicht nur um einen geringfügigen Verstoß, der angesichts der Vielzahl der begangenen Verfehlungen keine Bedeutung gehabt hätte, sondern um eine Straftat, die mit einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen geahndet wurde. Zudem wurde sie erst erhebliche Zeit nach der letzten dem Gutachter bekannten Tat begangen und lässt nach den allgemeinen Ausführungen des Gutachtens (Gutachten v. 13.12.2012, S. 5 unten) auf eine grundsätzliche Fehleinstellung gegenüber normativen Vorgaben schließen.

Soweit der Antragsteller geltend macht, er sei davon ausgegangen, dass dem Gutachter auch die Tat vom 4. Juli 2012 bekannt gewesen sei, führt dies zu keiner anderen Einschätzung. Der Antragsteller hätte sich durch Einsicht in die an den Gutachter zu übersendenden Akten oder durch Nachfrage bei dem Gutachter darüber vergewissern müssen, welche Taten dem Gutachter bekannt waren. Zwar muss der Betreffende weitere Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nicht von sich aus offenbaren, da er sich nicht selbst belasten muss. Das führt aber nicht dazu, dass er die Frage nach solchen Vorfällen falsch beantworten dürfte, sondern er kann eine Beantwortung nur ablehnen (vgl. OVG NRW, B. v. 4.7.2007 - 16 B 666/07 - NJW 2007, 2938).

Im Übrigen ist aber wohl auch davon auszugehen, dass der Antragsteller den Gutachter darüber getäuscht hat, dass er auch noch im Jahr 2012 ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug geführt hat. Hinsichtlich des Fahrens ohne Fahrerlaubnis berichtete er gegenüber dem Gutachter, er sei fast ein Jahr nach Entziehung der Fahrerlaubnis noch weiter gefahren. Nach der Verurteilung sei er dann nicht mehr gefahren (Gutachten v. 13.12.2012, S. 11 unten). Diese Angaben waren tatsächlich falsch und deuten darauf hin, dass der Antragsteller davon ausging, dem Gutachter sei das neuerliche Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis im Zeitraum vom 1. März 2012 bis 3. Juli 2012 nicht bekannt.

Die Fahrerlaubnisbehörde ist auch nicht deshalb an einer Entziehung der Fahrerlaubnis gehindert, weil das Amtsgericht Regensburg in seinem Urteil vom 15. März 2013 nur ein Fahrverbot nach § 44 StGB verhängt hat und deshalb von der grundsätzlichen Geeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen wäre. Zum Einen hat die Antragsgegnerin die Gutachtensanordnung nicht auf diese Straftat gestützt, sondern ist davon ausgegangen, dass das eingeholte Gutachten nicht verwertbar und deshalb eine neue Begutachtung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erforderlich sei. Zum Anderen hat das Strafgericht die Eignung des Antragstellers nicht ausdrücklich festgestellt, sondern keine Feststellungen zur Kraftfahreignung getroffen. In diesem Fall liegt keine die Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs. 4 StVG bindende Beurteilung der Eignungsfrage vor (Hentschel/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht 43. Aufl. 2015 § 3 StVG, Rn. 58 f. m. w. N.).

Der vorliegende Fall ist auch nicht vergleichbar mit der Fallkonstellation, die dem Beschluss des erkennenden Senats vom 7. August 2014, Az. 11 CS 14.352, juris, zugrunde lag. Dort wurde nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis aufgrund einer positiven Begutachtung abweichend vom Punktesystem eine Gutachtensanordnung erlassen, nachdem eine weitere Ordnungswidrigkeit begangen wurde und damit die Prognose als unzutreffend angesehen wurde. Hier hat sich demgegenüber herausgestellt, dass das Gutachten, das zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis geführt hat, auf einer falschen Tatsachengrundlage erstellt wurde und damit schon von Anfang an keine positive Prognose gerechtfertigt war. Dabei handelt es sich nicht um ein Abweichen vom Punktesystem, sondern faktisch um eine Rücknahme der vormals erteilten Fahrerlaubnis, weil die Erteilungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Erteilung nicht vorgelegen haben.

3. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Erfolgsaussichten der Klage offen sind, da ggf. höhere Anforderungen an die Ermessenausübung in der Beibringungsanordnung zu stellen sind, weil der Behörde zum Zeitpunkt der Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 27. Dezember 2012 die polizeilichen Ermittlungen schon bekannt waren, würde eine Interessenabwägung nicht zugunsten des Antragstellers ausfallen. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen ordnungsgemäßen Ablauf resultiert. Dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt (BayVGH, B. v. 7.8.2014 - 11 CS 14.352 - juris).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller den Gutachter wohl bewusst getäuscht hat und weiterhin eine grundsätzliche Fehleinstellung gegenüber den Straßenverkehrsvorschriften im Raum steht. Zum anderen wurde der Antragsteller nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis rechtskräftig wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt und es sind dafür drei Punkte im Fahrerlaubnisregister eingetragen. Darüber hinaus hat er entgegen seiner Darstellung in der Beschwerdebegründung am 29. November 2013 erneut eine erhebliche Geschwindigkeitsübertretung begangen, die in das vorherige Muster der zahlreichen Verkehrsordnungswidrigkeiten passt und mit einem Punkt bewertet wurde. Er hat innerhalb von 18 Monaten nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis schon wieder vier Punkte und damit die erste Stufe des Fahreignungs-Bewertungssystems nach § 4 StVG erreicht. Zum jetzigen Zeitpunkt sind auch noch 11 weitere Verkehrsordnungswidrigkeiten im Fahrerlaubnisregister gespeichert und verwertbar. Nur die Tat vom 20. Oktober 2009, rechtskräftig geahndet am 5. Januar 2010, wäre wohl schon zu tilgen. Es spricht daher vieles dafür, dass beim Antragsteller noch keine grundlegende und gefestigte Verhaltensänderung vorliegt, die aber für die Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr erforderlich wäre.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, Anh. § 164 Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. Januar 2014 wird abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. November 2013 wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Antragsgegner.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1983 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, C, CE und T.

Mit Urteil des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 5. Oktober 2006 wurde der Antragsteller der Strafvereitelung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen (Tattag: 24.12.2005; Eintrag von 6 Punkte im vormaligen Verkehrszentralregister). Nach Vorlage eines positiven Fahreignungsgutachtens erhielt der Antragsteller am 6. Mai 2008 die Fahrerlaubnis der oben genannten Klassen. Am 12. September 2009 und am 16. März 2010 beging der Antragsteller eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h und 18 km/h, am 23. Oktober 2009 missachtete er ein Überholverbot (jeweils 1 Punkt im Verkehrszentralregister); am 8. Dezember 2009, am 3. August 2010 und am 22. Februar 2011 unterschritt er den erforderlichen Mindestabstand von 50 Metern mit einem Lkw (jeweils 3 Punkte). Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller beim Stand von 18 Punkten die Fahrerlaubnis.

Das Ergebnis der medizinischpsychologischen Untersuchung durch den TÜV-Süd im Januar 2012 im Rahmen eines Neuerteilungsantrags legte der Antragsteller nicht vor, ein weiteres Fahreignungsgutachten des TÜV Süd vom 2. Juli 2012 fiel negativ aus. Beim Antragsteller liege wiederholtes und verschiedenartiges Fehlverhalten im Straßenverkehr vor. Unter den festgestellten Verstößen befinde sich auch eine Straftat. Solches Fehlverhalten sei in der Regel nicht nur auf Unachtsamkeit, Erfahrungsmangel oder Fahrlässigkeit zurückzuführen, sondern deute auf grundlegende Persönlichkeits- bzw. Einstellungsmängel hin. Art und Häufigkeit der Verkehrsverstöße zeigten ein geschwindigkeitsbetontes Fahrverhalten. Beim Antragsteller liege nach seiner Verkehrsvorgeschichte eine generelle Bereitschaft vor, geltende Regeln und die Belange anderer Verkehrsteilnehmer zu missachten. Der Antragsteller habe zwar die Zusammenhänge mit fachlicher Hilfestellung reflektiert und begonnen, seine Einstellung und sein Verhalten zu ändern. Es bestehe eine deutliche Änderungsbereitschaft; es zeigten sich Anzeichen einer positiven Entwicklung, jedoch bestehe diese Änderung erst seit kurzer Zeit und bedürfe der Vertiefung und Stabilisierung; der Antragsteller befinde sich gerade mitten im Veränderungsprozess, in dem er versuche, seinen neuen Standpunkt gegenüber seinen Vorgesetzten durchzusetzen.

Das dritte Gutachten der p.-mpu GmbH S. (...) vom 24. Oktober 2012 kam zu einer positiven Prognose. Der Antragsteller hatte geltend gemacht, dass er dem Termindruck, den sein Arbeitgeber auf ihn ausübe, nunmehr besser widerstehen könne; für den bisherigen Arbeitgeber werde er nicht mehr arbeiten. Das Gutachten stellte eine selbstkritische Distanzierung zum früheren auffälligen Verhalten fest; das geschilderte Vermeidungsverhalten beziehe sich konkret auf die Verhinderung früherer Fehlverhaltensweisen; es habe ein ausschlaggebender Veränderungsprozess beim Antragsteller stattgefunden. Es sei daher nicht zu erwarten, dass der Antragsteller auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Daraufhin erhielt der Antragsteller am 6. Dezember 2012 die Fahrerlaubnis neu erteilt.

Am 3. Februar 2013, 23:50 Uhr, überschritt der Antragsteller als Führer eines Lastkraftwagens die zulässige Höchstgeschwindigkeit außer Orts (Autobahn, Baustelle, ca. 200 m hinter dem Zeichen 274 StVO) von 60 km/h um 21 km/h.

Aus diesem Grund forderte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 7. Juni 2013 zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung der Frage auf, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde und ob trotz der neuen Verkehrszuwiderhandlung vom 3. Februar 2013 die positive Prognose der medizinischpsychologischen Begutachtung vom 24. Oktober 2012 aufrecht erhalten werden könne. Die Fahrerlaubnisbehörde schilderte die Vorgeschichte des Antragstellers und betonte, dass der Antragsteller trotz des vorangegangen Eignungsgutachtens zum Ersterwerb der Fahrerlaubnis sowie dem Wissen, dass die Fahrerlaubnis für zwei Jahre auf Probe erteilt worden sei, in der Folgezeit massiv mit Verkehrsverstößen aufgefallen sei. Trotz der Maßnahmen bei Erreichen bestimmter Punktestände (Verwarnung beim Stand von 8 Punkten, Verwarnung und Hinweis auf die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung bei einem Stand von 15 Punkten), habe sich der Punktestand auf 18 Punkte erhöht. Nachdem sowohl eine medizinischpsychologische Begutachtung im Januar 2012 als auch die Begutachtung am 25. Juni 2012 negativ gewesen sei, sei erst das dritte Gutachten durch die p.-mpu GmbH vom 24. Oktober 2012 zu einer positiven Prognose gekommen. Nicht einmal zwei Monate nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis und nur etwas mehr als drei Monate nach der positiven Prognose habe der Antragsteller erneut einen Verkehrsverstoß begangen, der in das Verkehrszentralregister eingetragen worden sei. Damit habe er die positive Prognose widerlegt und seine Kraftfahreignung erneut in Frage gestellt. Der Antragsteller sei nicht gewillt, die Rechtsordnung im Bereich des Fahrerlaubnisrechts zu respektieren. Maßnahmen nach dem Punktsystem reichten nicht aus.

Der Antragsteller wandte sich mit mehreren Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten gegen die Gutachtensanordnung; die Fahrerlaubnisbehörde betonte mit Schreiben vom 7. August 2013 und 4. November 2013, dass der Antragsteller erst im dritten Anlauf zu einer positiven Prognose gekommen sei, so dass auch ein Obergutachten hätte gefordert werden können; der Antragsteller habe in nur drei Jahren 18 Punkte erreicht, und acht Wochen nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h begangen, und zwar mit einem Lkw, was ein größeres Gefährdungspotential darstelle. Ein Gutachten wurde nicht vorgelegt.

Mit Bescheid vom 19. November 2013 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, forderte ihn auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids zurückzugeben, ordnete die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung an und drohte für den Fall der Nichtabgabe des Führerscheins Zwangsmaßnahmen an.

Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg (W 6 K 13.1278) erheben. Den gleichzeitig gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Januar 2014 ab. Es liege eine rechtmäßige Gutachtensaufforderung gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV und damit ein rechtmäßiges Vorgehen außerhalb des Punktsystems vor. Angesichts der Vorgeschichte des Antragstellers habe er durch die erneute Verkehrszuwiderhandlung die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 widerlegt. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV für die Beibringung eines Gutachtens wegen eines - unstrittigen - erheblichen Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften lägen vor. Es handle sich hier um einen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems notwendigen, atypischen, besonders gelagerten Sachverhalt. Dafür sprächen die gesamte Vorgeschichte des Antragstellers, die kurze Zeit bis zum erneuten Verstoß entgegen der positiven Prognose und die unglaubhaften, beschönigenden Einlassungen des Antragstellers dazu. Schon der Umstand, dass dem Antragsteller seine erstmalige Fahrerlaubnis erst verspätet nach Vorlage einer positiven medizinischpsychologischen Begutachtung habe erteilt werden können, falle aus dem Rahmen. Nach nur gut drei Jahren - von 2008 bis 2011 - habe der Antragsteller dann das Punktsystem durchlaufen und 18 Punkte angehäuft. Auffällig sei weiter, dass der Antragsteller drei medizinischpsychologische Gutachten in eineinhalb Jahren benötigt habe, um zu einer positiven Prognose zu kommen. Der Antragsteller belege durch den erneuten Verkehrsverstoß nur gut drei Monate nach der Begutachtung und knapp zwei Monate nach der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, dass er nahtlos an sein vorhergehendes verkehrswidriges Verhaltensmuster anknüpfe. Dafür spreche auch der Umstand, dass er weiterhin bei der Firma arbeite, die nach seinen eigenen Angaben Auslöser für den Zeitdruck gewesen sei, der zu den zahlreichen Verkehrsauffälligkeiten geführt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass die neuerliche Geschwindigkeitsüberschreitung nur ein einmaliger, versehentlicher Ausrutscher gewesen sei und sich nicht wiederholen werde. Das Fehlen weiterer Verkehrsverstöße in der Folgezeit könne daran liegen, dass solche nicht aktenkundig geworden seien oder dass sich der Antragsteller unter dem Eindruck der Ahndung (mit Bußgeldbescheid vom 15.4.2013) und des nachfolgend laufenden Entziehungsverfahrens (ab Juni 2013) zurückgehalten habe; das könne aber die Zweifel an der charakterlichen Fahreignung nicht auszuräumen, zumal schon früher zwischen den einzelnen Verkehrsverstößen mehrere Monate bis zu einem halben Jahr gelegen hätten. Gerade auch die einzelne erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung könne die Zweifel erneut begründen. Zwar sei dieser mit einem Punkt bewertete Verstoß für sich allein nicht so massiv und seien nach der Neuerteilung keine weiteren Verstöße aktenkundig. Es träten hier jedoch weitere Umstände, nämlich die Vorgeschichte des Antragstellers, hinzu. Das Gericht werte die Aussage des Antragstellers, er habe wegen plötzlich aufgetretenen Schnees bei abschüssiger Fahrbahn nicht bremsen können, ohne einen Ausbruch des Fahrzeugs zu riskieren, als unglaubhafte beschönigende Schutzbehauptung. Es spreche viel dafür, dass der Antragsteller den Geschwindigkeitsverstoß vorsätzlich begangen habe, da er - nach Abzug der Messtoleranz - mit 81 km/h bei erlaubten 60 km/h gefahren sei und damit die ohnehin zulässige Höchstgeschwindigkeit für Lkw (80 km/h) überschritten habe. Im Übrigen bestätige der Wetterbericht die Angaben des Antragstellers nicht; auch auf den in den Akten befindlichen Lichtbildern sei kein Schnee, auch keine geschlossene Schneedecke, aber die Fahrbahnmarkierung zu erkennen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Antragstellers müsse er sich vorwerfen lassen, dass er trotz schneebedeckter Fahrbahn seine Geschwindigkeit nicht angepasst habe. Baustellen auf der Autobahn würden regelmäßig vorangekündigt und durch einen sogenannten Geschwindigkeitstrichter angezeigt, so dass dem Antragsteller auf jeden Fall genügend Zeit geblieben wäre, seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Einlassung des Antragstellers bestätige die Eignungszweifel und das Erfordernis einer Begutachtung seiner charakterlichen Eignung.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung wird vorgetragen:

- Die Sofortvollzugsanordnung sei nicht rechtmäßig. Der Antragsteller sei nicht mit Alkohol- oder Drogentätern zu vergleichen, die ihr Verhalten suchtbedingt nicht kurzfristig ändern könnten. Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass sich der Antragsteller durch den Bußgeldbescheid vom 15. April 2013 und das nachfolgende Entziehungsverfahren habe beeindrucken lassen, so dass es seither nicht mehr zu Verkehrsverstößen gekommen sei, so stelle er keine akute Gefahr für den Straßenverkehr bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dar. Der Antragsteller habe sich vom Februar 2013 bis zur Fahrerlaubnisentziehung im November 2013 zehn Monate verkehrsgerecht verhalten. Dies müsse bei der Sofortvollzugsanordnung berücksichtigt werden.

- Allein die zeitliche Nähe des erneuten Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis reiche nicht für die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens aus. Der begangene Verkehrsverstoß habe die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 nicht widerlegt. Die Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 im Anschluss an den Nachweis der wieder gewonnenen Eignung sei rechtmäßig erfolgt; es gebe keine Anhaltspunkte, dass sich der Antragsteller durch unwahre Falschangaben gegenüber der Begutachtungsstelle eine positive Begutachtung erschlichen habe.

- Das zweimalige Nichtbestehen eines MPU-Gutachtens dürfe nicht zulasten des Antragstellers berücksichtigt werden. Statistisch gesehen falle jeder Zweite durch ein MPU-Gutachten. Da die Chance bei den Wiederholern steige, liege die Erfolgsquote beim ersten Versuch bei maximal 30%. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs hänge auch von einer sehr guten Vorbereitung ab, die der Antragsteller nicht in Anspruch genommen habe. Insofern seien die ersten beiden Untersuchungen quasi der Vorbereitungskurs des Antragstellers gewesen. Der Antragsteller habe letztlich die Fahreignungsbegutachtung bestanden, weil bei ihm, wenn auch mit Verspätung, aber ohne professionelle Hilfe die Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Verkehrsverhalten stattgefunden habe.

- Die Voraussetzungen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems, mithin ein Sonderfall, der den Antragsteller von anderen Mehrfachtätern abhebe, lägen nicht vor. Der Antragsteller sei weder ein Raser noch ein rücksichtsloser Fahrer. Es sei lediglich darauf abgestellt worden, dass das Gutachten falsch sei. Die durch das Gericht erfolgte Bewertung der Verkehrsverstöße als schwerwiegend lasse nicht erkennen, worin sich diese Verstöße von denen aller anderen Kraftfahrer unterschieden. Die Schwere eines Verkehrsverstoßes folge aus dem ihm zugeordneten Punktwert und sei nicht der persönlichen Einschätzung des Gerichts überantwortet.

- Zu Unrecht werte das Verwaltungsgericht die Einlassung des Antragstellers zum letzten Verkehrsverstoß als Schutzbehauptung. Diese Einlassung hätte im Bußgeldverfahren keinen Erfolg gebracht, weil, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, der Antragsteller bei gebotener Sorgfalt frühzeitig hätte abbremsen können, ohne dass sein Lkw auf der abschüssigen Strecke ins Rutschen gekommen wäre. Dieses nicht optimale Verkehrsverhalten sei nicht gleichzusetzen mit mangelnder Straßenverkehrseignung. Die Geschwindigkeitsüberschreitung im Februar 2012 sei möglicherweise Ausdruck einer Fehleinschätzung der Straßenverhältnisse gewesen, jedenfalls aber kein Ausdruck von Rücksichtslosigkeit, Aggressivität, Rohheit, wilder Raserei, Hang zur beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung oder ähnlichem Verhalten. Dies aber sei Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Umstandes, der eine Behandlung außerhalb des Punktsystems rechtfertigen würde.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Die Eignungszweifel könnten aus der zeitlichen Nähe der Zuwiderhandlung zur vorangegangen Fahrerlaubniserteilung gefolgert werden. Der Gesichtspunkt des zweimaligen Scheiterns des Antragstellers bei den MPU-Begutachtungen im Januar 2012 und Juni 2012 sei für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungstragend gewesen. Entscheidungstragend sei gewesen, dass sich der Antragsteller gleichsam im nahtlos anschließenden zweiten Durchgang des Vorgehens nach § 4 StVG befunden habe. Die Einlassung des Antragstellers zum Verkehrsverstoß habe das Verwaltungsgericht dahin gehend gewertet, dass dieser entweder lüge oder aber diese zusätzlich für die Eignungszweifel spreche; es habe nicht ein nicht optimales Verkehrsverhalten mit mangelnder Straßenverkehrseignung gleichgesetzt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Nach summarischer Überprüfung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Entziehungsbescheids ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen offen. Vieles spricht dafür, dass die Gutachtensbeibringungsaufforderung vom 7. Juni 2013 der rechtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten wird. Ggf. sind auch die näheren Umstände der vom Antragsteller am 3. Februar 2013 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit näher aufzuklären. Jedenfalls fällt die Interessenabwägung hier ausnahmsweise zugunsten des Antragstellers aus.

1. Es ist fraglich, ob der streitgegenständliche Entziehungsbescheid auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt werden kann. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die nicht selbstständig anfechtbare Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - BayVBl 2006, 121).

Die Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung mit Schreiben der Fahrerlaubnisbehörde vom 7. Juni 2013 begegnet rechtlichen Bedenken dahingehend, ob die Fahrerlaubnisbehörde das in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV eröffnete Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt, mithin das Vorgehen außerhalb des Punktsystems ausreichend und zutreffend begründet hat.

Nach dieser Vorschrift kann die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften.

1.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen vor. Es kann hier noch offen bleiben, ob die Tat vom 3. Februar 2013 die Voraussetzung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV - erheblicher Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften - erfüllt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV liegen in jedem Fall vor. Der Antragsteller hat wiederholt Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften begangen. Zwar sind die im Verkehrszentralregister eingetragenen Punkte für die vor dem 29. Juli 2011 begangenen Verkehrsverstöße durch die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 29. Juli 2011 gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG in der bis 30. April 2014 geltenden Fassung gelöscht worden. Die Löschung von Punkten nach § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG bezieht sich jedoch nicht zugleich auf die den Punkten zugrunde liegenden straf- oder bußgeldrechtlichen Entscheidungen; diese bleiben vielmehr im Verkehrszentralregister bis zur Tilgungsreife erfasst und können in späteren, etwa auf § 3 Abs. 1 StVG gestützten Entziehungsverfahren herangezogen werden (vgl. unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 4 StVG Rn. 26). Dieses Ergebnis folgt im Umkehrschluss auch aus § 29 Abs. 1 Satz 4 StVG. Nach dieser Vorschrift werden Maßnahmen nach den §§ 2a und 4 StVG außer den in Satz 3 der Vorschrift genannten Maßnahmen, also auch Fahrerlaubnisentziehungen nach § 4 StVG, dann getilgt, wenn auch die letzte mit Punkten bewertete Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist. Diese Regelung ginge ins Leere bzw. wäre entbehrlich, wenn schon die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG nicht nur zur Löschung von Punkten, sondern auch zur Tilgung der zugrundeliegenden Entscheidungen führte. In der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG ab 1. Mai 2014 (Gesetz vom 28.8.20132013, BGBl I S. 3313: Löschung der Punkte auch bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis) ist ausgeführt, dass es unabhängig vom Punktestand bei der Speicherung sämtlicher noch nicht getilgter Entscheidungen im Register bleibe, so dass die Behörde im Fall der erneuten Begehung von Zuwiderhandlungen nach erfolgter Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Möglichkeit habe, die Eignung auch ohne das Erreichen von - nunmehr - acht Punkten wieder in Frage zu stellen und ggf. durch eine erneute Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens prüfen zu lassen. In welchen Fällen dies sachgerecht sei, müsse aber der Einzelfallentscheidung überlassen bleiben und könne nicht summarisch durch das Gesetz geregelt werden (vgl. BR-Drucks. 799/12 Begr. S. 73).

Auch ein für den Betroffenen günstiges Fahreignungsgutachten und die Neuerteilung der Fahrerlaubnis entfalten keine Sperrwirkung für die Berücksichtigungsfähigkeit früher liegender Tatsachen (vgl. BayVGH, B. v. 6.5.2008 - 11 CS 08.551 - juris Rn. 46 ff.).

Dies bedeutet, dass bei einem Wiederholungstäter, der das Punktesystem zum zweiten Mal durchläuft, der Tatbestand des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. FeV erfüllt ist, wenn er einen weiteren Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begeht und ein vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangener Verstoß im Verkehrszentralregister noch nicht getilgt und daher verwertbar ist, was ein flexibles Reagieren der Fahrerlaubnisbehörde bei Wiederholungstätern ermöglicht (vgl. auch die Begründung zur Änderung von § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG - BR-Drucks. 799/12 S. 73). Jedoch dürften für den Fall, dass der nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangene Verstoß nicht erheblich i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt FeV ist, und - nach Neuerteilung - keine wiederholten Verstöße vorliegen, entsprechend höhere Anforderungen an die Ermessenserwägungen und die Darlegungen der Fahreignungszweifel durch die Fahrerlaubnisbehörde für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems zu stellen sein.

2. Es bestehen Zweifel, ob die Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013 das Ermessen rechtmäßig ausgeübt, mithin das - ausnahmsweise - Vorgehen außerhalb des Punktsystems richtig begründet hat. Dabei dürften grundsätzlich nur die Erwägungen berücksichtigungsfähig sein, welche die Fahrerlaubnisbehörde in der Aufforderung zur Begutachtung dargelegt oder ggf. im anschließenden Schriftverkehr zur Begründung der Anordnung ergänzt hat. Da die Anordnung einer medizinischpsychologischen Untersuchung kein Verwaltungsakt ist und sie folglich nicht mit Rechtsmitteln eigenständig angegriffen werden kann, sind an die Begründung der Gutachtensanordnung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen.

2.1 Für ein Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde außerhalb des Punktsystems bestehen nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen. Je schwerer eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften in Beziehung auf die Verkehrssicherheit wiegt oder je häufiger der Betroffene gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, desto geringere Anforderungen sind an die Ermessensbetätigung zu stellen. Umgekehrt kann eine Gutachtensanordnung wegen eines einmaligen erheblichen oder wegen wiederholter weniger nichterheblicher Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nur Bestand haben, wenn die Fahrerlaubnisbehörde über eine schematische Bezugnahme auf die Verkehrsverstöße hinaus tatsächliche Ermittlungen und Erwägungen angestellt hat, die eine solche Entscheidung im Einzelfall zu tragen vermögen.

In diese Betrachtung hat weiter das vom Gesetzgeber eingeführte Punktsystem (§ 4 StVG, §§ 40 ff FeV, Anlage 13 zur FeV) einzufließen. Das Punktsystem beinhaltet die Bewertung von Verkehrszuwiderhandlungen (Straftaten und Ordnungswidrigkeiten) mit einer nach Art und Schwere der Verstöße festgelegten Punktzahl und das Ergreifen abgestufter Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Punkteschwellen. Es bezweckt eine Vereinheitlichung der Behandlung von Mehrfachtätern und soll dem Betroffenen Gelegenheit geben, aufgetretene Mängel durch Aufbauseminare und verkehrspsychologische Beratung möglichst frühzeitig zu beseitigen. Das abgestufte und transparente System rechtfertigt die Annahme, dass Personen, die 18 Punkte oder mehr erreicht haben, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sind. Aus dem Punktsystem ergibt sich aber auch, dass der Gesetzgeber bewusst die weitere Straßenverkehrsteilnahme von Kraftfahrern mit einem nicht unerheblichen „Sündenregister“ in Kauf genommen und die Entziehung der Fahrerlaubnis von der zuvor eingeräumten Möglichkeit, Angebote und Hilfestellungen wahrzunehmen, abhängig gemacht hat (vgl. BayVGH, B. v. 2.6.2013 - 11 CS 03.743 - juris). Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn dies die Verkehrssicherheit und damit die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gebietet. Durch die Abweichung vom Punktsystem auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG wird im öffentlichen Interesse sichergestellt, dass ungeeignete Kraftfahrer schon vor Erreichen von 18 Punkten im Verkehrszentralregister von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr wirksam ausgeschlossen werden können oder besondere Eignungszweifel durch weitergehende Maßnahmen, wie z. B. eine medizinischpsychologische Untersuchung, sofort geklärt werden können. Ein Verlassen des Punktsystems auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG muss aber die Ausnahme bleiben und vom Vorliegen besonderer Gründe abhängen. Maßnahmen außerhalb des Punktsystems wie die Entziehung der Fahrerlaubnis oder zumindest die Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens sind deshalb nur in besonderen Ausnahmekonstellationen zulässig, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber beispielsweise durch die beharrliche und häufige Begehung von - isoliert betrachtet auch nicht gewichtigen - Verkehrszuwiderhandlungen oder durch einen erheblichen Verkehrsverstoß verkehrsauffällig geworden ist und sich aus einem derartigen Verhalten Fahreignungsmängel oder zumindest Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten lassen (vgl. VGH BW, B. v. 18.03.2010 - 10 S 2234/09). Die Fahrerlaubnisbehörde muss dabei im Einzelnen unter Auswertung aller konkreten Umstände näher begründen, warum sie aus besonderen Gründen im Einzelfall, der sich erheblich vom Normalfall sonstiger Verkehrsteilnehmer mit einem Punktestand abheben muss, aufgrund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art, der Häufigkeit oder des konkreten Hergangs der Verkehrsverstöße Eignungsbedenken hegt, die sofortige weitergehende Aufklärungsmaßnahmen etwa durch eine medizinischpsychologische Untersuchung gebieten, ohne dem Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor die abgestuften Hilfsangebote des § 4 StVG wahrzunehmen.

Wann ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, der in Anwendung der vorstehenden Grundsätze die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von charakterlichen Fahreignungszweifel erfordert, obwohl der Betroffene die Schwelle von 18 Punkten noch nicht erreicht hat, ist schließlich eine Frage der Würdigung der Umstände des Einzelfalls und lässt sich nicht verallgemeinernd und entsprechend fallübergreifend beantworten.

2.2 Es liegt auf der Hand, dass ein Fahrerlaubnisinhaber nach dem Durchlaufen der Maßnahmen des Punktsystems bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis und daran sich anschließend dem Ablauf der Wartefrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis (§ 4 Abs. 10 Satz 1 und 2 StVG), der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens (§ 4 Abs. 10 Satz 3 StVG) und schließlich der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres genauso wie der weit überwiegende Teil der mit Punkten belasteten Fahrerlaubnisinhaber behandelt werden kann, auf die nicht bereits einmal das vollständige Instrumentarium des Punktsystems (§ 4 Abs. 3 Satz 1 StVG) angewendet worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 29.6.2011 - 16 B 212/11 - juris Rn. 5). Zwar ist einem Kraftfahrer zuzugestehen, dass er auch im „zweiten Durchgang“ des Punktsystems Verkehrsverstöße begehen kann, ohne unmittelbar den Verlust seiner Fahrerlaubnis befürchten zu müssen. Er darf nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis aber nicht gleichsam nahtlos da ansetzen, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat (vgl. OVG NW, B. v. 7.10.2013 - 16 A 2820/12 - juris Rn. 22). Wird lediglich die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens gefordert, sind die Anforderungen an die Umstände, die ausnahmsweise ein Abrücken von dem Punktsystem ermöglichen, nicht zu überspannen, da die von der Fahrerlaubnisbehörde ergriffene Maßnahme zur Aufklärung der Eignungszweifel in ihrer Eingriffsintensität deutlich hinter der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis zurückbleibt.

Allerdings sind die Anforderungen an ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems auch bei Wiederholungstätern nach den vorstehenden Ausführungen entsprechend hoch, wenn - nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - nur eine, erneute Zuwiderhandlung gegen verkehrsrechtliche Vorschriften vorliegt, die nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist. Letzteres dürfte hier der Fall sein.

2.3 Wann ein Verkehrsverstoß erheblich ist, ist dogmatisch noch nicht geklärt (vgl. NK-GVR/Koehl, 1. Aufl. 2014, FeV § 11 Rn. 90). Es wird zwar nicht gefordert, dass der Verstoß schwerwiegend ist. Entscheidend ist stets der Rückschluss auf die Fahreignung.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV wurde erst durch Änderungsverordnung vom 9. August 2004 (BGBl I, S. 2092 - damals noch mit der Nr. 5 des § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV verbunden) - eingeführt. Bis dahin hat in der FeV eine Regelung gefehlt, wonach die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinischpsychologische Untersuchung anordnen kann, wenn aufgrund von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die keine Straftaten darstellen, Eignungszweifel bestehen. Der Verordnungsgeber hat dies für unzureichend erachtet und durch die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass ein medizinischpsychologisches Gutachten auch bei einem erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, angeordnet werden kann. Dabei hat er insbesondere an Fahrerlaubnisinhaber gedacht, die durch eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten oder die Teilnahme an illegalen Straßenrennen Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung haben entstehen lassen (vgl. BR-Drucks. 305/04 - Beschluss, S. 1).

Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften erheblich ist im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, ist neben der amtlichen Begründung, die durch das genannte Beispiel der Teilnahme an illegalen Straßenrennen auf eine eher restriktive Auslegung hindeutet, die Systematik der Vorschrift in den Blick zu nehmen.

Als Tatbestandsvoraussetzungen werden in der Vorschrift entweder ein einziger erheblicher Verstoß oder wiederholte Verstöße genannt. Da die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig nur von solchen Verstößen erfährt, die ins Verkehrszentralregister (ab 1. Mai 2014 Fahreignungsregister genannt) eingetragen werden, sind für die Fahreignungsbeurteilung in der Regel nur eintragungspflichtige Verstöße relevant. Dem entspricht es, dass Verkehrsverstöße, die im Verwarnungsverfahren gerügt werden können, grundsätzlich bei der Prüfung der Eignung eines Kraftfahrers unberücksichtigt bleiben (BVerwG, U. v. 17.12.1976 - C 57.75 - VkBl 1978, 19). D. h. schon bei dem Tatbestandsmerkmal „wiederholte Verstöße“ handelt es sich in der Regel um eintragungspflichtige Verstöße. Wenn daneben als alternatives Tatbestandsmerkmal für eine Gutachtensbeibringungsanordnung ein „erheblicher Verstoß“ genannt wird, wird daraus deutlich, dass der erhebliche Verstoß sich „qualitativ“ vom „einfachen“ eintragungsfähigen Verstoß unterscheiden muss. Daraus ergibt sich jedenfalls, dass ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, der gerade einmal die Grenze zur Eintragungspflichtigkeit überschreitet, in der Regel noch kein erheblicher sein kann.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Vorschrift für alle, auch bisher unbescholtene Fahrerlaubnisinhaber, gilt und nicht nur für „Wiederholungstäter“, die das Punktsystem bereits einmal durchlaufen haben. Es wäre wohl kaum vorstellbar, bei einem Fahrerlaubnisinhaber, der erstmals einen gerade die Schwelle der Eintragungpflichtigkeit überschreitenden Verkehrsverstoß begeht, in eine Ermessensprüfung einzutreten, ob eine Überprüfung seiner charakterlichen Fahreignung außerhalb des Punktsystems gerechtfertigt ist. Soweit in der Rechtsprechung zur Fahrtenbuchauflage ein mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß als Verstoß von „einigem Gewicht“ bezeichnet wird (vgl. BVerwG, U. v. 17.5.1995 - 11 C 12/94 - BVerwGE 98, 227/229; B. v. 9.9.1999 - 3 B 94/99 - BayVBl 2000, 380), ist das wohl nicht mit einem erheblichen Verstoß i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV vergleichbar. Die Anordnung, ein medizinischpsychologisches Gutachten beizubringen, greift in erheblicher Weise in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein. Ein solcher Eingriff ist nur gerechtfertigt, wenn er zur Abwehr einer bei realistischer Einschätzung tatsächlich bestehenden Gefahr notwendig ist (vgl. BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11; B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12).

2.4 Der Senat hat im Beschluss vom 23. Februar 2012 (11 ZB 11.2995) eine Vorfahrtsverletzung mit Verkehrsunfall und eine Unfallflucht als „wohl erhebliche, jedenfalls wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften“ und im Beschluss vom 2. Februar 2010 (11 CS 09.2636 - juris Rn. 26) eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 44 km/h außer Orts als erheblichen Verkehrsverstoß bezeichnet. Im Beschluss vom 25. Juni 2008 (11 CS 08.269 - juris Rn. 13) hat der Senat ausgeführt, dass die Anlage 13 zur FeV (Punktbewertung nach dem Punktsystem) keine Kriterien dafür enthält, welche Verkehrsverstöße als im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erheblich einzustufen sind. Die Anlage 13 sei zu § 40 FeV ergangen und enthalte eine Aufstellung darüber, mit welcher Punktzahl verschiedene Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister zu bewerten seien. Auch die Anlage 12 zu § 34 FeV wäre i. Ü. nicht einschlägig, da sie nur regele, welche Verstöße bezogen auf die Fahrerlaubnis auf Probe i. S. v. § 2a StVG als schwerwiegende Zuwiderhandlungen einzustufen seien.

Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 21 km/h, die zu einer Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister führt, dürfte daher in der Regel nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV sein. Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 20 km/h wäre eine Eintragung nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG und eine Punktbewertung nach § 40 FeV i. V. m. der Anlage 13 zur FeV erst gar nicht erfolgt, sondern wäre mit einer Verwarnung geahndet worden, die in der Regel keine Rückschlüsse auf die Fahreignung zulässt.

Der Senat hat im Beschluss vom 7. Februar 2012 (11 CS 11.2708 - juris Rn. 14) die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachten bei einem Wiederholungstäter bestätigt, der innerhalb von 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Geschwindigkeitsverstöße gegangen hatte, die zu einer Eintragung von 10 Punkten geführt hatten; er hat hierzu ausgeführt, auch Verkehrsordnungswidrigkeiten, würden sie beharrlich und häufig begangen, könnten (ausnahmsweise) in besonders krassen Fällen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Mängel oder zumindest die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens wegen (begründeter) Zweifel an der charakterlichen Eignung des Fahrerlaubnisinhabers rechtfertigen, weil bei dieser besonderen Fallgestaltung auf charakterliche Mängel, die sich in der beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung (Verkehrsvorschriften) geäußert hätten, geschlossen werden könne bzw. solche vermutet werden könnten. Wer - insbesondere nach vorangegangenem Fahrerlaubnisentzug - häufig und in engerem zeitlichen Zusammenhang Verkehrsverstöße von einigem Gewicht begehe und dadurch zeige, dass er sich an die Verkehrsordnung nicht halten wolle, sei fahrungeeignet bzw. gebe Anlass für eine Eignungsüberprüfung.

Der VGH Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 (10 S 705/14 - juris) eine Gutachtensanordnung bei einem Wiederholungstäter für rechtmäßig befunden, der in den 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Verkehrsverstöße begangen hatte, die zur Eintragung von 10 Punkten geführt haben; er hat dazu ausgeführt, eine das Verlassen des Punktsystems rechtfertigende Ausnahmekonstellation für eine Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens liege insbesondere vor, wenn der Fahrerlaubnisinhaber nach einer vormaligen Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem, der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens und der Neuerteilung der Fahrerlaubnis binnen kurzer Zeit und in rascher Folge erneut erhebliche Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr begehe.

Eine einzelne Verkehrsordnungswidrigkeit, die gerade einmal die Schwelle der Eintragungspflichtigkeit ins Verkehrszentralregister überschreitet, dürfte daher nur im äußersten Ausnahmefall Anlass für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems sein können. Soweit ersichtlich, ist in der Rechtsprechung eine Fallkonstellation wie hier - Anordnung der Beibringung eines Eignungsgutachtens nach vormaligem Entzug wegen des Erreichens von 18 Punkten bei nur einem Verkehrsverstoß nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, der nicht zugleich eine Straftat darstellt und daher auch auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 5, 6 oder 7 FeV gestützt werden kann - noch nicht entschieden worden.

Ob ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt, weil der Antragsteller einen Lastkraftwagen - offenbar mit Anhänger, wie dem Schriftsatz vom 2. August 2013 (Bl. 346/351 der Behördenakte) zu entnehmen ist - geführt hat und weil er die ohnehin für Lastkraftwagen zulässige Höchstgeschwindigkeit, wenn auch nur äußerst geringfügig, überschritten hat, ist zweifelhaft.

In tatsächlicher Hinsicht lässt sich im Eilverfahren auch nicht abschließend feststellen, ob die Strecke abschüssig war, etwa die Witterungsbedingungen winterlich waren und welches abstrakte Gefährdungspotential bei der Überschreitung der Geschwindigkeit bestand. Auch wie sich die konkrete Situation an der Autobahnbaustelle darstellte ist, ist nicht aktenkundig. Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass die Schilderungen des Antragstellers zum neuerlichen Verkehrsverstoß, die es als unglaubhaft angesehen hat, die Fahreignung des Antragstellers in anderer Hinsicht nicht bestätigt. Ob allerdings eine etwaige Lüge diesbezüglich gegen die charakterliche Fahreignung spricht, ist fraglich.

2.5 Davon unabhängig bestehen gegen die Ermessenserwägungen in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013, auch unabhängig von der Einstufung der Zuwiderhandlung als erheblich, in mehrfacher Hinsicht Bedenken.

Soweit die Anordnung maßgeblich davon ausgeht, dass durch den erneuten Verkehrsverstoß die positive Prognose im Fahreignungsgutachten der p. vom 24. Oktober 2012 widerlegt sei, dürfte das, nicht nur formal betrachtet, nicht richtig sein. Die Gutachterin hat prognostiziert, dass nicht zu erwarten sei, dass der Antragsteller in Zukunft erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen werde. Das hat der Antragsteller - davon ausgehend, dass der Verkehrsverstoß vom 3. Februar 2013 nicht erheblich im Sinne von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist - nicht getan. Dass der Antragsteller nie wieder einen Verkehrsverstoß begehen werde, hat die Gutachterin nicht prognostiziert; danach war in der damaligen Gutachtensanordnung - zu Recht - nicht gefragt worden. Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten der p. fehlerhaft wäre, liegen nicht vor. Die Gutachterin hat sich mit der Vorgeschichte des Antragstellers und gerade auch mit dem vorausgehenden negativen Gutachten vom 2. Juli 2013, das bereits den Beginn eines Veränderungsprozesses beim Antragsteller festgestellt hat, aber eine Fahreignung noch nicht bejahen konnte, auseinandergesetzt.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Antragsteller bereits beim Ersterwerb eine medizinisch psychologische Untersuchung absolvieren musste und dann bei der Neuerteilung die medizinischpsychologische Untersuchung erst im dritten Anlauf bestand, unterscheiden sich die im Rahmen der Ermessenserwägungen dargestellten Tatsachen - mit Ausnahme der hervorgehobenen Nähe des neuerlichen Verkehrsverstoßes - kaum von denen anderer Täter, denen die Fahrerlaubnis nach dem Erreichen von 18 Punkten entzogen wurde.

Soweit die Fahrerlaubnisbehörde darauf abgestellt hat, dass bereits bei der Ersterteilung der Fahrerlaubnis eine medizinischpsychologische Untersuchung erforderlich war und dass der Antragsteller für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis drei medizinischpsychologische Untersuchungen benötigt habe, ist fraglich, ob das für eine Zukunftsprognose maßgeblich ist. Aus Letzterem ergibt sich wohl lediglich, dass der Antragsteller mehr Zeit benötigte, um sich seinen Taten zu stellen und die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Das spricht wohl nicht gegen seine gegenwärtige Fahreignung.

Soweit im Schriftverkehr im Anschluss an die Anordnung betont wurde, dass der Antragsteller die 18 Punkte innerhalb von drei Jahren erreichte, ist das ebenfalls nicht richtig, da sechs Punkte auf der Tat von 2005 beruhen. Der Antragsteller hat daher innerhalb von drei Jahren nicht 18 Punkte, sondern 12 Punkte erreicht.

Auch wurden die Taten, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führten, in der Anordnung nicht gewürdigt und nicht in Beziehung zum neuerlichen Verkehrsverstoß gesetzt. Neben der Straftat aus 2005, die zu sechs Punkten führte, sind drei Abstandsunterschreitungen zu verzeichnen, die zu insgesamt neun Punkten führten, so dass bereits daraus 15 Punkte erreicht waren. Hierbei spricht zugunsten des Antragstellers, dass er diese Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit je drei Punkten bewertet wurde, nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht wieder begangen hat. Auch wenn im Gutachten vom 2. Juli 2013 die Rede davon ist, dass die Verkehrsverstöße letztlich aus einem geschwindigkeitsbetonten Fahrverhalten resultierten, hat der Antragsteller im ersten Durchgang nur zweimal die Geschwindigkeit in einem Maße überschritten, dass jeweils ein Punkt einzutragen war. Daraus ergibt sich wohl noch nicht die Annahme, dass der Antragsteller ein notorischer „Schnellfahrer“ ist, so dass wohl auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis gleichsam nahtlos da angesetzt hat, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat. Aus der bloßen zeitlichen Nähe des Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung kann wohl noch nicht auf eine generelle Bereitschaft zur Missachtung von Verkehrsregeln geschlossen werden, wenn der Verstoß innerhalb von 10 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der einzige geblieben ist.

Da somit fraglich ist, ob die Tat vom 3. Februar 2013 geeignet ist, erneut Fahreignungszweifel zu begründen und zudem die Ermessenserwägungen der Fahrerlaubnisbehörde rechtlichen Bedenken begegnen, ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen.

3. Eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung ergibt, dass es ausnahmsweise verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiter als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnimmt. Die Interessenabwägung hat sich an den Vorgaben zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Juni 2002 (1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 ff.) aufgestellt hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen ordnungsgemäßen Ablauf resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt.

Da der Verstoß vom 3. Februar 2013 in dem Zeitraum seit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 bis zur Fahrerlaubnisentziehung mit Bescheid vom 19. November 2013 die einzige dem Antragsteller vorzuwerfende (aktenkundige) Verkehrsordnungswidrigkeit ist und die Tat nach Aktenlage wohl auch nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, der Antragsteller auch bei früheren, von ihm begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten keine anderen Personen konkret gefährdet und keinen Unfall verursacht hat, ergibt hier bereits eine von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Interessensabwägung, dass es verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiter am Straßenverkehr teilnimmt. Der Antragsteller dürfte sich nunmehr der Folgen weiterer Verstöße bewusst sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt das Fahreignungsregister nach den Vorschriften dieses Abschnitts.

(2) Das Fahreignungsregister wird geführt zur Speicherung von Daten, die erforderlich sind

1.
für die Beurteilung der Eignung und der Befähigung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen oder zum Begleiten eines Kraftfahrzeugführers entsprechend einer nach § 6e Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung,
2.
für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen,
3.
für die Ahndung der Verstöße von Personen, die wiederholt Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, begehen oder
4.
für die Beurteilung von Personen im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung der ihnen durch Gesetz, Satzung oder Vertrag übertragenen Verantwortung für die Einhaltung der zur Sicherheit im Straßenverkehr bestehenden Vorschriften.

(3) Im Fahreignungsregister werden Daten gespeichert über

1.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte wegen einer Straftat, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist, soweit sie auf Strafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt erkennen oder einen Schuldspruch enthalten,
2.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte, die die Entziehung der Fahrerlaubnis, eine isolierte Sperre oder ein Fahrverbot anordnen, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, sowie Entscheidungen der Strafgerichte, die die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen,
3.
rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit
a)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist und gegen die betroffene Person
aa)
ein Fahrverbot nach § 25 angeordnet worden ist oder
bb)
eine Geldbuße von mindestens sechzig Euro festgesetzt worden ist und § 28a nichts anderes bestimmt,
b)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit kein Fall des Buchstaben a vorliegt und ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
c)
nach § 10 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist,
4.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare Verbote oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
5.
unanfechtbare Versagungen einer Fahrerlaubnis,
6.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare
a)
Entziehungen, Widerrufe oder Rücknahmen einer Fahrerlaubnis,
b)
Feststellungen über die fehlende Berechtigung, von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen,
7.
Verzichte auf die Fahrerlaubnis,
8.
unanfechtbare Ablehnungen eines Antrags auf Verlängerung der Geltungsdauer einer Fahrerlaubnis,
9.
die Beschlagnahme, Sicherstellung oder Verwahrung von Führerscheinen nach § 94 der Strafprozessordnung,
10.
(weggefallen)
11.
Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 und 2,
12.
die Teilnahme an einem Aufbauseminar, an einem besonderen Aufbauseminar und an einer verkehrspsychologischen Beratung, soweit dies für die Anwendung der Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a) erforderlich ist,
13.
die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, soweit dies für die Anwendung der Regelungen des Fahreignungs-Bewertungssystems (§ 4) erforderlich ist,
14.
Entscheidungen oder Änderungen, die sich auf eine der in den Nummern 1 bis 13 genannten Eintragungen beziehen.

(4) Die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden teilen dem Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung einer Eintragung führenden Daten mit. Die Datenübermittlung nach Satz 1 kann auch im Wege der Datenfernübertragung durch Direkteinstellung unter Beachtung des § 30a Absatz 2 bis 4 erfolgen.

(5) Bei Zweifeln an der Identität einer eingetragenen Person mit der Person, auf die sich eine Mitteilung nach Absatz 4 bezieht, dürfen die Datenbestände des Zentralen Fahrerlaubnisregisters und des Zentralen Fahrzeugregisters zur Identifizierung dieser Personen verwendet werden. Ist die Feststellung der Identität der betreffenden Personen auf diese Weise nicht möglich, dürfen die auf Anfrage aus den Melderegistern übermittelten Daten zur Behebung der Zweifel verwendet werden. Die Zulässigkeit der Übermittlung durch die Meldebehörden richtet sich nach den Meldegesetzen der Länder. Können die Zweifel an der Identität der betreffenden Personen nicht ausgeräumt werden, werden die Eintragungen über beide Personen mit einem Hinweis auf die Zweifel an deren Identität versehen.

(6) Die regelmäßige Verwendung der auf Grund des § 50 Abs. 1 im Zentralen Fahrerlaubnisregister gespeicherten Daten ist zulässig, um Fehler und Abweichungen bei den Personendaten sowie den Daten über Fahrerlaubnisse und Führerscheine der betreffenden Person im Fahreignungsregister festzustellen und zu beseitigen und um das Fahreignungsregister zu vervollständigen.

(1) Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfristen betragen

1.
zwei Jahre und sechs Monatebei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit,
a)
die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt bewertet ist oder
b)
soweit weder ein Fall des Buchstaben a noch der Nummer 2 Buchstabe b vorliegt und in der Entscheidung ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
2.
fünf Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, vorbehaltlich der Nummer 3 Buchstabe a,
b)
bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit zwei Punkten bewertet ist,
c)
bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
d)
bei Mitteilungen über die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, einem Aufbauseminar, einem besonderen Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung,
3.
zehn Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist,
b)
bei Entscheidungen über Maßnahmen oder Verzichte nach § 28 Absatz 3 Nummer 5 bis 8.
Eintragungen über Maßnahmen der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 werden getilgt, wenn dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird. Sonst erfolgt eine Tilgung bei den Maßnahmen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ein Jahr nach Ablauf der Probezeit und bei Maßnahmen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 dann, wenn die letzte Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist.Verkürzungen der Tilgungsfristen nach Absatz 1 können durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 zugelassen werden, wenn die eingetragene Entscheidung auf körperlichen oder geistigen Mängeln oder fehlender Befähigung beruht.

(2) Die Tilgungsfristen gelten nicht, wenn die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Erteilung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist.

(3) Ohne Rücksicht auf den Lauf der Fristen nach Absatz 1 und das Tilgungsverbot nach Absatz 2 werden getilgt

1.
Eintragungen über Entscheidungen, wenn ihre Tilgung im Bundeszentralregister angeordnet oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder nach den §§ 86, 102 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig aufgehoben wird,
2.
Eintragungen, die in das Bundeszentralregister nicht aufzunehmen sind, wenn ihre Tilgung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde angeordnet wird, wobei die Anordnung nur ergehen darf, wenn dies zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten erforderlich ist und öffentliche Interessen nicht gefährdet werden,
3.
Eintragungen, bei denen die zugrundeliegende Entscheidung aufgehoben wird oder bei denen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung der zugrundeliegenden Entscheidung Anlass gibt,
4.
sämtliche Eintragungen, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod der betroffenen Person eingeht.

(4) Die Tilgungsfrist (Absatz 1) beginnt

1.
bei strafgerichtlichen Verurteilungen und bei Strafbefehlen mit dem Tag der Rechtskraft, wobei dieser Tag auch dann maßgebend bleibt, wenn eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet oder nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält,
2.
bei Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 59, 60 des Strafgesetzbuchs und § 27 des Jugendgerichtsgesetzes mit dem Tag der Rechtskraft,
3.
bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen sowie bei anderen Verwaltungsentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung,
4.
bei Aufbauseminaren nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, verkehrspsychologischen Beratungen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Fahreignungsseminaren nach § 4 Absatz 7 mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

(5) Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.

(6) Nach Eintritt der Tilgungsreife wird eine Eintragung vorbehaltlich der Sätze 2 und 4 gelöscht. Eine Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c wird nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Während dieser Überliegefrist darf der Inhalt dieser Eintragung nur noch zu folgenden Zwecken übermittelt, verwendet oder über ihn eine Auskunft erteilt werden:

1.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zur Anordnung von Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe nach § 2a,
2.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5,
3.
zur Auskunftserteilung an die betroffene Person nach § 30 Absatz 8,
4.
zur Verwendung für die Durchführung anderer als der in den Nummern 1 oder 2 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, wenn die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.
Die Löschung einer Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c unterbleibt in jedem Fall so lange, wie die betroffene Person im Zentralen Fahrerlaubnisregister als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gespeichert ist; während dieser Zeit gilt Satz 3 Nummer 1, 3 und 4 nach Ablauf der Überliegefrist entsprechend.

(7) Ist eine Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht, dürfen die Tat und die Entscheidung der betroffenen Person für die Zwecke des § 28 Absatz 2 nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist. Unterliegt eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a einer zehnjährigen Tilgungsfrist, darf sie nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch für folgende Zwecke an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden:

1.
zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben,
2.
zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5.
Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Eintragungen wegen strafgerichtlicher Entscheidungen, die für die Ahndung von Straftaten herangezogen werden. Insoweit gelten die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes.

(1) Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse, die sich am 1. Januar 1999 bereits in den Akten befinden, brauchen abweichend von § 2 Abs. 9 Satz 2 bis 4 erst dann vernichtet zu werden, wenn sich die Fahrerlaubnisbehörde aus anderem Anlass mit dem Vorgang befasst. Eine Überprüfung der Akten muss jedoch spätestens bis zum 1. Januar 2014 durchgeführt werden. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen sind die darin enthaltenen Daten zu sperren, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(2) Ein örtliches Fahrerlaubnisregister (§ 48 Abs. 1) darf nicht mehr geführt werden, sobald

1.
sein Datenbestand mit den in § 50 Abs. 1 genannten Daten in das Zentrale Fahrerlaubnisregister übernommen worden ist,
2.
die getroffenen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2a Abs. 2 und § 4 Absatz 5 in das Fahreignungsregister übernommen worden sind und
3.
der Fahrerlaubnisbehörde die Daten, die ihr nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 und § 52 Abs. 1 Nr. 3 aus den zentralen Registern mitgeteilt werden dürfen, durch Abruf im automatisierten Verfahren mitgeteilt werden können.
Die Fahrerlaubnisbehörden löschen aus ihrem örtlichen Fahrerlaubnisregister spätestens bis zum 31. Dezember 2014 die im Zentralen Fahrerlaubnisregister gespeicherten Daten, nachdem sie sich von der Vollständigkeit und Richtigkeit der in das Zentrale Fahrerlaubnisregister übernommenen Einträge überzeugt haben. Die noch nicht im Zentralen Fahrerlaubnisregister gespeicherten Daten der Fahrerlaubnisbehörden werden bis zur jeweiligen Übernahme im örtlichen Register gespeichert. Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 werden erst dann im Fahreignungsregister gespeichert, wenn eine Speicherung im örtlichen Fahrerlaubnisregister nicht mehr vorgenommen wird.

(2a) Absatz 2 ist nicht auf die Daten anzuwenden, die vor dem 1. Januar 1999 in örtlichen Fahrerlaubnisregistern gespeichert worden sind.

(3) Die Regelungen über das Verkehrszentralregister und das Punktsystem werden in die Regelungen über das Fahreignungsregister und das Fahreignungs-Bewertungssystem nach folgenden Maßgaben überführt:

1.
Entscheidungen, die nach § 28 Absatz 3 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im Verkehrszentralregister gespeichert worden sind und nach § 28 Absatz 3 in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung nicht mehr zu speichern wären, werden am 1. Mai 2014 gelöscht. Für die Feststellung nach Satz 1, ob eine Entscheidung nach § 28 Absatz 3 in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung nicht mehr zu speichern wäre, bleibt die Höhe der festgesetzten Geldbuße außer Betracht.
2.
Entscheidungen, die nach § 28 Absatz 3 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im Verkehrszentralregister gespeichert worden und nicht von Nummer 1 erfasst sind, werden bis zum Ablauf des 30. April 2019 nach den Bestimmungen des § 29 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung getilgt und gelöscht. Dabei kann eine Ablaufhemmung nach § 29 Absatz 6 Satz 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung nicht durch Entscheidungen, die erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, ausgelöst werden. Für Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 24a gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass sie spätestens fünf Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung getilgt werden. Ab dem 1. Mai 2019 gilt
a)
für die Berechnung der Tilgungsfrist § 29 Absatz 1 bis 5 in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung mit der Maßgabe, dass die nach Satz 1 bisher abgelaufene Tilgungsfrist angerechnet wird,
b)
für die Löschung § 29 Absatz 6 in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung.
3.
Auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, sind dieses Gesetz und die auf Grund des § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s in der bis zum 27. Juli 2021 geltenden Fassung erlassenen Rechtsverordnungen in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung anzuwenden. Dabei sind § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb und § 28a in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils anstelle der dortigen Grenze von sechzig Euro die Grenze von vierzig Euro gilt.
4.
Personen, zu denen bis zum Ablauf des 30. April 2014 im Verkehrszentralregister eine oder mehrere Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung gespeichert worden sind, sind wie folgt in das Fahreignungs-Bewertungssystem einzuordnen:
Punktestand
vor dem
1. Mai 2014
Fahreignungs-Bewertungssystem ab dem 1. Mai 2014
PunktestandStufe
1 –  31Vormerkung
(§ 4 Absatz 4)
4 –  52
6 –  73
8 – 1041: Ermahnung
(§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1)
11 – 135
14 – 1562: Verwarnung
(§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2)
16 – 177
> = 1883: Entzug
(§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 3)
Die am 1. Mai 2014 erreichte Stufe wird für Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zugrunde gelegt. Die Einordnung nach Satz 1 führt allein nicht zu einer Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem.
5.
Die Regelungen über Punkteabzüge und Aufbauseminare werden wie folgt überführt:
a)
Punkteabzüge nach § 4 Absatz 4 Satz 1 und 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung sind vorzunehmen, wenn die Bescheinigung über die Teilnahme an einem Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung bis zum Ablauf des 30. April 2014 der nach Landesrecht zuständigen Behörde vorgelegt worden ist. Punkteabzüge nach § 4 Absatz 4 Satz 1 und 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung bleiben bis zur Tilgung der letzten Eintragung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung, längstens aber zehn Jahre ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert.
b)
Bei der Berechnung der Fünfjahresfrist nach § 4 Absatz 7 Satz 2 und 3 sind auch Punkteabzüge zu berücksichtigen, die nach § 4 Absatz 4 Satz 1 und 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung vorgenommen worden sind.
c)
Aufbauseminare, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 nach § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung angeordnet, aber bis zum Ablauf des 30. April 2014 nicht abgeschlossen worden sind, sind bis zum Ablauf des 30. November 2014 nach dem bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Recht durchzuführen.
d)
Abweichend von Buchstabe c kann anstelle von Aufbauseminaren, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 nach § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung angeordnet, aber bis zum Ablauf des 30. April 2014 noch nicht begonnen worden sind, die verkehrspädagogische Teilmaßnahme des Fahreignungsseminars absolviert werden.
e)
Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat dem Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich die Teilnahme an einem Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung mitzuteilen.
6.
Nachträgliche Veränderungen des Punktestandes nach den Nummern 2 oder 5 führen zu einer Aktualisierung der nach der Tabelle zu Nummer 4 erreichten Stufe im Fahreignungs-Bewertungssystem.
7.
Sofern eine Fahrerlaubnis nach § 4 Absatz 7 in der bis zum 30. April 2014 anwendbaren Fassung entzogen worden ist, ist § 4 Absatz 3 Satz 1 bis 3 auf die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nicht anwendbar.

(4) (weggefallen)

(5) Bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 6f Absatz 2, längstens bis zum Ablauf des 31. Juli 2018, gelten die in den Gebührennummern 451 bis 455 der Anlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 (BGBl. I S. 98), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 15. September 2015 (BGBl. I S. 1573) geändert worden ist, in der am 6. Dezember 2016 geltenden Fassung festgesetzten Gebühren als Entgelte im Sinne des § 6f Absatz 1. Die Gebührennummern 403 und 451 bis 455 der Anlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr sind nicht mehr anzuwenden.

(6) Die durch das Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1653) geänderten Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes sind nicht anzuwenden, sofern der Unfall vor dem 17. Juli 2020 eingetreten ist.

(7) Ordnungswidrigkeiten nach § 23 in der bis zum Ablauf des 27. Juli 2021 geltenden Fassung können abweichend von § 4 Absatz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten nach den zum Zeitpunkt der Tat geltenden Bestimmungen geahndet werden.

(1) Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfristen betragen

1.
zwei Jahre und sechs Monatebei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit,
a)
die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt bewertet ist oder
b)
soweit weder ein Fall des Buchstaben a noch der Nummer 2 Buchstabe b vorliegt und in der Entscheidung ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
2.
fünf Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, vorbehaltlich der Nummer 3 Buchstabe a,
b)
bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit zwei Punkten bewertet ist,
c)
bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
d)
bei Mitteilungen über die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, einem Aufbauseminar, einem besonderen Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung,
3.
zehn Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist,
b)
bei Entscheidungen über Maßnahmen oder Verzichte nach § 28 Absatz 3 Nummer 5 bis 8.
Eintragungen über Maßnahmen der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 werden getilgt, wenn dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird. Sonst erfolgt eine Tilgung bei den Maßnahmen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ein Jahr nach Ablauf der Probezeit und bei Maßnahmen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 dann, wenn die letzte Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist.Verkürzungen der Tilgungsfristen nach Absatz 1 können durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 zugelassen werden, wenn die eingetragene Entscheidung auf körperlichen oder geistigen Mängeln oder fehlender Befähigung beruht.

(2) Die Tilgungsfristen gelten nicht, wenn die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Erteilung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist.

(3) Ohne Rücksicht auf den Lauf der Fristen nach Absatz 1 und das Tilgungsverbot nach Absatz 2 werden getilgt

1.
Eintragungen über Entscheidungen, wenn ihre Tilgung im Bundeszentralregister angeordnet oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder nach den §§ 86, 102 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig aufgehoben wird,
2.
Eintragungen, die in das Bundeszentralregister nicht aufzunehmen sind, wenn ihre Tilgung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde angeordnet wird, wobei die Anordnung nur ergehen darf, wenn dies zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten erforderlich ist und öffentliche Interessen nicht gefährdet werden,
3.
Eintragungen, bei denen die zugrundeliegende Entscheidung aufgehoben wird oder bei denen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung der zugrundeliegenden Entscheidung Anlass gibt,
4.
sämtliche Eintragungen, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod der betroffenen Person eingeht.

(4) Die Tilgungsfrist (Absatz 1) beginnt

1.
bei strafgerichtlichen Verurteilungen und bei Strafbefehlen mit dem Tag der Rechtskraft, wobei dieser Tag auch dann maßgebend bleibt, wenn eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet oder nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält,
2.
bei Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 59, 60 des Strafgesetzbuchs und § 27 des Jugendgerichtsgesetzes mit dem Tag der Rechtskraft,
3.
bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen sowie bei anderen Verwaltungsentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung,
4.
bei Aufbauseminaren nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, verkehrspsychologischen Beratungen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Fahreignungsseminaren nach § 4 Absatz 7 mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

(5) Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.

(6) Nach Eintritt der Tilgungsreife wird eine Eintragung vorbehaltlich der Sätze 2 und 4 gelöscht. Eine Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c wird nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Während dieser Überliegefrist darf der Inhalt dieser Eintragung nur noch zu folgenden Zwecken übermittelt, verwendet oder über ihn eine Auskunft erteilt werden:

1.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zur Anordnung von Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe nach § 2a,
2.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5,
3.
zur Auskunftserteilung an die betroffene Person nach § 30 Absatz 8,
4.
zur Verwendung für die Durchführung anderer als der in den Nummern 1 oder 2 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, wenn die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.
Die Löschung einer Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c unterbleibt in jedem Fall so lange, wie die betroffene Person im Zentralen Fahrerlaubnisregister als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gespeichert ist; während dieser Zeit gilt Satz 3 Nummer 1, 3 und 4 nach Ablauf der Überliegefrist entsprechend.

(7) Ist eine Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht, dürfen die Tat und die Entscheidung der betroffenen Person für die Zwecke des § 28 Absatz 2 nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist. Unterliegt eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a einer zehnjährigen Tilgungsfrist, darf sie nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch für folgende Zwecke an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden:

1.
zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben,
2.
zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5.
Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Eintragungen wegen strafgerichtlicher Entscheidungen, die für die Ahndung von Straftaten herangezogen werden. Insoweit gelten die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes.

(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt das Fahreignungsregister nach den Vorschriften dieses Abschnitts.

(2) Das Fahreignungsregister wird geführt zur Speicherung von Daten, die erforderlich sind

1.
für die Beurteilung der Eignung und der Befähigung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen oder zum Begleiten eines Kraftfahrzeugführers entsprechend einer nach § 6e Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung,
2.
für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen,
3.
für die Ahndung der Verstöße von Personen, die wiederholt Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, begehen oder
4.
für die Beurteilung von Personen im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung der ihnen durch Gesetz, Satzung oder Vertrag übertragenen Verantwortung für die Einhaltung der zur Sicherheit im Straßenverkehr bestehenden Vorschriften.

(3) Im Fahreignungsregister werden Daten gespeichert über

1.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte wegen einer Straftat, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist, soweit sie auf Strafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt erkennen oder einen Schuldspruch enthalten,
2.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte, die die Entziehung der Fahrerlaubnis, eine isolierte Sperre oder ein Fahrverbot anordnen, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, sowie Entscheidungen der Strafgerichte, die die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen,
3.
rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit
a)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist und gegen die betroffene Person
aa)
ein Fahrverbot nach § 25 angeordnet worden ist oder
bb)
eine Geldbuße von mindestens sechzig Euro festgesetzt worden ist und § 28a nichts anderes bestimmt,
b)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit kein Fall des Buchstaben a vorliegt und ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
c)
nach § 10 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist,
4.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare Verbote oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
5.
unanfechtbare Versagungen einer Fahrerlaubnis,
6.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare
a)
Entziehungen, Widerrufe oder Rücknahmen einer Fahrerlaubnis,
b)
Feststellungen über die fehlende Berechtigung, von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen,
7.
Verzichte auf die Fahrerlaubnis,
8.
unanfechtbare Ablehnungen eines Antrags auf Verlängerung der Geltungsdauer einer Fahrerlaubnis,
9.
die Beschlagnahme, Sicherstellung oder Verwahrung von Führerscheinen nach § 94 der Strafprozessordnung,
10.
(weggefallen)
11.
Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 und 2,
12.
die Teilnahme an einem Aufbauseminar, an einem besonderen Aufbauseminar und an einer verkehrspsychologischen Beratung, soweit dies für die Anwendung der Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a) erforderlich ist,
13.
die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, soweit dies für die Anwendung der Regelungen des Fahreignungs-Bewertungssystems (§ 4) erforderlich ist,
14.
Entscheidungen oder Änderungen, die sich auf eine der in den Nummern 1 bis 13 genannten Eintragungen beziehen.

(4) Die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden teilen dem Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung einer Eintragung führenden Daten mit. Die Datenübermittlung nach Satz 1 kann auch im Wege der Datenfernübertragung durch Direkteinstellung unter Beachtung des § 30a Absatz 2 bis 4 erfolgen.

(5) Bei Zweifeln an der Identität einer eingetragenen Person mit der Person, auf die sich eine Mitteilung nach Absatz 4 bezieht, dürfen die Datenbestände des Zentralen Fahrerlaubnisregisters und des Zentralen Fahrzeugregisters zur Identifizierung dieser Personen verwendet werden. Ist die Feststellung der Identität der betreffenden Personen auf diese Weise nicht möglich, dürfen die auf Anfrage aus den Melderegistern übermittelten Daten zur Behebung der Zweifel verwendet werden. Die Zulässigkeit der Übermittlung durch die Meldebehörden richtet sich nach den Meldegesetzen der Länder. Können die Zweifel an der Identität der betreffenden Personen nicht ausgeräumt werden, werden die Eintragungen über beide Personen mit einem Hinweis auf die Zweifel an deren Identität versehen.

(6) Die regelmäßige Verwendung der auf Grund des § 50 Abs. 1 im Zentralen Fahrerlaubnisregister gespeicherten Daten ist zulässig, um Fehler und Abweichungen bei den Personendaten sowie den Daten über Fahrerlaubnisse und Führerscheine der betreffenden Person im Fahreignungsregister festzustellen und zu beseitigen und um das Fahreignungsregister zu vervollständigen.

(1) Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfristen betragen

1.
zwei Jahre und sechs Monatebei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit,
a)
die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt bewertet ist oder
b)
soweit weder ein Fall des Buchstaben a noch der Nummer 2 Buchstabe b vorliegt und in der Entscheidung ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
2.
fünf Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, vorbehaltlich der Nummer 3 Buchstabe a,
b)
bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit zwei Punkten bewertet ist,
c)
bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
d)
bei Mitteilungen über die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, einem Aufbauseminar, einem besonderen Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung,
3.
zehn Jahre
a)
bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist,
b)
bei Entscheidungen über Maßnahmen oder Verzichte nach § 28 Absatz 3 Nummer 5 bis 8.
Eintragungen über Maßnahmen der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 werden getilgt, wenn dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird. Sonst erfolgt eine Tilgung bei den Maßnahmen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ein Jahr nach Ablauf der Probezeit und bei Maßnahmen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 dann, wenn die letzte Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist.Verkürzungen der Tilgungsfristen nach Absatz 1 können durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 zugelassen werden, wenn die eingetragene Entscheidung auf körperlichen oder geistigen Mängeln oder fehlender Befähigung beruht.

(2) Die Tilgungsfristen gelten nicht, wenn die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Erteilung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist.

(3) Ohne Rücksicht auf den Lauf der Fristen nach Absatz 1 und das Tilgungsverbot nach Absatz 2 werden getilgt

1.
Eintragungen über Entscheidungen, wenn ihre Tilgung im Bundeszentralregister angeordnet oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder nach den §§ 86, 102 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig aufgehoben wird,
2.
Eintragungen, die in das Bundeszentralregister nicht aufzunehmen sind, wenn ihre Tilgung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde angeordnet wird, wobei die Anordnung nur ergehen darf, wenn dies zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten erforderlich ist und öffentliche Interessen nicht gefährdet werden,
3.
Eintragungen, bei denen die zugrundeliegende Entscheidung aufgehoben wird oder bei denen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung der zugrundeliegenden Entscheidung Anlass gibt,
4.
sämtliche Eintragungen, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod der betroffenen Person eingeht.

(4) Die Tilgungsfrist (Absatz 1) beginnt

1.
bei strafgerichtlichen Verurteilungen und bei Strafbefehlen mit dem Tag der Rechtskraft, wobei dieser Tag auch dann maßgebend bleibt, wenn eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet oder nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält,
2.
bei Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 59, 60 des Strafgesetzbuchs und § 27 des Jugendgerichtsgesetzes mit dem Tag der Rechtskraft,
3.
bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen sowie bei anderen Verwaltungsentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung,
4.
bei Aufbauseminaren nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, verkehrspsychologischen Beratungen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Fahreignungsseminaren nach § 4 Absatz 7 mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

(5) Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.

(6) Nach Eintritt der Tilgungsreife wird eine Eintragung vorbehaltlich der Sätze 2 und 4 gelöscht. Eine Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c wird nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Während dieser Überliegefrist darf der Inhalt dieser Eintragung nur noch zu folgenden Zwecken übermittelt, verwendet oder über ihn eine Auskunft erteilt werden:

1.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zur Anordnung von Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe nach § 2a,
2.
zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5,
3.
zur Auskunftserteilung an die betroffene Person nach § 30 Absatz 8,
4.
zur Verwendung für die Durchführung anderer als der in den Nummern 1 oder 2 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, wenn die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.
Die Löschung einer Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c unterbleibt in jedem Fall so lange, wie die betroffene Person im Zentralen Fahrerlaubnisregister als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gespeichert ist; während dieser Zeit gilt Satz 3 Nummer 1, 3 und 4 nach Ablauf der Überliegefrist entsprechend.

(7) Ist eine Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht, dürfen die Tat und die Entscheidung der betroffenen Person für die Zwecke des § 28 Absatz 2 nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist. Unterliegt eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a einer zehnjährigen Tilgungsfrist, darf sie nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch für folgende Zwecke an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden:

1.
zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben,
2.
zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5.
Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Eintragungen wegen strafgerichtlicher Entscheidungen, die für die Ahndung von Straftaten herangezogen werden. Insoweit gelten die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes.

(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.

(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.

(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. Januar 2014 wird abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. November 2013 wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Antragsgegner.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1983 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, C, CE und T.

Mit Urteil des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 5. Oktober 2006 wurde der Antragsteller der Strafvereitelung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen (Tattag: 24.12.2005; Eintrag von 6 Punkte im vormaligen Verkehrszentralregister). Nach Vorlage eines positiven Fahreignungsgutachtens erhielt der Antragsteller am 6. Mai 2008 die Fahrerlaubnis der oben genannten Klassen. Am 12. September 2009 und am 16. März 2010 beging der Antragsteller eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h und 18 km/h, am 23. Oktober 2009 missachtete er ein Überholverbot (jeweils 1 Punkt im Verkehrszentralregister); am 8. Dezember 2009, am 3. August 2010 und am 22. Februar 2011 unterschritt er den erforderlichen Mindestabstand von 50 Metern mit einem Lkw (jeweils 3 Punkte). Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller beim Stand von 18 Punkten die Fahrerlaubnis.

Das Ergebnis der medizinischpsychologischen Untersuchung durch den TÜV-Süd im Januar 2012 im Rahmen eines Neuerteilungsantrags legte der Antragsteller nicht vor, ein weiteres Fahreignungsgutachten des TÜV Süd vom 2. Juli 2012 fiel negativ aus. Beim Antragsteller liege wiederholtes und verschiedenartiges Fehlverhalten im Straßenverkehr vor. Unter den festgestellten Verstößen befinde sich auch eine Straftat. Solches Fehlverhalten sei in der Regel nicht nur auf Unachtsamkeit, Erfahrungsmangel oder Fahrlässigkeit zurückzuführen, sondern deute auf grundlegende Persönlichkeits- bzw. Einstellungsmängel hin. Art und Häufigkeit der Verkehrsverstöße zeigten ein geschwindigkeitsbetontes Fahrverhalten. Beim Antragsteller liege nach seiner Verkehrsvorgeschichte eine generelle Bereitschaft vor, geltende Regeln und die Belange anderer Verkehrsteilnehmer zu missachten. Der Antragsteller habe zwar die Zusammenhänge mit fachlicher Hilfestellung reflektiert und begonnen, seine Einstellung und sein Verhalten zu ändern. Es bestehe eine deutliche Änderungsbereitschaft; es zeigten sich Anzeichen einer positiven Entwicklung, jedoch bestehe diese Änderung erst seit kurzer Zeit und bedürfe der Vertiefung und Stabilisierung; der Antragsteller befinde sich gerade mitten im Veränderungsprozess, in dem er versuche, seinen neuen Standpunkt gegenüber seinen Vorgesetzten durchzusetzen.

Das dritte Gutachten der p.-mpu GmbH S. (...) vom 24. Oktober 2012 kam zu einer positiven Prognose. Der Antragsteller hatte geltend gemacht, dass er dem Termindruck, den sein Arbeitgeber auf ihn ausübe, nunmehr besser widerstehen könne; für den bisherigen Arbeitgeber werde er nicht mehr arbeiten. Das Gutachten stellte eine selbstkritische Distanzierung zum früheren auffälligen Verhalten fest; das geschilderte Vermeidungsverhalten beziehe sich konkret auf die Verhinderung früherer Fehlverhaltensweisen; es habe ein ausschlaggebender Veränderungsprozess beim Antragsteller stattgefunden. Es sei daher nicht zu erwarten, dass der Antragsteller auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Daraufhin erhielt der Antragsteller am 6. Dezember 2012 die Fahrerlaubnis neu erteilt.

Am 3. Februar 2013, 23:50 Uhr, überschritt der Antragsteller als Führer eines Lastkraftwagens die zulässige Höchstgeschwindigkeit außer Orts (Autobahn, Baustelle, ca. 200 m hinter dem Zeichen 274 StVO) von 60 km/h um 21 km/h.

Aus diesem Grund forderte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 7. Juni 2013 zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung der Frage auf, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde und ob trotz der neuen Verkehrszuwiderhandlung vom 3. Februar 2013 die positive Prognose der medizinischpsychologischen Begutachtung vom 24. Oktober 2012 aufrecht erhalten werden könne. Die Fahrerlaubnisbehörde schilderte die Vorgeschichte des Antragstellers und betonte, dass der Antragsteller trotz des vorangegangen Eignungsgutachtens zum Ersterwerb der Fahrerlaubnis sowie dem Wissen, dass die Fahrerlaubnis für zwei Jahre auf Probe erteilt worden sei, in der Folgezeit massiv mit Verkehrsverstößen aufgefallen sei. Trotz der Maßnahmen bei Erreichen bestimmter Punktestände (Verwarnung beim Stand von 8 Punkten, Verwarnung und Hinweis auf die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung bei einem Stand von 15 Punkten), habe sich der Punktestand auf 18 Punkte erhöht. Nachdem sowohl eine medizinischpsychologische Begutachtung im Januar 2012 als auch die Begutachtung am 25. Juni 2012 negativ gewesen sei, sei erst das dritte Gutachten durch die p.-mpu GmbH vom 24. Oktober 2012 zu einer positiven Prognose gekommen. Nicht einmal zwei Monate nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis und nur etwas mehr als drei Monate nach der positiven Prognose habe der Antragsteller erneut einen Verkehrsverstoß begangen, der in das Verkehrszentralregister eingetragen worden sei. Damit habe er die positive Prognose widerlegt und seine Kraftfahreignung erneut in Frage gestellt. Der Antragsteller sei nicht gewillt, die Rechtsordnung im Bereich des Fahrerlaubnisrechts zu respektieren. Maßnahmen nach dem Punktsystem reichten nicht aus.

Der Antragsteller wandte sich mit mehreren Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten gegen die Gutachtensanordnung; die Fahrerlaubnisbehörde betonte mit Schreiben vom 7. August 2013 und 4. November 2013, dass der Antragsteller erst im dritten Anlauf zu einer positiven Prognose gekommen sei, so dass auch ein Obergutachten hätte gefordert werden können; der Antragsteller habe in nur drei Jahren 18 Punkte erreicht, und acht Wochen nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h begangen, und zwar mit einem Lkw, was ein größeres Gefährdungspotential darstelle. Ein Gutachten wurde nicht vorgelegt.

Mit Bescheid vom 19. November 2013 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, forderte ihn auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids zurückzugeben, ordnete die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung an und drohte für den Fall der Nichtabgabe des Führerscheins Zwangsmaßnahmen an.

Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg (W 6 K 13.1278) erheben. Den gleichzeitig gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Januar 2014 ab. Es liege eine rechtmäßige Gutachtensaufforderung gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV und damit ein rechtmäßiges Vorgehen außerhalb des Punktsystems vor. Angesichts der Vorgeschichte des Antragstellers habe er durch die erneute Verkehrszuwiderhandlung die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 widerlegt. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV für die Beibringung eines Gutachtens wegen eines - unstrittigen - erheblichen Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften lägen vor. Es handle sich hier um einen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems notwendigen, atypischen, besonders gelagerten Sachverhalt. Dafür sprächen die gesamte Vorgeschichte des Antragstellers, die kurze Zeit bis zum erneuten Verstoß entgegen der positiven Prognose und die unglaubhaften, beschönigenden Einlassungen des Antragstellers dazu. Schon der Umstand, dass dem Antragsteller seine erstmalige Fahrerlaubnis erst verspätet nach Vorlage einer positiven medizinischpsychologischen Begutachtung habe erteilt werden können, falle aus dem Rahmen. Nach nur gut drei Jahren - von 2008 bis 2011 - habe der Antragsteller dann das Punktsystem durchlaufen und 18 Punkte angehäuft. Auffällig sei weiter, dass der Antragsteller drei medizinischpsychologische Gutachten in eineinhalb Jahren benötigt habe, um zu einer positiven Prognose zu kommen. Der Antragsteller belege durch den erneuten Verkehrsverstoß nur gut drei Monate nach der Begutachtung und knapp zwei Monate nach der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, dass er nahtlos an sein vorhergehendes verkehrswidriges Verhaltensmuster anknüpfe. Dafür spreche auch der Umstand, dass er weiterhin bei der Firma arbeite, die nach seinen eigenen Angaben Auslöser für den Zeitdruck gewesen sei, der zu den zahlreichen Verkehrsauffälligkeiten geführt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass die neuerliche Geschwindigkeitsüberschreitung nur ein einmaliger, versehentlicher Ausrutscher gewesen sei und sich nicht wiederholen werde. Das Fehlen weiterer Verkehrsverstöße in der Folgezeit könne daran liegen, dass solche nicht aktenkundig geworden seien oder dass sich der Antragsteller unter dem Eindruck der Ahndung (mit Bußgeldbescheid vom 15.4.2013) und des nachfolgend laufenden Entziehungsverfahrens (ab Juni 2013) zurückgehalten habe; das könne aber die Zweifel an der charakterlichen Fahreignung nicht auszuräumen, zumal schon früher zwischen den einzelnen Verkehrsverstößen mehrere Monate bis zu einem halben Jahr gelegen hätten. Gerade auch die einzelne erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung könne die Zweifel erneut begründen. Zwar sei dieser mit einem Punkt bewertete Verstoß für sich allein nicht so massiv und seien nach der Neuerteilung keine weiteren Verstöße aktenkundig. Es träten hier jedoch weitere Umstände, nämlich die Vorgeschichte des Antragstellers, hinzu. Das Gericht werte die Aussage des Antragstellers, er habe wegen plötzlich aufgetretenen Schnees bei abschüssiger Fahrbahn nicht bremsen können, ohne einen Ausbruch des Fahrzeugs zu riskieren, als unglaubhafte beschönigende Schutzbehauptung. Es spreche viel dafür, dass der Antragsteller den Geschwindigkeitsverstoß vorsätzlich begangen habe, da er - nach Abzug der Messtoleranz - mit 81 km/h bei erlaubten 60 km/h gefahren sei und damit die ohnehin zulässige Höchstgeschwindigkeit für Lkw (80 km/h) überschritten habe. Im Übrigen bestätige der Wetterbericht die Angaben des Antragstellers nicht; auch auf den in den Akten befindlichen Lichtbildern sei kein Schnee, auch keine geschlossene Schneedecke, aber die Fahrbahnmarkierung zu erkennen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Antragstellers müsse er sich vorwerfen lassen, dass er trotz schneebedeckter Fahrbahn seine Geschwindigkeit nicht angepasst habe. Baustellen auf der Autobahn würden regelmäßig vorangekündigt und durch einen sogenannten Geschwindigkeitstrichter angezeigt, so dass dem Antragsteller auf jeden Fall genügend Zeit geblieben wäre, seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Einlassung des Antragstellers bestätige die Eignungszweifel und das Erfordernis einer Begutachtung seiner charakterlichen Eignung.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung wird vorgetragen:

- Die Sofortvollzugsanordnung sei nicht rechtmäßig. Der Antragsteller sei nicht mit Alkohol- oder Drogentätern zu vergleichen, die ihr Verhalten suchtbedingt nicht kurzfristig ändern könnten. Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass sich der Antragsteller durch den Bußgeldbescheid vom 15. April 2013 und das nachfolgende Entziehungsverfahren habe beeindrucken lassen, so dass es seither nicht mehr zu Verkehrsverstößen gekommen sei, so stelle er keine akute Gefahr für den Straßenverkehr bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dar. Der Antragsteller habe sich vom Februar 2013 bis zur Fahrerlaubnisentziehung im November 2013 zehn Monate verkehrsgerecht verhalten. Dies müsse bei der Sofortvollzugsanordnung berücksichtigt werden.

- Allein die zeitliche Nähe des erneuten Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis reiche nicht für die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens aus. Der begangene Verkehrsverstoß habe die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 nicht widerlegt. Die Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 im Anschluss an den Nachweis der wieder gewonnenen Eignung sei rechtmäßig erfolgt; es gebe keine Anhaltspunkte, dass sich der Antragsteller durch unwahre Falschangaben gegenüber der Begutachtungsstelle eine positive Begutachtung erschlichen habe.

- Das zweimalige Nichtbestehen eines MPU-Gutachtens dürfe nicht zulasten des Antragstellers berücksichtigt werden. Statistisch gesehen falle jeder Zweite durch ein MPU-Gutachten. Da die Chance bei den Wiederholern steige, liege die Erfolgsquote beim ersten Versuch bei maximal 30%. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs hänge auch von einer sehr guten Vorbereitung ab, die der Antragsteller nicht in Anspruch genommen habe. Insofern seien die ersten beiden Untersuchungen quasi der Vorbereitungskurs des Antragstellers gewesen. Der Antragsteller habe letztlich die Fahreignungsbegutachtung bestanden, weil bei ihm, wenn auch mit Verspätung, aber ohne professionelle Hilfe die Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Verkehrsverhalten stattgefunden habe.

- Die Voraussetzungen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems, mithin ein Sonderfall, der den Antragsteller von anderen Mehrfachtätern abhebe, lägen nicht vor. Der Antragsteller sei weder ein Raser noch ein rücksichtsloser Fahrer. Es sei lediglich darauf abgestellt worden, dass das Gutachten falsch sei. Die durch das Gericht erfolgte Bewertung der Verkehrsverstöße als schwerwiegend lasse nicht erkennen, worin sich diese Verstöße von denen aller anderen Kraftfahrer unterschieden. Die Schwere eines Verkehrsverstoßes folge aus dem ihm zugeordneten Punktwert und sei nicht der persönlichen Einschätzung des Gerichts überantwortet.

- Zu Unrecht werte das Verwaltungsgericht die Einlassung des Antragstellers zum letzten Verkehrsverstoß als Schutzbehauptung. Diese Einlassung hätte im Bußgeldverfahren keinen Erfolg gebracht, weil, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, der Antragsteller bei gebotener Sorgfalt frühzeitig hätte abbremsen können, ohne dass sein Lkw auf der abschüssigen Strecke ins Rutschen gekommen wäre. Dieses nicht optimale Verkehrsverhalten sei nicht gleichzusetzen mit mangelnder Straßenverkehrseignung. Die Geschwindigkeitsüberschreitung im Februar 2012 sei möglicherweise Ausdruck einer Fehleinschätzung der Straßenverhältnisse gewesen, jedenfalls aber kein Ausdruck von Rücksichtslosigkeit, Aggressivität, Rohheit, wilder Raserei, Hang zur beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung oder ähnlichem Verhalten. Dies aber sei Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Umstandes, der eine Behandlung außerhalb des Punktsystems rechtfertigen würde.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Die Eignungszweifel könnten aus der zeitlichen Nähe der Zuwiderhandlung zur vorangegangen Fahrerlaubniserteilung gefolgert werden. Der Gesichtspunkt des zweimaligen Scheiterns des Antragstellers bei den MPU-Begutachtungen im Januar 2012 und Juni 2012 sei für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungstragend gewesen. Entscheidungstragend sei gewesen, dass sich der Antragsteller gleichsam im nahtlos anschließenden zweiten Durchgang des Vorgehens nach § 4 StVG befunden habe. Die Einlassung des Antragstellers zum Verkehrsverstoß habe das Verwaltungsgericht dahin gehend gewertet, dass dieser entweder lüge oder aber diese zusätzlich für die Eignungszweifel spreche; es habe nicht ein nicht optimales Verkehrsverhalten mit mangelnder Straßenverkehrseignung gleichgesetzt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Nach summarischer Überprüfung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Entziehungsbescheids ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen offen. Vieles spricht dafür, dass die Gutachtensbeibringungsaufforderung vom 7. Juni 2013 der rechtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten wird. Ggf. sind auch die näheren Umstände der vom Antragsteller am 3. Februar 2013 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit näher aufzuklären. Jedenfalls fällt die Interessenabwägung hier ausnahmsweise zugunsten des Antragstellers aus.

1. Es ist fraglich, ob der streitgegenständliche Entziehungsbescheid auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt werden kann. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die nicht selbstständig anfechtbare Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - BayVBl 2006, 121).

Die Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung mit Schreiben der Fahrerlaubnisbehörde vom 7. Juni 2013 begegnet rechtlichen Bedenken dahingehend, ob die Fahrerlaubnisbehörde das in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV eröffnete Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt, mithin das Vorgehen außerhalb des Punktsystems ausreichend und zutreffend begründet hat.

Nach dieser Vorschrift kann die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften.

1.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen vor. Es kann hier noch offen bleiben, ob die Tat vom 3. Februar 2013 die Voraussetzung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV - erheblicher Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften - erfüllt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV liegen in jedem Fall vor. Der Antragsteller hat wiederholt Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften begangen. Zwar sind die im Verkehrszentralregister eingetragenen Punkte für die vor dem 29. Juli 2011 begangenen Verkehrsverstöße durch die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 29. Juli 2011 gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG in der bis 30. April 2014 geltenden Fassung gelöscht worden. Die Löschung von Punkten nach § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG bezieht sich jedoch nicht zugleich auf die den Punkten zugrunde liegenden straf- oder bußgeldrechtlichen Entscheidungen; diese bleiben vielmehr im Verkehrszentralregister bis zur Tilgungsreife erfasst und können in späteren, etwa auf § 3 Abs. 1 StVG gestützten Entziehungsverfahren herangezogen werden (vgl. unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 4 StVG Rn. 26). Dieses Ergebnis folgt im Umkehrschluss auch aus § 29 Abs. 1 Satz 4 StVG. Nach dieser Vorschrift werden Maßnahmen nach den §§ 2a und 4 StVG außer den in Satz 3 der Vorschrift genannten Maßnahmen, also auch Fahrerlaubnisentziehungen nach § 4 StVG, dann getilgt, wenn auch die letzte mit Punkten bewertete Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist. Diese Regelung ginge ins Leere bzw. wäre entbehrlich, wenn schon die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG nicht nur zur Löschung von Punkten, sondern auch zur Tilgung der zugrundeliegenden Entscheidungen führte. In der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG ab 1. Mai 2014 (Gesetz vom 28.8.20132013, BGBl I S. 3313: Löschung der Punkte auch bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis) ist ausgeführt, dass es unabhängig vom Punktestand bei der Speicherung sämtlicher noch nicht getilgter Entscheidungen im Register bleibe, so dass die Behörde im Fall der erneuten Begehung von Zuwiderhandlungen nach erfolgter Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Möglichkeit habe, die Eignung auch ohne das Erreichen von - nunmehr - acht Punkten wieder in Frage zu stellen und ggf. durch eine erneute Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens prüfen zu lassen. In welchen Fällen dies sachgerecht sei, müsse aber der Einzelfallentscheidung überlassen bleiben und könne nicht summarisch durch das Gesetz geregelt werden (vgl. BR-Drucks. 799/12 Begr. S. 73).

Auch ein für den Betroffenen günstiges Fahreignungsgutachten und die Neuerteilung der Fahrerlaubnis entfalten keine Sperrwirkung für die Berücksichtigungsfähigkeit früher liegender Tatsachen (vgl. BayVGH, B. v. 6.5.2008 - 11 CS 08.551 - juris Rn. 46 ff.).

Dies bedeutet, dass bei einem Wiederholungstäter, der das Punktesystem zum zweiten Mal durchläuft, der Tatbestand des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. FeV erfüllt ist, wenn er einen weiteren Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begeht und ein vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangener Verstoß im Verkehrszentralregister noch nicht getilgt und daher verwertbar ist, was ein flexibles Reagieren der Fahrerlaubnisbehörde bei Wiederholungstätern ermöglicht (vgl. auch die Begründung zur Änderung von § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG - BR-Drucks. 799/12 S. 73). Jedoch dürften für den Fall, dass der nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangene Verstoß nicht erheblich i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt FeV ist, und - nach Neuerteilung - keine wiederholten Verstöße vorliegen, entsprechend höhere Anforderungen an die Ermessenserwägungen und die Darlegungen der Fahreignungszweifel durch die Fahrerlaubnisbehörde für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems zu stellen sein.

2. Es bestehen Zweifel, ob die Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013 das Ermessen rechtmäßig ausgeübt, mithin das - ausnahmsweise - Vorgehen außerhalb des Punktsystems richtig begründet hat. Dabei dürften grundsätzlich nur die Erwägungen berücksichtigungsfähig sein, welche die Fahrerlaubnisbehörde in der Aufforderung zur Begutachtung dargelegt oder ggf. im anschließenden Schriftverkehr zur Begründung der Anordnung ergänzt hat. Da die Anordnung einer medizinischpsychologischen Untersuchung kein Verwaltungsakt ist und sie folglich nicht mit Rechtsmitteln eigenständig angegriffen werden kann, sind an die Begründung der Gutachtensanordnung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen.

2.1 Für ein Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde außerhalb des Punktsystems bestehen nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen. Je schwerer eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften in Beziehung auf die Verkehrssicherheit wiegt oder je häufiger der Betroffene gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, desto geringere Anforderungen sind an die Ermessensbetätigung zu stellen. Umgekehrt kann eine Gutachtensanordnung wegen eines einmaligen erheblichen oder wegen wiederholter weniger nichterheblicher Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nur Bestand haben, wenn die Fahrerlaubnisbehörde über eine schematische Bezugnahme auf die Verkehrsverstöße hinaus tatsächliche Ermittlungen und Erwägungen angestellt hat, die eine solche Entscheidung im Einzelfall zu tragen vermögen.

In diese Betrachtung hat weiter das vom Gesetzgeber eingeführte Punktsystem (§ 4 StVG, §§ 40 ff FeV, Anlage 13 zur FeV) einzufließen. Das Punktsystem beinhaltet die Bewertung von Verkehrszuwiderhandlungen (Straftaten und Ordnungswidrigkeiten) mit einer nach Art und Schwere der Verstöße festgelegten Punktzahl und das Ergreifen abgestufter Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Punkteschwellen. Es bezweckt eine Vereinheitlichung der Behandlung von Mehrfachtätern und soll dem Betroffenen Gelegenheit geben, aufgetretene Mängel durch Aufbauseminare und verkehrspsychologische Beratung möglichst frühzeitig zu beseitigen. Das abgestufte und transparente System rechtfertigt die Annahme, dass Personen, die 18 Punkte oder mehr erreicht haben, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sind. Aus dem Punktsystem ergibt sich aber auch, dass der Gesetzgeber bewusst die weitere Straßenverkehrsteilnahme von Kraftfahrern mit einem nicht unerheblichen „Sündenregister“ in Kauf genommen und die Entziehung der Fahrerlaubnis von der zuvor eingeräumten Möglichkeit, Angebote und Hilfestellungen wahrzunehmen, abhängig gemacht hat (vgl. BayVGH, B. v. 2.6.2013 - 11 CS 03.743 - juris). Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn dies die Verkehrssicherheit und damit die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gebietet. Durch die Abweichung vom Punktsystem auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG wird im öffentlichen Interesse sichergestellt, dass ungeeignete Kraftfahrer schon vor Erreichen von 18 Punkten im Verkehrszentralregister von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr wirksam ausgeschlossen werden können oder besondere Eignungszweifel durch weitergehende Maßnahmen, wie z. B. eine medizinischpsychologische Untersuchung, sofort geklärt werden können. Ein Verlassen des Punktsystems auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG muss aber die Ausnahme bleiben und vom Vorliegen besonderer Gründe abhängen. Maßnahmen außerhalb des Punktsystems wie die Entziehung der Fahrerlaubnis oder zumindest die Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens sind deshalb nur in besonderen Ausnahmekonstellationen zulässig, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber beispielsweise durch die beharrliche und häufige Begehung von - isoliert betrachtet auch nicht gewichtigen - Verkehrszuwiderhandlungen oder durch einen erheblichen Verkehrsverstoß verkehrsauffällig geworden ist und sich aus einem derartigen Verhalten Fahreignungsmängel oder zumindest Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten lassen (vgl. VGH BW, B. v. 18.03.2010 - 10 S 2234/09). Die Fahrerlaubnisbehörde muss dabei im Einzelnen unter Auswertung aller konkreten Umstände näher begründen, warum sie aus besonderen Gründen im Einzelfall, der sich erheblich vom Normalfall sonstiger Verkehrsteilnehmer mit einem Punktestand abheben muss, aufgrund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art, der Häufigkeit oder des konkreten Hergangs der Verkehrsverstöße Eignungsbedenken hegt, die sofortige weitergehende Aufklärungsmaßnahmen etwa durch eine medizinischpsychologische Untersuchung gebieten, ohne dem Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor die abgestuften Hilfsangebote des § 4 StVG wahrzunehmen.

Wann ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, der in Anwendung der vorstehenden Grundsätze die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von charakterlichen Fahreignungszweifel erfordert, obwohl der Betroffene die Schwelle von 18 Punkten noch nicht erreicht hat, ist schließlich eine Frage der Würdigung der Umstände des Einzelfalls und lässt sich nicht verallgemeinernd und entsprechend fallübergreifend beantworten.

2.2 Es liegt auf der Hand, dass ein Fahrerlaubnisinhaber nach dem Durchlaufen der Maßnahmen des Punktsystems bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis und daran sich anschließend dem Ablauf der Wartefrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis (§ 4 Abs. 10 Satz 1 und 2 StVG), der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens (§ 4 Abs. 10 Satz 3 StVG) und schließlich der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres genauso wie der weit überwiegende Teil der mit Punkten belasteten Fahrerlaubnisinhaber behandelt werden kann, auf die nicht bereits einmal das vollständige Instrumentarium des Punktsystems (§ 4 Abs. 3 Satz 1 StVG) angewendet worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 29.6.2011 - 16 B 212/11 - juris Rn. 5). Zwar ist einem Kraftfahrer zuzugestehen, dass er auch im „zweiten Durchgang“ des Punktsystems Verkehrsverstöße begehen kann, ohne unmittelbar den Verlust seiner Fahrerlaubnis befürchten zu müssen. Er darf nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis aber nicht gleichsam nahtlos da ansetzen, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat (vgl. OVG NW, B. v. 7.10.2013 - 16 A 2820/12 - juris Rn. 22). Wird lediglich die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens gefordert, sind die Anforderungen an die Umstände, die ausnahmsweise ein Abrücken von dem Punktsystem ermöglichen, nicht zu überspannen, da die von der Fahrerlaubnisbehörde ergriffene Maßnahme zur Aufklärung der Eignungszweifel in ihrer Eingriffsintensität deutlich hinter der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis zurückbleibt.

Allerdings sind die Anforderungen an ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems auch bei Wiederholungstätern nach den vorstehenden Ausführungen entsprechend hoch, wenn - nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - nur eine, erneute Zuwiderhandlung gegen verkehrsrechtliche Vorschriften vorliegt, die nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist. Letzteres dürfte hier der Fall sein.

2.3 Wann ein Verkehrsverstoß erheblich ist, ist dogmatisch noch nicht geklärt (vgl. NK-GVR/Koehl, 1. Aufl. 2014, FeV § 11 Rn. 90). Es wird zwar nicht gefordert, dass der Verstoß schwerwiegend ist. Entscheidend ist stets der Rückschluss auf die Fahreignung.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV wurde erst durch Änderungsverordnung vom 9. August 2004 (BGBl I, S. 2092 - damals noch mit der Nr. 5 des § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV verbunden) - eingeführt. Bis dahin hat in der FeV eine Regelung gefehlt, wonach die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinischpsychologische Untersuchung anordnen kann, wenn aufgrund von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die keine Straftaten darstellen, Eignungszweifel bestehen. Der Verordnungsgeber hat dies für unzureichend erachtet und durch die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass ein medizinischpsychologisches Gutachten auch bei einem erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, angeordnet werden kann. Dabei hat er insbesondere an Fahrerlaubnisinhaber gedacht, die durch eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten oder die Teilnahme an illegalen Straßenrennen Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung haben entstehen lassen (vgl. BR-Drucks. 305/04 - Beschluss, S. 1).

Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften erheblich ist im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, ist neben der amtlichen Begründung, die durch das genannte Beispiel der Teilnahme an illegalen Straßenrennen auf eine eher restriktive Auslegung hindeutet, die Systematik der Vorschrift in den Blick zu nehmen.

Als Tatbestandsvoraussetzungen werden in der Vorschrift entweder ein einziger erheblicher Verstoß oder wiederholte Verstöße genannt. Da die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig nur von solchen Verstößen erfährt, die ins Verkehrszentralregister (ab 1. Mai 2014 Fahreignungsregister genannt) eingetragen werden, sind für die Fahreignungsbeurteilung in der Regel nur eintragungspflichtige Verstöße relevant. Dem entspricht es, dass Verkehrsverstöße, die im Verwarnungsverfahren gerügt werden können, grundsätzlich bei der Prüfung der Eignung eines Kraftfahrers unberücksichtigt bleiben (BVerwG, U. v. 17.12.1976 - C 57.75 - VkBl 1978, 19). D. h. schon bei dem Tatbestandsmerkmal „wiederholte Verstöße“ handelt es sich in der Regel um eintragungspflichtige Verstöße. Wenn daneben als alternatives Tatbestandsmerkmal für eine Gutachtensbeibringungsanordnung ein „erheblicher Verstoß“ genannt wird, wird daraus deutlich, dass der erhebliche Verstoß sich „qualitativ“ vom „einfachen“ eintragungsfähigen Verstoß unterscheiden muss. Daraus ergibt sich jedenfalls, dass ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, der gerade einmal die Grenze zur Eintragungspflichtigkeit überschreitet, in der Regel noch kein erheblicher sein kann.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Vorschrift für alle, auch bisher unbescholtene Fahrerlaubnisinhaber, gilt und nicht nur für „Wiederholungstäter“, die das Punktsystem bereits einmal durchlaufen haben. Es wäre wohl kaum vorstellbar, bei einem Fahrerlaubnisinhaber, der erstmals einen gerade die Schwelle der Eintragungpflichtigkeit überschreitenden Verkehrsverstoß begeht, in eine Ermessensprüfung einzutreten, ob eine Überprüfung seiner charakterlichen Fahreignung außerhalb des Punktsystems gerechtfertigt ist. Soweit in der Rechtsprechung zur Fahrtenbuchauflage ein mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß als Verstoß von „einigem Gewicht“ bezeichnet wird (vgl. BVerwG, U. v. 17.5.1995 - 11 C 12/94 - BVerwGE 98, 227/229; B. v. 9.9.1999 - 3 B 94/99 - BayVBl 2000, 380), ist das wohl nicht mit einem erheblichen Verstoß i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV vergleichbar. Die Anordnung, ein medizinischpsychologisches Gutachten beizubringen, greift in erheblicher Weise in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein. Ein solcher Eingriff ist nur gerechtfertigt, wenn er zur Abwehr einer bei realistischer Einschätzung tatsächlich bestehenden Gefahr notwendig ist (vgl. BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11; B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12).

2.4 Der Senat hat im Beschluss vom 23. Februar 2012 (11 ZB 11.2995) eine Vorfahrtsverletzung mit Verkehrsunfall und eine Unfallflucht als „wohl erhebliche, jedenfalls wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften“ und im Beschluss vom 2. Februar 2010 (11 CS 09.2636 - juris Rn. 26) eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 44 km/h außer Orts als erheblichen Verkehrsverstoß bezeichnet. Im Beschluss vom 25. Juni 2008 (11 CS 08.269 - juris Rn. 13) hat der Senat ausgeführt, dass die Anlage 13 zur FeV (Punktbewertung nach dem Punktsystem) keine Kriterien dafür enthält, welche Verkehrsverstöße als im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erheblich einzustufen sind. Die Anlage 13 sei zu § 40 FeV ergangen und enthalte eine Aufstellung darüber, mit welcher Punktzahl verschiedene Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister zu bewerten seien. Auch die Anlage 12 zu § 34 FeV wäre i. Ü. nicht einschlägig, da sie nur regele, welche Verstöße bezogen auf die Fahrerlaubnis auf Probe i. S. v. § 2a StVG als schwerwiegende Zuwiderhandlungen einzustufen seien.

Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 21 km/h, die zu einer Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister führt, dürfte daher in der Regel nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV sein. Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 20 km/h wäre eine Eintragung nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG und eine Punktbewertung nach § 40 FeV i. V. m. der Anlage 13 zur FeV erst gar nicht erfolgt, sondern wäre mit einer Verwarnung geahndet worden, die in der Regel keine Rückschlüsse auf die Fahreignung zulässt.

Der Senat hat im Beschluss vom 7. Februar 2012 (11 CS 11.2708 - juris Rn. 14) die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachten bei einem Wiederholungstäter bestätigt, der innerhalb von 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Geschwindigkeitsverstöße gegangen hatte, die zu einer Eintragung von 10 Punkten geführt hatten; er hat hierzu ausgeführt, auch Verkehrsordnungswidrigkeiten, würden sie beharrlich und häufig begangen, könnten (ausnahmsweise) in besonders krassen Fällen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Mängel oder zumindest die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens wegen (begründeter) Zweifel an der charakterlichen Eignung des Fahrerlaubnisinhabers rechtfertigen, weil bei dieser besonderen Fallgestaltung auf charakterliche Mängel, die sich in der beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung (Verkehrsvorschriften) geäußert hätten, geschlossen werden könne bzw. solche vermutet werden könnten. Wer - insbesondere nach vorangegangenem Fahrerlaubnisentzug - häufig und in engerem zeitlichen Zusammenhang Verkehrsverstöße von einigem Gewicht begehe und dadurch zeige, dass er sich an die Verkehrsordnung nicht halten wolle, sei fahrungeeignet bzw. gebe Anlass für eine Eignungsüberprüfung.

Der VGH Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 (10 S 705/14 - juris) eine Gutachtensanordnung bei einem Wiederholungstäter für rechtmäßig befunden, der in den 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Verkehrsverstöße begangen hatte, die zur Eintragung von 10 Punkten geführt haben; er hat dazu ausgeführt, eine das Verlassen des Punktsystems rechtfertigende Ausnahmekonstellation für eine Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens liege insbesondere vor, wenn der Fahrerlaubnisinhaber nach einer vormaligen Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem, der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens und der Neuerteilung der Fahrerlaubnis binnen kurzer Zeit und in rascher Folge erneut erhebliche Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr begehe.

Eine einzelne Verkehrsordnungswidrigkeit, die gerade einmal die Schwelle der Eintragungspflichtigkeit ins Verkehrszentralregister überschreitet, dürfte daher nur im äußersten Ausnahmefall Anlass für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems sein können. Soweit ersichtlich, ist in der Rechtsprechung eine Fallkonstellation wie hier - Anordnung der Beibringung eines Eignungsgutachtens nach vormaligem Entzug wegen des Erreichens von 18 Punkten bei nur einem Verkehrsverstoß nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, der nicht zugleich eine Straftat darstellt und daher auch auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 5, 6 oder 7 FeV gestützt werden kann - noch nicht entschieden worden.

Ob ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt, weil der Antragsteller einen Lastkraftwagen - offenbar mit Anhänger, wie dem Schriftsatz vom 2. August 2013 (Bl. 346/351 der Behördenakte) zu entnehmen ist - geführt hat und weil er die ohnehin für Lastkraftwagen zulässige Höchstgeschwindigkeit, wenn auch nur äußerst geringfügig, überschritten hat, ist zweifelhaft.

In tatsächlicher Hinsicht lässt sich im Eilverfahren auch nicht abschließend feststellen, ob die Strecke abschüssig war, etwa die Witterungsbedingungen winterlich waren und welches abstrakte Gefährdungspotential bei der Überschreitung der Geschwindigkeit bestand. Auch wie sich die konkrete Situation an der Autobahnbaustelle darstellte ist, ist nicht aktenkundig. Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass die Schilderungen des Antragstellers zum neuerlichen Verkehrsverstoß, die es als unglaubhaft angesehen hat, die Fahreignung des Antragstellers in anderer Hinsicht nicht bestätigt. Ob allerdings eine etwaige Lüge diesbezüglich gegen die charakterliche Fahreignung spricht, ist fraglich.

2.5 Davon unabhängig bestehen gegen die Ermessenserwägungen in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013, auch unabhängig von der Einstufung der Zuwiderhandlung als erheblich, in mehrfacher Hinsicht Bedenken.

Soweit die Anordnung maßgeblich davon ausgeht, dass durch den erneuten Verkehrsverstoß die positive Prognose im Fahreignungsgutachten der p. vom 24. Oktober 2012 widerlegt sei, dürfte das, nicht nur formal betrachtet, nicht richtig sein. Die Gutachterin hat prognostiziert, dass nicht zu erwarten sei, dass der Antragsteller in Zukunft erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen werde. Das hat der Antragsteller - davon ausgehend, dass der Verkehrsverstoß vom 3. Februar 2013 nicht erheblich im Sinne von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist - nicht getan. Dass der Antragsteller nie wieder einen Verkehrsverstoß begehen werde, hat die Gutachterin nicht prognostiziert; danach war in der damaligen Gutachtensanordnung - zu Recht - nicht gefragt worden. Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten der p. fehlerhaft wäre, liegen nicht vor. Die Gutachterin hat sich mit der Vorgeschichte des Antragstellers und gerade auch mit dem vorausgehenden negativen Gutachten vom 2. Juli 2013, das bereits den Beginn eines Veränderungsprozesses beim Antragsteller festgestellt hat, aber eine Fahreignung noch nicht bejahen konnte, auseinandergesetzt.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Antragsteller bereits beim Ersterwerb eine medizinisch psychologische Untersuchung absolvieren musste und dann bei der Neuerteilung die medizinischpsychologische Untersuchung erst im dritten Anlauf bestand, unterscheiden sich die im Rahmen der Ermessenserwägungen dargestellten Tatsachen - mit Ausnahme der hervorgehobenen Nähe des neuerlichen Verkehrsverstoßes - kaum von denen anderer Täter, denen die Fahrerlaubnis nach dem Erreichen von 18 Punkten entzogen wurde.

Soweit die Fahrerlaubnisbehörde darauf abgestellt hat, dass bereits bei der Ersterteilung der Fahrerlaubnis eine medizinischpsychologische Untersuchung erforderlich war und dass der Antragsteller für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis drei medizinischpsychologische Untersuchungen benötigt habe, ist fraglich, ob das für eine Zukunftsprognose maßgeblich ist. Aus Letzterem ergibt sich wohl lediglich, dass der Antragsteller mehr Zeit benötigte, um sich seinen Taten zu stellen und die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Das spricht wohl nicht gegen seine gegenwärtige Fahreignung.

Soweit im Schriftverkehr im Anschluss an die Anordnung betont wurde, dass der Antragsteller die 18 Punkte innerhalb von drei Jahren erreichte, ist das ebenfalls nicht richtig, da sechs Punkte auf der Tat von 2005 beruhen. Der Antragsteller hat daher innerhalb von drei Jahren nicht 18 Punkte, sondern 12 Punkte erreicht.

Auch wurden die Taten, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führten, in der Anordnung nicht gewürdigt und nicht in Beziehung zum neuerlichen Verkehrsverstoß gesetzt. Neben der Straftat aus 2005, die zu sechs Punkten führte, sind drei Abstandsunterschreitungen zu verzeichnen, die zu insgesamt neun Punkten führten, so dass bereits daraus 15 Punkte erreicht waren. Hierbei spricht zugunsten des Antragstellers, dass er diese Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit je drei Punkten bewertet wurde, nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht wieder begangen hat. Auch wenn im Gutachten vom 2. Juli 2013 die Rede davon ist, dass die Verkehrsverstöße letztlich aus einem geschwindigkeitsbetonten Fahrverhalten resultierten, hat der Antragsteller im ersten Durchgang nur zweimal die Geschwindigkeit in einem Maße überschritten, dass jeweils ein Punkt einzutragen war. Daraus ergibt sich wohl noch nicht die Annahme, dass der Antragsteller ein notorischer „Schnellfahrer“ ist, so dass wohl auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis gleichsam nahtlos da angesetzt hat, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat. Aus der bloßen zeitlichen Nähe des Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung kann wohl noch nicht auf eine generelle Bereitschaft zur Missachtung von Verkehrsregeln geschlossen werden, wenn der Verstoß innerhalb von 10 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der einzige geblieben ist.

Da somit fraglich ist, ob die Tat vom 3. Februar 2013 geeignet ist, erneut Fahreignungszweifel zu begründen und zudem die Ermessenserwägungen der Fahrerlaubnisbehörde rechtlichen Bedenken begegnen, ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen.

3. Eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung ergibt, dass es ausnahmsweise verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiter als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnimmt. Die Interessenabwägung hat sich an den Vorgaben zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Juni 2002 (1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 ff.) aufgestellt hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen ordnungsgemäßen Ablauf resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt.

Da der Verstoß vom 3. Februar 2013 in dem Zeitraum seit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 bis zur Fahrerlaubnisentziehung mit Bescheid vom 19. November 2013 die einzige dem Antragsteller vorzuwerfende (aktenkundige) Verkehrsordnungswidrigkeit ist und die Tat nach Aktenlage wohl auch nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, der Antragsteller auch bei früheren, von ihm begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten keine anderen Personen konkret gefährdet und keinen Unfall verursacht hat, ergibt hier bereits eine von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Interessensabwägung, dass es verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiter am Straßenverkehr teilnimmt. Der Antragsteller dürfte sich nunmehr der Folgen weiterer Verstöße bewusst sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. Januar 2014 wird abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. November 2013 wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Antragsgegner.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1983 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, C, CE und T.

Mit Urteil des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 5. Oktober 2006 wurde der Antragsteller der Strafvereitelung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen (Tattag: 24.12.2005; Eintrag von 6 Punkte im vormaligen Verkehrszentralregister). Nach Vorlage eines positiven Fahreignungsgutachtens erhielt der Antragsteller am 6. Mai 2008 die Fahrerlaubnis der oben genannten Klassen. Am 12. September 2009 und am 16. März 2010 beging der Antragsteller eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h und 18 km/h, am 23. Oktober 2009 missachtete er ein Überholverbot (jeweils 1 Punkt im Verkehrszentralregister); am 8. Dezember 2009, am 3. August 2010 und am 22. Februar 2011 unterschritt er den erforderlichen Mindestabstand von 50 Metern mit einem Lkw (jeweils 3 Punkte). Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller beim Stand von 18 Punkten die Fahrerlaubnis.

Das Ergebnis der medizinischpsychologischen Untersuchung durch den TÜV-Süd im Januar 2012 im Rahmen eines Neuerteilungsantrags legte der Antragsteller nicht vor, ein weiteres Fahreignungsgutachten des TÜV Süd vom 2. Juli 2012 fiel negativ aus. Beim Antragsteller liege wiederholtes und verschiedenartiges Fehlverhalten im Straßenverkehr vor. Unter den festgestellten Verstößen befinde sich auch eine Straftat. Solches Fehlverhalten sei in der Regel nicht nur auf Unachtsamkeit, Erfahrungsmangel oder Fahrlässigkeit zurückzuführen, sondern deute auf grundlegende Persönlichkeits- bzw. Einstellungsmängel hin. Art und Häufigkeit der Verkehrsverstöße zeigten ein geschwindigkeitsbetontes Fahrverhalten. Beim Antragsteller liege nach seiner Verkehrsvorgeschichte eine generelle Bereitschaft vor, geltende Regeln und die Belange anderer Verkehrsteilnehmer zu missachten. Der Antragsteller habe zwar die Zusammenhänge mit fachlicher Hilfestellung reflektiert und begonnen, seine Einstellung und sein Verhalten zu ändern. Es bestehe eine deutliche Änderungsbereitschaft; es zeigten sich Anzeichen einer positiven Entwicklung, jedoch bestehe diese Änderung erst seit kurzer Zeit und bedürfe der Vertiefung und Stabilisierung; der Antragsteller befinde sich gerade mitten im Veränderungsprozess, in dem er versuche, seinen neuen Standpunkt gegenüber seinen Vorgesetzten durchzusetzen.

Das dritte Gutachten der p.-mpu GmbH S. (...) vom 24. Oktober 2012 kam zu einer positiven Prognose. Der Antragsteller hatte geltend gemacht, dass er dem Termindruck, den sein Arbeitgeber auf ihn ausübe, nunmehr besser widerstehen könne; für den bisherigen Arbeitgeber werde er nicht mehr arbeiten. Das Gutachten stellte eine selbstkritische Distanzierung zum früheren auffälligen Verhalten fest; das geschilderte Vermeidungsverhalten beziehe sich konkret auf die Verhinderung früherer Fehlverhaltensweisen; es habe ein ausschlaggebender Veränderungsprozess beim Antragsteller stattgefunden. Es sei daher nicht zu erwarten, dass der Antragsteller auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Daraufhin erhielt der Antragsteller am 6. Dezember 2012 die Fahrerlaubnis neu erteilt.

Am 3. Februar 2013, 23:50 Uhr, überschritt der Antragsteller als Führer eines Lastkraftwagens die zulässige Höchstgeschwindigkeit außer Orts (Autobahn, Baustelle, ca. 200 m hinter dem Zeichen 274 StVO) von 60 km/h um 21 km/h.

Aus diesem Grund forderte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 7. Juni 2013 zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung der Frage auf, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde und ob trotz der neuen Verkehrszuwiderhandlung vom 3. Februar 2013 die positive Prognose der medizinischpsychologischen Begutachtung vom 24. Oktober 2012 aufrecht erhalten werden könne. Die Fahrerlaubnisbehörde schilderte die Vorgeschichte des Antragstellers und betonte, dass der Antragsteller trotz des vorangegangen Eignungsgutachtens zum Ersterwerb der Fahrerlaubnis sowie dem Wissen, dass die Fahrerlaubnis für zwei Jahre auf Probe erteilt worden sei, in der Folgezeit massiv mit Verkehrsverstößen aufgefallen sei. Trotz der Maßnahmen bei Erreichen bestimmter Punktestände (Verwarnung beim Stand von 8 Punkten, Verwarnung und Hinweis auf die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung bei einem Stand von 15 Punkten), habe sich der Punktestand auf 18 Punkte erhöht. Nachdem sowohl eine medizinischpsychologische Begutachtung im Januar 2012 als auch die Begutachtung am 25. Juni 2012 negativ gewesen sei, sei erst das dritte Gutachten durch die p.-mpu GmbH vom 24. Oktober 2012 zu einer positiven Prognose gekommen. Nicht einmal zwei Monate nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis und nur etwas mehr als drei Monate nach der positiven Prognose habe der Antragsteller erneut einen Verkehrsverstoß begangen, der in das Verkehrszentralregister eingetragen worden sei. Damit habe er die positive Prognose widerlegt und seine Kraftfahreignung erneut in Frage gestellt. Der Antragsteller sei nicht gewillt, die Rechtsordnung im Bereich des Fahrerlaubnisrechts zu respektieren. Maßnahmen nach dem Punktsystem reichten nicht aus.

Der Antragsteller wandte sich mit mehreren Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten gegen die Gutachtensanordnung; die Fahrerlaubnisbehörde betonte mit Schreiben vom 7. August 2013 und 4. November 2013, dass der Antragsteller erst im dritten Anlauf zu einer positiven Prognose gekommen sei, so dass auch ein Obergutachten hätte gefordert werden können; der Antragsteller habe in nur drei Jahren 18 Punkte erreicht, und acht Wochen nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h begangen, und zwar mit einem Lkw, was ein größeres Gefährdungspotential darstelle. Ein Gutachten wurde nicht vorgelegt.

Mit Bescheid vom 19. November 2013 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, forderte ihn auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids zurückzugeben, ordnete die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung an und drohte für den Fall der Nichtabgabe des Führerscheins Zwangsmaßnahmen an.

Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg (W 6 K 13.1278) erheben. Den gleichzeitig gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Januar 2014 ab. Es liege eine rechtmäßige Gutachtensaufforderung gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV und damit ein rechtmäßiges Vorgehen außerhalb des Punktsystems vor. Angesichts der Vorgeschichte des Antragstellers habe er durch die erneute Verkehrszuwiderhandlung die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 widerlegt. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV für die Beibringung eines Gutachtens wegen eines - unstrittigen - erheblichen Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften lägen vor. Es handle sich hier um einen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems notwendigen, atypischen, besonders gelagerten Sachverhalt. Dafür sprächen die gesamte Vorgeschichte des Antragstellers, die kurze Zeit bis zum erneuten Verstoß entgegen der positiven Prognose und die unglaubhaften, beschönigenden Einlassungen des Antragstellers dazu. Schon der Umstand, dass dem Antragsteller seine erstmalige Fahrerlaubnis erst verspätet nach Vorlage einer positiven medizinischpsychologischen Begutachtung habe erteilt werden können, falle aus dem Rahmen. Nach nur gut drei Jahren - von 2008 bis 2011 - habe der Antragsteller dann das Punktsystem durchlaufen und 18 Punkte angehäuft. Auffällig sei weiter, dass der Antragsteller drei medizinischpsychologische Gutachten in eineinhalb Jahren benötigt habe, um zu einer positiven Prognose zu kommen. Der Antragsteller belege durch den erneuten Verkehrsverstoß nur gut drei Monate nach der Begutachtung und knapp zwei Monate nach der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, dass er nahtlos an sein vorhergehendes verkehrswidriges Verhaltensmuster anknüpfe. Dafür spreche auch der Umstand, dass er weiterhin bei der Firma arbeite, die nach seinen eigenen Angaben Auslöser für den Zeitdruck gewesen sei, der zu den zahlreichen Verkehrsauffälligkeiten geführt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass die neuerliche Geschwindigkeitsüberschreitung nur ein einmaliger, versehentlicher Ausrutscher gewesen sei und sich nicht wiederholen werde. Das Fehlen weiterer Verkehrsverstöße in der Folgezeit könne daran liegen, dass solche nicht aktenkundig geworden seien oder dass sich der Antragsteller unter dem Eindruck der Ahndung (mit Bußgeldbescheid vom 15.4.2013) und des nachfolgend laufenden Entziehungsverfahrens (ab Juni 2013) zurückgehalten habe; das könne aber die Zweifel an der charakterlichen Fahreignung nicht auszuräumen, zumal schon früher zwischen den einzelnen Verkehrsverstößen mehrere Monate bis zu einem halben Jahr gelegen hätten. Gerade auch die einzelne erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung könne die Zweifel erneut begründen. Zwar sei dieser mit einem Punkt bewertete Verstoß für sich allein nicht so massiv und seien nach der Neuerteilung keine weiteren Verstöße aktenkundig. Es träten hier jedoch weitere Umstände, nämlich die Vorgeschichte des Antragstellers, hinzu. Das Gericht werte die Aussage des Antragstellers, er habe wegen plötzlich aufgetretenen Schnees bei abschüssiger Fahrbahn nicht bremsen können, ohne einen Ausbruch des Fahrzeugs zu riskieren, als unglaubhafte beschönigende Schutzbehauptung. Es spreche viel dafür, dass der Antragsteller den Geschwindigkeitsverstoß vorsätzlich begangen habe, da er - nach Abzug der Messtoleranz - mit 81 km/h bei erlaubten 60 km/h gefahren sei und damit die ohnehin zulässige Höchstgeschwindigkeit für Lkw (80 km/h) überschritten habe. Im Übrigen bestätige der Wetterbericht die Angaben des Antragstellers nicht; auch auf den in den Akten befindlichen Lichtbildern sei kein Schnee, auch keine geschlossene Schneedecke, aber die Fahrbahnmarkierung zu erkennen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Antragstellers müsse er sich vorwerfen lassen, dass er trotz schneebedeckter Fahrbahn seine Geschwindigkeit nicht angepasst habe. Baustellen auf der Autobahn würden regelmäßig vorangekündigt und durch einen sogenannten Geschwindigkeitstrichter angezeigt, so dass dem Antragsteller auf jeden Fall genügend Zeit geblieben wäre, seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Einlassung des Antragstellers bestätige die Eignungszweifel und das Erfordernis einer Begutachtung seiner charakterlichen Eignung.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung wird vorgetragen:

- Die Sofortvollzugsanordnung sei nicht rechtmäßig. Der Antragsteller sei nicht mit Alkohol- oder Drogentätern zu vergleichen, die ihr Verhalten suchtbedingt nicht kurzfristig ändern könnten. Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass sich der Antragsteller durch den Bußgeldbescheid vom 15. April 2013 und das nachfolgende Entziehungsverfahren habe beeindrucken lassen, so dass es seither nicht mehr zu Verkehrsverstößen gekommen sei, so stelle er keine akute Gefahr für den Straßenverkehr bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dar. Der Antragsteller habe sich vom Februar 2013 bis zur Fahrerlaubnisentziehung im November 2013 zehn Monate verkehrsgerecht verhalten. Dies müsse bei der Sofortvollzugsanordnung berücksichtigt werden.

- Allein die zeitliche Nähe des erneuten Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis reiche nicht für die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens aus. Der begangene Verkehrsverstoß habe die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 nicht widerlegt. Die Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 im Anschluss an den Nachweis der wieder gewonnenen Eignung sei rechtmäßig erfolgt; es gebe keine Anhaltspunkte, dass sich der Antragsteller durch unwahre Falschangaben gegenüber der Begutachtungsstelle eine positive Begutachtung erschlichen habe.

- Das zweimalige Nichtbestehen eines MPU-Gutachtens dürfe nicht zulasten des Antragstellers berücksichtigt werden. Statistisch gesehen falle jeder Zweite durch ein MPU-Gutachten. Da die Chance bei den Wiederholern steige, liege die Erfolgsquote beim ersten Versuch bei maximal 30%. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs hänge auch von einer sehr guten Vorbereitung ab, die der Antragsteller nicht in Anspruch genommen habe. Insofern seien die ersten beiden Untersuchungen quasi der Vorbereitungskurs des Antragstellers gewesen. Der Antragsteller habe letztlich die Fahreignungsbegutachtung bestanden, weil bei ihm, wenn auch mit Verspätung, aber ohne professionelle Hilfe die Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Verkehrsverhalten stattgefunden habe.

- Die Voraussetzungen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems, mithin ein Sonderfall, der den Antragsteller von anderen Mehrfachtätern abhebe, lägen nicht vor. Der Antragsteller sei weder ein Raser noch ein rücksichtsloser Fahrer. Es sei lediglich darauf abgestellt worden, dass das Gutachten falsch sei. Die durch das Gericht erfolgte Bewertung der Verkehrsverstöße als schwerwiegend lasse nicht erkennen, worin sich diese Verstöße von denen aller anderen Kraftfahrer unterschieden. Die Schwere eines Verkehrsverstoßes folge aus dem ihm zugeordneten Punktwert und sei nicht der persönlichen Einschätzung des Gerichts überantwortet.

- Zu Unrecht werte das Verwaltungsgericht die Einlassung des Antragstellers zum letzten Verkehrsverstoß als Schutzbehauptung. Diese Einlassung hätte im Bußgeldverfahren keinen Erfolg gebracht, weil, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, der Antragsteller bei gebotener Sorgfalt frühzeitig hätte abbremsen können, ohne dass sein Lkw auf der abschüssigen Strecke ins Rutschen gekommen wäre. Dieses nicht optimale Verkehrsverhalten sei nicht gleichzusetzen mit mangelnder Straßenverkehrseignung. Die Geschwindigkeitsüberschreitung im Februar 2012 sei möglicherweise Ausdruck einer Fehleinschätzung der Straßenverhältnisse gewesen, jedenfalls aber kein Ausdruck von Rücksichtslosigkeit, Aggressivität, Rohheit, wilder Raserei, Hang zur beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung oder ähnlichem Verhalten. Dies aber sei Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Umstandes, der eine Behandlung außerhalb des Punktsystems rechtfertigen würde.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Die Eignungszweifel könnten aus der zeitlichen Nähe der Zuwiderhandlung zur vorangegangen Fahrerlaubniserteilung gefolgert werden. Der Gesichtspunkt des zweimaligen Scheiterns des Antragstellers bei den MPU-Begutachtungen im Januar 2012 und Juni 2012 sei für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungstragend gewesen. Entscheidungstragend sei gewesen, dass sich der Antragsteller gleichsam im nahtlos anschließenden zweiten Durchgang des Vorgehens nach § 4 StVG befunden habe. Die Einlassung des Antragstellers zum Verkehrsverstoß habe das Verwaltungsgericht dahin gehend gewertet, dass dieser entweder lüge oder aber diese zusätzlich für die Eignungszweifel spreche; es habe nicht ein nicht optimales Verkehrsverhalten mit mangelnder Straßenverkehrseignung gleichgesetzt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Nach summarischer Überprüfung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Entziehungsbescheids ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen offen. Vieles spricht dafür, dass die Gutachtensbeibringungsaufforderung vom 7. Juni 2013 der rechtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten wird. Ggf. sind auch die näheren Umstände der vom Antragsteller am 3. Februar 2013 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit näher aufzuklären. Jedenfalls fällt die Interessenabwägung hier ausnahmsweise zugunsten des Antragstellers aus.

1. Es ist fraglich, ob der streitgegenständliche Entziehungsbescheid auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt werden kann. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die nicht selbstständig anfechtbare Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - BayVBl 2006, 121).

Die Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung mit Schreiben der Fahrerlaubnisbehörde vom 7. Juni 2013 begegnet rechtlichen Bedenken dahingehend, ob die Fahrerlaubnisbehörde das in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV eröffnete Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt, mithin das Vorgehen außerhalb des Punktsystems ausreichend und zutreffend begründet hat.

Nach dieser Vorschrift kann die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften.

1.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen vor. Es kann hier noch offen bleiben, ob die Tat vom 3. Februar 2013 die Voraussetzung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV - erheblicher Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften - erfüllt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV liegen in jedem Fall vor. Der Antragsteller hat wiederholt Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften begangen. Zwar sind die im Verkehrszentralregister eingetragenen Punkte für die vor dem 29. Juli 2011 begangenen Verkehrsverstöße durch die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 29. Juli 2011 gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG in der bis 30. April 2014 geltenden Fassung gelöscht worden. Die Löschung von Punkten nach § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG bezieht sich jedoch nicht zugleich auf die den Punkten zugrunde liegenden straf- oder bußgeldrechtlichen Entscheidungen; diese bleiben vielmehr im Verkehrszentralregister bis zur Tilgungsreife erfasst und können in späteren, etwa auf § 3 Abs. 1 StVG gestützten Entziehungsverfahren herangezogen werden (vgl. unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 4 StVG Rn. 26). Dieses Ergebnis folgt im Umkehrschluss auch aus § 29 Abs. 1 Satz 4 StVG. Nach dieser Vorschrift werden Maßnahmen nach den §§ 2a und 4 StVG außer den in Satz 3 der Vorschrift genannten Maßnahmen, also auch Fahrerlaubnisentziehungen nach § 4 StVG, dann getilgt, wenn auch die letzte mit Punkten bewertete Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist. Diese Regelung ginge ins Leere bzw. wäre entbehrlich, wenn schon die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG nicht nur zur Löschung von Punkten, sondern auch zur Tilgung der zugrundeliegenden Entscheidungen führte. In der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG ab 1. Mai 2014 (Gesetz vom 28.8.20132013, BGBl I S. 3313: Löschung der Punkte auch bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis) ist ausgeführt, dass es unabhängig vom Punktestand bei der Speicherung sämtlicher noch nicht getilgter Entscheidungen im Register bleibe, so dass die Behörde im Fall der erneuten Begehung von Zuwiderhandlungen nach erfolgter Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Möglichkeit habe, die Eignung auch ohne das Erreichen von - nunmehr - acht Punkten wieder in Frage zu stellen und ggf. durch eine erneute Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens prüfen zu lassen. In welchen Fällen dies sachgerecht sei, müsse aber der Einzelfallentscheidung überlassen bleiben und könne nicht summarisch durch das Gesetz geregelt werden (vgl. BR-Drucks. 799/12 Begr. S. 73).

Auch ein für den Betroffenen günstiges Fahreignungsgutachten und die Neuerteilung der Fahrerlaubnis entfalten keine Sperrwirkung für die Berücksichtigungsfähigkeit früher liegender Tatsachen (vgl. BayVGH, B. v. 6.5.2008 - 11 CS 08.551 - juris Rn. 46 ff.).

Dies bedeutet, dass bei einem Wiederholungstäter, der das Punktesystem zum zweiten Mal durchläuft, der Tatbestand des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. FeV erfüllt ist, wenn er einen weiteren Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begeht und ein vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangener Verstoß im Verkehrszentralregister noch nicht getilgt und daher verwertbar ist, was ein flexibles Reagieren der Fahrerlaubnisbehörde bei Wiederholungstätern ermöglicht (vgl. auch die Begründung zur Änderung von § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG - BR-Drucks. 799/12 S. 73). Jedoch dürften für den Fall, dass der nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangene Verstoß nicht erheblich i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt FeV ist, und - nach Neuerteilung - keine wiederholten Verstöße vorliegen, entsprechend höhere Anforderungen an die Ermessenserwägungen und die Darlegungen der Fahreignungszweifel durch die Fahrerlaubnisbehörde für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems zu stellen sein.

2. Es bestehen Zweifel, ob die Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013 das Ermessen rechtmäßig ausgeübt, mithin das - ausnahmsweise - Vorgehen außerhalb des Punktsystems richtig begründet hat. Dabei dürften grundsätzlich nur die Erwägungen berücksichtigungsfähig sein, welche die Fahrerlaubnisbehörde in der Aufforderung zur Begutachtung dargelegt oder ggf. im anschließenden Schriftverkehr zur Begründung der Anordnung ergänzt hat. Da die Anordnung einer medizinischpsychologischen Untersuchung kein Verwaltungsakt ist und sie folglich nicht mit Rechtsmitteln eigenständig angegriffen werden kann, sind an die Begründung der Gutachtensanordnung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen.

2.1 Für ein Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde außerhalb des Punktsystems bestehen nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen. Je schwerer eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften in Beziehung auf die Verkehrssicherheit wiegt oder je häufiger der Betroffene gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, desto geringere Anforderungen sind an die Ermessensbetätigung zu stellen. Umgekehrt kann eine Gutachtensanordnung wegen eines einmaligen erheblichen oder wegen wiederholter weniger nichterheblicher Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nur Bestand haben, wenn die Fahrerlaubnisbehörde über eine schematische Bezugnahme auf die Verkehrsverstöße hinaus tatsächliche Ermittlungen und Erwägungen angestellt hat, die eine solche Entscheidung im Einzelfall zu tragen vermögen.

In diese Betrachtung hat weiter das vom Gesetzgeber eingeführte Punktsystem (§ 4 StVG, §§ 40 ff FeV, Anlage 13 zur FeV) einzufließen. Das Punktsystem beinhaltet die Bewertung von Verkehrszuwiderhandlungen (Straftaten und Ordnungswidrigkeiten) mit einer nach Art und Schwere der Verstöße festgelegten Punktzahl und das Ergreifen abgestufter Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Punkteschwellen. Es bezweckt eine Vereinheitlichung der Behandlung von Mehrfachtätern und soll dem Betroffenen Gelegenheit geben, aufgetretene Mängel durch Aufbauseminare und verkehrspsychologische Beratung möglichst frühzeitig zu beseitigen. Das abgestufte und transparente System rechtfertigt die Annahme, dass Personen, die 18 Punkte oder mehr erreicht haben, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sind. Aus dem Punktsystem ergibt sich aber auch, dass der Gesetzgeber bewusst die weitere Straßenverkehrsteilnahme von Kraftfahrern mit einem nicht unerheblichen „Sündenregister“ in Kauf genommen und die Entziehung der Fahrerlaubnis von der zuvor eingeräumten Möglichkeit, Angebote und Hilfestellungen wahrzunehmen, abhängig gemacht hat (vgl. BayVGH, B. v. 2.6.2013 - 11 CS 03.743 - juris). Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn dies die Verkehrssicherheit und damit die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gebietet. Durch die Abweichung vom Punktsystem auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG wird im öffentlichen Interesse sichergestellt, dass ungeeignete Kraftfahrer schon vor Erreichen von 18 Punkten im Verkehrszentralregister von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr wirksam ausgeschlossen werden können oder besondere Eignungszweifel durch weitergehende Maßnahmen, wie z. B. eine medizinischpsychologische Untersuchung, sofort geklärt werden können. Ein Verlassen des Punktsystems auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG muss aber die Ausnahme bleiben und vom Vorliegen besonderer Gründe abhängen. Maßnahmen außerhalb des Punktsystems wie die Entziehung der Fahrerlaubnis oder zumindest die Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens sind deshalb nur in besonderen Ausnahmekonstellationen zulässig, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber beispielsweise durch die beharrliche und häufige Begehung von - isoliert betrachtet auch nicht gewichtigen - Verkehrszuwiderhandlungen oder durch einen erheblichen Verkehrsverstoß verkehrsauffällig geworden ist und sich aus einem derartigen Verhalten Fahreignungsmängel oder zumindest Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten lassen (vgl. VGH BW, B. v. 18.03.2010 - 10 S 2234/09). Die Fahrerlaubnisbehörde muss dabei im Einzelnen unter Auswertung aller konkreten Umstände näher begründen, warum sie aus besonderen Gründen im Einzelfall, der sich erheblich vom Normalfall sonstiger Verkehrsteilnehmer mit einem Punktestand abheben muss, aufgrund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art, der Häufigkeit oder des konkreten Hergangs der Verkehrsverstöße Eignungsbedenken hegt, die sofortige weitergehende Aufklärungsmaßnahmen etwa durch eine medizinischpsychologische Untersuchung gebieten, ohne dem Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor die abgestuften Hilfsangebote des § 4 StVG wahrzunehmen.

Wann ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, der in Anwendung der vorstehenden Grundsätze die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von charakterlichen Fahreignungszweifel erfordert, obwohl der Betroffene die Schwelle von 18 Punkten noch nicht erreicht hat, ist schließlich eine Frage der Würdigung der Umstände des Einzelfalls und lässt sich nicht verallgemeinernd und entsprechend fallübergreifend beantworten.

2.2 Es liegt auf der Hand, dass ein Fahrerlaubnisinhaber nach dem Durchlaufen der Maßnahmen des Punktsystems bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis und daran sich anschließend dem Ablauf der Wartefrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis (§ 4 Abs. 10 Satz 1 und 2 StVG), der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens (§ 4 Abs. 10 Satz 3 StVG) und schließlich der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres genauso wie der weit überwiegende Teil der mit Punkten belasteten Fahrerlaubnisinhaber behandelt werden kann, auf die nicht bereits einmal das vollständige Instrumentarium des Punktsystems (§ 4 Abs. 3 Satz 1 StVG) angewendet worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 29.6.2011 - 16 B 212/11 - juris Rn. 5). Zwar ist einem Kraftfahrer zuzugestehen, dass er auch im „zweiten Durchgang“ des Punktsystems Verkehrsverstöße begehen kann, ohne unmittelbar den Verlust seiner Fahrerlaubnis befürchten zu müssen. Er darf nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis aber nicht gleichsam nahtlos da ansetzen, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat (vgl. OVG NW, B. v. 7.10.2013 - 16 A 2820/12 - juris Rn. 22). Wird lediglich die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens gefordert, sind die Anforderungen an die Umstände, die ausnahmsweise ein Abrücken von dem Punktsystem ermöglichen, nicht zu überspannen, da die von der Fahrerlaubnisbehörde ergriffene Maßnahme zur Aufklärung der Eignungszweifel in ihrer Eingriffsintensität deutlich hinter der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis zurückbleibt.

Allerdings sind die Anforderungen an ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems auch bei Wiederholungstätern nach den vorstehenden Ausführungen entsprechend hoch, wenn - nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - nur eine, erneute Zuwiderhandlung gegen verkehrsrechtliche Vorschriften vorliegt, die nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist. Letzteres dürfte hier der Fall sein.

2.3 Wann ein Verkehrsverstoß erheblich ist, ist dogmatisch noch nicht geklärt (vgl. NK-GVR/Koehl, 1. Aufl. 2014, FeV § 11 Rn. 90). Es wird zwar nicht gefordert, dass der Verstoß schwerwiegend ist. Entscheidend ist stets der Rückschluss auf die Fahreignung.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV wurde erst durch Änderungsverordnung vom 9. August 2004 (BGBl I, S. 2092 - damals noch mit der Nr. 5 des § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV verbunden) - eingeführt. Bis dahin hat in der FeV eine Regelung gefehlt, wonach die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinischpsychologische Untersuchung anordnen kann, wenn aufgrund von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die keine Straftaten darstellen, Eignungszweifel bestehen. Der Verordnungsgeber hat dies für unzureichend erachtet und durch die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass ein medizinischpsychologisches Gutachten auch bei einem erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, angeordnet werden kann. Dabei hat er insbesondere an Fahrerlaubnisinhaber gedacht, die durch eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten oder die Teilnahme an illegalen Straßenrennen Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung haben entstehen lassen (vgl. BR-Drucks. 305/04 - Beschluss, S. 1).

Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften erheblich ist im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, ist neben der amtlichen Begründung, die durch das genannte Beispiel der Teilnahme an illegalen Straßenrennen auf eine eher restriktive Auslegung hindeutet, die Systematik der Vorschrift in den Blick zu nehmen.

Als Tatbestandsvoraussetzungen werden in der Vorschrift entweder ein einziger erheblicher Verstoß oder wiederholte Verstöße genannt. Da die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig nur von solchen Verstößen erfährt, die ins Verkehrszentralregister (ab 1. Mai 2014 Fahreignungsregister genannt) eingetragen werden, sind für die Fahreignungsbeurteilung in der Regel nur eintragungspflichtige Verstöße relevant. Dem entspricht es, dass Verkehrsverstöße, die im Verwarnungsverfahren gerügt werden können, grundsätzlich bei der Prüfung der Eignung eines Kraftfahrers unberücksichtigt bleiben (BVerwG, U. v. 17.12.1976 - C 57.75 - VkBl 1978, 19). D. h. schon bei dem Tatbestandsmerkmal „wiederholte Verstöße“ handelt es sich in der Regel um eintragungspflichtige Verstöße. Wenn daneben als alternatives Tatbestandsmerkmal für eine Gutachtensbeibringungsanordnung ein „erheblicher Verstoß“ genannt wird, wird daraus deutlich, dass der erhebliche Verstoß sich „qualitativ“ vom „einfachen“ eintragungsfähigen Verstoß unterscheiden muss. Daraus ergibt sich jedenfalls, dass ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, der gerade einmal die Grenze zur Eintragungspflichtigkeit überschreitet, in der Regel noch kein erheblicher sein kann.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Vorschrift für alle, auch bisher unbescholtene Fahrerlaubnisinhaber, gilt und nicht nur für „Wiederholungstäter“, die das Punktsystem bereits einmal durchlaufen haben. Es wäre wohl kaum vorstellbar, bei einem Fahrerlaubnisinhaber, der erstmals einen gerade die Schwelle der Eintragungpflichtigkeit überschreitenden Verkehrsverstoß begeht, in eine Ermessensprüfung einzutreten, ob eine Überprüfung seiner charakterlichen Fahreignung außerhalb des Punktsystems gerechtfertigt ist. Soweit in der Rechtsprechung zur Fahrtenbuchauflage ein mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß als Verstoß von „einigem Gewicht“ bezeichnet wird (vgl. BVerwG, U. v. 17.5.1995 - 11 C 12/94 - BVerwGE 98, 227/229; B. v. 9.9.1999 - 3 B 94/99 - BayVBl 2000, 380), ist das wohl nicht mit einem erheblichen Verstoß i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV vergleichbar. Die Anordnung, ein medizinischpsychologisches Gutachten beizubringen, greift in erheblicher Weise in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein. Ein solcher Eingriff ist nur gerechtfertigt, wenn er zur Abwehr einer bei realistischer Einschätzung tatsächlich bestehenden Gefahr notwendig ist (vgl. BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11; B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12).

2.4 Der Senat hat im Beschluss vom 23. Februar 2012 (11 ZB 11.2995) eine Vorfahrtsverletzung mit Verkehrsunfall und eine Unfallflucht als „wohl erhebliche, jedenfalls wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften“ und im Beschluss vom 2. Februar 2010 (11 CS 09.2636 - juris Rn. 26) eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 44 km/h außer Orts als erheblichen Verkehrsverstoß bezeichnet. Im Beschluss vom 25. Juni 2008 (11 CS 08.269 - juris Rn. 13) hat der Senat ausgeführt, dass die Anlage 13 zur FeV (Punktbewertung nach dem Punktsystem) keine Kriterien dafür enthält, welche Verkehrsverstöße als im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erheblich einzustufen sind. Die Anlage 13 sei zu § 40 FeV ergangen und enthalte eine Aufstellung darüber, mit welcher Punktzahl verschiedene Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister zu bewerten seien. Auch die Anlage 12 zu § 34 FeV wäre i. Ü. nicht einschlägig, da sie nur regele, welche Verstöße bezogen auf die Fahrerlaubnis auf Probe i. S. v. § 2a StVG als schwerwiegende Zuwiderhandlungen einzustufen seien.

Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 21 km/h, die zu einer Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister führt, dürfte daher in der Regel nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV sein. Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 20 km/h wäre eine Eintragung nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG und eine Punktbewertung nach § 40 FeV i. V. m. der Anlage 13 zur FeV erst gar nicht erfolgt, sondern wäre mit einer Verwarnung geahndet worden, die in der Regel keine Rückschlüsse auf die Fahreignung zulässt.

Der Senat hat im Beschluss vom 7. Februar 2012 (11 CS 11.2708 - juris Rn. 14) die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachten bei einem Wiederholungstäter bestätigt, der innerhalb von 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Geschwindigkeitsverstöße gegangen hatte, die zu einer Eintragung von 10 Punkten geführt hatten; er hat hierzu ausgeführt, auch Verkehrsordnungswidrigkeiten, würden sie beharrlich und häufig begangen, könnten (ausnahmsweise) in besonders krassen Fällen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Mängel oder zumindest die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens wegen (begründeter) Zweifel an der charakterlichen Eignung des Fahrerlaubnisinhabers rechtfertigen, weil bei dieser besonderen Fallgestaltung auf charakterliche Mängel, die sich in der beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung (Verkehrsvorschriften) geäußert hätten, geschlossen werden könne bzw. solche vermutet werden könnten. Wer - insbesondere nach vorangegangenem Fahrerlaubnisentzug - häufig und in engerem zeitlichen Zusammenhang Verkehrsverstöße von einigem Gewicht begehe und dadurch zeige, dass er sich an die Verkehrsordnung nicht halten wolle, sei fahrungeeignet bzw. gebe Anlass für eine Eignungsüberprüfung.

Der VGH Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 (10 S 705/14 - juris) eine Gutachtensanordnung bei einem Wiederholungstäter für rechtmäßig befunden, der in den 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Verkehrsverstöße begangen hatte, die zur Eintragung von 10 Punkten geführt haben; er hat dazu ausgeführt, eine das Verlassen des Punktsystems rechtfertigende Ausnahmekonstellation für eine Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens liege insbesondere vor, wenn der Fahrerlaubnisinhaber nach einer vormaligen Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem, der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens und der Neuerteilung der Fahrerlaubnis binnen kurzer Zeit und in rascher Folge erneut erhebliche Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr begehe.

Eine einzelne Verkehrsordnungswidrigkeit, die gerade einmal die Schwelle der Eintragungspflichtigkeit ins Verkehrszentralregister überschreitet, dürfte daher nur im äußersten Ausnahmefall Anlass für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems sein können. Soweit ersichtlich, ist in der Rechtsprechung eine Fallkonstellation wie hier - Anordnung der Beibringung eines Eignungsgutachtens nach vormaligem Entzug wegen des Erreichens von 18 Punkten bei nur einem Verkehrsverstoß nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, der nicht zugleich eine Straftat darstellt und daher auch auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 5, 6 oder 7 FeV gestützt werden kann - noch nicht entschieden worden.

Ob ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt, weil der Antragsteller einen Lastkraftwagen - offenbar mit Anhänger, wie dem Schriftsatz vom 2. August 2013 (Bl. 346/351 der Behördenakte) zu entnehmen ist - geführt hat und weil er die ohnehin für Lastkraftwagen zulässige Höchstgeschwindigkeit, wenn auch nur äußerst geringfügig, überschritten hat, ist zweifelhaft.

In tatsächlicher Hinsicht lässt sich im Eilverfahren auch nicht abschließend feststellen, ob die Strecke abschüssig war, etwa die Witterungsbedingungen winterlich waren und welches abstrakte Gefährdungspotential bei der Überschreitung der Geschwindigkeit bestand. Auch wie sich die konkrete Situation an der Autobahnbaustelle darstellte ist, ist nicht aktenkundig. Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass die Schilderungen des Antragstellers zum neuerlichen Verkehrsverstoß, die es als unglaubhaft angesehen hat, die Fahreignung des Antragstellers in anderer Hinsicht nicht bestätigt. Ob allerdings eine etwaige Lüge diesbezüglich gegen die charakterliche Fahreignung spricht, ist fraglich.

2.5 Davon unabhängig bestehen gegen die Ermessenserwägungen in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013, auch unabhängig von der Einstufung der Zuwiderhandlung als erheblich, in mehrfacher Hinsicht Bedenken.

Soweit die Anordnung maßgeblich davon ausgeht, dass durch den erneuten Verkehrsverstoß die positive Prognose im Fahreignungsgutachten der p. vom 24. Oktober 2012 widerlegt sei, dürfte das, nicht nur formal betrachtet, nicht richtig sein. Die Gutachterin hat prognostiziert, dass nicht zu erwarten sei, dass der Antragsteller in Zukunft erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen werde. Das hat der Antragsteller - davon ausgehend, dass der Verkehrsverstoß vom 3. Februar 2013 nicht erheblich im Sinne von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist - nicht getan. Dass der Antragsteller nie wieder einen Verkehrsverstoß begehen werde, hat die Gutachterin nicht prognostiziert; danach war in der damaligen Gutachtensanordnung - zu Recht - nicht gefragt worden. Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten der p. fehlerhaft wäre, liegen nicht vor. Die Gutachterin hat sich mit der Vorgeschichte des Antragstellers und gerade auch mit dem vorausgehenden negativen Gutachten vom 2. Juli 2013, das bereits den Beginn eines Veränderungsprozesses beim Antragsteller festgestellt hat, aber eine Fahreignung noch nicht bejahen konnte, auseinandergesetzt.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Antragsteller bereits beim Ersterwerb eine medizinisch psychologische Untersuchung absolvieren musste und dann bei der Neuerteilung die medizinischpsychologische Untersuchung erst im dritten Anlauf bestand, unterscheiden sich die im Rahmen der Ermessenserwägungen dargestellten Tatsachen - mit Ausnahme der hervorgehobenen Nähe des neuerlichen Verkehrsverstoßes - kaum von denen anderer Täter, denen die Fahrerlaubnis nach dem Erreichen von 18 Punkten entzogen wurde.

Soweit die Fahrerlaubnisbehörde darauf abgestellt hat, dass bereits bei der Ersterteilung der Fahrerlaubnis eine medizinischpsychologische Untersuchung erforderlich war und dass der Antragsteller für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis drei medizinischpsychologische Untersuchungen benötigt habe, ist fraglich, ob das für eine Zukunftsprognose maßgeblich ist. Aus Letzterem ergibt sich wohl lediglich, dass der Antragsteller mehr Zeit benötigte, um sich seinen Taten zu stellen und die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Das spricht wohl nicht gegen seine gegenwärtige Fahreignung.

Soweit im Schriftverkehr im Anschluss an die Anordnung betont wurde, dass der Antragsteller die 18 Punkte innerhalb von drei Jahren erreichte, ist das ebenfalls nicht richtig, da sechs Punkte auf der Tat von 2005 beruhen. Der Antragsteller hat daher innerhalb von drei Jahren nicht 18 Punkte, sondern 12 Punkte erreicht.

Auch wurden die Taten, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führten, in der Anordnung nicht gewürdigt und nicht in Beziehung zum neuerlichen Verkehrsverstoß gesetzt. Neben der Straftat aus 2005, die zu sechs Punkten führte, sind drei Abstandsunterschreitungen zu verzeichnen, die zu insgesamt neun Punkten führten, so dass bereits daraus 15 Punkte erreicht waren. Hierbei spricht zugunsten des Antragstellers, dass er diese Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit je drei Punkten bewertet wurde, nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht wieder begangen hat. Auch wenn im Gutachten vom 2. Juli 2013 die Rede davon ist, dass die Verkehrsverstöße letztlich aus einem geschwindigkeitsbetonten Fahrverhalten resultierten, hat der Antragsteller im ersten Durchgang nur zweimal die Geschwindigkeit in einem Maße überschritten, dass jeweils ein Punkt einzutragen war. Daraus ergibt sich wohl noch nicht die Annahme, dass der Antragsteller ein notorischer „Schnellfahrer“ ist, so dass wohl auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis gleichsam nahtlos da angesetzt hat, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat. Aus der bloßen zeitlichen Nähe des Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung kann wohl noch nicht auf eine generelle Bereitschaft zur Missachtung von Verkehrsregeln geschlossen werden, wenn der Verstoß innerhalb von 10 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der einzige geblieben ist.

Da somit fraglich ist, ob die Tat vom 3. Februar 2013 geeignet ist, erneut Fahreignungszweifel zu begründen und zudem die Ermessenserwägungen der Fahrerlaubnisbehörde rechtlichen Bedenken begegnen, ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen.

3. Eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung ergibt, dass es ausnahmsweise verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiter als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnimmt. Die Interessenabwägung hat sich an den Vorgaben zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Juni 2002 (1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 ff.) aufgestellt hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen ordnungsgemäßen Ablauf resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt.

Da der Verstoß vom 3. Februar 2013 in dem Zeitraum seit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 bis zur Fahrerlaubnisentziehung mit Bescheid vom 19. November 2013 die einzige dem Antragsteller vorzuwerfende (aktenkundige) Verkehrsordnungswidrigkeit ist und die Tat nach Aktenlage wohl auch nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, der Antragsteller auch bei früheren, von ihm begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten keine anderen Personen konkret gefährdet und keinen Unfall verursacht hat, ergibt hier bereits eine von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Interessensabwägung, dass es verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiter am Straßenverkehr teilnimmt. Der Antragsteller dürfte sich nunmehr der Folgen weiterer Verstöße bewusst sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.