Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 15. Feb. 2017 - L 10 AL 285/15

bei uns veröffentlicht am15.02.2017

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.10.2015 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2015 abgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.04.2015.

Die 1989 geborene Klägerin ist ausgebildete medizinisch-technische Angestellte und arbeitete zunächst fünf Jahre in diesem Beruf. Anschließend holte sie bis Mitte Juli 2013 das Fachabitur nach. Vom 01.08.2013 bis 15.12.2013 war sie als Verkäuferin bzw. Tankstellenmitarbeiterin bei der Firma A. (A) bzw vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 bei der Firma J. (J) mit einer vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von jeweils 20 Wochenstunden angestellt. Am 16.09.2013 begann sie ein Studium an der Universität A-Stadt und war für zwei Semester im Studiengang Anglistik/Amerikanistik und Geschichte sowie für ein Semester im Studienfach vergleichende Literaturwissenschaften eingeschrieben.

Im Hinblick auf ihre Exmatrikulation zum 31.03.2015 beantragte sie am 05.03.2015 bei der Beklagten Alg und meldete sich zum 01.04.2015 arbeitslos. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2015 (23 BA) ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Innerhalb der Rahmenfrist vom 01.04.2013 bis 31.03.2015 seien nur 61 Kalendertage mit Versicherungspflichtigkeit nachgewiesen. Die Klägerin sei vom 16.09.2013 bis 31.03.2015 an der Universität A-Stadt immatrikuliert gewesen. Zwar seien im Rahmen der während des Studiums ausgeübten Beschäftigung tatsächlich Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden, maßgeblich sei aber die Versicherungspflichtigkeit einer Beschäftigung. Die Beschäftigung während des Studiums sei nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) versicherungsfrei gewesen.

Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Das Studentenprivileg im Hinblick auf die angenommene Versicherungsfreiheit könne widerlegt werden. Ihre Beschäftigung, die sie während des Studiums durchgehend 20 Wochenstunden ausgeübt habe, sei nicht lediglich eine Nebenbeschäftigung gewesen, da diese für sie prägende Bedeutung gehabt und gleich oder stärker gewichtet zum Studium gewesen sei. Letzteres habe neben der ausgeübten Tätigkeit einer späteren beruflichen Orientierung gedient. Daher sei es auch zu einem Wechsel der Studienrichtung innerhalb der dreisemestrigen Studiendauer gekommen. In den Fächern Anglistik und Geschichte, mit denen sie ihr Studium begonnen habe, habe sie zwar Vorlesungen besucht, an den obligatorischen Prüfungen jedoch nicht teilgenommen. Sie sei auch nicht zu allen Vorlesungen zugelassen worden. Nachdem ihr der Studiengang nicht zugesagt habe, sei sie zur Studentenberatung gegangen und habe sich aufgrund der dortigen Empfehlung im Studiengang Komparatistik eingeschrieben. Die Vorlesungen habe sie anschließend nur einen Monat lang besucht und festgestellt, das Studium an einer Universität sei nichts für sie. Nach dem Wechsel des Studienfachs habe der Schwerpunkt mehr denn je in der Ausübung der Tätigkeit bei ihrem Arbeitgeber zur Bestreitung des Lebensunterhalts gelegen. Mangels eines weiteren Interesses und wegen der rein theoretischen Ausrichtung habe sie ihr Studium letztlich abgebrochen. Nach ihren Stundenplänen sei es ihr ohne weiteres möglich gewesen, ihre Beschäftigung am Freitag sowie an den Wochenenden und abends auszuüben. Ab September 2015 habe sie ein neues praxisorientiertes Studium zur Handelsfachwirtin aufgenommen, zu dem die kalkulatorische Tätigkeit bei der Tankstelle ihren Beitrag geleistet habe. Studierende, welche die Anwartschaft für den Bezug von Alg erfüllt hätten, müssten wie andere vergleichbare Arbeitslose eine reale Chance haben, ihren Leistungsanspruch zu verwirklichen.

Das SG hat mit Urteil vom 15.10.2015 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2015 dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin Alg ab 01.04.2015 zu gewähren. Die Klägerin habe glaubhaft den Eindruck vermittelt, sich noch in einer beruflichen Findungsphase befunden zu haben und dass ihr Studium nur eine nachgeordnete Rolle gespielt habe. Die Tätigkeit sei bereits vor der Immatrikulation bei demselben Arbeitgeber ausgeübt worden. Zeit und Arbeitskraft seien nicht überwiegend durch das Studium beansprucht worden. Auch habe sie ihre Arbeitszeit nach Aufnahme des Studiums nicht eingeschränkt, so dass nicht erkennbar sei, weshalb sich das vormals versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis in ein versicherungsfreies umgewandelt haben sollte. Zwischen den beiden Beschäftigungen habe ein innerer Zusammenhang bestanden, da Berufsfeld und Arbeitsdauer identisch gewesen seien. Das Studium habe die Klägerin nur eingeschränkt ausgeübt, keine Prüfungen abgelegt und im Studienfach Komparatistik Vorlesungen nur einen Monat lang besucht. Bei Terminkollisionen habe sie ihrer damaligen Beschäftigung den Vorrang gegenüber dem Studium eingeräumt. Soweit sie sich nicht exmatrikuliert habe, sei dies darin begründet gewesen, dass ihr offensichtlich die Möglichkeit einer Abmeldung unter dem Studiensemester nicht bewusst gewesen sei.

Dagegen hat die Beklagte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Tätigkeit der Klägerin stelle einen klassischen Fall der Werkstudententätigkeit dar. Es handle sich um eine Tätigkeit ohne nennenswerte Vorkenntnisse und sei flexibel neben dem Studium und diesem untergeordnet auszuüben. Die Beschäftigungsaufnahme und das Studium seien im Wesentlichen zusammengefallen. Auch wenn sich die Klägerin erst am 16.09.2013 immatrikuliert habe, dürfte der Entschluss zum Studium schon vorher festgestanden haben. Bei der maßgeblichen vorausschauenden Betrachtung sei die spätere Erkenntnis der Klägerin, das Studium sei nichts für sie, unerheblich. Ab dem 01.10.2013 habe sie kein Arbeitsentgelt mehr bekommen und gekündigt, so dass die Vermutung nahe liege, die Arbeit sei doch nicht so gut mit dem Studium vereinbar gewesen. Damit komme der 20-Stunden-Grenze eine wesentliche Indiz-Funktion zu. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Prüfungsordnung und den Angaben der Klägerin zum Studium habe sie in Vollzeit den Semesterwochenstunden nach studiert. Dieses stelle damit die Hauptsache dar und die Verkäufertätigkeit sei auf die Erfordernisse des Studiums abgestimmt worden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Tätigkeiten hätten kaufmännischen Charakter gehabt und letztlich den Ausschlag für die spätere berufliche Laufbahn gegeben. Statt sich nach ihrem Abitur um einen Studienplatz zu bemühen, habe sie sich eine Arbeit gesucht, um den Lebensunterhalt sicher zu stellen. Schon im Juli 2013 habe sie probegearbeitet und dann offiziell ab August 2013 angefangen. Hintergrund der Kündigung im Dezember 2013 sei ein Streit mit dem Arbeitgeber wegen der Einstufung als Werkstudentin gewesen. Sie habe auch mehr als 20 Stunden - mit Überstunden durchschnittlich ca. 21 bis 22 Stunden pro Woche - gearbeitet, aber keinen Lohn dafür erhalten. Für die Festlegung der unterschiedlichen Arbeitszeiten habe sie ihren Stundenplan vorlegen können, woran man sich in der Regel orientiert habe. Maßgeblich sei aber auch die Lage bei anderen Mitarbeitern gewesen. Seinerzeit sei eine andere Prüfungsordnung maßgebend gewesen, zudem würden die Präsenzzeiten nur eher einen untergeordneten Teil des Studiums neben der Vor- und Nachbereitungszeit darstellen. Insgesamt sei eher von einer 60-stündigen Belastung pro Woche auszugehen, was mit den 20 Wochenstunden Arbeit insgesamt 80 Stunden wären. Ein so langes Pensum sei nicht auszuhalten. Sie habe sich zwar zu Veranstaltungen angemeldet, doch schnell aufgegeben, sie zu verfolgen. In der ganzen Studienzeit habe sie keine einzige Leistung erbracht, so dass ein zielgerichtetes Studium im Sinne der Prüfungsordnung nicht vorgelegen habe. Für ihr Studium an der Universität A-Stadt habe sie sich Anfang September 2013 entschieden, nachdem sie für andere Möglichkeiten, wie beispielsweise ein duales Studium, für das man sich Anfang eines Jahres entscheiden müsse, schon zu spät dran gewesen sei. Am Tag ihrer Einschreibung sei sie bei der Studienberatung gewesen, wo ihr im Hinblick auf ihre Noten zu einem Studium der Anglistik/Amerikanistik und Geschichte geraten worden sei. Im Sommer 2014 sei sie dann wieder bei der Studienberatung gewesen, da ihr das zweite Semester auch keine Freude bereitet habe. Man habe ihr zum Fach Komparatistik geraten, welches sie dann zum Wintersemester 2014 begonnen habe. Auch dies habe ihr schon bald keinen Spaß mehr gemacht und sie habe sich dann nach einem dualen Studium umgesehen. Bis zum Abitur, nicht aber während des Studiums, habe sie Leistungen nach dem BAföG erhalten. Von ihren Eltern sei sie finanziell nicht unterstützt worden. In der Zeit von Januar bis September 2015 habe sie von ihren Ersparnissen gelebt. Für das duale Studium, das zunächst eine von mehreren Überlegungen und Möglichkeiten gewesen sei, habe sie sich endgültig im Januar 2015 entschieden. In der Tankstelle habe sie insbesondere an der Kasse und im Backshop gearbeitet. Teilweise habe sie auch Bestellungen übernommen und dabei teilweise selbst entscheiden dürfen, was über den Grundbedarf hinaus bestellt werde. Ferner habe sie geprüft, welche Produkte bereits abgelaufen seien. Im Gegensatz zu anderen Mitarbeiterinnen habe sie im Hinblick auf ihr Abitur die entsprechenden weiteren Aufgaben von ihrem Chef übertragen bekommen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG) und begründet. Das Urteil des SG vom 15.10.2015 ist aufzuheben. Der Bescheid vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Alg.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2015, mit dem die Beklagte die Zahlung von Alg ab dem 01.04.2015 abgelehnt hat.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alg ab dem 01.04.2015. Ein solcher Anspruch setzt nach § 137 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Arbeitslosigkeit (Nr. 1), eine Arbeitslosmeldung (Nr. 2) und die Erfüllung der Anwartschaftszeit (Nr. 3) voraus. Die Klägerin hat die für einen Anspruch auf Alg ab 01.04.2015 notwendige Anwartschaftszeit iSv § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III nicht erfüllt.

Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 143 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Die Klägerin hat sich zum 01.04.2015 arbeitslos gemeldet, sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt und die Zahlung von Alg beantragt. Damit ergibt sich hieraus eine Rahmenfrist vom 01.04.2013 bis 31.03.2015. In diesem Zeitraum hat die Klägerin nicht mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden.

Zwar sind Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Allerdings bestimmt § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III, dass in Ausnahme hierzu Personen versicherungsfrei sind, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung ausüben. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin (jedenfalls) ab dem 01.10.2013 nicht mehr in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.

Die Klägerin war ab dem 16.09.2013 an der Universität A-Stadt immatrikuliert und damit ordentliche Studierende an einer Hochschule. Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass - hierfür liegt die Feststellungslast bei der Klägerin, die sich auf eine Ausnahme von der Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 4 SGB III beruft - die während des Studiums ausgeübte Beschäftigung an den beiden Tankstellen so umfassend gewesen ist, dass sie gegenüber dem Studium den Schwerpunkt gebildet und ihnen damit eine prägende Bedeutung zugekommen wären (vgl dazu BSG, Urteil vom 22.02.1980 - 12 RK 34/79 - SozR 2200 § 172 Nr. 14; Timme in Hauck/Noftz, SGB III, Stand: 07/2013, § 27 Rn 63), die eine Ausnahme zu§ 27 Abs. 4 SGB III rechtfertigen könnte. Die Beschäftigung von Studenten ist versicherungsfrei, wenn und solange sie „neben“ dem Studium ausgeübt wird und ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist (BSG, Urteil vom 10.12.1998 - B 12 KR 22/97 R - SozR 3-2500 § 6 Nr. 16). Auch Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen (sog. Werkstudenten), sind versicherungsfrei, wenn das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmacht (BayLSG, Urteil vom 16.04.2014 - L 16 R 698/13).

Für die Abgrenzung ist dabei insbesondere auf die zeitliche Inanspruchnahme durch die Beschäftigung abzustellen. Wird diese in einem Umfang von regelmäßig nicht mehr als 20 Wochenstunden ausgeübt, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Student durch sein Studium überwiegend in Anspruch genommen wird, dieses mithin prägend ist. Dies gilt auch bei höheren Arbeitszeitanteilen, wenn diese an das Studium angepasst sind (vgl dazu insgesamt: BSG, Urteil vom 22.02.1980 - 12 RK 34/79 - SozR 2200 § 172 Nr. 14; Timme in Hauck/Noftz, SGB III, Stand: 07/2013, § 27 Rn 63). Allein das Erreichen oder Überschreiten dieser Stundenzahl begründet aber keine Versicherungspflicht (BSG, Urteil vom 10.12.1998 - B 12 KR 22/97 R - SozR 3-2500 § 6 Nr. 16). Verneint wird beispielsweise eine Versicherungspflicht bei Arbeitnehmern, die ein Studium aufgenommen haben, ihren Beruf aber weiterhin in vollem Umfang ausüben, beim Abendstudium an einer Bauschule, wenn daneben mehr als eine Halbtagsbeschäftigung ausgeübt wird, oder bei einer Ganztagsbeschäftigung, wenn nur tageweise studiert wird. In diesen Fällen wird während des Studiums die früher verrichtete Beschäftigung weiter ausgeübt oder das Beschäftigungsverhältnis dauert jedenfalls fort und das Erscheinungsbild eines Beschäftigten besteht weiterhin (zum Ganzen und mit weiteren Nachweisen: BSG, Urteil vom 10.12.1998 - B 12 KR 22/97 R - SozR 3-2500 § 6 Nr. 16).

Die Klägerin hat vorliegend ihr Studium betrieben und lediglich nebenbei die Beschäftigungen bei der Tankstelle ausgeübt. Kein hinreichendes Indiz ist dabei die zeitliche Inanspruchnahme der Klägerin durch die Beschäftigung. So ist einerseits in den jeweiligen Arbeitsverträgen mit A und J jeweils eine regelmäßige Arbeitszeit von 20 Wochenstunden vereinbart gewesen. Die Klägerin hat darüber hinaus erklärt, mit Überstunden auf 21 bzw. 22 Stunden die Woche gekommen zu sein. Ebenso ist nicht entscheidend, dass die Klägerin ihren Lebensunterhalt mit dem erzielten Arbeitsentgelt während des Studiums bestritten hat. Dies ist gerade bei der Fallgruppe der „Werkstudenten“ regelmäßig der Fall und auch insgesamt bei Studenten nicht ungewöhnlich. Die bloße Entrichtung von Beiträgen selbst führt ebenfalls nicht zur Bewertung der Tätigkeit als versicherungspflichtig.

Auch wenn die Klägerin vorliegend die Tätigkeit bereits vor ihrer Immatrikulation, nämlich am 01.08.2013, erstmals begonnen hat, handelt es sich nicht um den klassischen Fall, dass ein ausgeübter Beruf neben dem Studium fortgeführt wird. Die Klägerin hat kurz zuvor ihr Abitur nachgeholt und wenige Monate später das Studium begonnen. Wie die Klägerin selbst ausgeführt hat, habe sie nicht mehr in ihrem früheren medizinischen Bereich als Arzthelferin arbeiten wollen und das Abitur gemacht, um anschließend bessere Berufsaussichten zu haben. Für das duale Studien-/Abiturientenprogramm sei sie zu spät dran gewesen, so dass sie Anfang September 2013 beschlossen habe, sich für ein Studium einzuschreiben, um dies einmal auszuprobieren. Im Hinblick auf die daraus erkennbaren Absichten, jedenfalls eine höherwertige Tätigkeit anzustreben, und den Plan, eine Hochschule im Rahmen des dualen Studiums bzw. eines Studiums an der Universität besuchen zu wollen, kann die Aufnahme der Tätigkeit bei der Tankstelle, die zudem nicht in Vollzeit erfolgte, nur als Nebentätigkeit neben einer geplanten weiteren Ausbildung bzw. Studium gesehen werden. Die Tätigkeit bei der Tankstelle steht insofern nicht im Zusammenhang mit dem von ihr erlernten Beruf der medizinischen Fachangestellten. Gegen den Umstand, dass sie das Studium neben der Beschäftigung an der Tankstelle ausgeübt hat - und nicht umgekehrt - spricht zudem, dass sie das Studium der Anglistik/Amerikanistik und Geschichte nicht nach einem Semester abgebrochen hat, sondern vielmehr ein zweites Semester in diesen Studiengängen angeschlossen hat. Auch nach dem zweiten Semester hat sie für sich nicht die Konsequenz gezogen und das Studieren eingestellt, sondern nach dem Aufsuchen der Studienberatung sich wieder immatrikuliert, wenngleich in einem anderen Studiengang. Die Immatrikulation über drei Semester zeigt, dass die Klägerin ihrem Studium nicht lediglich untergeordnete Bedeutung beigemessen hat. Vielmehr hat sie sich vor dem ersten und dem dritten Semester jeweils entsprechend beraten lassen und ist den Empfehlungen der Studienberatung nachgekommen. Was die Teilnahme an Studienveranstaltungen anbelangt, hat die Klägerin selbst eingeräumt, es sei ihr möglich gewesen, den Stundenplan bei ihrem Arbeitgeber vorzulegen, woran sich dann in der Regel auch die Arbeitszeiten orientiert hätten. Damit war die Beschäftigung bei den Tankstellen aber - auch wenn es ausnahmsweise zu Überschneidungen gekommen sein könnte - mit dem Studium abgestimmt. Nicht erkennbar ist schließlich, dass die Tätigkeit bei der Tankstelle grundlegende Kenntnisse für das spätere duale Studium gezielt vermittelt haben sollte. Allein die Aufgabe von Bestellungen und teilweise eigene Entscheidungsbefugnisse, was über den Grundbedarf hinaus bestellt werde, genügt hierfür nicht. Auch hat die Klägerin zum dritten Studiensemester nicht in einem betriebswirtschaftlichen Studiengang gewechselt, sondern in das Fach Komparatistik. Dass die Klägerin durch ihre Tätigkeit bei der Tankstelle mit 20 bis 22 Wochenstunden daran gehindert gewesen wäre, ihr Studium auch ordentlich zu betreiben, ist nicht ersichtlich. Die Teilnahme an Prüfungen ist nicht entscheidende Voraussetzung für ein Studieren, gerade in den ersten Semestern.

Bei der Tätigkeit als Verkäuferin in einer Tankstelle handelt es sich um eine Beschäftigung, die von vielen Studenten ausgeübt wird, um ihren Lebensunterhalt während des Studiums zu sichern. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Annahme, die Klägerin habe das Komparatistik-Studium bereits nach wenigen Wochen wieder abgebrochen, nichts daran ändern würde, dass die notwendigen Anwartschaftszeiten nicht erreicht würden. So wurde eine Beschäftigung nur bis 31.12.2014 ausgeübt, so dass selbst weitere 60 Tage (November und Dezember 2014) nicht ausreichend gewesen wären, zusammen mit den von der Beklagten bereits berücksichtigten 61 Kalendertagen ein Versicherungspflichtverhältnis von insgesamt mindestens 12 Monaten innerhalb der Rahmenfrist nachzuweisen.

Im Ergebnis hat die Klägerin damit keinen Anspruch auf Alg ab dem 01.04.2015. Auf die Berufung war deshalb das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 15. Feb. 2017 - L 10 AL 285/15 zitiert 14 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung


Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 25 Beschäftigte


(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 27 Versicherungsfreie Beschäftigte


(1) Versicherungsfrei sind Personen in einer Beschäftigung als1.Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 142 Anwartschaftszeit


(1) Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sp

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 143 Rahmenfrist


(1) Die Rahmenfrist beträgt 30 Monate und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. (2) Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die oder der

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 137 Anspruchsvoraussetzungen bei Arbeitslosigkeit


(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer1.arbeitslos ist,2.sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und3.die Anwartschaftszeit erfüllt hat. (2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Pers

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Jan. 2019 - L 10 AL 238/17

bei uns veröffentlicht am 23.01.2019

Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14. September 2017 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1.
arbeitslos ist,
2.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3.
die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

(2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.

(1) Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit.

(2) Für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit nach Absatz 1 nicht erfüllen sowie darlegen und nachweisen, dass

1.
sich die in der Rahmenfrist zurückgelegten Beschäftigungstage überwiegend aus versicherungspflichtigen Beschäftigungen ergeben, die auf nicht mehr als 14 Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag zeit- oder zweckbefristet sind, und
2.
das in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt das 1,5fache der zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches nicht übersteigt,
beträgt die Anwartschaftszeit sechs Monate. § 27 Absatz 3 Nummer 1 bleibt unberührt.

(1) Die Rahmenfrist beträgt 30 Monate und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

(2) Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte.

(3) In die Rahmenfrist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat. In diesem Fall endet die Rahmenfrist spätestens fünf Jahre nach ihrem Beginn.

(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.

(1) Versicherungsfrei sind Personen in einer Beschäftigung als

1.
Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt, Stiftung oder eines Verbandes öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
2.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
3.
Lehrerin oder Lehrer an privaten genehmigten Ersatzschulen, wenn sie hauptamtlich beschäftigt sind und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
4.
satzungsmäßige Mitglieder von geistlichen Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
5.
Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören. Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes gelten als ein Unternehmen.

(2) Versicherungsfrei sind Personen in einer geringfügigen Beschäftigung; abweichend von § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches werden geringfügige Beschäftigungen und nicht geringfügige Beschäftigungen nicht zusammengerechnet. Versicherungsfreiheit besteht nicht für Personen, die

1.
im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz,
2.
wegen eines Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall im Sinne der Vorschriften über das Kurzarbeitergeld oder
3.
wegen stufenweiser Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (§ 74 Fünftes Buch, § 44 Neuntes Buch) oder aus einem sonstigen der in § 146 Absatz 1 genannten Gründe
nur geringfügig beschäftigt sind.

(3) Versicherungsfrei sind Personen in einer

1.
unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist,
2.
Beschäftigung als Heimarbeiterin oder Heimarbeiter, die gleichzeitig mit einer Tätigkeit als Zwischenmeisterin oder Zwischenmeister (§ 12 Abs. 4 Viertes Buch) ausgeübt wird, wenn der überwiegende Teil des Verdienstes aus der Tätigkeit als Zwischenmeisterin oder Zwischenmeister bezogen wird,
3.
Beschäftigung als ausländische Arbeitnehmerin oder ausländischer Arbeitnehmer zur beruflichen Aus- oder Fortbildung, wenn
a)
die berufliche Aus- oder Fortbildung aus Mitteln des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder aus Mitteln einer Einrichtung oder einer Organisation, die sich der Aus- oder Fortbildung von Ausländerinnen oder Ausländern widmet, gefördert wird,
b)
sie verpflichtet sind, nach Beendigung der geförderten Aus- oder Fortbildung das Inland zu verlassen, und
c)
die im Inland zurückgelegten Versicherungszeiten weder nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft noch nach zwischenstaatlichen Abkommen oder dem Recht des Wohnlandes der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers einen Anspruch auf Leistungen für den Fall der Arbeitslosigkeit in dem Wohnland der oder des Betreffenden begründen können,
4.
Beschäftigung als Bürgermeisterin, Bürgermeister, Beigeordnete oder Beigeordneter, wenn diese Beschäftigung ehrenamtlich ausgeübt wird,
5.
Beschäftigung, die nach den §§ 16e und 16i des Zweiten Buches gefördert wird.

(4) Versicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer

1.
ihrer Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule oder
2.
ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule
eine Beschäftigung ausüben. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn die oder der Beschäftigte schulische Einrichtungen besucht, die der Fortbildung außerhalb der üblichen Arbeitszeit dienen.

(5) Versicherungsfrei sind Personen, die während einer Zeit, in der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, eine Beschäftigung ausüben. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungen, die während der Zeit, in der ein Anspruch auf Teilarbeitslosengeld besteht, ausgeübt werden.

Tatbestand

Streitig ist die Nachforderung von insgesamt 669,13 EUR aufgrund einer Betriebsprüfung unter Berücksichtigung der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen vor und während des Berufsgrundschuljahres (BGJ) als berufsmäßige Beschäftigung von Schülern. Der Kläger betreibt eine Zimmerei. Mit zwei Jugendlichen, den Beigeladenen zu 7) und 8) hatte er jeweils bereits vor Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags im Zimmererhandwerk Vorverträge abgeschlossen. Der Beigeladene zu 7) besuchte nach dem Abschluss der Realschule zum 31.07.2008 vom 16.09.2008 bis zum 31.07.2009 das Berufsgrundschuljahr (BGJ) der Staatlichen Berufsschule I in A-Stadt. Am 06.03.2008 schloss er mit dem Kläger einen Vorvertrag zum Berufsausbildungsvertrag im Zimmererhandwerk, in dem sich der Kläger verpflichtete, ihn nach Bestehen der Abschlussprüfung der Berufsgrundschule für Zimmerer in ein Berufsausbildungsverhältnis als Zimmererlehrling zu übernehmen. Der künftige Berufsgrundschüler werde während der Zeiten des Berufspraktikums und während der schulfreien Zeit, insbesondere der Ferien, als Praktikant im zukünftigen Ausbildungsbetrieb unterwiesen und erhalte hierfür eine Vergütung, die sich in Anlehnung an die tarifvertraglich festgelegten Ausbildungsvergütungen des Baugewerbes des ersten Lehrjahres geteilt durch 169 Stunden errechne. In der schulfreien Zeit anfallende Praktikantenzeiten würden spätestens drei Wochen vor Ferienbeginn festgelegt (§ 2 des Vorvertrages). § 3 des Vertrages enthält die Pflichten des Berufsgrundschülers (Vorlage einer Lohnsteuerkarte, regelmäßiger Besuch der Berufsgrundschule, Eingehen eines Ausbildungsverhältnisses im Ausbildungsberuf Zimmerer nach Bestehen der Abschlussprüfung an der Berufsgrundschule, Ableisten seiner zukünftigen Praktika im Ausbildungsberuf usw.). Gemäß § 4 wird der Besuch der Berufsgrundschule bei Bestehen der Schulabschlussprüfung mit 12 Monaten auf die Ausbildungszeit im Betrieb angerechnet. Noch vor Beginn des BGJ arbeitete der Beigeladene zu 7) beim Kläger vom 18.08.2008 bis zum 21.08.2008 als Praktikant. Während des BGJ absolvierte er vier Praktika vom 27.10.2008 bis zum 14.11.2008, vom 30.03.2009 bis zum 03.04.2009, vom 25.05.2009 bis zum 29.05.2009 und vom 02.06.2009 bis zum 10.06.2009 und erhielt für diese Praktika Vergütungen zwischen 98,83 EUR und 246,22 EUR. Am 17.08.2009 schloss er mit dem Kläger für die Dauer von drei Jahren ab dem 01.09.2009 einen Ausbildungsvertrag. Der 1992 geborene Beigeladene zu 8) besuchte das BGJ vom 14.09.2010 bis zum 29.07.2011 und schloss am 26.04.2010 ebenfalls einen Vorvertrag zum Berufsausbildungsvertrag im Zimmererhandwerk mit dem Kläger, vergleichbar mit dem Vertrag des Beigeladenen zu 7). Allerdings war für die Praktika darin keine zwingende Vergütung vorgesehen. Der Beigeladene zu 8) könne danach eine freiwillige Vergütung in Anlehnung an die Ausbildungsvergütung des Baugewerbes erhalten, ohne hierauf einen Anspruch zu haben (§ 2 Abs. 2 und 3 des Vertrages). Er leistete tatsächlich im Rahmen dieses BGJ - Jahres zwei Praktika beim Kläger ab, und zwar vom 25.10.2010 bis zum 29.10.2010 und vom 08.11.2010 bis zum 13.11.2010, während der er 372 EUR bzw. 452 EUR erhielt. Nach Auskunft der Staatlichen Berufsschule I A-Stadt ist die Ableistung eines vierwöchigen Praktikums während des BGJ Pflicht; die Jugendlichen blieben in dieser Zeit Schüler. Es werde auch kein Praktikantenvertrag geschlossen. Die Zimmererinnung hat ein „Merkblatt zum Betriebspraktikum von Schülern im BGJ-Zimmerer“ herausgegeben, wonach im Rahmen des Betriebspraktikums keine vom Betrieb zu leistende Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung vorliege. Der Schüler sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung seiner Eltern krankenversichert. Die Beklagte führte am 01.04.2011 eine Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV bezüglich des Prüfzeitraumes 01.01.2007 bis 31.12.2010 durch und hörte den Kläger im Rahmen der Schlussbesprechung zur beabsichtigten Nachforderung von Beiträgen für die irrtümlich als kurzfristige sozialversicherungsfreie Beschäftigungszeiten eingeordneten Praktika an. Mit Bescheid vom 01.04.2011 wurden insgesamt 669,13 EUR nachgefordert. Die Beigeladenen zu 7) und 8) seien nicht sozialversicherungsfrei kurzfristig beschäftigt, sondern berufsmäßig tätig gewesen und damit habe Sozialversicherungspflicht bestanden. Kurzfristige Beschäftigungen zwischen dem Schulende und dem Beginn des BGJ seien nicht von grundsätzlich untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und daher als berufsmäßig anzusehen. Während des BGJ habe zwischen dem Schüler und dem (künftigen) Ausbildungsbetrieb eine vertragliche Beziehung bestanden, daher handle es sich auch bei den Praktika während des BGJ um eine Beschäftigung zur Berufsausbildung. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger über seinen Bevollmächtigten geltend, dass das BGJ Teil einer gesetzlich vorgeschriebenen schulischen Stufenausbildung und somit Teil der schulischen Ausbildung sei. Er legte § 5 Berufsfeld IV: Bautechnik der Verordnung zur beruflichen Grundbildung in Bayern vor, wonach die Vermittlung der beruflichen Grundbildung für den Ausbildungsberuf Zimmerer in der Form des Berufsgrundbildungsjahres in vollzeitschulischer Form erfolge (§ 5 Abs. 2 der Verordnung). Vorgelegt wurde außerdem die Verordnung zur Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung (BBiGHwOV). Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2011 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Versicherungsfrei sei, wer eine kurzfristige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausübe. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, da die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt worden sei. Die Beschäftigung von Schülern sei nur dann nicht berufsmäßig, wenn sie in den Ferienzeiten liege, gleiches gelte für Beschäftigungen zwischen Schulentlassung und Aufnahme eines Studiums. Berufsmäßigkeit liege aber dann vor, wenn der Status „Schüler“ bereits beendet sei. Handele es sich um eine Beschäftigung im Rahmen betrieblicher Berufsbildung bzw. Berufsausbildung seien die Regelungen über die Versicherungsfreiheit geringfügiger Beschäftigungen kraft Gesetzes ausgenommen. Mit den Beigeladenen zu 7) und 8) sei ein Vorvertrag geschlossen und im Rahmen des BGJ die vorgeschriebenen Praktika im Betrieb absolviert worden. Aufgrund des Vorvertrages gehöre das BGJ zur Berufsausbildung und somit liege Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung vor.

Am 20.01.2012 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München. Das BGJ sei Teil einer gesetzlich vorgeschriebenen schulischen Stufenausbildung und somit Teil der schulischen Ausbildung. Daran ändere auch der Abschluss von Vorverträgen zum Ausbildungsvertrag nichts. Es handele sich somit um eine kurzfristige Beschäftigung von Schülern, die sozialversicherungsfrei sei.

Die Beigeladene zu 1) äußerte sich dahingehend, dass die versicherungsrechtliche Beurteilung von Praktika während des BGJ rechtlich nicht eindeutig geklärt sei. Sie vertrete aber eher die Ansicht, dass Versicherungsfreiheit vorliege.

In der mündlichen Verhandlung am 17.05.2013 stellte der Beklagte im Wesentlichen auf die Tatsache ab, dass ein Vorvertrag abgeschlossen worden sei, während der Kläger und Beigeladene darauf hinwiesen, dass dieser für die Durchführung des BGJ und der Praktika nicht zwingend erforderlich sei.

Das Sozialgericht hob mit Urteil vom 17.05.2013 den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2011 auf. Beschäftigungsverhältnisse vor und während des Berufsgrundschuljahres (BGJ) seien als kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse sozialversicherungsfrei. Zwar seien die Regelungen über geringfügige Beschäftigungen auf Tätigkeiten während der Berufsausbildung nicht anwendbar. Vorliegend habe es sich aber um nicht berufsmäßig ausgeübte kurzfristige Tätigkeiten im Rahmen einer schulischen Ausbildung gehandelt. Die Beigeladenen zu 7) und 8) hätten jeweils weniger als 50 Arbeitstage als Praktikanten beim Kläger gearbeitet. Sie hätten dies auch nicht berufsmäßig getan, da sie während der Praktika im BGJ Schüler gewesen seien. Somit sei auch die Zeit der Ferienbeschäftigung des Beigeladenen zu 7) in der Zeit nach Ende der Realschule und vor Beginn des BGJ versicherungsfrei gewesen. Das Berufsgrundschuljahr sei gesetzlich vorgeschriebener Teil der Berufsausbildung im Sinne einer schulischen Stufenausbildung und als kurzfristige Beschäftigung versicherungsfrei. Unschädlich sei, dass im vorliegenden Fall Vorverträge abgeschlossen worden seien, da diese keine Berufsausbildungsverträge darstellten. Die Verpflichtung, anschließend einen Ausbildungsvertrag abzuschließen, mache die Vorvertragszeit zu keiner Ausbildungszeit. Nachvollziehbar sei der Vortrag des Klägers, wonach mit Abschluss eines Vorvertrages in Zeiten von Fachkräfte- und Lehrlingsmangel in erster Linie qualifizierte Bewerber rechtzeitig an den Betrieb gebunden werden sollten. Die Berufung sei zuzulassen, da höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage bisher nicht vorliege.

Gegen das der Beklagten am 28.06.2013 zugestellte Urteil hat diese am 18.07.2013 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Auch bei Schülern liege Berufsmäßigkeit vor, wenn der Status als „Schüler“ bereits geendet habe, so etwa bei einer befristeten Beschäftigung zwischen Schulentlassung und Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Ausbildung. Das BGJ könne sowohl als schulisches als auch als kooperatives BGJ absolviert werden, wobei letzteres voraussetze, dass bereits ein Ausbildungsverhältnis bestehe. Vorliegend habe es sich um eine Mischform insofern gehandelt, als bereits während des BGJ eine vertragliche Beziehung zwischen dem Schüler und dem künftigen Ausbildungsbetrieb bestanden habe und dort bereits Praktika absolviert worden seien. Auch werde bei dieser Form das BGJ auf die spätere Ausbildungszeit angerechnet, so dass sich der Ausbildungsbetrieb hierdurch die Ausbildungsvergütung für das erste Lehrjahr erspare. Zwar handle es sich bei Schülern im BGJ nicht um Auszubildende im Rechtssinne und nicht um eine Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), allerdings handle es sich bei der tatsächlich geleisteten Vergütung um eine Ausbildungsbeihilfe, auch wenn auf diese kein Rechtsanspruch bestehe.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.10.2013 zur Berufung Stellung genommen. Bei den mit den Beigeladenen zu 7) und 8) abgeschlossenen Vorverträgen habe es sich noch nicht um Berufsausbildungsverträge gehandelt.

In der mündlichen Verhandlung am 19.04.2014 hat der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.05.2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 01.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2011 abzuweisen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Im Übrigen wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Gründe

Die gemäß §§ 143,151 SGG statthafte Berufung ist zulässig erhoben. Sie ist aber unbegründet. Das Sozialgericht München hat den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2011 zu Recht aufgehoben, weil die Beigeladenen zu 7) und 8) auch während der im Rahmen des BGJ absolvierten Praktika versicherungsfrei waren.

Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für die Begründung einer Versicherungspflicht im Rahmen der Berufsausbildung zutreffend herausgearbeitet und bezogen auf die Beigeladenen zu 7) und 8) zu Recht festgestellt, dass es sich bei den im Rahmen des BGJ absolvierten Praktika nicht um Beschäftigungen gehandelt hat, die gemäß § 7 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) i. V. m. § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 5 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 1 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) und § 1 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) der Versicherungspflicht und damit der Beitragspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung und der Rentenversicherung unterlegen haben. Die Frage, ob eine Versicherungspflicht nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Die von den Beigeladenen zu 7) und 8) in den Jahren 2008 bis 2010 während des BGJ im Betrieb des Klägers gegen Zahlung eines Entgelts absolvierten Praktika erfüllten die Voraussetzungen einer kurzfristigen versicherungsfreien Beschäftigung in den genannten Versicherungszweigen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB, § 27 Abs. 2 S. 1 SGB III, § 7 Abs. 1 S. 1 SGB V, § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Es handelte sich weder um berufsmäßig ausgeübte Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV noch um Beschäftigungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung, die unabhängig von der Höhe des gezahlten Entgelts oder der Dauer der Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegen würden (§ 27 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V und § 5 Abs. 2 S. 3 SGB VI).

Gemäß § 8 Abs. 1 SGB IV (hier in den bis zum 31.12.2012 geltenden Fassungen) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn entweder das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt.

Vorliegend hat keiner der Beigeladenen zu 7) und 8) vor und während des BGJ 50 Arbeitstage beim Kläger gearbeitet. Die Begrenzung auf höchstens 50 Arbeitstage ergibt sich aus der Eigenart der Beschäftigung als Praktikant neben dem im Übrigen in Vollzeit absolvierten BGJ. Die Beigeladenen zu 7) und 8) konnten aufgrund ihrer schulischen Verpflichtungen - abgesehen von den Schulferien und den vorgeschriebenen Praktika - von vornherein keiner längeren Tätigkeit beim Kläger nachgehen.

Ein Berufsausbildungsvertrag als Grundlage für eine betriebliche Ausbildung wurde jeweils erst für die Zeit nach dem hier streitgegenständlichen BGJ abgeschlossen, da die Vermittlung der beruflichen Grundbildung für den Ausbildungsberuf des Zimmers nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung zur beruflichen Grundbildung in Bayern (Berufsfeld IV: Bautechnik) in vollzeitschulischer Form als Berufsgrundschuljahr und nicht im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung erfolgt. Während des BGJ werden die Jugendlichen im Vollzeitunterricht auf eine Berufsausbildung vorbereitet. Sie erfüllen damit ihre Berufsschulpflicht. Der Unterricht umfasst neben der Vermittlung fachtheoretischer Kenntnisse für den jeweiligen Beruf auch die Fächer Deutsch, Sozialkunde, Religionslehre, Sport und Fremdsprachen darüber hinaus können unter bestimmten Voraussetzungen allgemein bildende Schulabschlüsse erlangt werden (Informationen unter www.km.bayern.de). Dies betrifft sowohl die Organisationsform (hier als Staatliche Berufsschule mit regelmäßigen Leistungskontrollen) als auch die vermittelten Inhalte. Unerheblich für die Einordnung als Schulausbildung ist dabei, dass das BGJ gemäß § 1 der Verordnung zur Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung auf die Ausbildungszeit angerechnet wird, wenn es an einer öffentlichen Berufsschule besucht wurde und erfolgreich im Vollzeitunterricht durchgeführt wurde. Auch die von den Beigeladenen zu 7) und 8) vorliegend mit dem Kläger abgeschlossenen Vorverträge sind nicht geeignet, abweichend von den gesetzlichen Regelungen über die Durchführung des BGJ für Zimmerer, den Festlegungen über die Durchführung der Betriebspraktika durch die Berufsschule und den Vereinbarungen der Beteiligten bereits im Vorfeld der nach Abschluss des BGJ aufgenommenen Berufsausbildung, Teile des BGJ - in Einzelfällen - bereits als berufsmäßig ausgeübte Berufsausbildung anzusehen. Die schulische Ausbildung wird dadurch auch nicht teilweise (nämlich für die Dauer der streitigen Praktika) zu einer beruflichen Ausbildung. Der Abschluss eines solchen Vertrages ist weder Voraussetzung für den Besuch des BGJ noch für den nachfolgenden Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages. Der Vorvertrag ist auch nicht Teil des Berufsausbildungsvertrages noch enthält er Regelungen, die denen im nachfolgenden Berufsausbildungsvertrag entsprechen. Wesentlicher Inhalt des Vorvertrages ist seitens des künftigen Ausbildungsbetriebs die Zusage, dem künftigen Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss des BGJ einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Der künftige Auszubildende verpflichtet sich darin im Gegenzug, seine Ausbildung auch in diesem Betrieb zu absolvieren. Ferner enthalten die vorliegenden Verträge in leicht unterschiedlicher Form Regelungen über die Entlohnung und Durchführung von Praktika, wobei - allerdings nur bezüglich der Höhe der Praktikumsvergütung und nur in dem Vertrag mit dem Beigeladenen zu 7) - auf die für Auszubildende zu zahlenden Beträge verwiesen wird. Ausdrücklich nicht enthalten sind Regelungen über Inhalt und Durchführung der Ausbildung, wie sie in den nachfolgend abgeschlossenen Ausbildungsverträgen geregelt sind. Die Entscheidung für den Abschluss eines solchen Vertrages kann zwar für den künftigen Ausbildungsbetrieb, worauf vorliegend der Kläger abstellt, dann wichtig sein, wenn es ihm darauf ankommt, den künftigen Auszubildenden bereits im Vorfeld an den Betrieb zu binden. Und auch der künftige Auszubildende hat im Gegenzug eine Planungssicherheit, die über eine unverbindliche Ausbildungszusage hinausgeht. Allerdings wird durch keinen der darin geregelten Inhalte der Vorvertrag selbst schon zu einem Ausbildungsvertrag. Auch die staatliche Berufsschule I A-Stadt hat in ihren Zuweisungsschreiben an den Kläger ausdrücklich nicht auf den Vorvertrag abgestellt, sondern allgemein auf die Rahmenbedingungen bei der Ableistung des im Rahmen der Schulausbildung vorgeschriebenen Betriebspraktikums hingewiesen. Dazu gehört, dass kein Praktikantenvertrag geschlossen wird und die Praktikanten auch während der Teilnahme am Praktikum Schüler bleiben. Es macht daher auch für die versicherungsrechtliche Beurteilung der während des BGJ absolvierten Praktika keinen Unterschied, ob der jeweilige Schüler mit seinem künftigen Ausbildungsbetrieb einen solchen Vorvertrag abgeschlossen hat oder nicht. Aus dem Vorvertrag können unabhängig von der rechtlichen Bewertung durch die Schule und die Innung auch nach Überzeugung des Senats keine rechtlichen Rahmenbedingungen hergeleitet werden können, die eine andere Beurteilung gegenüber Schülern die einen solchen Vertrag nicht abgeschlossen haben, rechtfertigen würden. Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang die streitigen Praktika von der Prüfungsordnung der Schule vorgeschrieben waren (vgl. Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände vom 27.07.2004). Denn in jedem Fall war ihre Ableistung weder Voraussetzung für den Abschluss des nachfolgend abgeschlossenen Berufsausbildungsvertrages noch Teil der nachfolgend begonnenen Berufsausbildung, sondern erfolgte unabhängig davon, ob es zu einem Berufsausbildungsvertrag kommen würde, im Rahmen der schulischen Ausbildung.

Bei den streitigen Praktika hat es sich auch nicht um berufsmäßig ausgeübte kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse gehandelt. Das wäre dann der Fall, wenn die Beschäftigung für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist und dieser seinen Lebensunterhalt damit überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreitet, dass seine wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruht (BSG, Urteile vom 26.09.1972 - 12 RJ 352/71 und vom 25.04.1991 - 12 RK 14/89). Ob eine Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird, kann nur aufgrund einer Beurteilung der gesamten Umstände des Einzelfalles und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Person beurteilt werden (Schlegel in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 8 SGB IV, Rn. 52). Dieser Regelung liegt die Erwägung zugrunde, dass Personen die eine Beschäftigung berufsmäßig ausüben, in der Regel auf Sozialversicherungsschutz angewiesen sind, falls sie mehr als entgeltgeringfügig arbeiten. Dies ist etwa der Fall, wenn die betreffende Tätigkeit nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Regelmäßigkeit, d. h. häufig und voraussehbar ausgeübt wird. Andererseits führen auch wiederholte Beschäftigungen nicht zwangsläufig zur Berufsmäßigkeit, „wenn sie in größeren Abständen aufgenommen werden oder wenn die betreffende Aushilfskraft hauptsächlich anderweitig in Anspruch genommen ist“ (BSG, Urteil vom 11.05.1993 - 12 RK 23/91; Seewald, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 79. Ergänzungslieferung 2013, § 8, Rn. 28ff.). Als Personengruppen, die nicht berufsmäßig tätig werden, kommen praktisch nur solche in Betracht, die nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegen, wie z. B. Schüler, Studenten während der Semesterferien oder für die Zeit bis zur Aufnahme des Studiums und Rentner. Auch Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen (sog. Werkstudenten), sind versicherungsfrei, wenn das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmacht (BSG, Urteil vom 22.02.1980, 12 RK 34/79). Auch studienbegleitende Praktika sind in der Regel versicherungsfrei (Fuchs in Gagel, SGB II/SGB III, 52. Erg.lief. 2014, § 27 SGB II, Rn. 25; vgl. auch BSG 10.12.1998 - Az.: B 12 KR 22/97 R = SozR 3-2500 § 6 Nr. 16).

Immer berufsmäßig ist eine kurzfristige Beschäftigung, wenn ihr eine versicherungspflichtige oder - aus anderen Gründen als Geringfügigkeit - versicherungsfreie Beschäftigung unmittelbar vorangegangen ist oder folgt (BSG, Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 32/77). Das gilt auch für Beschäftigungen, die während der Überbrückungszeit bis zur Begründung einer dauerhaften Beschäftigung ausgeübt werden, z. B. die Zeit zwischen Schulentlassung und der ersten Aufnahme einer Dauerbeschäftigung oder eines Ausbildungsverhältnisses (BSG, Urteil vom 14.09.2010, B 7 AL 3/09 R). Umgekehrt werden kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse zwischen zwei versicherungsfreien Ausbildungsabschnitten nicht berufsmäßig ausgeübt und sind damit ebenfalls versicherungsfrei. Vorliegend waren die Beigeladenen zu 7) und 8) vor, während und im Anschluss an die im Rahmen des BGJ absolvierten Praktika noch nicht berufstätig und befanden sich auch (noch) nicht in einer betrieblichen Ausbildung. Die Praktika standen in keinem inneren Zusammenhang mit einer bereits bestehenden sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit oder betrieblichen Ausbildung, sondern werden vom Beklagten isoliert zur erstmaligen Begründung einer Sozialversicherungspflicht herangezogen, bevor die Beigeladenen zu 7) und 8) den Schritt von der schulischen zur betrieblichen Ausbildung vollzogen haben. Würde man der Auffassung des Beklagten folgen, hätten Zimmererlehrlinge in Bayern vor Beginn ihrer Ausbildung und ohne zeitlichen Zusammenhang mit der anschließenden Versicherungspflicht aufgrund der Ausbildung jeweils für einen Zeitraum von mehreren Wochen isolierte Anwartschaften erworben, was dem Gedanken widerspricht, dass kurzfristig geringfügig Beschäftigte jedenfalls dann (noch) nicht berufstätig tätig sind, wenn dies (noch) nicht ihrer Lebensstellung entspricht, weil sie nämlich - abgesehen von dem während des BGJ zu absolvierenden Praktikums - weiterhin in Vollzeit die Schule besuchen und daher in der Regel gerade keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegen, sondern ihren Lebensunterhalt durch die Unterhaltsleistungen ihrer Eltern bestreiten. Diese Beurteilung gilt aufgrund der nachfolgenden versicherungsfreien Schulausbildung auch für den die vom Beigeladenen zu 7) zusätzlich schon vor Beginn des BGJ vom 18.08.2008 bis zum 21.08.2008 als Schüler absolvierten Tätigkeit für den Kläger, unabhängig davon, ob es sich ebenfalls um ein Praktikum oder um eine Aushilfstätigkeit gehandelt hat. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und beruht entsprechend dem Antrag der Berufungsklägerin auf der Höhe der streitigen Beitragsforderung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG). Insbesondere wirft die Streitsache keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.