Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Feb. 2017 - 5 AZR 453/15

ECLI:ECLI:DE:BAG:2017:220217.U.5AZR453.15.0
bei uns veröffentlicht am22.02.2017

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 22. April 2015 - 4 Sa 87/14 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Branchenzuschlags nach dem Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie vom 22. Mai 2012 (TV BZ ME).

2

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall und seit dem 1. November 2012 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt und Mitglied im Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. ist, als Gabelstaplerfahrer beschäftigt.

3

Der Kläger ist seit Beginn des Arbeitsverhältnisses als Gabelstaplerfahrer bei der B GmbH (B) eingesetzt. Die B ist ein Logistikdienstleister und betreibt in ihrem Logistikzentrum ausschließlich die Abwicklung von Ein- und Auslagerungsvorgängen im Lager, Leerguthandling und die Abwicklung der Produktionsversorgung für die A GmbH (A), die Frontscheinwerfer für PKW herstellt. Der Bruttostundenlohn des Klägers beträgt 7,64 Euro. Mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer erhalten bei der B einen Bruttostundenlohn iHv. 10,14 Euro.

4

Am 22. Mai 2012 schlossen der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) sowie iGZ - Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ) einerseits und der IG Metall Vorstand andererseits einen Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME), der ua. bestimmt:

        

§ 1   

Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt:

        

1.    

Räumlich:

                 

Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland;

        

2.    

Fachlich:

                 

Für die tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen des Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) und des Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ), die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einsetzen. Als Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie gelten die Betriebe folgender Wirtschaftszweige, soweit sie nicht dem Handwerk zuzuordnen sind:

                 

-       

…       

        
                 

-       

Automobilindustrie und Fahrzeugbau

        
                 

-       

…       

        
                 

sowie die zu den erwähnten Wirtschaftszweigen gehörenden Reparatur-, Zubehör-, Montage-, Dienstleistungs- und sonstigen Hilfs- und Nebenbetrieben und Zweigniederlassungen sowie die Betriebe artverwandter Industrien.

                 

Bei Zweifelsfällen hinsichtlich der Einordnung eines Kundenbetriebs gilt als maßgebliches Entscheidungskriterium der im Kundenbetrieb angewandte Tarifvertrag. …

        

3.    

Persönlich:

                 

Für alle Beschäftigten, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung an Kundenbetriebe überlassen werden.

        

§ 2     

Branchenzuschlag

        

(1)     

Arbeitnehmer erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Dauer ihres jeweiligen Einsatzes im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einen Branchenzuschlag.

        

(2)     

Der Branchenzuschlag wird für den ununterbrochenen Einsatz im jeweiligen Kundenbetrieb gezahlt. ...

        

(3)     

Der Branchenzuschlag beträgt nach der Einsatzdauer in einem Kundenbetrieb folgende Prozentwerte:

                 

-       

nach der sechsten vollendeten Woche

15 %   

        
                 

-       

nach dem dritten vollendeten Monat

20 %   

        
                 

-       

nach dem fünften vollendeten Monat

30 %   

        
                 

-       

nach dem siebten vollendeten Monat

45 %   

        
                 

-       

nach dem neunten vollendeten Monat

50 %   

        
                 

des Stundentabellenentgelts des Entgelttarifvertrages Zeitarbeit, abgeschlossen zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. - BZA - und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit (im Folgenden ETV BZA) bzw. des Entgelttarifvertrages, abgeschlossen zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. - iGZ - und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit (im Folgenden ETV iGZ), je nach Einschlägigkeit.

        

(4)     

Der Branchenzuschlag ist auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt. Bei der Feststellung des Vergleichsentgelts im Kundenbetrieb bleibt das Äquivalent einer durchschnittlichen Leistungszulage der Branche unberücksichtigt.

        

…       

        
        

(6)     

Der Branchenzuschlag ist Teil des festen tariflichen Entgelts gemäß § 13.2 MTV BZA bzw. Teil der Grundvergütung gemäß § 2 Abs. 1 Entgelttarifvertrag iGZ.

        

…       

        

§ 6     

Einführung des Tarifvertrags

        

(1)     

Mit Inkrafttreten dieses Tarifvertrages beginnen die für die Berechnung des Branchenzuschlages maßgeblichen Einsatzzeiten im jeweiligen Kundenbetrieb neu zu laufen.

        

…       

        
        

§ 7     

Schlussbestimmungen

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag tritt am 1. November 2012 in Kraft.

        

…“    

        
5

In den Protokollnotizen zum TV BZ ME vom 7. September 2012 heißt es:

        

3.    

Auslegung zur Deckelungsregelung,

                 

§ 2 Abs. 4 TV BZ ME

                 

§ 2 Abs. 4 TV BZ ME ist eine Ausnahmeregelung, die die individuelle Ermittlung des laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs erfordert. Sie ermöglicht im Einzelfall eine Beschränkung des Branchenzuschlages, wenn der Kundenbetrieb eine entsprechende Deckelung geltend macht.“

6

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit der am 18. Oktober 2013 eingereichten und mehrfach erweiterten Klage einen tariflichen Branchenzuschlag iHv. 2,29 Euro brutto/Stunde für Mai 2013 und iHv. 2,50 Euro brutto/Stunde für Juni bis September 2013 begehrt. Die B sei ein Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie. Hierfür genüge, dass der Entleiherbetrieb Dienstleistungen für einen Betrieb der Automobilindustrie erbringe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.118,53 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 485,56 Euro seit dem 11. August 2013, aus 454,88 Euro seit dem 29. Oktober 2013 und aus 178,09 Euro seit dem 7. November 2013 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die B unterhalte einen Logistikbetrieb. Sie sei auch kein Hilfs- oder Nebenbetrieb, es fehle an der Identität mit der Inhaberin des Hauptbetriebs, der A. Das Vergleichsentgelt sei auf 90 % des Lohns eines Stammmitarbeiters beschränkt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Auf Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenständlich sind tarifliche Branchenzuschläge für insgesamt fünf Monate.

12

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Die Annahme, die B falle nicht in den fachlichen Geltungsbereich des § 1 Nr. 2 TV BZ ME, weil keine Identität zwischen dem Inhaber des Hauptbetriebs und dem des Hilfs- und Nebenbetriebs bestehe, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

13

1. Der Kläger hat nach § 2 Abs. 1 bis Abs. 3 TV BZ ME, der aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), nach der sechsten vollendeten Woche des Einsatzes bei der B für die weitere Dauer der ununterbrochenen Überlassung an diese Anspruch auf einen Branchenzuschlag. Deren Betrieb wird vom fachlichen Geltungsbereich des TV BZ ME erfasst.

14

a) Nach § 1 Nr. 2 Satz 1 TV BZ ME gilt dieser fachlich ua. für Mitgliedsunternehmen des iGZ, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einsetzen, wobei nach § 1 Nr. 2 Satz 2 TV BZ ME die dort genannten Betriebe als Kundenbetriebe der Metall- und Elektroindustrie gelten. Die Beklagte ist Mitglied des iGZ und beschäftigt den Kläger im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung. Das ist zwischen den Parteien unstreitig.

15

b) Der Kläger war im Streitzeitraum einem gemäß § 1 Nr. 2 Satz 2 TV BZ ME als Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie geltenden Betrieb zur Arbeitsleistung überlassen.

16

aa) Nach dem Katalog des § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 1 TV BZ ME gelten als Kundenbetriebe der Metall- und Elektroindustrie ua. Betriebe des Wirtschaftszweigs Automobilindustrie und Fahrzeugbau, soweit sie nicht dem Handwerk zuzuordnen sind.

17

(1) Dass der Einsatzbetrieb des Klägers dem Handwerk zuzuordnen wäre, hat die Beklagte bereits nicht geltend gemacht (zur Abgrenzung Handwerk - Industriebetrieb vgl. BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 55/14 - Rn. 35 f. mwN).

18

(2) Betriebe des Wirtschaftszweigs Automobilindustrie und Fahrzeugbau sind neben denjenigen der Automobil- und Fahrzeughersteller im engeren Sinne alle Betriebe, deren überwiegende Tätigkeit als Glied einer Fertigungskette unmittelbar auf die Fertigung eines Automobils oder eines sonstigen Fahrzeugs sowie seiner Bestandteile gerichtet ist. Dies hat der Senat in seinem am heutigen Tag ergangenen Urteil in einem Parallelverfahren (- 5 AZR 552/14 - Rn. 21 ff.), auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden.

19

(3) Ein solcher Betrieb ist derjenige der B nicht. Seine ausschließlichen Tätigkeiten sind nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts solche aus dem Bereich Logistik. Diese unterstützen zwar die Produktion von Automobilen, sind aber nicht unmittelbar in die Fertigungskette des Automobilzulieferers A eingebunden.

20

bb) Doch ist der fachliche Geltungsbereich bei Unterstützungsbetrieben wie demjenigen der B nach § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 TV BZ ME eröffnet.

21

(1) Diese Bestimmung erweitert durch die Formulierung „sowie“ den fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags auf Reparatur-, Zubehör-, Montage-, Dienstleistungs- und sonstige Hilfs- und Nebenbetriebe. Gemeint sind damit Betriebe, die nicht originär einem der in § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 1 TV BZ ME genannten Wirtschaftszweige unterfallen, die aber nach ihren ausschließlichen oder überwiegenden betrieblichen Tätigkeiten den Fertigungsprozess eines Katalogbetriebs unterstützen und deshalb zum entsprechenden Wirtschaftszweig in dem Sinne „gehören“, dass sie ihm zuzuordnen sind. Das folgt aus dem Oberbegriff „Hilfs- und Nebenbetrieb“ (zur Identität der Begriffe sh. BAG 1. April 1987 - 4 AZR 77/86 - BAGE 55, 154), für den die ausdrücklich genannten Reparatur-, Zubehör-, Montage- und Dienstleistungsbetriebe - klargestellt durch die Verknüpfung „und sonstigen“ - Regelbeispiele sind. Kennzeichnend für den Hilfs- oder Nebenbetrieb ist, dass der betreffende Betrieb ein selbständiger Betrieb ist, der für einen anderen Betrieb - den Hauptbetrieb - eine Hilfsfunktion ausübt und den dort verfolgten Betriebszweck unterstützt (vgl. BAG 29. Januar 1992 - 7 ABR 27/91 - zu IV 2 der Gründe mwN, BAGE 69, 286; 17. Januar 2007 - 7 ABR 63/05 - Rn. 23 mwN, BAGE 121, 7).

22

(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es nicht erforderlich, dass Katalogbetrieb und Unterstützungsbetrieb iSd. § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 TV BZ ME denselben Inhaber haben. Für eine solche - ungeschriebene - Voraussetzung bietet die Tarifnorm keinen Anhaltspunkt.

23

(a) Unabhängig davon, dass bei Vorliegen eines Regelbeispiels der jeweilige unbestimmte Oberbegriff erfüllt ist (dazu etwa BAG 24. August 2016 - 4 AZR 251/15 - Rn. 19 mwN), ist es nicht zwingend, dass Hilfs- oder Nebenbetriebe stets denselben Inhaber haben müssen wie der Hauptbetrieb.

24

(aa) Der Begriff des Nebenbetriebs stammt aus dem Betriebsverfassungsrecht (vgl. zur Begriffsgeschichte Richardi BetrVG 15. Aufl. § 4 Rn. 4). In der bis zum 27. Juli 2001 geltenden Fassung bestimmte § 4 Satz 2 BetrVG, dass Nebenbetriebe, die die Voraussetzungen des § 1 BetrVG aF nicht erfüllten, dem Hauptbetrieb zuzuordnen waren. In diesem Kontext ist es selbstverständlich, dass betriebsverfassungsrechtlich Haupt- und Nebenbetrieb denselben Rechtsträger haben mussten.

25

(bb) Dieses Verständnis ist indes für die Verwendung des Begriffs in Tarifverträgen nicht zwingend. Vielmehr können Tarifvertragsparteien autonom festlegen, ob sie in ihren Regelungen dem Merkmal „Nebenbetrieb“ das gleiche Verständnis wie im Betriebsverfassungsrecht oder einen hiervon abweichenden Inhalt beimessen wollen. So hat etwa das Bundesarbeitsgericht zu einem Tarifvertrag, der nach seinem fachlichen Anwendungsbereich „für alle Unternehmen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen einschließlich ihrer Hilfs- und Nebenbetriebe“ gelten sollte, erkannt, eine solche Formulierung biete keinen Anhaltspunkt für die Erfassung auch branchenfremder Unternehmen (BAG 1. April 1987 - 4 AZR 77/86 - BAGE 55, 154). Ebenso ist es von einer Inhaberidentität ausgegangen bei einem Tarifvertrag, der gelten sollte für „alle Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (…), deren Nebenbetriebe“ (BAG 25. April 1995 - 3 AZR 528/94 - BAGE 80, 14).

26

(b) An einer solchen sprachlichen Verknüpfung von Haupt- und Nebenbetrieb fehlt es indes in § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 TV BZ ME. Hätten die Tarifvertragsparteien eine Inhaberidentität der dort genannten Hilfs- und Nebenbetriebe zu den im vorangehenden Halbs. 1 angeführten Betrieben festlegen wollen, hätten sie dies durch eine entsprechende Formulierung oder Einschränkung unschwer klarstellen können. Stattdessen haben sie als Anknüpfungsmerkmal auf die betriebliche Tätigkeit abgestellt und die bloße Unterstützungsfunktion für einen der Katalogbetriebe des § 1 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 1 TV BZ ME ausreichen lassen.

27

c) Danach ist der Einsatzbetrieb des Klägers ein zum Wirtschaftszweig der Automobilindustrie und Fahrzeugbau gehörender Dienstleistungsbetrieb. Der Betrieb der B unterstützt mit seinen ausschließlichen Tätigkeiten der Logistik die Produktion des Automobilzulieferers A.

28

2. Zum Umfang der Begründetheit der Klage fehlt es an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum einschlägigen tariflichen Stundentabellenentgelt des ETV iGZ. Das führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird es Folgendes zu beachten haben:

29

a) Die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung eines Branchenzuschlags sind grundsätzlich erfüllt, § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 1 TV BZ ME.

30

aa) Nach § 2 Abs. 1 TV BZ ME erhalten Arbeitnehmer für die Dauer ihres jeweiligen ununterbrochenen Einsatzes(§ 2 Abs. 2 Satz 1 TV BZ ME) im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb einen Branchenzuschlag, dessen Höhe sich in Abhängigkeit von der Einsatzdauer bestimmt (§ 2 Abs. 3 TV BZ ME).

31

bb) Ausgehend vom Inkrafttreten des Tarifvertrags am 1. November 2012 (§ 7 Abs. 1 TV BZ ME), das mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers zusammenfällt, und der gemäß § 6 Abs. 1 TV BZ ME mit diesem Datum beginnenden Berechnung der Einsatzzeiten liegt ein ununterbrochener Einsatz des Kläger bei der B vor. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

32

b) Zur Bestimmung der Höhe des Branchenzuschlags bedarf es weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.

33

aa) Nach § 2 Abs. 3 TV BZ ME beträgt der Branchenzuschlag für Mai 2013, dh. nach dem fünften vollendeten Monat, 30 % und von Juni bis Juli 2013, dh. nach dem siebten vollendeten Monat, 45 % sowie von August bis September 2013, dh. nach dem neunten vollendeten Monat, 50 % des Stundentabellenentgelts des ETV iGZ.

34

bb) Das Landesarbeitsgericht wird auf der Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs (§ 308 Abs. 1 ZPO) die notwendigen Feststellungen zum tariflichen Stundentabellenentgelt der einschlägigen Entgeltgruppe zu treffen haben.

35

c) Auf eine Deckelung des Anspruchs nach § 2 Abs. 4 TV BZ ME kann sich die Beklagte nicht berufen. Der Branchenzuschlag ist nicht auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt.

36

aa) Nach der Protokollnotiz vom 7. September 2012 ist § 2 Abs. 4 TV BZ ME als Ausnahmeregelung auszulegen. Die Anwendung setzt die Geltendmachung der Deckelung durch den Kundenbetrieb voraus. Damit kann im Kundenbetrieb eine höhere Entlohnung der Leitarbeitnehmer im Vergleich zur Stammbelegschaft vermieden werden.

37

bb) Die Protokollnotiz ist materieller Bestandteil des Tarifvertrags. Ob Protokollerklärungen oder -notizen in Tarifverträgen Regelungscharakter haben, hängt neben der Wahrung der gebotenen Form (§ 1 Abs. 2 TVG) davon ab, ob darin der Wille der Tarifvertragsparteien zur Normensetzung hinreichend zum Ausdruck kommt (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 33 mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Protokollnotiz ist von den Tarifvertragsparteien schriftlich vereinbart worden. Sie gestaltet die Modalitäten des Branchenzuschlags durch Geltendmachung einer Deckelung eigenständig aus und knüpft - im Vergleich zur Regelung des § 2 Abs. 4 TV BZ ME - eigenständige Anforderungen an deren Anwendung.

38

cc) Im Streitfall scheidet eine Anwendung von § 2 Abs. 4 TV BZ ME aus. Die Beklagte wäre nur zu einer Deckelung berechtigt, wenn die B („der Kundenbetrieb“) eine solche gefordert hätte. Dies hat die Beklagte aber selbst nicht behauptet.

39

d) Der Anspruch auf Verzugszinsen für die geltend gemachten Zuschläge für Mai und Juni 2013 folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Branchenzuschlag ist Teil des Arbeitsentgelts (§ 2 Abs. 6 TV BZ ME) und damit mit dem für das Arbeitsentgelt bestimmten Zeitpunkt fällig. Das ist nach § 1 Arbeitsvertrag iVm. § 13.1 Manteltarifvertrag Zeitarbeit (BZA/DGB-Tarifgemeinschaft) vom 22. Juli 2003 idF vom 9. März 2010 der 15. Banktag des Folgemonats. Verzugszinsen für Mai und Juni 2013 sind damit jedenfalls ab 11. August 2013 geschuldet. Prozesszinsen für den Branchenzuschlag für Juli bis September 2013 stehen dem Kläger nach § 291 BGB zu.

        

    Koch    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Mattausch    

        

    Ilgenfritz-Donnè    

                 

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Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

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(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 4 Betriebsteile, Kleinstbetriebe


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(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Betriebsteile gelten als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und

1.
räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder
2.
durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind.
Die Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, können mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen; § 3 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Abstimmung kann auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen. Für den Widerruf des Beschlusses gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend.

(2) Betriebe, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllen, sind dem Hauptbetrieb zuzuordnen.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.

(2) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn

1.
zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder
2.
die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.