vorgehend
Sozialgericht München, S 39 KA 72/13, 05.12.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. Dezember 2014, S 39 KA 72/13, wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitgegenständlich ist die Obergrenze Regelleistungsvolumen (RLV) und qualifikationsabhängige Zusatzvolumen (QZV) sowie der Honoraranspruch des Klägers im Quartal .

Der Kläger ist als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Bescheid vom 28.02.2011 wurde dem Kläger die Obergrenze RLV und QZV für das Quartal in Höhe von 12.656,79 Euro zugewiesen. Die Berechnung des RLV erfolgte unter Heranziehung des arztgruppenspezifischen Fallwertes für die Arztgruppe der Physikalisch-Rehabilitativen Mediziner von 25,66 Euro und der RLV-relevanten Fallzahl aus dem Quartal 2/2010 von 170. Zusätzlich wurden QZV für Akupunktur, Psychosomatische Grundversorgung, Physikalisch-rehabilitative Diagnostik und Therapie aus den jeweiligen Fallwerten und den Fallzahlen des Vorjahresquartals berechnet. Unter der Überschrift „I. Erläuterungen“ war unter „3) Obergrenze bei Neupraxen und Jungpraxen“ ausgeführt, unter einer Jungpraxis verstehe man die Praxis eines „Jungarztes“, die sich noch im Aufbau befinde. Eine Praxis sei dann nicht mehr im Aufbau, wenn seit der ersten Niederlassung des Arztes mehr als 20 Quartale vergangen seien und/oder der Fachgruppendurchschnitt (Fallzahl) im Vorjahresquartal erreicht sei. Mit der Zuweisung würden bei diesen Praxen zunächst die im Vorjahresquartal abgerechneten RLV- bzw. QZV-relevanten Fallzahlen mitgeteilt. Bei der Honorarabrechnung werde dann die eigene (RLV- bzw. QZV-relevante) Fallzahl angesetzt und der Abrechnung zugrunde gelegt. Soweit diese Fallzahl allerdings im Abrechnungsquartal über dem Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals liege, komme diese zum Ansatz. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 21.03.2010 Widerspruch und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Erhöhung von RLV und QZV. Die RLV-Fallwerte für Physikalisch-Rehabilitative Mediziner seien wie auch die QZV-Fallwerte abgesenkt worden. Es ergebe sich ein Minus von 23,- Euro pro Patient. In der klägerischen Praxis seien folgende Praxisbesonderheiten gegeben: Hoher Altersschnitt, vorwiegend chronische Schmerzpatienten, sehr viele Osteoporosepatienten, Multimorbidität. Weiter seien folgende für die Versorgung bedeutsame fachliche Spezialisierungen gegeben: Akupunktur, Psychosomatische Grundversorgung, Physikalisch-rehabilitative Diagnostik und Therapie. All dies führe dazu, dass eine Erhöhung der Fallwerte für RLV und QZV nötig seien. Mit Bescheid vom 14.06.2011 erfolgte eine Anpassung des RLV wegen der Praxisbesonderheit der für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Man habe bereits dem klägerischen Antrag für das Quartal 3/2010 entsprochen und seine Obergrenze angepasst. Der für das QZV Psychosomatische Grundversorgung relevante Fallwert sei um den Faktor 1,8093, der für das QZV Physikalisch-rehabilitative Diagnostik und Therapie relevante Fallwert um den Faktor 1,1593 und der für das QZV Akupunktur relevante Fallwert um den Faktor 1,2572 erhöht worden. Dem aktuellen Antrag werde entsprochen und die drei QZVs entsprechend erhöht. Die Obergrenze (RLV und QZV) werde auf 15.080,82 Euro angepasst. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Mit Honorarbescheid vom 16.11.2011 wurde eine Gesamthonorarsumme von

25.948,29 Euro festgesetzt. Für die Berechnung der Obergrenze für Jungpraxis/Neupraxis wurde für das RLV die tatsächliche Fallzahl aus dem Abrechnungsquartal von 216 herangezogen, der Berechnung des QZV Akupunktur, Physikalisch-rehabilitative Diagnostik und Therapie, Psychosomatische Grundversorgung und Neurophysiologische Übungsbehandlung lag die jeweilige Fallzahl des Fachgruppendurchschnittes zugrunde. Der Leistungsanforderung von 33.813,78 Euro stand damit eine Obergrenze von 24.778,13 Euro entgegen. Im Bereich der Überschreitung von 9.035,65 Euro erfolgte eine abgestaffelte Vergütung.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15.12.2011 Widerspruch ein und beantragte eine Vergütung der erbrachten Arbeit sowie die Überweisung des Differenzbetrages zur Leistungsanforderung.

Mit Schreiben vom 14.12.2011 wurde eine Anpassung der Fallzahl für die Quartale 1-4/2011 und 1-4/2012 mit der Begründung beantragt, man betreue bei vollem Kassensitz und einer Arbeitszeit von 40 Stunden 216 Patienten pro Quartal, der Fachgruppendurchschnitt liege bei 674. Dies liege an dem Patientengut mit Multimorbidität, chronischen Schmerzpatienten und hohem Alter. Im Übrigen habe er nach Ablauf des Vorjahresquartals die Genehmigung für das QZV sensomotorische Übungsbehandlung erworben.

Mit Informationsschreiben vom 23.02.1012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, im Rahmen der Anerkennung als Jungpraxis sei vorbehaltlich der tatsächlichen abgerechneten individuellen RLV-Fallzahl und/oder QZV-Leistungsfallzahlen im Abrechnungsquartal eine Erhöhung bis maximal zum Fachgruppendurchschnitt möglich. Daraufhin bat der Kläger zunächst um Anhebung der QZV-Leistungsfallzahl auf 216 Patienten, später auf die tatsächlich erbrachten Fälle (Schreiben vom 25.11.2012).

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2012 wurden die Widersprüche des Klägers gegen den Obergrenzenzuweisungsbescheid sowie den Honorarbescheid zurückgewiesen. Rechtsmängel bei der Zuweisung der Obergrenze oder der Honorierung seien sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht nicht erkennbar. Der Kläger sei seit 01.05.2006 niedergelassen und werde im Quartal noch als Jungpraxis geführt. Nach 2.1 B Nr.4 Absatz 2 des Honorarvertrages 2011 gelte für Jungpraxen, dass in der Zuweisung die eigenen Fallzahlen im Vorjahresquartal angesetzt würden. Für die Abrechnung sei grundsätzlich die eigene Fallzahl maßgeblich. Überschreite diese den jeweiligen Fachgruppendurchschnitt, verbleibe es beim Ansatz des Fachgruppendurchschnittes.

In der hiergegen zum Sozialgericht München erhobenen Klage trug der Kläger vor, er sei in erster Linie schmerztherapeutisch tätig. Wegen der lediglich abgestaffelten Vergütung für Leistungsanforderungen oberhalb der Obergrenze ergebe sich ein Differenzbetrag von 7.902,70 Euro. Die Jungpraxisregelung im Honorarvertrag 2011 (2.1.B Ziff. 4.1 Abs.2) sei rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei eine Jungpraxis für die Zeit des Aufbaus von Wachstumsbegrenzungen völlig freizustellen. Die Aussage des Bundessozialgerichts, dass dem Vertragsarzt die Chance bleiben müsse, neue Patienten für sich zu gewinnen und jährlich im Ergebnis seinen Umsatz zu steigern, ziele nicht auf bestimmt Honorarverteilungsregelungen, sondern auf das Ergebnis der Honorarverteilung ab. Letztendlich komme es daher darauf an, wie sich die Honorarverteilungsregelungen auf den Honoraranspruch des Vertragsarztes auswirkten. Hier wirke sich diese aber wie eine Honorarbegrenzungsregelung aus. Jungpraxen müsse eine Steigerung auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein. Der Kläger könne in der Aufbauphase nicht darauf verwiesen werden, seine Fallzahlen nur zeitlich versetzt steigern zu können. Aufgrund der fast ausschließlich schmerztherapeutischen Tätigkeit des Klägers sei es ihm nur möglich, 216 Patienten - dann jedoch intensiv - zu behandeln, während die Fachgruppe 680 Patienten im Quartal behandle.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2014 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, die Jungpraxisregelung im Honorarvertrag nicht rechtswidrig. § 87b SGB V sehe die Zuweisung von RLV und QZV vor. Der Bewertungsausschuss habe das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung von RLV und QZV in seinem Beschluss vom 26.3.2010, Teil F) detailliert vorgegeben. Der Kläger unterfalle als Facharzt für physikalisch-rehabilitative Medizin dem RLV und könne QZV abrechnen. Zu Recht habe die Beklagte die Obergrenze RLV und QZV für das Quartal 2/11 unter Heranziehung des arztgruppenspezifischen Fallwertes für die Arztgruppe der Physikalisch-Rehabilitativen Mediziner sowie der jeweiligen Fallwerte für die QZV und den jeweiligen Fallzahlen aus dem Vorjahresquartal berechnet sowie zutreffend die Jungpraxisregelung angewandt. Auch die Berechnung der Obergrenze für die Abrechnung im Honorarbescheid für das Quartal begegne keinen rechtlichen Bedenken. Unter Anwendung der mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.06.2011 erfolgten Anpassungen hinsichtlich der Fallwerte für die QZV psychosomatische Grundversorgung, physikalisch-rehabilitative Diagnostik und Therapie und Akupunktur sowie entsprechend der Regelung im Honorarvertrag hinsichtlich der Fallzahl begegne die Berechnung keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte habe die Regelung im Honorarvertrag, nach der grundsätzlich die eigenen Fallzahlen im Abrechnungsquartal maßgeblich seien und es bei Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts beim Ansatz des jeweiligen Fachgruppendurchschnitts verbleibe, umgesetzt. Die Jungpraxisregelung im Honorarvertrag sei auch nicht rechtswidrig, da der Rechtsprechung des BSG zu den Grundsätzen zur Berücksichtigung unterdurchschnittlich abrechnender Praxen Rechnung getragen worden sei. Danach müssten umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Diese Wachstumsmöglichkeit beziehe sich auf eine Erhöhung der Zahl der behandelten Patienten. Das Wachstum, dass unterdurchschnittlichen Praxen durch Gestaltung der Honorarverteilung nicht verbaut werden dürfe, dürfe aber nicht durch reine Leistungsausweitungen erzielt werden. Die von Klägerseite angegriffene Regelung ermögliche dem Kläger problemlos, seinen Umsatz durch Gewinnung neuer Patienten bis zum Durchschnittsumsatz zu steigern. Der Kläger könne aber nicht verlangen, dass er durch vermehrte Leistungserbringung bei gleich bleibender im Vergleich zum Durchschnitt deutlich erniedrigter Patientenzahl(ca. ein Drittel) im Rahmen einer Jungpraxisregelung ohne weitere Steigerung der Patientenzahl den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe erreiche. Den im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Praxisbesonderheiten seines Patientengutes (Multimorbidität, viele chronische Schmerzpatienten, hohes Alter, die es ihm nur ermöglichten, 216 Patienten zu behandeln) habe die Beklagte durch die Erhöhung der Fallwerte der QZV Psychosomatische Grundversorgung, Physikalisch-Rehabilitative Diagnostik und Therapie und Akupunktur Rechnung getragen. Da der diesbezügliche Bescheid vom 14.06.2011 bestandskräftig geworden sei, könne der Kläger eine weitere Erhöhung der Fallwerte im vorliegenden Klageverfahren nicht erreichen. Das SG verneinte auch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Angemessenheit der Vergütung. Ein subjektives Recht auf ein höheres Honorar komme erst dann in Betracht, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen in einem fachlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet sei. Eine solche Situation sei weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung zum Bayer. Landessozialgericht, in der er auf seine bisherige Argumentation verweist. Ihm stehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Honorar bis zum durchschnittlichen Honorarumsatz der Arztgruppe zu. Die Jungpraxisregelung trage diesem Grundsatz in seinem Fall nicht Rechnung. Es müsse ihm als Jungpraxis eine Steigerung auf den Durchschnittsumsatz möglich sein. Darüber hinaus sei er in der Zeit des Aufbaus hinsichtlich der Fallzahlen von der Wachstumsbegrenzung völlig freizustellen. Der Kläger legte eine Berechnung vor, wonach ihm im Abrechnungsquartal ein erheblicher Fallwertverlust entstehe, wenn Fallzahl und Gesamtumsatz im Aufsatzquartal regelmäßig deutlich unter den Werten des aktuellen Abrechnungsquartals lägen. Die HV-Regelung wirke sich als Honorarbegrenzungsmaßnahme aus, wenn die Fallzahl im QZV-Bereich über dem Fachgruppendurchschnitt liege, ohne dass das durchschnittliche Honorar der Fachgruppe erreicht werde. Auch mit einer Steigerung der RLV-Fallzahlen hätte der Kläger nicht auf ein durchschnittliches Budget kommen können. Der Kläger habe andere Praxisstrukturen als die Durchschnittsstruktur der Fachgruppe, zum Beispiel sei er auf den Schwerpunkt Akupunktur spezialisiert und könne deshalb nicht mehr Patienten aufnehmen. Eine Steigerung der Patientenzahl um 307 RLV-Fälle, die nötig wäre, um den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe zu erreichen, sei aufgrund der Spezialisierung und dem damit einhergehenden hohen Zeitaufwand pro Patient für den Kläger nicht möglich. Das Problem des Klägers sei die Begrenzung der Fallzahlen im QZV, das den klägerischen Leistungsschwerpunkt darstelle. Der Kläger habe einen Gesamtumsatz erwirtschaftet, der unter dem Fachgruppendurchschnitt liege und werde trotzdem wegen der Begrenzung der Fallzahlen im QZV gekürzt. Dies stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit und gegen das Gebot der leistungsproportionalen Vergütung dar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.12.2014, S 39 KA 72/13 aufzuheben sowie den Zuweisungsbescheid vom 28.02.2011 für das Quartal und den Honorarbescheid des Beklagten vom 16.11.2011 (Quartal 2/11) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2011 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, eine Nachvergütung des Honorars zum Quartal in Höhe von 7902,70 € an den Kläger zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Jungpraxisregelung im maßgeblichen Honorarvertrag für rechtmäßig. Die vom Bundessozialgericht Jungpraxen zugebilligten Wachstumsmöglichkeiten bezögen sich auf eine Erhöhung der Zahl der behandelten Patienten; das Wachstum, das unterdurchschnittlichen Praxen durch Gestaltung der Honorarverteilung nicht verbaut werden dürfe, dürfe nicht durch reine Leistungsausweitungen erzielt werden. Die Jungpraxisregelung genüge diesen Voraussetzungen - wie das Sozialgericht München zutreffend feststelle -, indem sie dem Kläger problemlos die Möglichkeit einräume, seinen Umsatz durch Gewinnung neuer Patienten bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe zu steigern. Der Kläger habe durch die Aufnahme weiterer Patienten die Möglichkeit, seine RLV-Fallzahlen zu steigern und den Durchschnittsumsatz auszuweiten. Nicht möglich sei aber die Erweiterung des Behandlungsumfangs gegenüber einer gleich bleibenden Zahl von Patienten. Die klägerische Praxis habe bei 216 Behandlungsfällen einen Fallwert von 120,13 € im Vergleich zum durchschnittlichen Fallwert der Fachgruppe von 65 €. Bei weit unterdurchschnittlicher RLV-Fallzahl des Klägers liege es nahe, dass er mit seinem Honorarumsatz unterhalb des Durchschnitts seiner Fachgruppe liegen werde. Dies liege aber nicht an den Mechanismen der Honorarverteilung, sondern sei der Struktur der Praxis geschuldet. Zudem seien - worauf das SG zu Recht hingewiesen habe - die Praxisbesonderheiten bereits im Verfahren zur Anpassung der Obergrenze mit Bezug zum Fallwert berücksichtigt worden, wobei die dort getroffene Entscheidung in Bestandskraft erwachsen sei.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, Bezug genommen.

Gründe

Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zunächst wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen, denen sich der Senat anschließt, § 153 Abs. 2 SGG.

Auch die in zweiter Instanz vorgetragenen Argumente, die im Wesentlichen denen der ersten Instanz entsprechen, führen zu keinem anderen Ergebnis.

Das Bundessozialgericht hat wiederholt klargestellt, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben müssen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen (vgl. z. B. BSG vom 17.07.2013, - B 6 KA 32/12 R = BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 76; vom 10.3.2004, - B 6 KA 3/03 R = BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 9).

Dem Vertragsarzt muss - wegen seines Rechts auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der so genannten Honorarverteilungsgerechtigkeit - die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit dem Berufskollegen zu verbessern. Daher ist allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen. Das BSG hat in seinem Urteil vom 03.02.2010, B 6 KA 1/09 R jedoch klargestellt, dass, soweit in Teilen des Senats ausgeführt worden sei, neu gegründete Praxen seien für die Zukunft des Aufbaus „von der Wachstumsbegrenzung völlig freizustellen“, klarzustellen sei, dass sich dies nicht auf Umsatzsteigerungen generell bezog, sondern allein auf Fallzahlzuwachsregelungen. Der Kläger jedoch möchte mit seinem Begehren erreichen, dass er von Wachstumsbegrenzungen während seiner Zeit als Jungpraxis bis zum Erreichen des Durchschnittsumsatzes der Fachgruppe vollkommen freigestellt wird. Da er die Fallwertzuweisungen der QZV nicht angegriffen hat, bedeutet dies im Endeffekt, dass er von jeglichen Fallzahlbegrenzungen freigestellt werden möchte und demnach seine tatsächlichen Honorarabrechnungen vergütet haben möchte, soweit diese den Fachgruppendurchschnitt nicht überschreiten. Dieses Begehren deckt sich aber nicht mit der Regelung im HVV (Abschnitt 2.1 B Ziffer 4.1 Abs. 2), die der Beklagte unstreitig korrekt umgesetzt hat. Der Kläger bemängelte auch nicht die unkorrekte Umsetzung, sondern die Rechtswidrigkeit der Bestimmung.

Die Bestimmung, nach der bei Jungpraxen statt der Abrechnungszahlen des Vorjahresquartals die eigenen Fallzahlen im Abrechnungsquartal maßgeblich sind, begrenzt durch den jeweiligen Fachgruppendurchschnitt, begegnet jedoch keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte hat hier ebenso wie der Bewertungsausschuss für die Vorgaben für den Inhalt der RLV und QZV und zur Bestimmung des Verfahrens für deren Berechnung ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit. Dadurch, dass die Beklagte in ihrem HVV für Jungpraxen in Bezug auf die Fallzahl nicht auf die Fallzahlen des Vorjahresquartales, sondern auf die Zahlen des jeweiligen Abrechnungsquartal bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts abstellt, wird sie dem Ziel, Jungpraxen die Möglichkeit zur Umsatzsteigerung bis zum Durchschnitt der Fachgruppe zu gewähren, gerecht. Die Regelung ist daher rechtmäßig. Dass der Kläger von dieser Regelung vorliegend nicht profitiert, ist seiner speziellen Praxisausgestaltung geschuldet. Ihm wäre es auch durchaus möglich, zum Fachgruppendurchschnitt aufzuschließen, indem er nicht seine QZV- Fälle, sondern seine RLV-Fälle steigert. Dass er durch seine spezielle Ausrichtung der Schmerztherapie hier durch die QZV-Fallzahlen beschränkt ist, ist seiner speziellen Ausrichtung geschuldet, die jedoch Ausfluss seiner unternehmerischen Entscheidung ist. Die HVV Regelung als generalisierende Ausnahmevorschrift für Jungpraxen muss jedoch nicht auf sämtliche möglichen Konstellationen eingehen. Die vom Kläger bevorzugte Auslegung, ohne Fallzahlbegrenzung bis zum Fachgruppendurchschnitt abrechnen zu können, wäre auch rein praktisch schwer umsetzbar und würde dem grundsätzlichen Ziel der RLV- und QZV Systematik - Leistungsausweitungen zu vermeiden - zuwiderlaufen. Sofern die Honorarberechnung anhand der Fallzahlen des Klägers (RLV und QZV) bei seinen individuellen Fallwerten zu einem Honorar oberhalb des Fachgruppendurchschnitts führen würde, könnte nur das Gesamthonorar auf den Fachgruppendurchschnitt gekürzt werden, wofür es wiederum keine Rechtsgrundlage gibt. Es ist dem Kläger auch durchaus zuzumuten, das einjährige Moratorium unter Berücksichtigung der einschlägigen Honorarvertragsregelungen für die Vergütung von erhöhten Fallzahlen abzuwarten oder seine Praxisausrichtung umzustellen, um auf das von ihm gewünschte Honorar zukommen. Ein Anspruch auf ein Honorar bis zum Fachgruppendurchschnitt ohne Fallzahlbegrenzung entbehrt jedenfalls jeder Rechtsgrundlage. Ein Anspruch kann auch nicht aus der Anerkennung eines Härtefalls abgeleitet werden, denn dieser setzt neben der Existenzgefährdung der Praxis (die hier weder vorgetragen wurde und oder im Raum steht) und einem bestehenden Sicherstellungsbedarf voraus, dass die maßgeblichen Umstände nicht von der Praxis zu vertreten sind. Hier ist jedoch allein der Praxisschwerpunkt Schmerztherapie innerhalb der QZV Leistungen für die Fallzahlbegrenzung und die damit verbundene QZV-Obergrenze verantwortlich. Zudem wurde der speziellen Praxisausrichtung des Klägers durch eine Erhöhung der Fallwerte Rechnung getragen.

Soweit der Klägerbevollmächtigte auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.07.2013, B6 KA 44/12 verweist, führt dies zu keiner anderen Betrachtung. Gegenstand dieses Urteils war keine Jungpraxis, sondern eine lediglich unterdurchschnittlich abrechnende Praxis. In diesem Fall hatte das BSG es ebenfalls für rechtmäßig erachtet, dass die entsprechende Regelung im HVV in Umsetzung der Vorgaben des Bewertungsausschusses ein einjähriges Moratorium vorgesehen hatte, denn Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen müssten nicht von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont werden. Ein Anspruch darauf, dass die Gesamtzahl der in einem Quartal behandelten Fälle jeweils sogleich dem RLV für dieses Quartal zugrunde gelegt würde, bestehe nicht. Praxen müssten nur in der nach Ablauf des Moratoriums verbleibenden Zeit noch die effektive d. h. realistische Möglichkeit zu haben, den Durchschnittsumsatz erreichen. Diese Möglichkeit verbleibt dem Kläger auch im vorliegenden Fall.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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bei uns veröffentlicht am 03.02.2010

Tatbestand 1 Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars im Quartal II/2005. 2

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(1) Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung; dabei sollen die von fachärztlich tätigen Ärzten erbrachten hausärztlichen Leistungen nicht den hausärztlichen Teil der Gesamtvergütungen und die von hausärztlich tätigen Ärzten erbrachten fachärztlichen Leistungen nicht den fachärztlichen Teil der Gesamtvergütungen mindern. Die Kassenärztliche Vereinigung wendet bei der Verteilung den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Die Vergütung der Leistungen im Notfall und im Notdienst erfolgt aus einem vor der Trennung für die Versorgungsbereiche gebildeten eigenen Honorarvolumen mit der Maßgabe, dass für diese Leistungen im Verteilungsmaßstab keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars angewandt werden dürfen; Gleiches gilt unter Beachtung der nach § 87a Absatz 3b Satz 7 beschlossenen Vorgaben für die Vergütung der Leistungen des Versorgungsbereichs der Kinder- und Jugendmedizin, die gegenüber Patienten erbracht werden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bisherige Bestimmungen, insbesondere zur Zuweisung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen, gelten bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab vorläufig fort.

(2) Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der Verteilungsmaßstab hat der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen. Für Praxisnetze, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen anerkannt sind, müssen gesonderte Vergütungsregelungen vorgesehen werden; für solche Praxisnetze können auch eigene Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen nach § 87a Absatz 3 gebildet werden. Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Im Verteilungsmaßstab dürfen keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars für anästhesiologische Leistungen angewandt werden, die im Zusammenhang mit vertragszahnärztlichen Behandlungen von Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder schwerer Dyskinesie notwendig sind. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie gegen deren Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(2a) Mindert sich die Fallzahl in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang infolge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses, soll die Kassenärztliche Vereinigung im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Leistungserbringers vorsehen. Regelungen nach Satz 1 können auch bei einer Minderung von Fallzahlen von Leistungen vorgesehen werden, die nach § 87a Absatz 3 Satz 5 Nummer 1, 3, 4, 5 und 6 und Satz 6 vergütet werden. In der Vergangenheit gebildete und noch nicht aufgelöste Rückstellungen im Rahmen der Honorarverteilung sollen ebenfalls verwendet werden. Eine weitere Voraussetzung für die Zahlung von Kompensationszahlungen ist, dass der vertragsärztliche Leistungserbringer die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden einhält. Bei einer Unterschreitung der in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden können Kompensationszahlungen nur vorgenommen werden, wenn der vertragsärztliche Leistungserbringer durch eine Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder ein anderes Großschadensereignis verursachte rechtfertigende Gründe für die Unterschreitung nachweist.

(3) Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen Beschluss nach § 100 Absatz 1 oder 3 getroffen, dürfen für Ärzte der betroffenen Arztgruppe im Verteilungsmaßstab Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung oder -minderung nicht bei der Behandlung von Patienten des betreffenden Planungsbereiches angewendet werden. Darüber hinausgehend hat der Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen vorzusehen, nach der die Kassenärztliche Vereinigung im Einzelfall verpflichtet ist, zu prüfen, ob und in welchem Umfang diese Maßnahme ausreichend ist, die Sicherstellung der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Die Kassenärztliche Vereinigung veröffentlicht einmal jährlich in geeigneter Form Informationen über die Grundsätze und Versorgungsziele des Honorarverteilungsmaßstabs.

(4) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat Vorgaben zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 sowie Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze nach Absatz 2 Satz 3 als Rahmenvorgabe für Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere zu Versorgungszielen, im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu bestimmen. Darüber hinaus hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des Absatzes 2 Satz 1 bis 4 und zur Durchführung geeigneter und neutraler Verfahren zur Honorarbereinigung zu bestimmen; dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen. Die Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben bis spätestens zum 23. Oktober 2015 Richtlinien nach Satz 1 zu beschließen.

(5) Die Regelungen der Absätze 1 bis 4 gelten nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tatbestand

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Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars im Quartal II/2005.

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Der Kläger nimmt seit dem 1.2.2004 als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie an der vertragsärztlichen Versorgung in Hessen teil. Mit Bescheid vom 29.6.2006 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal II/2005 auf 55.484,44 Euro fest. Dieser Betrag setzte sich aus einem "regulären" - aus 816 Primär- und Ersatzkassenfällen errechneten - Honorar in Höhe von 33.828,20 Euro, einem "Auffüllbetrag" in Höhe von 19.848,73 Euro sowie aus dem Honorar "sonstiger Kostenträger" zusammen.

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Die Beklagte wandte dabei ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem ersten Quartal der Geltung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) 2005 zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser enthielt ua - neben einer Regelung über die Freistellung junger Praxen von fallzahlabhängigen Quotierungen (Ziffer 5.2.1 HVV) - in Ziffer 7.5 HVV eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000 plus". Danach erfolgt nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigt der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5 % erfolgt grundsätzlich auf der Basis vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur Abrechnung gekommen ist (Ziffer 7.5.2 HVV).

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Bei der Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVM legte die Beklagte beim Kläger das Quartal II/2004 als Referenzquartal zugrunde, in dem dieser bei 583 Fällen ein maßgebliches Honorar (ohne extrabudgetäre Leistungen) in Höhe von 46.331,31 Euro und damit einen Referenzfallwert von 79,4705 Euro erzielt hatte. Bei einem rechnerischen Fallwert von 41,4561 Euro im Quartal II/2005 und einem hinzunehmenden Fallwertverlust von 5 % errechnete sie daraus einen Auffüllbetrag in Höhe von 34,0458 Euro pro Fall und damit von 19.848,73 Euro insgesamt bei 583 Fällen.

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Der auf die Gewährung eines höheren Auffüllbetrages unter Zugrundelegung der im aktuellen Quartal (II/2005) erzielten Fallzahl gerichtete Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Das SG hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Neubescheidung verpflichtet, wobei es die Auffassung vertreten hat, dass es hierzu keiner Änderung des HVV bedürfe, da lediglich eine Sonderregelung für atypische Fälle fehle (Urteil vom 16.1.2008).

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Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Regelung unter Ziffer 7.5 HVV sei im Hinblick auf junge Praxen zumindest im hier streitigen Quartal II/2005 ergänzungsbedürftig. Die Rechtsprechung des BSG zum Schutz unterdurchschnittlich großer Praxen vor unangemessener Benachteiligung durch Honorarbegrenzungsregelungen sei auf die vorliegende Konstellation übertragbar, auch wenn die strittige Regelung keine Honorarbegrenzung, sondern einen Bestandsschutz bezwecke. Im Ergebnis wirke sich diese bei jungen Praxen wie eine Honorarbegrenzungsmaßnahme aus, weil bei ihnen - im Gegensatz zu 2004 bereits durchschnittlich abrechnenden Praxen - die Erzielung eines durchschnittlichen Honorars eine ungleich größere Anstrengung durch Fallzahlsteigerung und Leistungsausweitung erfordere. Bei Praxen in der Aufbauphase könne durch das Anknüpfen an die Fallzahl im Referenzquartal typischerweise nur ein deutlich geringerer Auffüllbetrag zustande kommen als bei einer eingeführten Praxis, die im Referenzquartal eine vergleichbar hohe Fallzahl wie im aktuellen Quartal erreicht habe. Als weitere Folge seien auch in den nachfolgenden Quartalen der Jahre 2006 bis 2008 nur geringere oder keine Auffüllbeträge erreichbar. Die Anknüpfung der Ausgleichsregelung an das jeweilige Vorquartal sei nicht unvermeidlich; jahreszeitliche Schwankungen seien kein ausreichender Rechtfertigungsgrund, da auch eine jahresbezogene Regelung denkbar sei. Allerdings sei - entgegen der Auffassung des SG - der Vorstand der Beklagten nicht zu einer vom HVV abweichenden Regelung zugunsten junger Praxen befugt. Es gehe nicht um eine Härtefallregelung in einem atypischen Sonderfall, sondern um die Gewährleistung der Honorarverteilungsgerechtigkeit gegenüber einer ganzen Gruppe. Die regelungsbedürftige und durch Auslegung nicht zu schließende Lücke im HVV sei daher durch die Vertragspartner des HVV zu schließen (Urteil vom 26.11.2008).

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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Sie habe die Vorgaben des HVV ordnungsgemäß umgesetzt. Eine besondere Regelung für junge Praxen habe der HVV nicht vorsehen müssen. Jedenfalls sei die Regelung unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen für sie nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Die neue Gebührenordnung und die Neustrukturierung der Honorarverteilung hätten die Vertragspartner des HVV dazu veranlasst, die Regelung nach Ziffer 7.5 in den HVV aufzunehmen. Deren Zielsetzung liege darin, größere Verwerfungen abzufangen, um den Bestand der Praxen zu schützen und einem Sicherstellungsproblem vorzubeugen. Die Zielsetzung, eine im entsprechenden Quartal vor Einführung des neuen EBM erworbene Honorarerwartung zu schützen, stelle einen sachlichen Grund dafür dar, allein auf die Honorarverhältnisse des Vorjahresquartals abzustellen, und besondere Umstände - wie die Lage junger Praxen - unberücksichtigt zu lassen. Zudem habe durch ein Anknüpfen an die Werte des Vorjahresquartals eine Vergleichbarkeit unter dem Gesichtspunkt jahreszeitlich bedingt schwankender Patientenzahlen gewährleistet werden sollen.

8

Der Fallwertrückgang sei auf EBM-Ä-bedingte Verwerfungen zurückzuführen, die etablierte Praxen gleichermaßen treffen könnten. Der Verlust werde im Falle des Klägers durch eine entsprechend hohe Auffüllung abgefangen. Die Rechtsprechung des BSG zu Anfängerpraxen sei zu Honorarbegrenzungsregelungen ergangen; bei der Ausgleichsregelung handele es sich jedoch um eine Bestandsschutzregelung. Der Kläger habe durch die Ausgleichsregelung ein Honorar erzielt, dass an das durchschnittliche Honorar seiner Fachgruppe - im entsprechenden Quartal 62.742,23 Euro - heranreiche. Bei zusätzlichen Auffüllungen einzelner Praxen käme es zu einer Stützung, die keinen Leistungsbezug mehr aufweise. Im Übrigen sehe sie - die Beklagte - in Teil F Ziffer 3.7 des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung vom 27./28.8.2008, in dem eine Regelung zum Ausgleich überproportionaler Honorarverluste vorgesehen sei, eine Öffnungsklausel, die ihr die Möglichkeit einräume, eine der Ausgleichsregelung nahezu inhaltsgleiche Regelung zu treffen.

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Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 26.11.2008 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 16.1.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Entscheidung des Berufungsgerichts für zutreffend. Der Berechnung des Auffüllbetrages sei seine aktuelle Fallzahl, mindestens jedoch die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe zugrunde zu legen. Neu niedergelassenen Ärzten müsse unter Gleichheitsgesichtspunkten eine Chance zur Etablierung am Markt gegeben werden. Gerade junge Praxen, die den EBM-Ä-bedingten Verwerfungen ausgesetzt seien, verfügten nicht über ein finanzielles Polster. Im Ergebnis enthalte die Ausgleichsregelung eine versteckte Begrenzungsregelung zu Lasten junger Praxen; sie führe auch in der Folgezeit zu geringeren Auffüllbeträgen. Selbst wenn es sich dabei um eine Anfangs- und Erprobungsregelung handele, müsse diese die gesetzlichen Grundlagen und die Rechtsprechung des BSG beachten. Die Benachteiligung junger Praxen sei für die Beklagte offensichtlich gewesen und nicht erst im Rahmen der Erprobung der Ausgleichsregelung aufgetreten.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat die für die angefochtenen Bescheide maßgeblichen Regelungen des HVV der Beklagten, soweit diese den auf die Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV beschränkten Streitgegenstand betreffen, zu Recht beanstandet.

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1. Die für die Beurteilung des Rechtsstreits maßgeblichen Regelungen des HVV entsprechen nicht den Grundsätzen, die in der Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung der Belange unterdurchschnittlich abrechnender sowie neu gegründeter Praxen entwickelt worden sind. Die Praxis des Klägers gehört sowohl zur Gruppe der unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen - ihr Umsatz lag im Quartal II/2005 mit 55.484,44 Euro unter dem Durchschnitt der Fachgruppe von 62.742,23 Euro - als auch zur (Unter-)Gruppe der neu gegründeten Praxen, da der Kläger erst seit Februar 2004 vertragsärztlich tätig ist.

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a) In der Rechtsprechung des Senats ist wiederholt klargestellt worden, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben müssen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen (ua BSGE 83, 52, 58 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 206 ff; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 195; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 411; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, jeweils RdNr 19; zuletzt Urteile vom 28.1.2009, B 6 KA 5/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 24 mwN sowie B 6 KA 4/08 R RdNr 12). Dem Vertragsarzt muss - wegen seines Rechts auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der sogenannten Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 17 sowie das weitere Urteil vom 28.3.2007, B 6 KA 10/06 R - MedR 2007, 560 = USK 2007-26) - die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern (BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9, jeweils RdNr 18; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, jeweils RdNr 19; BSG, Urteile vom 28.1.2009 aaO). Daher ist allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen (stRspr des Senats, ua BSGE 83, 52, 58 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 206 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 6 RdNr 19; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 28)und damit ihre Praxis zu einer mit typischen Umsätzen auszubauen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 17; BSG MedR 2007, 560 = USK 2007-26).

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Für neu gegründete Praxen (sog "Aufbaupraxen" bzw "Anfängerpraxen") gelten insoweit Besonderheiten, als ihnen in der Aufbauphase, die auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bemessen werden kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 16; BSG MedR 2007, 560 = USK 2007-26), die Steigerung auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein muss, während dies anderen, noch nach der Aufbauphase unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen jedenfalls innerhalb von fünf Jahren ermöglicht werden muss (BSG jeweils aaO). Allerdings haben auch Aufbaupraxen keinen Anspruch auf Teilhabe an der Honorarverteilung, der über den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe hinausgeht (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 6 RdNr 19). Soweit in Urteilen des Senats (BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9, jeweils RdNr 19, sowie - mit pauschaler Bezugnahme hierauf - in den Urteilen vom 28.1.2009, aaO RdNr 28 bzw 14) ausgeführt worden ist, neu gegründete Praxen seien für die Zeit des Aufbaus "von der Wachstumsbegrenzung völlig freizustellen", ist klarzustellen, dass sich dies nicht auf Umsatzsteigerungen generell bezog, sondern allein auf Fallzahlzuwachsregelungen.

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b) Die vom Senat für diese Gruppen aufgestellten Grundsätze gelten nicht allein für Honorarbegrenzungsregelungen - namentlich Individualbudgets und Fallzahlzuwachsregelungen -, auch wenn sie bei der Beurteilung von Streitfällen entwickelt worden, in denen der Honorarverteilung entsprechende honorarbegrenzende Regelungen zugrunde lagen. Die Aussage des Senats, dass dem Vertragsarzt die Chance bleiben muss, neue Patienten für sich zu gewinnen und hierdurch im Ergebnis seinen Umsatz zu steigern, zielt nicht auf bestimmte Honorarverteilungsregelungen, sondern auf das Ergebnis der Honorarverteilung. Es kommt daher nicht darauf an, wie die Honorarverteilungsregelungen im Einzelnen ausgestaltet sind und welchen (primären) Zweck sie verfolgen, sondern wie sie sich letztlich auf den Honoraranspruch des Vertragsarztes auswirken. Der Senat hat bereits in seinen Entscheidungen vom 28.1.2009 (B 6 KA 5/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 30 und B 6 KA 4/08 R RdNr 16) darauf hingewiesen, dass "alle für die betroffene Praxis maßgeblichen HVM-Regelungen, insbesondere Honorarbegrenzungsregelungen" so viel Spielraum zulassen müssen, dass der Durchschnittsumsatz der Fachgruppe innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erreicht werden kann. Diese Aussage gilt entsprechend für die neu gegründeten Praxen in der Aufbauphase einzuräumende Möglichkeit, ohne zeitliche Verzögerung den Durchschnittsumsatz zu erreichen.

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Im Übrigen wirkt sich die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV auf neu gegründete Praxen regelhaft wie eine Honorarbegrenzungsregelung aus. Das Anknüpfen an die Fallzahlen des Vorjahresquartals bedingt bei Praxen in der Aufbauphase naturgemäß, dass nur ein Teil des ihnen EBM-Ä-bedingt (potenziell) entstehenden Fallwertverlustes ausgeglichen wird, da die Fallzahl des Referenzquartals bei ihnen regelmäßig deutlich unter der des aktuellen Quartals liegen wird. Während etablierte Praxen über die Ausgleichsregelung etwaige (EBM-Ä-bedingte) Fallwerteinbußen zu 95 % ausgeglichen erhalten, ihr Umsatz bzw Honorar bei konstanter Fallzahl also ungefähr gleich hoch bleibt, liegt die Ausgleichsquote bei Praxen in der Aufbauphase aufgrund der Anknüpfung an die Fallzahlen des Vorjahresquartales deutlich niedriger. Die Auswirkungen der in Ziffer 7.5.2 HVV getroffenen Regelung entsprechen für Aufbaupraxen faktisch einer Fallzahlbegrenzungsregelung, da sie bei einem Fallzahlzuwachs für die neuen Fälle nur eine verminderte - nämlich unter Zugrundelegung eines nicht durch Ausgleichsbeträge aufgefüllten Fallwerts berechnete - Vergütung erhalten.

18

Hierdurch wird es ihnen letztlich unmöglich gemacht, den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu erreichen. Denn selbst wenn eine Aufbaupraxis im aktuellen Quartal die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe erreicht hätte, läge ihr Umsatz zwingend unter dem durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe. Dies belegt folgende Überlegung: der durchschnittliche Umsatz der Fachgruppe wird maßgeblich durch etablierte Praxen bestimmt, welche wegen des im Regelfall abgeschlossenen Praxisaufbaus und der daraus resultierenden konstanten Fallzahl für alle Fälle Ausgleichsbeträge nach Ziffer 7.5 HVV erhalten können, soweit der neue EBM-Ä bei ihnen zu Fallwertrückgängen führt. Im Falle des Klägers betrug der aufgefüllte Fallwert 75,5019 Euro; für jeden weiteren Fall erhielt er hingegen nur 41,4561 Euro, also nur rund 55 %. Geht man davon aus, dass der aufgefüllte Fallwert bei etablierten Praxen ungefähr dem des Klägers entsprach, könnten Aufbaupraxen den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe daher allenfalls dann erreichen, wenn es ihnen innerhalb eines Jahres gelänge, ihre Fallzahl weit über die durchschnittliche Fallzahl hinaus zu steigern. Dies ist nicht hinnehmbar.

19

c) Die Ausgleichsregelung in Ziffer 7.5 HVV betrifft auch keineswegs einen ggf zu vernachlässigenden Randbereich der Honorarverteilung. So betrug im Falle des Klägers dessen ohne Anwendung der Ausgleichsregelung errechnetes Honorar (ohne sonstige Kostenträger) lediglich 33.828,20 Euro und wurde durch einen Auffüllbetrag in Höhe von 19.848,73 Euro aufgestockt; der Honoraranteil aus dieser Ausgleichsregelung betrug mithin 36,98 % des Gesamthonorars (ohne sonstige Kostenträger). Der Ausgestaltung der Sonderregelung kam also zumindest für den Kläger - vermutlich aber für eine weitaus größere Gruppe von Ärzten - ganz erhebliche honorarwirksame Bedeutung zu. Auch dieser Gesichtspunkt steht dem Argument der Beklagten entgegen, dass es sich bei der strittigen Regelung nicht um eine Honorarbegrenzungsmaßnahme, sondern lediglich um eine Bestandsschutzregelung handele. Denn wenn ein ggf erheblicher Teil des Honorars von der Ausgestaltung dieser Bestandsschutzmaßnahme abhängt und diese an arztindividuelle Werte anknüpft - wie vorliegend an die Fallzahlen des Vorjahresquartals -, dann wirkt sich die Bestandsschutzregelung im Ergebnis nicht nur, wie bereits dargelegt, wie eine Honorarbegrenzungsmaßnahme in Form einer Fallzahlzuwachsbegrenzung aus, sondern ist dem Verdacht ausgesetzt, durch eine zumindest verzögerte Berücksichtigung des Wachstums bei jungen Praxen vorrangig dem Bestandsschutz etablierter Praxen zu dienen.

20

Ein Anknüpfen an Vorjahresquartale ist schließlich nicht zur Berücksichtigung jahreszeitlich bedingter Schwankungen in den Patientenzahlen zwingend erforderlich. Diesem Umstand kann in generellen Regelungen durch eine Zugrundelegung von Jahreswerten und in Sonderregelungen für Aufbaupraxen bzw unterdurchschnittlich abrechnende Praxen in der Weise Rechnung getragen werden, dass zB auf Durchschnittswerte der Fachgruppe abgestellt wird.

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2. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der beanstandeten Regelung weder auf den ihr als Normgeberin zukommenden Gestaltungsspielraum noch auf einen erweiterten Gestaltungsspielraum bei Anfangs- und Erprobungsregelungen berufen.

22

a) Bei der Ausgestaltung des HVV haben die Vertragspartner - wie zuvor die KÄVen - einen Gestaltungsspielraum (stRspr des Senats, vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 17). Diese Gestaltungsfreiheit geht typischerweise mit Rechtssetzungsakten einher und wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die jeweilige Gestaltung in Anbetracht des Zwecks der konkreten Ermächtigung unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (BSG aaO mwN). Der HVV muss jedoch mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang stehen und insbesondere das in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars(vgl BVerfGE 33, 171, 184 = SozR Nr 12 zu Art 12 GG S Ab 15 R; BSGE 81, 213, 217 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 152) sowie den aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit beachten (s ua BSGE 75, 187, 191 f = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 9; zuletzt BSG, Urteil vom 28.11.2007, B 6 KA 23/07 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr 10). Dies ist jedoch - wie bereits dargelegt - infolge der Nichtbeachtung der vom Senat aufgestellten Grundsätze nicht der Fall.

23

b) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr bzw den Vertragspartnern des HVV als Normgeber bei der Neuregelung komplexer Materien ein besonders weiter Spielraum in Form von Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräumen zusteht (vgl BSGE 88, 126, 137 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157). Dieser rechtfertigt sich daraus, dass sich häufig bei Erlass der maßgeblichen Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen und deshalb auch gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen zunächst hingenommen werden müssen (vgl ua BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 15 S 60; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 24, 42; vgl auch BVerfGE 33, 171, 189 = SozR Nr 12 zu Art 12 GG S Ab 17 R). Mit dieser relativ weiten Gestaltungsfreiheit bei Anfangs- und Erprobungsregelungen korrespondiert eine Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht des Normgebers, wenn sich im Vollzug von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen herausstellt, dass die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen oder die Auswirkungen für einzelne Normadressaten unzumutbar geworden sind (stRspr des Senats, vgl SozR 3-2500 § 87 Nr 15 S 60 f unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 80 f; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 42).

24

Auch wenn es sich bei dem zur rechtlichen Beurteilung anstehenden HVV - namentlich den Regelungen zur Abfederung von (potenziellen) Verwerfungen im Zuge der Einführung des neuen EBM-Ä 2005 - dem Grunde nach um eine Anfangs- und Erprobungsregelung handelt, entbindet dieser Umstand die Beklagte nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben. Vielmehr hat sie klar vorhersehbaren Auswirkungen einer Regelung auch bei einer Anfangs- und Erprobungsregelung Rechnung zu tragen. Hierzu gehört spätestens seit den grundlegenden Entscheidungen des Senats zu Mengenbegrenzungsregelungen in Honorarverteilungsmaßstäben aus dem Jahre 1998 (BSGE 83, 52 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 ua)die Erkenntnis, dass ein Anknüpfen an Vorjahresquartale regelmäßig insbesondere neu gegründete Praxen daran hindern wird, das durchschnittliche Umsatzniveau der Fachgruppe zu erreichen. Daraus wiederum resultiert die Verpflichtung der Vertragspartner des HVV, bei der Ausgestaltung von Regelungen, die - wie die "Auffüllregelung" nach Ziffer 7.5 HVV - an vorangegangene Zeiträume anknüpfen, die besondere Situation unterdurchschnittlicher, namentlich neu gegründeter Praxen zu berücksichtigen.

25

3. Die Beklagte kann auch keine Rechte aus den Beschlüssen des erweiterten Bewertungsausschusses - namentlich dessen Vorgaben zum Ausgleich überproportionaler Honorarverluste - herleiten, die dieser im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Honorarsystems ab dem 1.1.2009 (vgl §§ 87a ff SGB V) getroffen hat (s hierzu Engelhard in Hauck/Noftz, Stand Februar 2010, SGB V, K § 87b RdNr 59 ff). Abgesehen davon, dass diese Beschlüsse keine Rückwirkung entfalten, würden sie selbst dann, wenn sie (entsprechende) Anwendung fänden, keine Benachteiligung von unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen bzw Aufbaupraxen rechtfertigen. Denn auch eine vom Bewertungsausschuss vorgegebene Ausgleichsregelung wäre an den rechtlichen Vorgaben und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG zu messen. Ein etwaiges Fehlen von Sonderregelungen zugunsten unterdurchschnittlich abrechnender Praxen in den vom Bewertungsausschuss beschlossenen Regelungen würde mithin die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt davon entheben, in ihrem HVV entsprechende Regelungen vorzusehen.

26

4. Schließlich hat das LSG zutreffend dargelegt, dass die danach erforderliche Sonderregelung für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nicht von Fall zu Fall durch den Vorstand der Beklagten getroffen werden kann, sondern es insoweit einer normativen Ergänzung bzw Änderung des HVV bedarf. Die für die Honorarverteilung wesentlichen Grundsätze müssen im HVV selbst geregelt werden und dürfen nicht dem Vorstand der KÄV im Wege von Einzelfallentscheidungen überlassen bleiben (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 32 S 245 f; BSGE 83, 52, 60f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 209f; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 240). Andernfalls würde es zu einer dem Gesetz widersprechenden Kompetenzverlagerung von der Vertreterversammlung zum Vorstand sowie zum Unterlaufen der Einbeziehung der Krankenkassen in die Honorarverteilung kommen (BSGE 83, 52, 60 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 210). Dies gilt erst recht seit der ab dem Jahre 2004 vorgeschriebenen vertraglichen Vereinbarung des HVV zwischen den KÄVen und den Verbänden der Krankenkassen.

27

Zwar ist der Vorstand der KÄV berechtigt, Ausnahmen für atypische Fälle vorzusehen (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 241; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 196; BSG SozR 3-2500 § 121 Nr 4 S 20), da die Vertragspartner gar nicht in der Lage sind, alle atypischen Fallgestaltungen in ihrer Vereinbarung zu berücksichtigen. Die Kompetenz des Vorstandes ist dabei nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten" beschränkt, sondern gilt generell für atypische Versorgungssituationen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 241; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 196). Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Regelung für "atypische" Ausnahmefälle (wie Urlaub oder Krankheit); die besondere Lage neu gegründeter Praxen stellt keine unvorhersehbare Besonderheit oder unspezifische Härte dar. Vielmehr handelt es sich um "typische" Ausnahmefälle, da die in der Anknüpfung an das Vorjahresquartal liegende Benachteiligung von Aufbaupraxen bei diesen regelhaft eintritt. Strukturelle Fehlfestlegungen im Rahmen der Honorarverteilung können nicht auf diesem Wege korrigiert werden.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.