Amtsgericht Stralsund Beschluss, 07. Okt. 2016 - 25 C 126/16

bei uns veröffentlicht am07.10.2016

Tenor

Klarstellend wird festgestellt, dass das Urteil vom 29.09.2016 ungeachtet der am 28.09.2016 eingetretenen Verfahrensunterbrechung rechtswirksam ist.

Gründe

I.

1

Der (bisherige) Bevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 06.10.2016 (Bl. 34 d.A.) mitgeteilt, dass am 28.09.2016 um 15.28 Uhr das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet worden sei (Az.: ...). Das Empfangsbekenntnis betreffend das Urteil vom 29.09.2016 ist unvollzogen zurückgereicht worden (Bl. 35 d.A.). Das Urteil vom 29.09.2016 ist am 29.09.2016 zur Geschäftsstelle gelangt (Bl. 31-Rs. d.A.) und am 30.09.2016 an beide Seiten zur Zustellung abgesandt worden (Bl. 32 d.A.).

II.

2

Mit der Insolvenzeröffnung ist das Verfahren unterbrochen worden und es durfte ein Urteil nicht mehr erlassen werden (§ 240 Satz 1 ZPO).

3

Insoweit hätte hier auch das Urteil vom 29.09.2016 nicht erlassen werden dürfen, und zwar unabhängig davon, ob der „Erlass“ (vgl. § 318 ZPO) bereits mit der Übergabe an die Geschäftsstelle am 29.09.2016, mit der Hinausgabe zwecks Zustellung am 30.09.2016, mit erfolgreicher Zustellung an die Klagepartei oder erst mit - bisher nicht bewirkter - Zustellung an beide Parteien (vgl. § 310 Abs. 3 ZPO) erfolgt ist (vgl. zum Streitstand Schäfer, NJOZ 2015, 601 ff., m.w.N.). Nach hier vertretener Auffassung ist der Erlass des nicht verkündeten Urteils im Verfahren nach § 495a ZPO bereits mit der Übergabe an die Geschäftsstelle erfolgt und damit vorliegend bereits eingetreten (ebenso Schäfer, NJOZ 2015, 601 [602], m.w.N.).

4

§ 249 Abs. 3 ZPO ändert an der Unzulässigkeit des Urteilserlasses hier nichts, da die Schriftsatzfrist, die im schriftlichen Verfahren dem Verhandlungsschluss entspricht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 249 Rn. 8, m.w.N.), erst am 28.09.2016 (24.00 Uhr) ablief, also ebenfalls erst nach Insolvenzeröffnung, wenn auch nur „um Stunden“.

5

Da dem Gericht die Insolvenzeröffnung unbekannt war, ist der Urteilserlass dennoch erfolgt.

6

Das ändert aber nichts an der Rechtswirksamkeit des Urteils. Das in Unkenntnis der Insolvenzeröffnung erlassene Urteil ist rechtlich existent, also wirksam; es ist somit nicht nichtig, sondern allenfalls mit - etwaigen - Rechtsmitteln angreifbar (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 10, m.w.N.).

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 249 Wirkung von Unterbrechung und Aussetzung


(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. (2) Die während der Unterbrechung oder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 495a Verfahren nach billigem Ermessen


Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 310 Termin der Urteilsverkündung


(1) Das Urteil wird in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet. Dieser wird nur dann über drei Wochen hinaus angesetzt, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder di

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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Das Urteil wird in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet. Dieser wird nur dann über drei Wochen hinaus angesetzt, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache, dies erfordern.

(2) Wird das Urteil nicht in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, so muss es bei der Verkündung in vollständiger Form abgefasst sein.

(3) Bei einem Anerkenntnisurteil und einem Versäumnisurteil, die nach §§ 307, 331 Abs. 3 ohne mündliche Verhandlung ergehen, wird die Verkündung durch die Zustellung des Urteils ersetzt. Dasselbe gilt bei einem Urteil, das den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil verwirft (§ 341 Abs. 2).

Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.

(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.

(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.

(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.