Amtsgericht Schorndorf Urteil, 27. Jan. 2010 - 2 C 1214/08

bei uns veröffentlicht am27.01.2010

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 10. Juni 2009 wird aufrecht erhalten.

2. Auch im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Streitwert:

bis zum 15. Januar 2009:

412,82 EUR

vom 15. Januar 2009 bis zum 14. Juli 2009:

988,68 EUR

ab dem 14. Juli 2009:

     1.077,94 EUR

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um Ansprüche wegen der Zahlung von Grundsteuer und Versicherungsbeiträgen.
Der Kläger ist seit 29. Januar 2008 Zwangsverwalter des Grundstücks …, die Beklagte zu 1) ist neben ihrem geschiedenen Ehemann zur Hälfte Miteigentümerin dieses Grundstücks. Die Beklagte zu 1) nutzt im zwangsverwalteten Objekt Teile des Erd- und des Untergeschosses; für die Wohnung im Obergeschoss hat die Beklagte zu 2) ein Wohnrecht. Es handelt sich um die als unentbehrlich belassenen Räume.
An Grundsteuer muss an die … ein Jahresbeitrag von 263,12 EUR abgeführt werden. Der Kläger schloss - bei der Gläubigerin, welche die Zwangsverwaltung beantragt hat - für das Grundstück mit Wirkung ab dem 27. Februar 2008 eine bislang nicht bestehende Gebäudehaftpflicht- und Gewässerschadenshaftpflichtversicherung mit einer Jahresprämie von 85,01 EUR ab; für die Zeit vom 27. Februar 2009 bis zum 27. Februar 2010 betrug die Prämie 89,26 EUR. Eine bereits bestehende Gebäudeversicherung (Elementarschadensversicherung) mit einer Jahresprämie von 172,97 EUR wurde von ihm übernommen. Zum 1. September 2009 schloss er die Elementarschadensversicherung bei einer anderen Versicherung - bei der Gläubigerin, welche die Zwangsverwaltung beantragt hat - mit einer Jahresprämie von 181,18 EUR ab. Am 5. November 2008 ging eine Zahlung der Beklagten zu 1) von 412,81 EUR beim Kläger ein; zwischen dem 27. Februar 2009 und dem 6. Juli 2009 wurde ein weiterer Betrag von 50,- EUR bezahlt.
Der Kläger macht nunmehr die von ihm bezahlten Beträge für die Grundsteuer und die Gebäudeversicherung für die Jahre 2007 bis 2009 sowie für die Haftpflichtversicherung für zwei Jahre von Februar 2008 bis Februar 2010 geltend.
Der Kläger ist der Ansicht, es sei zwar von der Beklagten zu 1) keine Miete oder Nutzungsentschädigung zu bezahlen, wohl aber die vom Kläger verauslagten Nebenkosten zu ersetzen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um verbrauchsabhängige Kosten handle oder wie hier um verbrauchsunabhängige. Die Beklagte habe die geforderten Kosten auch für die Wohnung im Obergeschoss zu tragen, da sie als Grundstückseigentümerin dafür hafte; insofern nutze sie auch das Obergeschoss durch kostenlose Überlassung an die wohnungsberechtigte Beklagte zu 2).
Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, 1.027,94 EUR Nebenkosten an den Kläger zu bezahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 412,82 EUR vom 11. August 2008 bis 26. Februar 2009, aus 397,82 EUR vom 27. Februar 2009 bis 24. März 2009, aus 390,82 EUR vom 25. März 2009 bis 27. April 2009, aus 383,82 EUR vom 28. April 2009 bis 26. Mai 2009, aus 376,82 EUR vom 27. Mai 2009 bis 5. Juli 2009 und aus 362,82 EUR ab dem 6. Juli 2009, aus weiteren 575,86 EUR ab dem 15. Januar 2009 sowie aus weiteren 89,26 EUR ab dem 10. Juli 2009,
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, 176,72 EUR vorgerichtliche Kosten an den Kläger zu zahlen,
10 
festzustellen, dass die Klage in Höhe von 50,- EUR erledigt ist.
11 
Die Beklagte zu 1) beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, sie sei nicht verpflichtet, Grundsteuer und Versicherungen zu tragen; diese Kosten fielen beim Zwangsverwalter und letztendlich bei dem die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger an. Der Schuldner brauche für die Räumlichkeiten, die ihm nach § 149 Abs. 1 ZVG überlassen werden, kein Entgelt an den Zwangsverwalter zu bezahlen; er könne nur darauf verwiesen werden, für die verbrauchsabhängigen Nebenkosten Sorge zu tragen, die sonstigen Unkosten des Grundstücks könnten von Schuldner nicht verlangt werden, sondern seien Kosten der Zwangsverwaltung und aus der Masse zu bestreiten. Das Wohnrecht der Beklagten zu 2) stehe einer Belastung der Beklagten zu 1) mit Betriebskosten für diese Räume, die der Nutzung durch den Eigentümer gerade nicht unterlägen, entgegen.
14 
Nach dem Erlass eines klagabweisenden Versäumnisurteils hat der Kläger mit dem Einspruch zugleich die Klage gegen die Beklagte zu 1) dem Betrag nach erweitert, die Klage gegen die ursprünglich gesamtschuldnerisch mit verklagte Beklagte zu 2) zurück genommen und den Rechtsstreit in Höhe von 50,- EUR für erledigt erklärt.
15 
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
17 
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung der Grundsteuer und der Versicherungsbeiträge besteht nicht. Mangels Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf die Nebenforderungen zu.
18 
Da zwischen den Parteien keine vertragliche Bindung besteht und ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ausscheidet, weil die Beklagte zu 1) selbst Eigentümerin ist und ihr zudem die hier streitgegenständlichen, unstreitig unentbehrlichen Räume nach § 149 Abs. 1 ZVG zu belassen sind und sie deshalb jedenfalls ein Recht zum Besitz hat, kommt nur ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht. Insoweit hat die Beklagte zu 1) zwar - nicht streitgegenständliche - verbrauchsabhängige Nebenkosten zu ersetzen, nicht aber Grundsteuer und Versicherungsbeiträge.
19 
1. Die Beklagte zu 1) hat dadurch, dass sie von Gesetzes wegen in der Wohnung bleiben darf, Gebrauchsvorteile erlangt, für die sie grundsätzlich, da eine Herausgabe dieser Vorteile nicht möglich ist, gemäß § 818 Abs. 2 BGB den Wert des Erlangten zu ersetzen hat, nämlich dessen objektiven Verkehrswert.
20 
a) Erlangt hat die Beklagte zu 1) einerseits die Möglichkeit, die Räume als solche zu nutzen. Insoweit bestimmt sich der Verkehrswert nach der ortsüblichen Vergleichsmiete, die neben der Grundmiete auch die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten in der ortsüblichen - erforderlichenfalls durch Sachverständigengutachten festzustellenden - Höhe umfassen kann, wenn und soweit diese im konkreten Fall ortsüblicherweise auf den Mieter umgelegt werden (so BGH, Urteil vom 6. August 2008, Az.: XII ZR 67/06, abgedruckt in NJW 2009, 1266 jedenfalls für die Gewerberaummiete; bei einer Wohnungsmiete ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Ausgangslage vorsieht, dass der Vermieter diese Kosten trägt).
21 
b) Erlangt hat die Beklagte zu 1) andererseits - nicht streitgegenständlich, aber zur Verdeutlichung der Entscheidung dargestellt - die Nutzung von Versorgungsleistungen wie Strom, Heizung und Wasser, d. h. die verbrauchsabhängigen Nebenkosten. Der Wert dieses Gebrauchsvorteils bestimmt sich nicht nach einer abstrakten ortsüblichen Vergleichsnutzung, sondern hier ist auf den Wert des konkret genutzten Verbrauchs abzustellen, der entsprechend darzulegen ist (s. a. BGH a. a. O.). Während der gegebenenfalls vereinbarte Mietzins samt den eventuell umgelegten verbrauchsunabhängigen Nebenkosten ohne Vertrag nicht konkret bestimmt werden kann, sondern stattdessen die ortsüblichen Vergleichswerte herangezogen werden müssen, kann demgegenüber der Verbrauch ohne weiteres durch die konkret genutzten Mengen bestimmt, aber gerade nicht über örtliche Vergleiche, da ein typischer Verbrauch nicht oder nur innerhalb einer sehr großen Bandbreite existiert.
22 
2. a) Von diesen beiden grundsätzlich erlangten Gebrauchsvorteilen (Nutzung der Räume und Nutzung der Versorgungsleistungen) hat der gemäß § 149 Abs. 1 ZVG in der Wohnung verbliebene Schuldner zwar für die vom Verwalter verauslagte Nutzung der Versorgungsleistungen, für die er an sich ohnehin selbst zu sorgen hat, aufzukommen (ebenso LG Zwickau, Beschluss vom 30. Januar 2006, Az.: 8 T 475/05, abgedruckt in Rpfleger 2006, 426 und LG Bonn, Beschluss vom 25. Juni 2007, Az.: 6 T 109/07, abgedruckt in ZMR 2008, 54, jeweils ohne Begründung; siehe auch - nicht näher differenzierend, weil unerheblich - LG Duisburg, Beschluss vom 26. Juli 2007, Az.: 13 T 80/07, abgedruckt in Rpfleger 2008, 323), da insoweit keine Einschränkung der allgemeinen Regeln ersichtlich ist, zumal die Möglichkeit, Heizung, Wasser, Strom u. ä. kostenlos zu verbrauchen, der - sich z. B. in der Heizkostenverordnung zeigenden - Intention des Gesetzgebers, den Energie- und Wasserverbrauch möglichst gering zu halten, zuwider liefe. Insoweit kann ein Anspruch ebenfalls aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht kommen. Solche Ansprüche sind indes nicht streitgegenständlich.
23 
b) Für die Nutzung der Räume hingegen hat der Schuldner nach der Bestimmung des § 149 Abs. 1 ZVG kein Entgelt zu bezahlen (vgl. statt aller LG Duisburg a. a. O.), wie sich ausdrücklich aus § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV ergibt. Wie oben bereits ausgeführt, betreffen die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten, wie insbesondere die Grundsteuer und Versicherungsbeiträge, den Gebrauchsvorteil, der durch die Nutzung der Räume als solche erlangt wird und im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete zu ersetzen ist; diese Nutzung ist indes für den Schuldner gerade unentgeltlich, so dass er vom Verwalter hierfür nicht herangezogen werden kann (so im Ergebnis für die Grundsteuer ausdrücklich Schmidberger, ZfIR 2009, 149). Grundsteuer und Versicherungsbeiträge fallen im Übrigen für die betreffenden Räume ohnehin an, auch wenn sie nicht von der Beklagten genutzt würden; dass sie bei einer anderweitigen Vermietung auf den Mieter umgelegt werden könnten, kann der Kläger in gleicher Weise nicht geltend machen wie den in jenem Fall zu erlangenden Mietzins, der aufgrund der Nutzung durch die Schuldnerin entfällt, da das Gesetz den Verlust der Vermietung gerade nicht abgelten will. Anders ist dies bei den Verbrauchkosten, da diese nicht anfallen würden, wenn die Wohnung leer stünde, und daher vom Schuldner zusätzlich verursacht werden.
24 
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der beitreibende Gläubiger wie ein Eigentümer das wirtschaftliche Risiko, ob die zur Verwaltung notwendigen Ausgaben durch die Nutzung des beschlagnahmten Objekts erwirtschaftet werden, selbst trägt, wenn er sich aus der Fortsetzung des Zwangsverwaltungsverfahrens Vorteile verspricht, und er dieses Risiko nicht auf andere verlagern kann (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24. November 2003, Az.: 15 W 342/03, abgedruckt in ZMR 2004, 456). Die Grundsteuer ist als öffentliche Last gemäß § 156 Abs. 1 ZVG vom Verwalter zu berichtigen und wird nach ihrem Rang (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) gemäß § 155 Abs. 2 ZVG aus den Überschüssen erstattet. Die Aufwendungen für Versicherungen sind, soweit sie zur ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 152 ZVG überhaupt erforderlich sind, als Ausgaben der Verwaltung gemäß § 155 Abs. 1 ZVG aus den Nutzungen des Grundstücks vorweg zu bestreiten. Reichen die Gelder nicht aus, hat der Vollstreckungsgläubiger Vorschuss zu leisten; tut er dies nicht, insbesondere weil er nicht mit ausreichenden Einnahmen aus der Zwangsverwaltung rechnet, kann im Übrigen gemäß § 161 Abs. 3 ZVG das Verfahren der Zwangsverwaltung aufgehoben werden. Eine Zwangsverwaltung, die nicht einmal kostendeckend ist, dürfte ohnehin regelmäßig unzulässig sein. Im Übrigen hat auch bei dem vom Kläger als Vergleich erwähnten Wohngeld, falls der Schuldner dieses nicht bezahlt, der Zwangsverwalter die Zahlungen zu erbringen und hierfür die Erträge der Verwaltung zu verwenden bzw., wenn diese nicht genügen, der Gläubiger die notwendigen Beträge als Vorschuss zu leisten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008, Az.: V ZB 99/07, abgedruckt in NJW-RR 2008, 679).
25 
3. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Haftpflichtversicherung erst nach dem Beginn der Zwangsverwaltung neu abgeschlossen wurde, so dass sie bei einer gegenteiligen Entscheidung sogar ohne Mitspracherecht der Beklagten auf diese umgelegt werden könnte, was zumal deshalb im vorliegenden Fall besonders bedenklich erschiene, weil der Vertrag gerade mit der beitreibenden Gläubigerin abgeschlossen wurde. Abgesehen davon, dass der Verwalter gemäß § 9 Abs. 2 ZwVwV nur Verpflichtungen eingehen soll, die bereits aus vorhandenen Mitteln erfüllt werden können, und der Abschluss einer neuen Versicherung daher fraglich ist, wenn sie nicht aus den Nutzungen bestritten werden kann, erscheint es auch nicht ohne Weiteres unbedenklich, wenn eine solche Versicherung gerade bei der Versicherungsgesellschaft geschlossen wird, die das Zwangsverwaltungsverfahren betreibt und die dann ohne Zutun des Schuldners zu weiteren Ansprüchen gegen diesen käme.
26 
4. a) Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagte nicht nur Nutzerin, sondern auch Eigentümerin des Grundstücks ist, hat sie als solche zwar - ob sie das Gebäude bewohnt oder nicht - grundsätzlich die Grundsteuer und Versicherungen zu bezahlen, hier gilt indes dasselbe wie beim Wohngeld; die eingeklagten Beträge sind wie oben ausgeführt aus den Nutzungen des Grundstücks oder den Vorschüssen des Gläubigers, der nun das wirtschaftliche Risiko trägt, zu bestreiten, anderenfalls kann das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben werden.
27 
b) Soweit dies für die Beträge aus der Zeit, in der noch keine Zwangsverwaltung angeordnet war, anders zu sehen sein könnte, wäre dies durch die unstreitigen Zahlungen der Beklagten zu 1) an den Kläger jedenfalls erfüllt.
II.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

Gründe

 
16 
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
17 
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung der Grundsteuer und der Versicherungsbeiträge besteht nicht. Mangels Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf die Nebenforderungen zu.
18 
Da zwischen den Parteien keine vertragliche Bindung besteht und ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ausscheidet, weil die Beklagte zu 1) selbst Eigentümerin ist und ihr zudem die hier streitgegenständlichen, unstreitig unentbehrlichen Räume nach § 149 Abs. 1 ZVG zu belassen sind und sie deshalb jedenfalls ein Recht zum Besitz hat, kommt nur ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht. Insoweit hat die Beklagte zu 1) zwar - nicht streitgegenständliche - verbrauchsabhängige Nebenkosten zu ersetzen, nicht aber Grundsteuer und Versicherungsbeiträge.
19 
1. Die Beklagte zu 1) hat dadurch, dass sie von Gesetzes wegen in der Wohnung bleiben darf, Gebrauchsvorteile erlangt, für die sie grundsätzlich, da eine Herausgabe dieser Vorteile nicht möglich ist, gemäß § 818 Abs. 2 BGB den Wert des Erlangten zu ersetzen hat, nämlich dessen objektiven Verkehrswert.
20 
a) Erlangt hat die Beklagte zu 1) einerseits die Möglichkeit, die Räume als solche zu nutzen. Insoweit bestimmt sich der Verkehrswert nach der ortsüblichen Vergleichsmiete, die neben der Grundmiete auch die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten in der ortsüblichen - erforderlichenfalls durch Sachverständigengutachten festzustellenden - Höhe umfassen kann, wenn und soweit diese im konkreten Fall ortsüblicherweise auf den Mieter umgelegt werden (so BGH, Urteil vom 6. August 2008, Az.: XII ZR 67/06, abgedruckt in NJW 2009, 1266 jedenfalls für die Gewerberaummiete; bei einer Wohnungsmiete ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Ausgangslage vorsieht, dass der Vermieter diese Kosten trägt).
21 
b) Erlangt hat die Beklagte zu 1) andererseits - nicht streitgegenständlich, aber zur Verdeutlichung der Entscheidung dargestellt - die Nutzung von Versorgungsleistungen wie Strom, Heizung und Wasser, d. h. die verbrauchsabhängigen Nebenkosten. Der Wert dieses Gebrauchsvorteils bestimmt sich nicht nach einer abstrakten ortsüblichen Vergleichsnutzung, sondern hier ist auf den Wert des konkret genutzten Verbrauchs abzustellen, der entsprechend darzulegen ist (s. a. BGH a. a. O.). Während der gegebenenfalls vereinbarte Mietzins samt den eventuell umgelegten verbrauchsunabhängigen Nebenkosten ohne Vertrag nicht konkret bestimmt werden kann, sondern stattdessen die ortsüblichen Vergleichswerte herangezogen werden müssen, kann demgegenüber der Verbrauch ohne weiteres durch die konkret genutzten Mengen bestimmt, aber gerade nicht über örtliche Vergleiche, da ein typischer Verbrauch nicht oder nur innerhalb einer sehr großen Bandbreite existiert.
22 
2. a) Von diesen beiden grundsätzlich erlangten Gebrauchsvorteilen (Nutzung der Räume und Nutzung der Versorgungsleistungen) hat der gemäß § 149 Abs. 1 ZVG in der Wohnung verbliebene Schuldner zwar für die vom Verwalter verauslagte Nutzung der Versorgungsleistungen, für die er an sich ohnehin selbst zu sorgen hat, aufzukommen (ebenso LG Zwickau, Beschluss vom 30. Januar 2006, Az.: 8 T 475/05, abgedruckt in Rpfleger 2006, 426 und LG Bonn, Beschluss vom 25. Juni 2007, Az.: 6 T 109/07, abgedruckt in ZMR 2008, 54, jeweils ohne Begründung; siehe auch - nicht näher differenzierend, weil unerheblich - LG Duisburg, Beschluss vom 26. Juli 2007, Az.: 13 T 80/07, abgedruckt in Rpfleger 2008, 323), da insoweit keine Einschränkung der allgemeinen Regeln ersichtlich ist, zumal die Möglichkeit, Heizung, Wasser, Strom u. ä. kostenlos zu verbrauchen, der - sich z. B. in der Heizkostenverordnung zeigenden - Intention des Gesetzgebers, den Energie- und Wasserverbrauch möglichst gering zu halten, zuwider liefe. Insoweit kann ein Anspruch ebenfalls aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht kommen. Solche Ansprüche sind indes nicht streitgegenständlich.
23 
b) Für die Nutzung der Räume hingegen hat der Schuldner nach der Bestimmung des § 149 Abs. 1 ZVG kein Entgelt zu bezahlen (vgl. statt aller LG Duisburg a. a. O.), wie sich ausdrücklich aus § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV ergibt. Wie oben bereits ausgeführt, betreffen die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten, wie insbesondere die Grundsteuer und Versicherungsbeiträge, den Gebrauchsvorteil, der durch die Nutzung der Räume als solche erlangt wird und im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete zu ersetzen ist; diese Nutzung ist indes für den Schuldner gerade unentgeltlich, so dass er vom Verwalter hierfür nicht herangezogen werden kann (so im Ergebnis für die Grundsteuer ausdrücklich Schmidberger, ZfIR 2009, 149). Grundsteuer und Versicherungsbeiträge fallen im Übrigen für die betreffenden Räume ohnehin an, auch wenn sie nicht von der Beklagten genutzt würden; dass sie bei einer anderweitigen Vermietung auf den Mieter umgelegt werden könnten, kann der Kläger in gleicher Weise nicht geltend machen wie den in jenem Fall zu erlangenden Mietzins, der aufgrund der Nutzung durch die Schuldnerin entfällt, da das Gesetz den Verlust der Vermietung gerade nicht abgelten will. Anders ist dies bei den Verbrauchkosten, da diese nicht anfallen würden, wenn die Wohnung leer stünde, und daher vom Schuldner zusätzlich verursacht werden.
24 
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der beitreibende Gläubiger wie ein Eigentümer das wirtschaftliche Risiko, ob die zur Verwaltung notwendigen Ausgaben durch die Nutzung des beschlagnahmten Objekts erwirtschaftet werden, selbst trägt, wenn er sich aus der Fortsetzung des Zwangsverwaltungsverfahrens Vorteile verspricht, und er dieses Risiko nicht auf andere verlagern kann (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24. November 2003, Az.: 15 W 342/03, abgedruckt in ZMR 2004, 456). Die Grundsteuer ist als öffentliche Last gemäß § 156 Abs. 1 ZVG vom Verwalter zu berichtigen und wird nach ihrem Rang (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) gemäß § 155 Abs. 2 ZVG aus den Überschüssen erstattet. Die Aufwendungen für Versicherungen sind, soweit sie zur ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 152 ZVG überhaupt erforderlich sind, als Ausgaben der Verwaltung gemäß § 155 Abs. 1 ZVG aus den Nutzungen des Grundstücks vorweg zu bestreiten. Reichen die Gelder nicht aus, hat der Vollstreckungsgläubiger Vorschuss zu leisten; tut er dies nicht, insbesondere weil er nicht mit ausreichenden Einnahmen aus der Zwangsverwaltung rechnet, kann im Übrigen gemäß § 161 Abs. 3 ZVG das Verfahren der Zwangsverwaltung aufgehoben werden. Eine Zwangsverwaltung, die nicht einmal kostendeckend ist, dürfte ohnehin regelmäßig unzulässig sein. Im Übrigen hat auch bei dem vom Kläger als Vergleich erwähnten Wohngeld, falls der Schuldner dieses nicht bezahlt, der Zwangsverwalter die Zahlungen zu erbringen und hierfür die Erträge der Verwaltung zu verwenden bzw., wenn diese nicht genügen, der Gläubiger die notwendigen Beträge als Vorschuss zu leisten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008, Az.: V ZB 99/07, abgedruckt in NJW-RR 2008, 679).
25 
3. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Haftpflichtversicherung erst nach dem Beginn der Zwangsverwaltung neu abgeschlossen wurde, so dass sie bei einer gegenteiligen Entscheidung sogar ohne Mitspracherecht der Beklagten auf diese umgelegt werden könnte, was zumal deshalb im vorliegenden Fall besonders bedenklich erschiene, weil der Vertrag gerade mit der beitreibenden Gläubigerin abgeschlossen wurde. Abgesehen davon, dass der Verwalter gemäß § 9 Abs. 2 ZwVwV nur Verpflichtungen eingehen soll, die bereits aus vorhandenen Mitteln erfüllt werden können, und der Abschluss einer neuen Versicherung daher fraglich ist, wenn sie nicht aus den Nutzungen bestritten werden kann, erscheint es auch nicht ohne Weiteres unbedenklich, wenn eine solche Versicherung gerade bei der Versicherungsgesellschaft geschlossen wird, die das Zwangsverwaltungsverfahren betreibt und die dann ohne Zutun des Schuldners zu weiteren Ansprüchen gegen diesen käme.
26 
4. a) Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagte nicht nur Nutzerin, sondern auch Eigentümerin des Grundstücks ist, hat sie als solche zwar - ob sie das Gebäude bewohnt oder nicht - grundsätzlich die Grundsteuer und Versicherungen zu bezahlen, hier gilt indes dasselbe wie beim Wohngeld; die eingeklagten Beträge sind wie oben ausgeführt aus den Nutzungen des Grundstücks oder den Vorschüssen des Gläubigers, der nun das wirtschaftliche Risiko trägt, zu bestreiten, anderenfalls kann das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben werden.
27 
b) Soweit dies für die Beträge aus der Zeit, in der noch keine Zwangsverwaltung angeordnet war, anders zu sehen sein könnte, wäre dies durch die unstreitigen Zahlungen der Beklagten zu 1) an den Kläger jedenfalls erfüllt.
II.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 10


(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1. der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung od

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Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 155


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Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 149


(1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen. (2) Gefährdet der Schuldner oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die Verwaltung, so

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 161


(1) Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt durch Beschluß des Gerichts. (2) Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Gläubiger befriedigt ist. (3) Das Gericht kann die Aufhebung anordnen, wenn die Fortsetzung des Verfahrens besondere Aufwendungen

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 156


(1) Die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten sind von dem Verwalter ohne weiteres Verfahren zu berichtigen. Dies gilt auch bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum für die laufenden Beträge der daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beit

Zwangsverwalterverordnung - ZwVwV | § 5 Nutzungen des Zwangsverwaltungsobjektes


(1) Der Verwalter soll die Art der Nutzung, die bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung bestand, beibehalten. (2) Die Nutzung erfolgt grundsätzlich durch Vermietung oder Verpachtung. Hiervon ausgenommen sind: 1. landwirtschaftlich oder forstwirtsc

Zwangsverwalterverordnung - ZwVwV | § 9 Ausgaben der Zwangsverwaltung


(1) Der Verwalter hat von den Einnahmen die Liquidität zurückzubehalten, die für Ausgaben der Verwaltung einschließlich der Verwaltervergütung und der Kosten des Verfahrens vorgehalten werden muss. (2) Der Verwalter soll nur Verpflichtungen einge

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2008 - V ZB 99/07

bei uns veröffentlicht am 24.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 99/07 vom 24. Januar 2008 in dem Zwangsverwaltungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZVG § 149 Abs. 2 Einem Schuldner, dem gemäß § 149 Abs. 1 ZVG eine Eigentumswohnung belassen wurde, k

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Aug. 2008 - XII ZR 67/06

bei uns veröffentlicht am 06.08.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 67/06 Verkündet am: 6. August 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

(1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen.

(2) Gefährdet der Schuldner oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die Verwaltung, so hat auf Antrag das Gericht dem Schuldner die Räumung des Grundstücks aufzugeben.

(3) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks hat der Zwangsverwalter aus den Erträgnissen des Grundstücks oder aus deren Erlös dem Schuldner die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse erforderlich sind. Im Streitfall entscheidet das Vollstreckungsgericht nach Anhörung des Gläubigers, des Schuldners und des Zwangsverwalters. Der Beschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 67/06 Verkündet am:
6. August 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Anfechtung eines Mietvertrages über Geschäftsräume wegen arglistiger
Täuschung ist auch nach Überlassung der Mieträume und Beendigung des
Mietvertrages neben der Kündigung zulässig.
Sie wirkt gemäß § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
zurück.

b) Der in Höhe der ortsüblichen Miete bestehende Anspruch auf Wertersatz
gemäß § 818 Abs. 2 BGB unterliegt bei nichtigem Mietvertrag wie ein Mietzinsanspruch
der Umsatzsteuer (Fortführung Senatsurteil vom 22. Oktober
1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192).
BGH, Urteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. August 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina
und den Richter Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. März 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Abwicklung eines inzwischen beendeten, von der Beklagten nachträglich wegen arglistiger Täuschung angefochtenen Mietvertrages über Wohn- und Geschäftsräume.
2
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung restlicher Miete und rückständiger Nebenkosten. Sie hatte zunächst von der Beklagten und den früheren weiteren Beklagten zu 2 und 3 Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verlangt. Insoweit war der Rechtsstreit von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 28. August 2002 übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
3
Die Klägerin schloss am 30. Juli 1997 mit der Beklagten für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2002 einen Mietvertrag über "Büroräume im Souterrain, Hochparterre und 2. Obergeschoss" (§ 1 Ziff. 1 des Mietvertrages) in einer von ihr 1996/1997 sanierten Altbauvilla. Beide Parteien konnten den Mietvertrag durch einmalige Option um fünf Jahre verlängern (§ 2 Ziff. 2 des Mietvertrages). Laut § 1 Ziff. 2 des Mietvertrages wurden die Mieträume in vollständig renoviertem und für den vertragsgemäßen Gebrauch nutzbaren Zustand übergeben.
4
Der monatliche Staffelmietzins wurde zunächst mit 8.200 DM sowie 60 DM für den Kfz-Stellplatz jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die monatliche Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlung sollte 1.341 DM betragen (§ 4 Ziff. 3 des Mietvertrages).
5
Die Beklagte vermietete mit Zustimmung der Klägerin die Räume im Souterrain und im Hochparterre als Büroräume zum Betrieb einer Anwaltskanzlei an die früheren Beklagten zu 2 und zu 3. Das zweite Obergeschoss vermietete sie an die frühere Beklagte zu 3 als Wohnraum.
6
Die Beklagte zahlte wegen verschiedener behaupteter Mängel seit November 1997 zeitweise lediglich eine geminderte Miete und gekürzte Nebenkostenvorauszahlung. Die Klägerin veranlasste verschiedene Mängelbeseitigungsmaßnahmen.
7
Wegen der Zahlungsrückstände erklärte die Klägerin am 8. Februar 2000 und in der Folgezeit wiederholt die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
8
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Wohnräume im zweiten Obergeschoss zum 31. Dezember 2001 geräumt an die Klägerin herausgeben werde und übte vorsorglich das vertraglich vereinbarte Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um weitere fünf Jahre aus. Mit weiterem Schreiben vom 24. Juli 2002 erklärte sie der Klägerin, sie werde im Hinblick darauf, dass der Mietvertrag am 31. Juli 2002 vertragsgemäß ende, das Mietobjekt an diesem Tag geräumt an die Klägerin herausgeben.
9
Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zuletzt auf Zahlung von 76.599,27 € gerichteten Klage in Höhe von 48.696,49 € stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat der Beklagten und den früheren Beklagten zu 2 und zu 3 gemäß § 91 a ZPO die Kosten der Räumungsklage auferlegt. Gegen dieses Urteil haben die Klägerin, die Beklagte und die früheren Beklagten zu 2 und zu 3 Berufung eingelegt. In zweiter Instanz hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. August 2004 die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt und Hilfswiderklage auf Rückzahlung der geleisteten Kaution zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 15.320,69 € sowie Stufenwiderklage auf Abrechnung der Mietkaution von 12.761,85 € nebst angefallenen Zinsen und Zahlung des sich danach ergebenden Betrages an die Beklagte erhoben.
10
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Hilfswiderklage verurteilt, an die Beklagte 12.761,85 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen und deren Stufenwiderklage als unzulässig zurückgewiesen. Die Berufungen der Klägerin und der früheren Beklagten zu 2 und zu 3 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung und ihre Verurteilung zur Zahlung richtet sich die Revision der Klägerin, die der Se- nat dahin auslegt, dass die Klägerin das Berufungsurteil nur angreift, soweit es sie beschwert.
11
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen , ob die Anfechtung eines Mietvertrages nach Überlassung der Mietsache neben der Kündigung - gegebenenfalls mit Rückwirkung - zulässig ist, ferner ob ein steuerbares Geschäft im Hinblick auf den Nutzungsersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung anzunehmen ist.

Entscheidungsgründe:

12
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

13
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen der Nutzung der Mieträume. Mietvertragliche Ansprüche bestünden schon deshalb nicht, weil die Beklagte den Mietvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe.
14
Die Klägerin habe die Beklagte arglistig über die Gebrauchstauglichkeit der Souterrainräume als vollwertige Büroräume getäuscht. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des schriftlichen Mietvertrages und der Anhörung der Parteien stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Parteien übereinstimmend eine Vermietung des Souterrains zur Nutzung als vollwertige Büroräume gewollt hätten und Hinweise auf eine etwaige eingeschränkte Benutzbarkeit durch die Klägerin auch nicht erteilt worden seien. Die Räume im Souterrain seien jedoch öffentlich-rechtlich nur zur Nutzung als Nebenflächen, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet sei, zugelassen und hätten deshalb - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - nicht als Büroräume genutzt werden dürfen. Die Klägerin habe somit der Beklagten im Souterrain Räume vermietet, die für den vertragsgemäß vorausgesetzten Zweck, nämlich zur Nutzung als vollwertige Büroflächen, nicht geeignet gewesen seien. Hierüber sei die Beklagte getäuscht worden. Denn sie habe die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit bei Abschluss des Mietvertrages weder gekannt noch kennen müssen. Die Klägerin habe die Beklagte auch arglistig getäuscht. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und bewusst gegenüber der Beklagten verschwiegen habe. Dies ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. , die übereinstimmend bekundet hätten, die Klägerin sei schon in der Planungsphase der Sanierungsarbeiten davon in Kenntnis gesetzt worden, dass insbesondere im Hinblick auf den Fußbodenaufbau die Souterrainräume nicht als vollwertige Büroräume hergestellt werden könnten. Dementsprechend sei mit dem Bauantrag in Abstimmung mit der Klägerin auch nur eine Genehmigung zur Nutzung der Räume im Souterrain als Nebenfläche beantragt worden. Diese Aussagen der Zeugen stünden im Einklang mit den von der Klägerin gestellten Anträgen und Eingaben im Baugenehmigungsverfahren, in denen die Räume im Souterrain stets als Büronebenräume bezeichnet gewesen seien. Schließlich habe die Klägerin bei ihrer Anhörung selbst eingeräumt, die Räume im Souterrain seien als Nebenflächen im Bauantrag deklariert worden, um leichter eine Baugenehmigung zu erhalten. Sie habe folglich billigend in Kauf genommen, dass die ver- tragsgemäß vorgesehene Nutzung bauordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen sei. Darin liege jedenfalls eine bedingt vorsätzliche Täuschung der Beklagten durch das Verschweigen entscheidungserheblicher Tatsachen für die Nutzung der Mieträume. Diese Täuschung sei auch für den Abschluss des Mietvertrages kausal gewesen. Es habe auf der Hand gelegen, dass die Beklagte den Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Räume im Untergeschoss nur als Nebenflächen genutzt werden durften. Der Klägerin sei zudem klar gewesen, dass bei fehlender Nutzbarkeit als vollwertige Büroräume insgesamt nur ein niedrigerer Mietpreis zu erzielen gewesen sei.
15
Die Beklagte habe die Anfechtung auch binnen der Jahresfrist des § 124 BGB erklärt. Sie habe von der mangelnden Nutzbarkeit der Räume im Souterrain als Bürovollflächen erst am 24. März 2004 im Verhandlungstermin beim Oberlandesgericht in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen ihren Architekten K. -von K. Kenntnis erlangt. In diesem Termin habe der Zeuge K. - von K. erklärt, eine Nutzung der Souterrainräume als Büroräume sei von vornherein nicht in Betracht gekommen, weil hierfür umfangreiche Baumaßnahmen hätten durchgeführt werden müssen, welche die Klägerin nicht habe vornehmen wollen. Eine frühere Kenntnis der Beklagten könne nicht positiv festgestellt werden.
16
Der Anfechtung stehe auch nicht entgegen, dass der Mietvertrag tatsächlich durchgeführt und zwischenzeitlich sogar längst beendet worden sei. Dies habe nicht zur Folge, dass die Wirkung der Anfechtung entgegen § 142 Abs. 1 BGB keine Nichtigkeit des Mietverhältnisses von Anfang an nach sich ziehe, sondern ausnahmsweise nur eine Nichtigkeit mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung eintrete. Diese Rechtsfragen zur Anfechtbarkeit von Mietverträgen seien in der Literatur seit längerer Zeit umstritten. Das Berufungsgericht folge der Auffassung, wonach es beim Mietvertrag bei den allgemeinen Wirkungen der Anfechtung, insbesondere der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an, bleibe. Die Regeln über die Anfechtung im Allgemeinen Teil des BGB hätten grundsätzlich für alle Verträge Geltung. Ein hinreichender Grund für einen gänzlichen Ausschluss der Anfechtung oder eine Abweichung von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 142 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben. Die in den Bereichen des Gesellschafts- und Arbeitsrechts angestellten Überlegungen seien auf die Geschäftsraummiete nicht übertragbar. Die sich dort aus sozialen Erwägungen ergebenden Einschränkungen könnten allenfalls im Wohnungsmietrecht , nicht aber im Gewerbemietrecht herangezogen werden, weil vergleichbare soziale Verbundenheiten wie im Arbeits- und Gesellschaftsrecht bei der Gewerbemiete nicht vorlägen. Es handele sich dabei vielmehr um ein schlichtes, auf Austausch angelegtes Dauerschuldverhältnis ohne die Begründung irgendwie gearteter persönlicher Beziehungen. Die teilweise erwähnten Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung in Vollzug gesetzter Mietverhältnisse rechtfertigten nicht das Abweichen von gesetzlichen Vorschriften. Die Rückabwicklung sei rechtlich und tatsächlich möglich und könne nach den Regeln des Bereicherungsausgleichs durchgeführt werden.
17
Auch die Gewährleistungsregeln in §§ 536 ff. BGB ersetzten die Regeln über die Anfechtung nicht. Eine Parallele zum Kaufrecht könne nicht zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten im Mietrecht herangezogen werden. Zum einen sei auch im Kaufrecht eine derartige Einschränkung umstritten, zum andern sei die Interessenlage dort eine andere als im Mietrecht.
18
Da das Mietverhältnis aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen sei, könne die Klägerin entsprechend ihrer Hilfsbegründung gegen die Beklagte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen. Der Klägerin stehe als Eigentümerin der Räume ein Anspruch auf Wertersatz aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 , 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu. Zu ersetzen sei der objektive Verkehrswert der Gebrauchsvorteile, welche die Beklagte erlangt habe. Dabei seien die Wohn- und Büroräume sowie der Pkw-Stellplatz zu berücksichtigen. Zwar könnten grundsätzlich auch verbrauchsabhängige Nebenkosten zu den erlangten Vorteilen gehören. Hierzu habe die Klägerin allerdings unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nicht schlüssig vorgetragen. Hinsichtlich der Jahre bis 2000 seien Nebenkostenabrechnungen erstellt worden und in eine Gesamtabrechnung eingeflossen. Diese beinhalte zu erheblichen Teilen verbrauchsunabhängige Bestandteile (z.B. 30 % Grundkosten für Heizung und Warmwasser, Versicherungen, Grundsteuer), die nach Bereicherungsrecht nicht verlangt werden könnten, weil es sich nicht um Gebrauchsvorteile oder gezogene Nutzungen handele. Dem Vortrag der Klägerin könne nicht entnommen werden, hinsichtlich welcher konkreten Nutzungsvorteile eine Bereicherung der Beklagten noch vorliegen solle. Die vorgelegten Abrechnungen sprächen im Gegenteil eher für eine Überzahlung durch die Beklagte. Von den Ansprüchen der Klägerin seien die von der Beklagten im Laufe der Jahre auf das nichtige Mietverhältnis erbrachten Leistungen in Abzug zu bringen. Nach einer Saldierung der gegenseitigen Ansprüche verbleibe kein Überschuss zu Gunsten der Klägerin. Damit sei die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution gegenstandslos.
19
Der Beklagten stehe gegen die Klägerin der mit der Hilfswiderklage erhobene Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mietkaution aus Bereicherungsrecht zu. Die Klägerin habe aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution. Die gegenüber dem Rückzahlungsanspruch erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte greife nicht durch. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch scheide schon deshalb aus, weil der Mietvertrag als Grundlage für etwaige Ansprüche insgesamt nach der Anfechtung entfallen sei. Es sei auch keine andere Rechtsgrundlage gegeben.

II.

20
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
21
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beklagte arglistig darüber getäuscht hat, dass es sich bei den Räumen im Souterrain - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - um Büronebenflächen gehandelt hat, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen nicht zugelassen waren und damit als vollwertige Büroräume nicht genutzt werden durften.
22
Der dagegen gerichtete Einwand der Revision, das Berufungsgericht verstoße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze, wenn es aus der rechtlichen Unzulässigkeit der Nutzung schließe, die Räume seien auch tatsächlich nicht als Büroräume nutzbar gewesen, greift nicht. Zum einen hat das Berufungsgericht diesen Schluss nicht gezogen. Zum anderen steht es der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht entgegen, dass die Räume von der Beklagten tatsächlich als Büroräume genutzt worden sind. Für die Anfechtbarkeit der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung ist vielmehr entscheidend, ob die Klägerin durch positives Tun oder Unterlassen gegenüber der Beklagten das Vorhandensein eines Umstandes vorgespiegelt hat, der für deren Willensbildung, den Mietvertrag abzuschließen, von wesentlicher Bedeutung war.
23
Davon ist nach den getroffenen Feststellungen auszugehen. Die Klägerin hat es unterlassen, die Beklagte über den Umstand in Kenntnis zu setzen, dass die Souterrainräume aufgrund ihres baulichen Zustands für den dauernden Aufenthalt von Menschen bauordnungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig waren, und damit nicht als vollwertige Büroräume genutzt werden durften. Dieser Umstand war, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, für die Entscheidung der Beklagten, den Mietvertrag abzuschließen , von wesentlicher Bedeutung. Denn sie wollte die Souterrainräume zur Nutzung als Büroräume mieten. Im Hinblick darauf, dass bei einer bauordnungswidrigen Nutzung mit einer behördlichen Nutzungsuntersagung gerechnet werden musste, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Mietvertrag, wie geschehen, abgeschlossen hätte, wenn sie Kenntnis von der insoweit fehlenden Genehmigung gehabt hätte.
24
Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet aufgrund der Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. sowie des von der Klägerin selbst unterzeichneten, am 2. Februar 1996 eingereichten Antrags auf Baugenehmigung angenommen, dass die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages, am 30. Juli 1997, die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und diese der Beklagten bewusst verschwiegen hat.
25
Die Klägerin hat somit die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Mietvertrages veranlasst. Die hierauf gestützte, von der Beklagten mit Schriftsatz vom 6. August 2004 erklärte, der Klägerin am 12. August 2004 zugestellte Anfechtung des Mietvertrages ist nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch binnen der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt und damit wirksam.
26
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Anfechtung nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Anfechtung tatsächlich durchgeführt und sogar beendet war.
27
Während nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung vor Übergabe der Mietsache uneingeschränkt zulässig ist und gemäß § 142 Abs. 1 BGB Nichtigkeitswirkung von Anfang an entfaltet, besteht Uneinigkeit darüber, ob und gegebenenfalls mit welcher Rechtsfolge eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB auch nach Übergabe der Mietsache möglich ist.
28
a) Teilweise wird vertreten, das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung werde, sobald der Mietvertrag durch Überlassung der Mietsache vollzogen sei, durch das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB verdrängt, soweit sich der Willensmangel auf verkehrswesentliche Eigenschaften des Mietobjekts selbst beziehe (Roquette Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches vor §§ 537 bis 542 Rdn. 16, 20; Sternel Mietrecht 3. Aufl. I Rdn. 245; Bub in: Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 673; offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266). Die Verdrängung der Anfechtungsmöglichkeit durch die Gewährleistungs - und Kündigungsvorschriften benachteilige den Anfechtungsberechtigten nicht, weil diese ihm einerseits wie bei der Anfechtung die Möglichkeit gäben, das Vertragsverhältnis aufzulösen, andererseits die Rückabwicklung erleichterten. Habe der Anfechtungsberechtigte die Vertragsleistung der Gegenseite in Anspruch genommen, so verdiene er es nicht, besser gestellt zu werden als bei einer fristlosen Kündigung (Sternel aaO).
29
b) Nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann zwar eine auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtete Willenserklärung auch nach Überlassung der Mietsache wegen arglistiger Täuschung stets angefochten werden (RGZ 157, 173, 174; KG NZM 2002, 21; LG Mannheim ZMR 1990, 303; Emmerich/Sonnenschein/Rolfs Miete 9. Aufl. § 542 BGB Rdn. 82; Soergel/Heintzmann BGB 12. Aufl. vor § 542 Rdn. 2; Hübner/Griesbach/Schreiber in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 14 Rdn. 214; Kraemer in: Bub/Treier aaO Kap. III Rdn. 1326; MünchKomm/Häublein BGB 5. Aufl. vor § 536 Rdn. 24). Umstritten ist jedoch, ob die nach Überlassung der Mietsache erfolgte Anfechtung den Mietvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend (ex tunc) oder nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) vernichtet (offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266 und BGH Urteil vom 10. Juli 1968 - VIII ZR 180/66 - WM 1968, 1306, 1307).
30
aa) Die Ansicht, die die Anfechtung vollzogener Mietverträge wegen arglistiger Täuschung entgegen § 142 Abs. 1 BGB nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) zulässt, beruft sich zur Begründung zum einen darauf, dass ein bereits vollzogenes Mietverhältnis nur unter Inkaufnahme großer Schwierigkeiten abgewickelt werden könne und deshalb eine Beendigung ex nunc sachgerechter sei (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. vor § 535 BGB Rdn. 7; Staudinger/Rolfs BGB [2006] § 542 Rdn. 179). Zum anderen stellt sie darauf ab, dass eine einmal begonnene Dauerleistung nur beendet, nicht aber rückgängig gemacht werden könne (vgl. Roquette aaO vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17; LG Nürnberg-Fürth MDR 1966, 1003, 1004). Schließlich verweist sie darauf, dass mit Bezug der Mieträume ein sozialer Tatbestand geschaffen werde , der einen Bestands- und Vertrauensschutz begründe (für die Wohnraummiete : Hille WuM 1984, 292, 293) und in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Gesellschafts- und Arbeitsrecht für die Zulassung einer Anfechtung mit Wirkung ex nunc spreche.
31
bb) Die Auffassung, die auch bei der Anfechtung in Vollzug gesetzter Mietverträge wegen arglistiger Täuschung von der in § 142 Abs. 1 BGB geregelten rückwirkenden Vernichtung des Rechtsgeschäfts ausgeht (RGZ 86, 334; 102, 225, 226; 157, 173, 174; KG MDR 1967, 404; KG NZM 2002, 21; Soergel /Heintzmann aaO vor § 542 Rdn. 2; Erman/Jendrek BGB 12. Aufl. vor § 536 Rdn. 20; Schmid DWW 1985, 302; Fischer NZM 2005, 567, 571; Emmerich NZM 1998, 692, 694 f.) verweist darauf, dass für Mietverträge kein Anlass bestehe , von der gesetzlichen Bestimmung des § 142 Abs. 1 BGB durch Richterrecht abzuweichen. Es handele sich bei Mietverträgen um "normale" schuldrechtliche Verträge, für die grundsätzlich die Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB Geltung hätten. Es sei nicht ersichtlich, was bei der Rückabwicklung eines fehlerhaften Mietvertrages nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften erschwert sein solle.
32
Auch sei beim Mietvertrag eine dem Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag vergleichbare Interessenlage, die eine Einschränkung der Anfechtungswirkung rechtfertigen könne, nicht gegeben. Im Gegensatz zum Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag werfe die Rückabwicklung beim Mietvertrag auch keine besonderen Schwierigkeiten auf, weil es sich um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis handele (Hille WuM 1984, 292; Emmerich NZM 1998, 692, 695; Fischer NZM 2005, 567, 570; Weimar MDR 1966, 1004). Soweit die Rückwirkung damit abgelehnt werde, der Vollzug des Mietverhältnisses habe einen sozialen Tatbestand geschaffen, der nur noch für die Zukunft beseitigt werden könne, könne diese Überlegung im Bereich des Gesellschafts- und Arbeitsrechts berechtigt sein. Jedenfalls für das Gebiet der Geschäftsraummiete lasse sich ein die Rückabwicklung ausschließender sozialer Einschlag jedoch nicht erkennen (KG NZM 2002, 21).
33
3. Der Senat schließt sich in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht der letzteren Ansicht an.
34
a) Das Recht zur Anfechtung der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung wird auch nach Vollzug des Mietvertrages nicht durch die mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften (§§ 536 ff. BGB) und das Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 BGB verdrängt, weil die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung einerseits und die Gewährleistungs- sowie die Kündigungsvorschriften andererseits unterschiedliche Sachverhalte regeln und unterschiedliche Schutzzwecke haben.
35
Während die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt und deren Beeinträchtigung durch rückwirkende Vernichtung der Erklärung beseitigt, ist Gegenstand der Gewährleistungsrechte und der außerordentlichen Kündigung eine aktuelle Leistungsstörung, der durch Minderung und Schadensersatz bzw. durch Beendigung des Vertrages Rechnung getragen wird (vgl. Staudinger/Rolfs aaO § 542 BGB Rdn. 179). Diese unterschiedlichen Schutzzwecke lassen es nicht zu, dass das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nach Überlassung der Mietsache durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt wird.
36
b) Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 142 Abs. 1 BGB ist nach Ansicht des Senats bei der Geschäftsraummiete nicht gerechtfertigt.
37
aa) Die Schwierigkeiten, die sich bei der Rückabwicklung vollzogener Dauerschuldverhältnisse aufgrund des Zeitablaufs und der Anzahl der rückabzuwickelnden Leistungen ergeben, rechtfertigen keine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen bei Mietverträgen, die gemäß § 105 BGB oder §§ 134, 138 BGB nichtig sind, ohne dass dort an einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsmöglichkeit gezweifelt wird (Hille WuM 1984, 292; Fischer NZM 2005, 567, 570).
38
bb) Besonderheiten, die bei in Vollzug gesetzten Arbeits- und Gesellschaftsverträgen dazu geführt haben, dass von der Rückwirkung abgegangen wurde, liegen bei der Geschäftsraummiete nicht vor. Weder besteht - wie beim Arbeitsverhältnis - eine besonders intensive Leistungsbeziehung mit starkem Persönlichkeitsbezug und mit Eingliederung in eine soziale Organisation, noch ist - wie beim Gesellschaftsverhältnis - ein erhöhtes Verkehrsschutzbedürfnis für Gläubiger vorhanden, die durch eine rückwirkende Anfechtung ihr Haftungssubjekt verlieren würden. Vielmehr handelt es sich bei dem Mietvertrag - anders als beim Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag - um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis, bei dem die Rückabwicklung keine besonderen Schwierigkeiten aufwirft.
39
cc) Zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten wegen arglistiger Täuschung kann für das Mietrecht auch keine Parallele zum Kaufrecht herangezogen werden. Denn durch die Gewährleistungsvorschriften vor allem der §§ 434 ff. BGB beim Kauf wird nur die Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB), nicht aber die Anfechtung nach § 123 BGB ausgeschlossen. Dem Käufer stehen dieses Anfechtungsrecht und Ansprüche aus Gewährleistung, sofern ihre jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, wahlweise zu (MünchKomm/Kramer BGB 5. Aufl. § 123 Rdn. 35).
40
dd) Entgegen der Ansicht der Revision spricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausschluss des Rücktritts vom Mietvertrag nach Überlassung der Mietsache in Fällen, in denen eine Auflösung des Vertrages durch fristlose Kündigung möglich ist (BGHZ 50, 312, 315), nicht dafür, dass auch die Anfechtung von Mietverträgen nur für die Zukunft wirkt. Der Bundesgerichtshof hat die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit darauf gestützt, dass bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung nach § 346 ff. BGB in der Regel nicht den Interessen der Parteien entspreche und angesichts der insbesondere bei längerer Vertragsdauer entstehenden erheblichen Durchführungsschwierigkeiten zu Unzuträglichkeiten führe. Von einer solchen Interessenlage kann bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht ausgegangen werden. Die Partei, die aufgrund der arglistigen Täuschung zu einer Willenserklärung veranlasst worden ist, die sie bei Kenntnis der Umstände nicht abgegeben hätte, hat ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Vernichtung ihrer Willenserklärung. Diesem Interesse trägt § 142 Abs. 1 BGB Rechnung. Demgegenüber regelt der auf Nichterfüllung gestützte Rücktritt, ebenso wie die mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche und die Kündigung aus wichtigem Grund, die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen.
41
ee) Auch das Argument, die Rückgängigmachung der vollzogenen Vermieterleistung sei mit der Ingebrauchnahme der Mietsache durch den Mieter nicht mehr möglich (Roquette vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17), trägt nicht. Das Bereicherungsrecht sieht für den Fall, dass die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, gemäß § 818 Abs. 2 BGB vor, dass der Wert zu ersetzen ist.
42
ff) Schließlich lassen sich bei der Geschäftsraummiete in der Regel auch keine sozialen Belange feststellen, die ggf. einen erhöhten Bestandsschutz in Vollzug gesetzter Mietverträge und deshalb eine Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt des Zugangs der Anfechtungserklärung erforderlich machen könnten.
43
4. Die Anfechtung des Mietvertrages durch die Beklagte ist auch nicht nach Treu und Glauben als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen. Eine solche Einschränkung der Anfechtung greift ein, wenn die Rechtslage des Getäuschten durch die arglistige Täuschung nicht oder nicht mehr beeinträchtigt ist (Staudinger/Looschelders/Olzen BGB [2005] § 242 Rdn. 444 m.w.N.).
44
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat zwar die Mieträume bis zu dem vertraglich vereinbarten Ablauf , am 31. Juli 2002, als Büroräume genutzt, ohne dass die Nutzung durch ein Einschreiten der Baubehörde beeinträchtigt gewesen wäre. Insoweit hat sich die arglistige Täuschung der Klägerin zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht mehr nachteilig ausgewirkt. Die arglistige Täuschung der Klägerin wirkt aber dadurch weiter zu Lasten der Beklagten, weil diese für die Souterrainräume einen Mietpreis vereinbart hat, der auf der fehlerhaften Annahme beruhte, es handele sich um vollwertige Büroräume, die als solche öffentlich-rechtlich genehmigt seien. Tatsächlich waren die Räume jedoch nur als Büronebenräume, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet war, genehmigt und genehmigungsfähig. Das Fehlen einer Genehmigung zur Nutzung als Büroraum stellt - unabhängig von der tatsächlichen Nutzbarkeit der Räume - einen wertbildenden Faktor dar. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte, hätte sie von der fehlenden Genehmigung Kenntnis gehabt, für die Räume im Souterrain jedenfalls nicht den im Mietvertrag festgelegten, sondern einen geringeren für Nebenräume angemessenen Mietzins vereinbart hätte.
45
Soweit die Revision darauf verweist, das Berufungsgericht habe festgestellt , die Parteien hätten im Hinblick auf die Lage der Räumlichkeiten im Souterrain und die eingeschränkten Lichtverhältnisse bereits einen geringeren Mietzins vereinbart, lässt sie außer Acht, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Parteien den Mietpreis ausgehend von einer vollwertigen Büronutzung vereinbart haben. Dass die Beklagte keinen niedrigeren Mietzins vereinbart hat, ist Folge der arglistigen Täuschung der Klägerin. Der daraus entstandene Nachteil war zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht entfallen. Bei einer Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf eine solche ex nunc würde er der Klägerin zugute kommen, die die Mehreinnahmen, die sie aufgrund der arglistigen Täuschung bis zu diesem Zeitpunkt erzielt hat, behalten dürfte (vgl. Erman/Jendrek aaO vor § 536 Rdn. 20).
46
5. Die Beklagte hat auch auf das Recht zur Anfechtung nicht dadurch verzichtet, dass sie mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 die vertraglich vorgesehene Verlängerungsoption ausgeübt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch keine Kenntnis von dem Anfechtungsgrund. Erst am 24. März 2004 hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Kenntnis von der arglistigen Täuschung der Klägerin erlangt.
47
6. Infolge der wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist der Mietvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB).
48
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) hat das Berufungsgericht zutreffend nach den Grundsätzen der Saldotheorie vorgenommen, indem es durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt hat, ob sich für die Klägerin ein Überschuss (Saldo) ergibt (BGH Urteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 314/97 - NJW 1999, 1181). Eine Einschränkung der Saldotheorie zum Schutz des arglistig Getäuschten ist hier, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, nicht geboten. Denn die Klägerin verlangt als Täuschende Bereicherungsausgleich , so dass Gegenansprüche der getäuschten Beklagten ohne weiteres als Abzugspositionen in die Saldierung einzubeziehen sind.
49
a) Herauszugeben ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB das durch die Leistung der Klägerin Erlangte. Das ist hier die von der Klägerin gewährte Gebrauchsüberlassung der Räume. Da die Herausgabe der Gebrauchsüberlassung wegen ihrer Beschaffenheit nicht möglich ist, hat die Beklagte als gutgläubige Bereicherungsschuldnerin nach § 818 Abs. 2 BGB deren Wert zu ersetzen. Dessen Höhe richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem objektiven Verkehrswert des rechtsgrundlos Erlangten, somit hier nach der Miete, die auf dem örtlichen Markt für vergleichbare Objekte erzielt wird (Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194; BGHZ 132, 198, 207; 168, 220, 239).
50
Neben diesem Anspruch auf Ersatz des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung ist ein Anspruch auf Herausgabe eines durch die Untervermietung evtl. erzielten Gewinns nicht gegeben. Mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des fehlgeschlagenen Mietvertrages im Wege der Leistungskondition sollen die gegenseitigen, von den Parteien aufgrund des unwirksamen Mietvertrages vorgenommenen Vermögensverschiebungen rückabgewickelt werden. Die Gewinne der Beklagten aus der Untervermietung beruhen jedoch nicht auf einer rückabzuwickelnden Leistung der Klägerin, sondern auf der eigenen vermögensmäßigen Disposition der Beklagten. Ihr stand es frei, den Bereicherungsgegenstand - die Gebrauchsüberlassung - selbst, gar nicht oder durch Untervermietung zu nutzen. Mit der Erstattung des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung wird erschöpfender Ersatz für den Wert des erlangten Gebrauchsvorteils geleistet (vgl. für bereicherungsrechtliche Ansprüche bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte: BGHZ 82, 299, 307 f.; 99, 244, 248 f.).
51
Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin auch nach Treu und Glauben daran gehindert gewesen wäre, von der Beklagten einen etwaigen Gewinn aus der Untervermietung herauszuverlangen, weil sie die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Vertragsabschluss veranlasst hat.
52
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass verbrauchsunabhängige Nebenkosten grundsätzlich nicht nach Bereicherungsrecht verlangt werden könnten, weil es sich dabei nicht um Gebrauchsvorteile handele.
53
Der nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzende Wert der erlangten Gebrauchsvorteile bestimmt sich nach dem ortsüblichen Mietzins. Dieser beinhaltet in dem Umfang, in dem verbrauchsunabhängige Nebenkosten ortsüblich als Teil des Mietzinses mit vereinbart werden, auch diese Nebenkosten. Da bei der Geschäftsraummiete der vereinbarte Mietzins abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB in der Regel die Grundmiete und verbrauchsunabhängige Nebenkosten enthält, spricht eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch im örtlichen Bereich der hier im Streit befindlichen Räume üblicherweise bestimmte verbrauchsunabhängige Nebenkosten vom Mieter zu tragen sind. Ob und in welchem Umfang dies hier der Fall ist, wird erforderlichenfalls durch Sachverständigengutachten festzustellen sein.
54
c) Ferner sind, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, im Rahmen des Bereicherungsanspruchs der Klägerin die verbrauchsabhängigen Nebenkosten nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter sie konkret darlegt.
55
Für die Jahre bis 2000, in denen die Klägerin Nebenkostenabrechnungen erteilt hat, ergeben sich die verbrauchsabhängigen Kosten hinreichend substantiiert aus den Abrechnungen, wenn die dort enthaltenen verbrauchsunabhängigen Kosten ortsüblich sind. Für die Jahre 2001 und 2002, für die die Klägerin keine Nebenkostenabrechnungen erstellt hat, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verbrauchsabhängige Nebenkosten nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat konkrete Ansprüche insoweit nicht gel- tend gemacht. Das Berufungsgericht war auch nicht gehalten, sich aus Anlagen mögliche verbrauchsabhängige Kosten herauszusuchen.
56
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei dem Bereicherungsanspruch der Klägerin die auf den Wertersatz entfallende Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht.
57
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt ein steuerbarer Umsatz vor, wenn ein Unternehmer im Inland eine Lieferung oder sonstige Leistungen im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Ob es sich bei dem Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB um nicht steuerbaren Schadenersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung des Wertersatzes mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht und damit ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Davon ist bei einem Wertersatzanspruch , der gemäß § 818 Abs. 2 BGB bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Mietvertrages entsteht, auszugehen. Denn er tritt im Rahmen der Abwicklung eines gegenseitigen Leistungsverhältnisses an die Stelle der vereinbarten Vergütung und ist deshalb umsatzsteuerpflichtig (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194 f.; BGHZ 175, 118).
58
7. Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kautionsbetrages aus ungerechtfertigter Bereicherung hat. Die Klägerin hat aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution.
59
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte für unbegründet gehalten. Ein vertraglicher Schadensersatzan- spruch scheidet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus, nachdem der Mietvertrag aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Eine andere Rechtsgrundlage ist nicht gegeben.
60
8. Da es noch tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe auch verbrauchsunabhängige Kosten zur ortsüblichen Miete für vergleichbaren Gewerberaum gehören, ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Klinkhammer

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.12.2002 - 2 O 240/00 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.03.2006 - 3 U 5/03 -

(1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen.

(2) Gefährdet der Schuldner oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die Verwaltung, so hat auf Antrag das Gericht dem Schuldner die Räumung des Grundstücks aufzugeben.

(3) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks hat der Zwangsverwalter aus den Erträgnissen des Grundstücks oder aus deren Erlös dem Schuldner die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse erforderlich sind. Im Streitfall entscheidet das Vollstreckungsgericht nach Anhörung des Gläubigers, des Schuldners und des Zwangsverwalters. Der Beschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Der Verwalter soll die Art der Nutzung, die bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung bestand, beibehalten.

(2) Die Nutzung erfolgt grundsätzlich durch Vermietung oder Verpachtung. Hiervon ausgenommen sind:

1.
landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzte Objekte in Eigenverwaltung des Schuldners gemäß § 150b des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung;
2.
die Wohnräume des Schuldners, die ihm gemäß § 149 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung unentgeltlich zu belassen sind.

(3) Der Verwalter ist berechtigt, begonnene Bauvorhaben fertig zu stellen.

(1) Die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten sind von dem Verwalter ohne weiteres Verfahren zu berichtigen. Dies gilt auch bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum für die laufenden Beträge der daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist zu erwarten, daß auch auf andere Ansprüche Zahlungen geleistet werden können, so wird nach dem Eingang der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Mitteilungen des Grundbuchamts der Verteilungstermin bestimmt. In dem Termin wird der Teilungsplan für die ganze Dauer des Verfahrens aufgestellt. Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten sowie dem Verwalter zuzustellen. Die Vorschriften des § 105 Abs. 2 Satz 2, des § 113 Abs. 1 und der §§ 114, 115, 124, 126 finden entsprechende Anwendung.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

(1) Aus den Nutzungen des Grundstücks sind die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers entstehen, vorweg zu bestreiten.

(2) Die Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche verteilt. Hierbei werden in der zweiten, dritten und vierten Rangklasse jedoch nur Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen, einschließlich der Rentenleistungen, sowie auf diejenigen Beträge berücksichtigt, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind. Abzahlungsbeträge auf eine unverzinsliche Schuld sind wie laufende wiederkehrende Leistungen zu berücksichtigen, soweit sie fünf vom Hundert des ursprünglichen Schuldbetrages nicht übersteigen.

(3) Hat der eine Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger für Instandsetzungs-, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden Vorschüsse gewährt, so sind diese zum Satz von einhalb vom Hundert über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen. Die Zinsen genießen bei der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung dasselbe Vorrecht wie die Vorschüsse selbst.

(4) Hat der Zwangsverwalter oder, wenn der Schuldner zum Verwalter bestellt ist, der Schuldner mit Zustimmung der Aufsichtsperson Düngemittel, Saatgut oder Futtermittel angeschafft, die im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsmäßigen Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt werden, so haben Ansprüche aus diesen Lieferungen den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rang. Das gleiche gilt von Krediten, die zur Bezahlung dieser Lieferungen in der für derartige Geschäfte üblichen Weise aufgenommen sind.

(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.

(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.

(1) Aus den Nutzungen des Grundstücks sind die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers entstehen, vorweg zu bestreiten.

(2) Die Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche verteilt. Hierbei werden in der zweiten, dritten und vierten Rangklasse jedoch nur Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen, einschließlich der Rentenleistungen, sowie auf diejenigen Beträge berücksichtigt, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind. Abzahlungsbeträge auf eine unverzinsliche Schuld sind wie laufende wiederkehrende Leistungen zu berücksichtigen, soweit sie fünf vom Hundert des ursprünglichen Schuldbetrages nicht übersteigen.

(3) Hat der eine Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger für Instandsetzungs-, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden Vorschüsse gewährt, so sind diese zum Satz von einhalb vom Hundert über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen. Die Zinsen genießen bei der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung dasselbe Vorrecht wie die Vorschüsse selbst.

(4) Hat der Zwangsverwalter oder, wenn der Schuldner zum Verwalter bestellt ist, der Schuldner mit Zustimmung der Aufsichtsperson Düngemittel, Saatgut oder Futtermittel angeschafft, die im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsmäßigen Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt werden, so haben Ansprüche aus diesen Lieferungen den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rang. Das gleiche gilt von Krediten, die zur Bezahlung dieser Lieferungen in der für derartige Geschäfte üblichen Weise aufgenommen sind.

(1) Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt durch Beschluß des Gerichts.

(2) Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Gläubiger befriedigt ist.

(3) Das Gericht kann die Aufhebung anordnen, wenn die Fortsetzung des Verfahrens besondere Aufwendungen erfordert und der Gläubiger den nötigen Geldbetrag nicht vorschießt.

(4) Im übrigen finden auf die Aufhebung des Verfahrens die Vorschriften der §§ 28, 29, 32, 34 entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 99/07
vom
24. Januar 2008
in dem Zwangsverwaltungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Einem Schuldner, dem gemäß § 149 Abs. 1 ZVG eine Eigentumswohnung belassen
wurde, kann von dem Vollstreckungsgericht nicht deshalb nach § 149 Abs. 2 ZVG die
Räumung aufgegeben werden, weil der Schuldner das auf sein Wohnungseigentum
entfallende laufende Wohngeld nicht bezahlt.
BGH, Beschl. v. 24. Januar 2008 - V ZB 99/07 - LG Wiesbaden
AG Idstein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. Januar 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 1. August 2007 wird zurückgewiesen. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.360,20 €.

Gründe:

I.

1
Das Grundstück L. Straße 53 in I. ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. 2004 erwarb der Schuldner das im Eingang bezeichnete Wohnungseigentum und bezog die mit dem Miteigentumsanteil an dem Grundstück verbundene Wohnung. Wohngeld bezahlte er nicht. Die Gläubigerin , die Eigentümergemeinschaft, erwirkte wegen der Wohngeldrückstände im Juli 2004 und April 2005 Vollstreckungsbescheide gegen den Schuldner über 861,20 € bzw. 1.850 € zuzüglich Zinsen und Kosten. Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht am 30. September 2005 die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums des Schuldners an und bestellte den Beteiligten zu 3 zum Zwangsverwalter. Dieser beließ die Wohnung dem Schuldner. Wohngeld zahlt der Schuldner weiterhin nicht.
2
Die Gläubigerin hat beantragt, dem Schuldner gemäß § 149 Abs. 2 ZVG aufzugeben, die Wohnung zu räumen und an den Beteiligten zu 3 herauszuge- ben. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.

II.

3
Das Beschwerdegericht verneint eine Verpflichtung des Schuldners zur Herausgabe der Wohnung. Es meint, dass der Schuldner das laufende Wohngeld nicht entrichte, führe weder zu einer Gefährdung des Grundstücks oder des Gebäudes noch der Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums im Sinne von § 149 Abs. 2 ZVG.

III.

4
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dass ein Wohnungseigentümer eine zwangsverwaltete Eigentumswohnung weiterhin nutzt, ohne Wohngeld zu bezahlen, bedeutet keine Gefährdung des Wohnungseigentums oder der Zwangsverwaltung, wegen derer das Vollstreckungsgericht dem Schuldner die Räumung der Wohnung aufgeben kann.
5
Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung eines Grundstücks wird dem Schuldner dessen Verwaltung und Benutzung entzogen, § 148 Abs. 2 ZVG. Wohnungseigentum steht einem Grundstück dabei gleich, § 864 Abs. 2 ZPO. Die Verwaltung des Wohnungseigentums im Sinne des Zwangsversteigerungsgesetzes wird durch die Anordnung der Zwangsverwaltung dem Zwangsverwalter übertragen, § 152 Abs. 1 ZVG. Grundsätzlich hat der Verwalter die Wohnung in Besitz zu nehmen.
6
Hiervon macht § 149 Abs. 1 ZVG eine Ausnahme. Der Verwalter hat den Besitz an den von dem Schuldner als Wohnung genutzten Räumen diesem zu belassen, soweit der Besitz für den Schuldner und dessen Angehörige unent- behrlich ist. Sinn der Regelung ist es, die Obdachlosigkeit des Schuldners und seiner Familienangehörigen durch die Anordnung der Zwangsverwaltung zu verhindern (vgl. Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 18. Aufl., § 149 Rdn. 1 Anm. 1.1). Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner jedoch die Räumung aufgeben, wenn er durch sein Verhalten das Grundstück oder die Zwangsverwaltung gefährdet, § 149 Abs. 2 ZVG. So verhält es sich nicht, wenn der Schuldner die Forderungen der Eigentümergemeinschaft auf das laufende Wohngeld nicht erfüllt.
7
1. a) Die aus § 16 Abs. 2 WEG folgende Verpflichtung des Schuldners gegenüber der Eigentümergemeinschaft, das auf sein Wohnungseigentum entfallende Wohngeld zu bezahlen, wird von der Anordnung der Zwangsverwaltung grundsätzlich nicht berührt (vgl. Stöber, aaO, § 152 ZVG Anm. 19.3). Soweit der Schuldner seine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Eigentümergemeinschaft nicht erfüllt, hat der Zwangsverwalter die Zahlungen zu erbringen (Stöber, aaO, § 155 ZVG Rdn. 4 Anm. 4.2; Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rdn. 13.19). Ist der Zwangsverwalter aus den Erträgen der Verwaltung hierzu nicht in der Lage, hat der Gläubiger, der die Anordnung der Zwangsverwaltung erwirkt hat, dem Zwangsverwalter die notwendigen Beträge als Vorschuss bereit zu stellen (Stöber, aaO, § 152 ZVG Rdn. 18 Anm. 18.1). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall: Nach den Jahresberichten über die Verwaltung bezahlt der Beteiligte zu 3 seit Oktober 2005 aus Vorschüssen, die ihm die Gläubigerin zur Verfügung stellt, das auf die Wohnung des Schuldners entfallende Wohngeld. Damit ist für die Feststellung kein Raum, das Ausbleiben der von dem Schuldner zu erbringenden Zahlungen gefährde das von dem Beteiligten zu 3 verwaltete Wohnungseigentum.
8
Soweit in Rechtsprechung und Literatur ausgeführt wird, die beharrliche Nichtzahlung des Wohngelds durch den Schuldner gefährde den Bestand des Grundstücks oder Gebäudes, da die Eigentümergemeinschaft ohne das auf das Wohnungseigentum des Schuldners entfallende Wohngeld die Unterhaltung und Instandhaltung von Grundstück und Gebäude auf Dauer nicht möglich sei (so AG Heilbronn Rpfleger 2004, 236 f. mit zust. Anm. Schmidberger; LG Zwickau Rpfleger 2004, 646 [LS]; AG Schwäbisch Hall NZM 2006, 600; LG Dresden NZM 2006, 665; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 149 Rdn. 7; Haarmeyer /Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 149 Rdn. 5; a.M. Drasdo, NZM 2006, 765 f.), wird nicht berücksichtigt, dass die von dem Zwangsverwalter zu erbringenden Zahlungen dazu führen, eine Gefährdung des Wohnungseigentums des Schuldners und des Grundstücks zu vermeiden.
9
Dass die Eigentümergemeinschaft als Gläubigerin die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums erwirkt hat, ändert hieran nichts. Soweit es zur Zahlung von Vorschüssen an den Zwangsverwalter der Umlage auf die Wohnungseigentümer bedarf, ist dies Folge der Finanzausrüstung und -struktur der Gemeinschaft als betreibender Gläubigerin, für die der Schuldner grundsätzlich nicht verantwortlich ist.
10
b) Der zur Begründung der abweichenden Meinung teilweise herangezogene Vergleich zu § 543 BGB geht fehl. Die Miete ist Gegenleistung für die aufgrund eines Mietvertrags von dem Vermieter dem Mieter geschuldete Gewährung des Gebrauchs. Kommt der Mieter seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, ist das Gegenleistungsverhältnis gestört. Die Störung berechtigt den Vermieter zur fristlosen Kündigung des Vertrags. Damit hat das Rechtsverhältnis zwischen dem Zwangsverwalter und dem Schuldner, dem seine Wohnung belassen wurde, nichts zu tun. Das von dem Schuldner der Eigentümergemeinschaft geschuldete Wohngeld bildet, auch wenn es von dem Zwangsverwalter gezahlt wird, nicht die Gegenleistung oder einen Teil einer Gegenleistung für die Belassung des Besitzes.
11
c) Für eine andere Beurteilung besteht auch kein Grund. Kommt ein Wohnungseigentümer seiner Verpflichtung zur Zahlung des Wohngelds nicht nach, kann die Gemeinschaft unter den Voraussetzungen von § 18 WEG von dem zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Eigentümer die Veräußerung von dessen Wohnungseigentum verlangen und so dessen Ausscheiden aus der Eigentümergemeinschaft herbeiführen (Senat, BGHZ 170, 369 ff.). Darüber hinaus ist die Forderung der Gemeinschaft auf Wohngeld in der Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums - nunmehr - gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG grundsätzlich im Rang vor den Ansprüchen aus Grundpfandrechten zu befriedigen. Die Titulierung der Wohngeldforderung eröffnet gemäß § 10 Abs. 3 ZVG der Gemeinschaft das Zwangsversteigerungsverfahren mit dem Recht zur vorrangigen Befriedigung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG.
12
2. Dass der Schuldner seiner Verpflichtung zur Zahlung des laufenden Wohngelds nicht nachkommt, verteuert die Zwangsverwaltung für den betreibenden Gläubiger, gefährdet sie jedoch nicht.
13
Ziel der Zwangsverwaltung ist es grundsätzlich, dem Gläubiger die Erträge aus der Vermietung oder Verpachtung des zwangsverwalteten Grundstücks zukommen zu lassen. Ist eine Eigentumswohnung Gegenstand der Zwangsverwaltung , scheidet eine Vermietung aus, wenn die Wohnung gemäß § 149 Abs. 1 ZVG dem Schuldner zu belassen ist. Eine dennoch erwirkte Zwangsverwaltung ist unabhängig von der Frage, ob der Schuldner seiner Verpflichtung zur Zahlung von Wohngeld gegenüber der Eigentümergemeinschaft nachkommt , nicht geeignet, zur Befriedigung des Gläubigers zu führen (Senat, Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 5/05, NJW 2005, 2460, 2462). Insoweit gibt es nichts, das der Schuldner gefährden könnte. Die abweichende Auffassung der Rechtsbeschwerde hätte zur Folge, dass einem Schuldner, der nicht nur die titulierte Forderung, sondern auch das laufende auf die von ihm genutzte Wohnung entfallende Wohngeld nicht bezahlen kann, der von § 149 Abs. 1 ZVG beabsichtigte Schutz nicht zugute käme und sich die besonders bedrängte Situation des Schuldners zum Vorteil des Gläubigers auswirkte.

IV.

14
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1, die Gerichtsgebühren zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsverwaltungsverfahren grundsätzlich nicht statt, weil sich die Beteiligten des Verfahrens nicht im Sinne von Parteien gegenüber stehen (Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB 125/05, NJW 2007, 2993 f., zur Veröffentlichung in BGHZ 170, 378 ff. bestimmt; Beschl. v. 15. März 2007, V ZB 117/06, NJW-RR 2007, 1150; Beschl. v. 29. November 2007, V ZB 179/06, Rdn. 10, zur Veröffentlichung vorgesehen ). Der Wert der Rechtsbeschwerde wird gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1, § 43 Abs. 1 GKG von dem Betrag der Forderungen bestimmt, wegen derer die Gläubigerin die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums des Schuldners erwirkt hat. Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Idstein, Entscheidung vom 05.06.2007 - 41 L 14/05 -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 01.08.2007 - 4 T 402/07 -

(1) Der Verwalter hat von den Einnahmen die Liquidität zurückzubehalten, die für Ausgaben der Verwaltung einschließlich der Verwaltervergütung und der Kosten des Verfahrens vorgehalten werden muss.

(2) Der Verwalter soll nur Verpflichtungen eingehen, die aus bereits vorhandenen Mitteln erfüllt werden können.

(3) Der Verwalter ist verpflichtet, das Zwangsverwaltungsobjekt insbesondere gegen Feuer-, Sturm-, Leitungswasserschäden und Haftpflichtgefahren, die vom Grundstück und Gebäude ausgehen, zu versichern, soweit dies durch eine ordnungsgemäße Verwaltung geboten erscheint. Er hat diese Versicherung unverzüglich abzuschließen, sofern

1.
Schuldner oder Gläubiger einen bestehenden Versicherungsschutz nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang des Anordnungsbeschlusses schriftlich nachweisen und
2.
der Gläubiger die unbedingte Kostendeckung schriftlich mitteilt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen.

(2) Gefährdet der Schuldner oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die Verwaltung, so hat auf Antrag das Gericht dem Schuldner die Räumung des Grundstücks aufzugeben.

(3) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks hat der Zwangsverwalter aus den Erträgnissen des Grundstücks oder aus deren Erlös dem Schuldner die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse erforderlich sind. Im Streitfall entscheidet das Vollstreckungsgericht nach Anhörung des Gläubigers, des Schuldners und des Zwangsverwalters. Der Beschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 67/06 Verkündet am:
6. August 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Anfechtung eines Mietvertrages über Geschäftsräume wegen arglistiger
Täuschung ist auch nach Überlassung der Mieträume und Beendigung des
Mietvertrages neben der Kündigung zulässig.
Sie wirkt gemäß § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
zurück.

b) Der in Höhe der ortsüblichen Miete bestehende Anspruch auf Wertersatz
gemäß § 818 Abs. 2 BGB unterliegt bei nichtigem Mietvertrag wie ein Mietzinsanspruch
der Umsatzsteuer (Fortführung Senatsurteil vom 22. Oktober
1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192).
BGH, Urteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. August 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina
und den Richter Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. März 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Abwicklung eines inzwischen beendeten, von der Beklagten nachträglich wegen arglistiger Täuschung angefochtenen Mietvertrages über Wohn- und Geschäftsräume.
2
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung restlicher Miete und rückständiger Nebenkosten. Sie hatte zunächst von der Beklagten und den früheren weiteren Beklagten zu 2 und 3 Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verlangt. Insoweit war der Rechtsstreit von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 28. August 2002 übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
3
Die Klägerin schloss am 30. Juli 1997 mit der Beklagten für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2002 einen Mietvertrag über "Büroräume im Souterrain, Hochparterre und 2. Obergeschoss" (§ 1 Ziff. 1 des Mietvertrages) in einer von ihr 1996/1997 sanierten Altbauvilla. Beide Parteien konnten den Mietvertrag durch einmalige Option um fünf Jahre verlängern (§ 2 Ziff. 2 des Mietvertrages). Laut § 1 Ziff. 2 des Mietvertrages wurden die Mieträume in vollständig renoviertem und für den vertragsgemäßen Gebrauch nutzbaren Zustand übergeben.
4
Der monatliche Staffelmietzins wurde zunächst mit 8.200 DM sowie 60 DM für den Kfz-Stellplatz jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die monatliche Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlung sollte 1.341 DM betragen (§ 4 Ziff. 3 des Mietvertrages).
5
Die Beklagte vermietete mit Zustimmung der Klägerin die Räume im Souterrain und im Hochparterre als Büroräume zum Betrieb einer Anwaltskanzlei an die früheren Beklagten zu 2 und zu 3. Das zweite Obergeschoss vermietete sie an die frühere Beklagte zu 3 als Wohnraum.
6
Die Beklagte zahlte wegen verschiedener behaupteter Mängel seit November 1997 zeitweise lediglich eine geminderte Miete und gekürzte Nebenkostenvorauszahlung. Die Klägerin veranlasste verschiedene Mängelbeseitigungsmaßnahmen.
7
Wegen der Zahlungsrückstände erklärte die Klägerin am 8. Februar 2000 und in der Folgezeit wiederholt die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
8
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Wohnräume im zweiten Obergeschoss zum 31. Dezember 2001 geräumt an die Klägerin herausgeben werde und übte vorsorglich das vertraglich vereinbarte Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um weitere fünf Jahre aus. Mit weiterem Schreiben vom 24. Juli 2002 erklärte sie der Klägerin, sie werde im Hinblick darauf, dass der Mietvertrag am 31. Juli 2002 vertragsgemäß ende, das Mietobjekt an diesem Tag geräumt an die Klägerin herausgeben.
9
Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zuletzt auf Zahlung von 76.599,27 € gerichteten Klage in Höhe von 48.696,49 € stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat der Beklagten und den früheren Beklagten zu 2 und zu 3 gemäß § 91 a ZPO die Kosten der Räumungsklage auferlegt. Gegen dieses Urteil haben die Klägerin, die Beklagte und die früheren Beklagten zu 2 und zu 3 Berufung eingelegt. In zweiter Instanz hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. August 2004 die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt und Hilfswiderklage auf Rückzahlung der geleisteten Kaution zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 15.320,69 € sowie Stufenwiderklage auf Abrechnung der Mietkaution von 12.761,85 € nebst angefallenen Zinsen und Zahlung des sich danach ergebenden Betrages an die Beklagte erhoben.
10
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Hilfswiderklage verurteilt, an die Beklagte 12.761,85 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen und deren Stufenwiderklage als unzulässig zurückgewiesen. Die Berufungen der Klägerin und der früheren Beklagten zu 2 und zu 3 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung und ihre Verurteilung zur Zahlung richtet sich die Revision der Klägerin, die der Se- nat dahin auslegt, dass die Klägerin das Berufungsurteil nur angreift, soweit es sie beschwert.
11
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen , ob die Anfechtung eines Mietvertrages nach Überlassung der Mietsache neben der Kündigung - gegebenenfalls mit Rückwirkung - zulässig ist, ferner ob ein steuerbares Geschäft im Hinblick auf den Nutzungsersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung anzunehmen ist.

Entscheidungsgründe:

12
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

13
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen der Nutzung der Mieträume. Mietvertragliche Ansprüche bestünden schon deshalb nicht, weil die Beklagte den Mietvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe.
14
Die Klägerin habe die Beklagte arglistig über die Gebrauchstauglichkeit der Souterrainräume als vollwertige Büroräume getäuscht. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des schriftlichen Mietvertrages und der Anhörung der Parteien stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Parteien übereinstimmend eine Vermietung des Souterrains zur Nutzung als vollwertige Büroräume gewollt hätten und Hinweise auf eine etwaige eingeschränkte Benutzbarkeit durch die Klägerin auch nicht erteilt worden seien. Die Räume im Souterrain seien jedoch öffentlich-rechtlich nur zur Nutzung als Nebenflächen, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet sei, zugelassen und hätten deshalb - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - nicht als Büroräume genutzt werden dürfen. Die Klägerin habe somit der Beklagten im Souterrain Räume vermietet, die für den vertragsgemäß vorausgesetzten Zweck, nämlich zur Nutzung als vollwertige Büroflächen, nicht geeignet gewesen seien. Hierüber sei die Beklagte getäuscht worden. Denn sie habe die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit bei Abschluss des Mietvertrages weder gekannt noch kennen müssen. Die Klägerin habe die Beklagte auch arglistig getäuscht. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und bewusst gegenüber der Beklagten verschwiegen habe. Dies ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. , die übereinstimmend bekundet hätten, die Klägerin sei schon in der Planungsphase der Sanierungsarbeiten davon in Kenntnis gesetzt worden, dass insbesondere im Hinblick auf den Fußbodenaufbau die Souterrainräume nicht als vollwertige Büroräume hergestellt werden könnten. Dementsprechend sei mit dem Bauantrag in Abstimmung mit der Klägerin auch nur eine Genehmigung zur Nutzung der Räume im Souterrain als Nebenfläche beantragt worden. Diese Aussagen der Zeugen stünden im Einklang mit den von der Klägerin gestellten Anträgen und Eingaben im Baugenehmigungsverfahren, in denen die Räume im Souterrain stets als Büronebenräume bezeichnet gewesen seien. Schließlich habe die Klägerin bei ihrer Anhörung selbst eingeräumt, die Räume im Souterrain seien als Nebenflächen im Bauantrag deklariert worden, um leichter eine Baugenehmigung zu erhalten. Sie habe folglich billigend in Kauf genommen, dass die ver- tragsgemäß vorgesehene Nutzung bauordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen sei. Darin liege jedenfalls eine bedingt vorsätzliche Täuschung der Beklagten durch das Verschweigen entscheidungserheblicher Tatsachen für die Nutzung der Mieträume. Diese Täuschung sei auch für den Abschluss des Mietvertrages kausal gewesen. Es habe auf der Hand gelegen, dass die Beklagte den Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Räume im Untergeschoss nur als Nebenflächen genutzt werden durften. Der Klägerin sei zudem klar gewesen, dass bei fehlender Nutzbarkeit als vollwertige Büroräume insgesamt nur ein niedrigerer Mietpreis zu erzielen gewesen sei.
15
Die Beklagte habe die Anfechtung auch binnen der Jahresfrist des § 124 BGB erklärt. Sie habe von der mangelnden Nutzbarkeit der Räume im Souterrain als Bürovollflächen erst am 24. März 2004 im Verhandlungstermin beim Oberlandesgericht in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen ihren Architekten K. -von K. Kenntnis erlangt. In diesem Termin habe der Zeuge K. - von K. erklärt, eine Nutzung der Souterrainräume als Büroräume sei von vornherein nicht in Betracht gekommen, weil hierfür umfangreiche Baumaßnahmen hätten durchgeführt werden müssen, welche die Klägerin nicht habe vornehmen wollen. Eine frühere Kenntnis der Beklagten könne nicht positiv festgestellt werden.
16
Der Anfechtung stehe auch nicht entgegen, dass der Mietvertrag tatsächlich durchgeführt und zwischenzeitlich sogar längst beendet worden sei. Dies habe nicht zur Folge, dass die Wirkung der Anfechtung entgegen § 142 Abs. 1 BGB keine Nichtigkeit des Mietverhältnisses von Anfang an nach sich ziehe, sondern ausnahmsweise nur eine Nichtigkeit mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung eintrete. Diese Rechtsfragen zur Anfechtbarkeit von Mietverträgen seien in der Literatur seit längerer Zeit umstritten. Das Berufungsgericht folge der Auffassung, wonach es beim Mietvertrag bei den allgemeinen Wirkungen der Anfechtung, insbesondere der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an, bleibe. Die Regeln über die Anfechtung im Allgemeinen Teil des BGB hätten grundsätzlich für alle Verträge Geltung. Ein hinreichender Grund für einen gänzlichen Ausschluss der Anfechtung oder eine Abweichung von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 142 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben. Die in den Bereichen des Gesellschafts- und Arbeitsrechts angestellten Überlegungen seien auf die Geschäftsraummiete nicht übertragbar. Die sich dort aus sozialen Erwägungen ergebenden Einschränkungen könnten allenfalls im Wohnungsmietrecht , nicht aber im Gewerbemietrecht herangezogen werden, weil vergleichbare soziale Verbundenheiten wie im Arbeits- und Gesellschaftsrecht bei der Gewerbemiete nicht vorlägen. Es handele sich dabei vielmehr um ein schlichtes, auf Austausch angelegtes Dauerschuldverhältnis ohne die Begründung irgendwie gearteter persönlicher Beziehungen. Die teilweise erwähnten Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung in Vollzug gesetzter Mietverhältnisse rechtfertigten nicht das Abweichen von gesetzlichen Vorschriften. Die Rückabwicklung sei rechtlich und tatsächlich möglich und könne nach den Regeln des Bereicherungsausgleichs durchgeführt werden.
17
Auch die Gewährleistungsregeln in §§ 536 ff. BGB ersetzten die Regeln über die Anfechtung nicht. Eine Parallele zum Kaufrecht könne nicht zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten im Mietrecht herangezogen werden. Zum einen sei auch im Kaufrecht eine derartige Einschränkung umstritten, zum andern sei die Interessenlage dort eine andere als im Mietrecht.
18
Da das Mietverhältnis aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen sei, könne die Klägerin entsprechend ihrer Hilfsbegründung gegen die Beklagte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen. Der Klägerin stehe als Eigentümerin der Räume ein Anspruch auf Wertersatz aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 , 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu. Zu ersetzen sei der objektive Verkehrswert der Gebrauchsvorteile, welche die Beklagte erlangt habe. Dabei seien die Wohn- und Büroräume sowie der Pkw-Stellplatz zu berücksichtigen. Zwar könnten grundsätzlich auch verbrauchsabhängige Nebenkosten zu den erlangten Vorteilen gehören. Hierzu habe die Klägerin allerdings unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nicht schlüssig vorgetragen. Hinsichtlich der Jahre bis 2000 seien Nebenkostenabrechnungen erstellt worden und in eine Gesamtabrechnung eingeflossen. Diese beinhalte zu erheblichen Teilen verbrauchsunabhängige Bestandteile (z.B. 30 % Grundkosten für Heizung und Warmwasser, Versicherungen, Grundsteuer), die nach Bereicherungsrecht nicht verlangt werden könnten, weil es sich nicht um Gebrauchsvorteile oder gezogene Nutzungen handele. Dem Vortrag der Klägerin könne nicht entnommen werden, hinsichtlich welcher konkreten Nutzungsvorteile eine Bereicherung der Beklagten noch vorliegen solle. Die vorgelegten Abrechnungen sprächen im Gegenteil eher für eine Überzahlung durch die Beklagte. Von den Ansprüchen der Klägerin seien die von der Beklagten im Laufe der Jahre auf das nichtige Mietverhältnis erbrachten Leistungen in Abzug zu bringen. Nach einer Saldierung der gegenseitigen Ansprüche verbleibe kein Überschuss zu Gunsten der Klägerin. Damit sei die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution gegenstandslos.
19
Der Beklagten stehe gegen die Klägerin der mit der Hilfswiderklage erhobene Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mietkaution aus Bereicherungsrecht zu. Die Klägerin habe aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution. Die gegenüber dem Rückzahlungsanspruch erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte greife nicht durch. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch scheide schon deshalb aus, weil der Mietvertrag als Grundlage für etwaige Ansprüche insgesamt nach der Anfechtung entfallen sei. Es sei auch keine andere Rechtsgrundlage gegeben.

II.

20
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
21
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beklagte arglistig darüber getäuscht hat, dass es sich bei den Räumen im Souterrain - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - um Büronebenflächen gehandelt hat, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen nicht zugelassen waren und damit als vollwertige Büroräume nicht genutzt werden durften.
22
Der dagegen gerichtete Einwand der Revision, das Berufungsgericht verstoße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze, wenn es aus der rechtlichen Unzulässigkeit der Nutzung schließe, die Räume seien auch tatsächlich nicht als Büroräume nutzbar gewesen, greift nicht. Zum einen hat das Berufungsgericht diesen Schluss nicht gezogen. Zum anderen steht es der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht entgegen, dass die Räume von der Beklagten tatsächlich als Büroräume genutzt worden sind. Für die Anfechtbarkeit der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung ist vielmehr entscheidend, ob die Klägerin durch positives Tun oder Unterlassen gegenüber der Beklagten das Vorhandensein eines Umstandes vorgespiegelt hat, der für deren Willensbildung, den Mietvertrag abzuschließen, von wesentlicher Bedeutung war.
23
Davon ist nach den getroffenen Feststellungen auszugehen. Die Klägerin hat es unterlassen, die Beklagte über den Umstand in Kenntnis zu setzen, dass die Souterrainräume aufgrund ihres baulichen Zustands für den dauernden Aufenthalt von Menschen bauordnungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig waren, und damit nicht als vollwertige Büroräume genutzt werden durften. Dieser Umstand war, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, für die Entscheidung der Beklagten, den Mietvertrag abzuschließen , von wesentlicher Bedeutung. Denn sie wollte die Souterrainräume zur Nutzung als Büroräume mieten. Im Hinblick darauf, dass bei einer bauordnungswidrigen Nutzung mit einer behördlichen Nutzungsuntersagung gerechnet werden musste, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Mietvertrag, wie geschehen, abgeschlossen hätte, wenn sie Kenntnis von der insoweit fehlenden Genehmigung gehabt hätte.
24
Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet aufgrund der Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. sowie des von der Klägerin selbst unterzeichneten, am 2. Februar 1996 eingereichten Antrags auf Baugenehmigung angenommen, dass die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages, am 30. Juli 1997, die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und diese der Beklagten bewusst verschwiegen hat.
25
Die Klägerin hat somit die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Mietvertrages veranlasst. Die hierauf gestützte, von der Beklagten mit Schriftsatz vom 6. August 2004 erklärte, der Klägerin am 12. August 2004 zugestellte Anfechtung des Mietvertrages ist nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch binnen der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt und damit wirksam.
26
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Anfechtung nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Anfechtung tatsächlich durchgeführt und sogar beendet war.
27
Während nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung vor Übergabe der Mietsache uneingeschränkt zulässig ist und gemäß § 142 Abs. 1 BGB Nichtigkeitswirkung von Anfang an entfaltet, besteht Uneinigkeit darüber, ob und gegebenenfalls mit welcher Rechtsfolge eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB auch nach Übergabe der Mietsache möglich ist.
28
a) Teilweise wird vertreten, das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung werde, sobald der Mietvertrag durch Überlassung der Mietsache vollzogen sei, durch das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB verdrängt, soweit sich der Willensmangel auf verkehrswesentliche Eigenschaften des Mietobjekts selbst beziehe (Roquette Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches vor §§ 537 bis 542 Rdn. 16, 20; Sternel Mietrecht 3. Aufl. I Rdn. 245; Bub in: Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 673; offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266). Die Verdrängung der Anfechtungsmöglichkeit durch die Gewährleistungs - und Kündigungsvorschriften benachteilige den Anfechtungsberechtigten nicht, weil diese ihm einerseits wie bei der Anfechtung die Möglichkeit gäben, das Vertragsverhältnis aufzulösen, andererseits die Rückabwicklung erleichterten. Habe der Anfechtungsberechtigte die Vertragsleistung der Gegenseite in Anspruch genommen, so verdiene er es nicht, besser gestellt zu werden als bei einer fristlosen Kündigung (Sternel aaO).
29
b) Nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann zwar eine auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtete Willenserklärung auch nach Überlassung der Mietsache wegen arglistiger Täuschung stets angefochten werden (RGZ 157, 173, 174; KG NZM 2002, 21; LG Mannheim ZMR 1990, 303; Emmerich/Sonnenschein/Rolfs Miete 9. Aufl. § 542 BGB Rdn. 82; Soergel/Heintzmann BGB 12. Aufl. vor § 542 Rdn. 2; Hübner/Griesbach/Schreiber in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 14 Rdn. 214; Kraemer in: Bub/Treier aaO Kap. III Rdn. 1326; MünchKomm/Häublein BGB 5. Aufl. vor § 536 Rdn. 24). Umstritten ist jedoch, ob die nach Überlassung der Mietsache erfolgte Anfechtung den Mietvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend (ex tunc) oder nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) vernichtet (offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266 und BGH Urteil vom 10. Juli 1968 - VIII ZR 180/66 - WM 1968, 1306, 1307).
30
aa) Die Ansicht, die die Anfechtung vollzogener Mietverträge wegen arglistiger Täuschung entgegen § 142 Abs. 1 BGB nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) zulässt, beruft sich zur Begründung zum einen darauf, dass ein bereits vollzogenes Mietverhältnis nur unter Inkaufnahme großer Schwierigkeiten abgewickelt werden könne und deshalb eine Beendigung ex nunc sachgerechter sei (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. vor § 535 BGB Rdn. 7; Staudinger/Rolfs BGB [2006] § 542 Rdn. 179). Zum anderen stellt sie darauf ab, dass eine einmal begonnene Dauerleistung nur beendet, nicht aber rückgängig gemacht werden könne (vgl. Roquette aaO vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17; LG Nürnberg-Fürth MDR 1966, 1003, 1004). Schließlich verweist sie darauf, dass mit Bezug der Mieträume ein sozialer Tatbestand geschaffen werde , der einen Bestands- und Vertrauensschutz begründe (für die Wohnraummiete : Hille WuM 1984, 292, 293) und in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Gesellschafts- und Arbeitsrecht für die Zulassung einer Anfechtung mit Wirkung ex nunc spreche.
31
bb) Die Auffassung, die auch bei der Anfechtung in Vollzug gesetzter Mietverträge wegen arglistiger Täuschung von der in § 142 Abs. 1 BGB geregelten rückwirkenden Vernichtung des Rechtsgeschäfts ausgeht (RGZ 86, 334; 102, 225, 226; 157, 173, 174; KG MDR 1967, 404; KG NZM 2002, 21; Soergel /Heintzmann aaO vor § 542 Rdn. 2; Erman/Jendrek BGB 12. Aufl. vor § 536 Rdn. 20; Schmid DWW 1985, 302; Fischer NZM 2005, 567, 571; Emmerich NZM 1998, 692, 694 f.) verweist darauf, dass für Mietverträge kein Anlass bestehe , von der gesetzlichen Bestimmung des § 142 Abs. 1 BGB durch Richterrecht abzuweichen. Es handele sich bei Mietverträgen um "normale" schuldrechtliche Verträge, für die grundsätzlich die Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB Geltung hätten. Es sei nicht ersichtlich, was bei der Rückabwicklung eines fehlerhaften Mietvertrages nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften erschwert sein solle.
32
Auch sei beim Mietvertrag eine dem Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag vergleichbare Interessenlage, die eine Einschränkung der Anfechtungswirkung rechtfertigen könne, nicht gegeben. Im Gegensatz zum Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag werfe die Rückabwicklung beim Mietvertrag auch keine besonderen Schwierigkeiten auf, weil es sich um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis handele (Hille WuM 1984, 292; Emmerich NZM 1998, 692, 695; Fischer NZM 2005, 567, 570; Weimar MDR 1966, 1004). Soweit die Rückwirkung damit abgelehnt werde, der Vollzug des Mietverhältnisses habe einen sozialen Tatbestand geschaffen, der nur noch für die Zukunft beseitigt werden könne, könne diese Überlegung im Bereich des Gesellschafts- und Arbeitsrechts berechtigt sein. Jedenfalls für das Gebiet der Geschäftsraummiete lasse sich ein die Rückabwicklung ausschließender sozialer Einschlag jedoch nicht erkennen (KG NZM 2002, 21).
33
3. Der Senat schließt sich in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht der letzteren Ansicht an.
34
a) Das Recht zur Anfechtung der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung wird auch nach Vollzug des Mietvertrages nicht durch die mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften (§§ 536 ff. BGB) und das Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 BGB verdrängt, weil die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung einerseits und die Gewährleistungs- sowie die Kündigungsvorschriften andererseits unterschiedliche Sachverhalte regeln und unterschiedliche Schutzzwecke haben.
35
Während die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt und deren Beeinträchtigung durch rückwirkende Vernichtung der Erklärung beseitigt, ist Gegenstand der Gewährleistungsrechte und der außerordentlichen Kündigung eine aktuelle Leistungsstörung, der durch Minderung und Schadensersatz bzw. durch Beendigung des Vertrages Rechnung getragen wird (vgl. Staudinger/Rolfs aaO § 542 BGB Rdn. 179). Diese unterschiedlichen Schutzzwecke lassen es nicht zu, dass das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nach Überlassung der Mietsache durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt wird.
36
b) Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 142 Abs. 1 BGB ist nach Ansicht des Senats bei der Geschäftsraummiete nicht gerechtfertigt.
37
aa) Die Schwierigkeiten, die sich bei der Rückabwicklung vollzogener Dauerschuldverhältnisse aufgrund des Zeitablaufs und der Anzahl der rückabzuwickelnden Leistungen ergeben, rechtfertigen keine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen bei Mietverträgen, die gemäß § 105 BGB oder §§ 134, 138 BGB nichtig sind, ohne dass dort an einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsmöglichkeit gezweifelt wird (Hille WuM 1984, 292; Fischer NZM 2005, 567, 570).
38
bb) Besonderheiten, die bei in Vollzug gesetzten Arbeits- und Gesellschaftsverträgen dazu geführt haben, dass von der Rückwirkung abgegangen wurde, liegen bei der Geschäftsraummiete nicht vor. Weder besteht - wie beim Arbeitsverhältnis - eine besonders intensive Leistungsbeziehung mit starkem Persönlichkeitsbezug und mit Eingliederung in eine soziale Organisation, noch ist - wie beim Gesellschaftsverhältnis - ein erhöhtes Verkehrsschutzbedürfnis für Gläubiger vorhanden, die durch eine rückwirkende Anfechtung ihr Haftungssubjekt verlieren würden. Vielmehr handelt es sich bei dem Mietvertrag - anders als beim Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag - um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis, bei dem die Rückabwicklung keine besonderen Schwierigkeiten aufwirft.
39
cc) Zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten wegen arglistiger Täuschung kann für das Mietrecht auch keine Parallele zum Kaufrecht herangezogen werden. Denn durch die Gewährleistungsvorschriften vor allem der §§ 434 ff. BGB beim Kauf wird nur die Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB), nicht aber die Anfechtung nach § 123 BGB ausgeschlossen. Dem Käufer stehen dieses Anfechtungsrecht und Ansprüche aus Gewährleistung, sofern ihre jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, wahlweise zu (MünchKomm/Kramer BGB 5. Aufl. § 123 Rdn. 35).
40
dd) Entgegen der Ansicht der Revision spricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausschluss des Rücktritts vom Mietvertrag nach Überlassung der Mietsache in Fällen, in denen eine Auflösung des Vertrages durch fristlose Kündigung möglich ist (BGHZ 50, 312, 315), nicht dafür, dass auch die Anfechtung von Mietverträgen nur für die Zukunft wirkt. Der Bundesgerichtshof hat die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit darauf gestützt, dass bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung nach § 346 ff. BGB in der Regel nicht den Interessen der Parteien entspreche und angesichts der insbesondere bei längerer Vertragsdauer entstehenden erheblichen Durchführungsschwierigkeiten zu Unzuträglichkeiten führe. Von einer solchen Interessenlage kann bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht ausgegangen werden. Die Partei, die aufgrund der arglistigen Täuschung zu einer Willenserklärung veranlasst worden ist, die sie bei Kenntnis der Umstände nicht abgegeben hätte, hat ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Vernichtung ihrer Willenserklärung. Diesem Interesse trägt § 142 Abs. 1 BGB Rechnung. Demgegenüber regelt der auf Nichterfüllung gestützte Rücktritt, ebenso wie die mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche und die Kündigung aus wichtigem Grund, die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen.
41
ee) Auch das Argument, die Rückgängigmachung der vollzogenen Vermieterleistung sei mit der Ingebrauchnahme der Mietsache durch den Mieter nicht mehr möglich (Roquette vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17), trägt nicht. Das Bereicherungsrecht sieht für den Fall, dass die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, gemäß § 818 Abs. 2 BGB vor, dass der Wert zu ersetzen ist.
42
ff) Schließlich lassen sich bei der Geschäftsraummiete in der Regel auch keine sozialen Belange feststellen, die ggf. einen erhöhten Bestandsschutz in Vollzug gesetzter Mietverträge und deshalb eine Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt des Zugangs der Anfechtungserklärung erforderlich machen könnten.
43
4. Die Anfechtung des Mietvertrages durch die Beklagte ist auch nicht nach Treu und Glauben als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen. Eine solche Einschränkung der Anfechtung greift ein, wenn die Rechtslage des Getäuschten durch die arglistige Täuschung nicht oder nicht mehr beeinträchtigt ist (Staudinger/Looschelders/Olzen BGB [2005] § 242 Rdn. 444 m.w.N.).
44
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat zwar die Mieträume bis zu dem vertraglich vereinbarten Ablauf , am 31. Juli 2002, als Büroräume genutzt, ohne dass die Nutzung durch ein Einschreiten der Baubehörde beeinträchtigt gewesen wäre. Insoweit hat sich die arglistige Täuschung der Klägerin zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht mehr nachteilig ausgewirkt. Die arglistige Täuschung der Klägerin wirkt aber dadurch weiter zu Lasten der Beklagten, weil diese für die Souterrainräume einen Mietpreis vereinbart hat, der auf der fehlerhaften Annahme beruhte, es handele sich um vollwertige Büroräume, die als solche öffentlich-rechtlich genehmigt seien. Tatsächlich waren die Räume jedoch nur als Büronebenräume, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet war, genehmigt und genehmigungsfähig. Das Fehlen einer Genehmigung zur Nutzung als Büroraum stellt - unabhängig von der tatsächlichen Nutzbarkeit der Räume - einen wertbildenden Faktor dar. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte, hätte sie von der fehlenden Genehmigung Kenntnis gehabt, für die Räume im Souterrain jedenfalls nicht den im Mietvertrag festgelegten, sondern einen geringeren für Nebenräume angemessenen Mietzins vereinbart hätte.
45
Soweit die Revision darauf verweist, das Berufungsgericht habe festgestellt , die Parteien hätten im Hinblick auf die Lage der Räumlichkeiten im Souterrain und die eingeschränkten Lichtverhältnisse bereits einen geringeren Mietzins vereinbart, lässt sie außer Acht, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Parteien den Mietpreis ausgehend von einer vollwertigen Büronutzung vereinbart haben. Dass die Beklagte keinen niedrigeren Mietzins vereinbart hat, ist Folge der arglistigen Täuschung der Klägerin. Der daraus entstandene Nachteil war zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht entfallen. Bei einer Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf eine solche ex nunc würde er der Klägerin zugute kommen, die die Mehreinnahmen, die sie aufgrund der arglistigen Täuschung bis zu diesem Zeitpunkt erzielt hat, behalten dürfte (vgl. Erman/Jendrek aaO vor § 536 Rdn. 20).
46
5. Die Beklagte hat auch auf das Recht zur Anfechtung nicht dadurch verzichtet, dass sie mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 die vertraglich vorgesehene Verlängerungsoption ausgeübt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch keine Kenntnis von dem Anfechtungsgrund. Erst am 24. März 2004 hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Kenntnis von der arglistigen Täuschung der Klägerin erlangt.
47
6. Infolge der wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist der Mietvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB).
48
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) hat das Berufungsgericht zutreffend nach den Grundsätzen der Saldotheorie vorgenommen, indem es durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt hat, ob sich für die Klägerin ein Überschuss (Saldo) ergibt (BGH Urteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 314/97 - NJW 1999, 1181). Eine Einschränkung der Saldotheorie zum Schutz des arglistig Getäuschten ist hier, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, nicht geboten. Denn die Klägerin verlangt als Täuschende Bereicherungsausgleich , so dass Gegenansprüche der getäuschten Beklagten ohne weiteres als Abzugspositionen in die Saldierung einzubeziehen sind.
49
a) Herauszugeben ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB das durch die Leistung der Klägerin Erlangte. Das ist hier die von der Klägerin gewährte Gebrauchsüberlassung der Räume. Da die Herausgabe der Gebrauchsüberlassung wegen ihrer Beschaffenheit nicht möglich ist, hat die Beklagte als gutgläubige Bereicherungsschuldnerin nach § 818 Abs. 2 BGB deren Wert zu ersetzen. Dessen Höhe richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem objektiven Verkehrswert des rechtsgrundlos Erlangten, somit hier nach der Miete, die auf dem örtlichen Markt für vergleichbare Objekte erzielt wird (Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194; BGHZ 132, 198, 207; 168, 220, 239).
50
Neben diesem Anspruch auf Ersatz des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung ist ein Anspruch auf Herausgabe eines durch die Untervermietung evtl. erzielten Gewinns nicht gegeben. Mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des fehlgeschlagenen Mietvertrages im Wege der Leistungskondition sollen die gegenseitigen, von den Parteien aufgrund des unwirksamen Mietvertrages vorgenommenen Vermögensverschiebungen rückabgewickelt werden. Die Gewinne der Beklagten aus der Untervermietung beruhen jedoch nicht auf einer rückabzuwickelnden Leistung der Klägerin, sondern auf der eigenen vermögensmäßigen Disposition der Beklagten. Ihr stand es frei, den Bereicherungsgegenstand - die Gebrauchsüberlassung - selbst, gar nicht oder durch Untervermietung zu nutzen. Mit der Erstattung des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung wird erschöpfender Ersatz für den Wert des erlangten Gebrauchsvorteils geleistet (vgl. für bereicherungsrechtliche Ansprüche bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte: BGHZ 82, 299, 307 f.; 99, 244, 248 f.).
51
Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin auch nach Treu und Glauben daran gehindert gewesen wäre, von der Beklagten einen etwaigen Gewinn aus der Untervermietung herauszuverlangen, weil sie die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Vertragsabschluss veranlasst hat.
52
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass verbrauchsunabhängige Nebenkosten grundsätzlich nicht nach Bereicherungsrecht verlangt werden könnten, weil es sich dabei nicht um Gebrauchsvorteile handele.
53
Der nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzende Wert der erlangten Gebrauchsvorteile bestimmt sich nach dem ortsüblichen Mietzins. Dieser beinhaltet in dem Umfang, in dem verbrauchsunabhängige Nebenkosten ortsüblich als Teil des Mietzinses mit vereinbart werden, auch diese Nebenkosten. Da bei der Geschäftsraummiete der vereinbarte Mietzins abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB in der Regel die Grundmiete und verbrauchsunabhängige Nebenkosten enthält, spricht eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch im örtlichen Bereich der hier im Streit befindlichen Räume üblicherweise bestimmte verbrauchsunabhängige Nebenkosten vom Mieter zu tragen sind. Ob und in welchem Umfang dies hier der Fall ist, wird erforderlichenfalls durch Sachverständigengutachten festzustellen sein.
54
c) Ferner sind, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, im Rahmen des Bereicherungsanspruchs der Klägerin die verbrauchsabhängigen Nebenkosten nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter sie konkret darlegt.
55
Für die Jahre bis 2000, in denen die Klägerin Nebenkostenabrechnungen erteilt hat, ergeben sich die verbrauchsabhängigen Kosten hinreichend substantiiert aus den Abrechnungen, wenn die dort enthaltenen verbrauchsunabhängigen Kosten ortsüblich sind. Für die Jahre 2001 und 2002, für die die Klägerin keine Nebenkostenabrechnungen erstellt hat, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verbrauchsabhängige Nebenkosten nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat konkrete Ansprüche insoweit nicht gel- tend gemacht. Das Berufungsgericht war auch nicht gehalten, sich aus Anlagen mögliche verbrauchsabhängige Kosten herauszusuchen.
56
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei dem Bereicherungsanspruch der Klägerin die auf den Wertersatz entfallende Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht.
57
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt ein steuerbarer Umsatz vor, wenn ein Unternehmer im Inland eine Lieferung oder sonstige Leistungen im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Ob es sich bei dem Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB um nicht steuerbaren Schadenersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung des Wertersatzes mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht und damit ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Davon ist bei einem Wertersatzanspruch , der gemäß § 818 Abs. 2 BGB bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Mietvertrages entsteht, auszugehen. Denn er tritt im Rahmen der Abwicklung eines gegenseitigen Leistungsverhältnisses an die Stelle der vereinbarten Vergütung und ist deshalb umsatzsteuerpflichtig (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194 f.; BGHZ 175, 118).
58
7. Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kautionsbetrages aus ungerechtfertigter Bereicherung hat. Die Klägerin hat aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution.
59
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte für unbegründet gehalten. Ein vertraglicher Schadensersatzan- spruch scheidet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus, nachdem der Mietvertrag aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Eine andere Rechtsgrundlage ist nicht gegeben.
60
8. Da es noch tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe auch verbrauchsunabhängige Kosten zur ortsüblichen Miete für vergleichbaren Gewerberaum gehören, ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Klinkhammer

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.12.2002 - 2 O 240/00 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.03.2006 - 3 U 5/03 -

(1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen.

(2) Gefährdet der Schuldner oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die Verwaltung, so hat auf Antrag das Gericht dem Schuldner die Räumung des Grundstücks aufzugeben.

(3) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks hat der Zwangsverwalter aus den Erträgnissen des Grundstücks oder aus deren Erlös dem Schuldner die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse erforderlich sind. Im Streitfall entscheidet das Vollstreckungsgericht nach Anhörung des Gläubigers, des Schuldners und des Zwangsverwalters. Der Beschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Der Verwalter soll die Art der Nutzung, die bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung bestand, beibehalten.

(2) Die Nutzung erfolgt grundsätzlich durch Vermietung oder Verpachtung. Hiervon ausgenommen sind:

1.
landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzte Objekte in Eigenverwaltung des Schuldners gemäß § 150b des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung;
2.
die Wohnräume des Schuldners, die ihm gemäß § 149 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung unentgeltlich zu belassen sind.

(3) Der Verwalter ist berechtigt, begonnene Bauvorhaben fertig zu stellen.

(1) Die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten sind von dem Verwalter ohne weiteres Verfahren zu berichtigen. Dies gilt auch bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum für die laufenden Beträge der daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist zu erwarten, daß auch auf andere Ansprüche Zahlungen geleistet werden können, so wird nach dem Eingang der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Mitteilungen des Grundbuchamts der Verteilungstermin bestimmt. In dem Termin wird der Teilungsplan für die ganze Dauer des Verfahrens aufgestellt. Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten sowie dem Verwalter zuzustellen. Die Vorschriften des § 105 Abs. 2 Satz 2, des § 113 Abs. 1 und der §§ 114, 115, 124, 126 finden entsprechende Anwendung.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

(1) Aus den Nutzungen des Grundstücks sind die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers entstehen, vorweg zu bestreiten.

(2) Die Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche verteilt. Hierbei werden in der zweiten, dritten und vierten Rangklasse jedoch nur Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen, einschließlich der Rentenleistungen, sowie auf diejenigen Beträge berücksichtigt, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind. Abzahlungsbeträge auf eine unverzinsliche Schuld sind wie laufende wiederkehrende Leistungen zu berücksichtigen, soweit sie fünf vom Hundert des ursprünglichen Schuldbetrages nicht übersteigen.

(3) Hat der eine Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger für Instandsetzungs-, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden Vorschüsse gewährt, so sind diese zum Satz von einhalb vom Hundert über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen. Die Zinsen genießen bei der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung dasselbe Vorrecht wie die Vorschüsse selbst.

(4) Hat der Zwangsverwalter oder, wenn der Schuldner zum Verwalter bestellt ist, der Schuldner mit Zustimmung der Aufsichtsperson Düngemittel, Saatgut oder Futtermittel angeschafft, die im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsmäßigen Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt werden, so haben Ansprüche aus diesen Lieferungen den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rang. Das gleiche gilt von Krediten, die zur Bezahlung dieser Lieferungen in der für derartige Geschäfte üblichen Weise aufgenommen sind.

(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.

(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.

(1) Aus den Nutzungen des Grundstücks sind die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers entstehen, vorweg zu bestreiten.

(2) Die Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche verteilt. Hierbei werden in der zweiten, dritten und vierten Rangklasse jedoch nur Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen, einschließlich der Rentenleistungen, sowie auf diejenigen Beträge berücksichtigt, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind. Abzahlungsbeträge auf eine unverzinsliche Schuld sind wie laufende wiederkehrende Leistungen zu berücksichtigen, soweit sie fünf vom Hundert des ursprünglichen Schuldbetrages nicht übersteigen.

(3) Hat der eine Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger für Instandsetzungs-, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden Vorschüsse gewährt, so sind diese zum Satz von einhalb vom Hundert über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen. Die Zinsen genießen bei der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung dasselbe Vorrecht wie die Vorschüsse selbst.

(4) Hat der Zwangsverwalter oder, wenn der Schuldner zum Verwalter bestellt ist, der Schuldner mit Zustimmung der Aufsichtsperson Düngemittel, Saatgut oder Futtermittel angeschafft, die im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsmäßigen Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt werden, so haben Ansprüche aus diesen Lieferungen den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rang. Das gleiche gilt von Krediten, die zur Bezahlung dieser Lieferungen in der für derartige Geschäfte üblichen Weise aufgenommen sind.

(1) Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt durch Beschluß des Gerichts.

(2) Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Gläubiger befriedigt ist.

(3) Das Gericht kann die Aufhebung anordnen, wenn die Fortsetzung des Verfahrens besondere Aufwendungen erfordert und der Gläubiger den nötigen Geldbetrag nicht vorschießt.

(4) Im übrigen finden auf die Aufhebung des Verfahrens die Vorschriften der §§ 28, 29, 32, 34 entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 99/07
vom
24. Januar 2008
in dem Zwangsverwaltungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Einem Schuldner, dem gemäß § 149 Abs. 1 ZVG eine Eigentumswohnung belassen
wurde, kann von dem Vollstreckungsgericht nicht deshalb nach § 149 Abs. 2 ZVG die
Räumung aufgegeben werden, weil der Schuldner das auf sein Wohnungseigentum
entfallende laufende Wohngeld nicht bezahlt.
BGH, Beschl. v. 24. Januar 2008 - V ZB 99/07 - LG Wiesbaden
AG Idstein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. Januar 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 1. August 2007 wird zurückgewiesen. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.360,20 €.

Gründe:

I.

1
Das Grundstück L. Straße 53 in I. ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. 2004 erwarb der Schuldner das im Eingang bezeichnete Wohnungseigentum und bezog die mit dem Miteigentumsanteil an dem Grundstück verbundene Wohnung. Wohngeld bezahlte er nicht. Die Gläubigerin , die Eigentümergemeinschaft, erwirkte wegen der Wohngeldrückstände im Juli 2004 und April 2005 Vollstreckungsbescheide gegen den Schuldner über 861,20 € bzw. 1.850 € zuzüglich Zinsen und Kosten. Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht am 30. September 2005 die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums des Schuldners an und bestellte den Beteiligten zu 3 zum Zwangsverwalter. Dieser beließ die Wohnung dem Schuldner. Wohngeld zahlt der Schuldner weiterhin nicht.
2
Die Gläubigerin hat beantragt, dem Schuldner gemäß § 149 Abs. 2 ZVG aufzugeben, die Wohnung zu räumen und an den Beteiligten zu 3 herauszuge- ben. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.

II.

3
Das Beschwerdegericht verneint eine Verpflichtung des Schuldners zur Herausgabe der Wohnung. Es meint, dass der Schuldner das laufende Wohngeld nicht entrichte, führe weder zu einer Gefährdung des Grundstücks oder des Gebäudes noch der Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums im Sinne von § 149 Abs. 2 ZVG.

III.

4
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dass ein Wohnungseigentümer eine zwangsverwaltete Eigentumswohnung weiterhin nutzt, ohne Wohngeld zu bezahlen, bedeutet keine Gefährdung des Wohnungseigentums oder der Zwangsverwaltung, wegen derer das Vollstreckungsgericht dem Schuldner die Räumung der Wohnung aufgeben kann.
5
Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung eines Grundstücks wird dem Schuldner dessen Verwaltung und Benutzung entzogen, § 148 Abs. 2 ZVG. Wohnungseigentum steht einem Grundstück dabei gleich, § 864 Abs. 2 ZPO. Die Verwaltung des Wohnungseigentums im Sinne des Zwangsversteigerungsgesetzes wird durch die Anordnung der Zwangsverwaltung dem Zwangsverwalter übertragen, § 152 Abs. 1 ZVG. Grundsätzlich hat der Verwalter die Wohnung in Besitz zu nehmen.
6
Hiervon macht § 149 Abs. 1 ZVG eine Ausnahme. Der Verwalter hat den Besitz an den von dem Schuldner als Wohnung genutzten Räumen diesem zu belassen, soweit der Besitz für den Schuldner und dessen Angehörige unent- behrlich ist. Sinn der Regelung ist es, die Obdachlosigkeit des Schuldners und seiner Familienangehörigen durch die Anordnung der Zwangsverwaltung zu verhindern (vgl. Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 18. Aufl., § 149 Rdn. 1 Anm. 1.1). Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner jedoch die Räumung aufgeben, wenn er durch sein Verhalten das Grundstück oder die Zwangsverwaltung gefährdet, § 149 Abs. 2 ZVG. So verhält es sich nicht, wenn der Schuldner die Forderungen der Eigentümergemeinschaft auf das laufende Wohngeld nicht erfüllt.
7
1. a) Die aus § 16 Abs. 2 WEG folgende Verpflichtung des Schuldners gegenüber der Eigentümergemeinschaft, das auf sein Wohnungseigentum entfallende Wohngeld zu bezahlen, wird von der Anordnung der Zwangsverwaltung grundsätzlich nicht berührt (vgl. Stöber, aaO, § 152 ZVG Anm. 19.3). Soweit der Schuldner seine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Eigentümergemeinschaft nicht erfüllt, hat der Zwangsverwalter die Zahlungen zu erbringen (Stöber, aaO, § 155 ZVG Rdn. 4 Anm. 4.2; Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rdn. 13.19). Ist der Zwangsverwalter aus den Erträgen der Verwaltung hierzu nicht in der Lage, hat der Gläubiger, der die Anordnung der Zwangsverwaltung erwirkt hat, dem Zwangsverwalter die notwendigen Beträge als Vorschuss bereit zu stellen (Stöber, aaO, § 152 ZVG Rdn. 18 Anm. 18.1). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall: Nach den Jahresberichten über die Verwaltung bezahlt der Beteiligte zu 3 seit Oktober 2005 aus Vorschüssen, die ihm die Gläubigerin zur Verfügung stellt, das auf die Wohnung des Schuldners entfallende Wohngeld. Damit ist für die Feststellung kein Raum, das Ausbleiben der von dem Schuldner zu erbringenden Zahlungen gefährde das von dem Beteiligten zu 3 verwaltete Wohnungseigentum.
8
Soweit in Rechtsprechung und Literatur ausgeführt wird, die beharrliche Nichtzahlung des Wohngelds durch den Schuldner gefährde den Bestand des Grundstücks oder Gebäudes, da die Eigentümergemeinschaft ohne das auf das Wohnungseigentum des Schuldners entfallende Wohngeld die Unterhaltung und Instandhaltung von Grundstück und Gebäude auf Dauer nicht möglich sei (so AG Heilbronn Rpfleger 2004, 236 f. mit zust. Anm. Schmidberger; LG Zwickau Rpfleger 2004, 646 [LS]; AG Schwäbisch Hall NZM 2006, 600; LG Dresden NZM 2006, 665; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 149 Rdn. 7; Haarmeyer /Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 149 Rdn. 5; a.M. Drasdo, NZM 2006, 765 f.), wird nicht berücksichtigt, dass die von dem Zwangsverwalter zu erbringenden Zahlungen dazu führen, eine Gefährdung des Wohnungseigentums des Schuldners und des Grundstücks zu vermeiden.
9
Dass die Eigentümergemeinschaft als Gläubigerin die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums erwirkt hat, ändert hieran nichts. Soweit es zur Zahlung von Vorschüssen an den Zwangsverwalter der Umlage auf die Wohnungseigentümer bedarf, ist dies Folge der Finanzausrüstung und -struktur der Gemeinschaft als betreibender Gläubigerin, für die der Schuldner grundsätzlich nicht verantwortlich ist.
10
b) Der zur Begründung der abweichenden Meinung teilweise herangezogene Vergleich zu § 543 BGB geht fehl. Die Miete ist Gegenleistung für die aufgrund eines Mietvertrags von dem Vermieter dem Mieter geschuldete Gewährung des Gebrauchs. Kommt der Mieter seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, ist das Gegenleistungsverhältnis gestört. Die Störung berechtigt den Vermieter zur fristlosen Kündigung des Vertrags. Damit hat das Rechtsverhältnis zwischen dem Zwangsverwalter und dem Schuldner, dem seine Wohnung belassen wurde, nichts zu tun. Das von dem Schuldner der Eigentümergemeinschaft geschuldete Wohngeld bildet, auch wenn es von dem Zwangsverwalter gezahlt wird, nicht die Gegenleistung oder einen Teil einer Gegenleistung für die Belassung des Besitzes.
11
c) Für eine andere Beurteilung besteht auch kein Grund. Kommt ein Wohnungseigentümer seiner Verpflichtung zur Zahlung des Wohngelds nicht nach, kann die Gemeinschaft unter den Voraussetzungen von § 18 WEG von dem zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Eigentümer die Veräußerung von dessen Wohnungseigentum verlangen und so dessen Ausscheiden aus der Eigentümergemeinschaft herbeiführen (Senat, BGHZ 170, 369 ff.). Darüber hinaus ist die Forderung der Gemeinschaft auf Wohngeld in der Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums - nunmehr - gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG grundsätzlich im Rang vor den Ansprüchen aus Grundpfandrechten zu befriedigen. Die Titulierung der Wohngeldforderung eröffnet gemäß § 10 Abs. 3 ZVG der Gemeinschaft das Zwangsversteigerungsverfahren mit dem Recht zur vorrangigen Befriedigung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG.
12
2. Dass der Schuldner seiner Verpflichtung zur Zahlung des laufenden Wohngelds nicht nachkommt, verteuert die Zwangsverwaltung für den betreibenden Gläubiger, gefährdet sie jedoch nicht.
13
Ziel der Zwangsverwaltung ist es grundsätzlich, dem Gläubiger die Erträge aus der Vermietung oder Verpachtung des zwangsverwalteten Grundstücks zukommen zu lassen. Ist eine Eigentumswohnung Gegenstand der Zwangsverwaltung , scheidet eine Vermietung aus, wenn die Wohnung gemäß § 149 Abs. 1 ZVG dem Schuldner zu belassen ist. Eine dennoch erwirkte Zwangsverwaltung ist unabhängig von der Frage, ob der Schuldner seiner Verpflichtung zur Zahlung von Wohngeld gegenüber der Eigentümergemeinschaft nachkommt , nicht geeignet, zur Befriedigung des Gläubigers zu führen (Senat, Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 5/05, NJW 2005, 2460, 2462). Insoweit gibt es nichts, das der Schuldner gefährden könnte. Die abweichende Auffassung der Rechtsbeschwerde hätte zur Folge, dass einem Schuldner, der nicht nur die titulierte Forderung, sondern auch das laufende auf die von ihm genutzte Wohnung entfallende Wohngeld nicht bezahlen kann, der von § 149 Abs. 1 ZVG beabsichtigte Schutz nicht zugute käme und sich die besonders bedrängte Situation des Schuldners zum Vorteil des Gläubigers auswirkte.

IV.

14
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1, die Gerichtsgebühren zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsverwaltungsverfahren grundsätzlich nicht statt, weil sich die Beteiligten des Verfahrens nicht im Sinne von Parteien gegenüber stehen (Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB 125/05, NJW 2007, 2993 f., zur Veröffentlichung in BGHZ 170, 378 ff. bestimmt; Beschl. v. 15. März 2007, V ZB 117/06, NJW-RR 2007, 1150; Beschl. v. 29. November 2007, V ZB 179/06, Rdn. 10, zur Veröffentlichung vorgesehen ). Der Wert der Rechtsbeschwerde wird gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1, § 43 Abs. 1 GKG von dem Betrag der Forderungen bestimmt, wegen derer die Gläubigerin die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums des Schuldners erwirkt hat. Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Idstein, Entscheidung vom 05.06.2007 - 41 L 14/05 -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 01.08.2007 - 4 T 402/07 -

(1) Der Verwalter hat von den Einnahmen die Liquidität zurückzubehalten, die für Ausgaben der Verwaltung einschließlich der Verwaltervergütung und der Kosten des Verfahrens vorgehalten werden muss.

(2) Der Verwalter soll nur Verpflichtungen eingehen, die aus bereits vorhandenen Mitteln erfüllt werden können.

(3) Der Verwalter ist verpflichtet, das Zwangsverwaltungsobjekt insbesondere gegen Feuer-, Sturm-, Leitungswasserschäden und Haftpflichtgefahren, die vom Grundstück und Gebäude ausgehen, zu versichern, soweit dies durch eine ordnungsgemäße Verwaltung geboten erscheint. Er hat diese Versicherung unverzüglich abzuschließen, sofern

1.
Schuldner oder Gläubiger einen bestehenden Versicherungsschutz nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang des Anordnungsbeschlusses schriftlich nachweisen und
2.
der Gläubiger die unbedingte Kostendeckung schriftlich mitteilt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.