Amtsgericht Königswinter Urteil, 25. Apr. 2014 - 12 C 65/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).
1
Entscheidungsgründe
2Die zulässige Klage ist unbegründet.
3Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Königswinter international gem. Art. 15 Abs. 1 lit c), 16 Abs. 1 EuGVVO und örtlich gem. § 29 ZPO für die Klage eines in dessen Gerichtsbezirk wohnhaften Verbrauchers aus einer an diesen gesandten Gewinnzusage zuständig (vgl. hierzu ausführlich AG Mannheim, Urteil vom 30.08.2013, Az. 9 C 119/13, unveröffentlicht aber parteibekannt; ebenso Palandt/Sprau, 73. Aufl., § 661a BGB, Rn. 1; zum alten Recht BGH NJW 2006, 230).
4Die Klage ist unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, denn selbst wenn man davon ausgeht, mit der E-Mail vom 07.06.2013, Bl. 7 d.A. sei eine schuldrechtliche Sonderverbindung entstanden, vermöge derer der Kläger von der Beklagten hätte die Gutschrift von 500€ fordern können, wäre diese nach Anfechtung durch die Beklagte gem. § 142 Abs. 1 BGB als nichtig anzusehen.
5Die Mitteilung, der Kläger habe 500 € gewonnen, stellt ein anfechtbares Rechtsgeschäft im Sinne des § 142 Abs. 1 BGB dar (Laukemann in jurisPK Stand 01.10.2012 § 661a, Rn. 35; Lorenz NJW 2000, 3305, 3307).
6§§ 119, 120 BGB setzen ihrem Wortlaut nach eine Willenserklärung voraus. Anerkannt ist jedoch eine Ausweitung des Anwendungsbereiches auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Handlungen, welche den Rechtschein einer Willenserklärung setzen (vgl. Palandt/Ellenberger 73. Aufl., § 119 BGB, Rn. 4).
7Bei der Zusage, der Empfänger der Erklärung habe einen Preis gewonnen, handelt es sich nicht um eine Willenserklärung. Voraussetzung für die Annahme einer Willenserklärung ist, dass der Erklärende mit ihrer Abgabe bzw. ihrem Zugang eine Rechtsfolge setzen will. Dies ist bei Gewinnzusagen aber nicht gegeben. Bei den rechtsmissbräuchlichen Gewinnzusagen, welche Leitbild des § 661 a BGB sind, ist dies schon nicht der Fall, weil der Absender eine Verpflichtung auf Hingabe des Gewinns gerade nicht möchte (BGH NJW 2006, 230, Rn. 26). Bei einer redlichen Information, der Gewinnfall sei eingetreten, geht der Absender davon aus, die Verpflichtung auf Hingabe des Gewinns sei durch ein vorangegangenes Ereignis schon entstanden, z.B. durch eine Ziehung. Der Absender der Gewinnzusage "bescheinigt" gewissermaßen die aus seiner Sicht schon eingetretene Voraussetzung und die damit einhergehende Rechtsfolge.
8Die Haftung des Absenders ergibt sich aus dem durch die Erklärung gesetzten Rechtschein, der Empfänger habe einen Gewinn zu erwarten (Lorenz aaO, S. 3310). Aus der Normierung in § 661 a BGB ergibt sich, dass der fehlende Wille des Absenders durch die willentlich erklärte Zusage gebunden zu werden, nicht zur Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts führen kann. Die Haftung auf diesen Rechtschein ist gerade Normzweck. Der Rechtscheintatbestand der Gewinnzusage ist auf das Defizit des Willens zur Erfüllung des in der Zusage liegenden Versprechens gerichtet. Der Norm kann jedoch kein Wille des Gesetzgebers entnommen werden, den Absender der Zusage auch in dem Fall zu verpflichten, dass er im Bezug auf die Erklärung schon keinen Willen zur Abgabe hatte. Die Bindung des Rechtscheinsetzenden wird entsprechend nur in Fällen diskutiert, in denen der Verkehr in seinem Vertrauen auf die Existenz der Erklärung selbst geschützt werden soll, etwa bei kaufmännischen Bestätigungsschreiben oder Schweigen im Rechtsverkehr. Einen solchen Fall regelt § 661 a BGB aber gerade nicht.
9Ein Anfechtungsgrund gem. §§ 119 Abs. 1, 120 Abs. 1 BGB ist gegeben. Nach der mündlichen Verhandlung ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Zeuge X für den Empfängerkreis die Datei mit den falschen Kontaktdaten ausgewählt hat. Dies stellt nach allgemeiner Ansicht einen zur Anfechtung berechtigenden Erklärungsirrtum dar (Palandt/Ellenberger, 73. Aufl., § 120 BGB, Rn. 3f.).
10Die Beklagte hat die Anfechtung auch unverzüglich, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB mit Erklärung gem. § 143 BGB angefochten. Unabhängig davon, dass in der E-Mail (Anl. B10, Bl. 58 d.A.) kleingedruckt ausdrücklich die Anfechtung ausgesprochen wird, ist der Erklärung auch im Übrigen zu entnehmen, dass sich die Beklagte von den rechtlichen Wirkungen der Gewinnzusage lösen wollte, sodass sie aus Sicht des Klägers als Anfechtungserklärung erkannt werden musste. Die E-Mail ist dem Beklagten noch am selben Tag wie die Gewinnzusage selbst zugesendet worden und diesem nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch zugegangen.
11Mangels Anspruch in der Hauptsache steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Ersatz von vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskoten zu.
12Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
13Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.
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(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.
Eine Willenserklärung, welche durch die zur Übermittlung verwendete Person oder Einrichtung unrichtig übermittelt worden ist, kann unter der gleichen Voraussetzung angefochten werden wie nach § 119 eine irrtümlich abgegebene Willenserklärung.
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.
(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.
(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.
(2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat.
(3) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das einem anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäft, das einem anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist.
(4) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mitteilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.