StPO: Abwesenheitsverhandlung gegen inhaftierten Angeklagten

published on 14/05/2014 10:04
StPO: Abwesenheitsverhandlung gegen inhaftierten Angeklagten
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Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall mögliche Abwesenheitsverhandlung nach § 23 1 II StPO gegen einen inhaftierten Angeklagten.
Der BGH hat in seinem Beschluss vom 11.03.2014 (Az.: 5 StR 630/13) folgendes entschieden:


Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hatte den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei - zum Nachteil einer Bekannten begangenen - Fällen zu einer sechsmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin ihn am 3. April 2013 auch von den verbliebenen Vorwürfen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft, die in der Berufungsverhandlung lediglich wegen einer Tat eine fünfmonatige Freiheitsstrafe und wegen der anderen Freispruch beantragt hatte, hat hiergegen Revision eingelegt. Sie hat die allgemeine Sachrüge erhoben und prozessual gerügt, der Angeklagte sei bei einem wesentlichen Teil der Hauptverhandlung unberechtigt abwesend gewesen.

Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde: Während der Angeklagte eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt HamburgBillwerder verbüßte, fand die zweitägige Berufungshauptverhandlung statt. Am 13. März 2013, dem ersten Sitzungstag, war er vorgeführt erschienen und bestritt - wie bereits vor dem Amtsgericht - die ihm noch zur Last gelegten Vorwürfe. Nachdem auch die Hauptbelastungszeugin gehört worden war, wurde die Hauptverhandlung unterbrochen und die Fortsetzung für den 3. April 2013 anberaumt. Der Angeklagte wurde auf die Folgen eines eigenmächtigen Ausbleibens nach § 231 Abs. 2 StPO hingewiesen. Die Strafkammervorsitzende ersuchte die JVA Hamburg-Billwerder noch am selben Tag um erneuten Transport des ordnungsgemäß geladenen Angeklagten zum Fortsetzungstermin, und zwar mit dem Zusatz: „Zwangsweise Vorführung ist nicht erforderlich". Am 21. März 2013 hätte der Angeklagte „mit dem Sammeltransport in die JVA Berlin-Moabit fahren müssen". Da er diesen Transport ohne Angabe von Gründen verweigerte, wurde am 3. April 2013 in seiner Abwesenheit verhandelt, wobei zwei Polizeibeamtinnen vernommen und Lichtbilder in Augenschein genommen wurden. Danach wurde die Beweisaufnahme im allseitigen Einverständnis geschlossen, nach den Plädoyers dem Verteidiger - der auch nach jeder Beweiserhebung gefragt worden war, ob er für den Angeklagten etwas zu erklären habe - Gelegenheit zum letzten Wort „für den Angeklagten" gegeben und das Urteil verkündet.

Das zur Entscheidung über die Revision berufene Kammergericht beabsichtigt, die Revision zu verwerfen. Es sieht sich hieran aber durch abweichende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg gehindert. Danach soll ein inhaftierter Angeklagter zu im Sinne des § 231 Abs. 2 StPO eigenmächtigem Ausbleiben bei Fortsetzung einer Hauptverhandlung nicht in der Lage sein; vielmehr sei er „in jedem Fall zwangsweise vorzuführen, auch wenn er über die Anklage schon vernommen war und das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet".

Das Kammergericht teilt diese Rechtsauffassung nicht. Es hat deshalb die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Frage vorgelegt:

„Setzt die Abwesenheitsverhandlung nach § 231 Abs. 2 StPO gegen einen nicht auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten voraus, dass das erkennende Gericht zuvor versucht hat, dessen Anwesenheit bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung zu erzwingen, auch wenn dieser in Kenntnis seiner Anwesenheitspflicht ohne Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe die angeordnete und tatsächlich in die Wege geleitete Vorführung verweigert, über die Anklage schon vernommen war und das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet?"

Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu entscheiden:

„Eine Abwesenheitsverhandlung gemäß § 231 Abs. 2 StPO kommt gegen einen inhaftierten Angeklagten grundsätzlich nicht in Betracht. Nur wenn im Einzelfall eine zwangsweise Vorführung des Gefangenen entbehrlich ist, kann ohne diesen verhandelt werden. Dies ist erst der Fall, wenn das Gericht alle nach den Umständen und der Bedeutung der Sache zumutbaren Mittel zur Herbeischaffung des Angeklagten versucht hat und weitere Zwangsmittel wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit ausscheiden."

Der Senat bejaht die Zulässigkeit der Vorlegung nach § 121 Abs. 2 GVG. Zwar hätte das Kammergericht bereits auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung die Revision verwerfen können, ohne sich über bindende Rechtsansichten hinwegzusetzen. Seine abweichende Auslegung ist jedoch „nicht schlechthin unvertretbar" und daher vom Senat bei der Prüfung der Vorlegungsvoraussetzungen hinzunehmen.

Der Senat stellt im Rahmen seiner Entscheidung auch die vorgreifliche, vom Kammergericht im Einklang mit bindender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertretene Auffassung zur Statthaftigkeit der Verfahrensrüge nicht in Frage, wonach die Staatsanwaltschaft durch § 339 StPO nicht gehindert sei, sich wegen Abwesenheit des Angeklagten auf den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO zu berufen. Allerdings erscheint dem Senat dies bei einer Verfahrensgestaltung wie der vorliegenden durchaus zweifelhaft. Sie könnte zudem auch Anlass geben, ein Beruhen des Urteils auf dem geltend gemachten absoluten Revisionsgrund denkgesetzlich zu verneinen.

Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, selbst in der Sache zu entscheiden, ohne dass die Vorlegungsfrage allgemein beantwortet werden müsste. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist - entsprechend der Beurteilung des Kammergerichts nach der dortigen Revisionshauptverhandlung - unbegründet.

Die erhobene Verfahrensrüge dringt nicht durch. Zwar war der zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen bereits vernommene Angeklagte während wesentlicher Teile der Hauptverhandlung abwesend, etwa bei der Vernehmung zweier Zeuginnen. Das Landgericht durfte aber seine „fernere Anwesenheit für nicht erforderlich erachten" , nachdem er sich ohne triftigen Grund nicht hatte vorführen lassen. Die Annahme, der Angeklagte sei dem Fortsetzungstermin „eigenmächtig" ferngeblieben , ist rechtlich nicht zu beanstanden; sie steht insbesondere nicht in Widerspruch zu der vom Kammergericht bezeichneten Rechtsprechung.

Diese verlangt in Fällen, in denen es ein inhaftierter Angeklagter ablehnt, sich zur Fortsetzung der Hauptverhandlung vorführen zu lassen, regelmäßig seine zwangsweise Vorführung. Erst wenn das Gericht alle nach den Umständen und der Bedeutung der Sache zumutbaren Mittel versucht hat und weitere Zwangsmittel wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit ausscheiden, entfällt seine Verpflichtung, die Anwesenheit des Angeklagten sicherzustellen. Danach besteht diese Pflicht zwar „grundsätzlich" , aber nicht ausnahmslos. Vielmehr nimmt die Rechtsprechung eine am Maßstab der Verhältnismäßigkeit ausgerichtete Gesamtbetrachtung vor, die namentlich alle Umstände des Einzelfalls einschließlich des Gewichts des erhobenen Tatvorwurfs und des erforderlichen Aufwandes für die fragliche Vorführung zu berücksichtigen hat.

Hieran gemessen ist die zwangsweise Vorführung als notwendig angesehen worden in Fällen, in denen den Angeklagten besonders gewichtige Straftaten zur Last gelegt wurden, nämlich einerseits ein Totschlag in einem besonders schweren Fall und andererseits u.a. schwere räuberische Erpressung, räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen und Körperverletzungen in weiteren sechs Fällen; im zweitgenannten Verfahren hatte sich der - zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte - Angeklagte am siebten Tag der Hauptverhandlung zu deren Fortsetzung erst 50 Minuten verspätet vorführen lassen, „da er in Ruhe Mittagessen" wollte. Ebenso ist in Fällen entschieden worden, in denen die zwangsweise Vorführung nur eines besonders geringen Aufwandes bedurft hätte, weil die zum Zwecke der Augenscheineinnahme bereits an den jeweiligen Tatort transportierten Angeklagten sich dort geweigert hatten, das Fahrzeug zu verlassen.

Von diesen Fallgestaltungen unterscheidet sich die vom Kammergericht vorgelegte in entscheidungserheblicher Weise: Gegenstand der Hauptverhandlung war lediglich die Berufung allein des Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen noch zweier Körperverletzungen, die vom Amtsgericht mit einer sechsmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe sanktioniert worden waren. Durch die Anwesenheit des während des gesamten gerichtlichen Verfahrens alle Vorwürfe bestreitenden Angeklagten war keine weitere Aufklärung mehr zu erwarten, da die Hauptbelastungszeugin bereits am ersten Sitzungstag vernommen worden war. Der erst eine Woche zuvor wieder in der JVA Hamburg-Billwerder eingetroffene Angeklagte hätte sich bereits am 21. März 2013 im Rahmen eines - erfahrungsgemäß mehrtägigen und verschiedene Orte ansteuernden - Sammeltransports erneut auf den Weg nach Berlin machen müssen, um am Fortsetzungstermin am 3. April 2013 teilnehmen zu können.

Angesichts dieser Umstände erweist sich die Verfahrensweise des Landgerichts als rechtsfehlerfrei, auch wenn es sich bei § 231 Abs. 2 StPO um eine Ausnahmevorschrift handelt. Das Landgericht hat den ihm eröffneten Beurteilungsspielraum nicht überschritten, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung unterliegt. Die danach gebotene fallbezogene Abwägung hat die Strafkammervorsitzende bereits bei ihrem Vorführ- und Transportersuchen vorgenommen, indem sie die „zwangsweise Vorführung für nicht erforderlich gehalten hat". Dieser Einschätzung ist die Strafkammer gefolgt, denn sie hat - namentlich durch den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft unbeanstandet - den zweiten Hauptverhandlungstag bis zum Urteil fortgesetzt, obwohl eingangs festgestellt worden war, dass der Angeklagte nicht erschienen war, weil er seine Vorführung verweigert hatte. Eines gesonderten Gerichtsbeschlusses bedurfte es insofern nicht , wenngleich dieser zweckmäßig gewesen wäre.

Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler aufgedeckt. Insbesondere genügt die landgerichtliche Beweiswürdigung den rechtlichen Anforderungen, die für die gegebene Aussage-gegenAussage-Konstellation gestellt werden. Nachdem über die Revision der Staatsanwaltschaft eine Hauptverhandlung vor dem Kammergericht stattgefunden hat, ist der Senat nicht gehindert, nach der Vorlage im Einklang mit der nach dieser Hauptverhandlung getroffenen Beurteilung durch das vorlegende Gericht seinerseits durch Beschluss in der Sache zu entscheiden.

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Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StPO § 231 Abs. 2 Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall mögliche Abwesenheitsverhandlung nach § 231 Abs. 2 StPO gegen einen inhaftierten Angeklagten. BGH, Beschluss vom 11. März 201
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Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall mögliche
Abwesenheitsverhandlung nach § 231 Abs. 2 StPO gegen einen
inhaftierten Angeklagten.
BGH, Beschluss vom 11. März 2014 – 5 StR 630/13
Kammergericht –
BESCHLUSS
5 StR 630/13
vom
11. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2014 beschlossen:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. April 2013 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hatte den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei – zum Nachteil einer Bekannten begangenen – Fällen zu einer sechsmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin ihn am 3. April 2013 auch von den verbliebenen Vorwürfen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft, die in der Berufungsverhandlung lediglich wegen einer Tat eine fünfmonatige Freiheitsstrafe und wegen der anderen Freispruch beantragt hatte, hat hiergegen Revision eingelegt. Sie hat die allgemeine Sachrüge erhoben und prozessual gerügt, der Angeklagte sei bei einem wesentlichen Teil der Hauptverhandlung unberechtigt abwesend gewesen (§ 231 Abs. 2, § 338 Nr. 5 StPO).
2
1. Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde: Während der Angeklagte eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) HamburgBillwerder verbüßte, fand die zweitägige Berufungshauptverhandlung statt. Am 13. März 2013, dem ersten Sitzungstag, war er vorgeführt erschienen und be- stritt – wie bereits vor dem Amtsgericht – die ihm noch zur Last gelegten Vorwürfe. Nachdem auch die Hauptbelastungszeugin gehört worden war, wurde die Hauptverhandlung unterbrochen und die Fortsetzung für den 3. April 2013 anberaumt. Der Angeklagte wurde auf die Folgen eines eigenmächtigen Ausbleibens nach § 231 Abs. 2 StPO hingewiesen. Die Strafkammervorsitzende ersuchte die JVA Hamburg-Billwerder noch am selben Tag um erneuten Transport des ordnungsgemäß geladenen Angeklagten zum Fortsetzungstermin, und zwar mit dem Zusatz: „Zwangsweise Vorführung ist nicht erforderlich“. Am 21. März 2013 hätte der Angeklagte „mit dem Sammeltransport in die JVA Berlin -Moabit fahren müssen“. Da er diesen Transport ohne Angabe von Gründen verweigerte, wurde am 3. April 2013 in seiner Abwesenheit verhandelt, wobei zwei Polizeibeamtinnen vernommen und Lichtbilder in Augenschein genommen wurden. Danach wurde die Beweisaufnahme im allseitigen Einverständnis geschlossen , nach den Plädoyers dem Verteidiger – der auch nach jeder Beweiserhebung gefragt worden war, ob er für den Angeklagten etwas zu erklären habe – Gelegenheit zum letzten Wort „für den Angeklagten“ gegeben und das Urteil verkündet.
3
2. Das zur Entscheidung über die Revision berufene Kammergericht beabsichtigt , die Revision zu verwerfen. Es sieht sich hieran aber durch abweichende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Mai 1974 – 4 StR 102/74, BGHSt 25, 317; Urteil vom 30. Juni 1977 – 4 StR 198/77, NJW 1977, 1928; Beschluss vom 4. Mai 1993 – 4 StR 207/93, NStZ 1993, 446) sowie des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (Urteil vom 20. Juli 1960 – Ss 87/60, GA 1961, 177) gehindert. Danach soll ein inhaftierter Angeklagter zu im Sinne des § 231 Abs. 2 StPO eigenmächtigem Ausbleiben bei Fortsetzung einer Hauptverhandlung nicht in der Lage sein; vielmehr sei er „in jedem Fall zwangsweise vorzuführen, auch wenn er über die Anklage schon vernommen war und das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforder- lich erachtet“.
4
Das Kammergericht teilt diese Rechtsauffassung nicht. Es hat deshalb die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Frage vorgelegt:
5
„Setztdie Abwesenheitsverhandlung nach § 231 Abs. 2 StPO gegen einen nicht auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten voraus, dass das erkennende Gericht zuvor (erfolglos) versucht hat, dessen Anwesenheit bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung zu erzwingen, auch wenn dieser in Kenntnis seiner Anwesenheitspflicht ohne Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe die angeordnete und tatsächlich in die Wege geleitete Vorführung verweigert, über die Anklage schon vernommen war und das Gericht seine fer- nere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet?“
6
3. Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu entscheiden:
7
„Eine Abwesenheitsverhandlung gemäß § 231 Abs. 2 StPO kommt ge- gen einen inhaftierten Angeklagten grundsätzlich nicht in Betracht. Nur wenn im Einzelfall eine zwangsweise Vorführung des Gefangenen entbehrlich ist, kann ohne diesen verhandelt werden. Dies ist erst der Fall, wenn das Gericht alle nach den Umständen und der Bedeutung der Sache zumutbaren Mittel zur Herbeischaffung des Angeklagten versucht hat und weitere Zwangsmittel we- gen ihrer Unverhältnismäßigkeit ausscheiden.“

II.

8
Der Senat bejaht die Zulässigkeit der Vorlegung nach § 121 Abs. 2 GVG. Zwar hätte das Kammergericht bereits auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung die Revision verwerfen können, ohne sich über bindende Rechtsansich- ten hinwegzusetzen (sub III.). Seine abweichende Auslegung ist jedoch „nicht schlechthin unvertretbar“ und daher vom Senat bei der Prüfung der Vorle- gungsvoraussetzungen hinzunehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 1968 – 2 StR 360/67, BGHSt 22, 94, 100; vom 5. November 1991 – 4 StR 350/91, BGHSt 38, 106, 109; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 121 GVG Rn. 75 mwN).
9
Der Senat stellt im Rahmen seiner Entscheidung auch die vorgreifliche, vom Kammergericht im Einklang mit bindender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 30. November 1990 – 2 StR 44/90, BGHSt 37, 249, 250) vertretene Auffassung zur Statthaftigkeit der Verfahrensrüge nicht in Frage, wonach die Staatsanwaltschaft durch § 339 StPO nicht gehindert sei, sich wegen Abwesenheit des Angeklagten auf den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO zu berufen. Allerdings erscheint dem Senat dies bei einer Verfahrensgestaltung wie der vorliegenden durchaus zweifelhaft. Sie könnte zudem auch Anlass geben, ein Beruhen des Urteils auf dem geltend gemachten absoluten Revisionsgrund denkgesetzlich zu verneinen (vgl. Gericke in KKStPO , 7. Aufl., § 338 Rn. 5 mwN).

III.

10
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, selbst in der Sache zu entscheiden, ohne dass die Vorlegungsfrage allgemein beantwortet werden müsste (vgl. BGH, Urteile vom 6. Dezember 1961 – 2 StR 485/60, BGHSt 17, 14, 17; vom 5. November 1969 – 4 StR 519/68, BGHSt 23, 141, 144; vom 29. Februar 1972 – 5 StR 400/71, BGHSt 24, 315, 316; Beschluss vom 5. November 1991 – 4 StR 350/91, BGHSt 38, 106, 109; Franke aaO Rn. 81). Die Revision der Staatsanwaltschaft ist – entsprechend der Beurteilung des Kammergerichts nach der dortigen Revisionshauptverhandlung – unbegründet.
11
1. Die erhobene Verfahrensrüge dringt nicht durch. Zwar war der zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen bereits vernommene Angeklagte während wesentlicher Teile der Hauptverhandlung abwesend, etwa bei der Vernehmung zweier Zeuginnen. Das Landgericht durfte aber seine „fernere Anwesenheit für nicht erforderlich erachten“ (vgl. § 231 Abs. 2 StPO), nachdem er sich ohne triftigen Grund nicht hatte vorführen lassen. Die Annahme, der Angeklagte sei dem Fortsetzungstermin „eigenmächtig“ ferngeblieben (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 30. November 1990 – 2 StR 44/90, BGHSt 37, 249; vom 14. Juni 2000 – 3 StR 26/00, BGHSt 46, 81, 83; Beschluss vom 25. Juli 2011 – 1 StR 631/10, BGHSt 56, 298, 306), ist rechtlich nicht zu beanstanden; sie steht insbesondere nicht in Widerspruch zu der vom Kammergericht bezeichneten Rechtsprechung.
12
Diese verlangt in Fällen, in denen es ein inhaftierter Angeklagter ablehnt, sich zur Fortsetzung der Hauptverhandlung vorführen zu lassen, regelmäßig seine zwangsweise Vorführung. Erst wenn das Gericht alle nach den Umständen und der Bedeutung der Sache zumutbaren Mittel versucht hat und weitere Zwangsmittel wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit ausscheiden, entfällt seine Verpflichtung, die Anwesenheit des Angeklagten sicherzustellen (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 1977 – 4 StR 198/77, NJW 1977, 1928, 1929). Danach be- steht diese Pflicht zwar „grundsätzlich“ (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 1993 – 4 StR 207/93, NStZ 1993, 446, 447), aber nicht ausnahmslos. Vielmehr nimmt die Rechtsprechung eine am Maßstab der Verhältnismäßigkeit ausgerichtete Gesamtbetrachtung vor, die namentlich alle Umstände des Einzelfalls einschließlich des Gewichts des erhobenen Tatvorwurfs und des erforderlichen Aufwandes für die fragliche Vorführung zu berücksichtigen hat.
13
a) Hieran gemessen ist die zwangsweise Vorführung als notwendig angesehen worden in Fällen, in denen den Angeklagten besonders gewichtige Straftaten zur Last gelegt wurden, nämlich einerseits ein Totschlag in einem besonders schweren Fall (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1977 – 4 StR 198/77, NJW 1977, 1928) und andererseits u.a. schwere räuberische Erpressung, räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen und Körperverletzungen in weiteren sechs Fällen; im zweitgenannten Verfahren hatte sich der – zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte – Angeklagte am siebten Tag der Hauptverhandlung zu deren Fortsetzung erst 50 Minuten ver- spätet vorführen lassen, „da er in Ruhe Mittagessen“ wollte(BGH, Beschluss vom 4. Mai 1993 – 4 StR 207/93, NStZ 1993, 446, 447). Ebenso ist in Fällen entschieden worden, in denen die zwangsweise Vorführung nur eines besonders geringen Aufwandes bedurft hätte, weil die zum Zwecke der Augenscheineinnahme bereits an den jeweiligen Tatort transportierten Angeklagten sich dort geweigert hatten, das Fahrzeug zu verlassen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 1974 – 4 StR 102/74, BGHSt 25, 317, 318 [zweijährige Freiheitsstrafe wegen „Diebstahls in einem schweren Fall“]; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 20. Juli 1960 – Ss 87/60, GA 1961, 177).
14
b) Von diesen Fallgestaltungen unterscheidet sich die vom Kammergericht vorgelegte in entscheidungserheblicher Weise: Gegenstand der Hauptverhandlung war lediglich die Berufung allein des Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen noch zweier Körperverletzungen, die vom Amtsgericht mit einer sechsmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe sanktioniert worden waren (und von denen selbst der staatsanwaltschaftliche Sitzungsvertreter letztlich nur noch eine als strafbar erachtete). Durch die Anwesenheit des während des gesamten gerichtlichen Verfahrens alle Vorwürfe bestreitenden Angeklagten war keine weitere Aufklärung mehr zu erwarten, da die Hauptbelastungszeugin bereits am ersten Sitzungstag vernommen worden war (und sich hierbei „verschwommen“ erinnert sowie „wenig glaubhaft“ geäußert hatte, UA S. 5 f.). Der erst eine Wo- che zuvor wieder in der JVA Hamburg-Billwerder eingetroffene Angeklagte hät- te sich bereits am 21. März 2013 im Rahmen eines – erfahrungsgemäß mehrtägigen und verschiedene Orte ansteuernden – Sammeltransports erneut auf den Weg nach Berlin machen müssen, um am Fortsetzungstermin am 3. April 2013 teilnehmen zu können.
15
Angesichts dieser Umstände erweist sich die Verfahrensweise des Landgerichts als rechtsfehlerfrei, auch wenn es sich bei § 231 Abs. 2 StPO um eine Ausnahmevorschrift handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 1993 – 4 StR 207/93, NStZ 1993, 446, 447). Das Landgericht hat den ihm eröffneten Beurteilungsspielraum nicht überschritten, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung unterliegt. Die danach gebotene fallbezogene Abwägung hat die Strafkammervorsitzende bereits bei ihrem Vorführ- und Transport- ersuchen vorgenommen, indem sie die „zwangsweiseVorführung für nicht er- forderlich gehalten hat“. Dieser Einschätzung ist die Strafkammer gefolgt, denn sie hat – namentlich durch den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft unbeanstandet – den zweiten Hauptverhandlungstag bis zum Urteil fortgesetzt, obwohl eingangs festgestellt worden war, dass der Angeklagte nicht erschienen war, weil er seine Vorführung verweigert hatte. Eines gesonderten Gerichtsbeschlusses bedurfte es insofern nicht (vgl. Gmel in KK-StPO, 7. Aufl., § 231 Rn. 11 mwN), wenngleich dieser zweckmäßig gewesen wäre (Becker in Löwe /Rosenberg, aaO, § 231 StPO Rn. 31).
16
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler aufgedeckt. Insbesondere genügt die landgerichtliche Beweiswürdigung den rechtlichen Anforderungen, die für die gegebene Aussage-gegenAussage -Konstellation gestellt werden. Nachdem über die Revision der Staatsanwaltschaft eine Hauptverhandlung vor dem Kammergericht stattgefunden hat, ist der Senat nicht gehindert, nach der Vorlage im Einklang mit der nach dieser Hauptverhandlung getroffenen Beurteilung durch das vorlegende Gericht seinerseits durch Beschluss in der Sache zu entscheiden.
Basdorf Sander Schneider
König Bellay

(1) Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung zu verhindern; auch kann er den Angeklagten während einer Unterbrechung der Verhandlung in Gewahrsam halten lassen.

(2) Entfernt der Angeklagte sich dennoch oder bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden, wenn er über die Anklage schon vernommen war, das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet und er in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass die Verhandlung in diesen Fällen in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden kann.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung zu verhindern; auch kann er den Angeklagten während einer Unterbrechung der Verhandlung in Gewahrsam halten lassen.

(2) Entfernt der Angeklagte sich dennoch oder bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden, wenn er über die Anklage schon vernommen war, das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet und er in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass die Verhandlung in diesen Fällen in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden kann.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

Die Verletzung von Rechtsnormen, die lediglich zugunsten des Angeklagten gegeben sind, kann von der Staatsanwaltschaft nicht zu dem Zweck geltend gemacht werden, um eine Aufhebung des Urteils zum Nachteil des Angeklagten herbeizuführen.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung zu verhindern; auch kann er den Angeklagten während einer Unterbrechung der Verhandlung in Gewahrsam halten lassen.

(2) Entfernt der Angeklagte sich dennoch oder bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden, wenn er über die Anklage schon vernommen war, das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet und er in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass die Verhandlung in diesen Fällen in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden kann.