I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Feststellung des Eintritts einer Minderung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.09.2015 in Höhe von 30 v. H.
Am 25.02.2015 schlossen der Beklagte und der Kläger, der zuletzt aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 27.05.2015 für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.06.2016 Alg II bezieht, eine Eingliederungsvereinbarung (EGV) ab, laut der er für 20 Stunden pro Woche in der Zeit vom 02.03.2015 bis 01.06.2015 an einer Arbeitsgelegenheit gemäß § 16 d SGB II in der Einsatzstelle Sozialkaufhaus M. S. O. (Träger der Maßnahme: Gesellschaft zur beruflichen Förderung A. mbH -im Folgenden: GbF-) teilnehme und hierfür 1,50 € pro Stunde erhalte. Näheres ergebe sich aus dem Zuweisungsschreiben vom selben Tag. In der Rechtsfolgenbelehrung - insbesondere im Zuweisungsschreiben - war er darauf hingewiesen worden, dass er die Arbeit aufnehmen und fortführen müsse, da ansonsten eine wiederholte Pflichtverletzung vorliege und eine Minderung des Alg II um 60 v. H. erfolge, soweit kein wichtiger Grund vorliege. Eine wiederholte Pflichtverletzung liege auch vor, wenn er die Aufnahme der Arbeitsgelegenheit durch negatives Bewerbungsverhalten vereitle oder nach der Aufnahme der Arbeitsgelegenheit abbreche. Der Kläger nahm die Arbeitsgelegenheit auf. Mit Schreiben vom 07.03.2015 kündigte der Kläger die EGV gegenüber dem Beklagten, da er eine solche nicht zu unterschreiben brauche. Mit Schreiben vom 25.03.2015 mahnte die GbF den Kläger wegen Aufstellens unwahrer Behauptungen und Aufwiegelung anderer Arbeitnehmer ab und beendete die Maßnahme nach Rücksprache mit dem Beklagten zum 08.04.2015 (Schreiben vom 09.04.2015), da eine Verhaltensänderung des Klägers nicht erfolgt sei.
Nach Anhörung stellte der Beklagte mit Bescheid vom 29.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 den Eintritt einer Minderung um 30 v. H. (108,00 € monatlich) für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.09.2015 fest. Der Kläger habe sich nicht maßnahmenkonform verhalten. Ein Widerruf bzw. eine Kündigung der EGV sei nicht wirksam erfolgt. Die Tätigkeit bei der GbF sei zumutbar gewesen. Ein wichtiger Grund für sein Verhalten sei nicht ersichtlich. Über die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die EGV sei er belehrt worden. Eine (teilweise) Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Beklagten ist nicht erfolgt.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Aufhebung des Bescheides vom 29.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 begehrt. Sanktionen gegen Alg II-Empfänger seien verfassungswidrig, insbesondere wenn diese - wie er - psychisch krank seien. Er sei zu unzumutbaren Tätigkeiten eingesetzt worden. Außerdem habe er einen wichtigen Grund gehabt, denn er habe auf seine Kinder aufpassen und diese erziehen und versorgen müssen.
Mit Urteil vom 28.07.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsfolgenbelehrung habe der Kläger seine Pflicht nicht erfüllt. Die EGV habe nicht wirksam widerrufen werden können. Ein Kündigungsrecht bestehe mangels nachträglicher wesentlicher Änderung der Verhältnisse auch nicht. Die Tätigkeit bei der GbF sei zumutbar gewesen und der Kläger habe den Maßnahmenabbruch durch sein Verhalten veranlasst. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Berufung sei wegen der Bedeutung der Sache und wegen eines Verfahrensfehlers des SG zuzulassen. Die Richterin am SG habe ihn nicht angehört. Verträge könnten gekündigt werden. Er sei über die Rechtsfolgen durch den Beklagten nicht belehrt worden. Auch die Kündigung durch die GbF sei unwirksam. Sanktionen seien rechtswidrig (vgl. SG Gotha). Die Tätigkeit sei unzumutbar gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, die Berufung ist nicht zulässig. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert daran, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € nicht übersteigt, denn streitig sind letztlich nur Leistungen in Höhe von 108,00 € monatlich für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.09.2015. Zwar handelt es sich bei dem Bescheid vom 29.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 lediglich um die Feststellung einer (erstmaligen) Pflichtverletzung sowie des Umfangs und des Beginns der Minderung gemäß § 31 b SGB II; vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R- veröffentl. in juris), somit um einen Feststellungsbescheid, der jedoch gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf eine Geldleistung gerichtet ist. Dies ist nämlich auch dann der Fall, wenn man der Auffassung des Senats folgt, dass zusätzlich zu der Feststellung des Eintritts der Minderung eine (teilweise) Aufhebung der Leistungsbewilligung erfolgen muss (vgl. u. a. Beschluss des Senats vom 17.06.2013 - L 11 AS 306/13 B ER -, Beschluss vom 28.08.2014 - L 11 AS 546/14 NZB -; Knickrehm/Hahn, SGB II, 3.Aufl., § 31 b Rdnr. 5ff. sowie fachliche Weisungen der BA zu §§ 31, 31 a, 31 b SGB II i. d. F. vom 22.04.2014, Rz. 31.28; BSG, Urteil vom 29.04.2015 a. a. O.), denn auch dann führt dieser Feststellungsbescheid letztendlich zu einer (Änderung der) Geldleistung (vgl. Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rdnr. 10 a), wenn auch hierzu ein (teilweiser) Aufhebungsbescheid bei bereits erfolgter Leistungsbewilligung erforderlich ist. Somit bedarf die Berufung der Zulassung. Eine solche ist durch das SG nicht erfolgt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer a. a. O. § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne Weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).
Eine grundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Rechtsstreits ist nicht zu erkennen, nachdem das BSG im Urteil vom 29.04.2015 a. a. O. die Rechtsfrage, ob neben dem Feststellungsbescheid auch eine (teilweise) Aufhebung eines bereits erlassenen Bewilligungsbescheides erforderlich ist, dahingehend geklärt hat, dass eine (teilweise) Aufhebung zusätzlich zu erfolgen hat. Ebenso ist das BSG in dieser Entscheidung von der Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelungen ausgegangen, so dass dem Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 26.05.2015 - S 15 AS 5157/14 - keine entscheidende Bedeutung beizumessen ist. Das durch Artikel 1 Abs. 2 Grundgesetz (GG) begründete und nach dem Sozialstaatsgebot des Artikel 20 Abs. 1 GG auf Konkretisierung durch den Gesetzgeber angelegte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verpflichtet den Staat dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen zur Verfügung stehen, wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen, noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann. Das bedingt jedoch nicht, dass diese Mittel voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssten. Bei der Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist dem Gesetzgeber vielmehr ein Gestaltungsspielraum zugewiesen, innerhalb dessen er die zu erbringenden Leistungen an den jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dass der Gesetzgeber dabei von Verfassung wegen schlechterdings gehindert wäre, die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II an (Mitwirkungs-)Obliegenheiten zu knüpfen und bei deren Verletzung leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Zudem ist zu bedenken, dass es sich bei den sogenannten "Sanktionen" grundrechtsdogmatisch nicht um einen Eingriff, sondern um eine abgesenkte Form der Leistungsgewährung handelt (so BSG a. a. O. m. w. N.).
Eine Abweichung des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung ist auch nicht zu erkennen. Dabei ist nicht zu prüfen, ob das SG das materielle Recht zutreffend angewandt hat, also u. a. ob der Beklagte den Kläger zutreffend über die Rechtsfolgen eines Abbruchs der Maßnahme durch die GbF (nicht durch den Kläger selbst) und über eine erstmalige Pflichtverletzung (vorliegend bezog sich die Rechtsfolgenbelehrung auf eine wiederholte Pflichtverletzung; vgl. dazu Urteil des Senats vom 06.02.2014 - L 11 AS 535/12 -) belehrt worden ist; vielmehr ist lediglich zu prüfen, ob das SG in Abweichung der Rechtsprechung der Obergerichte einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von deren Rechtsprechung abweicht. Dies ist hier nicht zu erkennen.
Der Kläger macht zudem einen Verfahrensfehler des SG geltend. Er sei in der mündlichen Verhandlung nicht angehört worden. Ein solcher Verfahrensfehler liegt jedenfalls tatsächlich nicht vor, denn der Kläger hat seine Äußerungen bereits in umfangreichen Schriftsätzen dargelegt und in der mündlichen Verhandlung sind Ausführungen seinerseits zu Protokoll genommen worden.
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).