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Die Berufung ist zulässig. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Kläger in der „tatsächlichen Verständigung“ vor dem Finanzgericht Stuttgart vom 14.09.2006 keinen Rechtsmittelverzicht erklärt. Dort heißt es zwar unter Nr. 5, dass der Kläger nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen die Löschung des ... im Vereinsregister veranlassen werde. Damit verpflichtete sich der Kläger erst nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zur Löschung und nicht - wie es der Beklagte meint - bereits nach Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen. Der Wortlaut der Vereinbarung ist eindeutig; er knüpft an die rechtskräftige Entscheidung des beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängig gewesenen Verfahrens an.
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Der Senat sieht auch keinen Anhaltspunkt für einen Rechtsmissbrauch darin, dass der Kläger Berufung eingelegt hat. Soweit es der Beklagte für treuwidrig hält, dass der Kläger durch das Rechtsmittel die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts verhindert, um vorläufig seiner Löschung im Vereinsregister nicht nachkommen zu müssen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Zum einen haben sich die Beteiligten - wie oben dargestellt - ausdrücklich auf den rechtskräftigen Verfahrensabschluss verständigt und damit übereinstimmend dem Kläger die Ausschöpfung seiner prozessualen Rechte eröffnet; zum anderen hat das Verwaltungsgericht die Berufung selbst zugelassen, um die streitigen Rechtsfragen einer grundsätzlichen Klärung zuzuführen. Angesichts dieser Sachlage kann nicht von einer missbräuchlichen Ausübung der Prozessrechte ausgegangen werden.
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Die zulässige Berufung ist jedoch mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Deshalb konnte auch die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung nicht ausgesprochen werden.
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Der Senat bejaht entgegen der Ansicht des Beklagten auch ein Rechtsschutzbedürfnis an der weiteren Durchführung des Klageverfahrens. Dies ist nicht dadurch entfallen, dass der Kläger aufgrund der „tatsächlichen Verständigung“ vor dem Finanzgericht keine Gemeinnützigkeit mehr erlangen kann und sich auch zur Löschung im Vereinsregister nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht verpflichtet hat. Denn erst nach rechtskräftigem Abschluss des Berufungsverfahrens - und damit entscheidungserheblich - wird über die Verwendung der vom Treuhänder verwalteten Mittel entschieden. Die mit dem Haupt- und Hilfsantrag zulässige Klage hat jedoch keinen Erfolg.
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Rechtsgrundlage für das Sammlungsverbot ist § 9 Abs. 2 Nr. 2 SammlG. Danach kann die zuständige Behörde die Sammlung oder ihre Fortsetzung verbieten, wenn keine Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und für die zweckentsprechende einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages gegeben ist. Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers vor. Entgegen seiner Ansicht ist das Sammlungsgesetz auf den Kläger anwendbar. Soweit er meint, die auf lange Dauer angelegte vertragliche Verbindung zwischen ihm und den Auftraggebern für die Weiterleitung der Hilfsmittel habe jedenfalls zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Verfügung ein zivilrechtliches Auftragsverhältnis besonderer Art dargestellt, führt dies nicht zur Unanwendbarkeit des Sammlungsgesetzes. Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die vom Kläger durchgeführten Sammlungen „andere“ Sammlungen im Sinne von § 9 Abs. 1 SammlG sind und auch noch nach dem Zeitpunkt der Werbung von Spendern das Sammlungsgesetz Anwendung findet.
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Das Sammlungsgesetz unterscheidet zwischen erlaubnisbedürftigen Sammlungen (§ 1 SammlG) und „anderen“ Sammlungen (§ 9 SammlG). Der Erlaubnispflicht unterliegen vor allem die „klassischen“ Straßen- und Haussammlungen. Sie spielen sich in der Öffentlichkeit ab. Der auf der Straße oder an der Haustür angesprochene Bürger kann meist nicht prüfen, ob es sich um einen seriösen Veranstalter handelt und ob seine Spende auch dem angegebenen Zweck zugutekommt. Anders verhält es sich bei der Versendung von Werbeschreiben oder Aufrufen in Presse, Rundfunk und Fernsehen. Der Bürger kann sich hier, ohne einer Einwirkung von Person zu Person ausgesetzt zu sein, beliebig Zeit zu der Entscheidung lassen, wie er auf einen ihm zugehenden Werbebrief oder einen öffentlichen Aufruf reagieren, ob er eine Spende überweisen oder ob er sich zunächst über die Förderungswürdigkeit des Sammlungsvorhabens unterrichten will (vgl. zum Vorstehenden amtliche Begründung zum Entwurf eines Sammlungsgesetzes vom 01.08.1968, LT-Drs. V 140, S. 10). Derartige Sammlungen unterliegen nicht der Erlaubnispflicht.
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Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei der Sammlung des Klägers um eine „andere“ Sammlung im Sinne des § 9 SammlG. Der Kläger verhält sich sammlungsrechtlich bei der Anwerbung der Spender vergleichbar demjenigen, der Spendenbriefe (Werbebriefe) versendet. Daran ändert sich nichts dadurch, dass bis zum Jahr 1995 der erste Kontakt mit dem potentiellen Spender durch einen Telefonanruf aufgenommen wurde. Erst danach erfolgte bei Interesse die Zusendung eines Spendenbriefes mit Informationsmaterial, Angabe der Bankverbindung des Spenders und Name des vermittelten Patenkindes. Denn der Spender war damit letztlich in der typischen Situation dessen, dem ein Spendenbrief zugesandt worden ist. Er konnte sich (unabhängig davon, ob ein Telefonanruf vorausgegangen ist) genügend Zeit lassen, über das Ob und das Wie des Spendens nachzudenken. Er war nicht unter einem gewissen Entscheidungsdruck und musste die Spende auch nicht unmittelbar nach der persönlichen Kontaktaufnahme durch das Telefon abgeben. Dass sich der Spendenvorgang nicht in der einmaligen Überweisung eines Geldbetrages erschöpfte, sondern auf eine längere Geschäftsbeziehung angelegt war, ändert daran nichts. Entscheidend ist, dass - was auch das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat - von einer Sammlung nicht nur in der Phase der Werbung der Spender ausgegangen werden kann, sondern auch dann, wenn es nur noch um die Einziehung der Spenden geht. Denn das Sammlungsgesetz findet auch noch nach dem Ende der eigentlichen Sammlung Anwendung, wenn über die Verwendung des Sammlungsertrages zu entscheiden ist. Zutreffend weist das Verwaltungsgericht auf § 7 SammlG hin, der die Möglichkeit einräumt, auch nach abgeschlossener Sammlung einen Treuhänder einzusetzen. Auf die vom Kläger herausgestellte zivilrechtliche Rechtsbeziehung zwischen Spender und Kläger kommt es insoweit nicht an. Darüber hinaus wurden Spenden nicht nur in Form von Patenschaften geleistet, sondern auch einmalig, projektorientiert erbracht. Das Sammlungsgesetz ist somit anwendbar.
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Das Regierungspräsidium Tübingen ist auch zum Erlass der streitgegenständlichen Verfügung zuständig. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 SammlG ist das Regierungspräsidium Tübingen (landesweit) zuständig, wenn sich die Sammlung über einen Regierungsbezirk hinaus erstreckt. So liegt der Fall hier. Der Kläger hat seinen Sitz in ... und betreibt von hier aus seine Aktivitäten, die sich nicht nur auf das gesamte Gebiet von Baden-Württemberg erstrecken, sondern darüber hinausgehen. Der Einwand des Klägers, das Regierungspräsidium Tübingen habe seine Zuständigkeitsgrenzen überschritten, weil auch Mittel aus anderen Bundesländern und anderen Nationen betroffen seien, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass die Spenden von Baden-Württemberg aus gesammelt werden. Dass damit vom Sammlungsverbot zwangsläufig auch Spenden aus dem ganzen Bundesgebiet oder dem Ausland erfasst werden, versteht sich von selbst.
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Ist somit das Sammlungsgesetz auf den Kläger anwendbar und handelt es sich bei seinen Tätigkeiten um eine „andere“ Sammlung im Sinne des § 9 Abs. 1 SammlG, kann der Beklagte nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 SammlG die Sammlung oder ihre Fortsetzung verbieten, wenn keine Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und für die zweckentsprechende einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages gegeben ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verfügungen des Beklagten ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Widerspruchsbescheides vom 02.09.1999/17.04.2000. Da es sich jedoch um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist auch der Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat einzubeziehen. Die Verbotsverfügungen erweisen sich im Zeitpunkt ihres Erlasses und auch noch im gegenwärtigen Zeitpunkt als rechtmäßig, weil der Kläger keine Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und die zweckentsprechende einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages bietet.
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Denn die erforderliche „Gewähr“ bietet nur derjenige, wie der erkennende Gerichtshof bereits in seinem Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes vom 26.05.1999 (4 S 969/99) hervorgehoben hat, bei dem aus der maßgeblichen Sicht der Behörde keine Zweifel an der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Liegen aber solche Zweifel vor, dann müssen sie auf Umständen beruhen, die geeignet sind, ernste Besorgnis auszulösen ( BVerwG, Urt. vom 06.05.1964, BVerwGE 18, 276, 280 und Urt. vom 06.02.1975, BVerwGE 47, 330, 338; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 20.09.2005 - 12 B 10909/05 -). An der erforderlichen Gewähr fehlt es daher nicht erst dann, wenn feststeht, dass die Sammlung nicht ordnungsgemäß durchgeführt und dass der Sammlungsertrag nicht ordnungsgemäß verwendet wird; denn diese Feststellung würde eine für die Behörde kaum mögliche Prognose voraussetzen. Vielmehr muss umgekehrt die missbräuchliche Handhabung hinreichend ausgeschlossen sein; d. h. es dürfen keine erheblichen Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit der Durchführung der Sammlung und die zweckentsprechende einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages bestehen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.05.1999, a.a.O.; VG Stuttgart, Urt. vom 08.07.1993 - 8 K 1319/92 -). Mit dem Verwaltungsgericht und dem Beklagten ist auch der Senat der Ansicht, dass noch im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung ganz erhebliche Bedenken gegen die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und die zweckentsprechende einwandfreie Verwendung des Spendenbetrages vorlagen und damit von berechtigten Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Klägers, die noch bis heute fortwirken, auszugehen ist. Der Kläger hat seine Spender in vielfacher Hinsicht getäuscht. In diesem Zusammenhang fällt besonders schwer ins Gewicht, dass er Mehrfachpatenschaften nicht sogleich offen gelegt, den Verlust der Gemeinnützigkeit nicht unverzüglich den Spendern mitgeteilt hat und sich durch sog. Sprachregelungen über den Spenderwillen hinweggesetzt hat und nach wie vor von seiner Mitbegründerin und immer wieder zur Vereinsvorsitzenden bestellten Frau ... bestimmt wird.
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Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass der Kläger in der Vergangenheit gegenüber den Spendern den Eindruck vermittelt hat, dass jeweils nur ein Patenkind an einen Spender vermittelt werde. Dies ergibt sich zum einen für die Zeit der Telefonwerbung aus dem sich bei den Akten befindlichen „Verkaufsgespräch Patenschaft“, wo es u. a. heißt „Alle Kinder werden von uns nur einmal vermittelt.. (Name des Kindes) ist deshalb 30 Tage nicht auf unserer Liste“, „Sichern Sie die Zukunft eines Kindes, Ihres Patenkindes“, „Es liegt jetzt in Ihren Händen.., zumindest einem hilflosen Kind eine Chance zu geben“. Folgerichtig findet sich auf dem Patenschaftsantrag, der auf das Telefonat hin dem potentiellen Spender zugesandt wurde, die Rubrik „Ja, ich möchte eine Patenschaft für das von ... vorgeschlagene Kind übernehmen. Das mir vorgeschlagene Kind benötigt schnellstens Hilfe. Deshalb bin ich damit einverstanden, daß wenn ich diesen Antrag nicht bis… zurückgesendet habe, ein anderes hilfsbedürftiges Kind von mir unterstützt wird…“. Selbst wenn der Gesprächsleitfaden, was der Kläger hervorhebt, niemals zur Anwendung gekommen sein sollte, ergibt sich bereits aus dem Patenschaftsantrag unmissverständlich, dass jedem Spender nur ein Patenkind vermittelt wird. Auch wenn die Spender spätestens seit dem Jahr 1995 auf die Möglichkeit von Mehrfachpatenschaften hingewiesen worden sein sollten, ist nichts dafür ersichtlich, dass dies auch Spender aus den Jahren 1992-1995 betrifft. Entscheidend für den Senat ist, dass zumindest in den Jahren 1992-1995 nicht über Mehrfachpatenschaften informiert wurde. In diesem Zusammenhang weist das Verwaltungsgericht zu Recht auf das Schreiben eines früheren Vorstandes des Klägers an seinen brasilianischen Partner vom 07.06.1993 hin, wonach „bis Ende 1993 (wir)…ca. 2500 Kinder im Programm und als Patenkinder vermittelt (haben) (teilweise doppelt und dreifach)“. Dies stellt einen gravierenden Verstoß gegen sammlungsrechtliche Grundsätze dar. Denn dem Spender kommt es gerade darauf an, seinem Patenkind die Zuwendung zukommen zu lassen. Dies wird auch dadurch belegt, dass zwei Spender ihr Patenkind in Brasilien besuchen wollten. Dass dies aus anderen Gründen zu erheblichen Schwierigkeiten beim Kläger führte, belegt ein Telefax des Klägers vom 23.01.1996 an seinen brasilianischen Partner. Dort heißt es: „Es wollen dich zwei Paten besuchen. Leider hat die Frau ... deine Adresse raus gegeben ohne zu prüfen, ob die Kinder noch im Projekt sind. Natürlich ist eines der Kinder seit Dez. nicht mehr da und wir haben unsere Spender so schnell natürlich noch nicht informieren können…. Bitte schicke mir eine Erklärung über dieses Kind, warum es nicht mehr da ist und eine Erklärung seit wann, auch wenn möglich, wohin es gezogen ist. Am besten ist es erst offiziell erst seit einer Woche weg…..“. War somit die Spende zur Vermittlung eines Patenkindes geleistet, entsprach es dem Spenderwillen, nur diesem Kind und nur von ihm allein den monatlichen Betrag zukommen zu lassen. Bereits durch die Vermittlung von Mehrfachpatenschaften, die zumindest in den Jahren 1992-1995 stattgefunden hat, werden erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Sammlung und der zweckentsprechenden einwandfreien Verwendung des Sammlungsertrages begründet. In diesem Zusammenhang kommt es nicht mehr darauf an, ob - wie es der Beklagte vorträgt - das Patenkind Nr. 993 zeitweise an fünf Spender und das Patenkind Nr. 782 dreizehnmal vermittelt wurde. Entscheidend ist, dass nicht dem Spenderwillen entsprechend die Sammlung durchgeführt und der Sammlungsertrag verwendet wurde. Dass sich kein Spender über diese Vorgehensweise beklagt hat, ist unerheblich. Denn im Zweifel wusste er bis zum Jahre 1995 von Mehrfachpatenschaften nichts.
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Darüber hinaus wurden die Spender auch über das Vorliegen der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit des Klägers getäuscht. Bereits durch Bescheid des Finanzamts ... vom 04.07.1996 wurde dem Kläger die Gemeinnützigkeit aberkannt, weil er u.a. seine satzungsgemäßen Zwecke nicht selbst, sondern durch Hilfspersonen verwirkliche und Zweifel an der vollständigen satzungsgemäßen Verwendung der eingegangenen Spenden auch deshalb bestünden, weil Frau ... einen ihr zuzurechnenden Gewerbebetrieb mit der Übernahme sämtlicher Verwaltungsaufgaben betraut habe. Dieser Bescheid ist zwischenzeitlich durch die „tatsächliche Verständigung“ vor dem Finanzgericht bestandskräftig geworden, nachdem die Beteiligten unter Nr. 1 der Vereinbarung den hierüber geführten Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Feststellungen im Bescheid muss der Kläger gegen sich gelten lassen. Obwohl der Bescheid des Finanzamts bereits am 04.07.1996 ergangen war, zog der Kläger weiterhin Spenden ein und ließ die Spender im guten Glauben über seine Gemeinnützigkeit. In den Behördenakten findet sich ein Patenschaftsantrag vom 15.01.1997, in dem immer noch Einzelheiten über die Spendenbescheinigung geregelt werden konnten. Erst im April 1997 wurden die Spender durch Presseveröffentlichungen über die Aberkennung der Gemeinnützigkeit informiert. Dass der Bescheid bereits im Juli 1996 ergangen war, wurde den Spendern nicht gesagt. Soweit der Kläger vorträgt, er habe die Aberkennung der Gemeinnützigkeit deswegen nicht mitgeteilt, weil er hoffte, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Finanzgericht Recht zu bekommen, kann er damit nicht durchdringen. Er hätte den Spendern, die im Vertrauen auf die Gemeinnützigkeit des Klägers und die Wohltätigkeit der Spende ihren Betrag geleistet haben, dies unverzüglich mitteilen müssen. Die Gemeinnützigkeit ist gerade der wesentliche Zweck einer Spende, weil dem Spender damit finanzrechtlich bekundet wird, dass seine Spende mildtätigen Zwecken zukommt (§ 52 ff. AO).
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Mit dem Verwaltungsgericht teilt der Senat die Feststellung, dass auch die vorgefundene „Sprachregelung“ mit der brasilianischen Partnerorganisation vom 08.04.1996 eher der Verschleierung der Spendengelder als der Information der Spender dienen sollte. In jenem Schreiben teilte der brasilianische Partner auf Anfrage des Klägers mit, dass er den Paten mitteilen werde, dass 75 % des Geldes nach Brasilien komme. Es ist durch nichts ersichtlich, weshalb überhaupt eine Absprache über den nach Brasilien überwiesenen Anteil der jeweiligen Spende getroffen werden musste. Soweit der Kläger hiergegen einwendet, die „Sprachregelung sei aus dem Zusammenhang gerissen“, die Aussage beziehe sich lediglich darauf, dass der Leiter der brasilianischen Partnerorganisation davon ausgehe, dass auch im laufenden Jahr schlussendlich 75 % der Beiträge in dem Projekt landen würden, erklärt dies noch nicht, weshalb hierüber eine sog. Sprachregelung für Patenbesuche in Brasilien getroffen werden musste. Ganz abgesehen davon wurden nach den Prüfberichten der ... in den Jahren 1994-1996 nur zwischen 62,5 % und 65, 4 % der Gelder für Patenschaften weitergeleitet. Hierauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend verwiesen.
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Wesentlich gegen die Zuverlässigkeit des Klägers und damit einhergehend gegen die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und die zweckentsprechende Verwendung des Sammlungsertrag spricht die Tatsache, dass er nach wie vor hauptsächlich von Frau ... gesteuert wird, obwohl sie den Kläger (und damit die Spender) über Jahre hinweg ganz erheblich geschädigt hat: Mit Urteil des Landgerichts Mannheim vom 15.07.2005 (...) wurde sie auf ihr Geständnis hin wegen Untreue in 251 Fällen, wegen Betruges in 46 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in 45 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf der Steuerhinterziehung durch Ausstellung von Spendenbescheinigungen wurde sie freigesprochen. Aus den Gründen des rechtskräftigen Urteils, an deren Richtigkeit der Senat keinen Zweifel hat, ergibt sich, dass Frau ... dem Kläger erheblichen finanziellen Schaden zugefügt und auf diese Weise die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und die zweckentsprechende Verwendung des Sammlungsertrages vereitelt hat. Das Verwaltungsgericht stellte unter Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts Mannheim fest, dass Frau ... beim Kläger einen endgültigen Schaden in Höhe von 293.648, 73 DM verursacht hat. Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass der darin enthaltene Betrag von 94.806,-- DM, den Frau ... als Gegenleistung für Tätigkeiten zur Wiedererlangung der Gemeinnützigkeit in Anspruch genommen hat, besonders negativ hervorzuheben ist. Denn sie wusste, dass nach der Vereinssatzung ihre Tätigkeit ehrenamtlich wahrzunehmen war. Der Kläger muss sich die Handlungen seiner Organe und Mitglieder zurechnen lassen. In diesem Zusammenhang ist besonders zulasten des Klägers zu berücksichtigen, dass Frau ... wiederum zur Vereinsvorsitzenden gewählt wurde und diesen weiterhin nach außen vertritt. Ausweislich eines Protokolls zur außerordentlichen Mitgliederversammlung des Klägers vom 11.04.2003 wurde Frau ... wieder zur Vereinsvorsitzenden gewählt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte zwar im Termin zur mündlichen Verhandlung, Frau ... sei nicht mehr Vereinsvorsitzende, dieses Amt werde nunmehr von Herrn ... bekleidet. Diese Tatsache konnte allerdings durch keinerlei Urkunden etc. belegt werden. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass das Vereinsregister auch in der Vergangenheit nicht berichtigt wurde. Für den Senat ist bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit maßgeblich, dass Frau ... - gleichgültig ob als Vereinsvorsitzende oder nicht - nach wie vor maßgeblich die Geschicke des Vereins bestimmt. So erklärte der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, der Kläger bestehe nur noch aus Herrn ..., Frau ... und Frau .... Hierzu passen auch die Angaben vor dem Verwaltungsgericht am 28.02.2007, wonach der Kläger „mehr oder weniger nur noch aus der Person der Frau ...“ bestehe.
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Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass die Taten, die zum Sammlungsverbot führten, bereits in den Jahren 1995-1997 begangen wurden. Sie haben aber weiterhin Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit des Klägers. Dies gilt insbesondere deshalb, weil Frau ... nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute noch einen bestimmenden Einfluss auf den Kläger ausübt. Als ihr Bruder ... im Jahr 1996 den Vorstand des Klägers übernommen hatte, hatte sie weiterhin Einfluss auf die Geschäftsführung. Sie war als Büroleiterin tätig, nahm Akteneinsicht beim Verwaltungsgericht, nahm an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im November 2002 teil und wurde schließlich am 11.04.2003 wieder zur Vereinsvorsitzenden gewählt. In dieser Funktion wirkte sie auch an der „tatsächlichen Verständigung“ vor dem Finanzgericht am 14.09.2006 mit. Damit belegt der Kläger, dass er nach wie vor von Frau ..., der Person, die seine Unzuverlässigkeit wesentlich begründet hat, gesteuert wird. Darüber hinaus sind die Missstände in der Vergangenheit so gravierend gewesen, dass dem Kläger weiterhin die Zuverlässigkeit abgesprochen werden muss. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nur aufgrund des sofort vollziehbaren Sammlungsverbotes und der Bestellung eines Treuhänders die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und die zweckentsprechende einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages gewährleistet werden konnte.
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Aufgrund der vorgenannten Tatsachen liegen somit die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten vor. Ihm ist somit das Ermessen eröffnet, die Sammlung oder ihre Fortsetzung zu verbieten. Von diesem Ermessen hat der Beklagte rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte das Vertrauen potentieller Spender mildtätiger Sammlungen als besonders schutzwürdiges Gut ansieht. Hinzu kommt, dass der Beklagte auch den Vertrauensverlust im Einzelfall im Blick hat, der dazu führen kann, das Vertrauen in mildtätige Sammlungen insgesamt zu schädigen und somit auch den berechtigten Interessen anderer Sammelorganisationen zuwiderläuft. Dass das fiskalische Interesse der Finanzverwaltung auf die Dezimierung der Patenschaften angelegt gewesen sei, wie es der Kläger behauptet, ist für den Senat nicht ersichtlich. Gleiches gilt im Hinblick auf die Interessen der vom Kläger unterstützten Kinder. Gleichfalls hat der Beklagte rechtsfehlerfrei davon abgesehen, gegenüber dem Kläger eine Auflage als milderes Mittel zum Sammlungsverbot auszusprechen, da die Unzuverlässigkeit vom Kläger bzw. dessen Mitgliedern insgesamt ausgeht.
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Ist somit das Sammlungsverbot bereits gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 SammlG gerechtfertigt, kann dahinstehen, ob - wovon der Beklagte ausgegangen ist - auch der Verbotstatbestand des § 9 Abs. 2 Nr. 3 SammlG vorliegt.
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Die unter Nr. 3 der streitgegenständlichen Verfügung angeordnete Bestellung eines Treuhänders beruht rechtsfehlerfrei auf § 9 Abs. 4 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SammlG. Danach kann ein Treuhänder für die Verwaltung des Sammlungsertrages bestellt werden, wenn sich bei der Durchführung und Abwicklung einer Sammlung erhebliche Missstände zeigen, die eine zweckentsprechende Verwendung des Sammlungsertrages gefährden und sich nicht auf andere Weise beseitigen lassen. Wie oben dargestellt, zeigten sich bei der Durchführung und Abwicklung der Sammlung ganz erhebliche Missstände, die die Einsetzung eines Treuhänders zur Abwicklung der Sammlung erforderlich machten. Es ist erforderlich, dass der Treuhänder über alle Konten verfügen kann, auf denen sich möglicherweise Erträge der Sammlung finden können. Zu Recht weist der Beklagte darauf hin, dass es durch die Einsetzung des Treuhänders auch ermöglicht werde, die Spenden entsprechend dem Spenderwillen den jeweiligen Projekten zuzuleiten und auf diese Weise die Fortsetzung dieser Projekte zu gewährleisten. Soweit der Kläger hiergegen sinngemäß einwendet, der Treuhänder habe im Einzelfall bei der Durchführung des Treuhandverhältnisses seine Zuständigkeiten überschritten, ist diese Rechtsfrage nicht im vorliegenden Verfahren zu klären. Streitgegenständlich ist nur die Rechtmäßigkeit der Bestellung eines Treuhänders unter Nr. 3 der Verfügung vom 08.09.1998. Ob der Treuhänder die einzelnen Geldbewegungen korrekt vorgenommen hat - der Kläger nennt u. a. die fehlende Unterscheidung zwischen eigenen Mitteln des Vereins und zur Weiterleitung bestimmter Gelder - ist im vorliegenden Verfahren unerheblich. Gleiches gilt im Hinblick auf die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat, welche Forderungen nach Löschung des Vereins vorrangig zu befriedigen sind. Diese Fragen stellen sich in diesem Verfahren nicht.
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Soweit dem Kläger unter Nr. 4 der Verfügung auferlegt wird, dem Treuhänder jederzeit das Betreten der Geschäftsräume, insbesondere durch Übergabe der Schlüssel, zu ermöglichen, sowie ihm auf Anforderung sämtliche Sammlungsunterlagen einschließlich der entsprechenden elektronischen Datenträger auszuhändigen bzw. ihm den Zugang zu denselben zu ermöglichen, findet diese Anordnung ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in § 9 Abs. 4 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SammlG. Das Betretensrecht der Geschäftsräume folgt unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Satz 3 SammlG.
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Die Androhung des Zwangsgeldes unter Nr. 5 der angefochtenen Verfügung ist rechtmäßig. Sie beruht auf §§ 2, 19 Abs. 1 Nr. 1, 20, 23 LVwVG. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr in Höhe von 500 DM, die der Kläger ohne weitere Begründung anficht, lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
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Die Klage ist somit mit dem Hauptantrag abzuweisen. Auch der Hilfsantrag festzustellen, dass von der streitgegenständlichen Verfügung vom 08.09.1998 nicht Spenden erfasst sind, die aus anderen Bundesländern als Baden-Württemberg oder dem Ausland stammen, hat keinen Erfolg. Wie bereits oben dargelegt, ist der Beklagte zuständige Sammlungsbehörde. Da der Kläger seinen Sitz im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hat, erstreckt sich das Sammlungsverbot auch auf Spenden, die nicht aus Baden-Württemberg gesammelt wurden.
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Die Revision ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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Beschluss vom 09. Februar 2010
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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