Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Juli 2017 - L 20 VJ 1/17
Gericht
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 6. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- Impfung am 06.06.2005: „Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Einstichstelle war heiß und geschwollen. Anmerkung des Arztes: ist normal.“
- Impfung am 21.07.2005: „Gelenkschmerzen, Schlappheit, Kopfschmerzen. Arzt: keine Reaktion.“
Die bei der Klägerin vorliegende chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie stelle einen Impfschaden dar. Die Klägerin möchte noch einmal ausführen, dass bereits nach der ersten Impfung ihr Arm geschwollen gewesen sei und sie Ermüdungserscheinungen gehabt habe. Nach der zweiten Impfung seien Grippeerscheinungen aufgetreten und neben der Müdigkeit auch vermehrt Kopfschmerzen. Eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustands sei schließlich im November erfolgt, hier habe die Klägerin über Gangunsicherheiten geklagt. Die Klägerin habe diese Symptome jedoch im Zusammenhang mit den Grippeerscheinungen gesehen. Einen Arzt habe sie somit erst Anfang 2006 aufgesucht. Da die Diagnose nicht von Anfang an eindeutig gestellt habe werden können, habe dies einige Zeit in Anspruch genommen, bis die Diagnose einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie festgestanden habe. Dass aufgrund der zeitlichen Verzögerung die Erkrankung nicht mehr als Folge der Impfung anerkannt werden solle, könne die Klägerin unter keinen Umständen nachvollziehen. Entsprechend den öffentlich zugänglichen Informationen über die Erkrankung entwickle sich diese schleichend, was dazu führe, dass eine Diagnose nur erschwert möglich sei. Dies sei auch bei der Klägerin der Fall gewesen. Durch den schleichenden Prozess sei auch die zeitliche Diskrepanz zu erklären; nach Angaben des Klinikums der Universität M-Stadt erreiche die Erkrankung das Maximum acht Wochen oder später nach Symptombeginn. Die zeitliche Verzögerung dürfe nicht dazu führen, dass ein Kausalzusammenhang verneint werde.
Anschließend hat das SG ärztliche Unterlagen eingeholt. Einem Gutachten des Neurologen Dr. W. für die deutsche Rentenversicherung vom 25.08.2010 ist zu entnehmen, dass die Klägerin im Rahmen der Eigenanamnese dort berichtet habe, dass sie „Ende 2005, November/Dezember,“ beim Spazierengehen mit den Hunden und beim Treppensteigen ein Schwächegefühl in den Beinen bemerkt habe. Im Februar 2006 sei sie zufälligerweise wegen Gliederschmerzen beim Orthopäden gewesen, der dann die Einweisung in eine neurologische Klinik veranlasst habe.
Im Auftrag des SG hat der Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie Prof. Dr. J. am 01.12.2015 ein Gutachten erstellt. Er ist darin zu der Einschätzung gekommen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Impfreaktionen nach den Impfungen am 06.06.2005 (lokale Reaktion an der Impfstelle - Schwellung und Rötung -, die bei der zweiten Impfung bereits wieder abgeklungen gewesen sei) und 27.07.2005 (keine Angaben des impfenden Arztes über eventuelle Nebenwirkungen; die Klägerin habe Grippeerscheinungen und vermehrte Müdigkeit und Kopfschmerz angegeben) Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff seien. Es handle sich um übliche Reaktionen, die zweifellos durch die Impfungen bedingt seien. Impfkomplikationen lägen daher nicht vor. Im Übrigen sprächen sowohl die gegenwärtigen Kenntnisse über die Pathogenese einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie als auch der zeitliche Verlauf bzw. der große zeitliche Abstand zwischen Impfung und dem ersten Auftreten von Symptomen gegen einen kausalen Zusammenhang.
Nach dem ersten Impftermin am 06.06.2005 sei es zu einer Schwellung der Injektionsstelle und Gelenkschmerzen, Mattigkeit und Kopfschmerzen gekommen. Wie lange diese Beschwerden genau angehalten hätten, bleibe unklar. Nach der Beschreibung der Klägerin könne auch gefolgert werden, dass es nicht zum völligen Verschwinden dieser Symptomatik gekommen sei. Ein ähnliches Bild habe sich nach der zweiten FSME-Impfung am 21.07.2005 ergeben. Wieder seien Beschwerden an der Impfstelle, Müdigkeit und Gelenkschmerzen aufgetreten. Nach den Schilderungen der Klägerin seien diese Gelenkbeschwerden in ein Kribbeln übergegangen. Im September 2005 habe ein reduzierter Gesundheitszustand mit abnormer Müdigkeit vorgelegen. Über akute Beschwerden nach der IPV/Diphtherie-Impfung am 29.09.2005 sei nicht berichtet worden, vermutlich sei der Gesundheitszustand aber zum Zeitpunkt dieser Impfung noch reduziert gewesen. Ab November 2005 sei es zu motorischen Störungen beim Laufen gekommen. In der Folge sei dann im Januar/Februar 2006 die Diagnose einer entzündlichen Erkrankung des peripheren Nervensystems gestellt worden.
Bei den lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle und den zeitgleich auftretenden systemischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und Mattigkeit handle es sich um bekannte und häufige Impfreaktionen. Die Grenze zur Impfkomplikation werde bei der Klägerin durch die lange Dauer dieser Beschwerden, den Übergang der Gelenkschmerzen in Missempfindungen, die lang anhaltende abnorme Mattigkeit und schließlich mit der Diagnosestellung der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie überschritten. Die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie sei eine bekannte und schwerwiegende Impfkomplikation und könne im Fall der Klägerin durch die zwei FSME-Impfungen, die Revaxis-Impfung und die Diphtherie-Impfung bzw. die Kombination aller dieser Impfungen ausgelöst worden sein.
- Bei dem FSME-Impfstoff handle es sich um einen sogenannten inaktivierten adjuvantierten Impfstoff. Um eine gute Immunreaktion zu erzeugen, seien die Virusbestandteile an 1 mg Aluminiumhydroxid als Immunverstärker (Adjuvans) adsorbiert. In der Fachinformation zum Impfstoff werde darauf hingewiesen, dass in (sehr) seltenen Fällen Nervenentzündungen bzw. entzündliche Reaktionen des Gehirns auftreten könnten.
- Der Impfstoff Revaxis sei ein inaktivierter Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus, der Aluminiumhydroxid als Adjuvans in einer Menge von 0,35 mg enthalte. In klinischen Studien sei am häufigsten über lokale Nebenwirkungen an der Injektionsstelle berichtet worden. Diese würden in der Regel innerhalb von 48 Stunden nach der Impfung auftreten und ein bis zwei Tage anhalten. In der Fachinformation werde darauf hingewiesen, dass als sehr seltene Nebenwirkung Erkrankungen des Nervensystems, u.a. das Guillain-Barre-Syndrom, auftreten könnten.
- Der Diphtherie-Impfstoff (Impfung am 29.09.2005) enthalte ebenfalls Aluminiumhydroxid als Adjuvans und zusätzlich Thiomersal. Die Fachinformation von 2006 weise u.a. in Einzelfällen auf Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems (u.a.. Guillain-Barre-Syndrom) und Entzündungen des peripheren Nervensystems als unerwünschte Nebenwirkungen hin. In der Fachinformation zum Diphtherie-Impfstoff werde auf unerwünschte Wirkungen des Nervensystems hingewiesen, u.a. auf vorübergehende leichte Parästhesien.
Von entscheidender Bedeutung sei die Frage nach dem ersten Auftreten von Symptomen der Erkrankung. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der ersten Impfung mit dem FSME-Impfstoff und Revaxis sei im Bereich der FSME-Impfstelle eine Schwellung aufgetreten und es sei zu einer Impfreaktion mit Kopfschmerzen und Gelenkschmerzen gekommen. Die Klägerin habe die folgende Zeit als eine beschrieben, in der sich ihr Gesundheitszustand schleichend verschlechtert habe. Die Gelenkschmerzen seien in Kribbeln und Taubheitsgefühl übergegangen, ohne dass sich der Zeitpunkt des Beginns exakt festlegen lasse. Nach der zweiten FSME-Impfung am 21.07.2005 sei es wieder zu Gelenkschmerzen, Schlappheit und Kopfschmerzen gekommen. Am 29.09.2005 seien dann mit dem IPV-Impfstoff und dem Diphtherie-Impfstoff die letzten Impfungen verabreicht worden. Ab November 2005 sei in mehreren ärztlichen Berichten erstmals die muskuläre Schwäche beim Spazierengehen beschrieben worden. Somit liege ein dokumentierter Beginn der Erkrankung wenige Wochen nach der Diphtherie-Impfung vor. Die Beschreibung der Erkrankung durch die Klägerin lege einen früheren Beginn mit schleichendem Verlauf und ohne diesbezügliche ärztliche Konsultation nahe. Eine chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie sei eine Erkrankung, bis zu deren Diagnosestellung oft mehrere Monate vergehen würden. Im September 2005 habe nach dem Bericht von Herrn B. eine Episode mit unklaren Gliederschmerzen und unnatürlicher Erschöpfung vorgelegen. Für demyelinisierende Erkrankungen des peripheren und zentralen Nervensystems durch eine autoimmune Attacke werde für einen Zusammenhang mit einer verabreichten Impfung derzeit ein plausibles Zeitintervall von bis zu 42 Tagen angesehen. Da man die genauen immunologischen Abläufe nicht kenne, orientiere man sich an empirischen Daten. Shoenfeld et alt. seien sogar der Ansicht, dass für Autoimmunerkrankungen nach Impfungen auch Intervalle von mehreren Monaten nicht unplausibel seien. Die unerwünschte Reaktion einer immunologisch vermittelten Entzündung des peripheren Nervensystems im Sinne einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie nach der FSME-Impfung, der Diphtherie-Monoimpfung und der Kombinationsimpfung mit Revaxis sei als bekannt zu betrachten. Besonderes Potenzial bezüglich der Auslösung autoimmuner Komplikationen komme im Fall der Klägerin sicherlich der verwendeten Diphtherie-Impfung zu, die mit dem Konservierungsmittel Thiomersal eine zusätzliche Komponente mit autoimmunem Auslösepotenzial beinhalte. Alternative Ursachen im Sinn von nachgewiesenen Infektionen oder anderen immunmodulationen Ereignissen seien in den Akten nicht dokumentiert. Das Kriterium des gesicherten Zusammenhangs im WHO-Algorithmus verlange einen positiven Expositionsversuch, der in Anbetracht der Schwere der Erkrankung bei der Klägerin nicht vertretbar sei. Somit seien im Fall der Klägerin die Kriterien erfüllt, die von der WHO für die Feststellung eines wahrscheinlichen Zusammenhangs gefordert würden, welche seien:
-
1.plausibles zeitliches Intervall,
-
2.plausible Hypothese zur Pathophysiologie und Bekanntheit der Reaktion und
-
3.keine anderen möglichen Auslöser einer Autoimmunreaktion im plausiblen Zeitintervall.
- Herr B. habe im versorgungsärztlichen Gutachten nur die FSME-Impfung diskutiert, nicht aber die weiteren verabreichten Impfungen. Aktuelle Forschung zu Impfungen und Autoimmunerkrankungen werde nicht vorgestellt. Die Stellungnahme sei daher nicht geeignet, eine korrekte Bewertung der Abläufe im Fall der Kläger zu ermöglichen.
- Der sozialgerichtliche Gutachter Prof. Dr. J. habe in seinem Gutachten Arbeiten nicht erwähnt, die schwere unerwünschte neurologische Wirkungen der FSME-Impfung belegen würden. Große Vorsicht sei bei der Interpretation der von Prof. Dr. J. zitierten Studien der Hersteller geboten, da diese Studien nur veröffentlicht würden, wenn sich die Hersteller hiervon einen Vorteil versprächen. Prof. Dr. J. behaupte, die Arbeiten von Shoenfeld et alt. zur Autoimmunität und Adjuvantien in Impfstoffen würden lediglich eine Hypothese darstellen, die bis heute nicht wirklich bewiesen worden sei. Allerdings unternehme der Gutachter auch nicht den Versuch, diese Hypothese kritisch zu prüfen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Aufgrund der dargelegten Schwächen sei das Gutachten von Prof. Dr. J. ungeeignet, den Fall korrekt zu bewerten.
Im Urteil des SG fehle der Hinweis auf die Impfung vom 29.09.2005. Die Aussage im Tatbestand des Urteils, die Klägerin habe bei der Untersuchung durch die Orthopädin Dr. S. am 20.02.2006 angegeben, seit 2 bis 3 Wochen Parästhesien in den Händen zu haben, sei so nicht richtig. Sie habe bereits beim Hausarzt Dr. R. am 21.07.2005 derartige Beschwerden (linke Hand) vorgebracht. Wenn der Klägerin bei der Untersuchung durch den Gutachter im Verwaltungsverfahren zur Last gelegt werde, dass ihre Angaben im Widerspruch zu denen im Rahmen der Untersuchung bei der ersten Behandlung im Krankenhaus H.W. stünden, sei dies falsch. Die Aussage, dass Ersterscheinungen erst im Jahr 2006 aufgetreten seien, sei bereits durch die vorher gemachten Untersuchungen und Arzttermine widerlegt. Eine chronisch-inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie entwickle sich langsam und erreiche ihr Maximum definitionsgemäß acht Wochen oder später nach Symptombeginn. U.a. komme es zu symmetrischen Lähmungen und Sensibilitätsstörungen. Wenn der Hausarzt für den 21.07.2005 berichtet habe, dass die Impfreaktion wieder abgeklungen gewesen sei, sei demgegenüber darauf hinzuweisen, dass bereits am 21.07.2005 die auftretende Parese dokumentiert sei. Dr. H. habe aus den Unterlagen ablesen können, dass die Beschwerden eindeutig ab dem 21.07.2005 beschrieben und dokumentiert seien. Die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. sei unrichtig. Beispielsweise ergebe sich aus Studien, dass Aluminium in Impfstoffen das Autismus-Risiko erhöhe. Impfungen würden zudem das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen, was auch darin seine Bestätigung finde, dass impfbedingte Autoimmunerkrankungen nunmehr unter der Bezeichnung „ASIA“ zusammengefasst würden. Unerwünschte Nebenwirkung der FSME-Impfung sei u.a. das Guillain-Barre-Syndrom, dessen chronische Verlaufsform die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie sei. Sofern im Urteil des SG davon ausgegangen worden sei, dass Unstimmigkeiten in den Ausführungen der Klägerin hinsichtlich einer Impfkomplikation gegeben seien, entspreche dies nicht der Wahrheit. Tatsächlich hätten die Paresen in der linken Hand begonnen und sich im Laufe der Zeit bis zum 29.09.2005 auf beide Hände ausgebreitet. Es werde angeregt, im Rahmen der Ermittlungen von Amts wegen ein weiteres Gutachten einzuholen.
unter Aufhebung des Urteils vom 06.12.2016 sowie des Bescheids vom 16.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.05.2014 den Beklagten zu verurteilen, die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie als Impfschädigung anzuerkennen und ab 01.05.2013 Versorgung nach einem GdS von 80 zu gewähren.
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
-
1.von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
-
2.auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
-
3.gesetzlich vorgeschrieben war oder
-
4.auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), soweit das IfSG nichts Abweichendes bestimmt.
"Der Betroffene muss zweitens eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben (auch wenn diese vielleicht nicht eindeutig zu identifizieren und zeitlich zu fixieren sein mag); dabei muss es im haftungsbegründenden Tatbestand unabdingbar zu einer gesundheitlichen Schädigung (= Primärschädigung) gekommen sein, rein wirtschaftliche Nachteile genügen insoweit nicht. Zum haftungsbegründenden Tatbestand gehört auch, dass die Primärschädigung im Sinn von § 2 Nr. 11 IfSG über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgeht."
und weiter
„Es wäre allerdings realitätsfremd, in jedem impfschadensrechtlichen Fall zu verlangen, es müsse eine deutlich wahrnehmbare und fixierbare Primärschädigung festgestellt werden. Allgemein dient die Dreigliedrigkeit dazu, bestimmte Geschehnisabläufe bereits auf einer Vorstufe der Prüfung “auszusondern„und das Fehlen kausaler Zusammenhänge leichter erkennen zu können. Je mehr sich die Kausalitätsprüfung in gedankliche Zwischenschritte “zerlegen„lässt, desto objektivierbarer kann der Geschehnisablauf rechtlich aufgearbeitet werden (vgl. Kunze, Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung, VSSR 2005, S. 299 <302>). Diese Differenzierung ist aber dann nicht möglich, wenn die Schädigung, also der (erste) Eingriff in das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit, nicht deutlich zu Tage tritt, sondern wie hier im Verborgenen erfolgt (a.A. wohl Meßling in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Auflage 2012, § 60 IfSG, Rn. 62). Zweifellos ist in solchen Fällen die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung schwieriger, weil sich der Verursachungspfad nicht klar abzeichnet. Dennoch darf nicht per se wegen der Nichterkennbarkeit einer Primärschädigung am Rechtsgut der körperlichen Gesundheit die Wahrscheinlichkeit des kausalen Zusammenhangs negiert werden. Vielmehr muss der Zusammenhang zwischen Impfung und manifestiertem Gesundheitsschaden in einer einzigen gedanklichen “Etappe„beurteilt werden (vgl. LSG Bayern, Breithaupt 2012, S. 51 <56>).“, kann der Senat dem nicht folgen. Denn damit verzichtet der 15. Senat auf das Erfordernis des Vollbeweises beim Primärschaden. Wenn der 15. Senat die Anforderungen an den Nachweis des Vollbeweises in der vorgenannten Entscheidung durch den Hinweis
„Sehr wichtige “Mosaiksteine„sind dabei die mehr oder weniger zeitnah zur Impfung beim Kläger beobachtete Symptomatik, das allgemein auftretende Bild eines Impfschadens mit einer Beteiligung eines peripheren Nerven, die Ätiologie des beim Kläger vorhandenen Krankheitsbilds, die Pathogenese in Bezug auf mögliche Alternativursachen.“
relativiert und letztlich in Frage stellt, steht dies nicht in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und der klaren obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ob der 15. Senat dieser Entscheidung auch heute noch folgen würde, steht im Übrigen in Frage (vgl. Urteil des 15. Senats vom 11.07.2017, L 15 VJ 6/14, in dem die Frage ausdrücklich offen gelassen worden ist, inwiefern der Primärschaden nachgewiesen sein muss).
"Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog Vollbeweis - feststehen müssen und allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit ausreicht (s § 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (s BSGE 60, 58 = SozR 3850 § 51 Nr. 9; Rohr/Sträßer/Dahm, aaO Anm. 11 mwN). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind."
„Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende “Verrichtung„, die (möglicherweise dadurch verursachte) “Einwirkung„und der (möglicherweise dadurch verursachte) “Erstschaden„müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.“
„Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen.“
- Der im erstinstanzlichen Verfahren gehörte Gutachter Prof. Dr. J. hat ausführlich und überzeugend und unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstands erläutert, dass das bei der Klägerin vorliegende Krankheitsgeschehen unabhängig von den Impfungen ist. Sowohl die aktuellen Kenntnisse über die Pathogenese der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie als auch das Wissen über Verträglichkeit und mögliche Komplikationen nach den durchgeführten Impfungen und schließlich der große zeitliche Abstand zwischen Impfung und dem ersten Auftreten von Symptomen eines Guillain-Barre-Syndroms bzw. einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie sprechen ganz klar gegen einen kausalen Zusammenhang zwischen den Impfungen und der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung. Diese Ausführungen des Sachverständigen kann sich der Senat vorbehaltslos zu eigen machen.
- Aber auch nach den Feststellungen im Gutachten des von der Klägerin gemäß § 109 SGG benannten Sachverständigen Dr. H., das nicht nur den bereits aufgezeigten Bedenken begegnet, sondern auch unter massiven Mängel leidet - beispielsweise legt er nicht den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu Impfzusatzstoffen zugrunde (vgl. ausführlich Urteil des Senats vom 18.05.2017, L 20 VJ 5/11 - m.w.N.) und führt seine Beurteilung nicht nach den Maßgaben des deutschen Impfschadensrechts durch, weil er diese Vorgaben für falsch hält -, müsste der für die Anerkennung eines Impfschadens erforderliche kausale Zusammenhang verneint werden. Zum einen legt Dr. H. selbst zu Grunde, dass sich nach den impfschadensrechtlichen Anforderungen im deutschen Recht, wie sie ihm auch im Gutachtensauftrag aufgezeigt worden sind, ein Zusammenhang im vorliegenden Fall nicht herstellen lässt. Er weicht daher auf Kriterien der WHO aus, die aber nach deutschem Impfschadensrecht unmaßgeblich sind. Zudem - auch dies zeigt er auf - dürfte auch bei Zugrundelegung der WHO-Anforderungen ein kausaler Zusammenhang nicht bejaht werden, weil der nach den WHO-Kriterien erforderliche erfolgreiche Expositionsversuch nicht durchgeführt worden ist. Dass aus Rücksicht auf die Gesundheit der Klägerin von einem derartigen Expositionsversuch im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. abgesehen worden ist, ist für den Senat zwar verständlich. Gleichwohl kann der Senat nicht nachvollziehen, warum Dr. H. wiederum von den von ihm selbst als maßgeblich bezeichneten WHO-Kriterien abweicht und trotz nicht vollständiger Erfüllung der von ihm selbst als erforderlich aufgezeigten Voraussetzungen einen Kausalzusammenhang bejaht. Schließlich weist Dr. H. selbst darauf hin, dass von einem plausiblen Zeitintervall für den Beginn einer demyelinisierenden Erkrankung des peripheren und zentralen Nervensystems nach einer Impfung nur dann auszugehen sei, wenn dieses nicht mehr als 42 Tage betrage. Dieses Zeitintervall war nach den Impfungen am 06.06.2005 und 21.07.2005 auch dann weit überschritten, wenn von den - nicht belegten - verhältnismäßig zeitnah zu den Impfungen gemachten Angaben der Klägerin ausgegangen würde, dass sie im November 2005 erste Gefühlsstörungen an Füßen und Händen gehabt hätte.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die
- 1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, - 1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde, - 2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde, - 3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder - 4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte
- 1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte, - 2.
von einem Arzt geimpft worden ist und - 3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.
(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer
- 1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945, - 2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, - 3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder - 4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.
(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.
(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.
Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Krankheitserreger ein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann, - 2.
Infektion die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus, - 3.
übertragbare Krankheit eine durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte, die unmittelbar oder mittelbar auf den Menschen übertragen werden, verursachte Krankheit, - 3a.
bedrohliche übertragbare Krankheit eine übertragbare Krankheit, die auf Grund klinisch schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit verursachen kann, - 4.
Kranker eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist, - 5.
Krankheitsverdächtiger eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen, - 6.
Ausscheider eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, - 7.
Ansteckungsverdächtiger eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein, - 8.
nosokomiale Infektion eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand, - 9.
Schutzimpfung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen, - 10.
andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe die Gabe von Antikörpern (passive Immunprophylaxe) oder die Gabe von Medikamenten (Chemoprophylaxe) zum Schutz vor Weiterverbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten, - 11.
Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde, - 12.
Gesundheitsschädling ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können, - 13.
Sentinel-Erhebung eine epidemiologische Methode zur stichprobenartigen Erfassung der Verbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten und der Immunität gegen bestimmte übertragbare Krankheiten in ausgewählten Bevölkerungsgruppen, - 14.
Gesundheitsamt die nach Landesrecht für die Durchführung dieses Gesetzes bestimmte und mit einem Amtsarzt besetzte Behörde, - 15.
Einrichtung oder Unternehmen eine juristische Person, eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person, in deren unmittelbarem Verantwortungsbereich natürliche Personen behandelt, betreut, gepflegt oder untergebracht werden, - 15a.
Leitung der Einrichtung - a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich einer Einrichtung durch diese mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind, - b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder - c)
sofern die Einrichtung von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
- 15b.
Leitung des Unternehmens - a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich eines Unternehmens durch dieses mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind, - b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder - c)
sofern das Unternehmen von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
- 16.
personenbezogene Angabe Name und Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und, falls abweichend, Anschrift des derzeitigen Aufenthaltsortes der betroffenen Person sowie, soweit vorliegend, Telefonnummer und E-Mail-Adresse, - 17.
Risikogebiet ein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für das vom Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bestimmten bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt wurde; die Einstufung als Risikogebiet erfolgt erst mit Ablauf des ersten Tages nach Veröffentlichung der Feststellung durch das Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/risikogebiete.
(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die
- 1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, - 1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde, - 2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde, - 3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder - 4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte
- 1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte, - 2.
von einem Arzt geimpft worden ist und - 3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.
(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer
- 1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945, - 2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, - 3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder - 4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.
(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.
(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.
Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Krankheitserreger ein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann, - 2.
Infektion die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus, - 3.
übertragbare Krankheit eine durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte, die unmittelbar oder mittelbar auf den Menschen übertragen werden, verursachte Krankheit, - 3a.
bedrohliche übertragbare Krankheit eine übertragbare Krankheit, die auf Grund klinisch schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit verursachen kann, - 4.
Kranker eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist, - 5.
Krankheitsverdächtiger eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen, - 6.
Ausscheider eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, - 7.
Ansteckungsverdächtiger eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein, - 8.
nosokomiale Infektion eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand, - 9.
Schutzimpfung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen, - 10.
andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe die Gabe von Antikörpern (passive Immunprophylaxe) oder die Gabe von Medikamenten (Chemoprophylaxe) zum Schutz vor Weiterverbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten, - 11.
Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde, - 12.
Gesundheitsschädling ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können, - 13.
Sentinel-Erhebung eine epidemiologische Methode zur stichprobenartigen Erfassung der Verbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten und der Immunität gegen bestimmte übertragbare Krankheiten in ausgewählten Bevölkerungsgruppen, - 14.
Gesundheitsamt die nach Landesrecht für die Durchführung dieses Gesetzes bestimmte und mit einem Amtsarzt besetzte Behörde, - 15.
Einrichtung oder Unternehmen eine juristische Person, eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person, in deren unmittelbarem Verantwortungsbereich natürliche Personen behandelt, betreut, gepflegt oder untergebracht werden, - 15a.
Leitung der Einrichtung - a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich einer Einrichtung durch diese mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind, - b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder - c)
sofern die Einrichtung von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
- 15b.
Leitung des Unternehmens - a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich eines Unternehmens durch dieses mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind, - b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder - c)
sofern das Unternehmen von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
- 16.
personenbezogene Angabe Name und Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und, falls abweichend, Anschrift des derzeitigen Aufenthaltsortes der betroffenen Person sowie, soweit vorliegend, Telefonnummer und E-Mail-Adresse, - 17.
Risikogebiet ein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für das vom Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bestimmten bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt wurde; die Einstufung als Risikogebiet erfolgt erst mit Ablauf des ersten Tages nach Veröffentlichung der Feststellung durch das Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/risikogebiete.
(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die
- 1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, - 1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde, - 2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde, - 3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder - 4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte
- 1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte, - 2.
von einem Arzt geimpft worden ist und - 3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.
(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer
- 1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945, - 2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, - 3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder - 4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.
(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.
(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.
Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 anerkannt werden. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.