Amtsgericht Montabaur Urteil, 29. Aug. 2012 - 2020 Js 46355/11 12 OWi

ECLI:ECLI:DE:AGMONTA:2012:0829.2020JS46355.1112O.0A
bei uns veröffentlicht am29.08.2012

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Tenor

Der Betroffene wird wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit - nämlich Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h - zu einer Geldbuße von

70,00 €

verurteilt.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen.

Angewendete Vorschriften:

§§ 41 Abs. 2, 49 StVO; § 24 StVG; 11.3.4. BKat, § 17 OwiG

Gründe

I.

1

Die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen sind nach dessen Bekundungen durch seinen Verteidiger geordnet.

2

Verkehrsrechtlich ist er ausweislich der Auskunft aus dem Verkehrszentralregister vom 23.05.2012 wie folgt in Erscheinung getreten:

3

1. Am 08.10.2007 entfernte sich der Betroffene unerlaubt vom Unfallort. Gegen ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 150,00 € festgesetzt (Datum der Rechtskraft: 16.04.2008).

4

2. Am 04.09.2008 überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 38 km/h. Gegen ihn wurde eine Geldbuße in Höhe von 140,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt (Datum der Rechtskraft: 03.01.2009).

5

3. Am 05.02.2009 überschritt der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h. Es wurde auf eine Geldbuße von 120,00 € erkannt (Datum der Rechtskraft: 26.03.2009).

6

4. Wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz in 5 Fällen, zuletzt am 05.02.2009, wurde gegen den Betroffenen eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 85 Tagessätzen zu je 50,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot bis zum 08.09.2010 verhängt, wobei die Dauer des Fahrverbots nicht im VZR normiert wurde (Datum der Rechtskraft: 03.07.2010).

7

5. Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 05.02.2009 wurde gegen den Betroffenen auf eine Geldstrafe erkannt, wobei die Tagessatzanzahl im VZR nicht normiert wurde, die Höhe des Tagessatzes jedoch 50,00 € betrug. Darüber hinaus wurde ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats festgesetzt (Datum der Rechtskraft: 03.07.2010).

II.

8

Aufgrund der Hauptverhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:

9

Am 20.04.2011 befuhr der Betroffene gegen 16:17 Uhr in der Gemarkung Heiligenroth mit einem Pkw der Marke Daimler, amtliches Kennzeichen … die Bundesautobahn (BAB) A3 in Fahrtrichtung Köln. Die BAB A3 ist in diesem Bereich 3-spurig ausgebaut. Für den hier in Rede stehenden Streckenabschnitt ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h angeordnet. Hierzu sind zwischen der Anschlussstelle (AS) Diez und der AS Montabaur jeweils folgende Verkehrszeichen 274 gut sichtbar beidseits der Fahrbahn aufgestellt:

10

- bei Kilometer 91,000 mit Zusatz "5 km Länge"

- bei Kilometer 90,060 und

- bei Kilometer 88, 250 jeweils (beidseits) wiederholt.

11

Die Polizeibeamten … und … führten an diesem Tag im Zeitraum von 14:00 Uhr bis 19:00 Uhr bei Kilometer 88,050 - folglich nach dem dritten (beidseitig aufgestellten) Zeichen 274 - eine Geschwindigkeitskontrolle mit dem geeichten Messgerät ESO, Typ ES 3.0 der Firma ESO GmbH durch.

12

Für das von dem Betroffenen geführte Fahrzeug wurde eine Geschwindigkeit von 127 km/h ermittelt. Nach Abzug einer Toleranz von 3 % (= 3, 81 km/h) ergab dies eine gefahrene Geschwindigkeit von 123,19 km/h, gerundet 123 km/h, außerhalb geschlossener Ortschaften.

13

Bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Betroffene erkennen müssen, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem von ihm befahrenen Streckenabschnitt 100 km/h betrug, da er die geschwindigkeitsanordnenden Verkehrszeichen 274 aufgrund der oben bezeichneten Abfolge hätte wahrnehmen müssen. Er hätte daher die von ihm tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit erkennen und entsprechend der zulässigen Höchstgeschwindigkeit anpassen können.

III.

1.

14

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Messprotokoll vom 20.04.2011, den in Augenschein genommenen Tatfotos, den zur Dokumentation der Fotolinien aufgenommenen Lichtbildern, dem Eichschein vom 11.03.2011, dem Schulungsnachweis des Messbeamten …, der im Hinblick auf die Fahrereigenschaft geständigen Einlassung des Betroffenen, der uneidlichen Aussage des Zeugen … und dem in der Hauptverhandlung erstatteten technischen Gutachten des Sachverständigen … - öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle-.

15

Hinsichtlich der verkehrsrechtlich relevanten Voreintragungen des Betroffenen beruhen die getroffenen Feststellungen auf dem Auszug des Verkehrszentralregisters vom 23.05.2012.

16

Die Feststellungen hinsichtlich der Örtlichkeit und der Messung hat das Gericht dem Messprotokoll sowie den zur Dokumentation der Fotolinie angefertigten Lichtbildern entnommen. Auf das Messprotokoll und die Lichtbilder wird gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug genommen.

17

Mit Schriftsatz vom 01.11.2011 räumte der Betroffene durch seinen Verteidiger seine Fahrereigenschaft ein und wiederholte diese Erklärung durch denselben im Rahmen der Hauptverhandlung.

2.

18

Der Betroffene ließ durch sein Verteidiger sowohl im Schriftsatz vom 17.07.2012 als auch in der Hauptverhandlung am 29.08.2012 vortragen, aus dem Messprotokoll ergäbe sich nicht, ob die Neigungswasserwaage vor Beginn und am Ende der Messung eingesetzt worden sei, um eine eventuelle Neigung der Fahrbahn auf den Sensoren zu übertragen bzw. sicherzustellen, dass am Ende der Messung sich der Sensorkopf nicht abgesenkt hat.

19

Ausweislich des Messprotokolls des Zeugen … und dessen Bekundungen im Rahmen der Hauptverhandlung ist sowohl vor als auch nach der Messung die Parallelität des Sensokopfes zur Fahrbahnoberfläche mittels der sogenannten Neigungswasserwaage hergestellt und überprüft worden.

20

Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei zu dieser Problematik festzustellen, dass ein gegebenenfalls zusätzlicher Toleranzwert für den im Bild für das Fahrzeug des Betroffenen angezeigten Geschwindigkeitswert von 127 km/h über die Verkehrsfehlergrenze hinaus nicht in Ansatz zu bringen sei, so dass aus technischer Sicht zu konstatieren sei, dass im Hinblick auf die vom Betroffenen erhobenen Einwände des Einsatzes der Neigungswasserwaage kein Messfehler aus technischer Sicht begründbar sei.

21

Das Gericht schließt sich den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen an und macht sie sich zu Eigen.

3.

22

Der Betroffene ließ im Rahmen der Hauptverhandlung durch seinen Verteidiger vortragen, die Richtigkeit der Messung sei nicht erwiesen. Hierzu nahm er Bezug auf eine Veröffentlichung der Versuche der Sachverständigen … und …, "Messfehler mit Einseitensensoren ES 1.0 und ES 3.0 sind möglich", VKU (Verkehrsunfall- und Fahrzeugtechnik) Juni 2011, S. 218 ff. (Bl. 30ff. d.A.). Danach hätten sich Abtastfehler mit dem ESO-Messgerät 3.0 nachweisen lassen.

23

Vorliegend läge auch ein Abtastfehler vor. Denn bei dem von dem Betroffenen geführten PKW habe es sich um eine weichgefederte Limousine mit langem Radstand gehandelt. Der Überstand der Fahrzeugfront zur Vorderachse sei vergleichsmäßig groß und ermögliche damit deutliche Profilabweichungen im Fall einer Schwingung. Dies werde vorliegend dadurch begünstigt, dass zwar kein hoher Aufbau, jedoch Fahrräder die Gewichtsverteilung des Fahrzeuges beeinflussten und den Schwerpunkt nach oben verlagerten. Bereits eine Bremsung, ebenso wie quer zur Fahrbahn verlaufende Fugen, könnten eine derartige Fehlmessung auslösen.

24

Hierzu führte der Sachverständige für das Gericht nachvollziehbar das Folgende aus:

a.

25

Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit sei er nunmehr seit rund 30 Jahren auch im Bereich der Verkehrsüberwachung tätig. In diesem Bereich bilde er sich regelmäßig fort, mit den im hiesigen Bereich eingesetzten Geschwindigkeitsmessgeräten führe er eigene Versuche durch, halte Kontakt zu den Herstellern und auch zur PTB. Insbesondere verfüge er betreffend des hier gegenständlichen Messgerätes ES 3.0 über eine umfangreiche Versuchspraxis, die ihn in die Lage versetze, zur Frage, ob die Messung für das Fahrzeug des Betroffenen korrekt oder fehlerhaft durchgeführt worden sei, Feststellungen zu treffen.

b.

26

Grundlage für diese Prüfung sei zunächst das Messprotokoll gewesen. Danach habe die hier gegenständliche Geschwindigkeitsmessung am 20.04.2011 im Zeitraum zwischen 14:00 Uhr und 17:00 Uhr im Verkehrsraum der BAB A3 in Höhe Kilometer 88,05 stattgefunden. Bei dieser Messstelle handele es sich um eine festeingerichtete Messstelle, welche er bereits in der Vergangenheit besichtigt und auch vor Ort die Fahrbahnbreiten selbst vermessen habe. Insofern könne er feststellen, dass die in dem Messprotokoll angegebenen Spurbreiten nicht zu beanstanden seien.

27

Darüber hinaus sei das im vorliegenden Fall eingesetzte Geschwindigkeitsmessgerät mit der Gerätenummer 5030 am 03.03.2011 geeicht worden, wobei die Gültigkeit der Eichung bis 31.12.2012 reiche, mithin also zum Zeitpunkt der gegenständlichen Messung das Gerät gültig geeicht war.

28

Dem Eichschein sei auch zu entnehmen, dass das Gerät geeignet sei, die in der Zulassung festgelegten Anforderungen und Eichfehlergrenzen einzuhalten. Dies bedeute, dass in dem vorliegend gegebenen Geschwindigkeitsbereich oberhalb von 100 km/h von einer Messfehlergrenze von 3 % auszugehen sei. Unter Annahme der Fahrgeschwindigkeit von 127 km/h ausweislich des auf Blatt 1 befindlichen kopierten Bildes betrage der 3-Prozentwert 3,81 km/h mit der Konsequenz, dass die ("vorwerfbare") Geschwindigkeit rechnerisch mit 123,19 km/h anzugeben wäre. Damit sei der Zahlenwert rechnerisch in keiner Weise zu beanstanden.

29

Der Sachverständige führte weiter aus, er habe für die Frage, ob von einer korrekten oder fehlerhaften Messung auszugehen sei, sich weitergehende Erkenntnisse dahingehend verschafft, dass er den gesamten Datensatz, wie er bei der gegenständlichen Messung erstellt wurde, von der Verkehrsdirektion Koblenz angefordert und dieser Datensatz sei ihm sodann zur Verfügung gestellt worden.

30

Dieser Gesamtdatensatz der gegenständlichen Messung habe insoweit dann auch die nach der Bedienungsanleitung des Gerätes zu fertigenden Lichtbilder für die Fotolinie enthalten. Dies habe er - der Sachverständige - mit Hilfe des ihm verfügbaren Referenzauswerteprogramms feststellen können. Mit diesem Auswerteprogramm habe er darüber hinaus feststellen können, dass die sogenannte "Authentizität und Integrität" aller Falldaten uneingeschränkt gewährleistet gewesen sei. Die sei dann der Fall, wenn in dem von der PTB zugelassenen Referenzprogramm für das gegenständliche Messgerät in der linken unteren Bildecke ein geschlossenes Schlosssymbol dargestellt werde, welches er - der Sachverständige - bei allen Einzeldatensätzen der gegenständlichen Messreihe uneingeschränkt habe vorfinden können.

c.

31

Der Sachverständige führte im Hinblick auf die von dem Betroffenen genannte Veröffentlichung der Sachverständigen … und … aus, dass ihm diese Veröffentlichung bekannt sei und ihm auch die Bilder für den der dortigen Betrachtung zugrundeliegenden Pkw Mercedes und Pkw Audi zur Verfügung gestanden hätten, welche für die vorgenannten Sachverständige als "Nachweis einer Fehlmessung" interpretiert worden seien. Eine eigene Überprüfung dieser Bilder habe für ihn - den Sachverständigen - ergeben, dass die Schlussfolgerung, welche in dieser Veröffentlichung gezogen worden sei, keinesfalls nachweisen sei, zumal sich entgegen der Angaben in diesem Gutachten für ihn - den Sachverständigen - der diesbezügliche Pkw Audi gegenüber der Position des Pkw Mercedes deutlich zurückversetzt befand.

32

Im Übrigen hätten die beiden Autoren des Artikels nach Überprüfung der besagten Messung mit dem Gerät ES 1.0 auf mögliche vergleichbare Probleme des hier gegenständlichen Gerät ES 3.0 verwiesen, ohne das allerdings hierzu konkrete Erkenntnisse oder gegebenenfalls sogar Nachweise einer Fehlermessung entsprechend durchgeführter Versuche erbracht worden seien.

33

Solange ein solcher Nachweis nicht vorläge, sei es aus Sicht des Sachverständigen bei dem vorliegenden und in keiner Weise zu beanstandenden Gesamtdatensatz nicht möglich bzw. als seriös zu bezeichnen, aufbauend auf theoretische oder nicht nachgewiesene Möglichkeiten vorliegend auf eine fehlerhafte Geschwindigkeitsmessung zu schließen.

34

Diesen nachvollziehbaren Ausführungen schließt sich das Gericht ausdrücklich an und macht sie sich zu Eigen.

4 .

35

Darüber hinaus ließ der Betroffene durch seinen Verteidiger vortragen, das Messverfahren mittels des Gerätes ESO 3.0 liefere keine gerichtsverwertbaren Ergebnisse, da eine Überprüfung des Gerätes nicht möglich sei, weil der Hersteller genauere Angaben verweigere, wie die Messung erfolge. Insofern nahm der Betroffene Bezug auf das Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 14.03.2012 - Aktenzeichen 6070 Js 9747/11 1 OWi (vgl. Beck RS 2012, 15151, Bl. 87ff. d.A. und Bl. 60ff. d.A. ) und Urteil des Amtsgerichts Landstuhl vom 03.05.2012 - Aktenzeichen 4286 Js 12300/10 (vgl. Bl. 61ff. d.A.).

36

Nach der zuerst genannten Entscheidung könne der Einwand der im dortigen Verfahren tätigen Verteidigung, die die Ordnungsgemäßheit der Messung bestritten und ausgeführt habe, dass aufgrund der Tatsache, dass der Hersteller des dort eingesetzten Gerätes ESO 3.0 die genauen Angaben darüber, wie die Messung erfolgt, nicht herausgäbe, so dass eine Überprüfung der Messung nicht möglich sei, nicht widerlegt werden können.

37

Nach den weiteren Ausführungen in diesem Urteil könne lediglich überprüft werden, ob die Messkriterien befolgt worden seien sowie die Frage, ob die Bedienungsanleitung eingehalten worden sei. Wie die Messung zustande käme, sei dem von dem Amtsgericht Kaiserslautern beauftragten Sachverständigen nicht bekannt. Der dortige Sachverständige habe ausgeführt, dass er lediglich wisse, dass bei dem Gerät Helligkeitsprofile abgetastet würden. Diese würden sodann übereinander gelegt, phasenverschoben aufgezeichnet und daraus anhand eines Histogramms die Geschwindigkeit ermittelt. Wie abgetastet werde, sei jedoch nicht bekannt. Der Gutachter habe weiter ausgeführt, dass seinerseits lediglich eine reine Plausibilitätskontrolle möglich sei. Eine genaue Überprüfung der Messung, wie dies bei anderen Messgeräten, bei denen die Funktionsweise bekannt sei, der Fall ist, sei nicht möglich. Auch sei nicht bekannt, wie anhand des Histogramms die Geschwindigkeit ermittelt werde.

38

Das Amtsgericht Kaiserslautern führte weiter aus, dass angesichts der Tatsache, dass die Funktionsweise des Gerätes weder abstrakt noch konkret bekannt sei, das Gericht seine ureigene Pflicht zur Beweiswürdigung weder abstrakt noch konkret wahrnehmen könne, sondern in jedem einzelnen Fall, in dem mit dem Gerät ESO3.0 gemessen wurde, sich uneingeschränkt auf die Eichung des Gerätes verlassen müsse.

39

Das Gericht kam zu der weiteren Auffassung, dass ein etwaiger Schutz des Urheberrechts des Herstellers hinter dem gewichtigen Recht des Betroffenen bzw. seines Verteidigers auf rechtliches Gehör, welches verfassungsrechtlich durch Artikel 103 Abs. 1 GG und den Grundsatz des fairen Verfahren geschützt sei, zurückstehen müsse. Das gleiche gelte für die Pflicht des Gerichts eine eigene und vollumfängliche Beweiswürdigung in einem jeden konkreten Fall vorzunehmen bzw. vornehmen zu können.

40

Das Amtsgericht Landstuhl führt in seinen Urteilsgründen im Wesentlichen aus, die Messung mit dem Gerät ESO 3.0 sei durch den Verteidiger selbst unter Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht auf die Plausibilität hin nachzuprüfen, weil der Gerätehersteller die Einsichtnahme in die Messdaten verweigere.

41

Die Nichtherausgabe der Daten könne auch nicht mit der Rechtsprechung des BGH zum standardisierten Messverfahren begründet werden. Diese Rechtsprechung ermögliche dem Gericht lediglich einen erleichterten Begründungsaufwand bei gesicherter Tatsachengrundlage, die gegebenenfalls durch Einhaltung der Messvorschriften indiziert werde.

5.

42

Den beiden vorgenannten Entscheidungen schließt sich das Gericht ausdrücklich nicht an.

43

Nach (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m.) § 261 StPO entscheidet der Tatrichter, soweit nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, Gesetze der Logik und Erfahrungssätze entgegenstehen, nach seiner freien aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung. An gesetzliche Beweisregeln ist er nicht gebunden. Da die tatrichterliche Überzeugung vom Rechtsmittelgericht nur in eingeschränktem Maße und nur anhand der Urteilsgründe überprüft werden kann, müssen diese so gefasst sein, dass sie eine auf Rechtsfehler beschränkte Richtigkeitskontrolle möglich machen. Der Tatrichter ist dagegen weder verpflichtet in den Urteilsgründen alle beweiserhebliche in Betracht kommenden Umstände ausdrücklich anzuführen, noch hat er stets darzulegen auf welchem Wege und aufgrund welcher Tatsachen und Beweismittel er seine Überzeugung gewonnen hat. ( BGH, Beschluss vom 19.08.1993 - 4 StR 627/92, NStZ 1993, 592 - zitiert nach beck-online)

44

In welchem Umfang die Ausführungen des Urteils geboten ist, richtet sich nach der jeweiligen Beweislage, nicht zuletzt auch nach der Bedeutung, die der Beweisfrage unter Berücksichtigung des Tatvorwurfs und des Verteidigungsvorbringens für die Wahrheitsfindung hinzukommt. (vgl. BGH NStZ 1982, 342 Nr. 27, 1993, 95 - zitiert nach beck-online)

45

Nicht anderes ist anzunehmen, wenn die Überzeugung des Tatrichters auf Messergebnissen beruht, die mit anerkannten Geräten in einem weithin standartisierten und tagtäglichen praktizierten Verfahren gewonnen werden (vgl. BGH NStZ 1993, 95, zitiert nach beck-online). Zwar dürfen die Gerichte von möglichen Gerätemängeln, Bedienungsfehlern und systemimmanenten Messungsungenauigkeiten nicht die Augen verschließen. Die Anforderungen, die deshalb von Rechts wegen an Messgeräte und -methoden gestellt werden müssen, um die grundsätzliche Anerkennung ihrer Ergebnisse im gerichtlichen Verfahren rechtfertigen zu können, dürfen jedoch nicht mit den sachlichrechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Urteilsgründe gleichgesetzt werden (vgl. BGH NStZ 1993, 592 - zitiert nach beck-online).

46

Im Beschluss vom 30.10.1997 (vgl. NJW 1998, 321) führt der BGH hierzu aus: "Insoweit gilt, dass der Tatrichter nur dann gehalten ist, die Zuverlässlichkeit an Messungen, die mit einem anerkannten und weitgehend standartisierten Messverfahren gewonnen worden sind, zu überprüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler bestehen".

47

Den rechtlichen Ausführungen des BGH schließt sich das Gericht vollumfänglich an.

6.

48

Im vorliegenden Verfahren führte der Sachverständige aus, dass zu der Frage, ob es sich bei der gegenständlichen Messung um eine korrekte oder fehlerhafte Geschwindigkeitsermittlung gehandelt hat, zunächst der prinzipielle Messablauf der verwendeten Anlage bekannt sein müsse. Aus seiner Sicht liege seitens des Geräteherstellers eine durchaus hinreichende Darlegung des Messprinzips des Gerätes vor:

49

Insoweit sei nämlich für das eingesetzte Gerät bekannt, dass dieses sogenannte "Helligkeitsprofile" von den die Sensorebene durchfahrenden Fahrzeugen aufzeichnet, welche entsprechend ihrem zeitlichen Versatz und unter Einbeziehung des Sensorabstandes der drei für die Geschwindigkeitsmessung zuständigen Helligkeitssensoren nach der physikalischen Grundgesetzmäßigkeit "Geschwindigkeit = Weg : Zeit" prinzipiell drei Geschwindigkeitswerte liefern. Diese müssten in einer Toleranz von 2 % zueinander liegen, um entsprechend der "programmierten Logik" des Gerätes auf eine "zuverlässige Geschwindigkeitsermittlung" schließen zu lassen. Bei der Ankunft erster Signale an den Helligkeitssensoren werde von der Anlage ein erster Geschwindigkeitswert gebildet, welcher genutzt werde, um die Zeitdauer zu ermitteln, welche das die Messstelle durchfahrende Fahrzeug bei dieser ermittelten "Vorgeschwindigkeit" benötigt, um an die sogenannte und 3 Meter vom mittleren Sensor in Fahrtrichtung entfernte Fotolinie zu gelangen.

50

An dieser Fotolinie werde das Fahrzeug sodann fotografiert, um - falls mehrere Fahrzeuge auf einem Lichtbild ersichtlich seien - eine Zuordnung des Geschwindigkeitsmesswertes zu einem Fahrzeug zu erleichtern.

51

Bei der weiteren Durchfahrt des Fahrzeuges durch die Sensorebene erfolge dann aber auch eine weitergehende Aufzeichnung der sogenannten Helligkeitsprofile über eine maximale Wegstrecke von bis zu 5 Metern, welche dann weitgehend ausgewertet würden und unter wiederholter Einbeziehung der oben bereits genannten Toleranzen untereinander den eigentlichen und von dem Gerät zur Anzeige gebrachten Geschwindigkeitswerte liefern.

52

Dieser Vorgang wird - so der Sachverständige weiter - als sogenannte "Triggermessung" bezeichnet, in der darüber hinaus auch eine Korrelationsrechnung bezüglich der Vergleichbarkeit der einzelnen Helligkeitsprofile der drei Sensoren erfolgt.

53

Wenn die Durchfahrreihenfolge durch die Sensoren - im vorliegenden Fall von links nach rechts - zutreffe, die Vormessung nicht mehr als 10 % von der späteren, endgültigen Geschwindigkeitsermittlung abweiche und die Korrelationsrechnung ein Gütefaktor von 0,7 bzw. besser liefere, entscheide das Gerät auf eine gültige Messung und der Falldatensatz werde im Rechner gespeichert.

54

Der Sachverständige erklärte darüber hinaus, dass in den Fällen, in denen eines der vorgenannten Kriterien im Zuge der Prüfung der Korrektheit der Messung nicht erreicht werde, keine Speicherung des Datensatzes stattfände und insofern sei auch kein Foto von dem diesbezüglich gegebenenfalls auf Basis der Vormessung fotografierten Fahrzeuges vorhanden.

55

Ergänzend zu dieser Geschwindigkeitsermittlung werde mittels zwei weiterer und um 0,4 Grad "schräggestellter" Sensoren eine Abstandsmessung des die Messstelle durchfahrenden Fahrzeuges geführt.

56

Dieser ebenfalls dann von dem Gerät im späteren Bild eingeblendete und angezeigte Abstandswert könne unter Verwertung der im Messprotokoll angegebenen Fahrspurbreiten und des dortigen Eintrags bezüglich des Sensorenabstandes zum Fahrbahnrand genutzt werden, um zu prüfen, ob es sich bei dem auf dem Bild letztlich ersichtlichen Fahrzeuges dann auch um das Fahrzeug gehandelt habe, welches von dem Gerät mit dem diesbezüglichen Seitenabstand "gesehen worden war".

57

Dies bedeute, dass bei dem vorliegenden Geschwindigkeitsmessgerät aus technischer Sicht durchaus eine "Plausibilitätsprüfung" hinsichtlich des Vorliegens einer korrekten oder fehlerhaften Geschwindigkeitsmessung durchzuführen möglich ist, wie dies auch in der Vergangenheit für beispielsweise eine Radarmessung oder Lasermessung ebenso möglich gewesen sei.

58

Ob letztlich der vom Gerät angezeigte Geschwindigkeitszahlenwert völlig exakt sei, könne und kann weder bei den Radargeräten der Vergangenheit oder den Lasergeschwindigkeitsmessgeräten überprüft werden, wie dies auch bei dem gegenständlichen Messgerät letztendlich nicht möglich sei.

59

Um diesbezügliche Feststellungen treffen zu können, seien bereits für die älteren Messgeräte in der Vergangenheit umfangreich Versuche durchgeführt worden, um Erkenntnisse zu erlangen, inwieweit der von den Geräten ermittelte Geschwindigkeitswert beim Vergleich mit entsprechend zuverlässigen Referenzmessgeräten der tatsächlichen Geschwindigkeit des zu messenden Fahrzeuges entsprochen habe.

60

Solche umfangreiche Versuche - so der Sachverständige weiter - seien seitens der DEKRA auch unter seiner - des Sachverständigen - Anwesenheit mit Messgeräten des hier gegenständlichen Typs mit den seit ihrem Einsatz für amtliche Messungen gültigen Softwareversionen durchgeführt worden, wobei im Rahmen dieser Versuche aus technischer Sicht versucht worden sei, angesichts der bekannten Messsystematik an deren "Grenzen" zu gelangen, um Erkenntnisse zu erlagen, inwieweit die vom Gerät angezeigten Geschwindigkeitswerte zutreffend oder gegebenenfalls fehlerbehaftet seien.

61

Zusammenfassend könne insofern festgestellt werden, dass im Rahmen dieser Versuche ein Nachweis, das Geräte des gegenständlichen Typs Geschwindigkeitsfehlmessungen "produzieren können", nicht zu führen gewesen sei.

62

Da das gegenständliche Gerät - wie oben bereits ausgeführt - lediglich auf der Basis von "Helligkeitseindrücken" arbeite, deren Lage relativ zum Fahrzeug je nach Umgebungssituation variieren könne, seien Messungen denkbar und auch in Versuchen der DEKRA nachweisbar gewesen, bei welchem das gemessene Fahrzeug nicht unmittelbar im Bereich der Fotolinie auf dem Bild so abgebildet gewesen sei, wie dies gegebenenfalls nach den Ausführungen in der Bedienungsanleitung des Gerätes zu erwarten gewesen wäre.

63

Auch unter diesen Randbedingungen sei allerdings ein Nachweis, dass von dem Gerät eine fehlerhafte Geschwindigkeitsermittlung durchgeführt worden sei, im Rahmen der erfolgten Versuchsreihen nicht zu erbringen gewesen.

64

Der Sachverständige erklärte abschließend, dass in den Fällen wie dem vorliegenden, in denen ihm der Gesamtdatensatz zur Verfügung stehe und sich zeige, dass hinsichtlich der Fahrzeugpositionen in diesem Datensatz aus technischer Sicht unter Berücksichtigung der Gerätesystematik keine Einwendungen vorgetragen worden seien und insbesondere das Fahrzeug des Betroffenen in einer absolut für die Anlage nach der Bedienungsanleitung korrekten Position mit der Front im Bereich der Fotolinie und auch in einem Seitenabstand zum Sensor im Verkehrsraum der A3 befindlich war -wie dies mit dem Abstandswert von 10,8 Meter im Messfoto angegeben gewesen sei- zusammenfassend bedeute, dass aus sachverständiger Sicht keinerlei technische Einwände gegen die Korrektheit der vorliegenden Geschwindigkeitsmessung zu finden seien.

7.

65

Das Gericht schließt sich den vorerwähnten Ausführungen des Sachverständigen, die dieser im Rahmen der Hauptverhandlung sehr ausführlich und auch mithilfe von Bilddarstellungen eindrucksvoll und uneingeschränkt nachvollziehbar erklärte, in vollem Umfang an und macht sich diese zu Eigen. Danach ist dem Gericht die Funktionsweise des Gerätes hinreichend erläutert worden und gibt ihm unter Beachtung der PTB-Zulassung keinen nachvollziehbaren Grund für die Annahme, dass die Messung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.

66

Das Gericht sieht daher entgegen den Ausführungen im Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 14.03.2012 das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör und den Grundsatz des fairen Verfahrens nicht als verletzt an. Mithilfe der Ausführungen des Sachverständigen sieht sich das hiesige Gericht in der Lage, eine eigene Beweiswürdigung, die den Anforderungen der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entspricht, vornehmen zu können (lediglich im Ergebnis wohl ähnlich AG Saarbrücken, Aktenzeichen 22 OWi 367/11; 22 OWi 61 Js 188/11, vgl. Bl. 88 d.A.).

IV.

67

Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Betroffene wegen einer fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit - nämlich des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften gemäß § 41 StVO schuldig gemacht.

V.

68

Der Bußgeldkatalog Nr. 11 in Verbindung mit Tabelle 1 zu Nr. 11, 11.3.4 sieht für die Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 21-25 km/h eine Regelgeldbuße in Höhe von 70,00 Euro vor.

69

Nach Abwägung sämtlicher für und gegen den Betroffenen sprechenden Aspekte, insbesondere zu seinen Gunsten die mehr als 1 Jahr und 4 Monate zurückliegenden Tatzeit, hält das Gericht eine solche Geldbuße in Höhe von
70,00 Euro
für tat- und schuldangemessen.

VI.

70

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 465 Abs. 1 StPO.

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(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1 bis 5 oder 7, nach § 6e Absatz 1 Nummer 1 bis 5 oder 7 oder nach § 6g Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, 5, 7 oder 9 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2
a)
Nummer 1 Buchstabe a bis e oder g,
b)
Nummer 1 Buchstabe f, Nummer 2 oder 3 Buchstabe b,
c)
Nummer 3 Buchstabe a oder c oder
d)
Nummer 4,
jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 Buchstabe a oder c, Nummer 4, 5 oder 7 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder
2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in Nummer 1
a)
Buchstabe a,
b)
Buchstabe b,
c)
Buchstabe c oder
d)
Buchstabe d
genannten Vorschriften ermächtigen, soweit eine Rechtsverordnung nach Satz 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach Satz 1 Nummer 2 geahndet werden können.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen

1.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro,
2.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und Nummer 2 Buchstabe c mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro,
3.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro,
4.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstabe b mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro,
5.
des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro
geahndet werden.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 ist § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten anzuwenden.

(5) Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Ausrüstungen, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 10 oder eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Satz 1 bezieht, können eingezogen werden.

(1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Euro und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens eintausend Euro.

(2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.

(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.

(4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.