Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Juli 2017 - L 20 SF 140/17 AB

bei uns veröffentlicht am17.07.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Ablehnung der Richterin am Landessozialgericht X. wegen Besorgnis der Befangenheit durch den Kläger im Berufungsverfahren L 20 KR 65/17 ist unbegründet.

Gründe

I.

Zugrunde liegt eine Streitsache aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Zuständige Berichterstatterin des 20. Senats, der bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) in Schweinfurt angesiedelt ist, ist Richterin am Bayer. LSG (RiLSG) X …

In dem zugrunde liegenden Berufungsverfahren L 20 KR 65/17, in dem der Kläger und jetzige Antragsteller (im Folgenden: Kläger) die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme begehrt, ist diesem mit gerichtlichem Schreiben vom 20.06.2017 auf richterliche Anordnung Folgendes mitgeteilt worden:

"Aus richterlicher Sicht kann eine stationäre Rehabilitation vor Ablauf der gesetzlichen vorgesehenen Frist von 4 Jahren (siehe § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V) bei Ihnen derzeit nicht bewilligt werden. Insoweit fehlt es nach Auswertung des Akteninhalts an den nötigen Voraussetzungen.

Von Richterseite wird Ihnen daher zum jetzigen Zeitpunkt geraten, die von der Beklagten angebotene ambulante Kur anzunehmen und die Berufung zurückzunehmen.

Ggfs. kommt zu einem späteren Zeitpunkt eine erneute Gewährung einer stationären Rehabilitation in Betracht; eine entsprechende Antragstellung bleibt Ihnen insoweit unbenommen.

Sie werden daher um Stellungnahme gebeten, ob Sie die Berufung zurücknehmen."

Der Kläger hat sich dazu mit Schreiben vom 22.06.2017 gegenüber dem „Landessozialgericht München“ geäußert und beanstandet, dass er nie untersucht bzw. kein ärztliches Gutachten eingeholt worden und sein Vorbringen daher „unberührt geblieben“ sei. Er bitte deshalb, „sich um dies Klage anzunehmen denn ich bin der Auffaßung der Befangenheit und alsbald ein Gutachten zu veranlaßen laut meiner Vorgebrachten Gesundheitlichen Beschwerden.“

Die von RiLSG X. abgegebene dienstliche Stellungnahme vom 06.07.2017 ist den Beteiligten am 10.07.2017 zur Kenntnisnahme und gegebenenfalls Stellungnahme übersandt worden.

Der Kläger hat sich dazu mit Schreiben vom 12.07.2017 geäußert und RiLSG X. vorgehalten, dass diese seine Schreiben und die Akten nicht gelesen und bis heute kein Gutachten veranlasst habe, so dass sein Befangenheitsantrag gerechtfertigt sei. Er beantrage nochmals, ein Gutachten einzuholen und die Sachbearbeitung einem anderen Richter zu übergeben.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Berufungsverfahrens verwiesen.

II.

Der zulässige Ablehnungsantrag ist unbegründet.

Das Bayer. LSG entscheidet über die Ablehnung durch Beschluss (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Zuständig für die Entscheidung über den Ablehnungsantrag des Klägers ist der 20. Senat ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Die gemäß § 44 Abs. 3 ZPO erforderliche dienstliche Stellungnahme der abgelehnten Richterin liegt vor und ist den Beteiligten zur Kenntnisnahme und gegebenenfalls Stellungnahme zugeleitet worden. Der Kläger hat von der Gelegenheit, sich zu äußern, mit Schreiben vom 12.07.2017 Gebrauch gemacht.

1. Auslegung des Befangenheitsantrag im Schreiben vom 22.06.2017

Der Kläger lehnt RiLSG X. wegen Besorgnis der Befangenheit ab und begründet dies einerseits mit ihm gegebenen Hinweisen im gerichtlichen Schreiben vom 20.06.2017 und andererseits mit dem Umstand, dass die von ihm als befangen abgelehnte Richterin keine weiteren Ermittlungen in der Sache durchgeführt, insbesondere kein Gutachten eingeholt habe.

Maßstab der Auslegung von Prozesserklärungen und Anträgen bei Gericht ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12.12.2013, B 4 AS 17/13 R), wobei der Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Auslegung zu berücksichtigen ist (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.11.1995, X B 328/94). Verbleiben Zweifel, ist von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 01.03.2011, B 1 KR 10/10 R), um dem Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt sowie dem damit verbundenen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gerecht zu werden (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 30.04.2003, 1 PBvU 1/02, und vom 03.03.2004, 1 BvR 461/03).

Bei Beachtung dieser Vorgaben ist das Schreiben des Klägers vom 22.06.2017 bei wohlwollender Betrachtung dahingehend auszulegen, dass er die zuständige Berichterstatterin des Senats, RiLSG X., wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnt, nicht den gesamten Senat. Auf Letzteres könnte hindeuten, dass der Kläger keinen Richter namentlich benannt hat und seinen Befangenheitsantrag an das Bayer. LSG in München geschickt hat, obwohl sein krankenversicherungsrechtliches Berufungsverfahren bei einem in der Zweigstelle in Schweinfurt ansässigen Senat geführt wird. Zu Gunsten des Klägers legt der Senat den Umstand, dass sich der Kläger an das LSG in München gewendet hat, nicht dahingehend aus, dass er den gesamten, in Schweinfurt angesiedelten 20. Senat als befangen ablehnt. Denn ein solcher Befangenheitsantrag müsste bereits als offensichtlich unzulässig verworfen werden (vgl. BSG, Beschluss vom 26.11.1965, 12 RJ 94/65).

Weiter ergibt die Auslegung, dass der Kläger als Grund für die Besorgnis der Befangenheit zum einen die im gerichtlichen Schreiben vom 20.06.2017 gegebenen Hinweise geltend macht. Denn diese sind offensichtlich Anlass für seinen Befangenheitsantrag gewesen. Zum anderen macht er als Grund für seine Besorgnis der Befangenheit geltend, dass die Berichterstatterin des Senats, RiLSG X., keine weitergehenden medizinischen Ermittlungen veranlasst hat, obwohl der Kläger solche aus seiner subjektiven Sicht für erforderlich hält.

2. Zulässigkeit des Befangenheitsantrags

Der Befangenheitsantrag ist nicht schon deshalb unzulässig, weil der Kläger im Rahmen seines Befangenheitsantrags nicht namentlich den/die Richter/in benannt hat, den/die er für befangen hält. Zwar ist ein Befangenheitsantrag grundsätzlich unzulässig, wenn namentlich nicht benannte Richter abgelehnt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.02.1960, 2 BvR 36/60). Hintergrund der vorgenannten Entscheidung ist aber gewesen, dass eine unbestimmte Zahl von Richtern des BVerfG mit einer Begründung, nämlich der Mitgliedschaft in einer bestimmten Partei, als befangen abgelehnt worden sind, die in keinem Fall eine Besorgnis der Befangenheit begründen kann. Eine fehlende namentliche Benennung des abgelehnten Richters führt daher nur dann zu einer Unzulässigkeit des Befangenheitsantrags, wenn der Befangenheitsantrag keine ausreichende Individualisierbarkeit des vom Ablehnungsgesuch betroffenen Richters ermöglicht (vgl. auch BSG, Beschluss vom 11.06.2015, B 13 R 19/15 B). Wenn also die Auslegung ergibt, dass der Beteiligte einen bestimmten Richter, ohne dessen Namen explizit zu benennen, als befangen ablehnt, genügt dies. Ausreichend, aber auch erforderlich ist daher, dass mit dem Vorbringen des Klägers eine Individualisierbarkeit des von ihm als befangen angesehenen Richters möglich ist. Da sich die Besorgnis der Befangenheit des Klägers einerseits aus dem gerichtlichen Schreiben vom 20.06.2017 ableitet, das auf richterliche Anordnung der Berichterstatterin ergangen ist, und andererseits auf die Sachbearbeitung der für sein Verfahren zuständigen Berichterstatterin stützt, ist es ausreichend sicher ermittelbar, dass sich der Befangenheitsantrag gegen die Berichterstatterin des Senats, RiLSG X., richtet.

3. Begründetheit des Befangenheitsantrags

Ein Befangenheitsgrund im Sinne des § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO, also ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit von RiLSG X. zu rechtfertigen, liegt nicht vor.

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Befangenheit eines Richters ist gleichbedeutend mit Parteilichkeit und Voreingenommenheit. Die Besorgnis der Befangenheit ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen. Dabei ist entscheidend, ob genügend objektive Gründe vorliegen, die nach Meinung eines ruhig und vernünftig denkenden Beteiligten Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Rein subjektive Vorstellungen des Ablehnenden genügen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.12.1992, 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92; Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 60, Rdnr. 7; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 42, Rdnr. 9).

Vorliegend ist kein Befangenheitsgrund gegeben. Objektiv besteht nämlich für einen ruhig und vernünftig denkenden Beteiligten kein Anlass, an der Unparteilichkeit von RiLSG X. zu zweifeln. Anhaltspunkte für eine unsachliche oder parteiliche Einstellung der abgelehnten Richterin bestehen nicht.

3.1. Hinweise im gerichtlichen Schreiben vom 20.06.2017

Aus den im Berufungsverfahren mit gerichtlichem Schreiben vom 20.06.2017, das auf Anordnung von RiLSG X. ergangen ist, gegebenen Hinweisen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass dem Kläger im Schreiben vom 20.06.2017 die fehlenden Erfolgsaussichten aufgezeigt und damit eine Rücknahme der Berufung nahegelegt worden ist. Im Einzelnen kann hier auf die Rechtsprechung des BSG verwiesen werden. Dieses hat im Beschluss vom 18.11.2009, B 1 KR 74/08 B, Folgendes ausgeführt: „Ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters kann jedoch nicht daraus hergeleitet werden, dass sich dieser eine Meinung über die Rechtslage und den Verfahrensausgang gebildet hat und diese Meinung in sachlicher Form äußert, gegebenenfalls auch verbunden mit dem Rat, die Klage oder Berufung zurückzunehmen. Vielmehr ergibt sich aus der Pflicht des Gerichts zur Prozessförderung ein Recht des Richters, gegenüber den Beteiligten eine vorläufige Meinung über den zu erwartenden Prozessausgang kundzutun. Dies wird in der Regel von den Beteiligten sogar begrüßt, weil es ihnen Gelegenheit gibt, vor der Entscheidung nochmals und gezielter auf die entscheidungserheblichen Punkte einzugehen.“

Die im gerichtlichen Schreiben vom 20.06.2017 gegebenen Hinweise sind in sachlicher Form erfolgt und haben dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, den Rechtsstreit nochmals zu überdenken und sich gegebenenfalls weitergehend zu äußern. Warum den Hinweisen von RiLSG X. im Schreiben vom 20.06.2017 Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit entnommen werden könnten, hat weder der Kläger dargelegt noch ist Derartiges auch nur ansatzweise erkennbar.

3.2. Keine weitergehenden medizinischen Ermittlungen durch RiLSG X.

Sofern der Kläger eine Besorgnis der Befangenheit daraus ableitet, dass RiLSG X. nicht die von ihm für erforderlich erachteten weiteren Ermittlungen veranlasst hat, ist dies nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Ein Antrag wegen Besorgnis der Befangenheit stellt kein Instrument der Verfahrens- bzw. Fehlerkontrolle dar (vgl. Oberlandesgericht - OLG - Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.01.2012, 10 W 42/11 (Abl), 10 W 42/11). Die Prozessleitung gehört zum Kernbereich der richterlichen Entscheidungstätigkeit, die in sachlicher Unabhängigkeit zu treffen und einer Nachprüfung im Ablehnungsverfahren nach § 42 ZPO grundsätzlich nicht zugänglich ist (vgl. Saarländisches OLG, Beschluss vom 06.12.2007, 5 W 299/07 - 106, 5 W 299/07). Die Richterablehnung ist kein Mittel, um eine missliebige Rechtsauffassung des Richters zu bekämpfen, es sei denn, die mögliche Fehlerhaftigkeit beruht auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür (vgl. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 29.10.1992, 5 AZR 377/92). Genauso wenig ist sie ein Instrument, um dem Richter vorzuschreiben, wie er zu ermitteln hat (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 30.11.2011, L 15 SB 189/11). Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die vom Richter geäußerte Auffassung oder Vorgehensweise richtig oder fehlerhaft ist. Gegen tatsächlich oder vermeintlich unrichtige Entscheidungen der Gerichte stehen den Beteiligten die allgemeinen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Ist ein Beteiligter mit einer Entscheidung eines Berufungsgerichts nicht einverstanden, kann er Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG einlegen. Es ist nicht Sinn des Ablehnungsrechts, Handlungen des Gerichts in einem besonderen Instanzenzug zu überprüfen, um so die Unzufriedenheit der Parteien abzuarbeiten. Ein Ablehnungsersuchen kann daher grundsätzlich nicht (erfolgreich) auf die Verfahrensweise oder Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 29.10.2015, L 15 SF 97/15 AB - m.w.N.). Allenfalls schwere Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör oder ein faires oder willkürfreies Verfahren können die Besorgnis der Befangenheit begründen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn das prozessuale Vorgehen des abgelehnten Richters so grob fehlerhaft ist, dass sich auch bei einem verständig urteilenden Beteiligten der Anschein der Voreingenommenheit des Richters geradezu aufdrängen muss (vgl. BFH, Beschluss vom 24.11.1994, X B 146-149/94, X B 146/94, X B 147/94, X B 148/94, X B 149/94). Davon ist dann auszugehen, wenn die Prozessführung des abgelehnten Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und der Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken grob missachtet oder sich so weit von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, dass seine Prozessleitung den Anschein von Willkür erweckt und sich für einen Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung geradezu aufdrängen muss (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 12.05.1977, BReg 1 Z 29/77; Bayer. LSG, Beschluss vom 20.08.2013, L 1 SF 88/13 AB). Von Willkür kann dabei nur dann ausgegangen werden, wenn die Verfahrensleitung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Grundsätze schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unvertretbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.11.1992, 1 BvR 1243/88).

Von einem fehlerhaften, geschweige denn grob fehlerhaften Vorgehen von RiLSG X. kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Entscheidung von RiLSG X., keine weiteren medizinischen Ermittlungen durchzuführen, insbesondere keine Begutachtung anzuordnen, ist eine im Rahmen des richterlichen Ermessens im Rahmen der Verfahrensleitung getroffene Entscheidung, die nicht zu beanstanden ist. Angesichts der im gerichtlichen Schreiben vom 20.06.2017 gegebenen Hinweise ist auch objektiv offensichtlich, warum die Nichtdurchführung weiterer Ermittlungen sachgerecht ist.

Bei vernünftiger Würdigung aller Umstände hat der Kläger daher keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung von RiLSG X. zu zweifeln. Der Vorwurf einer Voreingenommenheit entbehrt vielmehr der Grundlage. Das Gesuch des Klägers ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

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(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c besteht; dies schließt mobile Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen ein. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu erbringen.

(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, so erbringt die Krankenkasse erforderliche stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht. Für pflegende Angehörige erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation unabhängig davon, ob die Leistung nach Absatz 1 ausreicht. Die Krankenkasse kann für pflegende Angehörige diese stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zur Hälfte zu tragen; dies gilt nicht für solche Mehrkosten, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 des Neunten Buches von der Krankenkasse zu übernehmen sind. Die Krankenkasse führt nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 1 sowie deren Erledigung durch. § 39 Absatz 1a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass bei dem Rahmenvertrag entsprechend § 39 Absatz 1a die für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene zu beteiligen sind. Kommt der Rahmenvertrag ganz oder teilweise nicht zustande oder wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a auf Antrag einer Vertragspartei. Abweichend von § 89a Absatz 5 Satz 1 und 4 besteht das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene in diesem Fall aus je zwei Vertretern der Ärzte, der Krankenkassen und der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und einem weiteren unparteiischen Mitglied. Die Vertreter und Stellvertreter der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen werden durch die für die Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene bestellt.

(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Von der Krankenkasse wird bei einer vertragsärztlich verordneten geriatrischen Rehabilitation nicht überprüft, ob diese medizinisch erforderlich ist, sofern die geriatrische Indikation durch dafür geeignete Abschätzungsinstrumente vertragsärztlich überprüft wurde. Bei der Übermittlung der Verordnung an die Krankenkasse ist die Anwendung der geeigneten Abschätzungsinstrumente nachzuweisen und das Ergebnis der Abschätzung beizufügen. Von der vertragsärztlichen Verordnung anderer Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 darf die Krankenkasse hinsichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur dann abweichen, wenn eine von der Verordnung abweichende gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vorliegt. Die gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist den Versicherten und mit deren Einwilligung in Textform auch den verordnenden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen. Die Krankenkasse teilt den Versicherten und den verordnenden Ärztinnen und Ärzten das Ergebnis ihrer Entscheidung in schriftlicher oder elektronischer Form mit und begründet die Abweichungen von der Verordnung. Mit Einwilligung der Versicherten in Textform übermittelt die Krankenkasse ihre Entscheidung schriftlich oder elektronisch den Angehörigen und Vertrauenspersonen der Versicherten sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen, die die Versicherten versorgen. Vor der Verordnung informieren die Ärztinnen und Ärzte die Versicherten über die Möglichkeit, eine Einwilligung nach Satz 5 zu erteilen, fragen die Versicherten, ob sie in eine Übermittlung der Krankenkassenentscheidung durch die Krankenkasse an die in Satz 7 genannten Personen oder Einrichtungen einwilligen und teilen der Krankenkasse anschließend den Inhalt einer abgegebenen Einwilligung mit. Die Aufgaben der Krankenkasse als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 bis zum 31. Dezember 2021 das Nähere zu Auswahl und Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente im Sinne des Satzes 2 und zum erforderlichen Nachweis von deren Anwendung nach Satz 3 und legt fest, in welchen Fällen Anschlussrehabilitationen nach Absatz 6 Satz 1 ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können. Bei einer stationären Rehabilitation haben pflegende Angehörige auch Anspruch auf die Versorgung der Pflegebedürftigen, wenn diese in derselben Einrichtung aufgenommen werden. Sollen die Pflegebedürftigen in einer anderen als in der Einrichtung der pflegenden Angehörigen aufgenommen werden, koordiniert die Krankenkasse mit der Pflegekasse der Pflegebedürftigen deren Versorgung auf Wunsch der pflegenden Angehörigen und mit Einwilligung der Pflegebedürftigen. Leistungen nach Absatz 1 sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, mit Ausnahme von Leistungen der geriatrischen Rehabilitation, die als ambulante Leistungen nach Absatz 1 in der Regel für 20 Behandlungstage oder als stationäre Leistungen nach Absatz 2 in der Regel für drei Wochen erbracht werden sollen. Eine Verlängerung der Leistungen nach Satz 13 ist möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist. Satz 13 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. § 23 Abs. 7 gilt entsprechend. Die Krankenkasse zahlt der Pflegekasse einen Betrag in Höhe von 3 072 Euro für pflegebedürftige Versicherte, für die innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung keine notwendigen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht worden sind. Satz 18 gilt nicht, wenn die Krankenkasse die fehlende Leistungserbringung nicht zu vertreten hat. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag für das Jahr 2021 bis zum 30. Juni 2022, für das Jahr 2022 bis zum 30. September 2023 und für das Jahr 2023 bis zum 30. September 2024 einen Bericht vor, in dem die Erfahrungen mit der vertragsärztlichen Verordnung von geriatrischen Rehabilitationen wiedergegeben werden.

(4) Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 14, 15a, 17 und 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können.

(5) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(6) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen, deren unmittelbarer Anschluß an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlußrehabilitation), zahlen den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag für längstens 28 Tage je Kalenderjahr an die Einrichtung; als unmittelbar gilt der Anschluß auch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht möglich. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete kalendertägliche Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 39 Abs. 4 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft nach § 282 (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen) Indikationen fest, bei denen für eine medizinisch notwendige Leistung nach Absatz 2 die Zuzahlung nach Absatz 6 Satz 1 Anwendung findet, ohne daß es sich um Anschlußrehabilitation handelt. Vor der Festlegung der Indikationen ist den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitation auf Bundesebene maßgebenden Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(4) Wird ein Richter, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei. Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Juli 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Auferlegung von Verschuldenskosten aufgehoben wird.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit stehen höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von 1.11.2006 bis 31.10.2007.

2

Der Kläger bezieht seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er bewohnte seit dem 1.1.1995 eine 2-Zimmerwohnung, für die er eine Miete von 416,70 Euro brutto kalt zu zahlen hatte. Im Bescheid vom 28.4.2006 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die von ihm zu zahlende Nettokaltmiete von 363,02 Euro unangemessen sei. Angemessen sei eine Kaltmiete von 229,95 Euro monatlich. In einer Übergangszeit bis zum 31.10.2006 könne der unangemessene Bedarf noch berücksichtigt werden. Der Kläger müsse sich jedoch um eine Kostensenkung bemühen und seine Bemühungen nachweisen. Das durch Bescheid vom 23.10.2006 bewilligte Alg II für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.12.2006 beinhaltete sodann Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 278,90 Euro. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers bewilligte der Beklagte durch Bescheid vom 19.4.2007 Alg II für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2007, erneut unter Berücksichtigung von abgesenkten Leistungen für Unterkunft und Heizung. Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Auf die als Antrag nach § 44 SGB X gewertete Vorlage von Nachweisen für Bemühungen um angemessenen Wohnraum in den Monaten Januar sowie April bis Juli 2007 führte der Beklagte im Bescheid vom 14.9.2007 aus, dass dem Kläger, da er sich nach seinen eigenen Angaben zwischen Oktober 2006 und März 2007 nicht um eine angemessene Wohnung bemüht habe, weiterhin nur die als angemessen befundenen Aufwendungen ersetzt werden könnten. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 2.11.2007 zurück.

3

In dem sich anschließenden Klageverfahren gegen den Bescheid vom 14.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.11.2007 (S 13 AS 6275/07) haben die Beteiligten vor dem SG einen vom Gericht durch Schreiben vom 3.3.2010 unterbreiteten und ausführlich begründeten Vergleich geschlossen (Annahme durch den Beklagten am 9.3.2010 und durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.3.2010).

Der Vergleichstext lautet:

1. Der Beklagte gewährt dem Kläger für die Zeit vom 1.11.2006 bis 31.10.2007 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 448,96 Euro.

2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit für erledigt.

3. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu einem Viertel.

Das SG ist dabei von einem angemessenen Kaltmietzins für das Jahr 2006 von 262,98 Euro und für das Jahr 2007 von 268,24 Euro ausgegangen und hat die Differenz zu den von dem Beklagten bewilligten Beträgen errechnet. Die Auszahlung des zuvor benannten Betrags durch den Beklagten erfolgte wenige Tage später.

4

Mit der Begründung, dass sich neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Ermittlung der abstrakten angemessenen Unterkunftskosten ergeben hätten, beantragte der Kläger am 6.5.2010 eine Überprüfung der Bescheide vom 14.9.2007 gemäß § 44 SGB X. Dies lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 12.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.8.2010 unter Hinweis auf den gerichtlichen Vergleich - zunächst nur bezogen auf die Monate September und Oktober 2007 - ab. Nach Erläuterung des Klägers, dass der Überprüfungsantrag vom 6.5.2010 den gesamten Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.10.2007 erfasse, teilte der Beklagte am 28.9.2010 mit, dass sich der Bescheid vom 14.9.2007 durch Vergleich im Rechtsstreit zu dem Aktenzeichen S 13 AS 6275/07 erledigt habe und daher kein überprüfbarer Verwaltungsakt vorliege. Diese Rechtsauffassung bestätigte er im Widerspruchsbescheid vom 18.11.2010 und führte aus, dass das Schreiben vom 28.9.2010 keinen Verwaltungsakt darstelle.

5

Das SG hat die Klage hiergegen durch Gerichtsbescheid vom 27.1.2012 (S 2 AS 6581/10) abgewiesen; das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 17.7.2012 zurückgewiesen. Es hat dem nicht persönlich zur mündlichen Verhandlung geladenen, nicht erschienen und am Terminstag nicht vertretenen Kläger ferner Gerichtskosten in Höhe von 225 Euro auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei entgegen der Auffassung des SG zulässig. Eine doppelte Rechtshängigkeit sei nicht gegeben, denn der Gerichtsbescheid, mit dem das SG über die Leistungshöhe für den Zeitraum September und Oktober 2007 entschieden habe, sei am 7.5.2012 rechtskräftig geworden. Auch sei das Schreiben des Beklagten vom 28.9.2010 ausgehend vom Empfängerhorizont des Klägers als Verwaltungsakt zu werten. Der Kläger habe jedoch deswegen keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung, weil einem solchen Anspruch der gerichtliche Vergleich aus März 2010 entgegenstehe. Der Vergleich enthalte zugleich einen Verzicht auf weitere Leistungen. Hierauf sei der Kläger auch hingewiesen worden und er habe den Rechtsstreit gleichwohl weiter betrieben. Die Hinweise auf die Rechtsmissbräuchlichkeit des klägerischen Festhaltens an dem Klagebegehren und die Folge der Verhängung einer "Missbrauchsgebühr" seien in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Der Kläger sei zwar nicht anwesend gewesen, da jedoch auch eine schriftliche Belehrung ausreiche, sei die Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung insoweit unschädlich gewesen.

6

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat das BSG die Revision durch Beschluss vom 30.1.2013 zugelassen.

7

Der Kläger begründet seine Revision damit, dass zwischenzeitlich durch die Rechtsprechung des BSG geklärt sei, dass bei einem rechtswidrigen Konzept zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zu § 8 WoGG abzustellen sei. Hieraus folge jedoch ein höherer Leistungsanspruch für Unterkunftsaufwendungen im streitigen Zeitraum. Einer solchen Entscheidung stehe auch der gerichtliche Vergleich aus März 2010 nicht entgegen, denn dieser enthalte weder einen ausdrücklichen, noch einen konkludenten materiell-rechtlichen Verzicht auf weitere Leistungen. Im Hinblick auf die "Missbrauchsgebühr" sei der Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, denn er sei hierüber nicht hinreichend aufgeklärt worden.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Juli 2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid vom 28. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Bescheide vom 23. Oktober 2006 und 19. April 2007 zu ändern und dem Kläger höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die Ausführungen im Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist in der Hauptsache unbegründet. Nur soweit das LSG dem Kläger Verschuldenskosten in Höhe von 225 Euro auferlegt hat, ist ihr stattzugeben und das Urteil des LSG aufzuheben.

12

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Überprüfung der Gewährung höheren Alg II für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.10.2007, die der Beklagte durch Bescheid vom 28.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2010 abgelehnt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG; vgl BSG Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R - SozR 4-3500 § 30 Nr 4 RdNr 12; BSG Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 18/10 R - SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 10).

13

2. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

14

a) Allerdings war - entgegen der Auffassung des LSG - die Klage, soweit es höheres Alg II für den Zeitraum vom 1.9.2007 bis 31.10.2007 betrifft, zunächst wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 94 SGG) unzulässig. Soweit sie dann wegen des rechtskräftigen Abschlusses des ersten Streitverfahrens wieder zulässig geworden ist, steht ihr nun die Rechtskraftwirkung der diesen Zeitraum betreffenden ersten Entscheidung entgegen.

15

Die Zulässigkeit der Klage ist als Prozessvoraussetzung auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen. Bei einer zulässigen Revision ist, bevor über die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen der streitigen Ansprüche entschieden wird, festzustellen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, von denen die Rechtswirksamkeit des Verfahrens als Ganzes abhängt. Insbesondere sind solche Mängel zu berücksichtigen, die sich aus dem Fehlen unverzichtbarer Prozessvoraussetzungen ergeben, gleichgültig ob der Mangel nur das Revisionsverfahren oder - wie hier - schon das Klage- und Berufungsverfahren betrifft, da andernfalls das Revisionsverfahren einer entscheidenden Grundlage entbehrt (BSG Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 22/10 R - RdNr 11; BSG Urteil vom 21.3.2006 - B 2 U 24/04 R - SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 22 mwN).

16

Der Beklagte erließ am 14.9.2007 mehrere Bescheide. Zwei Bescheide bezogen sich auf den Bewilligungszeitraum vom 1.9. bis 31.10.2007. Ebenfalls an diesem Tag lehnte der Beklagte auf den Überprüfungsantrag des Klägers vom 5.7.2007 die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 und 1.5.2007 bis 31.10.2007 (bestandskräftige Bescheide vom 23.10.2006 und 19.4.2007) ab. Das hiergegen wegen der Unterkunftskosten vom Kläger angestrengte Klageverfahren (S 13 AS 6275/07) endete durch gerichtlichen Vergleich im März 2010. Am 6.5.2010 beantragte der Kläger die Überprüfung der Bescheide vom 23.10.2006 und 19.4.2007 in der Fassung des Bescheides vom 14.9.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 2.11.2007 sowie die Gewährung höheren Alg II. Im Hinblick auf die Leistungen für die Monate September und Oktober 2007 lehnte der Beklagte eine Änderung durch Bescheid vom 12.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.8.2010 ab, weil der Bescheid durch den gerichtlichen Vergleich in dem Verfahren zu dem Aktenzeichen S 13 AS 6275/07 ersetzt worden sei. Hiergegen hat sich die Klage vom 23.9.2010 zu dem Aktenzeichen S 2 AS 4872/10 gewandt, die zwischenzeitlich rechtskräftig abgewiesen worden ist, nachdem das LSG die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des SG vom 11.1.2012 durch Beschluss vom 7.5.2012 zurückgewiesen hat. Nach Erhebung der Klage zu dem Aktenzeichen S 2 AS 4872/10 erließ der Beklagte den hier vom Kläger angefochtenen Bescheid vom 28.9.2010, mit dem er eine Überprüfung nach § 44 SGB X im Hinblick auf die Höhe der KdUH für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.10.2007 ablehnte, da der Kläger durch den gerichtlichen Vergleich insoweit auf höhere Leistungen verzichtet habe. Den Widerspruch hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 18.11.2010 zurück. Die dagegen erhobene Klage vom 22.12.2010 zu dem Aktenzeichen S 2 AS 6581/10 liegt dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit zugrunde. In beiden Streitverfahren war mithin die Überprüfung der Höhe des Alg II für den Zeitraum vom 1.9. bis 31.10.2007 streitig. Der hier angefochtene Bescheid wiederholt jedoch nur die Verfügung des in dem Streitverfahren zu dem Aktenzeichen S 2 AS 4872/10 angefochtenen Bescheides im Hinblick auf diesen Zeitraum. Insoweit fehlt es an einer eigenständigen Regelung in dem Schreiben vom 28.9.2010. Der Beklagte hat in diesem Schreiben für diese beiden Monate eine erneute Sachprüfung mit identischer Begründung abgelehnt und die Verfügung aus dem Bescheid vom 12.7.2010 nur wiederholt (vgl zur wiederholenden Verfügung Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 32). Er hat für diesen Zeitraum keinen neuen Verwaltungsakt erlassen. Die erneute Klage betrifft jedoch denselben Streitgegenstand - Alg II vom 1.9. bis 31.10.2007. Der Zulässigkeit der Klage stand daher die anderweitige Rechtshängigkeit in dem Verfahren S 2 AS 4872/10 entgegen.

17

Nach § 202 SGG iVm § 17 Abs 1 S 2 GVG kann die Sache während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Die Rechtshängigkeit entfaltet mithin für ein zweites Verfahren über denselben Streitgegenstand Sperrwirkung (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 94 RdNr 7). Diese prozessuale Sperrwirkung führt zur Unzulässigkeit der zweiten Klage. An der Unzulässigkeit der zweiten Klage zu dem Aktenzeichen S 2 AS 6581/10 ändert entgegen der Auffassung des LSG der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens S 2 AS 4872/10 durch Gerichtsbescheid vom 11.1.2012 und den die Nichtzulassungsbeschwerde ablehnenden Beschluss des LSG vom 7.5.2012 vor der letzten mündlichen Verhandlung in dem hier zu entscheidenden Verfahren nichts (vgl BSG Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 22/10 R - RdNr 12). Die Sperrwirkung endet zwar mit Abschluss des ersten Verfahrens (Eintreten der formellen Rechtskraft des Gerichtsbescheides vom 11.1.2012; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 94 RdNr 4), sodass eine zunächst wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässige Klage noch zulässig werden kann (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 94 RdNr 7b). Sie bleibt aber unzulässig, soweit sie denselben Streitgegenstand (hier: höheres Alg II im Zeitraum vom 1.9. bis 31.10.2007) zwischen denselben Beteiligten betrifft (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 141 RdNr 6a). Dies resultiert aus der Rechtskraft der Entscheidung (§ 105 Abs 1 S 3 iVm § 141 SGG; vgl BSG Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 22/10 R - RdNr 13).

18

b) Soweit es den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.8.2007 betrifft, war die Klage zulässig. Der Anfechtungsklage liegt mit dem Schreiben vom 28.9.2010 entgegen der Auffassung des Beklagten ein Verwaltungsakt zugrunde. Dies folgt aus der Auslegung dieses Schreibens, die auch dem Revisionsgericht obliegt (hierzu BSG Urteil vom 11.6.1987 - 7 RAr 105/85 - BSGE 62, 32, 36 = SozR 4100 § 71 Nr 2, juris-RdNr 23; BSG Urteil vom 31.5.1989 - 4 RA 19/88 - SozR 1200 § 42 Nr 4, juris-RdNr 17; BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2, juris-RdNr 30; BSG Urteil vom 16.6.1999 - B 9 V 13/98 R - SozR 3-1200 § 42 Nr 8, juris-RdNr 14; BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a V 1/06 R - RdNr 22). Maßstab der Auslegung insoweit ist der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (hierzu BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a V 1/06 R - RdNr 22; BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2, juris-RdNr 31; BSG Urteil vom 16.6.1999 - B 9 V 13/98 R - SozR 3-1200 § 42 Nr 8, juris-RdNr 14). Legt man das Schreiben vom 28.9.2010 nach diesen Grundsätzen aus, so ergibt sich aus der Sicht des Beklagten und eines verständigen Empfängers Folgendes: Der Beklagte wollte keine Überprüfung der Bescheide vom 23.10.2006 und 19.4.2007 vornehmen und hat damit verfügt, den Antrag des Klägers nach § 44 SGB X abzulehnen. Hieran ändert es nichts, dass der Beklagte in diesem Schreiben die Auffassung vertritt, eine Überprüfung nach § 44 SGB X komme nicht in Betracht, weil hier ein gerichtlicher Vergleich und kein Verwaltungsakt zur Überprüfung anstünde sowie im Widerspruchsbescheid vom 18.11.2010 darauf verwiesen wird, dass es sich bei dem Schreiben vom 28.9.2010 um keinen Verwaltungsakt handele. Dass der Beklagte mit dem Schreiben vom 28.9.2010 als Träger der öffentlichen Verwaltung eine einseitige, also hoheitliche Entscheidung iS des § 31 S 1 SGB X getroffen hat, steht außer Zweifel. Es ist die Entscheidung, § 44 SGB X hier nicht anwenden zu wollen, also dem Antrag auf Überprüfung der bestandskräftigen Entscheidungen nicht stattzugeben. Damit hat der Beklagte auch eine Regelung getroffen, indem er verbindlich festgestellt hat, was im Einzelfall rechtlich zutreffend ist.

19

3. Auch für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.8.2007 hat der Kläger jedoch keinen Anspruch auf höheres Alg II, als ihm von dem Beklagten mit den bestandskräftigen Bescheiden in der Gestalt des gerichtlichen Vergleichs bewilligt wurde. Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht dieser gerichtliche Vergleich aus März 2010 in dem Rechtsstreit zu dem Aktenzeichen S 13 AS 6275/07 entgegen. Es sind im konkreten Fall die Voraussetzungen des § 44 SGB X zur Durchbrechung der Bestandskraft nicht gegeben.

20

Nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

21

Grundsätzlich - und hieran hält der Senat fest - steht ein gerichtlicher Vergleich der Anwendung des § 44 Abs 1 S 1 SGB X nicht entgegen(BSG Urteil vom 15.10.1985 - 11a RA 58/84 - SozR 2200 § 1251 Nr 115, juris-RdNr 13 f; s auch BSG Urteil vom 22.5.1975 - 10 RV 153/74 - SozR 3900 § 40 Nr 2, juris-RdNr 20 f; vgl auch BSG Urteil vom 13.10.1959 - 11/8 RV 49/57 - BSGE 10, 248, 249, juris-RdNr 15; s zum rechtskräftigen Urteil Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 44 RdNr 38a). Der Grundsatz der Rechtssicherheit muss auch in den Fällen hinter dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit zurücktreten, in denen sich die Verwaltung von der Unrichtigkeit ihrer - zum Nachteil des Leistungsberechtigten ergangenen - Entscheidung überzeugt bzw überzeugen muss (vgl BSG Urteil vom 15.11.1961 - 9 RV 54/59 - SozR Nr 3 zu § 40 VerwVG, juris-RdNr 7 f; BSG Urteil vom 14.3.1967 - 10 RV 504/66 - BSGE 26, 146 = SozR Nr 10 zu § 40 VerwVG, juris-RdNr 17). Ob in einem gerichtlichen Vergleich andererseits zugleich ein die erneute Überprüfung für die Vergangenheit hindernder - konkludenter - Verzicht auf Sozialleistungen iS des § 46 SGB I zu erkennen sein kann, lässt der Senat offen(so BSG Urteil vom 15.10.1985 - 11a RA 58/84 - SozR 2200 § 1251 Nr 115; aA für den Fall der Klagerücknahme mit gewichtigen Argumenten Baumeister in juris-PK-SGB X, 2013, § 44 RdNr 35, 36). Ein derartiger Verzicht ist vorliegend nicht ausdrücklich erklärt worden und der "Konstruktion" des konkludenten Verzichts bedarf es hier nicht. Denn aus den Umständen des Einzelfalls ergibt sich im konkreten Fall, dass die Beteiligten mit dem Abschluss des gerichtlichen Vergleichs im März 2010 eine endgültige Regelung in der Sache - betreffend die Höhe des Alg II für den Zeitraum 1.11.2006 bis 31.8.2007 - treffen und eine erneute Überprüfung ausschließen wollten. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des LSG an.

22

Zwar kann der Senat über die Auslegung des Vergleichs selbst entscheiden und ist nicht an die Auslegung durch das LSG gebunden. Anders als bei materiell-rechtlichen Erklärungen, bei denen das Revisionsgericht nicht in die auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung des Tatsachengerichts eingreifen darf, sondern lediglich die Rechtsanwendung zu überprüfen hat, also festzustellen hat, ob die Tatsacheninstanz die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) beachtet und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (s BSG Urteil vom 27.9.1994 - 10 RAr 1/93 - BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 mwN), hat das Revisionsgericht bei Prozesserklärungen die Auslegung der Erklärung in vollem Umfang zu überprüfen. Es ist "das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, zu ermitteln" (vgl zuletzt BSG Beschluss vom 25.10.2012 - B 9 SB 70/11 B, RdNr 8; s auch BSG Urteil vom 25.7.2002 - B 11 AL 23/02 R - RdNr 21; BSG Urteil vom 29.5.1980 - 9 RV 8/80 - RdNr 8; BSG Urteil vom 16.4.1964 - 11/1 RA 206/61 - BSGE 21, 13, 14 = SozR 5 zu § 156 SGG, juris-RdNr 13 f). Es handelt sich hier auch um eine Prozesserklärung im Sinne eines gerichtlichen Vergleichs, obwohl er im schriftlichen Verfahren geschlossen worden ist. Nach § 202 SGG iVm § 278 Abs 6 S 1 ZPO gilt: Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen. Bereits die Überlegungen des LSG zur Auslegung des Vergleichs sind hier jedoch überzeugend.

23

Das LSG hat im Hinblick auf die Endgültigkeit der durch den gerichtlichen Vergleich getroffenen Regelung zwischen den Beteiligten insbesondere auf die sorgfältige und ausführliche Begründung des SG bei der Unterbreitung des Vergleichsvorschlags abgestellt. Dort hat das SG alle einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkte abgewogen, auch den nun vom Kläger geltend gemachten Aspekt der Heranziehung der Werte der Wohngeldtabelle nach dem WoGG zur Begrenzung der angemessenen Referenzmiete. Zutreffend folgert das LSG hieraus, dass angesichts dessen nicht angenommen werden könne, die Beteiligten hätten sich nur vorläufig einigen wollen, insbesondere nicht, dass der Kläger sich vorbehalten hätte, nur sechs Wochen später eine erneute Überprüfung der vergleichsweisen Einigung herbeiführen zu können. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten über fast vier Jahre hinweg, kann der Vergleich nur so verstanden werden, dass die Beteiligten eine Befriedung und endgültige Lösung der unterschiedlichen Rechtsauffassungen für die Vergangenheit erreichen wollten. Insoweit unterscheidet sich der gerichtliche Vergleich hier auch von einem rechtskräftigen Urteil, das die Rechtmäßigkeit eines Bescheides schon einmal bestätigt hat und einer erneuten Überprüfung dieses Bescheides nach § 44 SGB X nicht entgegensteht. Im vorliegenden Fall haben sich die Beteiligten - wenn auch auf Vorschlag des Gerichts - selbst entschlossen, eine Beendigung des Rechtsstreits und damit der Überprüfung des angefochtenen Bescheides herbeizuführen. Sie haben einen "Kompromiss" mit gegenseitigem Nachgeben, nach Erwägung aller einschlägigen rechtlichen Überlegungen, geschlossen.

24

4. Auf die Revision des Klägers ist jedoch die Auferlegung von Verschuldenskosten in Höhe von 225 Euro durch das Berufungsgericht aufzuheben. Das BSG hat hierüber im Rahmen der Kostenentscheidung des Revisionsurteils zur Hauptsache nach § 193 SGG von Amts wegen zu befinden, denn die Auferlegung von Verschuldenskosten betrifft den Inhalt der Entscheidung und nicht das Verfahren(Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, XII. Kap, RdNr 53, S 554; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 192 RdNr 20). Vorliegend waren die Voraussetzungen für die Auferlegung der Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG nicht gegeben. Danach kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Die Entscheidung des Gerichts steht zwar in dessen Ermessen. Die Ausübung des Entschließungsermessens in Bezug auf die Auferlegung von Verschuldenskosten setzt jedoch neben der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung tatbestandlich voraus, dass der missbräuchlich handelnde Beteiligte durch den Vorsitzenden auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden ist. Mangelt es hieran, reduziert sich das Entschließungsermessen des Gerichts, soweit es die Möglichkeit der Auferlegung von Verschuldenskosten betrifft, auf Null. So liegt der Fall hier.

25

Ausweislich der Begründung der Entscheidung über die Verschuldenskosten im Urteil des LSG hat der Vorsitzende des erkennenden Senats des Berufungsgerichts dem Kläger weder persönlich noch schriftlich die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt, noch ihn auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen. Dem LSG ist zwar zuzugeben, dass seit der Änderung des § 192 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG aufgrund des SGGArbGGÄndG(vom 26.3.2008, BGBl I 444) durch die Streichung der Worte "in einem Termin" nun auch die schriftliche Belehrung über die Missbräuchlichkeit und zu erwartende Kostenauferlegung für den Fall der Fortführung des Rechtsstreits genügt. Ausweislich der Entscheidung des LSG hat der dortige Vorsitzende den Kläger jedoch nicht schriftlich belehrt. Da der Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist und auch nicht persönlich zur Verhandlung geladen war, mangelt es hier an einer entsprechenden persönlichen Belehrung.

26

Entgegen der Auffassung des LSG kann aus der zuvor benannten Gesetzesänderung auch nicht geschlossen werden, dass die schriftliche Belehrung durch eine mündliche in der Verhandlung in Abwesenheit des betroffenen Beteiligten ersetzt werden kann. Dies würde dem Sinn und Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen. Das Erfordernis der ausschließlichen Belehrung im Termin ist ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf des SGGArbGGÄndG abgeschafft worden, um einen zusätzlichen Aufwand in den Verfahren, in denen ansonsten auch ohne den Termin eine Entscheidung möglich wäre, zu vermeiden. Als Beispiel wird dort das Eilverfahren benannt, in dem ansonsten die Verhängung von Verschuldenskosten praktisch ausgeschlossen sei (BT-Drucks 16/7716, S 22, 23). Dass an der Belehrung, die den Betroffenen auch tatsächlich erreichen soll, festgehalten werden sollte, folgt eindeutig aus der weiteren Begründung, in dem es in dem Gesetzentwurf heißt, die entsprechende Darlegung solle künftig auch in einer gerichtlichen Verfügung möglich sein. Nur wenn der Beteiligte jedoch tatsächlich Kenntnis von der Möglichkeit erhält, dass ihm Verschuldenskosten auferlegt werden könnten, hat er die Chance zu entscheiden, ob er dies auf sich nehmen will oder den Rechtsstreit nicht fortführt. § 192 SGG ist keine Strafvorschrift, sondern eine Schadensersatzregelung(Krasney/ Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, XII. Kap, RdNr 27, S 546). Dass sich der Beteiligte in einem an sich kostenfreien Gerichtsverfahren ausnahmsweise "schadensersatzpflichtig" machen könnte, weil er den Prozess "mutwillig" fortführt und damit in dem ansonsten für ihn kostenfreien Verfahren doch Kosten auferlegt bekommen könnte, muss ihm vor Augen geführt werden. Dazu genügt nicht die Ladung zur mündlichen Verhandlung, soweit sie nicht mit einer entsprechenden Belehrung verbunden ist (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 192 RdNr 10). Insoweit überzeugt es nicht, wenn das LSG meint, auch bei einer schriftlichen Belehrung sei nicht sichergestellt, dass der Betroffene diese zur Kenntnis nehme. Die schriftliche Belehrung - so sie denn den Beteiligten erreicht - ist alsdann in seinem Herrschaftsbereich und es wird ihm die Möglichkeit einer Reaktion, insbesondere der Rücknahme des Rechtsmittels, eröffnet, um der Schadensersatzforderung zu entgehen. Bei einer Belehrung in Abwesenheit des Beteiligten mangelt es bereits an dieser Möglichkeit.

27

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 193 SGG). Der Kläger ist auch im Revisionsverfahren in der Hauptsache unterlegen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Festbetrages für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin.

2

Der im Jahre 1954 geborene Kläger ist freiwillig bei einer Ersatzkasse versichert. Er leidet an erhöhten Blutfettwerten (Hyperlipoproteinämie) und beginnender geringer Arteriosklerose in den Halsschlagadern. Hinweise für eine koronare Herzerkrankung bestehen nicht. Seine vertragsärztlich verordnete Therapie zielt mittels Statinen erfolgreich auf die Absenkung seines LDL-Cholesterin-Werts (an Lipoprotein geringer Dichte gebundenes Cholesterin, das im Blutkreislauf zur Leber transportiert wird) im Serum auf weniger als 70 mg/dl. Statine dienen insbesondere dazu, als zu hoch angesehene Spiegel von LDL-Cholesterin im Menschen zu senken. Hierzu vermindern sie die körpereigene Erzeugung dieses Stoffes, indem sie die Wirkung des Schlüsselenzyms für die Cholesterinproduktion in Körperzellen (ß-Hydroxy-ß-Methylglutaryl-Coenzym A-Reduktase ) hemmen. Die Zellen reagieren auf den hierdurch hervorgerufenen Cholesterinmangel, indem sie vermehrt Rezeptoren bilden, die das LDL aus dem Blut aufnehmen. Zur Gruppe der Statine gehören ua Atorvastatin und Simvastatin. Der Kläger erhält seit 2003 vertragsärztliche Verordnungen über in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel mit Statinen, und zwar zunächst Sortis 20 mg/d mit dem Wirkstoff Atorvastatin, ab 2005 das Kombipräparat Inegy 10/20 mit den Wirkstoffen Ezetimib und Simvastatin, das der Kläger - ärztlich attestiert - bestens verträgt, und am 23.11.2009 Atorvastatin 40 mg N3 "aut idem". Der Wirkstoff Atorvastatin wird synthetisch hergestellt und genießt bis 2011 Patentschutz. Sortis wurde am 17.12.1996 mit den Wirkstärken 10, 20, 40 mg, später auch mit der Wirkstärke 80 mg arzneimittelrechtlich zugelassen. Seine Zulassung erstreckt sich nach der Fachinformation ua auf das Anwendungsgebiet der primären und kombinierten Hypercholesterinämie. Für diese Anwendungsgebiete sind auch die übrigen Arzneimittel zugelassen, die als Wirkstoffe die Statine Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin enthalten. Der Beigeladene zu 1. fasste auf der Grundlage einer Anhörung und einer gutachterlichen Stellungnahme Arzneimittel mit Statinen als Wirkstoff in der Festbetragsgruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" in der Anlage 2 der Arzneimittel-Richtlinien zusammen (Wirkstoffe und Vergleichsgrößen Atorvastatin: 16,7; Fluvastatin: 42,2; Lovastatin: 23,2; Pravastatin: 21,3 sowie Simvastatin: 20,7; Beschluss vom 20.7.2004, BAnz Nr 182 vom 25.9.2004, S 21086). Die Beigeladenen zu 2. bis 7. setzten mit Wirkung vom 1.1.2005 einen Festbetrag von 62,55 Euro für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer fest (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 29.10.2004, BAnz Nr 210 vom 5.11.2004, S 22602). Die Wirkstoffe Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin waren bei Beschlussfassung zu diesem Festbetrag erhältlich. Der Apothekenabgabepreis von Sortis liegt seit Inkrafttreten der Festbetragsfestsetzungen deutlich über dem Festbetrag.

3

Das SG hat die hiergegen mit der Begründung erhobene Klage, der Kläger müsse nun selbst neben der Zuzahlung zu Unrecht noch 57,08 Euro je "N3-Packung" für die Versorgung mit Sortis tragen, abgewiesen (Urteil vom 22.1.2008). Während des Klage- und Berufungsverfahrens haben die Beigeladenen zu 2. bis 7. beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer abzusenken, und zwar mit Wirkung vom 1.4.2006 auf 59,42 Euro (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 10.2.2006, BAnz Nr 48 vom 9.3.2006, S 1524, 1534) und mit Wirkung vom 1.7.2006 auf 36,61 Euro (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 11.5.2006, BAnz Nr 105 vom 7.6.2006, S 4218, 4219). Der Beigeladene zu 1. hat die Vergleichsgrößen in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer aktualisiert (Atorvastatin: 25,9; Fluvastatin: 58,2; Lovastatin: 25,2; Pravastatin: 25,3; Simvastatin: 26,9; Beschluss vom 13.3.2008, BAnz Nr 52 vom 4.4.2008, S 1224). Die Beigeladenen zu 2. bis 7. haben daraufhin den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1.6.2008 wie folgt angepasst: Festbetrag 13,48 Euro (Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4; Beschluss vom 7.4.2008, BAnz Nr 57 vom 15.4.2008, S 1345, 1346). Der Kläger hat erklärt, nur noch gegen den Beschluss vom 7.4.2008 vorzugehen. Das LSG hat die Klage abgewiesen: Gemessen an § 35 SGB V in der seit 1.5.2006 geltenden Fassung verletzten die Beschlüsse zur Gruppenbildung der Statine und zur Aktualisierung der Vergleichsgrößen keine Rechte des Klägers. Die festgesetzte Höhe der Festbeträge sei rechtmäßig (Urteil vom 24.2.2010).

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 35 Abs 1 SGB V, § 35 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V sowie von Verfahrensrecht. Sowohl die Bildung der Festbetragsgruppe der Statine unter Einbeziehung des Wirkstoffs Atorvastatin als auch die Vergleichsgrößen in der Festbetragsgruppe sowie die Festbetragshöhe seien rechtswidrig. Das LSG habe gegen §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen, da es entgegen seiner Aufklärungspflicht abgelehnt habe, antragsgemäß Prof. Dr. W. zu hören und Beweis durch Sachverständige zu erheben.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2010 und des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2008 aufzuheben und ab 1. Juni 2008 die Festbetragsfestsetzungen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006, 11. Mai 2006 und 7. April 2008 insoweit abzuändern, als darin ein Festbetrag für den Wirkstoff Atorvastatin festgesetzt wird.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

8

Der Beigeladene zu 1. beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er schließt sich dem Vorbringen des Beklagten an.

10

Die Beigeladenen zu 2. und 3. schließen sich dem Vorbringen des Beklagten an.

11

Die Beigeladenen zu 4. bis 7. haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

12

Der Beklagte hat den Festbetrag der Festbetragsgruppe der Statine mit Wirkung vom 1.9.2010 erneut angepasst (Beschluss vom 29.6.2010, BAnz Nr 99 vom 7.7.2010, S 2338, 2339).

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die bei ihm anhängig gewordene Klage abgewiesen, weil der Kläger teilweise mangels Klagebefugnis (dazu 1.) und zum Teil in der Sache (dazu 2.) keinen Anspruch auf Aufhebung der angegriffenen Festbetragsfestsetzungen hat.

14

1. Die Revision ist zum Teil bereits deshalb unbegründet, weil dem Kläger die Klagebefugnis als eine auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtende Sachurteilsvoraussetzung für die Anfechtung der Festsetzung vom 1.6.2008 bis 22.11.2009 fehlt.

15

a) Die auf die Aufhebung der Festbetragsfestsetzung gerichtete Klage ist eine ohne Vorverfahren zulässige Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG iVm § 35 Abs 7 Satz 3 SGB V). Festbetragsfestsetzungen sind grundsätzlich Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 SGB X; vgl BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2; BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 8). Sie richten sich nach der Gesetzeskonzeption an Versicherte und Vertragsärzte (zur Anfechtbarkeit durch Arzneimittelhersteller vgl Senat Urteile vom selben Tage - B 1 KR 7/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen und B 1 KR 13/10 R): Versicherte erhalten die krankheitsbedingt notwendigen Arzneimittel (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V)aus dem GKV-Leistungskatalog aufgrund vertragsärztlicher Verordnung (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 14 mwN). Ist für ein Arzneimittel ein Festbetrag festgesetzt, trägt die Krankenkasse grundsätzlich die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags (§ 31 Abs 2 Satz 1 bis 5 SGB V idF durch Art 1 Nr 1 Buchst a Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26.4.2006, BGBl I 984). Für andere Arznei- oder Verbandmittel trägt die Krankenkasse dagegen regelmäßig die vollen Kosten abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung (§ 31 Abs 2 Satz 1 Halbs 2 SGB V). Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten mit dem Festbetrag (§ 12 Abs 2 SGB V). Die behandelnden Ärzte müssen ihr Therapieverhalten an der Verpflichtung zur wirtschaftlichen Verordnung ausrichten und auf die sich aus der Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinweisen, wenn sie ein Arzneimittel verordnen, dessen Preis den Festbetrag überschreitet (§ 73 Abs 5 Satz 3 SGB V).

16

b) Zulässiger Streitgegenstand der Klage ist der Anspruch auf Aufhebung der Festbetragsfestsetzungen vom 29.10.2004, 10.2.2006, 11.5.2006 und 7.4.2008 für die Zeit ab 1.6.2008, obwohl der Kläger beim LSG erklärt hat, nur noch gegen den Beschluss vom 7.4.2008 vorzugehen und das Berufungsverfahren im Übrigen für erledigt anzusehen. Diese Erklärung ist als teilweise Klagerücknahme (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 125 RdNr 10 mwN; zur klägerischen Erledigungserklärung Hauck, SGb 2004, 407) und Beschränkung des Begehrens auf die Aufhebung der Festbetragsfestsetzungen ab 1.6.2008 auszulegen. Dieser Ausgangszeitpunkt beruht darauf, dass die Festsetzung vom 7.4.2008 mit Wirkung vom 1.6.2008 erfolgt ist.

17

Die teilweise Rücknahme seiner Klage bezogen auf die zeitlich vor dem 1.6.2008 liegenden Zeiträume konnte der Kläger wirksam erklären, weil es sich um jeweils abtrennbare, tatsächlich und rechtlich selbstständige Teile des Gesamtstreitstoffs handelt. Denn die Allgemeinverfügungen in Form der Festbetragsfestsetzungen vom 29.10.2004, 10.2.2006 und 11.5.2006 sind in zeitlicher Hinsicht teilbare Verwaltungsakte. Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 Satz 1 iVm § 131 Abs 1 Satz 1 SGG und BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 43; BVerwG Beschluss vom 2.1.1997 - 8 B 240/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; BFH Beschluss vom 24.3.2009 - III B 120/07; Hauck in: Zeihe, SGG, Stand 1.11.2010, § 131 Anm 3 mwN). Insbesondere aus § 35 Abs 5 Satz 3 SGB V folgt, dass die einzelne Festbetragsfestsetzung als Dauerverwaltungsakt in zeitliche Abschnitte teilbar ist.

18

Die Einbeziehung der vor 2008 erlassenen Festbetragsfestsetzungen ab 1.6.2008 ist auch interessengerecht. Bei einer alleinigen Aufhebung der Festbetragsfestsetzung des Jahres 2008 würden die zuvor geltenden Festbetragsregelungen - zunächst des Jahres 2006, nach Aufhebung sodann des Jahres 2004, die seinerzeit nicht befristet waren, jeweils wieder in Kraft treten (vgl entsprechend BSGE 87, 95, 98 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 1 S 4 f). Im Zweifel ist von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren des Klägers auszugehen (vgl etwa BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 6 mwN; BVerfGE 107, 395, 401 ff = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 5 ff; BVerfGE 110, 77, 85; BVerfG SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 10). Hinzu kommt, dass ungeachtet des Zeitpunktes, von dem an der Kläger klagebefugt war (vgl unten II 1. d), die Festbetragsfestsetzungen in das Klage- und Berufungsverfahren nach § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG zulässig einbezogen waren. Die neuere ersetzte jeweils mit Wirkung für die Zukunft die vorangegangene Allgemeinverfügung (vgl zur wirksamen Einbeziehung eines Verwaltungsaktes im Berufungsverfahren trotz unzulässiger Klage BSGE 4, 24, 26; BSGE 18, 84, 85; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 96 RdNr 2 und RdNr 7). Es findet sich bis zur Verfügung vom 7.4.2008 eine ununterbrochene Kette wirksamer Einbeziehungen nach § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG.

19

Nicht in das Verfahren einbezogen ist die während des laufenden Revisionsverfahrens ergangene Festbetragsfestsetzung vom 29.6.2010 für die Gruppe der Statine (Beschluss vom 29.6.2010 mit Wirkung vom 1.9.2010, BAnz Nr 99 vom 7.7.2010, S 2338, 2339). Sie gilt nach Maßgabe des sinngemäß auszulegenden § 171 Abs 2 SGG als beim erstinstanzlich hierfür gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG zuständigen LSG angefochten.

20

c) Der Kläger hat seine Klage im Berufungsverfahren zulässig gegen den Beklagten umgestellt, um nach Änderung der Zuständigkeit für Festbetragsfestsetzungen in § 35 Abs 3 Satz 1 SGB V iVm § 217f Abs 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl l 378) dem mit dieser Funktionsnachfolge verbundenen gesetzlichen Beteiligtenwechsel von den Beigeladenen zu 2. bis 7. zum Beklagten Rechnung zu tragen (vgl hierzu BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 13; BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6).

21

d) Die Anfechtungsklage des Klägers ist erst mit der vertragsärztlichen Verordnung vom 23.11.2009 zulässig geworden. Für den Anfechtungszeitraum vom 1.6.2008 bis 22.11.2009 fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Klagebefugnis. Eine Klage, mit der die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehrt wird, ist regelmäßig nur zulässig, wenn der Kläger behaupten kann, durch den angefochtenen, von ihm als rechtswidrig angesehenen Verwaltungsakt beschwert zu sein (vgl § 54 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 1 SGG; BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 12). Daran mangelt es Versicherten als Adressaten einer Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel, bei denen der Eintritt eines einschlägigen Leistungsfalles gänzlich ungewiss ist. Die völlig unabsehbare Tatsache, dass ihm in Zukunft evtl bei entsprechender Erkrankung ein Fertigarzneimittel verordnet werden könnte, dessen Kosten über dem festgesetzten Festbetrag für das Arzneimittel liegen, stellt noch keine hinreichende Betroffenheit eines Versicherten dar, sondern eine bloße ganz ferne Möglichkeit, eines Tages betroffen zu sein. So verhielt es sich beim Kläger bis zum Ablauf des 22.11.2009. Klagebefugt sind dagegen Versicherte, die ein zum Festbetrag nicht erhältliches Fertigarzneimittel vertragsärztlich verordnet bekommen haben. Sie haben aufgrund dessen gegen ihre Krankenkasse einen Sachleistungsanspruch auf das verordnete Arzneimittel (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V) und können geltend machen, dieser Anspruch werde durch die Festbetragsfestsetzung rechtswidrig beschränkt (vgl auch BVerfGE 106, 275, 304 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 2, S 22).

22

e) Der erkennende Senat weicht mit seiner Rechtsprechung, die die Rechtmäßigkeitskontrolle der Festbetragsfestsetzung auf das zuvor beschriebene Verfahren beschränkt, nicht von der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG in einer Weise ab, die es erfordert, den Großen Senat anzurufen, denn die Arzneimittelversorgung sieht insoweit von der Hilfsmittelversorgung abweichende Regelungen vor.

23

aa) Der 3. BSG-Senat eröffnet Versicherten bei Streit über eine konkrete Hilfsmittelversorgung die Möglichkeit, im Rahmen einer Klage auf Naturalleistung oder sachleistungsersetzende Kostenerstattung gegen die Krankenkasse auch Festbetragsfestsetzungen nicht nur auf ihre Wirksamkeit (§ 39 Abs 1 bis 3 SGB X),sondern - unabhängig von ihrer Bestandskraft - umfassend inzidenter auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen (vgl BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 30 f - Hörgeräteversorgung). Die Festbetragsfestsetzung hat bei Hilfsmitteln indes partiell eine andere Funktion als bei Arzneimitteln: Versicherte sind berechtigt, Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, zu wählen, haben dann aber die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 Satz 5 SGB V).

24

bb) In der - auch durch die arzneimittelrechtliche Zulassung beeinflussten - Arzneimittelversorgung gilt dies nicht, vielmehr kann dort ein solcher Anspruch Versicherter erst durch die Festbetragsfestsetzung im Zusammenspiel mit der vertragsärztlichen Verordnung begründet und zugleich begrenzt werden: Arzneimittel, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen oder unwirtschaftlich sind, weil sie gegenüber gleich geeigneten, ausreichenden und erforderlichen Mitteln teurer sind, sind aus dem Leistungskatalog der GKV grundsätzlich ausgeschlossen (vgl zur Regelungskonzeption für Arzneimittel BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24 mwN). Infolgedessen müssen betroffene Versicherte unmittelbar die Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel selbst gerichtlich überprüfen lassen, wenn sie hiermit nicht einverstanden sind. Der Gesetzgeber hat ihnen dafür das Verfahren der Anfechtungsklage ohne Vorverfahren zur Verfügung gestellt (vgl oben, unter II 1. a). Ein auf eine konkrete Leistung eines Arzneimittels gerichtetes Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gegen die Krankenkasse ist für Versicherte weder zulässig noch erforderlich, um die Rechtmäßigkeit einer Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel zu überprüfen. In solchen Streitigkeiten über die konkrete Gewährung eines Arzneimittels kann inzidenter lediglich noch eine Überprüfung der Wirksamkeit der Festbetragsfestsetzung geboten sein (§ 39 Abs 1 bis 3 SGB X),nicht aber ihrer Rechtmäßigkeit.

25

cc) Die umschriebene gestufte gesetzliche Rechtsschutzkonzeption für Versicherte bei der Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel sichert effizienten Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG), ohne ihn zu verkürzen. Die nicht nichtige Allgemeinverfügung der Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel entfaltet zwar mit ihrer Bekanntmachung (§ 35 Abs 7 Satz 1 SGB V; § 37 Abs 3 SGB X)gegenüber allen Versicherten Rechtswirksamkeit (vgl § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X). Sind Versicherte indes zunächst nicht klagebefugt, sondern erst später durch den Erhalt einer vertragsärztlichen Verordnung, verbleibt ihnen die Möglichkeit eines Antrags auf Überprüfung der Festbetragsfestsetzung nach § 44 SGB X.

26

Die daraus folgende, für Ansprüche Versicherter auf Arzneimittelversorgung gesetzlich vorgegebene Zweiteilung der Rechtsschutzverfahren betrifft klar abgrenzbare unterschiedliche Streitgegenstände und Beteiligte. Die nur sacheinheitlich (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V), wenn auch für unterschiedliche Geltungszeiträume teilbar anfechtbare Festbetragsfestsetzung gilt jeweils für eine Gruppe von Arzneimitteln (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V) und setzt hierfür die Geldbeträge fest, mit denen einerseits eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet, andererseits aber ein Preiswettbewerb unter den Herstellern ermöglicht werden soll (§ 35 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V). Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien der Festbetragsfestsetzung sind nicht an den individuellen Verhältnissen des einzelnen Patienten ausgerichtet, sondern orientieren sich generell an den Versicherten. So sind bei der Gruppenbildung unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind (§ 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB V). Die nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 3 SGB V gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen(§ 35 Abs 1 Satz 3 SGB V). Für die Frage, ob ein Wirkstoff gegenüber den anderen Wirkstoffen einer Festbetragsgruppe eine therapeutische Verbesserung bedeutet mit der Folge, dass er in eine Festbetragsgruppe nicht einbezogen werden kann, ist maßgeblich, ob der Wirkstoff "regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen" vorzuziehen ist (§ 35 Abs 1b SGB V). Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten (§ 35 Abs 5 Satz 1 SGB V). Soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen (§ 35 Abs 5 Satz 2 Halbs 2 SGB V). Der generell an den Versicherten ausgerichtete Prüfmaßstab korrespondiert mit dem generell auf die Wirkungen für Patienten abstellenden, auch für die GKV bedeutsamen Maßstab des Arzneimittelzulassungsrechts (vgl näher zur erforderlichen Qualität der Studien zB BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 13 ff mwN).

27

Entsprechend dem erlassenen Verfügungssatz kann ein als Versicherter betroffener Kläger gegen eine Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel auf tatsächlicher Ebene rechtsrelevant nur geltend machen, die generellen Kriterien der Festbetragsfestsetzung seien missachtet. Zieht ein Versicherter dagegen nicht in Zweifel, dass der Festbetrag "im Allgemeinen" eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet (§ 35 Abs 5 Satz 1 SGB V), beruft er sich jedoch für sich selbst auf einen atypischen Einzelfall, in welchem er trotz genereller Achtung der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben für Festbeträge keine hinreichende Arzneimittelversorgung zum Festbetrag erhält, kann er - gerichtlich überprüfbar - Vollversorgung individuell und systemgerecht gegenüber seiner Krankenkasse einfordern, sei es als Sachleistung für die Zukunft oder als sachleistungsersetzende Kostenerstattung (§ 13 Abs 3 Satz 1 SGB V). Soweit im vorliegenden Rechtsstreit der Kläger etwa im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, er halte die bei ihm zur Cholesterinsenkung durchgeführte Therapie mit Inegy für bedenklich, weil er sich hierdurch der möglichen Nebenwirkungen gleich zweier Wirkstoffe ausgesetzt sehe, ist ein solches rein individualbezogenes Vorbringen im Anfechtungsstreit gegen die Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel aus der Gruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer unerheblich.

28

Die Zweiteilung des Rechtsschutzes entspricht den Rechten und Pflichten der Beteiligten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) und - heute - der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sind im Rahmen des gestuften Verfahrens der Festbetragsbildung allein für die Festsetzung von Festbeträgen anhand der aufgezeigten Kriterien zuständig, die einen generellen Personenkreis betreffen. Abweichende, aus der Individualsituation des Versicherten erwachsende Ausnahmen, wie sie der erkennende Senat rechtsähnlich etwa im Bereich des arzneimittelrechtlichen Zulassungserfordernisses für Einzelimporte nach § 73 Abs 3 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln - Arzneimittelgesetz (AMG) anerkannt hat(vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 14 ff - Tomudex; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 28 mwN - Ilomedin),hat der Versicherte gegenüber seiner Krankenkasse geltend zu machen.

29

2. Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg, auch soweit die Anfechtungsklage zulässig ist, weil der Kläger in der Sache keinen Anspruch auf die begehrte Aufhebung der Festbetragsfestsetzung für die Zeit ab dem 23.11.2009 hat. Der Senat sieht von Feststellungen zu der Frage ab, inwieweit die ärztliche Verordnung vom 23.11.2009 ungültig geworden ist, weil sie ungenutzt geblieben ist, sowie ob und in welchem Umfang der Kläger Anschlussverordnungen erhalten hat. Sollte es an Folgeverordnungen fehlen, wäre die Revision ab dem 23.2.2010 schon - entsprechend dem unter 1. Ausgeführten - mangels Klagebefugnis unbegründet, andernfalls wegen der Rechtmäßigkeit der Festsetzung.

30

Anhand des dargelegten Maßstabs der Überprüfung (vgl oben II 1. e) kann der Kläger nicht beanspruchen, dass der Beschluss über die Festbetragsfestsetzung vom 7.4.2008 aufgehoben wird, weil er rechtmäßig ist. Nach der anzuwendenden gesetzlichen Regelung (dazu a) handelte der hierzu berufene Beigeladene zu 1. formell rechtmäßig (dazu b). Er bildete die Festbetragsgruppe (dazu c, d) und die Vergleichsgrößen (dazu e) materiell rechtmäßig. Die Beigeladenen zu 2. bis 7. setzten die Festbeträge rechtmäßig fest (dazu f). Die früheren Festbetragsfestsetzungen vom 11.5.2006, 10.2.2006 und 29.10.2004 sind nicht zu überprüfen.

31

a) Zu messen ist die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 7.4.2008 an der Festbetragsregelung des § 35 SGB V(idF durch Art 1 Nr 2 AVWG vom 26.4.2006, BGBl I 984; Abs 3 geändert mit Wirkung vom 1.7.2008 durch Art 1 Nr 18 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 sowie Abs 5 Satz 7 geändert mit Wirkung vom 1.1.2009 durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426). Diese Norm gibt für die Festsetzung von Festbeträgen ein zweistufiges Verfahren vor: Zunächst bestimmt der Beigeladene zu 1. in den Arzneimittel-Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können und welche Vergleichsgrößen dabei zugrunde zu legen sind(§ 35 Abs 1 und 2 SGB V). Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgt sodann die Festsetzung der jeweiligen Festbeträge im Wege einer Allgemeinverfügung (vgl § 35 Abs 3 bis 6 und Abs 7 Satz 1 SGB V). Die Entscheidung des Beigeladenen zu 1. ist nicht isoliert anfechtbar (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V),ihre Überprüfung daher Bestandteil der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der auf ihrer Grundlage ergangenen Allgemeinverfügung (BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 11, unter Hinweis auf BT-Drucks 11/3480 S 54).

32

b) Der hierzu berufene Beigeladene zu 1. hat die Festbetragsgruppe (§ 35 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB V) und die Vergleichsgrößen (§ 35 Abs 1 Satz 5 SGB V) als Grundlage der Festbetragsfestsetzung formell rechtsfehlerfrei bestimmt. Er hat zunächst erstmals eine Festbetragsgruppe der Statine bestehend aus Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin gebildet und Vergleichsgrößen festgesetzt (Beschluss vom 20.7.2004), später lediglich die Vergleichsgrößen neu ermittelt (Beschluss vom 13.3.2008) und sodann die Gruppe um Rosuvastatin erweitert (Beschluss vom 15.10.2009, BAnz Nr 184 vom 4.12.2009, S 4112). Der Beigeladene zu 1. hat all dies in Arzneimittel-Richtlinien geregelt (§ 35 Abs 1 Satz 1 und 5 SGB V idF des AVWG; § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000). Die Richtlinien sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt (stRspr; vgl nur BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26). Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes - GMG - vom 14.11.2003, BGBl I 2190; § 91 Abs 6 SGB V idF des GKV-WSG; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 33; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 22; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff).

33

Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN). Kritischen Stimmen ist in jüngerer Zeit Literatur entgegengetreten (vgl Neumann, NZS 2010, 593; Hauck NZS 2010, 600 mwN). Für die Bildung von Festbetragsgruppen gilt die Bejahung der Verfassungsmäßigkeit im Besonderen, weil der Gesetzgeber einen konkreten Katalog von gesetzlichen Voraussetzungen formuliert, bei deren Vorliegen er den Beigeladenen zu 1. im Bereich der Arzneimittelversorgung mit der Gruppenbildung betraut (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 30). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2)zwar ausdrücklich nur das System der Festsetzung von Festbeträgen (§§ 35 ff SGB V) im Ganzen als verfassungskonform bewertet, folgerichtig die Verfassungsmäßigkeit der Kompetenzen des Beigeladenen zu 1. damit aber unausgesprochen vorausgesetzt (vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 61 - Therapiehinweise).

34

Die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung des Beigeladenen zu 1. ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte wurden gewahrt. Sie stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 604).

35

Auf die vom Kläger unter Beweis gestellte Behauptung, dass der Beigeladene zu 1. anlässlich der Gruppenbildung für Statine im Jahre 2004 Prof. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hat, kommt es demgegenüber nicht an. Auswahl und Entpflichtung von Sachverständigen liegen im Ermessen des Beigeladenen zu 1. (vgl auch Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 38; Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 19). Seine Entscheidung war ohne Zweifel sachgerecht, eine auf Neutralität angelegte Institution wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) mit einem Gutachten zu betrauen und einem Einzelsachverständigen vorzuziehen. Die AkdÄ hat als wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer ua die Aufgabe, entsprechend den Regelungen in den ärztlichen Berufsordnungen - wie in § 62 AMG vorausgesetzt - unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die ihr aus der deutschen Ärzteschaft mitgeteilt werden müssen, zu erfassen, zu dokumentieren und zu bewerten. Der Gesetzgeber bindet vor diesem Hintergrund die AkdÄ inzwischen selbst in Verfahren des GBA zur Anforderung ergänzender versorgungsrelevanter Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit von Arzneimitteln ein (vgl § 92 Abs 2a Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG - vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011).

36

c) Die gebildete Gruppeneinteilung entspricht nach der gebotenen gerichtlichen Prüfung (dazu aa) materiellem Recht. Der Beigeladene zu 1. hat mit seinem Beschluss vom 20.7.2004 ausgehend von rechtmäßigen Kriterien (dazu bb) - hier: dem Inhalt der Arzneimittelzulassungen (dazu cc) - in der Gruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" Arzneimittel mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, zusammengefasst (dazu dd), ohne unterschiedliche Bioverfügbarkeiten der Arzneimittel berücksichtigen zu müssen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V; dazu ee). Die gebildete Gruppe gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V; dazu ff). Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V; dazu d).

37

aa) Die im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden Richtlinien des Beigeladenen zu 1. sind gerichtlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; Schlegel, MedR 2008, 30, 32; Hauck NZS 2010, 600, 611 f). § 35 SGB V gibt dem Beigeladenen zu 1. ein engmaschiges, rechtlich voll überprüfbares Programm vor: Die Verwendung ihrer Art nach rechtmäßiger Prüfkriterien, die Ermittlung des Inhalts der Arzneimittelzulassungen, die Qualifizierung von Arzneimitteln als solche mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, die Gewährleistung sowohl fehlender Einschränkungen von Therapiemöglichkeiten als auch der Verfügbarkeit medizinisch notwendiger Verordnungsalternativen sowie die zutreffende rechtliche Erfassung der Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen ist vom Gericht uneingeschränkt zu überprüfen. Der Gesetzgeber belässt dem Beigeladenen zu 1. bei der Umsetzung dieser Regelungselemente des § 35 SGB V keinen Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom Beigeladenen zu 1. zu berücksichtigenden Studienlage.

38

Anders liegt es dagegen bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Zuschnitt und Auswahl der Gruppe sowie bei der Bewertung des zutreffend ermittelten Standes der Studienlage im Hinblick auf ihre Eignung, für die Gruppenbildung relevante Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse zu erlassen. Hier entscheidet der Beigeladene zu 1. als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beigeladenen zu 1. getroffenen Wertungen setzen (vgl ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen.

39

bb) Grundlage und Ausgangspunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Festbetragsgruppenbildung ist grundsätzlich der Inhalt der arzneimittelrechtlichen Zulassung nach dem AMG. Der Inhalt ergibt sich zusammengefasst insbesondere aus der Fachinformation gemäß § 11a AMG. Eine Berücksichtigung darüber hinausgehender Unterlagen ist für die Prüfung des Vorliegens vergleichbarer Wirkstoffe nach Maßgabe des § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 und Satz 3 Halbs 1 SGB V grundsätzlich nicht vorgesehen. Hiervon abweichend ist dagegen nicht allein die arzneimittelrechtliche Zulassung, sondern eine neuere Studienlage maßgeblich, wenn eine solche für die Gruppenbildung bedeutsame Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse durch den GBA rechtfertigt, weil sie Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen lässt und nicht lediglich insgesamt das Therapiegebiet der Gesamtgruppe einschränkt. Dies folgt aus Regelungssystem (dazu <1.>), Normsystematik und Wortlaut (dazu <2.>), Entstehungsgeschichte (dazu <3.>) sowie Sinn und Zweck des § 35 SGB V(dazu <4.>).

40

(1.) § 35 SGB V knüpft an das allgemeine Regelungssystem der Arzneimittelversorgung in der GKV an und ändert es nur in spezifischen, genau umrissenen Teilbereichen. Nach diesem System ist Grundvoraussetzung des Anspruchs Versicherter auf ein zur Krankenbehandlung notwendiges Arzneimittel in der Regel seine Anwendung im Rahmen der durch die arzneimittelrechtliche Zulassung vorgegebenen Indikation. Notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV ist ihre Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts. Dieses bezweckt, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen (§ 1 AMG). Insoweit stellen das SGB V und das AMG auf den selben Zweck ab (stRspr, vgl BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 15 mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 15 - Lorenzos Öl; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 55 f - Therapiehinweise, und SozR 4-2500 § 106 Nr 21<6. BSG-Senat>). Daher verzichtet das Krankenversicherungsrecht bei der Arzneimittelversorgung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit vielmehr im Ausgangspunkt an das Arzneimittelrecht nach dem AMG an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Medikaments (vgl § 25 Abs 2 AMG)abhängig macht (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 - Lorenzos Öl; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21). Wurde diese Prüfung erfolgreich durchlaufen und ist für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden, so ist es in diesem Umfang grundsätzlich auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7). Eine eigene Sachprüfungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit kommt hinsichtlich der erteilten arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht in Betracht (BSGE 95, 132 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 22). Eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung schließt grundsätzlich die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels aus. Insoweit ist die arzneimittelrechtliche Zulassung für die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels in der GKV "negativ vorgreiflich" (vgl BSGE 95, 132 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 23 mwN).

41

Auch soweit Versicherte ausnahmsweise außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung Versorgung mit arzneimittelrechtlich zugelassenen Arzneimitteln nach den Grundsätzen des sogenannten Off-Label-Use beanspruchen können, setzt dies ua eine Studienlage voraus, die eine Zulassung des Arzneimittels nach den Anforderungen des AMG zur betroffenen Indikation rechtfertigen würde. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - Ritalin) kommt die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet nämlich grundsätzlich nur in Betracht, wenn es 1.) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2.) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3.) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein muss, entspricht derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich. Sie ist während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens regelmäßig gleich. Der Schutzbedarf der Patienten, der dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und - wie dargelegt - in das Leistungsrecht der GKV einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 24 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 34 mwN - Ritalin).

42

Änderungen des Maßstabs der danach an der arzneimittelrechtlichen Zulassung ausgerichteten Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV können sich indes mit Blick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergeben. Dies erwächst daraus, dass eine Diskrepanz bestehen kann zwischen der Aussagekraft der für die Zulassung durchgeführten klinischen Studien und den in der Praxis auftretenden Anforderungen an ein Arzneimittel, insbesondere beim Fehlen klinischer Studien zu patientenrelevanten Endpunkten. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt ua den sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergebenden Einschränkungen (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27). Das Wirtschaftlichkeitsgebot kann weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel im Rahmen der GKV fordern, etwa weil eine neuere Studienlage Therapiehinweise rechtfertigt, da Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen (vgl zum bisher geltenden Recht zB BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 39 ff - Therapiehinweise). Der Beigeladene zu 1. kann nach heutiger Rechtslage die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist (§ 92 Abs 1 Satz 1 Halbs 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst a AMNOG, vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011). Er kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der AkdÄ und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Werden die Studien nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der GBA das Arzneimittel schon allein deshalb von der Verordnungsfähigkeit ausschließen (§ 92 Abs 2a Satz 1 und 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c AMNOG). Die in besonderen Fällen mögliche Ausrichtung an auf patientenrelevante Endpunkte bezogene Studien wird schließlich auch daran deutlich, dass der GBA neuerdings die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen darf, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 SGB V oder durch die Vereinbarung eines Erstattungsbetrags nach §130b SGB V hergestellt werden kann(s § 92 Abs 2 Satz 11 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst b AMNOG; vgl zum Ganzen Hauck, GesR 2011, 69, 70 ff).

43

(2.) Auch Wortlaut und Normsystematik des § 35 Abs 1 SGB V verdeutlichen, dass grundsätzlich für die Festbetragsgruppen auf die arzneimittelrechtliche Zulassung abzustellen ist. Das Prüfprogramm für die Bildung von Festbetragsgruppen weist breite sachliche Überschneidungen mit dem Arzneimittelrecht auf. So enthält § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB V die grundlegende Aufzählung denkbarer Festbetragsgruppen anhand von Kriterien, die sich entsprechend auch in der arzneimittelrechtlichen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels wiederfinden und keinen Hinweis auf Abweichungen vom dargelegten allgemeinen Regelungssystem enthalten. Der Begriff des Wirkstoffs in Nr 1 greift den Wirkstoffbegriff nach § 4 Abs 19 AMG auf, der infolgedessen sinngemäß anwendbar ist(vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 37; zur arzneimittelrechtlichen Anbindung des Begriffs "Bioverfügbarkeit" in diesem Zusammenhang vgl Orlowski in: Orlowski/Wasem/Rau/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, Stand Januar 2011, § 35 RdNr 9 f). Mit Blick darauf ist auch die Eingrenzung auf pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe in Nr 2 folgerichtig in Anlehnung an das AMG vorzunehmen. Denn pharmakologisch-therapeutische Wirkungsweisen eines Wirkstoffs sind Bestandteil der arzneimittelrechtlichen Zulassungsprüfung (§ 25 Abs 2 Nr 1 bis 5a AMG) und dementsprechend Inhalt der Fachinformation (§ 11a AMG).

44

Dagegen hat der Gesetzgeber in § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V eine Ausnahmeregelung für patentgeschützte Arzneimittel statuiert, für die er einen über die arzneimittelrechtliche Zulassung hinausgehenden Überprüfungsmaßstab angewendet wissen will: Von der Bildung eigentlich zulässiger Festbetragsgruppen sind patentgeschützte Arzneimittel ausgenommen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder(zunächst idF vor dem AVWG: "und"; s hierzu näher Urteil des erkennenden Senats vom selben Tage - B 1 KR 7/10 R) die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Diese Regelung bezweckt, den Arzneimittelherstellern Anreize zur Entwicklung von innovativen Arzneimitteln zu bieten (vgl hierzu Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/3480, S 53; zur Klarstellung späterer Gesetzesfassungen BT-Drucks 15/1525 S 87; s zur nachträglichen Einfügung der Regelung auch Schulin, Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel, 1993, 92 ff). Nach Auffassung des Gesetzgebers sind echte Innovationen mit therapeutischem Zusatznutzen erwünscht und unterliegen nicht der Festbetragsregelung (Gesetzentwurf eines AVWG der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 16/194 S 7 zu Art 1 Nr 2 Buchst c). Um bloße Scheininnovationen nicht zu begünstigen, erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht allein aufgrund der Fachinformationen, sondern auch durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35 Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V; vgl näher unten, II 2. d).

45

(3.) Auch die Entstehungsgeschichte des § 35 SGB V belegt die Bedeutung der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Ausgangspunkt der Gruppenbildung. Die erste Fassung einer Festbetragsregelung nach dem Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I S 2477) sah in Abs 4 die Festsetzung eines Festbetrags für Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen (§ 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) erst drei Jahre nach der ersten Zulassung eines wirkstoffgleichen Arzneimittels vor. Damit stellte die Regelung den Zusammenhang zwischen SGB V und AMG für den Wirkstoffbegriff ausdrücklich her. Dass diese Regelung durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) beseitigt worden ist, beruht auf der Verlängerung des Patentschutzes für Arzneimittel um bis zu fünf Jahre durch die Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikates für Arzneimittel (vgl BT-Drucks 12/3608 S 81). Eine Loslösung des Wirkstoffbegriffs im SGB V von demjenigen des AMG war nicht beabsichtigt.

46

(4.) Schließlich entspricht die grundsätzliche Anknüpfung der Festbetragsgruppenbildung an die arzneimittelrechtliche Zulassung dem Regelungszweck des § 35 SGB V. Die Festbetragsregelung des § 35 SGB V zielt - wie dargelegt - unter Ausgestaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots darauf ab, den Bereich zu Lasten der GKV verordnungsfähiger Arzneimittel de iure zu erweitern, die Leistungspflicht der Krankenkassen hierbei auf den einschlägigen festgesetzten Festbetrag zu begrenzen und hierdurch zugleich den Wettbewerb unter den Arzneimittelanbietern zu verstärken und das Interesse der Anbieter zu wecken, Preise unterhalb des Festbetrags festzusetzen. All dies kann nur im Rahmen des allgemeinen Systems der in den GKV-Leistungskatalog einbezogenen Arzneimittel gelingen.

47

cc) Hinsichtlich der Arzneimittelgruppe der Statine ist für den hier betroffenen Zeitraum an die Inhalte der arzneimittelrechtlichen Zulassung anzuknüpfen. Dass für einzelne Statine der Festbetragsgruppe eine Studienlage besteht, die weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel mit diesem Wirkstoff im Rahmen der GKV rechtfertigt, hat das LSG nicht festgestellt. Der Beigeladene zu 1. hat dies ebenfalls nicht angenommen und deshalb keine der ihm rechtlich für einen solchen Fall eröffneten Maßnahmen ergriffen. Weder er noch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gehen nach eingehender Recherche hiervon aus. Keiner der Beteiligten in den beim erkennenden Senat anhängigen Verfahren behauptet Entsprechendes. Bei einem solchen Sachstand verbleibt es beim durch das Arzneimittelzulassungsrecht vorgegebenen Prüfmaßstab für die Festbetragsgruppenbildung, ohne dass weitere Ermittlungen des erkennenden Senats zu diesen generellen Tatsachen geboten wären.

48

dd) Auf der Grundlage des Inhalts der arzneimittelrechtlichen Zulassung stellen die fünf fraglichen Statine pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe, insbesondere chemisch verwandte Stoffe iS von § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 Nr 2 SGB V dar. Zutreffend ist der Beigeladene zu 1. davon ausgegangen, dass die Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit zwei verschiedene Aspekte, namentlich einen pharmakologischen wie einen therapeutischen umfasst (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 38). Für das Verständnis des Begriffs der Vergleichbarkeit ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, dass Vergleichbarkeit nicht Austauschbarkeit oder Identität bedeutet. Anders als nach Nr 1 geht es bei der Gruppenbildung nach Nr 2 vielmehr darum, einen übergreifenden gemeinsamen Bezugspunkt mehrerer Wirkstoffe herzustellen (ebenso Sodan, PharmR 2007, 485, 487). Dementsprechend steht mit der Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen, insbesondere chemischen Vergleichbarkeit eine Beurteilung von Art und Aufbau der einzelnen Wirkstoffe, ihrer Wirkmechanismen und ihrer Anwendungsgebiete an.

49

Der Beigeladene zu 1. hat die dargelegten Vergleichsmaßstäbe entsprechend seinen Ausführungen zu chemischer Zusammensetzung, Wirkprofil und therapeutischem Einsatzgebiet der fünf Statine rechtsfehlerfrei angewendet. Nicht zu beanstanden ist, dass er hierbei als Einstieg die in der Fachinformation enthaltene Anatomisch-Therapeutisch-Chemische (ATC) Klassifikation der WHO nach Maßgabe des § 73 Abs 8 Satz 5 SGB V gewählt hat, wie es inzwischen seiner Verfahrensordnung (VerfO) entspricht(vgl § 16 Abs 2 VerfO). Die ATC-Klassifikation teilt die Wirkstoffe nach dem Organ oder Organsystem, auf das sie einwirken, und nach ihren chemischen, pharmakologischen und therapeutischen Eigenschaften in verschiedene Gruppen ein (abrufbar unter www.dimdi.de) und kann als Orientierungshilfe dienen. Sie geht von einem identischen Code für die Wirkstoffgruppe der fünf Statine Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin aus.

50

Zu Recht bejaht der Beigeladene zu 1. die chemische Verwandtschaft der betroffenen Wirkstoffe. Er beurteilt sie im Einklang mit dem Wortlaut des § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V maßgeblich vom Endprodukt und nicht von der Herstellungsform her: Die fünf Statine haben nicht nur eine gemeinsame b-, d-Dihydroxy-n-Carbonsäure-Struktur, sondern darüber hinaus auch eine gemeinsame molekulare räumliche Struktur, die erst die spezifische Interaktion Wirkstoff-Enzym ermöglicht.

51

Ebenfalls stellt der Beigeladene zu 1. rechtmäßig für die pharmakologische Vergleichbarkeit maßgeblich auf den Wirkmechanismus der erfassten Arzneimittel ab. Er geht nämlich von einem vergleichbaren Wirkprofil aller HMG-CoA-Reduktase (=CSE)-Hemmer aus, weil durch alle Hemmer der HMG-CoA-Reduktase Vorstufen von Cholesterin verringert synthetisiert werden. Die daraus resultierende Verarmung an interzellulärem Cholesterin führt zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche, die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle wird hierdurch erhöht.

52

Auch die therapeutische Vergleichbarkeit hat der Beigeladene zu 1. anhand der Anwendungsgebiete der Statine, wie sie sich aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung ergeben, frei von Rechtsfehlern beurteilt. Für alle fünf Wirkstoffe bestand im hier maßgeblichen Zeitraum eine Zulassung für das Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie; schon daraus lässt sich die therapeutische Vergleichbarkeit ableiten. Atorvastatin besitzt zudem seit Mai 2006 eine Zulassung auch für das Anwendungsgebiet der Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen; über eine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet verfügen auch die Konkurrenzwirkstoffe Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin.

53

ee) Der Beigeladene zu 1. musste keine für die Therapie bedeutsamen unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel berücksichtigen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V). Denn mit den Statinen ist eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V betroffen, der lediglich pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe angehören.

54

ff) Dass alle fünf Statine einschließlich Atorvastatin in eine Festbetragsgruppe einbezogen wurden, schränkt iS von § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V keine Therapiemöglichkeiten ein und schneidet keine medizinisch notwendigen Verordnungsalternativen ab. Der Wirkstoff Atorvastatin war im hier zu prüfenden Zeitraum für kein Behandlungsgebiet zugelassen, für das nicht wenigstens ein anderes Statin arzneimittelrechtlich zugelassen war. Gleichzeitig erlaubt die arzneimittelrechtliche Zulassung von Atorvastatin keinen Rückschluss darauf, dass ausschließlich mit diesem Wirkstoff besondere Patientenkollektive zu erschließen seien. Ebenso wenig kommt es unter dem Aspekt der Nebenwirkungen zu einer Einengung der Therapiemöglichkeiten. Der Fachinformation für Atorvastatin ist im Vergleich zu denjenigen der anderen vier Statine kein Vorteil im Hinblick auf Art und Häufigkeit der Nebenwirkungen zu entnehmen.

55

d) Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V). Die Wirkungsweise von dem noch bis 2011 patentgeschützten Wirkstoff Atorvastatin ist im Rechtssinne nicht neuartig. Als neuartig gilt ein Wirkstoff nämlich nur, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht (§ 35 Abs 1 Satz 4 SGB V). Nach den unangegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG wurde der Wirkstoff Lovastatin als erster der Gruppe der Statine in Verkehr gebracht und war schon vor 2003 patentfrei.

56

Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. eine therapeutische Verbesserung durch Sortis zu Unrecht verneint hat. Die zunächst 2004 rechtmäßige Gruppenbildung wurde durch das AVWG nicht unwirksam (dazu aa). Der Beigeladene zu 1. hat die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung (dazu bb) und deren Nachweis (dazu cc) gerichtlich voll überprüfbar (dazu dd) gesetzeskonform zugrunde gelegt. Ihm sind bei seiner Bewertung der Studienlage hinsichtlich einer therapeutischen Verbesserung keine Beurteilungsfehler unterlaufen (dazu ee). Die Gruppenbildung ist auch nicht wegen Verletzung der Beobachtungspflicht bezüglich einer therapeutischen Verbesserung rechtswidrig geworden (dazu ff). Es bedarf keiner weiteren gerichtlichen Ermittlungen (dazu gg). Die vom Kläger hierzu erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch (dazu hh).

57

aa) Die Gruppenbildung erfolgte 2004 insgesamt rechtmäßig, ohne dass ihre Wirksamkeit durch das AVWG entfiel. Unerheblich ist, dass der Beigeladene zu 1. zunächst (Beschluss vom 20.7.2004) die Erfüllung beider Voraussetzungen eines Festbetragsausschlusses - Neuartigkeit und Bestehen einer therapeutischen Verbesserung - geprüft und verneint hat, obwohl § 35 SGB V aF(idF durch das GMG) eine Ausnahme von der Gruppenbildung schon bei Nichterfüllung einer der beiden Voraussetzungen ausschloss (vgl dazu näher Urteil des erkennenden Senats vom selben Tage - B 1 KR 7/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die zusätzliche Prüfung wirkte sich im Ergebnis nicht aus, auch wenn erst aufgrund der Änderung des § 35 SGB V durch das AVWG ab 1.5.2006 die Kriterien der Neuartigkeit und therapeutischen Verbesserung kumulativ zu prüfen sind.

58

Die Gesetzesänderung durch das AVWG ließ die bisher beschlossene Richtlinie nicht unwirksam werden. Die Änderung oder der Wegfall der Ermächtigungsgrundlage einer untergesetzlichen Norm berührt nämlich nicht per se deren Rechtswirksamkeit (vgl entsprechend zu Rechtsverordnungen zB BVerwG Buchholz 451.20 § 139i GewO Nr 1 = GewArch 1997, 245; vgl auch BVerfGE 14, 245, 249; BVerfGE 78, 179, 198). Ab Inkrafttreten des AVWG war die Rechtmäßigkeit des fortwirkenden Beschlusses des Beigeladenen zu 1. indes an der neuen Gesetzesfassung zu messen, da § 35 SGB V idF des AVWG wegen seines unmittelbaren Geltungsanspruchs ohne Übergangsregelung ein solcher Normanwendungsbefehl zu entnehmen ist. Der Gruppenbildungsbeschluss genügt aber auch diesen gesetzlichen Anforderungen (vgl das Folgende).

59

bb) Schon im Jahre 2004 waren für die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung die sachlichen Kriterien zugrunde zu legen, die der Gesetzgeber durch Art 1 Nr 2 Buchst c AVWG ausdrücklich erst 2006 in § 35 Abs 1b SGB V normiert hat. Bereits auf der Grundlage des GMG stand ein solches Vorgehen mit der Gesetzeslage in Einklang. Demgemäß geht die Begründung des Gesetzentwurfs eines AVWG davon aus, dass sich eine Änderung des geltenden Verfahrens für die Bildung von Festbetragsgruppen durch Einführung des § 35 Abs 1b SGB V zum 1.5.2006 nicht ergebe, da der GBA bereits jetzt entsprechend verfahre (vgl BT-Drucks 16/194 S 7). Auch in der Folgezeit hat sich das danach maßgebliche gesetzliche Prüfprogramm für das Bestehen einer therapeutischen Verbesserung nicht geändert.

60

Danach besteht eine therapeutische Verbesserung, wenn ein patentgeschützter Wirkstoff für die betroffenen Patienten einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe vorzuziehen ist (§ 35 Abs 1b Satz 1 SGB V). Der geforderte "höhere Nutzen" entspricht dem "Zusatznutzen" gegenüber anderen Wirkstoffen, wie er vom Gesetzgeber auch in § 35b Abs 1 Satz 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 20 Buchst b GKV-WSG mit Wirkung ab 1.4.2007; vgl ab 1.1.2011 § 35b Abs 1 Satz 3 idF durch Art 1 Nr 6 Buchst b DBuchst bb AMNOG)zur zentralen Vorgabe einer Nutzenbewertung durch das IQWiG gemacht worden ist. Gleiches gilt für den "medizinischen Zusatznutzen" bei dem durch das AMNOG eingeführten Verfahren der frühen Nutzenbewertung (§ 35a Abs 1 Satz 4 SGB V, vgl BT-Drucks 17/2413, S 21).

61

Inhaltlich gibt der Gesetzgeber als Maßstab einer therapeutischen Verbesserung eine Verbesserung hinsichtlich der Lebensqualität, zB durch Verringerung von Nebenwirkungen bezüglich Häufigkeit und Schweregrad, sowie Morbidität und Mortalität vor (§ 35 Abs 1 Satz 3 und 5 SGB V, sog patientenrelevante Endpunkte). Nur im Zusammenhang mit einer an der positiven Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte ausgerichteten Therapie kann sich ein höherer Nutzen auch daraus ergeben, dass das Arzneimittel eine überlegene Wirksamkeit gegenüber anderen Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe zeigt oder über besondere therapierelevante Leistungsmerkmale verfügt, zB Wechsel des Applikationsortes oder -weges, oder eine andere für die Therapie relevante Galenik aufweist (vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Anders als bei der Gruppenbildung anhand von Wirkstoffen (§ 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) kommen im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals daher auch die ganz spezifischen Besonderheiten eines Wirkstoffs in Betracht, soweit diese therapeutisch relevant sind.

62

cc) Methodisch erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35 Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V). Maßgeblich ist hierbei der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Erforderlich ist dabei der Nachweis der erfolgreichen therapeutischen Verbesserung in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen auf der Grundlage wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Therapierelevanz (stRspr, BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN - Immucothel; BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mwN - Wobe-Mugos E). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Wirkstoffen. Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 64). Sie müssen in jedem Fall das Kriterium erfüllen, mit dem Primärziel des Erreichens patientenrelevanter Endpunkte durchgeführt worden zu sein. Studien, die als Primärziel bloße Surrogatparameter formuliert haben, kommen dagegen zum Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht in Betracht (vgl zur neueren Rechtslage Schickert, PharmR 2010, 452, 456).

63

dd) Der Beigeladene zu 1. ist nicht ermächtigt, von diesem gesetzlichen Prüfprogramm abzuweichen. Soweit der Regelungsgehalt reicht, verbleibt ihm kein eigener Gestaltungsspielraum. Wie bereits ausgeführt (vgl II 2. c aa) erfolgt insoweit eine volle gerichtliche Überprüfung. Den dargelegten gesetzlichen Anforderungen ist der Beigeladene zu 1. durch seinen Beschluss vom 20.7.2004 gerecht geworden. Er hat nach diesen Maßstäben geprüft, dass für Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung im aufgezeigten Sinne nicht nachgewiesen ist. Die Standards, die der Beigeladene zu 1. ausweislich seiner Beschlussbegründung vom 15.9.2004 zur Prüfung des Vorliegens einer therapeutischen Verbesserung verlangt, korrespondieren inhaltlich (sogar zT fast wortgleich formuliert) mit dem gesetzlich festgeschriebenen Prüfmaßstab. Bei dem Nachweis einer therapeutischen Verbesserung hat der Beigeladene zu 1. rechtsfehlerfrei auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne der Rechtsprechung des BSG abgestellt und als Unterlagen in erster Linie direkte Vergleichsstudien, für den Fall ihres Fehlens placebokontrollierte Studien in Form von randomisierten, doppelblinden und kontrollierten Studien mit dem Ziel der Beeinflussung klinisch bedeutsamer Endpunkte gefordert.

64

ee) Der Beigeladene zu 1. hat das ermächtigungskonforme Prüfprogramm über den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung mit seinem Beschluss vom 20.7.2004 ausweislich der Beschlussbegründung auch rechtmäßig angewendet. Der Beschluss beruht auf einer umfassenden Sichtung der aktuellen relevanten Studienlage zur Wirkstoffgruppe der Statine. Auf die Einbeziehung irgendwelcher Meinungsäußerungen von Einzelnen oder Gruppen von Fachleuten kommt es jenseits der bereits geprüften Anhörungsrechte (vgl § 35 Abs 2 SGB V)insoweit entgegen der Ansicht des Klägers nicht an.

65

Der Beigeladene zu 1. ist insgesamt nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass für Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen keine Alleinstellungsmerkmale bewiesen sind, die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Er hat anhand des gesetzlich gebotenen Maßstabs die Aussage- und Beweiskraft der einzelnen Studien nachvollziehbar bewertet, nachdem er ihr Design, ihre Ziele und ihre Vergleichbarkeit überprüft und qualifiziert hat. Seine Folgerungen sind schlüssig und lassen keine Widersprüche erkennen. Zu allen von dem Kläger als Alleinstellungsmerkmal hervorgehobenen Aspekten, namentlich den besonderen pleiotropen (außerhalb der Hauptwirkung heilend wirkenden) Eigenschaften (dazu <1.>), der größten Wirkstärke (dazu <2.>), dem schnelleren Wirkeintritt (dazu <3.>) und einem überlegenen Sicherheitsprofil von Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen (dazu <4.>) begründet der Beschluss nachvollziehbar, dass eine therapeutische Verbesserung nach den gesetzlichen Kriterien nicht festzustellen ist.

66

(1.) So fehlen hinsichtlich der behaupteten pleiotropen Eigenschaften von Atorvastatin genauere Kenntnisse darüber, in welchem Ausmaß pleiotrope Effekte zur Risikoverbesserung beitragen und ob Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen bestehen. Studien zum Nachweis von Art und Umfang angeblich pleiotroper Effekte liegen nicht vor.

67

(2.) Gegen die vom Kläger ins Feld geführte höhere Wirkstärke Atorvastatins wendet der Beigeladene zu 1. schlüssig ein, dass sich daraus nicht per se eine klinische Überlegenheit ableiten lässt. Es mangelt nämlich hierzu an den erforderlichen qualitativ hochwertigen Vergleichsstudien mit klinisch relevanten Endpunkten, die hinreichende Schlüsse auf nennenswerte Patientenkollektive erlauben: Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien eignen sich nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht zum Nachweis relevanter Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen. Die Ausgangsrisiken der untersuchten Populationen weichen so erheblich voneinander ab, dass sie kaum miteinander vergleichbar sind. Ebenso variiert - wohl vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Zuschnitts der Vergleichsgruppen - das Ausmaß der LDL-Senkung in den einzelnen Studien in einem Ausmaß, das Vergleichsschlüsse problematisch macht.

68

(3.) Auch hinsichtlich der Frage, ob ein schnellerer Wirkeintritt von Atorvastatin gegenüber anderen Statinen mit Blick auf patientenrelevante Endpunkte nachweisbare Vorteile bietet, gibt es bisher keine direkten Vergleichsstudien. Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien können therapierelevante Vorteile nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht hinreichend belegen, da sie sich wesentlich in der jeweiligen Größe des Ausgangsrisikos der untersuchten Populationen und Stärke der Interventionen unterscheiden. Diese Parameter sind indes die stärksten Determinanten für die Geschwindigkeit des Eintretens einer statistisch signifikanten Wirkung einer Statintherapie.

69

(4.) Das geltend gemachte besondere Sicherheitsprofil von Atorvastatin ist entsprechend der Beschlussbegründung schließlich ebenfalls nicht evidenzbasiert nachgewiesen. Direkte Vergleichsstudien zwischen den Statinen zu unerwünschten Nebenwirkungen liegen nicht vor. Eine signifikante Unterscheidung nach der Häufigkeit schwerer unerwünschter Ereignisse wird bei den placebokontrollierten Studien als "overall health impact" in den seltensten Fällen angegeben. Diese Argumentation deckt sich wiederum nachvollziehbar mit der bestehenden Studienlage.

70

ff) Der Beigeladene zu 1. hat im Ergebnis die ihm als Normgeber obliegende Beobachtungspflicht nicht verletzt. Von einer Verletzung der Beobachtungspflicht wäre nur auszugehen, wenn der Beigeladene zu 1. eine neue Studienlage übergangen hätte, die nach den aufgezeigten gesetzlichen Maßstäben Anlass zur erneuten Überprüfung eines einmal gefassten Gruppenbildungsbeschlusses gegeben hätte. Daran fehlt es.

71

Der Beigeladene zu 1. muss nach Erlass einer Richtlinie über die Bildung einer Festbetragsgruppe im Blick behalten, ob neuere wissenschaftliche Erkenntnisse eine Änderung seiner Entscheidung gebieten. Dies folgt auch ohne besondere, ausdrückliche Regelung in § 35 SGB V aus der generellen, dem GBA als Normgeber obliegenden Beobachtungspflicht. Wesentlicher innerer Grund des gesetzlichen Regelungskonzepts, den GBA als Normgeber vorzusehen, ist es gerade, ihn die sich ständig ändernde Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der Medizin und der Pharmakologie beobachten zu lassen, damit er wesentliche Änderungen umgehend in den Richtlinien berücksichtigt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 611 mwN). Im Falle der hier in Frage stehenden Richtlinien ist der GBA zur Beobachtung dessen verpflichtet, ob die bisher festgelegte Zusammenfassung mehrerer Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht mehr entspricht (vgl ähnlich BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2).

72

Eine solche Beobachtungspflicht setzt der Beigeladene zu 1. auch selbst in § 7 Abs 4 seiner VerfO voraus. Danach muss er Hinweisen dazu nachgehen, dass getroffene Entscheidungen nicht mehr mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse übereinstimmen. Hinweise darauf, dass für den Wirkstoff Atorvastatin zwischenzeitlich Studien erstellt worden sind, die unter Berücksichtigung der aufgezeigten gesetzlichen Wertungen für eine abweichende Bewertung der therapeutischen Verbesserung sprechen, liegen indes nicht vor. Das belegen die Untersuchungen des IQWiG vom 15.8.2005 und des Beigeladenen zu 1. von Februar 2010 unter Einbeziehung aller neueren Studien für die Folgejahre. Keiner der Beteiligten hat denn auch dargelegt, dass abweichend von der Beurteilung des IQWiG und der Recherche des Beigeladenen zu 1. neue endpunktrelevante Studien mit bisher nicht berücksichtigten Ergebnissen zu den Statinen veröffentlicht worden sind.

73

gg) Der erkennende Senat kann sich auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse stützen, ohne dass es weiterer Beweiserhebung bedarf. Zwar geht es beim Nachweis einer therapeutischen Verbesserung durch Arzneimittel um die Feststellung genereller Tatsachen, die auch der Ermittlung des Senats im Revisionsverfahren unterliegen. Weitere Beweiserhebung drängt sich aber nicht auf. Auch hier (vgl bereits oben, II 2. b und c cc) ist von Bedeutung, dass sich der Beigeladene zu 1. nicht beliebiger Einzelgutachter bedient, sondern die vom Gesetzgeber hervorgehobene AkdÄ mit der Überprüfung der Voraussetzungen betraut hat. Hinzu kommt, dass er in der Folgezeit im Rahmen eines Generalauftrags das IQWiG mit einer Überprüfung beauftragt und schließlich unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung bei dem LSG nochmals selbst recherchiert hat. Nur die Darlegung, eine therapeutische Verbesserung sei anhand aussagekräftiger Studien in der gesetzlich gebotenen Qualität nachgewiesen, würde vorliegend zu weiteren Ermittlungen zwingen. Daran fehlt es indes.

74

Das IQWiG hat nämlich die Einschätzung des Beigeladenen zu 1. bestätigt, ohne Anhaltspunkte für neuere abweichende Studienergebnisse in hinreichend qualifizierten Studien zu finden. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Absicherung von Neutralität und Qualität der in Auftrag gegebenen Untersuchung des IQWiG streitet bei Beachtung aller gesetzlicher Vorgaben eine Rechtsvermutung für die Richtigkeit seiner Beurteilung, die in derartigen Fällen wie dem vorliegenden eine weitere Beweiserhebung erübrigt. Das folgt aus Ausstattung (dazu <1.>), Aufgabe (dazu <2.>) und Gesetzeszweck der Einrichtung des IQWiG (dazu <3.>). Mit Blick darauf kommt gesetzeskonformen Bewertungen des IQWiG eine Richtigkeitsgewähr zu.

75

(1.) Das IQWiG stellt ein Expertengremium dar, das in seiner persönlichen und fachlichen Integrität und Qualität durch Transparenz und Unabhängigkeit gesetzlich und institutionell besonders abgesichert ist (vgl Hauck, NZS 2010, 600, 609; Rixen, MedR 2008, 24, 26). Der Beigeladene zu 1. hat gesetzeskonform das IQWiG als fachlich unabhängiges, rechtsfähiges, wissenschaftliches Institut errichtet (§ 139a Abs 1 Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 112 GMG). Der Gesetzgeber hat bereits die zulässige Rechtsform des IQWiG eingegrenzt, um dessen Kompetenz und Unabhängigkeit sicherzustellen. Zur Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit des IQWiG haben die Beschäftigten vor ihrer Einstellung alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offen zu legen (vgl § 139a Abs 6 SGB V). Entsprechendes gilt, soweit das IQWiG wissenschaftliche Forschungsaufträge an externe Sachverständige vergibt (s § 139b Abs 3 SGB V). Die Vergabe von Forschungsaufträgen gewährleistet, dass die Arbeiten des IQWiG höchsten wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Hierzu hat es ausgewiesene Experten mit wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungen in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen einzubeziehen (vgl BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4).

76

Das IQWiG arbeitet in einer transparenten Form unter Unterrichtung Betroffener und Interessierter über alle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse (vgl § 139a Abs 4 SGB V und hierzu BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4), insbesondere auch über die Grundlagen für die Entscheidungsfindung. Indem das IQWiG zu gewährleisten hat, dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin erfolgt (§ 139a Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 117 Buchst b GKV-WSG),hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es seine Arbeitsmethode nach den international üblichen und akzeptierten Standards der evidenzbasierten Medizin auszurichten hat. Das IQWiG geht nach der Gesetzeskonzeption bei seinen Bewertungen in vergleichbarer hoch qualitativer Weise vor wie andere mit entsprechenden Aufgaben betraute Stellen im internationalen Bereich, zB das National Institute for Health and Clinical Excellence (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 151 Zu Nummer 117 <§ 139a > Zu Buchst b; Engelmann in: jurisPK-SGB V § 139a RdNr 30). Zusätzlich bestehen Rechte Sachverständiger, Interessierter und Betroffener, Stellung zu nehmen (vgl § 139a Abs 5 SGB V).

77

(2.) Das IQWiG wird zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der GKV erbrachten Leistungen in gesetzlich vorgegebenem Umfang tätig (vgl § 139a Abs 3 SGB V). Die Arbeit des IQWiG hat zum Ziel, die grundsätzlichen Anforderungen des SGB V bei der Leistungserbringung zu sichern. Hierzu soll es Erkenntnisse über den Wert der Leistungen auch im Verhältnis zu den aufzuwendenden Kosten sowie zu den Auswirkungen auf die Verbesserung der medizinischen Behandlung erarbeiten. Dies soll gewährleisten, dass diagnostische und therapeutische Maßnahmen dem besten verfügbaren wissenschaftlichen Stand entsprechen und auch weiterhin finanzierbar bleiben (vgl BT-Drucks 15/1525 S 127 Zu Nummer 112 Zu § 139a Zu Abs 3).

78

Zu den gesetzlich vorgegebenen Aufgaben gehört auch die Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln (vgl § 139a Abs 3 Nr 5 SGB V). Der Beigeladene zu 1. beauftragt das IQWiG mit den gesetzlich umrissenen Arbeiten (vgl § 139b Abs 1 Satz 1 SGB V). Hierzu hat er dem IQWiG ua am 21.12.2004 den Generalauftrag erteilt, durch die Erfassung und Auswertung des relevanten Schrifttums eine kontinuierliche Beobachtung und Bewertung medizinischer Entwicklungen von grundlegender Bedeutung und ihrer Auswirkungen auf die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung in Deutschland vorzunehmen und den GBA hierüber regelmäßig zu informieren. Das IQWiG soll aus der eigenverantwortlichen wissenschaftlichen Arbeit heraus dem GBA für dessen gesetzliche Aufgaben notwendige Informationen zur Verfügung stellen und konkrete Vorschläge für Einzelaufträge erarbeiten.

79

(3.) Ziel des Gesetzgebers ist es, durch Einbindung des IQWiG in die Zuarbeit für den GBA den dynamischen Prozess der Fortentwicklung der medizinischen und pflegerischen Leistungen zu sichern und die kontinuierliche Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine qualitativ gesicherte Leistungserbringung zu gewährleisten (BT-Drucks 15/1525, S 127). Das IQWiG leitet deshalb seine Arbeitsergebnisse dem GBA als Empfehlungen zu (vgl § 139b Abs 4 Satz 1 SGB V). Dieser hat die Empfehlungen im Rahmen seiner Aufgabenstellung "zu berücksichtigen", wird also nur mit besonderer Begründung davon abweichen (vgl Hauck, NZS 2007, 461, 464). Insbesondere hat er zu prüfen, ob das IQWiG seine Bewertungen ausgehend von einem zutreffenden Rechtsverständnis der zugrunde gelegten Begriffe auf der Basis einer umfassenden Einbeziehung der relevanten Studien nachvollziehbar und widerspruchsfrei getroffen hat. Für die Umsetzung von Handlungsempfehlungen des IQWiG verbleibt ihm indes sein gesetzgeberisches Ermessen.

80

Dass von AkdÄ und IQWiG nicht berücksichtigte Studien hinreichender Qualität im gesetzlich gebotenen Sinne vorliegen, ist schließlich weder vom Kläger oder von sonstigen Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits noch von den Arzneimittelherstellern in den beim erkennenden Senat anhängigen Parallelverfahren in Kenntnis der Beurteilungen von AkdÄ und IQWiG behauptet worden. Es ist auch ansonsten nicht ersichtlich.

81

hh) Die Verfahrensrüge des Klägers, das LSG habe unter Verstoß gegen §§ 103, 128 SGG keinen Beweis darüber erhoben, dass in medizinischen Fachkreisen ein Konsens bestehe, dass ein bestimmtes Patientenkollektiv nur mit Atorvastatin wirksam behandelt werde, greift nach alledem nicht durch. Es bestehen nämlich, wie dargelegt, derzeit keine weiteren Ermittlungspflichten.

82

e) Der Beigeladene zu 1. hat die Vergleichsgrößen materiell rechtmäßig festgesetzt (den Beschluss vom 20.7.2004 ersetzender Beschluss vom 13.3.2008). Gemäß § 35 Abs 1 Satz 5 SGB V ermittelt der Beigeladene zu 1. die nach § 35 Abs 3 SGB V "notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen". Die von ihm festgeschriebenen Werte sind in diesem Sinne geeignete Vergleichsgrößen.

83

Die gerichtliche Kontrolle der Ermittlung von Vergleichsgrößen ist beschränkt. Dem Beigeladenen zu 1. steht nämlich bei der Entscheidung über die Vergleichsgrößenbildung ein Gestaltungsspielraum zu. Er kann selbst darüber entscheiden, anhand welcher Kriterien er die Vergleichsgrößen bestimmt. Das Gesetz gibt keine Wahl dahin vor, ob der Tagesdosis, der Einzeldosis oder aber einer gänzlich anderen geeigneten Vergleichsgröße der Vorrang gebührt (Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, aaO, § 35 SGB V RdNr 45). Die Gerichte haben lediglich zu kontrollieren, ob der GBA hierbei auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts den Zweck der Vergleichsgrößenbildung nachvollziehbar beachtet hat, die Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen innerhalb einer Gruppe vergleichbar zu machen (vgl zum Grundsatz oben, II 2. c aa mwN; siehe auch Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Diesen Anforderungen genügt die hier gewählte Vergleichsgrößenbildung. Der Beigeladene zu 1. hat sämtliche Daten anhand der zum Zeitpunkt des Gruppenbeschlusses zuletzt verfügbaren Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes ermittelt und diese rechnerisch korrekt für alle fünf Statine umgesetzt. Das ziehen die Beteiligten nicht in Zweifel.

84

Der Beigeladene zu 1. hat den Gesetzeszweck der Vergleichsgrößen beachtet, sicherzustellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten individuell benötigte Arzneimitteldosis annähernd gleich sind (vgl dazu Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Er hat jedem Wirkstoff einen bestimmten Zahlenwert zugewiesen, der ihn innerhalb der Gruppe vergleichbar macht. Seine hierbei gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke ist geeignet, eine sachgerechte mengenbezogene Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Wirkstoffen herzustellen. Sie errechnet für jeden der fünf Wirkstoffe einen Einzelwert als Vergleichsgröße, der sich am Verordnungsverhalten der Ärzte orientiert, also daran, welcher Wirkstoff wie häufig in welcher Wirkstärke verordnet wurde. Um zwischen Wirkstoffen mit vergleichbarer und mit unterschiedlicher Applikationsfrequenz, Wirkstoffen mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Behandlungszeiten, Wirkstoffen mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Intervallen, unterschiedlichen Behandlungszeiten und unterschiedlicher Anzahl therapiefreier Tage sowie Wirkstoffkombinationen mit vergleichbarer Applikationsfrequenz zu unterscheiden, bezieht die Berechnung zusätzlich einen sogenannten Applikationsfaktor ein.

85

Die dagegen vorgetragenen Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Die vom Beigeladenen zu 1. angewendete Methode geht systemgerecht davon aus, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 AMG zugelassen werden, und die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte diese Wirkstärken zutreffend verordnen(vgl Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 9). Die vom Kläger bevorzugte Methode, die Vergleichsgröße anhand einer tatsächlichen Wirkstärke zu bestimmen, leidet dagegen daran, dass sich seine Prämisse, bei jedem Patienten wirke etwa Atorvastatin "doppelt so gut" wie Pravastatin oder "viermal so gut" wie Simvastatin, schwerlich objektivieren lässt. Bei Anwendung eines Wirkstoffs bringt die doppelte Wirkmenge nicht automatisch auch den doppelten Behandlungserfolg mit sich. Ua vor diesem Hintergrund ist eine arzneimittelrechtliche Zulassung stets wirkstärkenbezogen (vgl § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AMG). Dem trägt die hier gewählte Methode Rechnung, sich nicht an einer fiktiven "tatsächlichen Wirkstärke", sondern an der tatsächlichen Situation der Verordnungen in der Praxis im Hinblick auf die Wirkstärke zu orientieren (vgl ähnlich für den Vergleich der Wirksamkeit mehrerer Wirkstoffe BSGE 93, 296 RdNr 14 = SozR 4-2500 § 35 Nr 2 RdNr 16).

86

f) Die (hier noch zuständigen) Beigeladenen zu 2. bis 7. haben die Festbeträge rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die notwendige Form gewahrt, da die Festsetzung im Bundesanzeiger öffentlich bekanntgemacht wurde (§ 35 Abs 7 Satz 1 SGB V), und die Festbeträge auch materiell rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die in § 35 Abs 5 SGB V formulierten Vorgaben befolgt, Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten(Satz 1), Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen, einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen, sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten ausrichten und soweit wie möglich eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherstellen (Satz 2).

87

Die gerichtliche Kontrolle der festgesetzten Festbetragshöhe erfolgt grundsätzlich in vollem Umfang. Sie beschränkt sich jedoch auf die zutreffende Konkretisierung der bestehenden Zielvorgaben nebst wissenschaftlich haltbarer Schätzungen, wo in Unkenntnis der Reaktion jedes einzelnen Arzneimittelanbieters prognostische Elemente und Schätzungen mit in die Festbetragsfestsetzung einfließen müssen (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 46). Es besteht allerdings kein Beurteilungsspielraum der Beigeladenen zu 2. bis 7. mit Blick darauf, dass im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet ist (vgl dagegen zum Rechtsschutz im Hinblick auf atypische Einzelfälle oben II 1. e; aA - einen Beurteilungsspielraum bejahend - Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 31; Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 93). Anderes wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Das BVerfG hat die Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen in § 35 Abs 5 SGB V mit Rücksicht darauf nicht beanstandet, dass sie klar überprüfbare Festsetzungsmaßstäbe enthalten. Eine wesentliche Änderung des Inhalts des Wirtschaftlichkeitsgebots oder wirtschaftslenkende Handlungsspielräume sind dem Beklagten und waren den beigeladenen Krankenkassenverbänden nicht eröffnet (vgl näher BVerfGE 106, 275, 302 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2, S 20).

88

Die Beigeladenen zu 2. bis 7. haben das gesetzliche Berechnungsverfahren beachtet (s § 35 Abs 5 Satz 3 bis 7 SGB V). Danach sind die Festbeträge mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten. Bei der Berechnung nach § 35 Abs 5 Satz 4 SGB V sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vH an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten des Arzneimittelindexes der gesetzlichen Krankenversicherung zu Grunde zu legen. Demgemäß hat sich die Festsetzung der optimalen Festbetragshöhe iterativ unter Anwendung einer Maßzahl anzunähern (sogenannte Maßzahl M). Sie ist als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen definiert und muss durch die Festbetragsfestsetzung eingehalten werden.

89

Der Festbetrag von 13,48 Euro (Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4 und Packungsgröße 100 Stück) genügt - soweit hier von Interesse - diesen Anforderungen. Die festgesetzte Festbetragshöhe muss nur im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten, nicht aber im atypischen Einzelfall (vgl oben, II 1. e). Die Maßzahl M hat am Berechnungsstichtag bei 96,4 gelegen. Damit standen den Versicherten 35,1 Prozent der Packungen und 68,5 Prozent der Verordnungen - und folglich weit mehr als gesetzlich erforderlich - zum angepassten Festbetrag zur Verfügung. Außerdem waren Arzneimittel mit zwei der fünf Wirkstoffe der Festbetragsgruppe zum Festbetrag erhältlich. Danach greift auch das Vorbringen des Klägers nicht durch, die festgesetzte Festbetragshöhe stelle keine hinreichende Arzneimittelauswahl sicher. Die Sicherstellung einer für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl hat nur "soweit wie möglich" zu erfolgen, kann also auch dazu führen, dass lediglich ein einziges therapiegerechtes Arzneimittel zum Festbetrag zur Verfügung steht. Darüber ging das Angebot zum Festbetrag erhältlicher therapiegerechter Statine deutlich hinaus.

90

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG. Der Kläger muss als nach § 183 SGG Kostenprivilegierter nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen. Allerdings sind nach § 193 Abs 4 SGG nur die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig. Das sind lediglich Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten privilegierten Personen gehören, nicht aber Beigeladene. Kosten eines Beigeladenen sind grundsätzlich durch eine im Verfahren unterlegene Behörde zu erstatten (vgl BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17). Es entspricht aber in der Regel der Billigkeit, nach § 183 Abs 1 SGG kostenprivilegierte Beteiligte von der Erstattungspflicht gegenüber beigeladenen Trägern öffentlicher Verwaltung freizustellen. Sie sollen nicht durch eine drohende Kostenlast von der Anstrengung eines gerichtlichen Verfahrens abgehalten werden. So liegt es hier.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander Kosten für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 10.12.2014 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch des Klägers auf Anpassung seiner Altersrente zum 1.7.2010 verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf einen Verfahrensmangel.

3

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 16.3.2015 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn er hat den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß aufgezeigt (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels(§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

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Der Kläger rügt, dass sein Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt sei, weil der Berufungssenat willkürlich über seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter selbst entschieden habe. Über das Ablehnungsgesuch hätte gemäß § 46 ZPO ein Beschluss ergehen müssen. Anstelle dessen habe das LSG auf das Befangenheitsgesuch lediglich in den Urteilsgründen Bezug genommen.

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Mit diesem Vorbringen hat der Kläger einen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG; § 60 SGG iVm §§ 41 ff ZPO) nicht hinreichend dargelegt. Eine Entscheidung über das Befangenheitsgesuch in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern ist nach der Rechtsprechung nur in den Fällen eines rechtsmissbräuchlichen oder sonst offensichtlich unzulässigen Ablehnungsgesuchs möglich (vgl BSG vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - Juris RdNr 12; vgl auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 60 RdNr 10 c und 10 d mwN). Insbesondere ist die Ablehnung eines gesamten Berufungssenats dann missbräuchlich, wenn das Ablehnungsgesuch nicht ausreichend individualisiert ist (vgl nur BSG SozR Nr 5 zu § 42 ZPO; s auch BVerfGE 72, 51, 59).

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Der Kläger hätte daher in der Beschwerdebegründung aufzeigen müssen, weshalb und mit welcher Begründung gegen jedes einzelne Mitglied des Senats die Besorgnis der Befangenheit zu befürchten sei. Eine Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gegeben, wenn ein objektiv vernünftiger Grund vorliegt, der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus vernünftigerweise befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch entscheiden (vgl nur BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 13). Es müssen daher Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegen ablehnende Beteiligte oder auf Willkür beruhe (vgl BSG aaO).

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Diesen aufgezeigten Vorgaben entspricht die Beschwerdebegründung nicht, wenn der Kläger ausführt, dass der Berufungssenat den Befangenheitsantrag "wegen fehlender persönlicher Vorwürfe" als offensichtlich unzulässig angesehen habe. Überdies trägt er vor, dass die Befangenheit der Richter "auf Grund ihrer Teilhabe am öffentlichen System und der unmittelbaren oder zumindest mittelbaren Einflüsse der Entscheidung auf ihr tägliches Leben" gerügt worden sei. Durch die "Drittmittelfinanzierung der Rentenversicherung" sei mittelbar auch eine Entscheidung "in eigener Sache" ergangen (Seite 3 der Beschwerdebegründung). Deshalb habe keine unvoreingenommene Entscheidung durch die Berufsrichter getroffen werden können. Mit diesem Vortrag sind keine Gründe dargetan, weshalb der abgelehnte Berufungssenat ausnahmsweise über das Ablehnungsgesuch nicht selbst hätte entscheiden dürfen (vgl auch BVerfG vom 11.3.2013 - 1 BvR 2853/11 - NJW 2013, 1665 RdNr 28 ff).

9

Ein Verfahrensfehler ist auch nicht aufgezeigt, soweit der Kläger der Meinung ist, das LSG hätte durch separaten Beschluss entscheiden müssen, anstelle Ausführungen zum Befangenheitsgesuch lediglich im angegriffenen Berufungsurteil zu machen. In den Fällen, in denen abgelehnte Richter ausnahmsweise über das Befangenheitsgesuch entscheiden dürfen, ist regelmäßig keine gesonderte förmliche Entscheidung über das Befangenheitsgesuch erforderlich (vgl BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 19; vgl auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO RdNr 10 e mwN).

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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.