Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 19. Mai 2015 - L 15 RF 3/15

bei uns veröffentlicht am19.05.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Geltendmachung der Entschädigung für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 16.07.2014 wird abgelehnt.

Gründe

I.

Streitig ist, ob dem Antragsteller für die Geltendmachung der Entschädigung für die Teilnahme an einem Gerichtstermin Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu gewähren ist.

Im Berufungsverfahren vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) mit dem Aktenzeichen L 16 R 851/13 nahm der Antragsteller als Geschäftsführer der Beigeladenen nach Anordnung des persönlichen Erscheinens an der mündlichen Verhandlung am 16.07.2014 teil.

Mit auf den 15.12.2014 datiertem Entschädigungsantrag, beim LSG eingegangen am 17.12.2014, machte der Antragsteller Verdienstausfall und Fahrtkosten wegen des Gerichtstermins vom 16.07.2014 geltend.

Die Kostenbeamtin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 17.12.2014 dazu mit, dass der Entschädigungsanspruch wegen der dreimonatigen Antragsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG erloschen sei, und wies ihn auf die Möglichkeit, Wiedereinsetzung zu beantragen, hin.

Mit einem am 30.12.2014 beim LSG eingegangenen (undatierten) Schreiben hat der Antragsteller die Wiedereinsetzung wegen der Entschädigung für den Gerichtstermin am 16.07.2014 beantragt. Er hat vorgetragen, dass er als Unternehmensgründer mit einer mindestens 80-Stunden-Woche leben müsse und daher vermeintlich unwichtige Dinge etwas auf der Strecke bleiben würden. Reisekosten und Auslagen seiner Mitarbeiter würden auch nicht innerhalb von drei Monaten verfallen. Die (kostenrechtliche) Gesetzgebung sei nicht im Sinn der Bürger.

Auf das gerichtliche Schreiben vom 12.02.2015, mit dem der Antragsteller über die fehlenden Erfolgsaussichten seines Antrags auf Wiedereinsetzung aufgeklärt worden ist, ist keine Reaktion erfolgt.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag, der einer Entscheidung durch den Kostenbeamten entzogen ist, ist abzulehnen.

Der Entschädigungsantrag ist verfristet gestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen nicht vor.

1. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Denn der Antragsteller als Berechtigter ist nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden (Ladung vom 18.06.2014).

2. Entschädigungsantrag zu spät gestellt

Der Entschädigungsanspruch war bereits erloschen, als der Antragsteller die Entschädigung für sein Erscheinen bei der mündlichen Verhandlung am 16.07.2014 beim Bayer. LSG geltend gemacht hat.

Der Anspruch auf Entschädigung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG im Falle der Teilnahme an einem vom Gericht angeordneten Termin mit der Beendigung dieses Termins zu laufen. Darauf ist der Antragsteller im Übrigen auch - sogar besonders hervorgehoben durch Fettdruck - im Ladungsschreiben vom 18.06.2014 hingewiesen worden. Lediglich dann, wenn der Berechtigte in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen wird, ist für den Beginn aller Fristen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 JVEG die letzte Heranziehung maßgebend.

Vorliegend ist die (einmalige) Heranziehung des Antragstellers am 16.07.2014 erfolgt. Die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des dafür entstandenen Entschädigungsanspruchs ist am 16.10.2014 (Freitag) abgelaufen.

Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Vergütungsforderung bedarf es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 12.09.2013, Az.: L 15 SF 190/13 - m. w. N.).

Der Entschädigungsantrag vom 15.12.2014 ist erst deutlich nach Ablauf der dreimonatigen Frist für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs beim LSG eingegangen.

3. Wiedereinsetzung

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitert daran, dass der Antragsteller einen Wiedereinsetzungsgrund nicht vorgetragen hat.

3.1. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Allgemeinen

Einem Anspruchsteller nach dem JVEG ist bei Versäumung der Frist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn

- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, d. h. innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses für die (rechtzeitige) Antragstellung (zur Geltung dieser zeitlichen Anforderung bei allen drei im Folgenden genannten Voraussetzungen: vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12),

* einen Wiedereinsetzungsantrag stellt,

* einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft macht (vgl. zur verfassungsrechtlichen Problematik und den sich daraus ergebenden vergleichsweise geringen Anforderungen an die Glaubhaftmachung in diesem Zusammenhang die ausführlichen Erwägungen im Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12) und

* den Vergütungsanspruch beziffert

sowie

- sich das Gericht bei weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubhaften, d. h. überwiegend wahrscheinlichen Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12).

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 7 i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 JVEG sind die im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrags erforderlichen Erklärungen (Wiedereinsetzungsantrag, Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrunds und Bezifferung des Vergütungs- oder Entschädigungsanspruchs) zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben oder schriftlich einzureichen.

Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 JVEG nicht mehr beantragt werden.

Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist dem JVEG - im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Regelungen - fremd (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 156/12, vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B). Das Antragserfordernis verbietet es zudem, allein in der verspäteten Geltendmachung einer Entschädigungsforderung einen Wiedereinsetzungsantrag zu sehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, und vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B).

3.2. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall

3.2.1. Fristgerechte Antragstellung

Der Antragsteller hat fristgerecht einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt.

Jedenfalls ab Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 17.12.2014 musste dem Antragsteller bewusst sein, dass sein Entschädigungsantrag vom 15.12.2014 verspätet war. Für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG eine Frist von zwei Wochen eröffnet.

Mit dem beim LSG am 30.12.2014 eingegangenen undatierten Schreiben hat der Antragsteller einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Dieser Antrag ist innerhalb der mit Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 17.12.2014, der bei entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post fingiert werden kann, in Lauf gesetzten Frist von zwei Wochen, nämlich am 30.12.2014, bei Gericht eingegangen.

3.2.2. Fristgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds

Es fehlt an einer fristgerechten Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds, weil der Antragsteller überhaupt keinen Wiedereinsetzungsgrund vorgetragen hat.

Voraussetzung für eine fristgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds ist, dass Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG gehindert war. Dazu hat er Tatsachen anzugeben und glaubhaft zu machen, die erklären, warum er an einem fristgerecht, d. h. innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG zu stellenden Entschädigungsantrag ohne Verschulden gehindert war.

Um die vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG vorgesehene Möglichkeit der Wiedereinsetzung nicht ins Leere laufen zu lassen, ist von einer Glaubhaftmachung schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12 - mit ausführlichen Erläuterungen auch zu verfassungsrechtlichen Aspekten).

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller in seinem beim LSG am 30.12.2014 eingegangenen Schreiben einen Wiedereinsetzungsgrund, nämlich dass er unverschuldet an einer rechtzeitigen Beantragung der Entschädigung gehindert gewesen wäre, nicht vorgetragen.

Der vom Antragsteller angegebene Grund für die Fristversäumnis ist, dass wegen seiner erheblichen und seit Jahren bestehenden beruflichen Belastung die Stellung des Entschädigungsantrags zurückstehen habe müssen, da er vorrangig wichtigere Aufgaben zu erledigen gehabt habe. Dieses Vorbringen kann, auch wenn den Angaben des Antragstellers einschränkungslos gefolgt wird, einen Wiedereinsetzungsgrund nicht begründen.

Es ist in der Rechtsprechung und Literatur unstrittig, dass mit einer erheblichen zeitlichen beruflichen Inanspruchnahme auch im Sinn einer massiven Arbeitsüberlastung ein Wiedereinsetzungsgrund grundsätzlich nicht begründet werden kann, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten (vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 11.03.2015, Az.: 9 B 5/15; Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 01.02.2012, Az.: XII ZB 298/11; Beschluss des Senats vom 03.11.2008, Az.: L 15 SF 167/08 U KO). Besondere Umstände, die der Antragsteller vortragen und glaubhaft machen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.01.2015, Az.: 4 BN 18/14), liegen beispielweise vor, wenn die Arbeitsüberlastung plötzlich und unvorhersehbar eingetreten und durch sie die Fähigkeit zu konzentrierter Arbeit erheblich eingeschränkt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 08.05.2013, Az.: XII ZB 396/12). In einem solchen Fall muss der Antragsteller zudem vortragen und glaubhaft machen, dass er alles seinerseits Mögliche getan hat, um die Fristversäumung trotz der Arbeitsüberlastung zu vermeiden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 60, Rdnr. 20).

Im vorliegenden Fall kann der vom Antragsteller für eine Wiedereinsetzung vorgetragene Sachverhalt schon deshalb keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, da es sich bei der Arbeitsüberlastung nach den Angaben des Antragstellers um einen Dauerzustand gehandelt hat. Dem Umstand, dass der Antragsteller offensichtlich auch keinerlei organisatorische Vorkehrungen getroffen hat, dass - aus seiner subjektiven Sicht - eher unwichtige, aber fristgebundene Aufgaben fristgerecht erledigt werden, kommt daher keine weitergehende rechtliche Bedeutung zu.

4. Keine „Nachsichtgewährung“

Bei allem Verständnis für die möglicherweise aus beruflichen Gründen zeitlich sehr angespannte Situation des Antragstellers besteht keine Möglichkeit, ihm bezüglich der Entschädigung im Weg der Nachsicht entgegen zu kommen. Denn dafür geben die Regelungen des JVEG keine Rechtsgrundlage. Eine Nachsichtgewährung durch richterliches Ermessen würde einen Gesetzesverstoß darstellen (vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2014, Az.: L 15 SF 53/13 - m. w. N.).

Dem Antragsteller kann daher bezüglich der Geltendmachung der Entschädigung für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 16.07.2014 keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden und auch nicht auf andere Weise entgegen gekommen werden.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf Wiedereinsetzung als Einzelrichter zu entscheiden gehabt (§ 2 Abs. 2 Satz 7, § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG).

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 2 Abs. 2 Satz 7, § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 2 Abs. 2 Satz 7, § 4 Abs. 8 JVEG).

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Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 5. August 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen als Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zeit vom 6. September 2010 bis zum 19. April 2012 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig war.

II.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen wegen Vorliegens einer Beschäftigung gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der Zeit von September 2010 bis April 2012 versicherungspflichtig war.

Die Beigeladene betreibt ein 2010 gegründetes Unternehmen zur Planung, Herstellung und zum Vertrieb von vorwiegend robotergestützten Automatisierungslösungen und Komponenten sowie dazu gehörige Service- und Dienstleistungen. Sie wurde im April 2010 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von 36.000 € gegründet. Zwei Drittel der Geschäftsanteile (24.000 €) übernahm zunächst Herr F. S. (S), der auch zum Geschäftsführer bestellt wurde, das restliche Drittel die S. Verwaltungs-GmbH. Am 01.06.2010 veräußerte S an den Kläger Geschäftsanteile in Höhe von 12.000 €, so dass nunmehr S, der Kläger und die S. Verwaltungs-GmbH jeweils mit 33,33% an der Gesellschaft beteiligt waren. Mit Wirkung ab 20.04.2012 ist die S. Verwaltungs-GmbH aus der Gesellschaft ausgeschieden. Seither verfügen S und der Kläger jeweils über 50% der Geschäftsanteile; sie vereinbarten einen neuen Gesellschaftsvertrag.

§ 10 der Satzung der Beigeladenen vom 16.04.2010 (Anlage zur notariellen Errichtungsurkunde der Beigeladenen; im Folgenden: Satzung) regelt die Geschäftsführung, § 13 der Satzung die Modalitäten der Gesellschafterbeschlüsse. Die Geschäftsführer sind nach § 10 Nr. 1 verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung mit dem Gesetz, dem Gesellschaftsvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung sowie den Beschlüssen der Gesellschafter zu führen. Gemäß § 10 Nr. 2 der Satzung bedürfen die Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen und für alle Geschäfte, welche die Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss für zustimmungsbedürftig erklären. § 10 Nr. 3 Buchst. a bis v enthält eine Liste von Geschäften, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen. Gemäß § 10 Nr. 4 der Satzung kann der Katalog des § 10 Nr. 3 mit einer Stimmenmehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen auch einzelnen Geschäftsführern gegenüber erweitert oder beschränkt werden. Gesellschafterbeschlüsse werden nach § 13 Nr. 3 der Satzung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Gemäß § 13 Nr. 4 werden folgende Beschlüsse der Gesellschafter mit einer Stimmenmehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht zwingend vom Gesetz eine größere Mehrheit gefordert wird:

a) die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals;

b) die Auflösung der Gesellschaft;

c) die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;

d) die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;

e) die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat;

f) die Beschlüsse gemäß § 10 Nr. 3 und § 10 Nr. 4.

Mit Wirkung ab 06.09.2010 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Ebenfalls am 06.09.2010 schlossen die Beigeladene und der Kläger einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag auf unbestimmte Dauer, der u. a. folgende Regelungen enthält: Der Vertrag ist kündbar, wobei die Gesellschaft nach einer Kündigung, gleich durch welche Vertragspartei, jederzeit befugt ist, den Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung von seiner Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen (§ 2). Der Geschäftsführer führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags und unter Beachtung der Beschlüsse bzw. Weisungen der Gesellschafterversammlung. Er widmet seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft, regelt seine Arbeitszeit selbstständig und eigenverantwortlich, ohne an bestimmte Dienstzeiten gebunden zu sein, ist jedoch verpflichtet, der Gesellschaft soweit erforderlich jederzeit, auch am Abend sowie an Sonn- und Feiertagen, zur Verfügung zu stehen (§ 1). Für das Jahr 2010 erhält der Kläger ein festes Jahresgehalt von 35.000 €. Er hat keinen Anspruch auf Vergütung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder sonstiger Mehrarbeit (§ 3). Ihm wird ein Dienstwagen für Geschäftsfahrten und für private Zwecke zur Verfügung gestellt; Reisekosten und sonstige Aufwendungen im Interesse der Gesellschaft werden ihm erstattet (§ 3).

Die Geschäftsführer - der Kläger und S - sind jeweils alleinvertretungsberechtigt und befugt, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Ein entsprechender Eintrag ins Handelsregister erfolgte am 05.10.2010.

Der Kläger übernahm am 28.04.2010 eine Bürgschaft für Forderungen der Sparkasse gegen die Beigeladene in Höhe von 60.000 €, abgesichert durch eine Grundschuld, die auf einem ihm und seiner Frau gehörenden Grundstück liegt. Er gewährte der Gesellschaft im Juni 2010 ein nicht abgesichertes (Investitions-) Darlehen in Höhe von 40.000 € für drei Jahre und im März 2011 ein weiteres Darlehen in Höhe von 6.000 € für sechs Monate. Im Februar 2011 vereinbarte er mit den anderen Gesellschaftern eine Stundung seines Gehalts in Höhe von 8400 € monatlich für die Zeit von März bis Juni 2011.

Der Kläger ist privat kranken- und pflegeversichert.

Am 15.11.2010 stellte der Kläger einen Statusfeststellungsantrag und gab u. a. an, Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu sein, dem Direktionsrecht der Gesellschaft weder bezüglich Zeit noch Ort noch Art der Beschäftigung zu unterliegen und seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten zu können, wobei die Gestaltung der Tätigkeit von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere vom eigenen wirtschaftlichen Interesse zum Wohl und Gedeihen des Unternehmens abhängig sei. Er könne Personal selbstständig einstellen und entlassen. Von seiner Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet. Die Verbuchung der Vergütung erfolge als Betriebsausgabe. Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt werde voraussichtlich die Jahresarbeitsentgeltgrenze (2009: 48.600 €) übersteigen.

Nach Hinweis der Beklagten im Anhörungsverfahren darauf, dass beabsichtigt sei, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen, wobei auch berücksichtigt werde, dass der Kläger kraft seines Anteils am Stammkapital (33%) keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausübe, wendete der Kläger ein, dass die typischen Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit vorliegen würden. Er trage ein erhebliches unternehmerisches Risiko, arbeite faktisch weisungsungebunden und habe sehr wohl einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, weil der Gesellschaftsvertrag für wichtige Geschäfte eine Dreiviertel-Mehrheit regele.

Mit Bescheiden vom 29.03.2011 gegenüber dem Kläger und gegenüber der Beigeladenen stellte die Beklagte fest, dass die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status ergeben habe, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen seit dem 06.09.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 06.09.2010. Der Kläger könne, so die Begründung, mit einem Kapitaleinsatz von 33% und dem daraus resultierenden Stimmrechtsanteil die Geschicke der Firma nicht maßgeblich beeinflussen. Aufgrund mangelnder Vetorechte bzw. Sperrminoritäten könne er keine Entscheidungen verhindern. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage er kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Er sei zwar indirekt am Gewinn der Gesellschaft beteiligt, eine Kürzung seiner Bezüge bei schlechter Geschäftslage müsse er jedoch nicht befürchten. Hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsorts und der Ausübung der Tätigkeit sei dem Kläger weitgehende Gestaltungsfreiheit belassen worden. Trotzdem bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sie sich in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebs eingliedere. Allein aus der weisungsfreien Tätigkeit könne nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden, da er selbst bei Belassung großer Freiheiten der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterliege. Dies gelte auch dann, wenn die Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch machen würden. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2011 mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurück. Seine Tätigkeit unterliege trotz der Belassung großer Freiheiten der Überwachung durch die Gesellschafter.

Im Hinblick auf eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse im April 2010 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 09.08.2012 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als geschäftsführender Gesellschafter bei der Beigeladenen seit dem 20.04.2012 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in dieser Tätigkeit keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Der Kläger hat am 14.08.2011 Klage zum Sozialgericht München erheben und den Antrag stellen lassen, den Bescheid vom 29.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit dem 06.09.2010 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Unter Berücksichtigung der vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Grundsätze stehe er nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen. Mit der Feststellung, der Kläger verfüge nicht über eine Sperrminorität und könne nicht sämtliche Beschlüsse der Gesellschaft verhindern, übersehe die Beklagte die Bedeutung der in § 10 Nr. 3 aufgeführten Geschäfte. Anders als die Beklagte annehme, sei es keineswegs erforderlich, dass der über eine Sperrminorität verfügende Gesellschafter-Geschäftsführer jeden Beschluss der Gesellschafter verhindern oder herbeiführen können müsse. Ausreichend sei es bereits, wenn die Minderheitsrechte es ihm ermöglichen würden, ihm nicht genehme oder ihn belastende Entscheidungen zu verhindern. Dies sei hier ohne Zweifel der Fall. Die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer könne gemäß § 13 Nr. 4 Buchst. d der Satzung nicht ohne seine Zustimmung erfolgen. Des Weiteren bedürften die in § 13 Nr. 4 aufgelisteten Geschäfte einer Mehrheit von 75% und könnten damit nicht ohne Zustimmung des Klägers geschlossen werden (=Sperrminorität). Damit seien faktisch sämtliche Geschäfte, welche die Gesellschaft betreffen würden, unter den Vorbehalt der Zustimmung des Klägers gestellt. Es liege folglich eine Sperrminorität vor, die nicht nur bei allgemeinen Kompetenzen wie beispielsweise der Festlegung der Unternehmenspolitik greife, was für sich allein nicht ausreichend wäre (BSG vom 24.09.1992, 7 RAr 12/92). Die gesellschaftsvertragliche Gestaltung habe zur Folge, dass der tatsächliche Einfluss des Geschäftsführers sehr viel größer sei als es seinem Gesellschaftsanteil entspreche, was für sich genommen bereits eine abhängige Beschäftigung ausschließe (BSG vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R). Auch bei der Beurteilung des Anstellungsvertrags verkenne die Beklagte die vom BSG zur Unterscheidung von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit aufgestellten tragenden Grundsätze. Das Unternehmerrisiko des Klägers finde hier durch die Gewährung zweier Darlehen an die Gesellschaft (46.000 €) und durch Übernahme einer Bürgschaft (60.000 €) eine besonders intensive Ausprägung. Zudem werde nicht berücksichtigt, dass der Kläger am 15.02.2011 einer Stundung seiner Geschäftsführervergütung bis zum 30.06.2011 zugestimmt habe. Auch dieser Umstand verdeutliche einen Einsatz des Klägers für die GmbH, wie er für selbstständige Unternehmer, nicht aber für abhängig Beschäftigte typisch sei. Auch die Vertragsdurchführung spreche gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger sei tatsächlich in der tagtäglich gehandhabten Praxis keinerlei Weisungen oder Einschränkungen unterworfen.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 05.08.2013 die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen in der Zeit vom 06.09.2010 bis 19.04.2012 selbstständig war. Die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, würden überwiegen. Bei drei Gesellschaftern mit jeweils 33,33% der Stimmanteile habe der Kläger eine Sperrminorität. Er könne nicht ohne seine Zustimmung abberufen werden. Weiterhin trage er ein unternehmerisches Risiko (Darlehen, Bürgschaft). Er sei nach dem Anstellungsvertrag nicht weisungsgebunden, er regele seine Arbeitszeit selbstständig und eigenverantwortlich. Des Weiteren sei er am Gewinn der Gesellschaft beteiligt, vom Selbstkontrahierungsverbot befreit und alleinvertretungsberechtigt.

Gegen den ihr am 12.08.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 27.08.2013 Berufung eingelegt. Sie hat geltend gemacht, dass der Kläger nicht im Besitz einer vollumfänglichen Sperrminorität sei, und insoweit auf die Entscheidung des BSG vom 24.09.1992 (7 RAr 12/92) Bezug genommen. Dort habe es nicht ausgereicht, dass die Festlegung der Unternehmenspolitik einer Mehrheit von 75% aller Stimmen bedurft hätte. So liege der Fall auch hier. Die „Hilfsindizien“ wie Darlehensgewährung und Übernahme einer Bürgschaft seien nicht geeignet, die oben genannten Indizien zu entkräften. Die Belastung eines Erwerbstätigen, der als abhängiger Beschäftigter anzusehen sei, mit zusätzlichen Risiken mache ihn nicht zum Selbstständigen. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot sei für kleinere GmbH’s nicht untypisch und deute daher keinesfalls zwingend auf eine selbstständige Tätigkeit hin.

Klägerseits ist dargelegt worden, dass die hier geregelte Sperrminorität sich nicht auf die Festlegung der Unternehmenspolitik, die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Auflösung der Gesellschaft beschränke. Es sei praktisch keine Fallgestaltung erkennbar, bei der dem Kläger gegen seinen Willen eine Weisung erteilt werden könnte. Der Kläger habe über eine ausreichende Sperrminorität verfügt, er habe seine Arbeitszeit selbstständig und eigenverantwortlich regeln können und sei nicht an bestimmte Dienstzeiten gebunden gewesen, er habe mit der Bürgschaftsübernahme und der Darlehensgewährung ein erhebliches Unternehmerrisiko übernommen, er sei am Gewinn der Gesellschaft beteiligt, verfüge über Einzelvertretungsbefugnis und sei von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch befreit. Wenn die Beklagte die Auffassung vertrete, es hätte des in § 13 enthaltenen Katalogs zustimmungsbedürftiger Geschäfte nicht bedurft, wenn die Gesellschafter eine umfassende Sperrminorität für den Kläger eingerichtet hätten, was aber offensichtlich gerade nicht gewollt gewesen sei, verkenne sie, dass bei einer „umfassenden Sperrminorität“, also einer Sperrminorität für alle Geschäfte, die Gesellschaft de facto handlungsunfähig geworden wäre.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 05.08.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Prozessakte des Sozialgerichts München und die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und auch fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht dem Begehren des Klägers entsprochen und die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben. Der Kläger war in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen als Gesellschafter-Geschäftsführer in der streitigen Zeit nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Wegen der Unzulässigkeit einer Elementenfeststellung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, Juris Rn. 14 ff.) ist allerdings der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung dahingehend zu ergänzen, dass keine Sozialversicherungspflicht besteht.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten gegenüber dem Kläger vom 29.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2011, wobei nach Erteilung des weiteren Bescheids vom 09.08.2012 (§ 96 SGG) nur noch die Zeit von 06.09.2010 bis 19.04.2012 streitig ist. Für die Zeit danach ist von der Beklagten bereits anerkannt worden, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Beigeladene keine Versicherungspflicht wegen abhängiger Beschäftigung auslöst.

Für Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, bestand im streitigen Zeitraum Versicherungspflicht in der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI), in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch), in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III).

Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Die Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein, es muss aber eine fremdbestimmte Leistung bleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (vgl. BSG, Urteil vom 24.09.1992, 7 RAr 12/92, Juris Rn. 16 m. w. N.). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Ausgangspunkt der Beurteilung ist dabei das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu den ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung zwischen den Beteiligten hat dann gegenüber den Vereinbarungen den Vorrang, wenn eine formlose Abbedingung der Vereinbarungen möglich ist. Andererseits ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht, unabhängig davon, ob von ihr Gebrauch gemacht wird (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, Juris Rn. 21 f.; Urteile vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R und B 12B 12 KR 25/10 R, jeweils Juris Rn. 15 f. m. w. N.).

Auch bei der Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH als abhängige Beschäftigung zu qualifizieren ist, sind diese Grundsätze maßgeblich. Die persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers von der Gesellschafterversammlung ist nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass er als Geschäftsführer Organ der Gesellschaft ist. Der Geschäftsführer einer GmbH ist allerdings von vornherein nicht persönlich abhängig, wenn er aufgrund seiner Gesellschafterrechte einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft hat, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, und zwar unabhängig davon, ob er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich Gebrauch macht (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, Rn. 18, 19 m. w. N. zur Rechtsprechung).

Der Kläger war in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen als Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zeit vom 06.09.2010 bis zum 19.04.2012 nicht abhängig beschäftigt und sozialversicherungspflichtig. Eine Beschäftigung gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV liegt deshalb nicht vor, weil er auch schon in der streitigen Zeit die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte vermeiden konnte. Entgegen der Einschätzung der Beklagten hatte er aufgrund seiner Rechtsmacht in der Gesellschaft einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen und die Geschicke der Gesellschaft. Er hielt zwar keine Mehrheitsbeteiligung an der Beigeladenen, sondern hatte nur einen Anteil von 33,33%, nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen verfügte er aber über eine Sperrminorität, die ihn in die Lage versetzte, ihm nicht genehme Weisungen der anderen Gesellschafter zu verhindern.

Das folgt aus den Regelungen in der Satzung der Beigeladenen. Oberstes Organ in einer GmbH ist die Gesamtheit der Gesellschafter bzw. die Gesellschafterversammlung, die abgesehen von den nicht abdingbaren (Mindest-) Kompetenzen der Geschäftsführer (z. B. Vertretung der Gesellschaft nach außen gemäß §§ 35, 37 Abs. 2 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG) und vorbehaltlich anderweitiger gesellschaftsvertraglicher Regelungen in der Satzung nahezu jede Angelegenheit an sich ziehen kann und auch bezüglich der laufenden Geschäftsführung Weisungen an die Geschäftsführer erteilen kann. Hinsichtlich der Einzelheiten der Kompetenzverteilung besteht allerdings Gestaltungsfreiheit, von der die Gesellschafter der Beigeladenen Gebrauch gemacht haben (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Auflage 2010, § 46 Rn. 89, 91; Windbichler, Gesellschaftsrecht 23. Auflage 2013, § 22 Rn. 3, 11). Die für die Sperrminorität eines Gesellschafter-Geschäftsführers maßgebliche Rechtsposition kann nur auf körperschaftlicher Ebene, also durch Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag und durch satzungsgemäße Gesellschafterbeschlüsse, begründet und verändert werden (Windbichler a. a. O. § 22 Rn. 6). Keine maßgebliche Bedeutung hat insoweit der zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer geschlossene Anstellungsvertrag.

Die Kompetenzverteilung zwischen der Gesamtheit der Gesellschafter und den Geschäftsführern ist in § 10 der Satzung der Beigeladenen geregelt. Nach § 10 Nr. 2 bedürfen die Geschäftsführer für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen und die die Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss für zustimmungsbedürftig erklären, der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss. Diese Regelung impliziert, dass den Geschäftsführern für die Geschäfte des gewöhnlichen, laufenden Betriebs gesellschaftsvertraglich zugestanden wird, die notwendigen Entscheidungen ohne vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu treffen. Den Bereich der laufenden Geschäftsführung erledigen die Geschäftsführer also nicht nach Weisungen der Gesellschafterversammlung, sondern eigenverantwortlich, wobei alle Entscheidungen und Maßnahmen vom satzungsmäßigen Geschäftszweck gedeckt sein müssen (§ 3 der Satzung). Der in § 10 Nr. 3 Buchst. a bis v enthaltene Katalog von Geschäften, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, markiert zugleich die Grenzen der laufenden Geschäftsführung. Zu den Geschäften des gewöhnlichen Betriebs gehören qua gesellschaftsvertraglicher Definition beispielsweise Anschaffungen und Investitionen im Bereich des Anlage- und Umlaufvermögens, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten 10.000 € im Einzelfall oder 50.000 € im Geschäftsjahr nicht übersteigen (§ 10 Nr. 3 Buchst. e und f), der Abschluss und die Kündigung von Dauerschuldverträgen mit einer Jahresbelastung von bis zu 10.000 € (§ 10 Nr. 3 Buchst. g), die Einstellung und Entlassung von Angestellten und von gewerblichen Arbeitnehmern mit einem Jahresbruttogehalt bei Vollzeit von bis zu 50.000 € oder die Einstellung von bis zu drei Mitarbeitern pro Geschäftsjahr (§ 10 Nr. 3 Buchst. h), die Inanspruchnahme oder Gewährung von Sicherheiten oder Krediten sowie die Übernahme fremder Verbindlichkeiten, soweit sie im Einzelfall und im Geschäftsjahr 10.000 € nicht übersteigen (§ 10 Nr. 3 Buchst. l).

Während gesellschaftsvertraglich den Geschäftsführern im Bereich der laufenden Geschäftsführung weitgehende Handlungsfreiheit eingeräumt wird, kommt gemäß § 10 Nr. 2 der Satzung bei den über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehenden Geschäften die Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschafterversammlung voll zum Tragen. Genau für diesen Bereich weisungsgebundener Geschäfte konnte allerdings der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung von 33,33% ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung abwehren. Denn § 13 Nr. 4 der Satzung regelt, dass die dort genannten Beschlüsse der Gesellschafter, wozu insbesondere auch die Beschlüsse gemäß § 10 Nrn. 3 und 4 der Satzung gehören, mit einer Stimmenmehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Diese Sperrminorität verlieh dem Kläger die Rechtsmacht, für die in § 10 Nr. 3 aufgeführten Geschäfte Weisungen an ihn als Geschäftsführer zu verhindern, die er als Fremdgeschäftsführer nicht hätte abwehren können. Da auch für die Erweiterung bzw. Beschränkung des Katalogs gemäß § 10 Nr. 3 eine Stimmenmehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen erforderlich war (§ 10 Nr. 4, § 13 Nr. 4 Buchst. f der Satzung), konnte der Katalog der Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen, nicht gegen den Willen des Klägers abgeändert werden. Anders als in dem vom Bundessozialgericht am 24.09.1992 entschiedenen Fall, auf den sich die Beklagte zu Unrecht bezieht, ist hier die Sperrminorität nicht auf gewisse unternehmenspolitische Fragen wie die Erhöhung und Herabsetzung des Stammkapitals, die Auflösung der Gesellschaft und die Feststellung des Jahresabschlusses sowie die Verwendung des Ergebnisses beschränkt (dazu § 10 Nr. 4 Buchst. a bis c), sondern über die Bezugnahme auf § 10 Nrn. 3 und 4 der Satzung umfassend ausgestaltet (nach BSG, Urteil vom 24.09.1992, 7 RAr 12/92, Juris Rn. 20, bezog sich die Sperrminorität des Gesellschafter-Geschäftsführers lediglich auf die Festlegung der Unternehmenspolitik, Änderung des Gesellschaftsvertrag und Auflösung der Gesellschaft; eine Sperrminorität bejahend BSG, Urteil vom 18.04.1991, 7 RAr 32/90 -alle Beschlüsse waren einstimmig zu fassen- und BSG, Urteil vom 06.02.1992, 7 RAr 134/90, Juris Rn. 33, ohne nähere Angaben, auf welche Beschlüsse sich die Sperrminorität bezog).

Nicht richtig ist der Einwand der Beklagten, es handele sich nicht um eine vollumfängliche Sperrminorität, die offensichtlich gerade nicht gewollt gewesen sei. Zu Recht hat der Kläger dem entgegengehalten, dass keine Fallgestaltung erkennbar sei, bei der ihm eine Weisung gegen seinen Willen hätte erteilt werden können. Nach der gesellschaftsvertraglichen Konzeption ist er im Rahmen der laufenden Geschäftsführung dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung nicht unterworfen. Bezüglich der über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Maßnahmen kann er über die sich gerade auf diese Geschäfte beziehende Sperrminorität Weisungen der Gesellschafterversammlung abwehren. Soweit die Argumentation der Beklagten darauf abzielt, dass der Kläger die Rechtsmacht haben müsste, in der Gesellschaft seinen Willen durchzusetzen, wird der Begriff der Sperrminorität verkannt, der nämlich dort, wo qualifizierte Mehrheiten verlangt werden, „nur“ die Möglichkeit der Minderheit bezeichnet, bei Abstimmungen einen bestimmten Beschluss zu verhindern (vgl. Wikipedia zum Stichwort Sperrminorität).

Die dem Kläger in der beigeladenen GmbH zustehende Rechtsmacht zeigte sich auch daran, dass er über die ihm gemäß § 13 Nr. 4 Buchst. d der Satzung eingeräumte Sperrminorität die Möglichkeit hatte, seine Abberufung als Geschäftsführer gegen seinen Willen zu verhindern. Nach dieser Regelung ist für die Bestimmung und Abberufung von Geschäftsführern sowie Entlastung derselben eine Stimmenmehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen nötig. Die Regelung lässt zwar die Möglichkeit der Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund unberührt, da die Befugnis der Gesellschaft, die Bestellung zum Geschäftsführer aus einem wichtigen Grund jederzeit widerrufen zu können, in § 38 Abs. 2 GmbHG zwingend vorgeschrieben ist und durch die Satzung weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.1982, II ZR 110/82, Juris Rn. 9; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck a. a. O. § 38 Rn. 8, 51). Jenseits der bei Dauerschuldverhältnissen nie abdingbaren Kündigungs- bzw. Widerrufsmöglichkeit aus wichtigem Grund verschaffte aber die in § 13 Nr. 4 Buchst. d der Satzung verankerte Sperrminorität dem Kläger eine gesicherte Rechtsposition als Gesellschafter-Geschäftsführer.

Es bestand auch keine Weisungsgebundenheit des Klägers hinsichtlich des äußeren Rahmens seiner Tätigkeit bezüglich Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung. Die fehlende persönliche Abhängigkeit des Klägers wird durch die Regelung im Anstellungsvertrag bestätigt, wonach er seine Arbeitszeit selbstständig und eigenverantwortlich regelt, ohne an Dienstzeiten gebunden zu sein, jedoch verpflichtet ist, der Gesellschaft soweit erforderlich jederzeit zur Verfügung zu stehen, auch am Abend sowie an Sonn- und Feiertagen (vgl. § 1 Nr. 5 des Anstellungsvertrags vom 06.09.2010). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsorts und der Ausübung seiner Tätigkeit weitgehende Gestaltungsfreiheit hatte.

Schließlich rundet der Umstand, dass der Kläger ein erhebliches unternehmerisches Risiko übernahm, das Gesamtbild dahingehend ab, dass er die Geschäftsführer-Tätigkeit auch bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht in einem fremden Betrieb ausübte. Schon vor Abschluss des Anstellungsvertrags übernahm er im April 2010, dem Gründungsmonat der Gesellschaft, eine Bürgschaft für Forderungen der Sparkasse gegen die Beigeladene in Höhe von 60.000 €, die durch eine Grundschuld abgesichert war, die auf einem ihm und seiner Ehefrau gehörenden Grundstück liegt, und gewährte der Beigeladenen im Juni 2010 ein nicht abgesichertes (Investitions-)Darlehen über 40.000 € mit einer Laufzeit von drei Jahren. Im Februar 2011 vereinbarte er mit den anderen Gesellschaftern eine Stundung seines Gehalts in Höhe von monatlich 8400 € für die Zeit von März bis Juni 2011. Im März 2011 gewährte er der Beigeladenen ein weiteres Darlehen über 6000 € für sechs Monate. Der Kläger setzte also in erheblichem Umfang eigenes Kapital ein, um die Beigeladene wirtschaftlich zu stärken, und ging dabei auch ein erhebliches Verlustrisiko ein.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

Die Vergütung und die Entschädigung sind nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der Auftrag an den Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Berechtigte vor diesem Zeitpunkt herangezogen worden ist. Dies gilt auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers und des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. November 2014 wird verworfen.

Der Kläger und der Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 11 823,84 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist wegen Fristversäumung unzulässig (1.) und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden (2.).

2

1. Der Kläger und der Beigeladene haben die Nichtzulassungsbeschwerde nicht rechtzeitig begründet. Gemäß § 133 Abs. 3 VwGO ist die Beschwerdebegründung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Gericht einzureichen, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll. Hier hat der Kläger, der sich selbst und den Beigeladenen anwaltlich vertritt, die - an den Verwaltungsgerichtshof richtig adressierte - Begründung für die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil, das ihm am 8. Dezember 2014 zugestellt worden war, am Abend des 9. Februar 2015, des letzten Tages der Begründungsfrist, versehentlich dem Verwaltungsgericht Wiesbaden per Telefax übermittelt. Von dort wurde die Begründungsschrift erst am Morgen des 10. Februar 2015, mithin nach Fristablauf, per Telefax an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet. Durch den Eingang beim Verwaltungsgericht, dem die Empfangszuständigkeit fehlte, wurde die Begründungsfrist nicht gewahrt.

3

Zu Unrecht meinen der Kläger und der Beigeladene, wegen einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung laufe im vorliegenden Fall gemäß § 58 Abs. 2 VwGO anstelle der Zweimonatsfrist eine Jahresfrist für die Einlegung und die Begründung der Beschwerde. Worüber in einer Rechtsbehelfsbelehrung zu belehren ist, ergibt sich aus § 58 Abs. 1 VwGO. Zum notwendigen Inhalt gehört demnach der Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, der Sitz und die einzuhaltende Frist. Bei zweistufig aufgebauten Rechtsmitteln, bei denen auf die erste Stufe der Einlegung die zweite Stufe einer fristgebundenen Begründung folgt, muss zudem über die Notwendigkeit einer einzureichenden Begründung und die hierfür geltende Frist bereits im Urteil belehrt werden (BVerwG, Beschluss vom 7. November 2014 - 2 B 45/14 - juris Rn. 9 f. m.w.N.). die dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. November 2014 beigefügte Rechtsmittelbelehrung genügt diesen Anforderungen.

4

Der Umstand, dass sich die Rechtsmittelbelehrung des Verwaltungsgerichtshofs in Bezug auf den Fristbeginn statt des in § 133 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 VwGO verwendeten Gesetzeswortlauts "nach Zustellung des vollständigen Urteils" der Formulierung "nach Zustellung dieser Entscheidung" bedient hat, war nicht geeignet, bei dem Kläger und dem Beigeladenen einen Irrtum über die formellen und materiellen Voraussetzungen der Nichtzulassungsbeschwerde als des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen oder sie gar davon abzuhalten, diesen Rechtsbehelf rechtzeitig und in der richtigen Form einzulegen bzw. zu begründen. Vollständig im Sinne des § 133 VwGO ist eine zugestellte Urteilsausfertigung dann, wenn sie formal und inhaltlich geeignet ist, den Beteiligten die Entscheidung über die Einlegung des geeigneten Rechtsmittels zu ermöglichen (vgl. Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a Rn. 30, Stand September 2004; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 137). Die Vollständigkeit des hier angegriffenen Berufungsurteils ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zweifelhaft. Das würde sogar dann gelten, wenn das Berufungsurteil, wie die Beschwerde meint, unter dem einen oder anderen Gesichtspunkt einen Begründungsmangel aufweisen sollte; ein derartiger Verfahrensfehler hätte den Fristenlauf nicht gehindert, sondern er hätte innerhalb der Begründungsfrist bezeichnet, d.h. dargelegt werden müssen (§ 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO).

5

2. Wiedereinsetzung (§ 60 Abs. 1 VwGO) in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist kann dem Kläger und dem Beigeladenen nicht gewährt werden, denn ihren Darlegungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Prozessvertreter der Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert war, die Begründungsfrist einzuhalten. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang zum einen auf seine Arbeitsüberlastung, hervorgerufen durch eine "Überbeschleunigung" des Berufungsverfahrens und dessen zeitliche Überlagerung durch ein weiteres, mit diesem inhaltlich zusammenhängendes Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof; zum anderen stützt er sich auf die verzögerte Gewährung von Akteneinsicht. Beide Gesichtspunkte sind nicht geeignet, das Verschulden des Klägers an der Fristversäumnis auszuschließen.

6

Arbeitsüberlastung ist regelmäßig kein Wiedereinsetzungsgrund. Ist dem Rechtsanwalt die Wahrung prozessualer Fristen nicht möglich, muss er das Mandat an einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt weiterleiten. Zum Ausschluss des Verschuldens wegen Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten müssen deshalb stets besondere Umstände hinzutreten, insbesondere muss der Bevollmächtigte alles ihm Mögliche und Zumutbare getan haben, um die Fristversäumung trotz Arbeitsüberlastung zu vermeiden (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 2015 - 4 BN 18.14 - juris Rn. 10 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Der Umstand, dass die - zudem unvollständige, erst durch ein weiteres Telefax vom Folgetag ergänzte - Beschwerdebegründung vom 9. Februar 2015 nicht beim Verwaltungsgerichtshof, sondern beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eingegangen ist, beruhte auf einer Verwechselung der Telefaxnummern durch den Kläger selbst, die er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte vermeiden können.

7

Auch im Hinblick auf die verzögerte Akteneinsicht lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen, dass der Kläger alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Fristüberschreitung zu vermeiden. So hatte er seinen ursprünglichen Antrag vom 27. November 2014 an den Verwaltungsgerichtshof, ihm Akteneinsicht beim Verwaltungsgericht Wiesbaden zu ermöglichen, nach Eingang der Akten beim Verwaltungsgericht nicht weiterverfolgt, sondern ihn mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2014 für "überholt" erklärt, bevor er - nach Rücklauf der Akten an den Verwaltungsgerichtshof - erst mit Schriftsatz vom 3. Februar 2015 dort dringlich darum bat, die Akten wiederum "möglichst so an das VG Wiesbaden zu versenden, dass diese noch über das Wochenende 06. bis 09.02.2015 in die Kanzlei mitgenommen oder zumindest am 09.02.2015 beim VG Wiesbaden eingesehen werden können." Die durch dieses widersprüchliche Prozessverhalten hervorgerufene Verzögerung fällt in den Risikobereich des Klägers und des Beigeladenen.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 298/11
vom
1. Februar 2012
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Verfahrensbevollmächtigte trägt die Verantwortung dafür, dass die Rechtsmittelschrift
rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Insofern muss er sich bei der
Unterzeichnung davon überzeugen, dass sie zutreffend
adressiert ist (im Anschluss an BGH Beschlüsse vom 30. Oktober
2008 - III ZB 54/08 - FamRZ 2009, 109 Rn. 9; vom 29. Juli
2003 - VIII ZB 107/02 - FamRZ 2003, 1650; vom 23. November 1995 - V ZB 20/95 -
NJW 1996, 997, 998 und vom 12. Oktober 1995 - VII ZR 8/95 - NJW-RR 1996, 443).
Von dieser Verpflichtung ist der Verfahrensbevollmächtigte grundsätzlich auch nicht
in plötzlich und unvorhersehbar eingetretenen Stresssituationen entbunden.
BGH, Beschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 298/11 - KG Berlin
AG Tempelhof-Kreuzberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dose, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 12. April 2011 wird auf Kosten der Antragsteller verworfen. Beschwerdewert: 5.710 €

Gründe:

I.

1
Die Antragsteller wenden sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die damit einhergehende Verwerfung ihrer Beschwerde als unzulässig.
2
Mit Beschluss vom 19. November 2010 hat das Amtsgericht den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen, ihren ehemaligen Schwiegersohn wegen von ihnen erbrachter Geldgeschenke zur Zahlung von 5.710 € zu verurteilen.
3
Gegen den ihnen am 21. Dezember 2010 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts haben die Antragsteller am 21. Januar 2011 Beschwerde beim Kammergericht eingelegt. Die Beschwerde haben sie am 7. Februar 2011 wieder zurückgenommen, nachdem der Vorsitzende des Beschwerdegerichts ihnen mitgeteilt hatte, dass bei der Anwendung des neuen Verfahrensrechts die Beschwerde beim Amtsgericht einzulegen gewesen wäre.
4
Am 17. Februar 2011 haben die Antragsteller (erneut) Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
5
Zur Begründung haben die Antragsteller ausgeführt, dass die Rechtsfachwirtin H. im Büro ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 21. Januar 2011, dem Tag des Fristablaufs der im Computer notierten Berufungsfrist, den Auftrag gehabt habe, die Beschwerde einzulegen. Bei dem von Frau H. im Computer aufgerufenen Formular für die Beschwerdeschrift habe es sich noch um ein Formular nach dem alten Recht gehandelt, welches sie aber habe überschreiben wollen. Kurz danach habe Frau H. sich unwohl gefühlt, Kreislaufprobleme bekommen und sei dann ohnmächtig geworden. Sie sei von einer weiteren Angestellten und der Verfahrensbevollmächtigten wiederbelebt und von Letzterer zum Arzt gefahren worden, wo sie notversorgt worden sei. Die Verfahrensbevollmächtigte sei anschließend wieder ins Büro gefahren und habe wegen weiterer Termine der Angestellten P. die Weisung erteilt, die Beschwerde zu fertigen und fristwahrend zu faxen. Die Verfahrensbevollmächtigte habe die Beschwerde unterschrieben und sich dann zu weiteren Terminen begeben. An einem normalen Tag hätte sie den Schriftsatz nochmals überprüft, der 21. Januar 2011 sei aber aufgrund der dramatischen Situation nicht normal gewesen. Die Angestellte P. habe die Beschwerde in der Vermutung, diese sei ordnungsgemäß vorbereitet worden, nach der Unterschrift der Verfahrensbevollmächtigten an das Kammergericht gefaxt. Durch den Zusammenbruch von Frau H. , einer seit 20 Jahren in der Kanzlei tätigen zuverlässigen und sehr exakten Mitarbeiterin, sei der Kanzleibetrieb völlig durcheinandergeraten.
6
Das Kammergericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die gegen den amtsgerichtlichen Beschluss gerichtete Beschwerde der Antragsteller verworfen. Hiergegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die hier maßgeblichen Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt sind und das Beschwerdegericht hiernach zutreffend entschieden hat. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen deshalb nicht vor.
8
1. Die Beschwerde war gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Antragsteller sie entgegen § 64 Abs. 1 FamFG nicht innerhalb von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des amtsgerichtlichen Beschlusses beim zuständigen Amtsgericht eingelegt haben. Dieser wurde ihnen am 21. Dezember 2010 zugestellt. Die Antragsteller haben indes erst am 17. Februar 2011 beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt.
9
2. Zu Recht hat das Kammergericht den Antragstellern die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt. Nach § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 233 ZPO setzt die Wiedereinsetzung voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Auf der Grundlage ihres Vortrags ist ein ihnen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Anwaltsverschulden nicht ausgeräumt.
10
a) Das Anwaltsverschulden liegt darin, dass die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller die Beschwerdeschrift ungeprüft unterschrieben hat.
11
Der Prozessbevollmächtigte einer Partei trägt die Verantwortung dafür, dass die Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Demgemäß muss er sich bei Unterzeichnung dieses Schriftsatzes davon überzeugen , dass er zutreffend adressiert ist (BGH Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08 - FamRZ 2009, 109 Rn. 9; vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02 - FamRZ 2003, 1650; vom 23. November 1995 - V ZB 20/95 - NJW 1996, 997, 998 und vom 12. Oktober 1995 - VII ZR 8/95 - NJW-RR 1996,

443).

12
b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht ausgeführt, dass die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller dieser Verpflichtung nicht gerecht geworden ist. Sie hat die ihr obliegende Kontrolle des Schriftsatzes hinsichtlich der Adressierung des Empfangsgerichts nicht wahrgenommen.
13
Dieser Verpflichtung kam auch deswegen besondere Bedeutung zu, weil Sorge bestand, dass die an sich zuständige Mitarbeiterin an diesem Tag möglicherweise wegen der aufgetretenen Erkrankung nicht - wie üblich - zuverlässig und exakt gearbeitet hat. Hinzu kommt, dass nach dem Vortrag der Antragsteller die - jedenfalls von der zuständigen Mitarbeiterin benutzte - bürointerne Software ersichtlich noch nicht auf das neue Verfahrensrecht umgestellt war. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorhalten lediglich eines - auf altem Recht basierenden - Formulars mit weniger Risiken behaftet sei, als das Einrichten zweier - auf das jeweils anzuwendende Recht abstellenden - Formulare. Während bei der ersten Alternative - wie hier - eher in Vergessenheit geraten kann, das Formular entsprechend abzuändern, ist der Bearbeiter bei zwei alternativ vorhandenen Formularen gezwungen, sich hinsichtlich des anzuwendenden Rechts zu entscheiden und damit das Gericht zu wählen, bei dem die Beschwerde einzulegen ist.
14
c) Von der Verpflichtung, die Bestimmung des zuständigen Gerichts zu überprüfen, war die Verfahrensbevollmächtigte vorliegend auch nicht etwa im Hinblick auf die an dem betreffenden Tag herrschenden Umstände entbunden. Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, dass die im Einzelnen geschilderten Ereignisse vom 21. Januar 2011 geeignet waren, eine nicht unerhebliche Unruhe in den Kanzleialltag zu bringen und für die Verfahrensbevollmächtigte eine besondere Belastung dargestellt haben dürften. Gleichwohl handelte es sich nicht um eine Situation, die sie von ihrer Überprüfungspflicht hätte freistellen können.
15
aa) Es ist anerkannt, dass eine krankheitsbedingte Fristversäumung des Anwalts unter besonderen Voraussetzungen, insbesondere bei einer plötzlich auftretenden Erkrankung, für die der Anwalt keine Vorsorge treffen konnte, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen kann (Senatsbeschluss vom 26. November 1997 - XII ZB 150/97 - NJW-RR 1998, 639; BGH Beschluss vom 3. Dezember 1998 - X ZR 181/98 - NJW-RR 1999, 938).
16
Dabei wird auch vertreten, dass eine erhebliche Arbeitsüberlastung des Rechtsanwalts eine Wiedereinsetzung ausnahmsweise dann rechtfertigen könne , wenn sie plötzlich und unvorhersehbar eingetreten und durch sie die Fähigkeit zu konzentrierter Arbeit erheblich eingeschränkt sei (vgl. BGH Beschluss vom 23. November 1995 - V ZB 20/95 - NJW 1996, 997, 998; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 233 Rn. 23 "Arbeitsüberlastung"; HK-ZPO/Sänger ZPO 4. Aufl. § 233 Rn. 21).
17
bb) Eine krankheitsbedingte Einschränkung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller lag hier unstreitig nicht vor. Dass das Beschwerdegericht eine Wiedereinsetzung auch im Hinblick auf eine stressbedingte Arbeits- überlastung der Verfahrensbevollmächtigten verneint hat, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
18
Es ist nicht dargetan, dass die Verfahrensbevollmächtigte aufgrund der - sehr ungewöhnlichen - Situation nicht mehr in der Lage gewesen wäre, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Im Gegenteil hinderte der eingetretene Notfall die Verfahrensbevollmächtigte nicht daran, anschließend noch zwei umfangreiche Termine wahrzunehmen.
19
Danach ist nicht ersichtlich, dass sich die mit dem eingetretenen Notfall einhergehende Stresssituation so erheblich auf den Zustand der Verfahrensbevollmächtigten ausgewirkt hätte, dass diese nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Beschwerdeschrift inhaltlich zu überprüfen. Zu Recht weist das Kammergericht darauf hin, dass es nur einen geringen zeitlichen Mehraufwand be- deutet hätte, die - weder einen Antrag noch eine Begründung enthaltene - Beschwerdeschrift durchzulesen und hinsichtlich der Angabe des Empfangsgerichts auf die Richtigkeit zu überprüfen. Hahne Weber-Monecke Dose Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 19.11.2010 - 150 F 14882/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 12.04.2011 - 13 UF 50/11 -

Gründe

1

1. Die Voraussetzungen der beantragten Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 94 VwGO liegen nicht vor.

2

Die Antragsteller stützen ihren verschiedentlich wiederholten Aussetzungsantrag im Wesentlichen darauf, dass die abschließende gerichtliche Klärung der Zulässigkeit des gegen den Bebauungsplan gerichteten Bürgerbegehrens für das Beschwerdeverfahren vorgreiflich sei. Diese Annahme geht fehl. Die im Normenkontrollverfahren zu prüfende Wirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans hängt nicht davon ab, ob ein gegen den Bebauungsplan gerichtetes Bürgerbegehren zulässig ist. Ungeachtet der Möglichkeit, gegen die Bekanntmachung des Bebauungsplans während des laufenden Bürgerbegehrens gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen und ungeachtet etwaiger gegenteiliger landesrechtlicher Vorschriften ist das zuständige Gemeindeorgan durch ein zulässiges Bürgerbegehren jedenfalls nach bundesrechtlichen Maßstäben nicht gehindert, den vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 und 4 BauGB durch ortsübliche Bekanntmachung in Kraft zu setzen. Die Aussetzung dient auch nicht dazu, nicht in Anspruch genommenen vorläufigen Rechtsschutz zu ersetzen.

3

Erst recht hängt die im Beschwerdeverfahren zu treffende Entscheidung, ob die Revision aus den Gründen des § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen ist, nicht von der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ab. Es besteht auch kein Grund, das Verfahren - wie beantragt - auszusetzen, um dem Bundesverfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu ermöglichen.

4

2. Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist ist den Antragstellern nicht zu gewähren. In der Beschwerdeentscheidung können deshalb nur Zulassungsgründe berücksichtigt werden, die die Antragsteller bis zum regulären Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 22. Mai 2014 vorgetragen haben. Späterer Vortrag kann nur als Erläuterung der fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe berücksichtigt werden. Hierauf wurden die Antragsteller bereits mit Schreiben des Berichterstatters vom 8. Oktober 2014 hingewiesen.

5

a) Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Diese Ausschlussfrist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2001 - 8 B 52.01 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 61) hat vorliegend mit der Zustellung des angegriffenen Urteils an den Bevollmächtigten der Antragsteller am 22. März 2014 zu laufen begonnen. Sie endete deshalb gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit Ablauf des 22. Mai 2014.

6

Der Einwand der Antragsteller, ihrem Bevollmächtigten sei am 22. März 2014 kein vollständiges Urteil zugestellt worden, weil die tragenden Erwägungen (des angegriffenen Urteils) im Wesentlichen durch Verweis auf bis dahin nicht veröffentlichte Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs begründet worden seien, mit der Folge, dass die Beschwerdebegründungsfrist in diesem Zeitpunkt nicht zu laufen begonnen habe, greift nicht durch. Diesem Einwand liegt ein Missverständnis des in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO verwendeten Begriffs der „Zustellung des vollständigen Urteils“ zugrunde. Die nach § 56 Abs. 1 VwGO vorgeschriebene Zustellung gerichtlicher Entscheidungen hat den Zweck, den Verfahrensbeteiligten bzw. ihren Bevollmächtigten die Kenntnisnahme des Inhalts der Entscheidung zu ermöglichen und zugleich den Nachweis des Zugangs zu sichern (vgl. z.B. Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, § 56 Rn. 8 f. m.w.N.). Gemäß diesem Zweck liegt eine „Zustellung des vollständigen Urteils“ im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO dann vor, wenn die gerichtliche Entscheidung, so wie sie getroffen wurde, vollständig übermittelt worden ist und die Verfahrensbeteiligten oder ihre Bevollmächtigten vom Inhalt der Entscheidung vollständig Kenntnis nehmen können. Unvollständig ist eine Zustellung dagegen etwa dann, wenn nicht alle Seiten einer gerichtlichen Entscheidung in der zugestellten Ausfertigung enthalten sind. Dementsprechend liegt der Einwand der Antragsteller, die ihnen unstreitig vollständig zugestellte Entscheidung sei inhaltlich unzureichend, weil in der Begründung auf nicht veröffentlichte Entscheidungen Bezug genommen worden sei, neben der Sache. Denn Mindestanforderungen an den Inhalt zugestellter gerichtlicher Entscheidungen normiert § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht.

7

Soweit die Antragsteller außerdem geltend machen, der Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs sei unvollständig und nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, und hieraus folgern, dass die Frist zur Geltendmachung der Beschwerdegründe deshalb gemäß § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr ab Zustellung betrage, geht dieser Vortrag ebenfalls fehl. Maßgeblich für den Lauf der Beschwerdebegründungsfrist ist, wie sich bereits dem Wortlaut des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO unschwer entnehmen lässt, das angegriffene Urteil. Dessen Rechtsmittelbelehrung ist vorliegend weder unterblieben noch war sie unrichtig. Auf den Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juni 2014 kommt es nicht an.

8

b) Gründe, aus denen sich ergibt, dass ihr Bevollmächtigter ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleibt deshalb ohne Erfolg.

9

Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2014 haben die Antragsteller die zeitweise Arbeitsunfähigkeit ihres Bevollmächtigten während der Beschwerdebegründungsfrist vortragen lassen. Diesen Vortrag haben sie mit Schriftsatz vom 7. Juli 2014 dahingehend konkretisiert, dass ihr Bevollmächtigter wegen einer durch einen Fahrradunfall verursachten Rippenprellung und einer anschließenden Erkältung „für mindestens eine gute Woche arbeitsunfähig erkrankt“ gewesen sei. Das hierzu vorgelegte ärztliche Attest bestätigt Arbeitsunfähigkeit „seit 02.05.14 - voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich 09.05.14 - festgestellt am 05.05.14“. Gründe dafür, warum die erst mit Ablauf des 22. Mai 2014 endende Beschwerdebegründungsfrist ohne Verschulden nicht habe eingehalten werden können, sind damit nicht dargetan.

10

Die Antragsteller berufen sich außerdem auf eine hohe Arbeitsbelastung ihres Bevollmächtigten. Arbeitsüberlastung ist indes regelmäßig kein Wiedereinsetzungsgrund (vgl. z.B. VGH München, Beschluss vom 29. September 1997 - 8 ZS 97.2401 - BayVBl 1998, 544). Wenn ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung übernimmt, ist die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben, der er seine besondere Sorgfalt widmen muss. Ist ihm dies nicht möglich, muss er die Übernahme des Mandats ablehnen oder es an einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt weiterleiten. Zum Ausschluss des Verschuldens wegen Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten bedarf es deshalb stets des Hinzutretens besonderer Umstände, die ebenfalls darzulegen und glaubhaft zu machen sind. Hierzu gehört auch der Vortrag, dass der Bevollmächtigte alles seinerseits Mögliche getan hat, um die Fristversäumung trotz der Arbeitsüberlastung zu vermeiden (siehe etwa Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 60 Rn. 20). Daran fehlt es hier.

11

Schließlich sind auch die mit Schriftsätzen vom 23. Juni und vom 7. Juli 2014 behaupteten technischen Probleme beim Kopieren von Dokumenten aus einer Rechtsprechungs-Datenbank, die nach Angaben der Antragsteller zum vollständigen Absturz und zur Unbrauchbarkeit der Schriftsatz-Datei geführt haben sollen, nicht geeignet, das mangelnde Verschulden ihres Bevollmächtigten an der Fristversäumnis darzutun. Von einem Bevollmächtigten sind gebräuchliche organisatorisch-technische Vorkehrungen zu erwarten, die beim Einsatz elektronischer Datenverarbeitungssysteme insbesondere eine regelmäßige und funktionierende Datensicherung gewährleisten. Das gilt umso mehr, wenn sich eine Frist ihrem Ende nähert und der Bevollmächtigte deshalb Möglichkeiten einer Fristversäumung in Betracht zu ziehen hat, die zu einem früheren Zeitpunkt weniger naheliegen oder doch leichter vermeidbar sind (vgl. z.B. Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, § 60 Rn. 40). Entsprechende Vorkehrungen vorausgesetzt kann ein aufgrund technischer Probleme auftretender Datenverlust allenfalls einen kurzen Zeitraum seit der letzten Datensicherung betreffen. Mit dem Vortrag, die Datei sei offenbar schon zuvor nicht mehr korrekt zwischengespeichert worden, räumen die Antragsteller insoweit defizitäre Vorkehrungen ihres Bevollmächtigten ein.

12

Abzulehnen sind ferner die in den Schriftsätzen der Antragsteller wiederholt anklingenden Anträge auf Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO. Der Vortrag der Antragsteller lässt bereits eine Angabe von Tatsachen vermissen, aus denen sich ergibt, wann die angeblich unverschuldeten Hindernisse weggefallen sind (zu diesem Erfordernis BVerwG, Beschluss vom 22. August 1984 - 9 B 10609/83 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 142). Es fehlen auch tragfähige Angaben dazu, warum es dem Bevollmächtigen der Antragsteller ohne Verschulden unmöglich gewesen sein soll, innerhalb der mit dem Wegfall der Hindernisse in Lauf gesetzten Monatsfrist nach § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO die für die Zulassung der Revision sprechenden Gründe abschließend vorzutragen.

13

3. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

14

Innerhalb der - mit Ablauf des 22. Mai 2014 endenden - Beschwerdefrist ist beim Verwaltungsgerichtshof allein der am 22. Mai 2014 per Fax übermittelte Schriftsatz der Antragsteller vom selben Tag eingegangen. In diesem Schriftsatz stützt sich die Beschwerde auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO. Die vorgetragenen Gründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

15

a) Die Revision ist nicht wegen der behaupteten Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

16

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend dargetan, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem u.a. in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz widersprochen hat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 8. April 2014 - 4 B 5.14 - ZfBR 2014, 494 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

17

aa) Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 13), eine die Antragsbefugnis der Antragsteller begründende Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange ergebe sich nicht daraus, dass der Bebauungsplan vor Ablauf der in § 8b Abs. 3 Satz 1 HGO normierten Frist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens bekannt gemacht worden sei. Die hiergegen erhobene Divergenzrüge ist unschlüssig.

18

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs besteht eine Antragsbefugnis nur dann, wenn eine schutzwürdige Rechtsposition durch die mit dem Normenkontrollantrag angegriffene Rechtsnorm selbst beeinträchtigt sein könne. Eine derartige Rechtsbeeinträchtigung hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick darauf, dass der Zeitpunkt oder die Art und Weise der Bekanntmachung zu keiner Beeinträchtigung abwägungsbeachtlicher Belange von Grundeigentümern im Umfeld des Plangebiets führen könnten, verneint. Die Beschwerde meint, diese entscheidungserhebliche Begründung weiche von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wie sie im Beschluss des Senats vom 12. März 1999 - 4 BN 6.99 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 133) zusammengefasst worden sei. Hiernach sei ein Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. „durch“ die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung eingetreten oder zu erwarten, wenn die vom Antragsteller angeführte Beeinträchtigung subjektiver privater Interessen der angegriffenen Rechtsvorschrift tatsächlich und rechtlich zuzuordnen sei. Die Bekanntmachung eines Bebauungsplans sei notwendiger Teil der Normgebung und eine ordnungsgemäße Bekanntmachung Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans. Insofern sei die Bekanntmachung einem Bebauungsplan auch „tatsächlich und rechtlich zuzuordnen“. Eine amts- und rechtsmissbräuchliche Bekanntgabe könne auch eine Beeinträchtigung demokratischer Teilhaberechte bewirken. Damit zeigt die Beschwerde eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz nicht auf. Das gilt bereits deshalb, weil der von der Beschwerde wiedergegebene Rechtssatz des zitierten Beschlusses zu der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO („Nachteil“) formuliert worden ist. Abgesehen davon zielt der zitierte Rechtssatz ersichtlich auf die Abgrenzung der durch die angegriffene Rechtsnorm selbst eingetretenen oder zu erwartenden Wirkungen von den durch einen anderen selbständigen Akt ausgelösten Wirkungen. Mit der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, zur Feststellung einer die Antragsbefugnis begründenden möglichen Rechtsverletzung sei allein auf den Inhalt des Bebauungsplans und nicht auf dessen Bekanntmachung abzustellen, hat dies nichts zu tun.

19

Soweit die Beschwerde ihre Auffassung, eine amts- bzw. rechtsmissbräuchliche Bekanntgabe könne auch eine Beeinträchtigung demokratischer Teilhaberechte oder eine Verletzung von Organrechten bewirken, weiter auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 1987 - 7 N 1.87 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 17) stützt, ist die behauptete Divergenz ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Denn die zitierte Entscheidung verhält sich ausschließlich zu der Frage, ob ein Normenkontrollantrag gegen die Geschäftsordnung eines kommunalen Vertretungsorgans gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft ist, betrifft also die Anwendung einer anderen Rechtsvorschrift.

20

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde mit der Divergenzrüge ferner dagegen, dass der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 14) die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 1, 2 und 3 mit der Begründung abgelehnt hat, diese seien durch die zu erwartende planbedingte Verkehrszunahme und den damit einhergehenden Anstieg der Verkehrslärmimmissionen allenfalls in geringem Umfang betroffen.

21

Die Beschwerde meint, der Verwaltungsgerichtshof sei damit vom Beschluss des Senats vom 18. März 1994 - 4 NB 24.93 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 88) abgewichen, wonach dem Anwohner einer Straße, die den Zu- und Abgangsverkehr für ein neu geplantes Baugebiet aufnehmen soll, die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht deshalb abgesprochen werden könne, weil die Erhöhung des Verkehrslärms geringfügig sei. Auch damit zeigt die Beschwerde eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz nicht auf.

22

Das gilt wiederum bereits deshalb, weil der von der Beschwerde zitierte Leitsatz zu § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. („Nachteil“) formuliert worden ist. Überdies war der Rechtssatz für die Entscheidung des Revisionsgerichts nicht tragend, weil das Normenkontrollgericht diese Frage letztlich unentschieden gelassen hatte (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1994 - 4 NB 24.93 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 88 S. 5). Abgesehen davon hat der Senat in den Gründen des Beschlusses (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1994 - 4 NB 24.93 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 88 S. 4) klargestellt, dass das Interesse von Anwohnern an der Vermeidung einer Verkehrszunahme auch dann, wenn die damit verbundene Lärmzunahme für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist, zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören „kann“. Zwangsläufig ist das nicht. Das hat der Senat in dem von der Beschwerde ebenfalls zitierten Urteil vom 18. Juli 2013 - 4 CN 3.12 - (BVerwGE 147, 206 Rn. 27) noch einmal ausdrücklich bestätigt.

23

cc) Auch die behauptete Divergenz zum Urteil vom 18. Juli 2013 - 4 CN 3.12 - (BVerwGE 147, 206) sowie zu den Beschlüssen vom 24. Mai 2007 - 4 VR 1.07 - (ZfBR 2007, 580), vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 - (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50) und vom 14. Februar 1994 - 4 B 152.93 - (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 121) ist nicht gegeben. Das gilt für die beiden zuletzt genannten Beschlüsse schon deshalb, weil diese nicht zur Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO n.F. ergangen sind. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof eine „generalisierende Rechtsthese, dass in Randlagen zum Außenbereich zusätzliche Lärmbelastungen auch i.H.v. mehr als 5 dB(A) „regelmäßig hinzunehmen“ und deshalb geringfügig bzw. nicht abwägungsrelevant seien“, wie die Beschwerde behauptet (Schriftsatz vom 22. Mai 2014 S. 10), nicht aufgestellt. Das Normenkontrollgericht hat vielmehr die Rechtsauffassung vertreten, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Zunahme des Straßenverkehrs und des Verkehrslärms als mehr als nur geringfügig anzusehen ist, eine wertende Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der gegebenen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des Gebiets vorgenommen werden müsse (UA S. 14). Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206 Rn. 27; Beschluss vom 24. Mai 2007 - 4 VR 1.07 - ZfBR 2007, 580 <580>). Sollte der Vorinstanz bei der Anwendung vorgenannten Rechtssatzes ein Rechtsfehler unterlaufen sein oder hieraus nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen worden sein, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind, läge darin keine Divergenz (BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2013 - 4 B 44.12 - juris Rn. 9).

24

dd) Erfolglos macht die Beschwerde schließlich eine Abweichung hinsichtlich des Antragstellers zu 5 geltend, soweit der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 11 f.) angenommen hat, dieser sei präkludiert, weil er in der öffentlichen Auslegung persönlich keine Einwendungen erhoben habe und auch nicht in wirksamer Weise durch eine andere Person vertreten worden sei.

25

Die Beschwerde macht geltend, es hätte geprüft werden müssen, ob eine Geltendmachung im Sinne des § 47 Abs. 2a VwGO nicht auch vorliege, wenn Einwendungen von Bürgern unter namentlicher Benennung durch einen Erklärungsboten übermittelt werden. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2012 - 3 C 12.11 - (Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 113) könnten Anträge auf Subventionen und deren Bewilligung wirksam durch Erklärungs- bzw. Empfangsboten übermittelt werden. Insoweit verfehlt die Beschwerde wiederum die Darlegungsanforderungen, denn sie benennt keinen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift - hier: § 47 Abs. 2a VwGO - aufgestellten Rechtssatz. Substantiierte Darlegungen fehlen auch, soweit die Beschwerde darauf hinweist, dass der Senat in seinem Urteil vom 18. November 2010 - 4 CN 3.10 - (BVerwGE 138, 181 Rn. 12) die Anforderungen, die an die Einwendungen zu stellen sind, als gering bezeichnet habe.

26

b) Die Rechtssache hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

27

aa) Die von der Beschwerde - sinngemäß - aufgeworfene Frage,

ob eine Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für Personen, die nicht unmittelbar von den Rechtsfolgen der angegriffenen Rechtsnorm erfasst werden, aus einer amts- bzw. rechtsmissbräuchlichen Bekanntmachung einer Satzung und einer hierdurch bewirkten Beeinträchtigung von demokratischen Teilhaberechten der betroffenen Organmitglieder und der betroffenen Bürger folgen kann,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Denn von einer - von der Beschwerde unterstellten - amts- bzw. rechtsmissbräuchlichen Bekanntmachung der Satzung ist der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen. Im Übrigen liegt bereits nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf der Hand, dass nur diejenige natürliche oder juristische Person antragsbefugt ist, die geltend macht, „durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung“, im Falle eines Bebauungsplans also in erster Linie durch dessen Festsetzungen (BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217>) als Inhalt des Bebauungsplans (§ 9 BauGB) und darüber hinaus durch eine fehlerhafte Abwägung des Planinhalts (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 Rn. 15) in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Bundes- oder landesrechtliche Vorschriften über die ortsübliche Bekanntmachung des Bebauungsplans vermitteln demgegenüber keine die Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren begründende subjektive Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

28

bb) Aus diesem Grunde ist auch die weiter aufgeworfene Frage,

ob ein Normenkontrollverfahren entschieden werden kann, bevor zu dem der angefochtenen Norm zugrunde liegenden Rechtsetzungsverfahren ein anhängiger Rechtsbehelf bestandskräftig erledigt (gemeint ist wohl: rechtskräftig entschieden) ist,

nicht entscheidungserheblich. Denn die Antragsbefugnis der Antragsteller lässt sich unabhängig von der seitens der Beschwerde behaupteten fehlerhaften Bekanntgabe des Bebauungsplans verneinen. Im Übrigen bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass die Beschwerde zu Unrecht von einer „amts- bzw. rechtsmissbräuchlichen Bekanntgabe“ des Bebauungsplans ausgeht. Wie dargelegt, wäre das zuständige Gemeindeorgan ungeachtet der Möglichkeit, gegen die Bekanntmachung des Bebauungsplans während des laufenden Bürgerbegehrens gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen, und ungeachtet etwaiger gegenteiliger landesrechtlicher Vorschriften jedenfalls nach bundesrechtlichen Maßstäben auch im Falle eines zulässigen Bürgerbegehrens nicht daran gehindert, den vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan ortsüblich bekanntzumachen. Bedeutung und Tragweite des Demokratieprinzips sind insoweit nicht berührt. Das erkennen die Antragsteller wohl letztlich auch selbst an, indem sie einräumen, dass eine Klärung der Beteiligungsrechte der Antragsteller nicht im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan, sondern allein im anhängigen Verfahren über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erreicht werden kann.

29

cc) Rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf wird schließlich auch nicht aufgezeigt mit den Fragen,

ob pauschal Mischgebietswerte als zulässig zugrunde gelegt werden können, wenn eine Randlage zum Außenbereich besteht, in dem (?) sich nur reine Wohngebietsnutzungen oder allenfalls allgemeine Wohngebietsnutzungen einfügen und/oder auch nur solche Nutzungen planerisch festgesetzt sind,

und ob bei der Bestimmung der zulässigen Belastungen auch abwägend mit zu berücksichtigen ist, ob ein konkreter Bedarf besteht und ob der Vorrang der Innenentwicklung beachtet wurde.

30

Mit der - missverständlich formulierten - ersten Frage will die Beschwerde (wohl) klären lassen, ob Mischgebietswerte auch dann zugrunde gelegt werden können, wenn reine oder allgemeine Wohnnutzungen die an den Außenbereich angrenzenden Wohnflächen prägen oder für diese Flächen planerisch festgesetzt sind. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50) geklärt. Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs können nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden Nutzungen oder höchstens ebenfalls nur Wohnnutzungen entstehen. Sie dürfen nur darauf vertrauen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht. Das ist nicht der Fall, wenn die Lärmbelastung nicht über das in einem (Dorf-)Mischgebiet zulässige Maß hinausgeht, denn auch diese Gebiete dienen dem Wohnen. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann deshalb auch eine Planung zulässig sein, die den Randbereich eines angrenzenden Wohngebiets Lärmauswirkungen aussetzt, welche um 5 dB(A) über den Richtwerten für Wohngebiete liegen.

31

Die zweite Frage ist unsubstantiiert. Inwiefern Gesichtspunkte der Innenentwicklung bei der Antragsbefugnis rechtlich oder tatsächlich eine Rolle spielen können, legt die Beschwerde nicht einmal im Ansatz dar. Die Frage drängt sich auch sonst, etwa auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, nicht auf.

32

c) Die Revision ist auch nicht wegen der erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

33

aa) Die Beschwerde macht geltend, die angegriffene Entscheidung beruhe auf einem Verfahrensfehler, soweit der Verwaltungsgerichtshof (über den Normenkontrollantrag) unter Ablehnung der beantragten Aussetzung entschieden habe. Der behauptete Verfahrensfehler liegt nicht vor. Wie dargelegt, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht darauf abgestellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 94 VwGO nicht erfüllt sind, weil die Rechtswirksamkeit (der Bekanntmachung) des angegriffenen Bebauungsplans nicht davon abhängt, ob das Bürgerbegehren gegen den Bebauungsplan als zulässig angesehen wird.

34

bb) Von vornherein unsubstantiiert ist der Vorwurf einer verfahrensfehlerhaften Überraschungsentscheidung.

35

Die Beschwerde macht geltend, dass die entscheidungstragenden tatsächlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs zur allenfalls geringfügigen Betroffenheit der Antragsteller durch eine planbedingte Verkehrslärmzunahme weder „konkret Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung“ noch „Gegenstand zuvor erfolgter Darlegungen der Antragsgegnerin“ gewesen seien. Insoweit sei zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren ein gezielter Hinweis vor bzw. spätestens in der mündlichen Verhandlung geboten gewesen. Denn dann wären hierzu konkrete Einwendungen vorgetragen worden. Insoweit gibt die Beschwerde (in dem nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Fax vom 23. Juni 2014) ergänzend an, dass das Baugebiet der Ansiedlung von Familien mit besserem Einkommen dienen solle; dem entspreche es nicht, nur von 2,7 Bewohnern pro Wohneinheit auszugehen. Zudem sei auch nicht behauptet worden, dass sogleich 130 Fahrzeuge vorhanden seien; es sei lediglich vertreten worden, dass mehr als 75, nämlich 100 Fahrzeuge zugrunde zu legen seien. Mit diesem Vortrag verfehlt die Beschwerde die Darlegungsanforderungen an eine zulässige Verfahrensrüge. Weder legt die Beschwerde dar noch ist aus sonstigen Umständen ersichtlich, warum ein gewissenhafter und sachkundiger Prozessbeteiligter vorliegend nicht hätte erkennen können, dass es für die Frage der Antragsbefugnis unter Lärmschutzgesichtspunkten auf die konkrete planbedingte Lärmmehrbelastung der Antragsteller ankommt (vgl. hierzu z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 9 B 1076.98 - juris).

36

4. Der Senat ist weder durch die seitens der Antragsteller angekündigten weiteren Stellungnahmen noch durch die erneut und wiederholt beantragte Akteneinsicht noch durch die „Gegenvorstellung“ gegen die mit Schreiben des Berichterstatters mitgeteilte Absicht, über die Beschwerde nach dem 24. Oktober 2014 umgehend zu entscheiden, an einer Entscheidung gehindert.

37

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2014 hatte der Berichterstatter die Antragsteller darauf hingewiesen, dass die vorgetragenen Gründe nach vorläufiger Prüfung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht rechtfertigen mit der Folge, dass in der Beschwerdeentscheidung nur diejenigen Zulassungsgründe berücksichtigt werden könnten, die die Antragsteller bis einschließlich 22. Mai 2014 vorgetragen haben, und dass deshalb weder die beantragte Akteneinsicht noch die Einräumung einer weiteren Äußerungsfrist zielführend erscheine. Ungeachtet dessen wurde den Antragstellern bis 24. Oktober 2014 Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme sowie zur Akteneinsicht gegeben. Von der Möglichkeit zur Akteneinsicht haben die Antragsteller keinen Gebrauch gemacht. Eine nach Fristablauf wiederholt erbetene Übersendung der Akten war deshalb nicht veranlasst, desgleichen nicht eine „geräumigere“ Frist zu weiteren Stellungnahmen; die „Gegenvorstellung“ gegen die Fristsetzung geht fehl. Es besteht auch kein rechtlicher Grund für die beantragte Beiziehung von Behördenakten oder für die erbetenen richterlichen Hinweise zu unterschiedlichen Themen.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Geltendmachung der weiteren Kosten für das Gutachten vom 29.10.2012 (Rechnung vom 05.02.2013: „Laboruntersuchung vom 18.10.12“) wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Vergütung weiterer im Rahmen der Erstellung eines Gutachtens erbrachter Leistungen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) und dazu die Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG.

In dem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 13 R 26/12 geführten rentenversicherungsrechtlichen Berufungsverfahren erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts unter dem Datum vom 29.10.2012 ein nervenärztliches Gutachten. Das Gutachten ging am 31.10.2012 samt Rechnung bei Gericht ein. Positionen für die anlässlich der Begutachtung durch ein Fremdlabor am 18.10.2012 durchgeführten Laboruntersuchungen enthielt die Rechnung nicht.

Die Laborärzte stellten dem Gericht mit Liquidation vom 19.12.2012 einen Betrag in Höhe von 104,92 € in Rechnung. Der Kostenbeamte teilte den Laborärzten dazu mit Schreiben vom 11.01.2013 mit, dass Auftragnehmer des Gutachtens allein der Antragsteller sei und die vom Antragsteller, dem Sachverständigen, beauftragten Hilfskräfte kein eigenes Antragsrecht hätten. Eine Vergütung durch das Gericht sei daher nicht möglich. Die Zahlung ihnen gegenüber sei von dem zu erbringen, der die Leistungen im Labor beauftragt habe.

Am 05.02.2013 meldete sich der Antragsteller telefonisch beim Kostenbeamten und teilte mit, dass er eine Rechnung der Laborärzte erhalten habe. Er sei etwas verwundert, weshalb er die Rechnung zahlen solle. Die Rechnung sei doch vom LSG zu begleichen. Bisher seien alle Laborrechnungen direkt, d. h. von den Laborärzten, an die Gerichte gesandt und von dort gezahlt worden. Er sei daher davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit habe.

Auf den daraufhin erfolgten Hinweis des Kostenbeamten, dass die Laborärzte keinen eigenen Anspruch hätten und für den Antragsteller die Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG abgelaufen sei, aber die Möglichkeit der Wiedereinsetzung im Raum stehe, hat der Antragsteller noch im Telefonat unter Hinweis auf seine zuvor getätigten Ausführungen die Wiedereinsetzung beantragt. Anschließend hat er dem Gericht eine auf den 05.02.2013 datierte Rechnung für die Laboruntersuchung vom 18.10.2012 in Höhe von 104,92 € übersandt (Eingang bei Gericht am 08.02.2013). Die formularmäßige Rechnung enthält den Zusatz „Antrag auf Wiedereinsetzung“, ohne dass zur Wiedereinsetzung weitere Ausführungen enthalten sind.

II.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen der Geltendmachung der mit Rechnung vom 05.02.2013 angemeldeten weiteren Kosten (Laboruntersuchung vom 18.10.2012) für das Gutachten vom 29.10.2012, über den nicht der Kostenbeamte, sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG das Gericht zu entscheiden hat, ist abzulehnen. Denn der Antragsteller hat keinen Wiedereinsetzungsgrund in der dafür erforderlichen Form vorgetragen.

1. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn der Antragsteller als Berechtigter ist vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden (Gutachtensauftrag vom 13.08.2012).

2. Vergütungsantrag zu spät gestellt

Der Vergütungsanspruch war bereits erloschen, als der Vergütungsantrag bezüglich der Kosten der Laboruntersuchung vom 18.10.2012 am 08.02.2013 beim Bayer. LSG einging.

Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat.

Vorliegend ist das Gutachten des Antragstellers am 31.10.2012 beim LSG eingegangen. Die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des dafür entstandenen Vergütungsanspruchs war zum Zeitpunkt der anschließenden Rechnungsstellung vom 05.02.2013 (Eingang bei Gericht am 08.02.2013), als erstmals die Kosten für die Laboruntersuchung geltend gemacht wurden, abgelaufen.

Eines Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur vollständigen Bezifferung der Vergütungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 25.11.2013, Az.: L 15 SF 258/13).

3. Keine Wiedereinsetzung

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, da der Antragsteller einen Wiedereinsetzungsgrund nicht formgerecht innerhalb der dafür eröffneten Frist vorgetragen hat.

3.1. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Allgemeinen

Einem Anspruchsteller nach dem JVEG ist bei Versäumung der Frist gemäß

§ 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn

- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, d. h. innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses für die (rechtzeitige) Antragstellung (zur Geltung dieser zeitlichen Anforderung bei allen drei im Folgenden genannten Voraussetzungen: vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12),

... einen Wiedereinsetzungsantrag stellt,

... einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft macht (vgl. zur verfassungsrechtlichen Problematik und den sich daraus ergebenden vergleichsweise geringen Anforderungen an die Glaubhaftmachung in diesem Zusammenhang die ausführlichen Erwägungen im Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12) und

... den Vergütungsanspruch beziffert

sowie

- sich das Gericht bei weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubhaften, d. h. überwiegend wahrscheinlichen Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12).

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 JVEG sind die im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrags erforderlichen Erklärungen (Wiedereinsetzungsantrag, Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrunds und Bezifferung des Entschädigungsanspruchs) zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben oder schriftlich einzureichen.

Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG nicht mehr beantragt werden.

Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist dem JVEG - im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Regelungen - fremd (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 156/12, vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B). Das Antragserfordernis verbietet es zudem, allein in der verspäteten Geltendmachung einer Entschädigungsforderung einen Wiedereinsetzungsantrag zu sehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, und vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B).

3.2. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall

3.2.1. Fristgerechte Antragstellung

Der Antragsteller hat fristgerecht in der Rechnung vom 05.02.2013, bei Gericht eingegangen am 08.02.2013, durch die zusätzlich angefügten Worte „Antrag auf Wiedereinsetzung“ einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt.

Ab dem Telefonat mit dem Kostenbeamten am 05.02.2013, in dem dem Antragsteller die zutreffende Auskunft gegeben worden war, dass nur der Sachverständige selbst, nicht aber dessen Hilfsperson, einen Anspruch gegen das Gericht wegen der im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens angefallener Arbeiten und Kosten habe (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 12, Rdnr. 15; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 12 JVEG, Rdnr. 11), musste dem Antragsteller bewusst sein, dass die für die Geltendmachung der Vergütungsforderung, die gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG auch die im Zusammenhang mit der Gutachtenserstellung angefallenen Kosten für die Laboruntersuchung umfasst, eröffnete Frist bereits abgelaufen war. Die ab diesem Zeitpunkt laufende Frist für einen Wiedereinsetzungsantrag von zwei Wochen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG hat der Antragsteller mit der am 08.02.2013 bei Gericht eingegangenen Rechnung samt Wiedereinsetzungsantrag gewahrt.

3.2.2. Keine formgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG

Der Beschwerdeführer hat innerhalb der ab dem 05.02.2013 laufenden Frist von zwei Wochen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG einen Wiedereinsetzungsgrund, nämlich dass ihm die verspätete Geltendmachung der Laborkosten nicht vorgeworfen werden könne, nicht formgerecht glaubhaft gemacht.

Voraussetzung für eine fristgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds ist, dass der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG gehindert war. Dazu hat er Tatsachen anzugeben und glaubhaft zu machen, die erklären, warum er an einem fristgerecht, d. h. innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG zu stellenden Entschädigungsantrag ohne Verschulden gehindert war.

Um die vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG vorgesehene Möglichkeit der Wiedereinsetzung nicht ins Leere laufen zu lassen, ist von einer Glaubhaftmachung schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12 - mit ausführlichen Erläuterungen auch zu verfassungsrechtlichen Aspekten).

Der Antragsteller hätte also innerhalb der Zwei-Wochen-Frist lediglich vortragen, also behaupten müssen, dass er aufgrund einer früher ihm gegenüber geübten Praxis des Gerichts davon ausgegangen sei, dass nicht er selbst die Kosten für die von ihm an einen dritten Arzt vergebenen Laboruntersuchungen geltend machen müsse, sondern dies auch durch den Laborarzt möglich sei. Denn dies würde, auch wenn die Unkenntnis gesetzlicher Vorgaben im Rahmen der Geltendmachung der Vergütungsforderung grundsätzlich keine Wiedereinsetzung begründen kann (vgl. Beschluss des Senats vom 10.10.2014, Az.: L 15 SF 289/13), in der hier vorliegenden besonderen Konstellation ausreichen für einen Wiedereinsetzungsgrund. Der vorgenannte Grundsatz, dass eine Gesetzesunkenntnis keine Wiedereinsetzung begründen kann, hat aufgrund des Prinzips des venire contra factum proprium dann keine Gültigkeit mehr, wenn das Gericht selbst durch sein Verhalten einen mit der Gesetzeslage nicht in Einklang stehenden Vertrauenstatbestand geschaffen hat, der Grund für die verspätete Geltendmachung der Vergütungsforderung oder eines Teils davon gewesen ist. Davon wäre im vorliegenden Fall auszugehen gewesen, da bei diversen Gutachten des Antragstellers in der Vergangenheit vom Gericht ohne Hinweis auf die Rechtslage eine Abrechnung durch die Hilfspersonen für die von diesen erbrachten Leistungen im Rahmen von Gutachten akzeptiert worden ist.

Einen derartigen Vortrag hat der Antragsteller aber nicht formgerecht gemacht.

Zwar hat er im Telefonat mit dem Kostenbeamten am 05.02.2013 bereits einen Wiedereinsetzungsgrund in inhaltlich ausreichender Weise dargelegt. Dieser Vortrag kann aber keine Berücksichtigung finden, da er nicht dem Formerfordernis des § 2 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 JVEG (zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich) entspricht. Denn dem Formerfordernis einer Abgabe zu Protokoll der Geschäftsstelle wird eine telefonische Erklärung nicht gerecht (ständige höchstrichterliche Rspr., vgl. z. B. Bundessozialgericht, Urteil vom 09.02.1956, Az.: 1 RA 57/55; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.11.1963, Az.: IV C 76.63, und Beschluss vom 18.03.1991, Az.: 1 DB 1/91; Bundesfinanzhof, Urteile vom 10.07.1964, Az.: III 120/61 U, und vom 02.06.2004, Az.: II R 7/02; Bundesgerichtshof - BGH -, 1. Strafsenat, Beschluss vom 26.03.1981, Az.: 1 StR 206/80, und BGH, 5. Zivilsenat, Beschluss vom 12.03.2009, Az.: V ZB 71/08). Vielmehr setzt eine Abgabe zu Protokoll der Geschäftsstelle die persönliche körperliche Anwesenheit des zu Protokoll Gebenden in der Geschäftsstelle des Gerichts voraus.

Die Rechnung vom 05.02.2013, die den Wiedereinsetzungsantrag enthält, entspricht zwar als Schriftstück dem Formerfordernis des § 2 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 JVEG, enthält aber nichts zu einem Wiedereinsetzungsgrund. Es verbietet sich auch, in einer Zusammenschau aus Telefonat am 05.02.2013 und Schriftstück vom 05.02.2013 eine formgerechte Geltendmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds zu bejahen. Denn damit würde das Formerfordernis umgangen, das nach den gesetzlichen Vorgaben für sämtliche Erklärungen des die Wiedereinsetzung Beantragenden im Zusammenhang mit dem Begehren von Wiedereinsetzung (Beantragung der Wiedereinsetzung, Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrunds, Bezifferung der Forderung) zu beachten ist. Eine weitere schriftliche oder zu Protokoll des Gerichts gegebene Äußerung des Antragstellers ist innerhalb der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG nicht mehr erfolgt

4. Keine „Nachsichtgewährung“

„Nachsicht“ kann nicht gewährt werden, da dafür die Regelungen des JVEG keine Rechtsgrundlage enthalten. Eine „Nachsichtgewährung“ durch richterliches Ermessen würde einen Gesetzesverstoß darstellen (vgl. Beschluss des Senats vom 16.05.2014, Az.: L 15 SF 372/13).

Dem Senat steht daher keine Möglichkeit offen, das vom Antragsteller möglicherweise als hart oder ungerecht empfundene Ergebnis zu dessen Gunsten zu korrigieren.

Dem Antragsteller kann deshalb bezüglich der Vergütung der Kosten für die Laboruntersuchung, die im Rahmen des von ihm erstellten Gutachtens durchgeführt worden ist, keine Wiedereinsetzung gewährt werden.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf Wiedereinsetzung als Einzelrichter zu entscheiden gehabt (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG).

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 8 JVEG).

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.