Amtsgericht Weißenfels Urteil, 15. Apr. 2014 - 10 OWi 737 Js 201043/14

ECLI:ECLI:DE:AGWEISS:2014:0415.10OWI737JS201043.0A
bei uns veröffentlicht am15.04.2014

Tenor

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der außerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 70,- € verurteilt.

Der Betroffene hat auch die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 3 Abs. 3 Nr. 2 b), 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO, 24 StVG.

Gründe

I.

1

Der 47-jährige Betroffene ist Berufskraftfahrer. Ausweislich der Auskunft aus dem Verkehrszentralregister vom 10. März 2014 ist er bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

II.

2

Der Betroffene befuhr am 19. Aug. 2013 mit dem von ihm geführten LKW MAN mit dem amtlichen Kennzeichen ... die Bundesstraße 91, Abschn. 2, (B91)in Richtung Merseburg, nachdem er an der Anschlussstelle Weißenfels aufgrund eines Staus auf der BAB 9 von der Autobahn abgefahren war. Bei der B 91 handelt es sich um eine im fraglichen Bereich 4-spurig ausgebaute Bundesstraße mit durchgehender Mittelleitplanke. Eine Ausschilderung als Kraftfahrstraße (Zeichen 331.1 StVO) ist nicht vorhanden.

3

Die Polizeibeamten K. und T. führten am vorgenannten Tag zwischen 10.00 Uhr und 13.30 Uhr auf der B 91 im Abschn. 2, km 1,250, eine Geschwindigkeitsmessung mit der zur Tatzeit gültig geeichten Geschwindigkeitsmessanlage „ES 3.0“, Geräte-Nr.5424, durch.

4

Der Betroffene durchfuhr mit dem von ihm geführten LKW um 12.41 Uhr die Messstelle, wobei ein Messfoto, auf dem die Geschwindigkeit des Fahrzeugs mit 79 km/h angezeigt wurde, ausgelöst wurde. Abzüglich eines Toleranzwertes von 3 % (aufgerundet zugunsten des Betroffenen auf 3 km/h) ergibt dies eine Mindestgeschwindigkeit von 76 km/h. Diese Geschwindigkeit liegt 16 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

III.

5

Die unter I. getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen beruhen auf seinen Angaben und der durch Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführten Auskunft aus dem Verkehrszentralregister.

6

Zur Sache hat der Betroffene sich dahin eingelassen, mit dem LKW zunächst die BAB 9 in Richtung Berlin befahren zu haben, als dort in seiner Fahrtrichtung ein Stau gemeldet worden sei. Er habe daraufhin dem Routenvorschlag des Navigationsgeräts folgend die BAB 9 an der Ausfahrt Weißenfels verlassen, um die Fahrt über die B 91 fortzusetzen. Er wisse, dass eine Kraftfahrtstraße als solche ausgeschildert sein müsse, ein entsprechendes Schild habe er beim Auffahren auf die B 91 aber nicht gesehen. Er habe bemerkt, dass er „geblitzt“ worden sei und auf den Tacho geschaut. Dieser habe eine Geschwindigkeit von 76 km/h angezeigt.

7

An der Richtigkeit des Geständnisses des Betroffenen, zur Tatzeit den LKW geführt zu haben, hat das Gericht keinen Zweifel.

8

Aus der Datenleiste des in Augenschein genommenen Messfotos ergeben sich zudem die gemessene Geschwindigkeit von 79 km/h sowie die Tatzeit 19. Aug. 2013, 12.41 Uhr.

9

Der Polizeibeamte K. hat bekundet, am Tattag als verantwortlicher Messbeamter die Messanlage aufgestellt und bedient zu haben. Er ist ausgebildeter Messbeamter und arbeitet nach seinen Angaben seit Ende 2011 mit der Messanlage. Im Ergebnis seiner Aussage ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass er die Herstellervorgaben für den Aufbau und die Bedienung des Messgeräts angewandt hat.

10

Die Kenntnis des Gerichts zu den Eichdaten der verwandten Anlage ergibt sich aus der in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Ablichtung des Eichscheins des Landeseichamts Sachsen-Anhalt vom 26. Febr. 2013, wonach die Anlage mit der Geräte-Nr. 5424 bis zum 31. Dez. 2014 geeicht ist.

11

Die Kenntnis des Gerichts zu den Örtlichkeiten an der Messstelle ergibt sich zum einen aus den Bekundungen des Zeugen K., der angegeben hat, die Bundesstraße sei im Bereich der Messstelle vierspurig ausgebaut, jedoch nicht als Kraftfahrstraße ausgewiesen. Zum anderen handelt es sich um eine offenkundige Tatsache.

12

In Würdigung der erhobenen Beweise gelangt das Gericht daher zu den unter Ziff. II getroffenen Feststellungen.

IV.

13

Der Betroffene hat sich demnach wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach den §§ 3 Abs. 3 Nr. 2 b), 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO, 24 StVG schuldig gemacht, weil er die für sein Fahrzeug außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h nicht eingehalten, sondern die B 91 im Bereich der Messstelle mit zumindest 76 km/h passiert hat.

14

Soweit die Verteidigerin in der Hauptverhandlung geltend gemacht hat, der Betroffene sei hinsichtlich der zulässigen Höchstgeschwindigkeit einem Verbotsirrtum unterlegen, erscheint dies in Ansehung der klaren Ausführungen des Betroffenen selber schon zweifelhaft. Der Betroffene hat eindeutig erklärt, er wisse, dass eine Straße nur dann als Kraftfahrstraße ausgewiesen sei, wenn ein entsprechendes Schild vorhanden sei. Ein solches habe er aber nicht gesehen.

15

Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, da ein unterstellter Verbotsirrtum in jedem Fall vermeidbar gewesen wäre. Ein Verbotsirrtum ist vermeidbar, wenn der Täter bei Anwendung derjenigen Sorgfalt, die ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seinem Lebens- und Berufskreis zuzumuten war, das Unerlaubte seines Tuns hätte erkennen können (BGHSt 21, 18 (20); OLG Bremen NStZ 1981, 265; OLG Düsseldorf NZV 1994, 288 (289); Bohnert OWiG § 11, Rn. 33; Göhler/Gürtler, OWiG § 11 Rn. 23; vgl. BGHSt 2, 194 (201); 4, 236 (243)). Der Betroffene als Berufskraftfahrer muss um die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Kraftfahrstraße wissen - und wusste nach seinen Bekundungen auch darum.

16

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Bundesstraße im fraglichen Bereich einen Ausbauzustand aufweist, der dem einer Kraftfahrstraße entspricht. Kraftfahrer müssen sich über die Verkehrsvorschriften einschließlich ihrer Änderungen informieren, wobei strenge Maßstäbe anzulegen sind (AG Landau DAR 2005, 702 (703); Göhler/Gürtler, OWiG, § 11 Rn. 26). In der Regel ist daher bei der unzutreffenden Interpretation einer Verkehrsregelung von einem vermeidbaren Irrtum des Kraftfahrers auszugehen (BayObLG NJW 2003, 2253).

17

Der Betroffene hätte daher bei Anspannung der gehörigen Sorgfalt erkennen können und müssen, dass mangels einer entsprechenden Beschilderung die B91 im fraglichen Bereich nicht Kraftfahrstraße ist, so dass für ihn die aus § 3 Abs. 3 Nr. 2 b) StVO folgende Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h galt. Auch die Vorschrift des § 18 Abs. 5 Nr. 1 StVO greift hier nicht: Die Eigenschaft als Kraftfahrstraße wird ausschließlich durch das Zeichen 331.1 begründet, nicht hingegen durch den Ausbau der Straße (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 18 StVO, Rn. 14). Auch die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 Nr. 2 c) 2. Satz StVO gilt nicht, da diese Regelung sich allein auf PKW und andere Kraftfahrzeuge bis 3,5 t bezieht (vgl. d. Nachw. bei Hentschel u.a., a.a.O., § 3 StVO, Rn. 54a).

18

Soweit die Verteidigerin schließlich geltend gemacht hat, die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach § 3 Abs. 3 Nr. 2b) StVO sei vor dem Hintergrund der technischen Fortentwicklung von LKW nach der Gesetzesbegründung überholt, dringt sie hiermit nicht durch. Zwar mag zutreffend sein, dass die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften für LKW jenseits von 7,5 t auf den Stand der Technik bei Verabschiedung der Vorschrift zurückzuführen ist. Gleichwohl ist die Bestimmung des § 3 Abs. 3 Nr. 2 b) StVO bislang durch den Gesetzgeber nicht aufgehoben oder geändert worden, so dass das Gericht sie - was auch der Verteidigerin aufgrund ihrer juristischen Ausbildung bekannt sein dürfte - zu beachten und seiner Entscheidungsfindung zu Grunde zu legen hat.

V.

19

Bei der Bemessung der zu verhängenden Geldbuße war vom Regelsatz aus der Bußgeldkatalogverordnung und deren Anlage auszugehen. Bei Überschreitung der außerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 16 bis 20 km/h ist gemäß Ziff. 11.1.4 BKat eine Geldbuße von 70,- € vorgesehen. Die Verhängung dieser Regelsanktion hält das Gericht vorliegend auch für angemessen, zumal keine Gründe für ein Abweichen hiervon ersichtlich sind.

VI.

20

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 465 Abs. 1 StPO.


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Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


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(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 11 Irrtum


(1) Wer bei Begehung einer Handlung einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Möglichkeit der Ahndung wegen fahrlässigen Handelns bleibt unberührt. (2) Fehlt dem Täter bei Begehung der Handlung

Referenzen

(1) Wer bei Begehung einer Handlung einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Möglichkeit der Ahndung wegen fahrlässigen Handelns bleibt unberührt.

(2) Fehlt dem Täter bei Begehung der Handlung die Einsicht, etwas Unerlaubtes zu tun, namentlich weil er das Bestehen oder die Anwendbarkeit einer Rechtsvorschrift nicht kennt, so handelt er nicht vorwerfbar, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.

(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für diese. Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht höher als 4 m und nicht breiter als 2,55 m sein. Kühlfahrzeuge dürfen nicht breiter als 2,60 m sein.

(2) Auf Autobahnen darf nur an gekennzeichneten Anschlussstellen (Zeichen 330.1) eingefahren werden, auf Kraftfahrstraßen nur an Kreuzungen oder Einmündungen.

(3) Der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hat die Vorfahrt.

(4) (weggefallen)

(5) Auf Autobahnen darf innerhalb geschlossener Ortschaften schneller als 50 km/h gefahren werden. Auf ihnen sowie außerhalb geschlossener Ortschaften auf Kraftfahrstraßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind, beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch unter günstigsten Umständen

1.
für
a)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
b)
Personenkraftwagen mit Anhänger, Lastkraftwagen mit Anhänger, Wohnmobile mit Anhänger und Zugmaschinen mit Anhänger sowie
c)
Kraftomnibusse ohne Anhänger oder mit Gepäckanhänger
80 km/h,
2.
für
a)
Krafträder mit Anhänger und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit Anhänger,
b)
Zugmaschinen mit zwei Anhängern sowie
c)
Kraftomnibusse mit Anhänger oder mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
3.
für Kraftomnibusse ohne Anhänger, die
a)
nach Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I für eine Höchstgeschwindigkeit von100 km/hzugelassen sind,
b)
hauptsächlich für die Beförderung von sitzenden Fahrgästen gebaut und die Fahrgastsitze als Reisebestuhlung ausgeführt sind,
c)
auf allen Sitzen sowie auf Rollstuhlplätzen, wenn auf ihnen Rollstuhlfahrer befördert werden, mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind,
d)
mit einem Geschwindigkeitsbegrenzer ausgerüstet sind, der auf eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 100 km/h (Vset) eingestellt ist,
e)
den Vorschriften der Richtlinie 2001/85/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und zur Änderung der Richtlinien 70/156/EWG und97/27/EG(ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1) in der jeweils zum Zeitpunkt der Erstzulassung des jeweiligen Kraftomnibusses geltenden Fassung entsprechen und
f)
auf der vorderen Lenkachse nicht mit nachgeschnittenen Reifen ausgerüstet sind, oder
g)
für nicht in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassene Kraftomnibusse, wenn jeweils eine behördliche Bestätigung des Zulassungsstaates in deutscher Sprache über die Übereinstimmung mit den vorgenannten Bestimmungen und über jährlich stattgefundene Untersuchungen mindestens im Umfang der Richtlinie 96/96/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt werden kann,
100 km/h.

(6) Wer auf der Autobahn mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn

1.
die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird oder
2.
der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind.

(7) Wenden und Rückwärtsfahren sind verboten.

(8) Halten, auch auf Seitenstreifen, ist verboten.

(9) Zu Fuß Gehende dürfen Autobahnen nicht betreten. Kraftfahrstraßen dürfen sie nur an Kreuzungen, Einmündungen oder sonstigen dafür vorgesehenen Stellen überschreiten; sonst ist jedes Betreten verboten.

(10) Die Ausfahrt von Autobahnen ist nur an Stellen erlaubt, die durch die Ausfahrttafel (Zeichen 332) und durch das Pfeilzeichen (Zeichen 333) oder durch eins dieser Zeichen gekennzeichnet sind. Die Ausfahrt von Kraftfahrstraßen ist nur an Kreuzungen oder Einmündungen erlaubt.

(11) Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, einschließlich ihrer Anhänger, sowie Zugmaschinen dürfen, wenn die Sichtweite durch erheblichen Schneefall oder Regen auf 50 m oder weniger eingeschränkt ist, sowie bei Schneeglätte oder Glatteis den äußerst linken Fahrstreifen nicht benutzen.

(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.

(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen

1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h,
2.
außerhalb geschlossener Ortschaften
a)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger,
cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie
dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
80 km/h,
b)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t,
bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie
cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t100 km/h.Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.

(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.