Amtsgericht Zweibrücken Urteil, 29. Okt. 2018 - 1 OWi 4235 Js 7742/18

ECLI: ECLI:DE:AGZWEIB:2018:1029.1OWI4235JS7742.18.00
published on 29/10/2018 00:00
Amtsgericht Zweibrücken Urteil, 29. Okt. 2018 - 1 OWi 4235 Js 7742/18
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Gericht

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Tenor

1. Die Betroffene wird wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 LImSchG RLP (erhebliche Belästigung durch Tonwiedergabegeräte) zu einer Geldbuße von 50 EUR verurteilt.

2. Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.

Angewendete Vorschriften:

§§ 6, 13 LImSchG RLP

Gründe

1

Das Gericht hat in der Hauptverhandlung feststellen können, dass die Betroffene am 17.08.2017 gegen 19:20 Uhr in Zweibrücken eine Musikwiedergabeanlage in ihrer Wohnung bei geöffneten Fenstern in einer solchen Lautstärke benutzt hat, dass dadurch Nachbarn der gleichen Wohnanlage erheblich belästigt wurden.

2

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der durchgeführten Beweisaufnahme. Das Hören von Musik zur genannten Uhrzeit bei geöffneten Fenstern wurde seitens der Betroffenen und des Zeugen J., der sich bei ihr aufhielt, bestätigt und als übliches abendliches Freizeitverhalten geschildert. Demgegenüber berichteten die Zeugen A. und A., welche die Wohnung unter der Betroffenen angemietet haben, dass sie aufgrund der für sie unzumutbaren Lärmbeeinträchtigung das Ordnungsamt verständigt hätten und dass es nicht das erste Mal gewesen sei, dass laute Musik aus dem Stockwerk über ihnen für eine Beeinträchtigung gesorgt habe. Die insoweit eingesetzten Beamten, die Zeugen K. und P., bestätigten die deutliche Wahrnehmbarkeit lauter Musik bereits auf dem Hinweg zum Anwesen, insbesondere da die Bebauung der K. Straße den Schall noch verstärke, und auch die deutliche Wahrnehmbarkeit in der Wohnung der Eheleute A.. Man habe nicht nur Bässe wummern hören, sondern auch Gesang und Melodie der Lieder deutlich wahrnehmen können. Abgesehen von einzelnen fahrenden Autos habe es keine weitere Lärmquelle in der Umgebung an diesem Abend gegeben, die die Musik hätte relativieren können. Die Beamten stuften die Musik als deutlich lauter als Zimmerlautstärke ein.

3

Die Betroffene hat durch das festgestellte Verhalten die Schutznorm des § 6 Abs. 1 LImSchG RLP verletzt, was nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 LImSchG RLP eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Ob Lärm ein unzulässiges Ausmaß erreicht, richtet sich nach Spezialvorschriften und nach der Verkehrssitte (Sozialadäquanz) (Krenberger/Krumm, OWiG, 5. Aufl., § 117, Rn. 5). Vorliegend wurden keine Dezibelmessungen vorgenommen und es existieren auch keine Grenzwerte nach der TA Lärm. Der Umstand, dass etwa nach § 8 LImSchG das Rasenmähen noch bis 20 Uhr zulässig gewesen wäre, kann dabei den Unwertgehalt der Handlung nicht beseitigen. Denn auch zulässiger Lärm kann ordnungswidrig sein, wenn er ein nach den Umständen vermeidbares Ausmaß annimmt. § 6 LImSchG setzt ebenso wie § 117 OWiG, unabhängig von anderen Normen, ein Minimierungsgebot. Der Störer muss übliche und zumutbare Schutzmaßnahmen gegen jede Art von Lärm ergreifen. Dazu gehört etwa, Fenster zu schließen, wenn Musik wiedergegeben wird, gerade wenn die baulichen Besonderheiten für eine Schallverstärkung sorgen können. Dasselbe gilt bei der Erzeugung von an sich verkehrsüblichem, jedoch vermeidbarem Lärm. Musikhören in der eigenen Wohnung ist natürlich verkehrsüblich, aber hinsichtlich der Lautstärke ebenso vermeidbar, wenn es darum geht, Zimmerlautstärke einzuhalten. Hier haben insbesondere die Zeugen des Ordnungsamts bekunden können, dass die Zimmerlautstärke schon dadurch überschritten war, dass man die Musik auch in anderen Wohnungen hören konnte.

4

Nachdem hier der Erfolg auch individuell eingetreten ist, lag nach objektivem Maßstab eine erhebliche Belästigung der Allgemeinheit bzw. der Nachbarschaft in Form von Einzelpersonen vor, die als Indiz bzw. pars pro toto für die Allgemeinheit heranzuziehen sind. Es ging hier gerade nicht um die abstrakte Beeinträchtigung nicht anwesender Personen. Aus der Nähebeziehung des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses entsteht eine gesteigerte Pflicht der Rücksichtnahme, die die Betroffene hier verletzt hat (vgl. Krenberger/Krumm, § 117, Rn. 16).

5

Schließlich handelte die Betroffene auch ohne berechtigten Anlass. Vernünftige, anzuerkennende Gründe für die Lärmerregung lagen weder vor noch wurden sie behauptet.

6

Die Bußgeldzumessung richtet sich in den Grenzen des § 13 Abs. 2 LImSchG nach § 17 OWiG. Vorliegend war eine Geldbuße in Höhe von 50 EUR dem Unwertgehalt der Handlung einerseits, den tatsächlichen Umständen andererseits angemessen. Es handelte sich um eine Belästigung mit überschaubarem Umfang und zur Tageszeit. Hinzu kommt, dass die Zeugen A. bekundeten, dass seither keine Lärmbelästigung mehr stattgefunden habe, sodass es also keiner Denkzettelmaßnahme mehr durch ein höheres Bußgeld bedarf. Die Geldbuße ist der Höhe nach von der Betroffenen auch wirtschaftlich zu verkraften, § 17 Abs. 3 OWiG. Die Betroffene hat keine besonders schlechten Einkommensverhältnisse behauptet, sondern ihr Monatsnettoeinkommen auf über 900 EUR beziffert.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46, 71 OWiG, 465 StPO.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Annotations

(1) Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach anderen Vorschriften geahndet werden kann.

(1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Euro und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens eintausend Euro.

(2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.

(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.

(4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.

(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht

1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen,
2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung kann das Gericht auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will; § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist anzuwenden.