Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 11. Mai 2015 weiter, mit dem er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und die Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von vier Jahren nach Ausreise befristet wurden.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet. Es ist auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung vom Vorliegen eines Regelausweisungsgrundes nach § 54 Nr. 2 AufenthG und vom Fehlen eines besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG ausgegangen. Der Kläger war mit Urteil des Amtsgerichts Laufen vom 22. Dezember 2014 wegen des Einschleusens von Ausländern zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden. Der Kläger war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 56 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG a.F.

Im Zulassungsverfahren wendet sich der Kläger dagegen, dass das Verwaltungsgericht angenommen hat, er besitze keine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU.

Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ausweisung des Klägers sei rechtmäßig, gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57; vgl. auch BVerwG, B.v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag; Rechtsänderungen während des Zulassungsverfahrens sind zu beachten.

Der Senat hat daher die streitbefangene Ausweisungsverfügung (und das diese als rechtmäßig bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil) unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung zu überprüfen. Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky-Reis in Hofmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53-56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am 1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Die Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung entsprechend dem Zulassungsvorbringen beschränkt sich folglich ausschließlich darauf, ob dem Kläger die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten-EU nach Art. 4 bis 7 Richtlinie 2003/109/EG zukommt, die nach § 53 Abs. 3 AufenthG nunmehr dazu führt, dass der betreffende Ausländer nur ausgewiesen werden darf, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger keine Daueraufenthaltserlaubnis-EU besitzt, die ihm einen erhöhten Ausweisungsschutz vermitteln würde. Die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten wird grundsätzlich durch die Bescheinigung nach Art. 8 Abs. 3 RL 2003/109/EG belegt, wobei die zentrale Bedeutung zu beachten ist, die das Unionsrecht ihrer Gestaltung und Fälschungssicherheit beimisst; sie kann aber auch durch eine schriftliche Bestätigung der Behörden des Mitgliedstaates, in dem das Recht zum Daueraufenthalt-EG entstanden sein soll, gegebenenfalls auch dessen Auslandsvertretung in Deutschland, geführt werden, wobei es einer sorgfältigen Vergewisserung durch die Ausländerbehörde bedarf, dass die Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter auch tatsächlich verliehen worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2012 - 19 CS 12.1851 - juris Rn. 4; B.v. 11.9.14 - 10 CS 14.1581 - juris Rn. 23). Im israelischen Reisepass des Klägers befand sich im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine am 21. Januar 2010 ausgestellte, bis 20. Januar 2015 gültige befristete Aufenthaltserlaubnis, deren Bezeichnung nicht der nach Art. 8 Abs. 3 Richtlinie 2003/109/EU erforderlichen Bezeichnung in der ungarischen Sprache entsprach (vgl. hierzu Nr. 38a.1.1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz). Auch der im Zulassungsverfahren nunmehr vorgelegte Aufenthaltstitel (ausgestellt am 13. April 2015 und gültig bis 13. April 2025) trägt nicht die entsprechende Bezeichnung für einen „Daueraufenthalt-EG“ in ungarischer Sprache. Die Bezeichnung unterscheidet sich nicht nur durch den Zusatz „EK“, sondern stimmt auch im Übrigen nicht mit der nach der Sprachenliste erforderlichen Übersetzung überein. Dies zeigt auch die englische Übersetzung. Der Aufenthaltstitel des Klägers ist mit „permanent residence card“ überschrieben, während die Übersetzung für Daueraufenthalt „long-term resident“ lautet.

Eine entsprechende Bestätigung des Mitgliedstaats, dass der Kläger ein Daueraufenthaltsrecht-EG besitzt, wurde im Zulassungsverfahren nicht vorgelegt. Der Umstand, dass er die angeblich in Ungarn erworbene Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten nicht belegt hat, fällt in seine Verantwortung (BayVGH, U.v. 24.7.2014 - 19 B 13.1293 - juris Rn. 40).

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

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(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des z

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2014 - 10 CS 14.1581

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Tenor I. Unter Abänderung der Nr. I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Juni 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. II. Unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Baye
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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt. Gründe Die

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2017 - 19 ZB 16.186

bei uns veröffentlicht am 02.05.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tenor

I.

Unter Abänderung der Nr. I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Juni 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.

II.

Unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Juni 2014 werden die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen der Antragsgegnerin auferlegt.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller, die nigerianische Staatsangehörige sind, verfolgen mit der Beschwerde ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichteten Klage weiter.

Die Antragstellerin zu 1 (im Folgenden: Antragstellerin) hielt sich seit 1998 in Griechenland auf und ist im Besitz einer am 25. Juni 2009 erneuerten unbefristeten griechischen Aufenthaltserlaubnis. Nach ihren Angaben reiste sie am 29. April 2011 gemeinsam mit ihrem am 25. November 1998 in Athen geborenen Sohn, dem Antragsteller zu 2 (im Folgenden: Antragsteller), in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 25. Juli 2011 sprach sie bei der Antragsgegnerin vor und beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG.

Nachdem ihr die Antragsgegnerin eine Frist bis zum 31. Dezember 2011 eingeräumt hatte, um ihr Gelegenheit zu geben, mit Hilfe einer griechischen Rechtsanwältin ihren Status als in Griechenland langfristig Aufenthaltsberechtigte nachzuweisen, teilte die Antragstellerin mit Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 23. Januar 2012 mit, dass ein Aufenthaltstitel mit einem dem Zusatz „Daueraufenthalt - EG“ entsprechenden Zusatz in griechischer Sprache in Griechenland nicht ausgestellt werde. Gleichzeitig beantragte sie, ihr zumindest eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen, weil sie angesichts der katastrophalen Arbeitsmarktsituation in Griechenland für sich und ihren Sohn dort nicht sorgen könne und ihr die Rückkehr dorthin daher nicht zumutbar sei.

Auf Anfrage der Antragsgegnerin teilte das griechische Generalkonsulat mit E-Mail vom 24. April 2012 mit, dass die griechischen Aufenthaltstitel des Typs „Daueraufenthalt - EG“ durch die zuständigen Behörden der Städte und Gemeinden in Griechenland ausgestellt würden.

Mit Antrag vom 8. Mai 2012, der am 6. Juli 2012 bei der Antragsgegnerin einging, beantragte der Antragsteller, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu seiner Mutter zu erteilen.

Nachdem sie den Antragstellern mit Schreiben vom 7. November 2013 Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. April 2014 den Antrag der Antragstellerin vom 28. Juli 2011 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG sowie den Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG vom 6. Juli 2012 ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass die Antragsteller verpflichtet seien, das Bundesgebiet zu verlassen, setzte ihnen hierzu eine Frist bis zum 11. Mai 2014 (Nr. 2 des Bescheids) und drohte ihnen für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Griechenland oder in einen anderen Staat an, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 3 des Bescheids).

Die Antragsgegnerin begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen des § 38a AufenthG nicht erfüllt seien. Die Antragstellerin habe nicht in einem anderen Mitgliedstaat die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten inne. Die griechischen Behörden hätten ihr keinen unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“, sondern nur einen nationalen unbefristeten Aufenthaltstitel ausgestellt. Darüber hinaus sei entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 AufenthG der Lebensunterhalt der Antragstellerin nicht gesichert. Sie gehe keiner unselbstständigen Beschäftigung nach und habe daher dem Grunde nach einen Anspruch auf öffentliche Leistungen. Eine andere Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29. April 2014 erhoben die Antragsteller Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 10. April 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Gleichzeitig beantragten sie, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. Juni 2014 mit der Begründung ab, gegen den angefochtenen Bescheid bestünden keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Antragsteller hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse. Die Voraussetzungen des § 38a Abs. 1 AufenthG seien nicht erfüllt. Die Antragstellerin besitze nicht die Rechtsstellung einer langfristig Aufenthaltsberechtigten im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl EG 2004 Nr. L 16 S. 44). Diese Rechtsstellung sei weder durch eine Bescheinigung nach Art. 8 Abs. 3 Richtlinie 2003/109/EG noch durch eine Bestätigung der griechischen Behörden nachgewiesen. Insbesondere werde sie nicht durch die Bescheinigung des griechischen Generalkonsulats in München vom 27. Juli 2011 bestätigt, nach der die Antragstellerin rechtmäßige Besitzerin einer unbefristeten griechischen Aufenthaltserlaubnis sei. Nach der Auskunft des Generalkonsulats vom 24. April 2012 würden Aufenthaltstitel des Typs „Daueraufenthalt - EG“ durch die zuständigen Behörden der Städte und Gemeinden in Griechenland ausgestellt. Da die Antragstellerin trotz der Einschaltung einer griechischen Rechtsanwältin bereits im Jahr 2011 den Nachweis, dass sie über einen solchen Titel verfüge, nicht habe erbringen können, sei davon auszugehen, dass sie die Rechtsstellung einer in Griechenland langfristig Aufenthaltsberechtigten nicht erlangt habe. Außerdem hätte die Antragstellerin nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 AufenthG vor der Einreise ein Visum einholen müssen. Davon sei sie auch nicht nach § 39 Nr. 6 AufenthV befreit gewesen, weil die Voraussetzungen eines Anspruchs für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht erfüllt seien. Soweit der Antragsteller geltend mache, ihm sei eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausbildung zu erteilen, sei weder ein entsprechender Antrag gestellt noch lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis vor. Eine Aufenthaltserlaubnis könne den Antragstellern mangels hinreichender Anhaltspunkte dafür, dass ihre Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich sei, auch nicht nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden. Darüber hinaus komme die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG in Verbindung mit den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht in Betracht. Anhaltspunkte für solche Abschiebungsverbote hinsichtlich von Nigeria seien nicht geltend gemacht. In Bezug auf Griechenland bestünden angesichts des auf die allgemeinen Verhältnisse von Schwarzafrikanern beschränkten Vortrags keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür. Die Antragstellerin habe seit 1998 in Griechenland gelebt. Der Antragsteller sei dort geboren und aufgewachsen.

Ihre gegen den Beschluss vom 24. Juni 2014 gerichtete Beschwerde begründen die Antragsteller im Wesentlichen damit, dass sie ein überwiegendes Interesse daran hätten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache in der Bundesrepublik zu bleiben. Eine Abschiebung nach Griechenland stelle sie vor ein wirtschaftliches und soziales Nichts. Sozialhilfeleistungen könnten aufgrund der Armut der griechischen Bevölkerung an Dritte und insbesondere Schwarzafrikaner, die in Athen in unbeheizten Kellern ohne fließendes Wasser und Strom lebten, nicht gewährt werden. Eine Abschiebung nach Nigeria ohne Ehemann oder Vater, Familie und Freunde sei unzumutbar, weil der Antragsteller auch dort in menschenunwürdige Verhältnisse gelange. Trotz der Beauftragung von Anwälten habe die Antragstellerin aufgrund der dortigen Verhältnisse keine Bestätigung griechischer Behörden erlangen können, dass sie in Griechenland langfristig aufenthaltsberechtigt im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG sei. Es sei deshalb die Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar, dass die Beibringung einer Bescheinigung der griechischen Behörden allein Sache der Antragstellerin sei. Es sei der Antragsgegnerin zuzumuten gewesen, etwa über die deutsche Botschaft in Athen selbst bei den griechischen Behörden nachzufragen, ob die erforderliche Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei. In Bezug auf § 25 Abs. 5 AufenthG seien die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen. Ermessen sei nicht ausgeübt worden. Für die Sicherung des Lebensunterhalts sei die Prognose erforderlich, dass die Antragsteller aufgrund realistischer Annahmen und konkreter Dispositionen keine öffentliche Unterstützung benötigten und ihren Lebensunterhalt dauerhaft ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel erbringen könnten. Es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin den Lebensunterhalt nicht auf Dauer durch Arbeit sichern könne. Bisher sei jeder Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis abgelehnt worden.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Juni 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die dargelegten Gründe rechtfertigten keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die Antragstellerin könne nicht nachweisen, dass sie in Griechenland über einen langfristigen Aufenthaltstitel mit der Bezeichnung „Daueraufenthalt - EG“ verfüge, wie er nach Auskunft des Generalkonsulats von den griechischen Behörden ausgestellt werde. Das Verwaltungsgericht sei deshalb zu Recht zu dem Ergebnis erlangt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG nicht vorlägen. Auch hätten die Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG liege nicht vor. Aus dem Vortrag, den Antragstellern stehe in Griechenland weder Sozialhilfe noch ärztliche Versorgung zur Verfügung, so dass sie in menschenunwürdige Verhältnisse zurückkehren müssten, ergäben sich keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG.

Ergänzend wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten in den Verfahren 10 CS 14.1581, 10 C 14.1582, M 23 K 14.1817 und M 23 S 14.1818 verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten zu treffende Abwägungsentscheidung führt zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. April 2014 anzuordnen ist. Die Erfolgsaussichten der Klage sind offen (1.). Im Rahmen der erforderlichen Abwägung überwiegt das Interesse der Antragsteller, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu können, das öffentliche Interesse an der mit der Ablehnung der Anträge der Antragsteller auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 58 Abs. 2 Satz 2 und § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG eingetretenen sofortigen Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht (2.).

1. Die Erfolgsaussichten der Klage sind offen. Ob die Ablehnung der Anträge der Antragsteller, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, rechtswidrig ist und die Antragsteller dadurch in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil sie Anspruch auf die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse haben, bedarf der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren.

a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von der Antragstellerin begehrten Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Denn bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung bleibt offen, ob die Antragstellerin die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis erfüllt.

aa) Nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich wie die Antragstellerin länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten will. Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist dabei nach § 2 Abs. 7 AufenthG ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Art. 2 Buchst. b Richtlinie 2003/109/EG verliehen und nicht entzogen wurde, und damit jeder Drittstaatsangehörige, der die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten im Sinne der Artikel 4 bis 7 Richtlinie 2003/109/EG besitzt. Ob dies bei der Antragstellerin, die als nigerianische Staatsangehörige nicht Unionsbürgerin und damit Drittstaatsangehörige ist (Art. 2 Buchst. a Richtlinie 2003/109/EG), der Fall ist, ist vor einer weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren aber offen.

aaa) Die Antragstellerin verfügt über eine am 25. Juni 2009 mit Wirkung ab dem 23. Dezember 2012 erneuerte unbefristete griechische Aufenthaltserlaubnis, die in dem in ihrem Reisepass befindlichen Eintrag als Daueraufenthaltserlaubnis („permanent residence permit“) bezeichnet wird. Dass die Antragstellerin im Besitz dieses Aufenthaltstitels ist, ergibt sich außer aus ihrem Reisepass aus dem der Antragsgegnerin sowohl in griechischer Sprache als auch in deutscher Übersetzung vorgelegten Beschluss über die Erneuerung der auf unbestimmte Zeit erteilten Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin vom 25. Juni 2009 und der entsprechenden Bestätigung des griechischen Generalkonsulats vom 27. Juli 2011. Es ist allerdings ungeklärt, ob diese unbefristete Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin in Griechenland die Rechtsstellung einer langfristig Aufenthaltsberechtigten im Sinne der Art. 4 bis 7 Richtlinie 2003/109/EG verleiht, wie dies nach § 2 Abs. 7 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. b Richtlinie 2003/109/EG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderlich wäre. Denn weder der Eintrag im Pass der Antragstellerin noch der Beschluss vom 25. Juni 2009 oder die Bestätigung vom 27. Juli 2011 enthalten die Bezeichnung „Daueraufenthalt - EG“, wie es Art. 8 Abs. 3 Satz 3 Richtlinie 2003/109/EG vorsieht. Jedoch schließt dies nicht von vornherein aus, dass der Antragstellerin durch den Beschluss vom 25. Juni 2009 gleichwohl eine langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG nach Art. 4 bis 7 Richtlinie 2003/109/EG zuerkannt worden ist (Art. 7 Abs. 3 Richtlinie 2003/109/EG).

Zum einen kann die langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG (jetzt: langfristige Aufenthaltsberechtigung - EU) nach Art. 4 bis 7 Richtlinie 2003/109/EG, die nach Art. 8 Abs. 3 Satz 1 und 3 Richtlinie 2003/109/EG in Form eines Aufklebers oder eines besonderen Dokuments mit der genannten Bezeichnung „Daueraufenthalt - EG“ ausgestellt wird, möglicherweise nicht nur durch eine solche Bescheinigung, sondern auch durch eine sonstige schriftliche Bestätigung der Behörden des Mitgliedstaats nachgewiesen werden, in dem sie entstanden sein soll, gegebenenfalls auch durch eine Bestätigung der Auslandsvertretung dieses Mitgliedstaats in der Bundesrepublik (vgl. in diesem Sinne BayVGH, B. v. 15.11.2012 - 19 CS 12.1851 - juris Rn. 4; BT-Drucks. 16/5065 S. 158; Nr. 2.7.4. AVwV-AufenthG). Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass die griechischen Behörden der Antragstellerin die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten - EG zwar nach Art. 7 Abs. 7 Richtlinie 2003/109/EG zuerkannt, ihr jedoch die langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG nicht in der in Art. 8 Abs. 3 Richtlinie 2003/109/EG vorgesehenen Form mit der Bezeichnung „Daueraufenthalt - EG“ ausgestellt haben.

Die langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG wird gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 2 Richtlinie 2003/109/EG nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung der Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige (ABl EG Nr. L 157 S. 1) ausgestellt. Die „Aktualisierung der Liste von Aufenthaltstiteln gemäß Artikel 2 Absatz 15 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)“ vom 8. Juli 2011 (ABl EU Nr. C 201 S. 1), die als konsolidierte Fassung dieser Liste die von den Mitgliedstaaten nach dem einheitlichen Muster gemäß der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 ausgestellten Aufenthaltstitel sowie alle sonstigen einem Drittstaatsangehörigen ausgestellten Dokumente enthält, die zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats berechtigen, führt für Griechenland anders als etwa für Deutschland die langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG nicht auf. Dies deutet aber darauf hin, dass Griechenland, obwohl es die Richtlinie 2003/109/EG offenbar umgesetzt hat (vgl. die Informationen zu den nationalen Umsetzungsmaßnahmen in der Datenbank Eur-Lex), zumindest bis zur Aktualisierung der genannten Liste im Jahr 2011 Aufenthaltstitel mit der Bezeichnung „Daueraufenthalt - EG“ nicht ausgestellt hat.

Dem steht auch die der Antragsgegnerin durch einen Mitarbeiter des griechischen Generalkonsulats per E-Mail am 24. April 2012 erteilte Auskunft nicht entgegen, nach der die griechischen Aufenthaltstitel des Typs „Daueraufenthalt - EG“ durch die zuständigen Behörden der Städte und Gemeinden in Griechenland ausgestellt werden. Denn selbst wenn man diese Auskunft so versteht, dass die langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG in Griechenland in der in Art. 8 Abs. 3 Richtlinie 2003/109/EG vorgesehenen Form ausgestellt wird und die Bezeichnung „Daueraufenthalt - EG“ enthält, ergibt sich daraus nicht, seit wann dies der Fall ist. Dementsprechend kann der Auskunft auch nicht zwingend entnommen werden, dass die im Jahr 2009 erneuerte unbefristete Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin keine langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG darstellt. Ob dies der Fall ist, kann vielmehr wohl nur durch eine über die griechische Auslandsvertretung in Deutschland oder das Auswärtige Amt eingeholte Auskunft der griechischen Behörden zu der Frage geklärt werden, ob es sich bei der konkreten, mit Beschluss vom 25. Juni 2009 erneuerten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin um eine langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG handelt (vgl. das Schreiben des Bundesministeriums des Innern an die Innenministerien und Senatsverwaltungen für Inneres der Länder vom 3. März 2009, Bl. 126 der die Antragstellerin betreffenden Behördenakte).

bbb) Der Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren steht auch nicht von vornherein entgegen, dass die Antragstellerin nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verpflichtet ist, die erforderlichen Nachweise über ihre persönlichen Verhältnisse, sonstige erforderliche Bescheinigungen und Erlaubnisse sowie sonstige erforderliche Nachweise, die sie erbringen kann, unverzüglich beizubringen, und sie einen Nachweis für die geltend gemachte Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigte bisher nicht erbracht hat.

Dabei kann dahinstehen, ob die Antragstellerin, die den Beschluss über die Erneuerung ihrer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis vom 25. Juni 2009, ihren Pass, in dem ihr Aufenthaltstitel als Daueraufenthaltserlaubnis bezeichnet wird, sowie die Bestätigung ihrer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis durch das griechische Generalkonsulat vom 27. Juli 2011 vorgelegt und sich außerdem, wie die Schreiben eines griechischen Rechtsanwalts vom 14. November 2013 und 27. Februar 2014 zeigen, über griechische Rechtsanwälte bisher vergeblich darum bemüht hat, ihre langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG durch eine Bestätigung der zuständigen griechischen Behörden nachzuweisen, ihre Mitwirkungspflichten nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erfüllt hat. Ebenso kann offenbleiben, ob die Antragsgegnerin deshalb im Rahmen ihrer durch § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zwar modifizierten, aber nicht beseitigten Pflicht nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (vgl. OVG Bremen, B. v. 14.6.2007 - 1 B 163/07 - juris Rn. 7; Samel in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 82 AufenthG Rn. 4; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2014, § 82 AufenthG Rn. 10) gehalten gewesen wäre, selbst über das Auswärtige Amt oder das griechische Generalkonsulat zu klären, ob die Antragstellerin über eine langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG verfügte, oder zumindest die Antragstellerin nach § 82 Abs. 3 AufenthG konkret auf die Möglichkeit des Nachweises dieser Berechtigung durch eine Bestätigung des Generalkonsulats (vgl. Nr. 2.7.4. AVwV-AufenthG) hinzuweisen (vgl. OVG Bremen. a. a. O.; Samel in Renner/Bergmann/Dienelt, a. a. O. Rn. 5, jeweils zu Konstellationen, die einen konkreten Hinweis oder die Sachverhaltsermittlung durch die Ausländerbehörde erfordern). Denn selbst wenn die Antragsgegnerin nicht zu einer Sachverhaltsermittlung von Amts wegen verpflichtet gewesen sein sollte, würde dies einer Klärung der offenen Frage, ob der Antragstellerin in Griechenland eine langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG zuerkannt worden ist, im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen nicht ohne weiteres entgegenstehen. Vielmehr gilt § 82 Abs. 1 AufenthG, soweit er die Pflicht zur Amtsermittlung modifiziert, wohl nur für das Verwaltungsverfahren und, soweit es statthaft ist, das Widerspruchsverfahren (§ 82 Abs. 2 AufenthG), nicht aber für das verwaltungsgerichtliche Verfahren (vgl. Funcke-Kaiser in Fritz/Vormeier, GK-AufenthG, Stand: März 2014, § 82 AufenthG Rn. 21; Samel in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 82 AufenthG Rn. 22; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2014, § 82 AufenthG Rn. 13; Nuckelt in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 4. Aufl. Stand: 1.6.2013, § 82 AufenthG Rn. 6; Hofmann in Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 1. Aufl. 2008, § 82 AufenthG Rn. 5; BT-Drucks. 11/6321 S. 81 zu § 70 AuslG; a.A. zu § 70 AuslG v. Boeckel, ZAR 1992, 166/168 f.).

Dafür spricht neben der Stellung des § 82 Abs. 1 AufenthG im Abschnitt „Verwaltungsverfahren“ zum einen, dass die Regelung sich ihrem Wortlaut nach ausdrücklich an die Ausländerbehörde richtet, die ermächtigt wird, dem Ausländer für die Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten Fristen zu setzen und nach Fristablauf geltend gemachte Umstände und beigebrachte Nachweise unberücksichtigt zu lassen (§ 82 Abs. 1 Satz 2 bis 4 AufenthG). Zum anderen wird der Anwendungsbereich des § 82 Abs. 1 AufenthG durch § 82 Abs. 2 AufenthG zwar auf das Widerspruchsverfahren erstreckt. Eine Regelung, die die Vorschrift auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für anwendbar erklärt, existiert hingegen nicht (vgl. Samel in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 82 AufenthG Rn. 22; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2014, § 82 AufenthG Rn. 13). Betrifft § 82 Abs. 1 AufenthG danach aber wohl allein das Verwaltungsverfahren, so verbleibt es für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bei der Verpflichtung des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und zu klärungsbedürftigen Fragen weitere Nachforschungen anzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 1.9.2011 - 5 C 27.10 - juris Rn. 25).

Dem stünde schließlich wohl auch nicht entgegen, wenn die Antragstellerin, die als Beteiligte bei der Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen ist (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG an der Klärung solcher Fragen auch im Gerichtsverfahren mitzuwirken hätte. Eine etwaige Verweigerung der im Einzelfall zumutbaren Mitwirkung würde insoweit nämlich wohl nicht zu einer Beschränkung der Amtsermittlungspflicht des Gerichts führen, sondern könnte nur im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, U. v. 1.9.2011 - 5 C 27.10 - juris Rn. 25; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2014, § 82 AufenthG Rn. 13).

bb) Ebenso wie das Vorliegen einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung - EG bedarf der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren, ob die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung der von der Antragstellerin beantragten Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG vorliegen.

aaa) Dies gilt zunächst, soweit § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG voraussetzt, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Der Lebensunterhalt ist nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gesichert, wenn der Ausländer ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Ob dies bei der Antragstellerin der Fall ist, ist gegenwärtig aber nicht geklärt.

Erforderlich für die Annahme, der Lebensunterhalt sei gesichert, ist die auf realistischen Annahmen und konkreten Dispositionen beruhende positive Prognose (vgl. BVerwG, U. v. 18.10.2013 - 10 C 10.12 - juris Rn. 24), dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft auf Dauer ohne Inanspruchnahme anderer öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den nachhaltig zur Verfügung stehenden Mitteln. Dabei richten sich sowohl die Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens als auch der Unterhaltsbedarf bei erwerbsfähigen Ausländern und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, grundsätzlich nach den entsprechenden Bestimmungen des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II; vgl. BVerwG, U. v. 18.10.2013 - 10 C 10.12 - juris Rn. 13). Nach diesen Maßstäben ist aber offen, ob der Lebensunterhalt der Antragstellerin gesichert ist.

Dass der Lebensunterhalt der Antragstellerin nicht gesichert wäre, ergibt sich entgegen der Begründung des die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ablehnenden Bescheids vom 10. April 2014 nicht bereits daraus, dass die Antragstellerin derzeit keiner unselbstständigen Beschäftigung nachgeht und deshalb dem Grunde nach Anspruch auf öffentliche Leistungen hat. Vielmehr ist die Antragstellerin grundsätzlich bereit, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, wie sich aus dem von ihr vorgelegten Antrag auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung - EU für eine Tätigkeit als Zimmermädchen bei einem Reinigungsunternehmen ab August 2011 ergibt. Die tatsächliche Aufnahme dieser Beschäftigung ist offenbar daran gescheitert, dass der Antragstellerin nach den ihr ausgestellten Fiktionsbescheinigungen eine unselbstständige Beschäftigung nur nach Genehmigung durch die Ausländerbehörde gestattet war und sie eine solche Genehmigung nicht erhalten hat. Welche konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten die Antragstellerin für den Fall der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat, ob diese nach den damit zu erzielenden Einkünften gegebenenfalls die erforderliche Prognose rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt der Antragstellerin auf Dauer gesichert ist, und ob die Voraussetzungen des § 38a Abs. 2 Satz 1 AufenthG für die Ausübung dieser Beschäftigung vorliegen, ist den Behördenakten aber nicht zu entnehmen und bedarf daher weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.

bbb) Anhaltspunkte dafür, dass die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt wären, liegen nicht vor. Insbesondere sind die Identität und Staatsangehörigkeit der Antragstellerin geklärt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG) und sie erfüllt die Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG).

ccc) Schließlich steht der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch nicht von vornherein § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entgegen, nach dem die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Einreise mit dem erforderlichen Visum voraussetzt. Ob ein Visum erforderlich war oder ob die Antragstellerin die Aufenthaltserlaubnis nach § 39 Nr. 6 AufenthV im Bundesgebiet einholen konnte, weil sie mit ihrer unbefristeten griechischen Aufenthaltserlaubnis einen in einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besaß, sie aufgrund dieses Aufenthaltstitels berechtigt war, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, und die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vorlagen, ist offen. Denn das Bestehen eines Anspruchs der Antragstellerin auf Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bedarf, wie dargelegt, gerade der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren.

b) Ebenso ist ungeklärt, ob dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist. Abgesehen davon, dass aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich ist, über welchen Aufenthaltsstatus er in Griechenland verfügt, und dass deshalb auch in keiner Weise erkennbar ist, ob er selbst Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat, ist auch offen, ob er einen Anspruch auf Erteilung der am 6. Juli 2012 beantragten und wegen der Bezugnahme auf diesen Antrag durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. April 2014 auch abgelehnten Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu seiner Mutter nach § 32 Abs. 1 AufenthG hat.

aa) Nach dieser Regelung ist dem Antragsteller als minderjährigem ledigen Kind eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn seine Mutter als wohl allein sorgeberechtigter Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Da der Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 1 AufenthG damit aber davon abhängt, ob der Antragstellerin die beantragte Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu erteilen ist, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 1 AufenthG ebenso offen wie das der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG an seine Mutter.

bb) Ferner bleibt nach den vorliegenden Akten auch unklar, ob, wie es für den Familiennachzug zu einem Ausländer nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erforderlich ist, ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht. Darüber hinaus steht bisher nicht fest, ob der Lebensunterhalt des Antragstellers, dessen Identität und Staatsangehörigkeit geklärt ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG) und der die Passpflicht erfüllt (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG), gesichert ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und ob der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entgegensteht, dass er ohne das erforderliche Visum eingereist ist. Denn wie bei der Antragstellerin ist unklar, ob ein Visum nicht erforderlich war, weil der Antragsteller nach § 39 Nr. 6 AufenthV den Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen durfte.

2. Sind damit die Erfolgsaussichten der Klage offen, so führt die erforderliche Abwägung zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO anzuordnen ist. Denn das Interesse der Antragsteller, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu können, überwiegt das öffentliche Interesse an der mit der Ablehnung der Anträge der Antragsteller auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 58 Abs. 2 Satz 2 und § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG eingetretenen sofortigen Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht.

Wie sich aus der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bescheinigung der Deutschen Angestellten-Akademie vom 23. April 2014 ergibt, besucht der Antragsteller bei dieser Akademie eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, die voraussichtlich bis 23. Januar 2015 dauert und in Vollzeit mit 39 Stunden pro Woche stattfindet. Müsste der minderjährige Antragsteller mit seiner Mutter vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit der Folge nach Griechenland zurückkehren, dass er diese Maßnahme nicht zu Ende führen könnte, und würde sich im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass die Antragsteller einen Anspruch auf die beantragten Aufenthaltserlaubnisse haben, so würde die sofortige Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht die Bemühungen um die berufliche Integration des Antragstellers in der Bundesrepublik spürbar beeinträchtigen, weil diese Bemühungen während der Durchführung des Hauptsacheverfahrens unterbrochen wären und - wenn überhaupt - erst nach dessen rechtskräftigem Abschluss fortgesetzt werden könnten.

Demgegenüber wiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht der Antragsteller weniger schwer. Die Antragsteller halten sich nach den Angaben im Antrag der Antragstellerin vom Juli 2011 bereits seit dem 29. April 2011 im Bundesgebiet auf. Sie hatten sich daher bis zur Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch den Bescheid vom 10. April 2014 bereits fast drei Jahre im Bundesgebiet aufgehalten. Das Verwaltungsverfahren hat im Falle der Antragstellerin mehr als zweieinhalb Jahre, im Falle des Antragstellers, dessen Antrag erst im Juli 2012 gestellt wurde, mehr als eineinhalb Jahre gedauert. Angesichts dieser langen Aufenthalts- und Verfahrensdauer ist aber nicht ersichtlich, dass das öffentliche Interesse nennenswert beeinträchtigt wäre, wenn die Antragsteller sich bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter im Bundesgebiet aufhalten könnten, sich aber schließlich herausstellen würde, dass die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse zu Recht abgelehnt worden wäre. Insbesondere ist weder ersichtlich, dass die Antragsteller eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, etwa weil von ihnen die Begehung von Straftaten zu erwarten wäre, noch dass die Antragsteller tatsächlich zur Sicherung ihres Lebensunterhalts öffentliche Mittel in Anspruch nehmen. Offenbar werden sie vielmehr von Freunden unterstützt.

War die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller bereits aus diesen Gründen anzuordnen, so kommt es nicht mehr darauf an, ob den Antragstellern, wie hilfsweise beantragt, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 und § 39 Abs. 1 GKG.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein am ... geborener chinesischer Staatsangehöriger, wurde mit Verfügung der Beklagten vom 20. November 2008 unbefristet aus dem Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes ausgewiesen. Zur Begründung verwies die Beklagte auf eine Verurteilung des Klägers mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom 16. Mai 2008 wegen unerlaubten Aufenthalts. In der Verfügung wird ausgeführt, dass der Kläger nicht im Besitz einer „Daueraufenthaltserlaubnis-EG – Italienisch: soggiornante di lungo periodo - CE“ sei bzw. dies bislang nicht geltend gemacht oder mit Nachweisen belegt habe.

Unter dem 9. Februar 2009 ergänzte die Beklagte die Ausweisungsverfügung um eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung.

Rechtsmittel wurden nicht erhoben.

Mit Bescheid vom 4. März 2011 befristete die Beklagte die Wirkung der am 20. November 2008 erlassenen Ausweisung nachträglich bis 31. August 2011.

Am 24. Mai 2011 wurde der Kläger durch das Hauptzollamt Nürnberg im Rahmen einer Aktion zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung in der Gaststätte O... in Nürnberg aufgegriffen, als er im Gastraum die Tische vorbereitete. Ermittlungen ergaben, dass der Kläger der Schwiegervater des Gaststätteninhabers ist. Er legte u.a. eine bis 27. September 2006 gültige, vom italienischen Innenministerium ausgestellte „carta di soggiorno per stranieri“ vor. Bei seiner Vernehmung durch das Hauptzollamt Nürnberg am 24. Mai 2011 erklärte er u.a., er habe seinen Anteil am Restaurant O... Anfang 2010 verkauft. Er sei zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn am Samstag, 21. Mai 2011, mit dem Zug nach Deutschland eingereist. Eine Tochter sei die Ehefrau des Inhabers der Gaststätte. Sie seien nach Deutschland gekommen, um die Tochter und den Enkel zu besuchen. Er habe noch eine italienische Aufenthaltskarte in Papierform. Eine Karte im Kartenformat habe er im November 2010 beantragt, aber noch nicht bekommen. Er habe in dem Restaurant nicht gearbeitet, er habe nur die Tische aufgeräumt, er sei aus Instinkt geflüchtet, er gehe wieder nach Italien.

Unter dem 27. Juni 2011 erklärte der damalige Vertreter des Klägers gegenüber dem Amtsgericht Nürnberg in der gegen den Kläger anhängigen Strafsache wegen unerlaubter Einreise nach Ausweisung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Ausweisung (Az. 44 Ds 453 Js 41519/11), sein Mandant habe grundsätzlich gewusst, dass er das Bundesgebiet noch nicht habe betreten dürfen. Hintergrund der Wiedereinreise sei ein familiärer Zwist gewesen; der Kläger habe Differenzen ausräumen und die familiäre Harmonie wiederherstellen wollen. Deshalb habe er sich entschieden, mit seiner Ehefrau nach Deutschland zu kommen, um dort für einige Tage zu verweilen. Er werde sich im Übrigen geständig einlassen.

In der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts (Strafgericht) Nürnberg vom 1. August 2011 erklärte der Klägervertreter für den Kläger u.a., es habe damals familiäre Probleme gegeben, es habe geheißen, dass die Schwiegereltern sich nicht mehr um das Kind kümmern könnten. Der Kläger und seine Ehefrau seien beide eingereist, weil sie den Streit schlichten wollten. Der Kläger erklärte, das stimme. Er habe auch gewusst, dass seine Ausweisung bis August 2011 befristet gewesen sei.

Mit seit 9. August 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Nürnberg (Az. 44 Ds 453 Js 41519/11) vom 1. August 2011 wurde der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen unerlaubter Einreise nach Ausweisung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Ausweisung verurteilt. Die Ehefrau des Angeklagten wurde wegen desselben Straftatbestands zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass der Sachverhalt aufgrund der Geständnisse der Angeklagten in der Hauptverhandlung feststehe.

Nach der Strafverbüßung im Herbst 2011 reiste der Kläger nach Italien zurück.

Mit Verfügung vom 24. November 2011 wies die Beklagte den Kläger aus dem Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes aus. Zur Begründung wurde auf den durch die Verurteilung des Amtsgerichts Nürnberg vom 1. August 2011 erfüllten Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 1 AufenthG verwiesen. Besonderer Ausweisungsschutz gemäß § 56 AufenthG bestehe nicht. Eine hilfsweise vorzunehmende Interessenabwägung gehe zu Lasten des Klägers.

Der Bescheid wurde dem damaligen Vertreter des Klägers am 24. November 2011 zugestellt.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2011, eingegangen bei der Beklagten am 15. Dezember 2011, wiesen die nunmehrigen Vertreter des Klägers darauf hin, dass dieser Inhaber einer am 26. Oktober 2010 ausgestellten italienischen langfristigen Aufenthaltserlaubnis (permesso di soggiorno lungo periodo - CE) sei. Vorgelegt wurde zwei Kopien.

Mit beim Verwaltungsgericht am 21. Dezember 2011 eingegangenen Schriftsatz ließ der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2011 Anfechtungsklage erheben.

Der Kläger sei bei seiner Einreise nach Deutschland im Mai 2011 in Italien im Besitz der Rechtsstellung eines soggiornante di lungo periodo - CE gewesen und habe deshalb einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland nach § 38a Abs. 1 AufenthG gehabt. Diesem Anspruch stehe die damals geltende Einreisesperre nicht entgegen. Die Beklagte hätte bei der Ausübung ihres Ausweisungsermessens von einer Ausweisung des Klägers absehen müssen.

Mit Urteil vom 5. April 2012 wies das Verwaltungsgericht im Verfahren AN 5 K 11.02431 die Klage ab. Sie sei unbegründet. Der Kläger habe aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung einen Regelausweisungsgrund erfüllt. Der Besitz der „soggiornante di lungo periodo - CE“ führe nicht zu einem besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AufenthG. Dagegen sprächen die besonderen Umstände des Einzelfalls. Der Kläger habe fortgesetzt nationale Einreisevorschriften ignoriert.

Der Kläger hat gegen das Urteil rechtzeitig Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (19 ZB 12.1156). Mit Beschluss vom 17. Juni 2013 hat der Senat die Berufung zugelassen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragte zunächst, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2011 aufzuheben.

Die dem Kläger in Italien erteilte Daueraufenthaltserlaubnis - EG führe dazu, dass die Rechtmäßigkeit seiner Ausweisung allein an den Vorgaben des Art. 17 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 (Daueraufenthaltsrichtlinie) zu messen sei. Aufgrund des europarechtlichen Anwendungsvorrangs dieser Vorschrift habe die Ausweisung deshalb nicht auf Grundlage der §§ 54, 56 AufenthG erfolgen können. Dem Kläger sei in Italien die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Daueraufenthaltsrichtlinie eingeräumt. Damit habe er in Deutschland einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 AufenthG. Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit im Sinne des Art. 17 der Daueraufenthaltsrichtlinie stelle der Kläger nicht dar. Auch sei im Hinblick auf den Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG dessen strafrechtliche Verurteilung durch das Amtsgericht vom 1. August 2011 zu Unrecht erfolgt. Hilfsweise bestehe bei Anwendung der §§ 54, 56 AufenthG wegen der europarechtlichen Daueraufenthaltserlaubnis ein Ausnahmefall. Das Ermessen der Beklagten sei dahingehend auf Null reduziert, dass eine Ausweisung des Klägers ausscheide.

Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2013, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am selben Tage, hob die Beklagte den Bescheid vom 24. November 2011 auf. Die Sperrwirkungen der Ausweisung seien nunmehr auf den Jetzt-Zeitpunkt zu befristen. Die mit der Ausweisung verfolgten ordnungsrechtlichen Ziele seien im Hinblick auf einen nahezu zweijährigen Auslandsaufenthalt des Klägers erreicht.

Der Kläger beantragt nunmehr

festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2011 rechtswidrig war.

Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, da er einen beim Amtsgericht Fürth anhängigen Wiederaufnahmeantrag gegen das Strafurteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 1. August 2011 gestellt habe. Das dortige Verfahren sei vom Amtsgericht mit Beschluss vom 10. August 2012 in Analogie zu § 154d StPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorläufig eingestellt worden. Die Rechtmäßigkeit der Einreise des Klägers nach Deutschland im Mai 2011 sei hier als vorgreifliche Rechtsfrage zu prüfen.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Die Feststellungsklage sei schon unzulässig. Es fehle an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Das Strafurteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 1. August 2011 sei rechtskräftig, zudem zutreffend. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei aber auch unbegründet. Art. 14 ff. der Daueraufenthaltsrichtlinie seien hier nicht anwendbar, weil sich der Kläger nicht länger als für einen dreimonatigen Zeitraum im Bundesgebiet habe aufhalten wollen. Auf Aufenthalte zu kürzeren Aufenthaltszwecken als drei Monate sei die genannte Richtlinie nicht anwendbar. Es sei eindeutig, dass der Kläger nur zu einem kürzerem Aufenthaltszweck ins Bundesgebiet eingereist sei. Mit dem Recht zum Kurzaufenthalt von in einem anderen Mitgliedsstaat privilegierten Drittstaatsangehörigen beschäftige sich das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ). Art. 21 SDÜ ermögliche in solchen Fällen Drittausländern nur dann die visumfreie Einreise in das Hoheitsgebiet anderer Drittstaaten, wenn sie nicht – wie vorliegend der Kläger – auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedsstaates stünden. Die Wirkungen der Ausweisung vom 20. November 2008 seien auch nicht durch die Ausstellung der Daueraufenthaltserlaubnis - EG vom 26. Oktober 2010 ohne Weiteres entfallen. Der Verwaltungsakt vom 20. November 2008 sei bestandskräftig geworden. Die Sperrwirkung der Ausweisungsverfügung habe daher dem Kläger uneingeschränkt entgegen gehalten werden können. Nur hilfsweise sei zudem auszuführen, dass für den Kläger der Versagungsgrund des Art. 17 der Daueraufenthaltsrichtlinie vorgelegen hätte.

Der Kläger ließ erwidern, die geänderte Klage sei zulässig. Das Amtsgericht Fürth habe in seinem Beschluss vom 10. August 2012, mit welchem das dortige Wiederaufnahmeverfahren vorläufig eingestellt wurde, eine Präjudizialität der Entscheidung im vorliegenden Verfahren für das Wiederaufnahmeverfahren offensichtlich bejaht. Die Klage sei auch begründet. Der Kläger habe nach seiner Einreise am 21. Mai 2011 das Recht gehabt, sich innerhalb von drei Monaten zu entscheiden, ob er dort einen mehr als dreimonatigen Aufenthalt anstrebe oder nicht. Die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 der Daueraufenthaltsrichtlinie sei unzulässig. Unabhängig davon habe sich der Kläger bei seiner Einreise nach Deutschland im Mai 2011 durchaus einen Aufenthalt in Deutschland von mehr als dreimonatiger Dauer vorbehalten. Er habe die grundsätzliche Absicht gehabt, ein Restaurant zu eröffnen. Von seinen abweichenden Einlassungen im strafgerichtlichen Verfahren habe er sich eine Verbesserung seiner strafrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Position versprochen. Sie könnten hier nicht herangezogen werden. Die Anwendbarkeit der Art. 14 ff. der Daueraufenthaltsrichtlinie sei gegeben. Die Voraussetzungen des Art. 17 der Daueraufenthaltsrichtlinie lägen nicht vor.

Die Beklagte erwiderte u.a., der Kläger habe eindeutig gegenüber der Ausländerbehörde und gegenüber dem Strafgericht erklärt, er sei wegen familiärer Probleme eingereist, um einen Streit zu schlichten. Er habe nur einige Tage in Deutschland bleiben wollen. Daran müsse sich der Kläger festhalten lassen.

Der Kläger erwiderte u.a., er habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, seine Einreise im Mai 2011 sei ausschließlich zum Zweck eines kurzfristigen touristischen Aufenthalts erfolgt. Er habe immer noch die Absicht, gastronomisch in der Bundesrepublik Deutschland tätig zu werden. Er habe im Jahr 2012 einen Mietvertrag über ein Gastronomieobjekt in Duisburg abgeschlossen. Bei der Einreise im Mai 2011 habe der Kläger insoweit die Lage sondiert.

Der Kläger und die Beklagte haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO, bleibt ohne Erfolg. Denn die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zwar zulässig (1.). Sie ist jedoch nicht begründet (2.).

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Insbesondere ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers gegeben.

Die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage konnte zulässigerweise in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt werden, nachdem die Beklagte die Ausweisungsverfügung vom 24. November 2011 im Berufungsverfahren aufgehoben hatte. Auch besteht ein Feststellungsinteresse (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) für die umgestellte Klage:

Zulässig ist eine statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage dann, wenn ein Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Kläger in einem der genannten Bereiche zu verbessern; er muss mit der Entscheidung „etwas anfangen“ können (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 35/12 m.w.N., OVG NRW, U.v. 28.1.2005 – 21 A 4463/02 – jeweils juris). Dies ist hier der Fall. Denn der im hiesigen Verfahren möglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ausweisung kommt Bedeutung für das vom Kläger eingeleitete Wiederaufnahmeverfahren gegen das Strafurteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 1. August 2011 zu:

Der Kläger hat gegen das genannte Strafurteil des Amtsgerichts Nürnberg ein Wiederaufnahmeverfahren mit der Begründung beantragt, es werde mit der Vorlage der ihm erteilten italienischen Daueraufenthaltserlaubnis, welcher die Wirkungen der Art. 14 ff. der Daueraufenthaltsrichtlinie zukämen, ein neues Beweismittel beigebracht, welches seine Freisprechung zu begründen geeignet sei, § 359 Nr. 5 StPO. Das Amtsgericht Fürth hat daraufhin das Wiederaufnahmeverfahren in analoger Anwendung des § 154d StPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorläufig eingestellt. Damit hat das Amtsgericht zum Ausdruck gebracht, dass es der hiesigen Entscheidung der Verwaltungsgerichte Bedeutung für den Fortgang des Wiederaufnahmeverfahrens beimisst. Zwar besteht keine Bindung der Strafgerichte an verwaltungsgerichtliche Entscheidungen (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 113 Rn. 139, § 121 Rn. 12 jeweils m.w.N.). Allerdings hat das Amtsgericht der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung durch seinen Aussetzungsbeschluss eine präjudizielle Wirkung für das Wiederaufnahmeverfahren zuerkannt, weil eine wegen einer Daueraufenthaltserlaubnis für Italien rechtmäßige Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und ein hier rechtmäßiger Aufenthalt (seit Mai 2011) die Position des Klägers im Wiederaufnahmeverfahren in rechtlicher Hinsicht verbessern und ggf. sein Ziel der Freisprechung befördern könnte. Deshalb ist ein Feststellungsinteresse gegeben.

2. Allerdings ist die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage nicht begründet. Die Ausweisungsverfügung der Beklagten vom 24. November 2011 war rechtmäßig. Denn unter Zugrundelegung des entscheidungserheblichen Zeitpunktes des Bescheidserlasses (a) war der damalige Aufenthalt des Klägers nicht nach Art. 21 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) erlaubnisfrei (b). Der Kläger konnte sich bei seiner Einreise und seinem Aufenthalt im Bundesgebiet ab Mai 2011 auch nicht auf Art. 14 ff. der Daueraufenthaltsrichtlinie berufen (c). Auch aus §§ 54 ff. AufenthG ergeben sich keine sonstigen Gründe für eine Rechtswidrigkeit des Bescheids (d):

a) Mit dem Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid vom 24. November 2011 rechtswidrig war, wird die Feststellung begehrt, dass der Bescheid damals nicht hätte erlassen werden dürfen. Maßgeblich ist damit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Ausweisungsentscheidung (24. November 2011). Kein Streit besteht naturgemäß zwischen den Beteiligten darüber, dass im Zeitpunkt der Aufhebung des Bescheids (9. Oktober 2013) die Aufhebungsvoraussetzungen vorgelegen haben. Die Frage, ob der Verwaltungsakt zwar nicht bei seinem Erlass, aber zu einem Zeitpunkt vor der Aufhebung durch die Beklagte bereits rechtswidrig war, stellt sich nicht, weil die Feststellung der Rechtswidrigkeit als solche beantragt und kein entsprechend differenzierter Feststellungsantrag gestellt worden ist. Im Falle einer Beantwortung dieser Frage wäre im Übrigen auch das Verhalten des Klägers zu berücksichtigen gewesen, insbesondere sein unbekannter Aufenthalt im Jahr 2012 und zu Beginn des Jahres 2013.

b) Der Kläger dringt nicht mit dem sinngemäß vorgeschlagenen Einwand durch, er sei nach § 15 AufenthV, Art. 21 Abs. 1 SDÜ in der Fassung der Verordnung (EU) 265/2010 (SDÜ n.F.) zu einem visumfreien Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen und daher zu Unrecht wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt ausgewiesen worden. Zwar sind Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Vertragsstaats (der Kläger hat allerdings im Frühjahr 2011 nur den Besitz eines bis 27.9.2006 gültigen italienischen Aufenthaltstitels nachgewiesen) nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ n.F. zu visumfreien, maximal dreimonatigen Aufenthalten in Zeiträumen von jeweils sechs Monaten in anderen Schengenstaaten befugt. Auch der Umstand, dass sich der Kläger möglicherweise länger im Bundesgebiet aufgehalten hat, stünde vorliegend eine Anwendung der Vorschrift des Art. 21 Abs. 1 SDÜ n.F. nicht entgegen, denn er hat sich nach seiner Einreise am 21. Mai 2011 nur wenige Tage lang freiwillig im Bundesgebiet aufgehalten; der Aufenthalt ab seiner Inhaftierung Ende Mai 2011 war nicht freiwillig und daher bei der Berechnung des Drei-Monats-Zeitraums nicht zu berücksichtigen. Der Kläger kann sich aber deshalb nicht auf § 15 AufenthV, Art. 21 Abs. 1 SDÜ n.F. berufen, weil er wegen der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung vom 20. November 2008 nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten durfte (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG); dem Bescheid vom 4. März 2011 zufolge hat die Ausweisungswirkung erst mit Ablauf des 31. August 2011 geendet.

c) Die Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 (Daueraufenthaltsrichtlinie) ist ebenfalls nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung vom 24. November 2011 in Zweifel zu ziehen. Sie trifft keine Regelung über die Rechtmäßigkeit eines Kurzaufenthalts in anderen Mitgliedsstaaten (Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, AufenthG, § 38a Rn. 16, Marx in GK, Mai 2013, Aufenthaltsgesetz, § 38a Rn. 11, Dollinger in Kluth/Heusch, Beck`scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand 1.7.2012, AufenthG, § 38a Rn. 5, Kluth/Hundt/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, Rn. 891, vgl. auch BT-Drs. 669/09 zu § 38a AufenthG Nr. 38a 1.2). Die Daueraufenthaltsrichtlinie wurde mehrere Jahre nach dem Schengener Abkommen erlassen und konnte deshalb die Regelung des Art. 21 Abs. 1 SDÜ voraussetzen, der zufolge Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Vertragsstaats (das langfristige Aufenthaltsrecht-EU ist ein solcher Titel) zu visumfreien Kurzaufenthalten in anderen Schengenstaaten befugt sind. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie stellt daher insoweit keine Rechtsgrundlage dar, sondern lediglich einen Hinweis auf eine solche außerhalb der Daueraufenthaltsrichtlinie.

Auch dem Regelungskomplex der Art. 14 ff. der Daueraufenthaltsrichtlinie ist nichts für ein einen Aufenthaltsanspruch des Klägers im Frühjahr 2011 zu entnehmen. Die hier geregelten Voraussetzungen für einen Aufenthalt im anderen Mitgliedsstaat von mehr als drei Monaten können zwar auch schon vor dem Ablauf dieser drei Monate nachgewiesen werden (vgl. Art. 15 Abs. 1 der Daueraufenthaltsrichtlinie, wonach der langfristig Aufenthaltsberechtigte die Erlaubnis für einen längeren Aufenthalt im anderen Mitgliedsstaat „unverzüglich, spätestens jedoch drei Monate nach seiner Einreise“ beantragt und die Mitgliedsstaaten sogar einen Antrag vom Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedsstaats aus akzeptieren können). Der Kläger hat diesen Nachweis aber weder im Zusammenhang mit seiner Einreise noch später erbracht. Dies kann ihm zwar nicht hinsichtlich derjenigen Voraussetzungen vorgehalten werden, die im Wesentlichen nur in Freiheit geschaffen werden können (insbesondere die Beschaffung fester und regelmäßiger Einkünfte im Sinne des Art. 15 Abs. 2 lit. A der Richtlinie, d.h. in der Regel eines Arbeitsplatzes), denn der Kläger ist ab dem 24. Mai 2011 inhaftiert gewesen. Der Umstand jedoch, dass er die für eine Anwendung der Art. 14 ff. der Daueraufenthaltsrichtlinie zentrale Voraussetzung, die in einem anderen Mitgliedsstaat erworbene Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten, nicht belegt hat, fällt in seine Verantwortung. Die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten wird grundsätzlich durch die Bescheinigung nach Art. 8 Abs. 3 der Daueraufenthaltsrichtlinie belegt, wobei die zentrale Bedeutung zu beachten ist, die das Unionsrecht ihrer Gestaltung und Fälschungssicherheit beimisst; sie kann aber auch durch eine schriftliche Bestätigung der Behörden des Mitgliedsstaates, in dem das Recht zum Daueraufenthalt-EG entstanden sein soll, gegebenenfalls auch dessen Auslandsvertretung in Deutschland, geführt werden, wobei es einer sorgfältigen Vergewisserung durch die Ausländerbehörde bedarf, dass die Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter auch tatsächlich verliehen worden ist (vgl. den Senatsbeschluss vom 15.11.2012 – 19 CS 12.1851 – juris). Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Übersendung des Originals einer ihm ausgestellten Bescheinigung über die langfristige Aufenthaltsberechtigung-EU an die Ausländerbehörde nicht aus der Haft heraus hätte veranlassen können. Das gleiche gilt für eine entsprechende schriftliche Bestätigung der italienischen Behörden im Original. Den Verwaltungsakten und dem Vorbringen des Klägers ist – was im Zulassungsbeschluss vom 17. Juni 2013 (19 ZB 12.1156) unberücksichtigt geblieben ist – nicht zu entnehmen, dass der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt seines Aufenthalts im Bundesgebiet im Jahr 2011 eine langfristige Aufenthaltsberechtigung-EU auch nur angedeutet hätte.

d) Sonstige Gründe, aus denen der Ausweisungsbescheid vom 24. November 2011 hätte rechtswidrig sind können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Kläger erfüllt durch die der Verurteilung des Amtsgerichts Nürnberg vom 1. August 2011 zugrunde liegende Straftat den Regelausweisungsgrund nach § 54 Nr. 1 AufenthG. Nicht zu beanstanden ist auch die von der Beklagten in ihrem Bescheid hilfsweise vorgenommene Interessenabwägung.

3. Ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankommt, bemerkt der Senat, dass ein Antrag auf Erteilung des verlängerbaren Aufenthaltstitels nach Art. 19 Abs. 2 der Daueraufenthaltsrichtlinie (§ 38a AufenthG), die der Kläger jetzt einreicht, wohl nicht im Hinblick auf Gründe der öffentlichen Ordnung und öffentlichen Sicherheit im Sinne des Art. 17 der Richtlinie abgelehnt werden könnte (zu diesem Ablehnungsgrund vgl. den Senatsbeschluss vom 11.2.2013 – 19 AS 12.2476 – juris). Aus der Aufhebung der Ausweisung durch Bescheid vom 9. Oktober 2013 ergibt sich, dass die Beklagte diese Sichtweise teilt.

Die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels setzt allerdings voraus, dass ein hinreichender Beleg für das langfristige Aufenthaltsrecht-EU vorliegt; die eingereichten Kopien einer italienischen Bescheinigung des langfristigen Aufenthaltsrecht-EU stellen einen solchen Beleg nicht dar (vgl. oben). Im Übrigen ist nicht ganz klar, ob eine solche Bescheinigung zu Recht erteilt worden wäre. Den vorgelegten Kopien zufolge haben die italienischen Behörden diese Bescheinigung am 26. Oktober 2010 ausgestellt. Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie erteilen die Mitgliedsstaaten Drittstaatsangehörigen, die sich unmittelbar vor der Stellung des entsprechenden Antrags fünf Jahre lang ununterbrochen rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufgehalten haben, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten. Nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie unterbrechen Zeiten, in denen sich der Drittstaatsangehörige nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats aufgehalten hat, die Dauer des Zeitraums gemäß Abs. 1 nicht und fließen in die Berechnung dieses Aufenthalts ein, wenn sie sechs aufeinander folgende Monate nicht überschreiten und innerhalb dieses Zeitraums gemäß Abs. 1 insgesamt zehn Monate nicht überschreiten. Der Inhalt der Ausländerakte deutet aber darauf hin, dass sich der Kläger vom Jahr 2007 bis zum Anfang des Jahres 2009 ununterbrochen oder ganz überwiegend im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Ebenso wenig kommt es für die Entscheidung noch darauf an, ob der Kläger sich bei seiner Einreise im Mai 2011 nur kurzfristig, also nicht länger als drei Monate, im Bundesgebiet aufhalten wollte und sich auch deshalb nicht auf Art. 14 ff. der Daueraufenthaltsrichtlinie berufen kann.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.