Firmenfortführung: Haftungsausschluss nur bei rechtzeitiger Eintragung
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Zum Hintergrund: Nach einer Regelung im Handelsgesetzbuch (§ 25 HGB) haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, wenn das Geschäft unter der bisherigen Firma im Kernbereich fortgeführt wird. Im Gegensatz zur Haftung nach der Abgabenordnung (§ 75 AO) kann diese Haftung durch Eintragung im Handelsregister oder durch Mitteilung an die Gläubiger ausgeschlossen werden.
Die Handelsregistereintragung und die Bekanntmachung müssen nach dem Wechsel alsbald bewirkt werden. Das Oberlandesgericht Hamm weist darauf hin, dass das Risiko einer verzögerten Eintragung und Bekanntmachung den neuen Unternehmensträger trifft. Es kommt dabei weder auf dessen Verschulden noch auf ein solches des Registergerichts an.
Hinweis: In der älteren Rechtsprechung sind die Wirkungen eines Haftungsausschlusses verneint worden, wenn zwischen dem Wechsel des Unternehmensträgers und der Eintragung sechs oder zehn Wochen verstrichen sind. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist eine Eintragung neun Monate nach der Geschäftsübernahme keinesfalls ausreichend (OLG Hamm, 27 W 9/14; BGH, II ZR 114/83).
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(1) Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, haftet für alle im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Die in dem Betriebe begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf den Erwerber übergegangen, falls der bisherige Inhaber oder seine Erben in die Fortführung der Firma gewilligt haben.
(2) Eine abweichende Vereinbarung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht oder von dem Erwerber oder dem Veräußerer dem Dritten mitgeteilt worden ist.
(3) Wird die Firma nicht fortgeführt, so haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten nur, wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt, insbesondere wenn die Übernahme der Verbindlichkeiten in handelsüblicher Weise von dem Erwerber bekanntgemacht worden ist.
(1) Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten vom 15.01.2014 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Essen vom 08.01.2014 aufgehoben.
Der Beschwerdewert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Beteiligten haben mit Anmeldung vom 25.11.2013 u.a. die Eintragung eines Haftungsausschlusses gem. § 25 Abs. 2 HGB in das Handelsregister angemeldet. Das zuvor von der Beteiligten zu 1) unter der Firma „M-Apotheke e.Kfr.“ geführte Handelsgeschäft ist von der Beklagten zu 2) zum 01.01.2011 übernommen worden und wird nunmehr von dieser unter der Firma „M-Apotheke Dr. M e.K.“ geführt.
4Eine frühere Anmeldung zur Eintragung eines Haftungsausschlusses vom 17.12.2010 wurde nach Beanstandung durch das Registergericht mit Schriftsatz vom 06.01.2011 zurückgenommen.
5Das Registergericht hat mit Verfügung vom 08.01.2014 die nunmehrige Anmeldung ebenfalls beanstandet und um Rücknahme gebeten. Es liege kein Fall der Firmenfortführung vor, weil Firmenkern „M-Apotheke“ sei. Dieser Kern werde nicht fortgeführt. Außerdem fehle es an einem zeitlichen Zusammenfallen von Firmeneintragung und Bekanntmachung des Haftungsausschlusses. Das Registergericht hat diese Verfügung mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.
6Hiergegen wenden sich die Beteiligten im Wege der Beschwerde. Sie halten eine Firmenfortführung für gegeben und meinen, dass eine rechtzeitige Antragstellung erfolgt sei.
7II.
8Die Beschwerde ist zulässig und hat – vorläufig - Erfolg.
9Allerdings ist die amtsgerichtliche Verfügung unglücklich gefasst, da sie inhaltlich den Eindruck erweckt, ein nicht behebbares Eintragungshindernis zu beanstanden, was nur im Wege eines nicht anfechtbaren Hinweises, nicht aber durch Zwischenverfügung möglich wäre (vgl. § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG). Mit Rücksicht auf die der Verfügung beigefügte Rechtsmittelbelehrung geht der Senat jedoch vom Vorliegen einer anfechtbaren Zwischenverfügung aus.
10Für eine solche Zwischenverfügung war in Folge der Beanstandung eines für nicht behebbar gehaltenen Hindernisses vorliegend kein Raum (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 11, 42 und 772).
11Das Registergericht wird mithin nun über die Anmeldung zu entscheiden haben. Dafür weist der Senat auf folgendes hin:
12Eine Eintragung des angemeldeten Haftungsausschlusses kann vorliegend nicht erfolgen.
13Zwar teilt der Senat die Auffassung des Registergerichts, wonach vorliegend kein Fall der Firmenfortführung vorliege, nicht. Die Beteiligte zu 2) führt die Firma der Beteiligten zu 1) fort. Insoweit ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Verkehrsauffassung maßgeblich (BGH NJW 82, 577; NJ 86, 581; NJW 06 1001). Es kommt nicht darauf an, dass die bisherige Firma unverändert fortgeführt wird; vielmehr genügt es, dass der prägende Teil der alten Firma in der neuen beibehalten wird. Der prägende Teil der alten Firma „M-Apotheke e.Kfr.“ war „M-Apotheke“. Dieser prägende Bestandteil findet sich auch in der Firma der Beteiligten zu 2) wieder, die „M-Apotheke Dr. M e.K.“ lautet. Das reicht zur Annahme einer Firmenfortführung aus.
14Gleichwohl kommt eine Eintragung aus anderen Gründen nicht in Betracht. Der Haftungsausschluss kann nur dann Außenwirkung haben, wenn die Bekanntmachung unverzüglich nach dem Wechsel des Unternehmensträgers vorgenommen wird. Die Handelsregistereintragung und die Bekanntmachung müssen daher alsbald nach diesem Wechsel bewirkt werden (RGZ 75, 139; RG, HRR 1932, Nr. 256; BGHZ 29, 1 (4) = NJW 1959 241; OLG Frankfurt, OLGZ 1978, 30 (31 f.); BayObLG, WM 1984, 1533 (1534 f.)). Das Risiko einer verzögerten Eintragung und Bekanntmachung trifft den neuen Unternehmensträger. Es kommt dabei weder auf dessen Verschulden, insbesondere nicht auf die Frage einer rechtzeitigen Anmeldung, noch auf ein solches des Registergerichts an (RGZ 131, 12 (14); OLG Frankfurt, OLGZ 1978, 30 ff.; BayObLG, WM 1984, 1533 ff. m. w. Nachw.). In der älteren Rechtsprechung sind die Wirkungen eines Haftungsausschlusses verneint worden, wenn zwischen dem Wechsel des Unternehmensträgers und der Eintragung sechs oder zehn Wochen verstrichen sind (RGZ 75, 139 (140); RG, HRR 1932, Nr. 256). Der BGH (NJW 1984, 1186 (1187)) hat eine Eintragung des Haftungsausschlusses neun Monate nach der Geschäftsübernahme keinesfalls für ausreichend erachtet.
15Grundsätzlich hat zwar das Registergericht nicht nachzuprüfen, ob der Haftungsausschluss noch rechtzeitig genug eingetragen werden kann, um gegenüber den Gläubigern wirksam werden zu können (KG, JFG 18, 70 (75)). Ist jedoch – wie hier – offensichtlich, dass wegen der langen Zeit zwischen dem Wechsel des Unternehmensträgers und der Eintragung und Bekanntmachung ein nach außen wirkender Haftungsausschluss nicht mehr herbeigeführt werden kann, so muss die Eintragung versagt werden (KG, DR 1941, 1537; OLG Frankfurt, OLGZ 1978, 30 (31 f.); BayObLG, WM 1984, 1533 (1534 f.)).
16Im vorliegenden Fall ist der Zeitraum, in dem ein Haftungsausschluss durch Eintragung und Bekanntmachung mit Außenwirkung noch wirksam werden könnte, offensichtlich verstrichen. Er ist zu berechnen vom Zeitpunkt der Ersteintragung der neuen Firma, die am 31.01.2011 erfolgt ist. Seit diesem Zeitpunkt sind bislang bereits über drei Jahre verstrichen. Im Hinblick darauf, dass eine rechtzeitige Anmeldung des Haftungsausschlusses als solche hier erfolgt ist, ist zwar im Hinblick auf die Unverzüglichkeit der Bekanntmachung kein zu strenger Maßstab anzulegen. Andererseits hat sich (das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 I HGB in diesem Zusammenhang unterstellt) die an die tatsächliche Geschäftsübernahme anknüpfende Verkehrsauffassung, der neue Unternehmensträger sei zur Übernahme der Verbindlichkeiten des früheren Inhabers bereit (BGHZ 29, 1 (3) = NJW 1959, 241 (242)), zwischenzeitlich bereits so verfestigt, dass dieser Tatbestand durch eine nunmehr erfolgende Bekanntmachung eines Haftungsausschlusses nicht mehr beseitigt werden kann. Wie bereits ausgeführt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, auf welche Ursachen die Verzögerung der Eintragung und Bekanntmachung zurückzuführen ist, zumal die ursprüngliche Anmeldung unter dem 06.01.2011 zurückgenommen wurde (vgl. hierzu insgesamt OLG Hamm, NJW-RR 94, 1119).