Amtsgericht Wuppertal Urteil, 06. Aug. 2015 - 31 C 174/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Zahlung restlicher Mietwagenkosten wegen des Verkehrsunfalls vom 21.10.2011 in Wuppertal.
3Am 21.10.2011 wurde das Fahrzeug des Zeugen T, ein Audi A 5,105 kW, amtliches Kennzeichen X - X 00 durch das bei der Beklagten am Unfalltag haftpflichtversicherte Fahrzeug der Zeugin Y beschädigt. Die Beklagte haftet für sämtliche beim Zeugen T eingetretenen Schäden. Das Fahrzeug des Zeugen T ist der Fahrzeugklasse 7 nach „Schwacke“ zuzurechnen und war auch nach dem Unfall noch verkehrssicher.
4Unmittelbar nach dem Verkehrsunfall mietete der Zeuge T von der Klägerin durch Vertrag vom 21.10.2011 für den Zeitraum vom 21.10.2011, 15:00 Uhr, bis zum 04.11.2011, 17:00 Uhr, einen gruppengleich einzuordnendes Ersatzfahrzeug. Gleichzeitig trat er seine Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Beklagte mit Erklärung vom 21.10.2011 (Anl. K1; Bl. 7 GA) an die Klägerin ab.
5Während der Mietzeit wurde das Unfallfahrzeug des Zeugen T sach- und fachgerecht instandgesetzt.
6Mit Rechnung vom 09.08.2012 machte die Klägerin Mietkosten in Höhe von insgesamt 2.373,54 EUR geltend. Im Mietpreis enthalten war eine Gebühr für die Zustellung und Abholung des Fahrzeugs in Höhe von jeweils 35,29 EUR netto und eine Gebühr für die wintertaugliche Bereifung in Höhe von 126,00 EUR netto. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 4 (Bl. 11f. GA) Bezug genommen.
7Die Beklagte zahlte an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 1.100,75 EUR. Mit Schreiben vom 30.05.2013 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte auf einen weiteren Betrag i.H.v. 1.272,79 EUR bis zum 07.06.2013 zu zahlen. Mit der Klage verlangt die Klägerin nunmehr unter Berücksichtigung ersparter Eigenkosten des Zeugen T i.H.v. 109,05 EUR Zahlung eines Restbetrages i.H.v. 1.163,74 EUR. Zudem begehrt sie Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltsgebühren i.H.v. 130,50 EUR auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr und eines Gegenstandswertes von 1.163,74 EUR.
8Die Klägerin behauptet, dass der Zeuge T darauf angewiesen gewesen sei, unmittelbar nach dem Unfall ein Ersatzfahrzeug zu erhalten. Sie ist außerdem der Ansicht, dass der von ihr abgerechnete Mietzins ortsüblich und angemessen sei. Er halte sich innerhalb der Werte der so genannten Schwacke-Liste, die von der Rechtsprechung als geeignetes Mittel zur Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten auf Basis der jeweiligen Normaltarife anerkannt sei.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie restliche Mietwagenkosten in Höhe von 1.163,74 EUR nebst 5 % Zins über dem Basiszinssatz per anno hieraus seit Rechtshändigkeit, nebst weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 130,50 EUR zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie ist der Ansicht, dass die erforderlichen Mietwagenkosten lediglich 1.100,75 EUR betragen würden. Außerdem sei bei der Ermittlung des Normaltarifs der Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts zu Grunde zu legen. Ferner könne lediglich ein Fahrzeug der Gruppe 5 Berücksichtigung finden, weil ein solches auch der Rechnung der Klägerin vom 09.08.2012 zu Grunde gelegt worden sei. Außerdem sei es nicht erforderlich gewesen, das Fahrzeug für 15 Tage anzumieten, weil nach dem Gutachten des Sachverständigen lediglich eine Reparaturdauer von 3-4 Tagen angesetzt worden sei. Der Geschädigte hätte vorliegend die Möglichkeit gehabt, sich nach günstigeren Alternativen umzusehen, so dass es nicht gerechtfertigt sei einen Aufschlag auf den Normaltarif vorzunehmen. Ferner habe der Geschädigte sich ersparte Eigenaufwendungen von mindestens 10 % anrechnen zu lassen. Die Kosten für eine Winterbereifung seien nicht zu ersetzen, weil diese zur Standardausstattung gehören würden.
14Das Gericht hat durch Vernehmung des Zeugen T Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2014 verwiesen.
15Entscheidungsgründe
16I.
17Die Klage ist unbegründet.
18Die Klägerin kann von der Beklagten keine Zahlung weiterer Mietwagenkosten aufgrund des Unfalls vom 21.10.2011 verlangen, weil diese keinen erforderlichen Wiederherstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) darstellen.
191.
20Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte für den unfallbedingten Schaden des Zeugen T als den Geschädigten gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 VVG in voller Höhe eintrittspflichtig ist.
212.
22Der Geschädigte kann als erforderlichen Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann er dabei für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen. Darüber hinausgehende bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war (BGH Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11, a.a.O. m. w. N.). Die Klägerin hat weder dargelegt, dass die Anmietung zu den von der Beklagten in Rechnung gestellten Tarifen dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügte, noch hat sie Umstände vorgetragen, die es rechtfertigen könnten, ihr auch wirtschaftlich nicht erforderliche Mietwagenkosten zuzuerkennen. Im Übrigen hat der Zeuge T glaubhaft ausgesagt, dass er sich vor der Anmietung des Fahrzeugs nicht nach günstigeren Alternativen erkundigt habe. Ferner war sein Fahrzeug unstreitig noch verkehrssicher.
23Daher muss zur Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO auf die objektive Marktlage rekurriert werden, weil im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung entscheidend darauf ankommt, zu welchen Bedingungen der Geschädigte einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen hätte. Unter Berücksichtigung der objektiven Marktlage aber kann der Kläger keine weiteren Mietwagenkosten ersetzt verlangen.
24a)
25Dabei schließt sich das Gericht bei der der Ermessensausübung im Rahmen des § 287 BGB und der aktuellen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf an, wonach der Fraunhofer-Marktpreisspiegel als Schätzgrundlage gemäß § 287 ZPO - jedenfalls was den hiesigen regionalen Markt angeht - gegenüber der "Schwacke-Liste" grundsätzlich vorzugswürdig ist. Der durchschnittliche "Normaltarif" ist daher grundsätzlich - so auch im vorliegenden Fall - anhand des Fraunhofer-Marktpreisspiegels und nicht anhand der "Schwacke-Liste" zu schätzen (vgl. auch in Bezug auf die ausführliche aus hiesiger Sicht zutreffende Begründung des OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 – I-1 U 42/14, 1 U 42/1 U 42/14 –, Rn. 24, juris).
26b)
27Vorliegend war von einer Mietdauer von 15 Tagen auszugehen. Der Einwand der Beklagten zur Reparaturdauer ist im Hinblick auf die vorgenommene Regulierung auf der Basis von 15 Tagen und den substantiierten Vortrag der Klägerin zur Reparatur des Fahrzeugs des Geschädigten unerheblich. Ferner ist aufgrund der eingereichten Unterlagen zur Anmietung des Fahrzeugs und der Rechnung vom 09.08.2012 davon auszugehen, dass das angemietete Fahrzeug der Fahrzeugklasse 7 (nach Schwacke) zuzuordnen ist. Auch insoweit ist der anders lautende Einwand der Beklagten unerheblich. Zur Anmietung eines solchen Fahrzeugs war der Geschädigte im Übrigen berechtigt, weil das beschädigte Fahrzeug in die gleiche Gruppe einzuordnen ist.
28c)
29Nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel 2012 beträgt für eine Anmietung eines Fahrzeugs der Kategorie 7 im Gebiet der Postleitzahl „58“, auf die gemäß der Anlage K 1 (Bl. 7 GA) abzustellen war, der durchschnittliche "Normaltarif" für 7 Tage 339,79 Euro brutto und für einen weiteren Tag 116,68 Euro brutto. Hieraus errechnet sich für eine Anmietzeit von 15 Tagen ein erstattungsfähiger "Normaltarif" in Höhe von 796,26 Euro brutto.
30Hiervon ist im Wege der Vorteilsausgleichung, die aufgrund der Besserstellung des Geschädigten wegen ersparter Eigenaufwendungen zu berücksichtigen ist, ein pauschaler Abzug von 5 % vorzunehmen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 – I-1 U 42/14, 1 U 42/1 U 42/14 –, Rn. 52, juris). Da der Geschädigte kein klassentieferes Fahrzeug mietete, konnte von dem Abzug nicht abgesehen werden.
31Gleichzeitig war ein Aufschlag von 20 % für unfallbezogene Mehrleistungen zu berücksichtigen, die im mittleren Normaltarif noch nicht enthalten sind. Im vorliegenden Fall war die Anmietdauer offen, weil zum Zeitpunkt der Anmietung des Fahrzeugs nicht feststand, wie lange die Ausfallzeit des Unfallwagens dauern würde.
32Unter Berücksichtigung des pauschalen Ab- und Aufschlags betragen die erforderlichen Mietwagenkosten 915,70 EUR.
33d)
34Hingegen konnte ein weiterer Zuschlag für die Ausstattung des Fahrzeugs mit Winterbereifung keine Berücksichtigung finden. Es ist allgemein bekannt, dass jedenfalls im hiesigen Gerichtsbezirk diese üblicherweise nicht in Rechnung gestellt werden.
35e)
36Ob die Abhol- und Zustellkosten in Höhe von 84 EUR brutto bei der Berechnung des Normaltarifs zu berücksichtigen sind, kann dahin stehen, weil jedenfalls der von der Beklagten gezahlte Betrag in Höhe von 1.100,75 EUR auch dann nicht überschritten wird.
373.
38Mangels Hauptforderung besteht auch weder ein Zinsanspruch noch ein Anspruch auf Erstattung weiterer außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.
39III.
40Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91; 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
41Streitwert: 1.163,74 EUR
ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Wuppertal Urteil, 06. Aug. 2015 - 31 C 174/13
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Referenzen - Gesetze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes
Gesetz über den Versicherungsvertrag
Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt
Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 17 Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 287 Verantwortlichkeit während des Verzugs
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Urteil einreichenAmtsgericht Wuppertal Urteil, 06. Aug. 2015 - 31 C 174/13 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2012 - VI ZR 316/11
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, ein Mietwagenunternehmen, macht nach einem Verkehrsunfall vom 22. Dezember 2010 aus abgetretenem Recht des Geschädigten restliche Mietwagenkosten gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Schädigers geltend, dessen volle Haftung dem Grunde nach unstreitig ist.
- 2
- Der Geschädigte mietete bei der Klägerin für seinen beschädigten PKW VW Passat Variant Diesel, Leistung 103 kW, ein Ersatzfahrzeug an, für welches ihm für die Zeit vom 23. Dezember bis zum 30. Dezember 2010 ein Betrag in Höhe von 1.166,68 € in Rechnung gestellt wurde. Am 23. Dezember 2010 trat er die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten an die Klägerin ab. Nach Teilzahlung der Beklagten macht die Klägerin einen Restbetrag in Höhe von 636,96 € geltend.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Abtretung gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen § 3 RDG unwirksam sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung der beantragten restlichen Mietwagenkosten verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist (LG Köln, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 9 S 190/11), steht der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG, § 398 BGB zu.
- 5
- Die Abtretung sei nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam, weil sie nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG als Nebenleistung zur Ausübung der Hauptleistung der Klägerin - der Vermietung von Kraftfahrzeugen - erlaubt sei. Nach § 249 BGB könne der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen. Den Ausgangspunkt bilde der am Markt übliche Normaltarif. Es sei zulässig, zu dessen Bestimmung gemäß § 287 ZPO auf das sogenannte gewichtete Mittel (jetzt: Modus) des "Schwacke-Automietpreisspiegels" im Post- leitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen. Als Schätzungsgrundlage könne hier der Schwacke-Automietpreisspiegel 2010 herangezogen werden. Soweit die Beklagte die Schwacke-Liste für nicht anwendbar halte und meine, bei der Erhebung der Daten hätten gravierende Mängel vorgelegen, könne sie hiermit nicht durchdringen. Dass die Erhebung des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008) oder die Erhebung des Dr. Zinn zu anderen Ergebnissen gelange, genüge nicht, um durchgreifende Zweifel an der Nutzbarkeit der Schwacke-Liste zu begründen. Eine mangelhafte Erhebung für den Schwacke-Mietpreisspiegel ergebe sich auch nicht aus dem Sachvortrag der Beklagten, insbesondere dem Einwand, es hätten über das Internet günstigere Fahrzeuge zur Anmietung bereit gestanden.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 7
- 1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt ist, wenn - wie hier - allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist (vgl. Senatsurteile vom 31. Januar 2012 - VI ZR 143/11, VersR 2012, 458 = BGHZ 192, 270 Rn. 7 ff.; vom 11. September 2012 - VI ZR 296/11, VersR 2012, 1451 Rn. 12 und - VI ZR 297/11, VersR 2012, 1409 Rn. 16).
- 8
- 2. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nach § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 398 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) Ersatz der Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann der Geschädigte für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen (vgl. etwa Senatsurteile vom 12. Oktober 2004 - VI ZR 151/03, BGHZ 160, 377, 383 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 164/07, NJW 2008, 1519 Rn. 7; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 308/07, VersR 2008, 1706 Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, VersR 2011, 769 Rn. 10). Darüber hinausgehende bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war (vgl. etwa Senatsurteile vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 210/07, VersR 2009, 83 Rn. 6; vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aaO, jeweils mwN).
- 9
- 3. Die Revision hält allerdings mit Recht die Schätzung des der Klägerin zugänglichen Normaltarifs für fehlerhaft.
- 10
- a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob erhebliches Vorbringen der Par- teien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 1984 - VI ZR 262/82, BGHZ 92, 85, 86 f.; vom 8. Dezember 1987 - VI ZR 53/87, BGHZ 102, 322, 330; vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151, 154; vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07, VersR 2009, 408 Rn. 12; vom 9. Juni 2009 - VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 Rn. 10; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 253/09, VersR 2011, 643 Rn. 6). Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 164/07, VersR 2008, 699 Rn. 9; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 308/07, aaO Rn. 22; vom 18. Mai 2010 - VI ZR 293/08, VersR 2010, 1054 Rn. 4; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 353/09, aaO Rn. 7; vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aaO Rn. 17; vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, VersR 2011, 1026 Rn. 7). Nach diesen Grundsätzen ist der Tatrichter grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschlä- ge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif - abweichen (vgl. Senatsurteile vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aaO Rn. 18; vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, aaO).
- 11
- b) Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (vgl. etwa Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 164/07, aaO; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 308/07, aaO Rn. 22; vom 19. Januar 2010 - VI ZR 112/09, VersR 2010, 494 Rn. 6; vom 18. Mai 2010 - VI ZR 293/08, aaO Rn. 4; vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aaO Rn. 17; vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, aaO Rn. 8). Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen.
- 12
- c) Im Ansatz ist das Berufungsgericht von diesen Grundsätzen bei seiner Schadensschätzung auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2010 ausgegangen. Zutreffend hat es die von der Beklagten gegen die Eignung der Schwacke-Liste allgemein erhobenen Einwände als unerheblich angesehen. Es hat aber nicht hinreichend berücksichtigt, dass auch ein grundsätzlich geeigneter Mietpreisspiegel nur eine Grundlage für die Schätzung darstellt. Im Streitfall begegnet die uneingeschränkte Übernahme der in der Schwacke-Liste ausgewiesenen Mietpreise deshalb Bedenken, weil die Beklagte - wie die Revision mit Recht geltend macht - deutlich günstigere Angebote anderer Anbieter aufgezeigt hat. Sie hat bereits in ihrer Klageerwiderung auf Online-Anfragen bei großen Anbietern - jeweils bezogen auf deren Stationen in B., dem Sitz der Klägerin - verwiesen und zugleich vorgetragen, dass zu einem Betrag in dieser Größenordnung auch im streitgegenständlichen Unfallzeitpunkt ein Fahrzeug hätte angemietet werden können. Zu den vorstehenden Tarifen hätte der Geschädigte problemlos (auch telefonisch bzw. unmittelbar an den Stationen der benannten Vermieter) durch Vorlage einer Kreditkarte oder entsprechende Barkaution ein Fahrzeug erhalten können. Damit hat sie hinreichend deutlich gemacht , dass der zur Schadensbehebung erforderliche maßgebende Normaltarif zum Zeitpunkt der Anmietung deutlich günstiger gewesen sein könnte als der Modus des Schwacke-Mietpreisspiegels 2010. Mit diesem konkreten Sachvortrag der Beklagten hätte sich das Berufungsgericht im Streitfall näher auseinandersetzen müssen. Dadurch, dass es dies unterlassen hat, hat es die Grenzen seines tatrichterlichen Ermessens im Rahmen des § 287 ZPO überschritten.
- 13
- 4. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren zu berücksichtigen haben, dass der Tatrichter im Rahmen des § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch hinsichtlich der Entscheidung, eine Beweisaufnahme durchzuführen, freier gestellt ist. Deshalb kann etwaigen Zweifeln daran, dass es sich bei den in einer Liste ausgewiesenen Mietpreisen um den im Einzelfall maßgeblichen Normalpreis handelt, gegebenenfalls auch durch Zu- oder Abschläge Rechnung getragen werden (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aaO Rn. 18). Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
AG Gummersbach, Entscheidung vom 18.05.2011 - 19 C 14/11 -
LG Köln, Entscheidung vom 26.10.2011 - 9 S 190/11 -
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.