Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Apr. 2016 - L 11 AS 138/16 B ER

bei uns veröffentlicht am08.04.2016
vorgehend
Sozialgericht Nürnberg, S 10 AS 1415/15, 18.01.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.01.2016 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I. Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die vorläufige Zahlung höherer Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.08.2016.

Die Antragstellerin (Ast) zu 1. und ihr 1993 geborener Sohn, der Antragsteller zu 2., beziehen laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Für die ab 15.04.2013 angemietete Wohnung zahlen sie 522,99 € Miete inkl. kalter Nebenkosten zzgl. zuletzt 88,00 € Heizkostenpauschale. Bereits vor der erstmaligen Leistungsbewilligung nach dem Umzug sind die Ast mit Schreiben vom 14.03.2013 auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden. Unterkunftskosten in der neuen Wohnung sind vom Antragsgegner (Ag) lediglich iHv 355 € (entsprechend der Wohngeldtabelle) und Heizkosten iHv zuletzt 81 € übernommen worden. Auf den Weiterbewilligungsantrag hin bewilligte der Ag mit Bescheid vom 14.08.2015 in der Fassung der Bescheide vom 31.08.2015, vom 23.09.2015 und vom 29.11.2015 Alg II für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.08.2016 unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten inkl. kalter Nebenkosten in Höhe von 355,00 € und Heizkosten in Höhe von 81,00 €. Dagegen haben die Ast Widerspruch eingelegt.

Am 22.12.2015 haben die Ast einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Nürnberg (SG) begehrt. Nachdem der Ag anerkannt hatte, dass er Heizkosten in Höhe von 88,00 € monatlich und Unterkunftskosten inkl. kalter Nebenkosten in Höhe von 378,00 € ab September 2015 aufgrund der ab 01.01.2016 erfolgten Änderungen der Wohngeldtabelle übernehme, haben die Ast zuletzt ausdrücklich begehrt, den Ag zur vorläufigen Zahlung der vollen Unterkunftskosten in Höhe von 522,99 € (ohne Heizung) zu verpflichten. Mit Beschluss vom 18.01.2016 hat das SG den Ag „verurteilt“, weitere Unterkunftskosten inkl. kalter Nebenkosten für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.08.2016 in Höhe von 37,80 € monatlich zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag abgewiesen. Streitig seien allein Unterkunfts- und Heizungskosten. Über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten seien die Ast bereits am 28.02.2013 aufgeklärt worden. Da ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten fehle - der von den Ast zu zahlende Heizkostenabschlag werde vom Ag in vollem Umfang laut Anerkenntnis übernommen - und im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ein schlüssiges Konzept auch nicht erstellt werden könne, könne nach der Rechtsprechung auf die Werte der Wohngeldtabelle abgestellt werden, wobei ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% (37,80 €) auch bei der ab 01.01.2016 anzuwendenden Wohngeldtabelle zu berücksichtigen sei. Dafür, dass Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich oder unzumutbar seien, fehle es an Anhaltspunkten. Die Ast hätten auch nicht nach einer günstigeren Wohnung gesucht.

Dagegen haben die Ast Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben und Unterkunftskosten inkl. kalter Nebenkosten in Höhe von 522,99 € (ohne Heizkosten) für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.08.2016 sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren begehrt. Ab Februar 2016 zahlten sie Abschläge für Gas in Höhe von 111 €. Zusätzlich zahlten sie Schulden an den Gaslieferanten in Höhe von 23 € zurück. Für Strom, der auch für den Betrieb der Gastherme erforderlich sei, zahlten sie monatlich 113 €. Sie haben eine Bestätigung des Gaslieferanten vom 10.02.2016 vorgelegt, laut der der Gasabschlag für die laufenden Monate ab März 2016 „wunschgemäß“ auf 111 € „angepasst“ worden sei. Zudem haben sie die Jahresabrechnung des Gaslieferanten für das Jahr 2015 übersandt, aus der sich zukünftig ein Abschlag in Höhe von 84 € ergibt. Dieser sei aber später korrigiert worden. Wegen des höheren Heizkostenabschlages sei ein weiteres einstweiliges Rechtsschutzverfahren beim SG eingeleitet worden.

Der Ag führte zwischenzeitlich das Anerkenntnis und den Beschluss des SG vom 18.01.2016 durch die für vorläufig erklärten Bescheide vom 26.01.2016, 02.02.2016 und 21.03.2016 aus, gegen die die Ast erneut Widerspruch einlegten, und entschied mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2016 über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.11.2015.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die beigezogenen Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Zutreffend hat das SG die Zahlung höherer Unterkunftskosten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens abgelehnt.

Es ist dabei nicht darauf einzugehen, dass das SG vorläufige Leistungen für die Zeit vor Antragstellung auf einstweiligen Rechtsschutz, und diese Leistungen nicht nur vorläufig bewilligt hat, denn allein die Ast haben Beschwerde eingelegt.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in Bezug auf das geltend gemachte Begehren zur Regelung eines vorläufigen Zustandes stellt für den vorliegenden Rechtsstreit § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dar, denn die Ast begehren die Bewilligung von Leistungen. Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl. Rn. 652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Antragsteller sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 11. Aufl., § 86 b Rn. 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 a. a. O.; weniger eindeutig: BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12).

Vorliegend sind an die Ast vorläufig keine höheren Unterkunftskosten zu zahlen. Zutreffend hat das SG diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abgestellt und mangels Vorliegens eines schlüssigen Konzeptes entsprechend der Rechtsprechung zu Recht auf die Regelungen der Wohngeldtabelle zzgl. eines Zuschlages von 10% als Obergrenze zurückgegriffen. Ob dabei die ab 01.01.2016 geltenden Werte auch für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.12.2015 zurückgegriffen werden kann, kann vorliegend offen gelassen werden, denn der Ag hat diese Werte auch für die Zeit vom 01.09.2015 im Rahmen seines Anerkenntnisses herangezogen. Für die Annahme einer Unmöglichkeit bzw. der Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen haben die Ast auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keinerlei Anhaltspunkte geliefert. Über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten sind sie bereits mit Schreiben vom 14.03.2013 aufgeklärt worden. Von einer weiteren Begründung hierzu wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG abgesehen.

Es sind auch keine höheren Heizkosten vorläufig zu erbringen, denn diesbzgl. ist von den Ast ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden. Laut der Abrechnung des Gaslieferanten für 2015 beträgt der in 2016 zu zahlende Abschlag 84 €. Weshalb dann „wunschgemäß“ der Abschlag auf 111 € „angepasst“ wurde, ist für den Senat in keinster Weise nachvollziehbar. Damit wären die Erfolgsaussichten allenfalls als offen anzusehen. Dann aber ist kein Anordnungsgrund zu erkennen, denn die Ast können diesen Bedarf ebenso „wunschgemäß“ wieder auf die vom Gaslieferanten vorgeschlagenen Abschlagszahlungen reduzieren. Einer einstweiligen Regelung bedarf es hierzu nicht. Zudem wäre vorliegend kein Bedarf zu erkennen, der im Rahmen der aufgrund der als offen anzusehenden Erfolgsaussichten - unabhängig vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes- ggfs. vorzunehmenden Folgenabwägung als nicht anders abwendbare Beeinträchtigung anzusehen ist. Dieser dann auf eigenen Wunsch der Ast sich ergebende Bedarf stellt keine nicht anders abwendbare Beeinträchtigung dar.

Hinsichtlich des für den Betrieb der Gastherme erforderlichen Strombedarfes haben die Ast lediglich die Stromabschlagszahlungen genannt. Stromkosten für den Betrieb einer Heizungsanlage können zwar als Bedarf für Heizkosten berücksichtigt werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 07.07.2011 - B 14 AS 51/10 R - ), die Ast haben hierzu jedoch keine konkreten Angaben im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gemacht, anhand derer zumindest ansatzweise eine Schätzung möglich gewesen wäre.

Unabhängig von alldem ist es im Hinblick auf die offenen Erfolgsaussichten notwendig, zur Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache bei der Leistungsgewährung einen Abschlag vorzunehmen. In der Regel ist es gerechtfertigt, um einer Vorwegnahme der Hauptsache vorzubeugen, einen Abschlag von der im Hauptsacheverfahren zu beanspruchenden Leistung vorzunehmen, wobei sich der Abschlag in einem Bereich von bis zu 30% - entsprechend der Sanktionsmöglichkeiten - bewegen kann (vgl. Beschluss des Senates vom 18.04.2007 - L 11 B 878/06 AS ER; generell zur Zulässigkeit eines Abschlags: BVerfG, Breith 2005, 803), und Leistungen sollen regelmäßig auf das Unerlässliche beschränkt werden. Die Höhe eines derartigen Abschlages ist jedoch nicht schematisch zu ermitteln, sondern in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls und den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren auszugestalten (Beschlüsse des Senates vom 14.09.2012 - L 11 AS 533/12 B ER sowie L 11 AS 585/12 B ER - veröffentl. in juris). Aufgrund der vorliegend allenfalls hinsichtlich der erhöhten Abschlagszahlungen für Gas und des relativ geringen Bedarfes für Strom der Heizungstherme bestehenden offenen Erfolgsaussichten - hinsichtlich der Höhe der Unterkunftskosten selbst bestehen im wesentlichen keinerlei Erfolgsaussichten -, ist zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache ein Abschlag von 10% als angemessen anzusehen. Zu den allein zustehenden Unterkunftskosten in Hohe von 415,80 € (378€ + 37,80 €) kämen dann allenfalls noch 111 € an Abschlagzahlungen für Gas. Von dem sich hieraus ergebenden Betrag in Höhe von 526,80 € verbliebe es unter Berücksichtigung des Abschlages von 10% bei einem Betrag von 474,12 €. Dieser Betrag liegt jedoch unter dem vom Ag anerkannten (88 € Heizkosten) und vom SG zugesprochenen (378 € +37,80 €).

Somit kommt die Zahlung höherer Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht in Betracht. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

PKH war aufgrund der eindeutigen Rechtslage mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 142


(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen

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Bundessozialgericht Urteil, 07. Juli 2011 - B 14 AS 51/10 R

bei uns veröffentlicht am 07.07.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Land

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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) höhere Kosten der Unterkunft ab 1.1.2005.

2

Der 1948 geborene Kläger bewohnt in Oldenburg ein eigenes Haus, welches mit Erdgas beheizt wird. Er bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Mit Bescheid vom 20.1.2005 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.1. bis 30.4.2005 und mit Bescheid vom 12.4.2005 für die Zeit vom 1.5. bis 31.10.2005 Arbeitslosengeld II in Höhe von 439,63 Euro monatlich, bestehend aus der Regelleistung (345 Euro) und den Kosten für Unterkunft und Heizung (94,63 Euro).

3

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger mit seiner Klage zum Sozialgericht (SG) geltend gemacht, die Nebenkosten für ein Eigenheim müssten in gleicher Höhe anerkannt werden, wie dies bei einer Mietwohnung der Fall sei. Dies bedeute, dass eine Rücklagenpauschale für Erhaltungsaufwand, die Stromkosten für die Heizungspumpe und die Stromkosten für Gartenpflege und Außenbeleuchtung sowie eine Gebäudehaftpflichtversicherung leistungserhöhend zu berücksichtigen seien. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11.4.2006 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem zurückweisenden Beschluss vom 27.4.2009 ausgeführt, höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.10.2005 stünden dem Kläger nicht zu, weil der Beklagte bereits alle belegten Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe anerkannt habe. Weitere Aufwendungen seien nicht nachgewiesen worden. Eine monatliche Erhaltungsaufwandspauschale sei im Übrigen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zulässig. Ebenso wenig könne der Kläger neben der anerkannten Wohngebäudeversicherung eine weitere Versicherungsprämie für eine Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung verlangen, da diese Versicherung beitragsfrei in der privaten Haftpflichtversicherung enthalten sei. Schließlich könne der Kläger auch keine zusätzlichen Stromkosten für die Heizungspumpe, die Gartenpflege und die Außenbeleuchtung verlangen. Diese Aufwendungen seien aus der Regelleistung zu bestreiten, im Übrigen würden diese Kosten bei dem Kläger auch anfallen, wenn er nicht Eigentümer, sondern Mieter des Hauses wäre.

4

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner vom BSG zugelassenen Revision. Er rügt eine Verletzung des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, da nach dieser Vorschrift Leistungen für Unterkunft und Heizung bis zur Angemessenheitsgrenze zu erstatten seien, ohne Differenzierung danach, ob der Wohnbedarf durch Eigentum oder Miete gedeckt werde. Daher seien unter analoger Berücksichtigung der bei Mietern anfallenden und zu berücksichtigenden Nebenkosten auch die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf die Gebäudehaftpflichtversicherung sowie die Stromkosten für die Heizungspumpe, für Gartenpflege und für die Außenbeleuchtung anzuerkennen. Lediglich die Erhaltungsaufwandspauschale könne nach der Rechtsprechung des BSG nicht bedarfserhöhend berücksichtigt werden. Die übrigen geltend gemachten Kosten zählten jedoch zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke, da hierzu alle notwendigen Ausgaben zu zählen seien, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen seien.

5

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 11. April 2006 aufzuheben sowie die Bescheide des Beklagten vom 20. Januar 2005 und 12. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. September 2005 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2005 bis zum 31. Oktober 2005 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der Stromkosten für die Heizungspumpe, für die Gartenpflege und die Außenbeleuchtung sowie die Kosten einer Gebäudehaftpflichtversicherung zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Der Beklagte hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Es kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden, ob dem Kläger ein Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) zusteht.

9

1. Auf Beklagtenseite ist das Jobcenter gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II ebenfalls idF des Gesetzes vom 3.8.2010), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes entstanden ist (vgl Luik, jurisPR-SozR 24/2010 Anm 1). Die gemeinsame Einrichtung tritt im laufenden gerichtlichen Verfahren als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (; vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II). Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

10

2. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) sind die Bescheide des Beklagten vom 20.1. und vom 12.4.2005, über die gemeinsam mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 27.9.2005 entschieden wurde. Zutreffend hat das LSG daher den Streitzeitraum auf die Zeit vom 1.1. bis 31.10.2005 bestimmt. Dem steht nicht entgegen, dass das SG (unzutreffend) über einen unbegrenzten Zeitraum und damit über Leistungen für mehr als ein Jahr entschieden hat, dies war lediglich für die Zulässigkeit der Berufung iS von § 144 Abs 1 Satz 2 SGG von Bedeutung. Nachdem der Kläger im Revisionsverfahren aufgrund der Rechtsprechung des BSG, wonach eine Erhaltungsaufwandspauschale für zukünftige Instandhaltungsarbeiten nicht bedarfserhöhend bei den Unterkunftskosten berücksichtigt werden kann (grundlegend BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17) eine derartige Pauschale nicht mehr geltend macht, ist nur noch umstritten, ob Stromkosten für Außenbeleuchtung und Gartenpflege (dazu unter 3a), für die Heizungspumpe (dazu unter 3b) und für eine Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung (dazu unter 3c) im Rahmen der Kosten der Unterkunft bedarfserhöhend verlangt werden können.

11

3. Für die Frage, ob dem Kläger höhere Kosten der Unterkunft und Heizung zustehen, fehlt es bereits an grundlegenden Feststellungen des LSG. So ist schon nicht überprüfbar, ob der Kläger überhaupt hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II ist. Zwar kann grundsätzlich bei einem Rechtsstreit über die Höhe von SGB II-Leistungen der Streitgegenstand allein auf die Kosten für Unterkunft und Heizung begrenzt werden (stRspr, vgl BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Allerdings ist Hilfebedürftigkeit als Grundlage aller SGB II-Leistungen explizit festzustellen. Dies drängt sich hier vor allem deshalb auf, weil der Kläger über Wohneigentum verfügt, dessen Berücksichtigung als Vermögen in Betracht kommt. Das LSG hätte deshalb Feststellungen über die Größe, Lage und Ausstattung des vom Kläger bewohnten Eigenheims treffen müssen, aus denen hervor geht, dass es unter die Schutzvorschrift des § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II fällt.

12

Handelt es sich um ein Hausgrundstück von angemessener Größe, so sind bei Hilfebedürftigkeit im Übrigen vom Beklagten nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind (vgl im Einzelnen BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10). Der angemessenen Nettokaltmiete sind die angemessenen Nebenkosten sowie die angemessenen Heizkosten hinzuzufügen. Bis zur Summe dieser angemessenen Kosten sind die tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen. Zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke zählen dabei alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 26). § 7 Abs 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch(Juris-Abkürzung: BSHG§76DV § 7) findet insoweit entsprechende Anwendung (vgl Urteile des Senats vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, und vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R -), als er Anhaltspunkte dafür liefert, welche Kosten im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen sind(vgl BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Auf dieser Basis wurden als berücksichtigungsfähige Kosten 94,63 Euro in die Bedarfsberechnung einbezogen. Angesichts dieses Betrages konnte auf die genaue Ermittlung der im örtlichen Vergleichsraum abstrakt angemessenen Mietkosten und einen Vergleich mit den vom Kläger für die Nutzung seines Eigenheims geltend gemachten Kosten (vgl dazu Urteil vom 24.2.2011, aaO, RdNr 20) verzichtet werden.

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a) Weitere Nebenkosten in Form von Stromkosten für die Außenbeleuchtung und die Gartenpflege sind dagegen im Rahmen der Unterkunftskosten nicht berücksichtigungsfähig. Zwar sind neben der Nettokaltmiete grundsätzlich auch die angemessenen Betriebskosten iS des § 556 Bürgerliches Gesetzbuch - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt der angemessenen Unterkunftskosten mit einzubeziehen(vgl BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R -). Eine Einbeziehung der hier geltend gemachten Stromkosten in den Bedarf für die Kosten der Unterkunft scheitert aber schon daran, dass bereits unter Geltung des § 20 Abs 1 SGB II aF die Regelleistung für einen Hilfeempfänger auch die Kosten für die Haushaltsenergie umfasst(vgl grundlegend BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18). Ebenso wie die Kosten für die Warmwasserbereitung Bestandteil der Regelleistung sind bzw waren, müssen auch die Kosten für Strom, sofern er nicht zur Erzeugung von Heizenergie benutzt wird, aus der maßgeblichen Regelleistung gedeckt werden, weshalb der Kläger keinen Anspruch auf Erhöhung der Leistungen zur Unterkunft um seine Aufwendungen für Haushaltsstrom hat (vgl BSG, aaO RdNr 27-28).

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Demgegenüber greift der Einwand des Klägers nicht durch, er sei als Hauseigentümer im Vergleich zu einem SGB II-Leistungsempfänger, der eine Mietwohnung bewohnt, benachteiligt. Zwar trifft es zu, dass bei Mietwohnungen über die Betriebskostenabrechnung uU auch Nebenkosten für die Außenbeleuchtung (§ 2 Nr 11 Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003) oder Kosten der Gartenpflege (§ 2 Nr 10 BetrKV) anfallen können. Dabei handelt es sich aber um Kosten, die die Mietergemeinschaft betreffen und nicht individualisierbar sind. Die Außenbeleuchtung an einem Einfamilienhaus ist - im Gegensatz zu der Beleuchtung von Zugängen von Fluren in einem (Miets-)Haus - dem einzelnen Haushalt unmittelbar zuzuordnen. Ein Unterschied zwischen Mietern und Eigentümern ergibt sich nicht, denn wenn ein Mieter den Balkon seiner Mietwohnung mit einer Beleuchtung versähe, würde auch diese als zum Haushalt gehörig gelten, die entsprechenden Stromkosten wären vom Regelsatz umfasst. Gleiches gilt auch für die geltend gemachten Stromkosten für Gartenpflege. Ungeachtet der Frage, ob solche Stromkosten überhaupt unter § 2 Nr 10 BetrKV fallen würden, der die Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und die Pflege von Plätzen, Zugängen und Zufahrten betrifft, sind derartige Stromkosten aber nach den genannten Maßstäben als zum Haushalt gehörige individualisierbare Kosten und damit zum Regelsatz gehörig einzustufen. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass weder die Stromkosten für die Außenbeleuchtung noch für die Gartenpflege konkret beziffert worden sind, sondern in einem geschätzten Gesamtbetrag aufgehen, der seinerseits nicht nachvollziehbar belegt und festgestellt ist.

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b) Anders verhält es sich dagegen bei den geltend gemachten Stromkosten für die Heizungspumpe. Die angemessenen Heizkosten sind neben der angemessenen Nettokaltmiete und den angemessenen Nebenkosten selbstständig zu ermitteln. Hier ist im Hinblick auf die Gleichbehandlung zwischen einem Eigentümer eines selbst genutzten Hausgrundstücks und einem hilfebedürftigen Mieter zu berücksichtigen, dass bei den Vorauszahlungen, die an den Vermieter für die Beheizung der Unterkunft zu leisten sind, Kosten des Betriebs einer zentralen Heizungsanlage enthalten sind. Dazu gehören gemäß § 2 Nr 4 Buchst a BetrKV auch die Kosten des Betriebsstroms der Heizungsanlage. Die grundsätzliche Berücksichtigung dieser Kosten im Rahmen der Heizkosten für eine Eigentumswohnung oder ein selbst genutztes Einfamilienhaus ist auch deshalb geboten, weil der Betrieb der Heizungspumpe untrennbar mit dem Betrieb der Heizung als solcher verbunden ist, sodass die Übernahme entsprechender Kosten grundsätzlich in die Berechnung der angemessenen Heizkosten einzustellen ist (bezüglich der Berücksichtigung von Kosten der Öltank- sowie der Kessel- und Brennerreinigung vgl BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R -; vgl auch Beschluss vom 26.5.2010 - B 4 AS 7/10 B - RdNr 8).

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Allerdings sind immer nur tatsächliche und belegte Aufwendungen berücksichtigungsfähig, nicht dagegen allgemeine Pauschalen (vgl zur "Erhaltungsaufwandspauschale" BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 17; zur Pauschale für Reparaturkosten, Pflege und Wartung eines Wohnmobils BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 79/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 39). Es finden sich vorliegend keinerlei Feststellungen des LSG darüber, in welcher Höhe die Stromkosten für den Betrieb der Heizungspumpe anzusetzen wären. Sollte für den Heizungsstrom kein separater Zähler bzw Zwischenzähler existieren, sodass die Stromkosten nicht konkret ausgewiesen werden können, käme auch eine Schätzung in Betracht (vgl BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr 27: Schätzung des Heizkostenanteils ggf unter Berücksichtigung der Nebenkostenabrechnungen der Vorjahre nach § 202 SGG iVm § 287 Abs 2 Zivilprozessordnung; Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 20.2.2008 - VIII ZR 27/07 - WuM 2008, 285). Allerdings sind vom LSG weitere Ermittlungen anzustellen, um einen Bezugspunkt für eine realitätsnahe Schätzung des Energieanteils, der auf die Heizung entfällt, zu finden (vgl BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 zur Schätzung des Energieanteils, der für das Kochen in der Regelleistung enthalten sein soll, sog "Kochgaspauschale"). Bei der Berechnung wäre zusätzlich zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bisher der zur Regelleistung gehörende Energieanteil für die Bereitung von Warmwasser in Höhe von 6,22 Euro noch nicht von den Heizkosten abgezogen wurde (grundlegend: Urteil des Senats vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5; anders nach neuer Rechtslage vgl § 20 Abs 1 Satz 1 SGB II in der seit 1.1.2011 gültigen Fassung).

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c) Ob zu den im Rahmen der Berechnung der Unterkunftskosten bei Haus- und Wohnungseigentum zu berücksichtigenden Kosten für eine Gebäudeversicherung (die hier in Höhe von 89,39 Euro belegt wurden) zusätzlich Kosten für eine Gebäudehaftpflichtversicherung zu übernehmen sind, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man von einer grundsätzlichen Berücksichtigungsfähigkeit einer Gebäudehaftpflichtversicherung (zur Möglichkeit des Abzugs einer solchen Versicherung vom Einkommen vgl BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/0AS 59/06 R - RdNr 20) auch unter dem Aspekt ausgeht, dass Kosten für eine Haftpflichtversicherung für das Gebäude nach § 2 Nr 13 BetrKV in einem Mietverhältnis neben den Kosten für die Gebäudeversicherung umlagefähig sind, so fehlt es vorliegend aber an einem konkreten Kostenanfall für den streitigen Leistungszeitraum. Insofern hat das LSG bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass die Gebäudehaftpflichtversicherung kostenfrei in der privaten Haftpflichtversicherung des Klägers enthalten ist. Kosten für eine private Haftpflichtversicherung wiederum können nicht im Rahmen der Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden, sondern lediglich gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II von zu berücksichtigendem Einkommen abgesetzt werden.

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Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.