Amtsgericht Königswinter Urteil, 29. Apr. 2015 - 9 C 127/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 1/3 und der Kläger zu 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Wegen zu vollstreckender Kosten in Höhe von 400,00 € für den Kläger ohne Sicherheitsleistung und im Übrigen darf der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.200,00 € abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der am 03. April 1970 geborene Kläger ist seit dem Jahre 2009 bei der Beklagten privat krankenversichert. Unter anderem besteht unter der Versicherungsnummer X eine Krankheitskostenversicherung in den Tarifen MediVita 250 und MediVita Z 90 sowie eine Krankentagegeldversicherung in dem Tarif TG 680. Dem Versicherungsverhältnis lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, Teil I Musterbedingungen 2009 (MB/KK 2009), Teil II Tarifbedingungen und Teil III der Tarife MediVita 500 und 250, MediClinic und MediVita Z 90 sowie die MB/KT für den Tarif TG 680 zu Grunde.
3In § 8 b Nr. 1.1 Satz 2 der streitgegenständlichen AVB heißt es:
4„Der für den Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen maßgebliche gesetzliche Satz beträgt 10 %. Eine Anpassung kann jedoch entsprechend den Regelungen von § 8b dann erfolgen, wenn eine Abweichung von mehr als 5 % festgestellt wird.“
5Zum 01.01.2012 erhöhte die Beklagte die monatlichen Beiträge für den Kläger.
6Zum 01.01.2013 nahm die Beklagte eine weitere monatliche Beitragserhöhung in den Tarifen MediVita 250, MediVita Z 90 und TG 680 vor.
7Gegen diese letzte monatliche Beitragserhöhung wendet sich der Kläger mit der streitgegenständlichen Feststellungklage. Er behauptet, die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen für eine Prämienanpassung der vorstehenden Tarife -die Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als 10 % oder auch nur um mehr als 5 %- liege nicht vor. Er ist der Ansicht § 8 b Nr. 1.1 Satz 2 der AVB sei unwirksam, da der Versicherungsnehmer durch eine solche Klausel, welche -aus seiner Sicht- eine Anpassung nach oben bereits bei 5 % zulasse, unangemessen benachteiligt werde. Mit Nichtwissen bestreitet er, dass dem mathematischen Treuhänder alle erforderlichen Unterlagen vorlagen, dass dieser diese geprüft und Berechtigung zur Prämienerhöhung festgestellt und seine Zustimmung zur Beitragsanpassung erteilt habe.
8Der Kläger hat ursprünglich beantragt, festzustellen, dass sich die von ihm bei der Beklagten unterhaltene private Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer X, betreffend die monatlichen Prämien der Tarife MediVita 250, MediVita Z90 und TG 680, nicht mit Wirkung zum 01.01.2013 erhöht hat. Nachdem die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.03.2015 mitgeteilt hat, die Beitragsanpassung im Tarif TG 680 von 40,00 € auf 41,77 € zum 01.01.2013 zurückzunehmen, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
9Der Kläger beantragt nunmehr, sinngemäß,
10festzustellen, dass sich die von ihm bei der Beklagten unterhaltene private Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer X, betreffend die monatlichen Prämien der Tarife MediVita 250 und MediVita Z 90 nicht mit Wirkung zum 01.01.2013 erhöht hat.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie behauptet, der Tarif TG 680 hab für den Kläger von 40,00 € auf 41,77 € angehoben werden dürfen. Der Tarif MediVita 250 von 299,14 € auf 313,14 € und der Tarif MediVita Z 90 von 48,02 € auf 62,25 €. Bei dem Tarif MediVita 250 habe es eine Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Leistungen um 8,89 % gegeben, bei dem Tarif MediVita Z 90 habe diese bei 16,13 % und bei dem Tarif TG 680 bei 9,47 % gelegen. Deshalb sei sie ihrer Ansicht nach zur Beitragsanpassung berechtigt gewesen. Unter Vorlage der an den Treuhänder gerichteten Anschreiben und dessen Zustimmungserklärung behauptet sie weiter, diesem hätten alle erforderlichen Unterlagen vorgelegen und dieser habe diese geprüft sowie zugestimmt. Wegen der Einzelheiten der Anschreiben und der Zustimmungserklärung wird auf die Anlagen C 6 und C 7 (Bl. 112 ff. d. A.) Bezug genommen.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 23.01.2014 (Bl. 144 f. d. A.) und vom 08.07.2014 (Bl. 211 f. d. A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen S. vom 10.04.2014 sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 01.10.2014 Bezug genommen. Des Weiteren hat das Gericht gemäß Beweisbeschluss vom 10.11.2014 (Bl. 257 d. A.) Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen S.. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2015 (Bl. 267 ff. d. A.) Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die zulässige Klage ist unbegründet.
18Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass sich seine private Krankenversicherung in den Tarifen MediVita 250 und MediVita Z 90 nicht mit Wirkung zum 01.01.2013 erhöht hat, da die Beklagte zur Beitragsanpassung in diesen Tarifen berechtigt war.
19Die Beitragserhöhungen zum 01.01.2013 waren wirksam. Der Beklagten stand gemäß § 203 Abs. 2 VVG, § 12 b Abs. 2 VAG i. V. m. § 8 b Absatz 1 der MB/KK 2009 ein Recht zur Beitragserhöhung zu. Es kann dahinstehen, ob § 8 b Nr. 1.1 Satz 2 der AVB wirksam ist, da die Beklagte auch unter den gesetzlichen Voraussetzungen und denen von § 8 b Absatz 1 der MB/KK 2009 zur Beitragserhöhung berechtigt war.
20Gemäß § 203 Abs. 2 VVG ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat.
21Erforderlich ist, dass sich die Rechnungsgrundlage der Versicherungsleistungen verändert und die Veränderung einen bestimmten Schwellenwert, den sogenannten „auslösenden Faktor“ überschreitet. Dieser beträgt gemäß § 12 b Abs. 2 VAG 10 %, sofern nicht in den AVB ein geringerer Vomhundertsatz vorgesehen ist. Der auslösende Faktor ergibt sich gemäß § 12 b Abs. 2 VAG des Weiteren aus einem Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen.
22Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts i. S. d. § 286 ZPO fest, dass der auslösende Faktor gemäß § 12 b Abs. 2 VAG von 10 % bei den Tarifen MediVita 250 und MediVita Z 90 erreicht und überschritten wurde. Ebenso ist das Gericht davon überzeugt, dass sämtliche Berechnungen und Berechnungsgrundlagen versicherungsmathematisch korrekt ermittelt und festgelegt worden sind sowie, dass keine Widersprüche zur KalV gegeben sind und dass die Prämien den technischen Berechnungsgrundlagen entsprechen und aus versicherungsmathematischer Sicht und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften nicht zu beanstanden sind. Das Gericht stützt sich dabei maßgeblich auf die Feststellungen des Sachverständigen S.. Dieser hat sowohl die Anpassungsvoraussetzungen als auch den Umfang der Prämienerhöhung überprüft. Hierbei hat er festgestellt, dass der von § 12 b Abs. 2 VAG auslösende Faktor von 10 % bei dem Tarif MediVita 250 (Männer) überschritten worden sei, da der auslösende Faktor hier 1,167, also 16,7 % betrage. Hinsichtlich des Tarifs MediVita Z 90 (Männer) liege der auslösende Faktor bei 1,1613, also 16,13 %, sodass ebenfalls eine Überschreitung der gesetzlichen Vorgaben des § 12 b Abs. 2 VAG gegeben sei. Des Weiteren hat der Sachverständige festgestellt, dass die Berechnung der auslösenden Faktoren den gesetzlichen Vorgaben entsprach. Er hat weiter ausgeführt, dass die künftig erforderlichen Versicherungsleistungen von der Beklagten zutreffend und vollständig sowie nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik ermittelt worden seien. Die Herleitung der neuen Prämien für das Neugeschäft in den beiden vorgenannten Tarifen sei nach den gesetzlich vorgeschriebenen Prinzipien erfolgt und Verstöße gegen die versicherungsmathematischen Grundsätze lägen nicht vor. Des Weiteren hat der Sachverständige ausgeführt, dass die ab dem Anpassungszeitpunkt geforderten Prämien den Technischen Berechnungsgrundlagen entsprechen würden und nicht zu beanstanden seien. Schließlich hat der Sachverständige S. festgestellt, dass bei der Umsetzung der Prämienanpassung die gesetzlichen und vertraglichen Bedingungen gemäß § 203 Abs. 5 VVG und des § 8b Nr. 3 AVB eingehalten wurden. Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen schließt sich das Gericht an und macht sich diese vollumfänglich zu Eigen. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass allein aus der Betrachtung der absoluten Werte der Versicherungsleistungen keine Rückschlüsse auf eine ausreichende oder nicht ausreichende Kalkulation gezogen werden können. Vielmehr seien hierfür die Quotienten aus tatsächlichen Versicherungsleistungen und kalkulierten Versicherungsleistungen heran zu ziehen. Die Anpassung der Schadensprofile hat der Sachverständige bei dem Tarif MediVita 250 unter Darstellung der konkreten Zahlenwerte als marginale Veränderung qualifiziert, sodass auch keine Anpassung vorliege, deren Erfordernis bei früheren Kalkulationen nicht ersichtlich war. Das gleiche gelte für den Tarif MediVita Z 90. Hinsichtlich dieses Tarifs hat der Sachverständige seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung noch ergänzt und dahingehend präzisiert, dass eine marginale Anpassung ab der dritten Stelle hinter dem Komma, sowie in jedem Fall unter 1 % vorgelegen habe. Des Weiteren hat der Sachverständige S. nachvollziehbar festgestellt, dass bei den streitgegenständlichen Tarifen MediVita 250 und MediVita Z 90 auch keine unzureichenden Erst- oder Vorkalkulation vorlagen, deren etwaig hierauf entfallender Anteil gemäß § 12 b Abs. 2 S. 4 VAG nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers finanziert werden dürfe. Vielmehr ließen die Vergleichswerte (S. 16/17 des Gutachtens vom 10.04.2014), zwingend den Schluss dass die die vorhergehenden Kalkulationen nicht unzureichend waren, da bei beiden Tarifen die tatsächlichen Versicherungsleistungen deutlich unter den rechnungsmäßigen Versicherungsleistungen lagen. Der Sachverständige konnte seine Ausführungen jeweils an Hand konkreter, auf den hiesigen Fall bezogener Beispiele illustrativ erläutern und mit seiner Sachkunde überzeugen konnte. Soweit klägerseits beanstandet wird, dass der Sachverständige hinsichtlich des Tarifs MediVita Z 90 die zur rund 70 %-igen Erhöhung des Tarifs führenden Faktoren nicht habe benennen können, hat der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass sich diese Faktoren in der Regel nicht aus den Geschäftsberichten, die ihm oder auch dem Treuhänder zur Verfügung gestellt würden ergeben. So könne weder er noch ein Treuhänder etwa die Angabe der tatsächlichen Versicherungsleistungen überprüfen. Es gebe aber auch insoweit keinen Anhalt von einer getürkten Zahl auszugehen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Überprüfung der Richtigkeit etwa der Angabe der tatsächlichen Versicherungsleistung nicht erforderlich. Etwaige Belege zu diesen Werten oder Nachweise sind weder dem Treuhänder noch dem Sachverständigen zur Verfügung zu stellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier Anhaltspunkte für eine Manipulation dieser Zahlen weder dargetan noch ersichtlich sind. So folgt dies aus der Funktion des in § 203 Abs. 2 VVG vorgesehenen Treuhänders. Diese ist es versicherungsmathematisch nachzuvollziehen und zu kontrollieren, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe die Prämienerhöhung berechtigt war. Hierzu benötigt er das versicherungstechnische Rechenwerk (Berechnungsgrundlagen ect.) und das statistische Material (z.B. Angaben zu der Anzahl der versicherten Personen etc.), auf denen die Berechnungsgrundlagen beruhen, nicht aber Belege für die Richtigkeit des statistischen Materials. Aufgabe des Treuhänders ist es grundsätzlich, zu überprüfen, ob das Rechenwerk versicherungsmathematisch korrekt ist, nicht aber die Kontrolle der statistischen Materialien, auf denen das versicherungstechnische Rechenwerk fußt. Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 16.06.2004, Az. IVZR 117/02 ausgeführt hat, aus den dem Treuhänder vorzulegenden Unterlagen müssten sich die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung für den Sachverständigen nachvollziehbar und „in tatsächlicher Hinsicht belegt“ ergeben, ist dies im vorgenannten Sinne zu verstehen. Nämlich -orientiert an der Aufgabe und Funktion des Treuhänders-, „tatsächlich belegt“ insoweit, dass sich aus den Unterlagen ergeben muss, dass das Rechenwerk versicherungsmathematisch korrekt ist. Dies ergibt sich auch aus dem Gesamtkontext der vorzitierten Entscheidung. So heißt es dort auszugsweise:
23„Maßstab für die gerichtliche Prüfung ist demgemäß, ob die Prämienanpassung nach aktuariellen Grundsätzen als mit den bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehend anzusehen ist. Die danach vorzunehmende Kontrolle der Prämienerhöhung hat sich auf der Grundlage der dem Treuhänder vom Versicherer vorgelegten Unterlagen zunächst darauf zu erstrecken, ob die Anpassungsvoraussetzungen gegeben sind. (…) Aus diesen Unterlagen müssen sich die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung für den Sachverständigen nachvollziehbar und in tatsächlicher Hinsicht belegt ergeben. (…) Der Versicherer kann dem grundsätzlich nicht dadurch entgehen, dass er im Prozess weiterer oder neue Unterlagen beibringt oder mit einer anderen Berechnungsmethode belegt, dass die Erhöhung im Ergebnis doch berechtigt ist.“
24(BGH a.a.O.)
25Die dem Sachverständigen S. vorliegenden Unterlagen haben auch dem Treuhänder R. vorgelegen. Der Kläger hat die Vorlage der Unterlagen gegenüber dem Treuhänder mit Nichtwissen bestritten. Die Beklagtenseite hat hierauf die Anschreiben an den Treuhänder vom 27.09.2012 und 19.10.2012 vorgelegt. Aus diesen ergibt sich, dass dem Treuhänder die Unterlagen als Anlagen zu den Anschreiben übermittelt wurden. Dem ist die Klägerseite nicht weiter entgegengetreten (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO). Ebenso ergibt sich aus der Zustimmungserklärung des Treuhänders R. vom 14.11.2012, dass dieser die ihm vorgelegten Unterlagen geprüft und sodann seine Zustimmung erteilt hat. Auch diesem substanziierten Vortrag der Beklagtenseite ist die Klägerseite nicht weiter entgegen getreten. Darüber hinaus kann durch die hiesige sachverständige und gerichtliche Überprüfung eine etwaig materiell unzureichende oder fehlende Treuhänderzustimmung ersetzt werden, soweit -wie hier- dem formellen Erfordernis der Vorlage der Unterlagen an den Treuhänder genüge getan ist (vgl. auch LG Dortmund, Az. 2 O 276/10, juris).
26Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des nicht erledigten Teils aus § 91 Abs. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Beitragsanpassung des Tarifs TG 680 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beruht sie auf § 91 a Abs. 1 ZPO. Einer Begründung bedarf es diesbezüglich nicht, da die Kostenentscheidung insoweit auf der Kostenübernahmeerklärung der Beklagten beruht.
27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.
28Streitwert: bis zum 01.04.2015 1.260,00 €
29danach: 840,00 €
30Rechtsbehelfsbelehrung:
31Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
32a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
33b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
34Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, , 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
35Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen.
36Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
37Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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(1) Bei einer Krankenversicherung, bei der die Prämie nach Art der Lebensversicherung berechnet wird, kann der Versicherer nur die entsprechend den technischen Berechnungsgrundlagen nach den §§ 146, 149, 150 in Verbindung mit § 160 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu berechnende Prämie verlangen. Außer bei Verträgen im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer mit Rücksicht auf ein erhöhtes Risiko einen angemessenen Risikozuschlag oder einen Leistungsausschluss vereinbaren. Im Basistarif ist eine Risikoprüfung nur zulässig, soweit sie für Zwecke des Risikoausgleichs nach § 154 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder für spätere Tarifwechsel erforderlich ist.
(2) Ist bei einer Krankenversicherung das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Dabei dürfen auch ein betragsmäßig festgelegter Selbstbehalt angepasst und ein vereinbarter Risikozuschlag entsprechend geändert werden, soweit dies vereinbart ist. Maßgebliche Rechnungsgrundlagen im Sinn der Sätze 1 und 2 sind die Versicherungsleistungen und die Sterbewahrscheinlichkeiten. Für die Änderung der Prämien, Prämienzuschläge und Selbstbehalte sowie ihre Überprüfung und Zustimmung durch den Treuhänder gilt § 155 in Verbindung mit einer auf Grund des § 160 des Versicherungsaufsichtsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung.
(3) Ist bei einer Krankenversicherung im Sinn des Absatzes 1 Satz 1 das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens berechtigt, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen den veränderten Verhältnissen anzupassen, wenn die Änderungen zur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer erforderlich erscheinen und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderungen überprüft und ihre Angemessenheit bestätigt hat.
(4) Ist eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt worden, ist § 164 anzuwenden.
(5) Die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach den Absätzen 2 und 3 werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Bei einer Krankenversicherung, bei der die Prämie nach Art der Lebensversicherung berechnet wird, kann der Versicherer nur die entsprechend den technischen Berechnungsgrundlagen nach den §§ 146, 149, 150 in Verbindung mit § 160 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu berechnende Prämie verlangen. Außer bei Verträgen im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer mit Rücksicht auf ein erhöhtes Risiko einen angemessenen Risikozuschlag oder einen Leistungsausschluss vereinbaren. Im Basistarif ist eine Risikoprüfung nur zulässig, soweit sie für Zwecke des Risikoausgleichs nach § 154 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder für spätere Tarifwechsel erforderlich ist.
(2) Ist bei einer Krankenversicherung das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Dabei dürfen auch ein betragsmäßig festgelegter Selbstbehalt angepasst und ein vereinbarter Risikozuschlag entsprechend geändert werden, soweit dies vereinbart ist. Maßgebliche Rechnungsgrundlagen im Sinn der Sätze 1 und 2 sind die Versicherungsleistungen und die Sterbewahrscheinlichkeiten. Für die Änderung der Prämien, Prämienzuschläge und Selbstbehalte sowie ihre Überprüfung und Zustimmung durch den Treuhänder gilt § 155 in Verbindung mit einer auf Grund des § 160 des Versicherungsaufsichtsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung.
(3) Ist bei einer Krankenversicherung im Sinn des Absatzes 1 Satz 1 das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens berechtigt, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen den veränderten Verhältnissen anzupassen, wenn die Änderungen zur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer erforderlich erscheinen und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderungen überprüft und ihre Angemessenheit bestätigt hat.
(4) Ist eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt worden, ist § 164 anzuwenden.
(5) Die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach den Absätzen 2 und 3 werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Tenor
Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 2.408,14 € (in Worten: zweitausendvierhundertacht 14/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 1/5 der Kläger und 4/5 die Beklagte mit Ausnahme der Beweisaufnahmekosten, die der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen haben.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger unterhielt seit dem 01.01.2001 eine Anwartschaftsversicherung zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten gemäß Bestätigung der Beklagten vom 18.03.2002. Nach Kündigung der Pflegeversicherung durch den Kläger verblieb die Anwartschaftsversicherung zur Krankheitskostenversicherung nach Tarif 2810, mit dem die ambulante, die stationäre und die zahnärztliche Behandlung im Rahmen der Ärzte-Gruppenversicherung versichert ist. Da der Kläger im Sommer 2002 die Aktivierung der Anwartschaftsversicherung wünschte, übersandte die Beklagte ihm den Versicherungsschein vom 06.08.2002, der eine Monatsprämie von 268,29 €, nämlich Tarifprämie von 243,90 € zuzüglich 10 % Beitragszuschlag nach § 12 Abs. 4 a VAG auswies. Dem Vertrag liegen die AVB für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung zugrunde, deren Teil 1 den Musterbedingungen (MB/KK 94) entspricht und deren Teil 2 und 3 die Tarifbedingungen bzw. Tarifbedingungen für den Tarif 2810 enthält. Gemäß Versicherungsschein vom 11.11.2002 erhöhte die Beklagte die Tarifprämie in Höhe von 273,61 € zuzüglich 10 % Beitragszuschlag (27,36 €) auf insgesamt 300,97 € zum 01.01.2003. Hierzu erstellte die Beklagte ein Anschreiben vom 11.11.2002 an den Kläger, das Ausführungen zum Grund der Erhöhung enthält. Der Kläger lehnte die Beitragserhöhung schriftlich ab und leistete in der Folgezeit den im Versicherungsschein vom 06.08.2002 genannten Beitrag. Die Beklagte erhöhte den Beitrag zum 01.01.2004 auf 319,33 €, zum 01.01.2006 auf 327,82 € und zum 01.01.2007 auf 333,55 €. Ab dem 01.01.2004 leistete der Kläger einen Monatsbeitrag von 284,66 €, ab dem 01.01.2006 von 287,99 € und ab dem 01.01.2007 von 297,33 €.
3Mit Schreiben vom 12.11.2007 erhöhte die Beklagte den Beitrag auf 338,39 € ab dem 01.01.2008. Der Kläger zahlte weiterhin einen Monatsbeitrag von 297,33 €. Mit Schreiben vom 15.11.2008 teilte die Beklagte mit, dass zum 01.01.2009 der Beitrag auf 365,63 € erhöht werde. Mit Schreiben vom 14.11.2009 erhöhte die Beklagte den Beitrag auf 402,23 € ab dem 01.01.2010. Der Kläger leistete weiterhin monatlich 297,33 €. Gegenstand der Widerklage sind zunächst die Beitragsdifferenzen in der Zeit vom 01.01.2008 bis einschließlich 30.11.2010 gewesen. Hinsichtlich des Erhöhungsbetrages zum 01.01.2008 von 4,84 € monatlich, insgesamt 58,08 € für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12.2008, hat die Beklagte die Widerklage nach Beweisaufnahme zurückgenommen.
4Mit Schreiben vom 24.05.2010 stellte die Beklagte das Ruhen der Leistung fest. Die hiergegen gerichtete Feststellungsklage des Klägers hat die Beklagte anerkannt, so dass Anerkenntnis-Teil-Urteil vom 01.02.2012 dahingehend ergangen ist, dass der zwischen den Parteien geschlossene Krankenkostenversicherungsvertrag aktiv bei der Beklagten zu führen ist und nicht wirksam ruhend gestellt wurde.
5Zur Widerklage meint die Beklagte, sie sei berechtigt, die in den Versicherungsscheinen zum 1.1.2008, 1.1.2009 und 1.1.2010 ausgewiesenen Beiträge zu fordern, da die - von ihr im einzelnen spezifiziert geschilderten- Voraussetzungen einer Beitragsanpassung jeweils gegeben seien. Bei Ausstellung des Versicherungsscheines vom 06.08.2002 sei die spätere Beitragserhöhung noch nicht bekannt gewesen, da zu diesem Zeitpunkt das Überprüfungs- und Zustimmungsverfahren durch den unabhängigen Treuhänder noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Das Zustimmungsverfahren sei erst Anfang November 2002 beendet worden, so dass die neuen Tarifprämien erst ab November 2002 bekannt gegeben werden konnten.
6Die Beklagte beantragt widerklagend nunmehr,
7den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 2.408,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Zustellung der Widerklageschrift vom 10.11.2010 zu zahlen.
8Der Kläger beantragt,
9die Widerklage abzuweisen.
10Der Kläger meint, mangels Nachweises der Berechtigung der vorgenommenen Beitragserhöhungen habe die Beklagte keinerlei rechtswirksame Erhöhungen vorgenommen. Auch gehe die Beklagte stets von dem unzutreffend erhöhten Versicherungsbeitrag aus, der in der Prämie vom 11.11.2002 festgelegt worden sei. Es seien daher sämtliche Prämienerhöhungen unwirksam.
11Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
12Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen T. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Gutachten vom 24.01.2013 nebst Ergänzung vom 02.04.2013 verwiesen.
13Entscheidungsgründe:
14Die zulässige Widerklage ist begründet.
15I.
16Für das Jahr 2008 steht der Beklagten unter Berücksichtigung der teilweisen Rücknahme der Widerklage ein Anspruch auf Leistung von 434,64 € Beitragsrückstand gegen den Kläger zu. Die Beklagte war aufgrund der §§ 178 g Abs. 2 VVG, 8 b MB/KK 1994 berechtigt, auch vor dem materiellen Versicherungsbeginn die Prämie zu erhöhen. Sie war gegenüber dem Kläger nicht an die mit Versicherungsschein vom 06.08.2002 mitgeteilte Prämienhöhe gebunden. Denn auch für diese Fallkonstellation ist der hier gemäß Art. 1 Abs. 1 EGVVG anzuwendende § 178 g VVG a. F. einschlägig, der § 203 VVG insoweit entspricht. Entscheidend für das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses im Sinne von § 178 g VVG a.F. ist der formelle Vertragsbeginn, der hier bereits am oder kurz nach dem 06.08.2002 mit Abschluss des Versicherungsvertrags durch Zugang des Versicherungsscheins beim Kläger erfolgte. Dies folgt aus Sinn und Zweck des § 178 g VVG a.F.. Denn bereits mit formellem Vertragsbeginn ist die Beklagte an den Vertrag gebunden; sie kann ihn jedenfalls nicht mehr ordentlich kündigen. Die unter bestimmten Voraussetzungen zulässige einseitige Erhöhung des Beitrags durch die Beklagte ist daher auch schon zu diesem Zeitpunkt berechtigt. Es ist weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger bei Vertragsschlusss der Fortbestand einer bestimmten Prämie zugesichert worden sei. Soweit er selbst eine entsprechende Erwartung gehegt haben mag, stimmt diese nicht mit den vertraglichen Bestimmungen überein. Auch aus § 8 b Teil I Abs. 1 AVB ergibt sich, dass der Versicherer zumindest jährlich die für jeden Tarif erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen vergleicht. Schließlich würden, wenn auf den materiellen Versicherungsbeginn für die Zulässigkeit von Beitragserhöhungen abgestellt würde, diejenigen benachteiligt, die erst im November oder Dezember des Versicherungsjahres für das nächste Jahr den Vertrag schließen sowie auch diejenigen, die schon länger versichert sind. Hierfür besteht aber kein rechtfertigender Grund. Maßgeblicher Zeitpunkt, ab dem eine Beitragsanpassung in der privaten Krankheitskostenversicherung möglich ist, ist mithin der formelle Vertragsbeginn, d.h. der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
17II.
18Die Beitragserhöhungen zum 01.01.2009 und zum 01.01.2010 waren wirksam. Die Beklagte kann daher vom Kläger die Differenzbeträge zu den tatsächlich gezahlten Beiträgen in Höhe von 819,60 € im Jahre 2009 und 1.153,90 € im Jahre 2010 aus dem Versicherungsvertrag beanspruchen. Gemäß § 203 Abs. 2 VVG ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Erforderlich ist zunächst, dass sich die Rechnungsgrundlage der Versicherungsleistungen verändert und die Veränderung einen bestimmten Schwellenwert, den sogenannten auslösenden Faktor, überschreitet. Dieser beträgt gemäß § 12 b Abs. 2 S. 2 VAG 10 %, sofern nicht, wie vorliegend, in den AVB ein geringerer Vomhundertsatz vorgesehen ist. Nach § 8 b Abs. 1 der AVB kann eine Anpassung bereits dann vorgenommen werden, wenn eine Abweichung von mehr als 5 % festzustellen ist. Ein Wahlrecht des Versicherers unterhalb des Höchstschwellenwerts von 10 % ist zulässig (Looschelders-Reinhard, VVG, 2.Aufl. § 203 VVG Rn. 12). Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers nach § 307 BGB ist durch eine frühere, aber geringere Prämienerhöhung nicht gegeben.
19Der auslösende Faktor ergibt sich aus einem Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen. Dieser Vergleich ist nach § 14 Abs. 1 KalV für jede Beobachtungseinheit eines Tarifs getrennt durchzuführen, da der Versicherer nach § 10 Abs. 1 S. 2 KalV mit der Beobachtungseinheit eines Tarifs getrennt zu kalkulieren hat (OLG Köln, Urteil vom 20.07.2012, 20 U 149/11 r + s 2012, 605). Maßgebliche Beobachtungseinheit ist hier Männer im Tarif 2810. Unter Tarif ist das nach Grund und Höhe einheitliche Leistungsversprechen zu verstehen; Beobachtungseinheit innerhalb eines Tarifs ist die unterste selbständige Kalkulationsebene, die durch gemeinsame kollektive Risikomerkmale definiert wird (vgl. OLG Köln a. a. O. m. w. N.). Männer und Frauen sind als eigenständige Beobachtungseinheiten anzusehen (BGH NJW 2004, 2679, 2681). Der Tarif ist insoweit gleichzusetzen mit der Beobachtungseinheit, die im wesentlich durch ihre gemeinsamen kollektiven Risikomerkmale bestimmt wird.
201.
21Nach den Feststellungen des Sachverständigen lag im Tarif 2810 im Bereich Männer die tatsächliche Abweichung um 9,05 % nach unten im für die Anpassung zum 1.1.2008 maßgeblichen Zeitraum. Der auslösende Faktor war mithin erreicht, berechtigte die Beklagte aber nicht zur Prämienerhöhung. Denn der Versicherer kann nur bei einem positiv auslösenden Faktor, d.h. z. B. bei die kalkulierten Versicherungsleistungen überschreitende Versicherungsleistungen zur Prämienerhöhung berechtigt sein. Bei einem negativ auslösenden Faktor ist er hingegen nur zu einer Beitragsreduzierung berechtigt. Ein anderes Gesetzesverständnis widerspräche dessen Sinn und Zweck. Denn nach § 203 Abs. 2 VVG ist eine Beitragserhöhung ausgeschlossen, wenn der auslösende Faktor nicht anspricht, d.h. den kalkulierten Versicherungsleistungen entsprechende bzw. innerhalb einer Abweichung von 5 % bzw. 10 % sich bewegende Versicherungsleistungen erforderlich waren. Wenn bei dieser Konstellation Beitragserhöhungen ausgeschlossen sind, dann können erst recht erheblich niedrigere Versicherungsleistungen als kalkuliert nicht zur Beitragserhöhung gem. § 203 Abs. 2 VVG berechtigen. Diese könnten lediglich den Versicherer zur Prüfung einer Reduktion des Beitrags verpflichten (vgl. OLG Köln aaO.; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Marko, VVG, 2.Aufl. § 203 Rn.7).
222.
23Die Unwirksamkeit der vorangehenden Beitragsanpassung zum 01.01.2008 führt in den Folgejahren nicht dazu, dass die dafür errechneten auslösenden Faktoren nicht korrekt sind, denn die in diese eingehenden rechnungsmäßigen Leistungen sind auch bei unwirksamer Beitragsanpassung zum 01.01.2008 keine anderen als die von der Beklagten bei angenommener Wirksamkeit der Beitragsanpassung berechneten Leistungen. So beträgt der auslösende Faktor für Männer für das Kalenderjahr 2007 12,73 % nach oben, d.h. die tatsächlichen Versicherungsleistungen überstiegen um diesen Prozentsatz die kalkulierten Versicherungsleistungen. Die Ermittlung des auslösenden Faktors erfolgte nach der Überprüfung durch den Sachverständigen entsprechend den Vorschriften des VAG und des § 14 Kalkulationsverordnung. Danach waren die Vorgaben für eine Prämienanpassung zum 01.01.2009 erfüllt.
24Im Folgejahr betrugen die Abweichungen sogar 14,78 %, d. h. die erforderlichen Leistungen wichen um 14,78 % nach oben von den kalkulierten Leistungen ab.
25Da die Abweichungen in beiden Jahren nach den Ausführungen des Sachverständigen auch nicht nur als vorübergehend anzusehen waren, waren jeweils die Voraussetzungen zur Beitragsanpassung erfüllt.
263.
27Der Sachverständige hat festgestellt, dass der nach Beitragsanpassung zum 01.01.2009 zu zahlende monatliche Beitrag des Tarifs 2810 rechnerisch korrekt und entsprechend den Festlegungen in den Berechnungsgrundlagen unter voller Anrechnung der Altersrückstellung ermittelt ist. Der Sachverständige konnte bei den Berechnungsgrundlagen keine Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen, jedenfalls keine zu Ungunsten des Klägers, feststellen. Hinsichtlich der Frage der Treuhänderzustimmung ist allerdings problematisch, dass die Treuhänderzustimmung von einer wirksamen Anpassung zum 01.01.2008 ausging. Da nach den Feststellungen des Sachverständigen die dem Treuhänder vorliegenden Unterlagen genügten, um tatsächlich die Berechtigung zur Prämienerhöhung auch ohne die unwirksame Anpassung zum 01.01.2008 zu genehmigen, ist davon auszugehen, dass der Treuhänder diese ebenfalls genehmigt hätte. Die Unterlagen lagen ihm nämlich bereits zuvor, nämlich im vorangegangenen Überprüfungszeitraum vor. Im Übrigen hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die Beitragserhöhung zum 1.1.2009 in einem Schritt ausgehend vom Stand 1.1.2007, ohne die unwirksame Erhöhung zum 1.1.2008, als versicherungsmathematisch korrekt anzusehen sei. Durch die sachverständige und gerichtliche Überprüfung kann mithin die materiell unzureichende Treuhänderzustimmung ersetzt werden, soweit dem formellen Erfordernis, wie hier, Genüge getan ist.
284.
29Auch die Beitragsanpassung zum 1.1.2010 ist wirksam erfolgt. Der Sachverständige hat die Ermittlung der rechnungsmäßigen Kopfschäden im Tarif 2810 durch die Beklagte überprüft und festgestellt, dass diese versicherungsmathematisch sachgemäß erfolgt ist und nicht im Widerspruch zur KalV steht. Gleiches gilt für die weiteren in § 2 Abs. 1 KalV genannten Rechnungsgrundlagen, die gemäß der Überprüfung durch den Sachverständigen korrekt ermittelt und festgelegt worden sind. Einwände gegen die Feststellungen des Sachverständigen hat der Kläger nicht erhoben.
305.
31Waren die Prämienerhöhungen nicht zu beanstanden, so waren sie auch wirksam. Der Beklagten stand demnach gegen den Kläger ein Anspruch auf Leistung des erhöhten Beitrages nach § 8 Abs. 3 (MB/KK94) zum Monatsersten des jeweiligen Beitragszeitraums zu. Ob dem Kläger bis zur Namhaftmachung des Treuhänders und der Übersendung der Zustimmungsunterlagen ggf. ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zustand, braucht hier nicht entschieden zu werden, da dieses an der Wirksamkeit der Forderung nichts ändert (vgl. OLG Stuttgart NJOZ 2007, 3193; Palandt/Heinrichs, BGB, 72. Aufl., § 273 Rdn. 20).
32Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Abs.1 BGB.
33Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.