Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Mai 2018 - W 8 K 17.689

bei uns veröffentlicht am07.05.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unter entsprechender Aufhebung des Bescheids der Regierung von Unterfranken vom 31. Mai 2011 in der Fassung des Bescheids der Regierung von Unterfranken vom 13. November 2017, soweit sie dem Klagebegehren entgegenstehen, eine unbeschränkte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis einschließlich 31. Dezember 2014 zu erteilen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer unbeschränkten Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung für einen bestimmten Zeitraum.

1. Die Klägerin betrieb bis zum 1. Januar 2015 ein Nachhilfeinstitut in Aschaffenburg, mit dem sie Schüler auf den qualifizierten Hauptschulabschluss und Realschulabschluss vorbereitete.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2011 beantragte einer der Gesellschafter für die Klägerin bei der Regierung von Unterfranken die Erteilung einer Bescheinigung für eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) Umsatzsteuergesetz (UStG).

Mit Schreiben vom 2. Februar 2011 wies die Regierung von Unterfranken darauf hin, dass die begehrte Bescheinigung nicht erteilt werden könne, da die vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte teilweise fachlich nicht geeignet seien, und gab der Klägerin bis zum 28. Februar 2011 Gelegenheit zur Stellungnahme und Nachreichung von Unterlagen.

2. Mit Bescheid vom 31. Mai 2011, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 7. Juni 2011, lehnte die Regierung von Unterfranken die Erteilung einer Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. September 2010 bereite ein Nachhilfeinstitut nur dann ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor, wenn mindestens 25% der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen besäßen und die übrigen Nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet seien. Zwar seien am 1. Januar 2011 insgesamt zwei der acht vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte im Besitz einer Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen gewesen, aber die übrigen sechs Lehrkräfte seien teilweise fachlich nicht geeignet. Nach Auffassung der Regierung von Unterfranken sei die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geforderte fachliche Eignung der übrigen 75% der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte nur dann gegeben, wenn der Betreffende einen Diplomabschluss, einen Masterabschluss, ein Lehramtsstudium oder 2/3 des Studiums der jeweiligen Fachrichtung absolviert habe. Ein erfolgreich abgelegtes Abitur sei nicht ausreichend für die Erteilung von steuerlich begünstigtem Nachhilfeunterricht. Aufgrund dessen seien von den übrigen sechs Nachhilfelehrkräften einzig Herr B. und Herr Ho. fachlich geeignet. Die Lehrkräfte Frau B., Herr H., Herr R. und Frau Z. seien folglich weder pädagogisch noch fachlich geeignet. Frau B. habe einen Magisterabschluss im Hauptfach „Vor- und Frühgeschichte“ erfolgreich abgelegt und könnte deshalb sicherlich eine fachliche Eignung für das Lehrfach Geschichte vorweisen. Für die Fächer Deutsch und Englisch könne sie hingegen keine ausreichende fachliche Eignung nachweisen.

3. a) Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2011, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die Klägerin das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30. September 2010 (Az. 21 B 09.140) aufgestellte Kriterium, dass mindestens 25% der vorgehaltenen Lehrkräfte die Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen haben, erfülle. Für das vom Beklagten aufgestellte Kriterium, dass eine fachliche Eignung der übrigen Lehrkräfte nur gegeben sei, wenn die betreffende Lehrkraft einen Diplomabschluss, einen Masterabschluss oder ein Lehramtsstudium absolviert habe oder zumindest zwei Drittel des Studiums der jeweiligen Fachrichtung absolviert hätte, finde sich keinerlei Anhaltspunkt in den gesetzlichen Vorschriften, die die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bildeten. Nicht nachvollziehbar sei, warum der Beklagte auf das Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 19. Mai 2011 hin das im Bescheid nunmehr ersichtliche Kriterium, dass 75% der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte weitere besondere Voraussetzungen mitbringen müssten, nicht genannt habe. Wenn das 75% -Kriterium von vornherein bekannt gewesen wäre, hätte die Klägerin entscheiden können, in welcher Form sie ihre Nachhilfeeinrichtung fortführe oder unter Umständen vollständig einstelle. Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 7. Juli 2011 wird ergänzend verwiesen.

b) Mit Beschluss vom 18. Januar 2012 setzte das Gericht das Verfahren bis zur Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in einem vergleichbaren Fall aus. Das Verfahren wurde mit Gerichtsbeschluss vom 7. Juli 2017 wieder aufgenommen.

Mit Schriftsatz vom 2. November 2017 ließ die Klägerin ergänzend vortragen, dass sie ihr Gewerbe zum 1. Januar 2015 abgemeldet habe. Es gehe im vorliegenden Verfahren somit um die Umsatzsteuerbefreiung bis einschließlich 1. Januar 2015. Die in der Verwaltungsakte genannten Lehrkräfte hätten bis zum Schluss Nachhilfeunterricht bei der Klägerin gegeben. Weitere Mitarbeiter seien nicht hinzugekommen. Im vorliegenden Fall sei sogar die besondere Anforderung des Verwaltungsgerichtshofs, dass 25% der eingesetzten Lehrer das zweite Staatsexamen für das Lehramt haben müssten, erfüllt gewesen. Zur Beurteilung der Qualifikation werde auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2017 verwiesen. Nach den hier vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen verfügten alle in diesem Institut tätigen Lehrkräfte über die ausreichende Qualifikation, um auf eine ordnungsgemäße Prüfung für den Haupt- und Realschulabschluss vorzubereiten.

4. Mit Bescheid vom 13. November 2017 erteilte die Regierung von Unterfranken unter Abänderung des Bescheids vom 31. Mai 2011 die Bescheinigung, dass die von der Klägerin betriebene Nachhilfeeinrichtung nach Maßgabe der unter Ziffer 2 und 3 dieses Bescheids getroffenen Regelungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Nach Ziffer 3 des Bescheids gilt die Bescheinigung ausschließlich für näher bestimmte Lehrkräfte und Fächer. Im Übrigen wird der Antrag für folgende Lehrkräfte / Fächer abgelehnt (Ziffer 4):

– Herr B. Latein

– Frau B. Deutsch, Englisch

– Herr Sch. Technik, Sozialkunde

– Frau Z. Mathematik, Deutsch, Latein

Zur Begründung wird ausgeführt, dass bezüglich Herrn Sch., welcher in den Fächern Technik und Sozialkunde unterrichte, lediglich eine Urkunde über die Ernennung zum Studienrat vorgelegt worden sei. Weitere Angaben und/oder Nachweise zu den von Herrn Sch. studierten Fächern bzw. entsprechender fachbezogener Fort-/Weiterbildungen oder Zusatzqualifikationen seien nicht erbracht worden. Eine grundlegende pädagogische Befähigung sei zwar anhand des offensichtlich abgelegten Lehramtsstudiums zweifelsfrei gegeben, jedoch könne kein Bezug zu den unterrichteten Themen/Fächern nachgewiesen werden.

Im Falle des Herrn B. sei durch Zeugnis das Bestehen der Ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (Grund und Hauptschulen) mit den Prüfungsfächern Psychologie, Deutsch und Geschichte nachgewiesen worden. Ergänzend hierzu seien Belege über verschiedene Fort- und Weiterbildungen sowie Tätigkeiten in den Fachbereichen Psychologie, Geschichte und Gemeinschaftskunde vorgelegt worden. Herr B. unterrichte neben Deutsch auch im Fach Latein, für welches anhand der vorgenannten Unterlagen keine fachbezogene Qualifikation erkennbar sei.

Des Weiteren unterrichte Frau B. Deutsch und Englisch. Als Qualifikationsnachweise seien neben dem Abiturzeugnis noch ein Zeugnis über die bestandene Magisterprüfung in Vor- und Frühgeschichte, klassischer Archäologie und mittelalterliche Geschichte, eine Bestätigung des Balthasar Neumann Gymnasiums M. über Unterrichtstätigkeit im Fach Geschichte sowie ein Zeugnis über die Ergänzungsprüfung in lateinischer Sprache (Latinum) vorgelegt worden. Ein Fachbezug zu den gegenständlichen Fächern Deutsch und Englisch bestehe hier nicht, im Abiturzeugnis seien lediglich „befriedigende“ Ergebnisse erzielt worden. Da in der Regel Schüler mit Verständnisproblemen und mangelhaften schulischen Leistungen Nachhilfe in Anspruch nähmen, bedürfe es seitens der dortigen Lehrkräfte für Vermittlung, Vertiefung und Wiederholung des Lehrstoffes – insbesondere bei auftretenden Problemen – eines Wissensniveaus, welches erkennbar über dem der Nachhilfeschüler liege. Sofern hier nicht nachweisbare Aus-, Fort- und/oder Weiterbildungen mit klarem Fachbezug (z. B. Studium im jeweiligen Fach) vorlägen, sei letztendlich auf die Ergebnisse im Abiturzeugnis abzustellen. Die Ergebnisse im entsprechenden Fach sollten mindestens „gut“ (10-12 Punkte) oder „sehr gut“ (13-15 Punkte) sein, um zu gewährleisten, dass der Unterrichtsstoff im erforderlichen Maße verstanden worden und anwendbar sei. Frau B. erfülle diese Voraussetzungen mit einem Gesamtdurchschnitt von 9,8 Punkten in Deutsch sowie 8,4 Punkten in Englisch – beides Note „befriedigend“ – nicht.

Ebenso könne bei Frau Z. als Studentin der Rechtswissenschaften mit Unterrichtstätigkeit in Mathematik, Latein und Deutsch mangels eines fachlichen Zusammenhangs zwischen Studium und (Nachhilfe-)Lehrtätigkeit nur das Abiturzeugnis zur Beurteilung der erforderlichen Eignung herangezogen werden. Da hier lediglich „befriedigende“ Ergebnisse erzielt worden seien (Mathematik: 8,8; Latein: 9,2 und Deutsch: 9,5 Punkte), könne auch nicht von der geforderten (fachlichen) Eignung ausgegangen werden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte mit Schriftsatz vom 10. Januar 2018 den Rechtsstreit insoweit für erledigt, als die Beklagte in ihrem Bescheid vom 13. November 2017 teilweise Abhilfe gemäß der Ziff. 1 und 2 des Bescheides gesorgt hat, hinsichtlich der Ziffern 3 bis 6 des Bescheides bleibe es bei dem anhängigen Verfahren. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Februar 2018 wurde von dem Verfahren W 8 K 17.689 das Klagebegehren abgetrennt, soweit ihm durch die Nr. 1 und 2 des Bescheids der Regierung von Unterfranken vom 13. November 2017 abgeholfen wird. Dieses wurde unter dem Aktenzeichen W 8 K 18.203 fortgeführt und eingestellt.

5. Mit Schriftsatz vom 28. November 2017 ließ die Klägerin im Hinblick auf die Feststellungen in dem Bescheid vom 13. November 2017 vorbringen, dass alle vier genannten Nachhilfelehrer, für deren Unterricht die Umsatzbefreiung abgelehnt worden sei, sehr wohl über eine ausreichende Qualifikation zur Erteilung von Nachhilfe zur Vorbereitung auf den Hauptschul- bzw. Realschulabschluss verfügen würden. Sowohl Herr Sch. als auch Herr B. hätten die erste Prüfung zum Lehramt an Grund- und Hauptschulen abgelegt. Sie würden über die entsprechenden Kenntnisse ihrer Nachhilfefächer verfügen, die von Ihnen schon über einen längeren Zeitraum hinweg auch unterrichtet worden seien, sodass von einer entsprechenden Qualifikation auszugehen sei. Lediglich wenn der erforderliche Wissensstand für einen Hauptschul- oder Realschulabschluss beim Nachhilfelehrer nicht vorliegen sollte, wäre eine fachbezogene Qualifikation nicht gegeben. Beide Herren hätten jedoch ein Studium absolviert und das Abitur gerade auch in den Fächern abgelegt, die sie unterrichtet hätten. Auch hinsichtlich der Nachhilfelehrerin Frau B. liege als Qualifikationsnachweis das Abiturzeugnis vor, mit dem nachgewiesen sei, dass eine fachliche Qualifikation von Frau B. über dem Niveau Hauptschul- und Realschulabschluss gegeben sei. Warum eine befriedigende Note im Abitur nicht ausreichend sein solle, um fachlich Nachhilfe in diesem Fach zur Vorbereitung auf den Hauptschul- oder Realschulabschluss zu geben, werde seitens der Beklagten nicht näher begründet. Ein bestimmter Notendurchschnitt als Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung existiere nicht. Das gleiche gelte für die als Nachhilfelehrerin seinerzeit tätige Studentin, Frau Z. Mit der Klage vom 7. Juli 2011 begehre die Klägerin in Ziffer 2 die Beklagte zu verpflichten, die Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ohne Einschränkung zu erteilen. Die jetzt erteilte Bescheinigung vom 13. November 2017 enthalte noch Einschränkungen, die dazu führen würden, dass die Umsatzsteuerbefreiung vom Finanzamt möglicherweise nicht vollständig anerkannt werde. Der jetzt vorliegende Bescheid vom 13. November 2017, der die Klägerin weiterhin beschwere, werde damit Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsrechtsstreites.

Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017 ließ die Klägerin darauf hinweisen, dass die Beklagtenseite mit Bescheid vom 6. März 2007 der Klägerin bzw. den Klägern bereits einmal eine Umsatzsteuerbefreiung erteilt habe, obwohl Nachhilfeunterricht in dem Institut auch damals schon von Frau B. gegeben worden sei. In der aktuellen Bescheinigung vom 13. November 2017 werde Frau B. die Qualifikation wieder abgesprochen, obwohl sie offiziell seit 2007 in H. das Nachhilfeinstitut betreibe und davor bereits auch etwa fünf Jahre im Nachhilfebereich tätig gewesen sei.

Auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 2. November 2017, 28. November 2017, 5. Dezember 2017 und vom 10. Januar 2018 wird ergänzend verwiesen.

6. Die Regierung von Unterfranken wendete sich für den Beklagten mit Schriftsatz vom 22. Juli 2011 gegen die Klage. Zur Begründung würde ergänzend zur Begründung im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, dass Sinn und Zweck der Umsatzsteuerbefreiung für Nachhilfeinstitute die Förderung und Verbilligung von Bildung und die Herbeiführung einer steuerlichen Gleichbehandlung der privaten und öffentlichen Schulen sei. Eine solche Gleichbehandlung sei nur gerechtfertigt, wenn das Unterrichtsangebot entsprechend sei und die eingesetzten Lehrkräfte eine dem Lehrpersonal an öffentlichen Schulen vergleichbare Qualifikation besäßen. Wenn die Beklagte rüge, dass sie vor dem Erlass des ablehnenden Bescheides nicht ausreichend angehört worden sei, so treffe dieses nicht zu. Dem Vertreter der Klägerin sei die Rechtsauffassung der Beklagten in mehreren Schreiben (vom 4. März 2011, 31. März 2011, 17. Mai 2011) mitgeteilt worden.

Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2017 brachte die Regierung von Unterfranken vor, das Bundesverwaltungsgericht habe bezüglich der fachlichen und pädagogischen Eignung der eingesetzten Lehrkräfte klargestellt, dass der Nachhilfeunterricht andere fachliche und pädagogische Anforderungen an die jeweilige Lehrkraft stelle, als der reguläre Unterricht an öffentlichen Schulen, da dieser als Ergänzung des Schulunterrichts und zur Beseitigung von Wissenslücken oder Verständnisschwierigkeiten der Schüler diene. Die eingesetzten Lehrkräfte müssten daher in der Lage sein, den im regulären Schulunterricht behandelten Unterrichtsstoff nachzuvollziehen, die insoweit bestehenden Wissenslücken und Verständnisprobleme des einzelnen Nachhilfeschülers zu erkennen und ihn insoweit gezielt zu fördern. Dies erfordere aber andererseits, dass die Lehrkraft fachlich im Hinblick auf die unterrichteten Fächer ein Wissensniveau aufweise, welches erkennbar über demjenigen der Schüler liege. Die von Seiten der Beklagten aufgestellten Kriterien stellten dabei ein objektives und geeignetes Mittel dar, um dieses Wissensniveau zu gewährleisten. Bezüglich der Lehrkräfte Herr Sch. und Herr B. fehle es an jeglichen Nachweisen in Bezug auf deren fachliche Eignung in den unterrichteten Fächern: Zum Nachweis der Eignung von Herrn Sch. sei seitens des Klägers eine Urkunde der Regierung von Unterfranken vom 5. Mai 2002 über die Ernennung zum Studienrat vorgelegt worden. Herr Sch. unterrichte in dem Institut des Klägers in den Fächern Technik und Sozialkunde. Weitere Angaben und/oder Nachweise zu den von Herrn Sch. studierten Fächern bzw. entsprechender Fort-/Weiterbildungen oder Zusatzqualifikationen seien nicht erbracht worden. Zwar könne eine grundlegende pädagogische Befähigung von Herrn Sch. mit der vorgelegten Urkunde zweifelsfrei nachgewiesen werden. Hieraus ergäben sich jedoch keinerlei Nachweise für die fachliche Eignung. Im Fall von Herrn B. sei seitens des Klägers das Zeugnis über das Bestehen der Ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (Grund- und Hauptschule) mit den Prüfungsfächern Psychologie, Deutsch und Geschichte nachgewiesen worden. Ergänzend seien Belege über verschiedene Fort- und Weiterbildungen sowie Tätigkeiten in den Fachbereichen Psychologie, Geschichte und Gemeinschaftskunde vorgelegt worden. In dem Nachhilfeinstitut des Klägers unterrichte Herr B. neben Deutsch auch im Fach Latein. Für das Fach Latein seien jedoch keine fachbezogenen Qualifikationsnachweise vorgelegt worden. Das Bestehen der Ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen befähige aber nicht per se zu Erteilung von Unterricht im Fach Latein. Entsprechendes gelte bezüglich der Lehrkräfte Frau B. und Frau Z. Auch hier habe ein Nachweis bezüglich der erforderlichen fachlichen Eignung nicht geführt werden können. Der Rückgriff auf das Abiturzeugnis stelle bereits das absolute Minimum bezüglich des Nachweises der erforderlichen fachlichen Eignung dar. Um hiermit die Erfüllung eines qualitativen Mindestniveaus zu gewährleisten, seien dann jedoch zumindest Ergebnisse mit der Bewertung „gut“ oder „sehr gut“ nachzuweisen. Wollte man per se als fachliche Eignung das Absolvieren des Abiturs genügen lassen, so wäre eine Überprüfung des Wissensniveaus anhand objektiver Kriterien überhaupt nicht mehr möglich und würde das Bescheinigungsverfahren damit überflüssig machen. Dies sei aber scheinbar vom Gesetzgeber so nicht gewollt, da ansonsten Nachhilfeeinrichtungen per se von der Umsatzsteuer befreit worden wären. Die Frage, wie die Finanzbehörden mit der beschränkten Erteilung der Umsatzsteuerbefreiung umgingen, sei nicht entscheidungserheblich. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 27. April 2017 ausdrücklich klargestellt, dass die Bescheinigung, wenn der überwiegende Teil der eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung aufweise, auf den Unterricht dieser Lehrkräfte beschränkt werden könne.

Im Schriftsatz vom 13. Dezember 2017 führte die Regierung von Unterfranken aus, dass die Änderung der Rechtsprechung bezüglich der Erteilungsvoraussetzungen und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der 25% Quote, sowie die eröffnete Möglichkeit der Beschränkung der Bescheinigung auf die fachlich geeigneten Lehrkräfte, sich für die Beklagte erst aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2017 ergebe und es rechtfertige, dass die Beklagte nunmehr bezüglich der Erteilungsvoraussetzungen neue Kriterien aufstelle, die eine objektive Überprüfung der Eignung der eingesetzten Lehrkräfte ermögliche. Darüber hinaus möge es zwar sein, dass sich Frau B. aufgrund der jahrelangen Praxis die erforderliche Kenntnis zur Erteilung von Nachhilfeunterricht angeeignet habe und der Unterricht auch durchaus förderlich für die Schüler sein möge. Sinn und Zweck der Umsatzsteuerbefreiung sei die Gleichbehandlung mit entsprechenden staatlichen Einrichtungen. Diese Gleichstellung sei jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die in der Einrichtung eingesetzten Lehrkräfte über ein qualitatives Mindestniveau verfügen würden. Die Kenntnisse von Frau B. in den Fächern Deutsch und Englisch seien anhand der vorgelegten Nachweise nicht verifizierbar. Die Aneignung der Kenntnisse aufgrund der jahrelangen Nachhilfetätigkeiten durch Frau B. stelle ein seitens der Beklagten objektiv nicht überprüfbares Kriterium dar. Darüber hinaus sei noch anzumerken, dass die Bescheinigung vom 6. März 2007 im hier vorliegenden Verfahren nicht streitgegenständlich sei und zudem aufgrund der Befristung bis zum 31.12.2010 keinerlei Wirkung auf das neue Antragsverfahren entfalte.

Auf die Schriftsätze der Regierung von Unterfranken vom 22. Juli 2011, 16. November 2017, 6. Dezember 2017, 13. Dezember 2017 und 17. Januar 2017 wird im Übrigen Bezug genommen.

7. In der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2018 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Regierung von Unterfranken vom 31. Mai 2011 in der Fassung des Bescheides der Regierung von Unterfranken vom 13. November 2017, soweit sie dem Klagebegehren entgegenstehen, eine unbeschränkte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis einschließlich 31. Dezember 2014 zu erteilen.

Der Beklagtenvertreter beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, weil die Klägerin einen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Bescheinigung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 Var. 1 VwGO statthaft, weil sich die Erteilung der Bescheinigung als selbständiger Verwaltungsakt darstellt (BFH, U.v. 3.5.1989 – V R 83/84 – juris).

Der Klage zugrunde liegt der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 31. Mai 2011 in der Fassung des Bescheids der Regierung von Unterfranken vom 13. November 2017, soweit durch die Änderung die Beschwer nicht beseitigt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 79 Rn. 3, 17). Die Regierung von Unterfranken hat nach Klageerhebung unter Abänderung des Bescheids vom 31. Mai 2011 den Bescheid vom 13. November 2011 erlassen.

Die Klägerin ist insbesondere auch gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig, da es sich bei ihr um eine Vereinigung handelt, der ein Recht zustehen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen. Soweit sie in diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie, ohne juristische Person zu sein, rechtsfähig (vgl. BGH, U.v. 29.1.2001 – II ZR 331/00 – juris). Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Beteiligtenfähigkeit nicht abgesprochen werden (VG Würzburg, U.v. 23.1.2009 – W 6 K 08.1848 – juris). Auch wenn die Klägerin ihr Gewerbe zum 1. Januar 2015 abgemeldet hat, bleibt sie jedenfalls bis zum Abschluss der Abwicklung beteiligtenfähig (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 61 Rn. 3). Angesichts der anhängigen gegenständlichen Klage ist die Gesellschaft noch nicht vollständig abgewickelt.

2. Die Klage ist begründet, weil die Klägerin einen Anspruch auf die Erteilung der von ihr begehrten (unbeschränkten) Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG hat. Der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 31. Mai 2011 in der Fassung des Bescheids der Regierung von Unterfranken vom 13. November 2017 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

Nach dieser Vorschrift sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei: die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

Die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist ein Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 Satz 1 Abgabenordnung (AO). Die zuständige Landesbehörde prüft dabei allein, ob auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet wird. Ein Handlungsermessen verbleibt ihr insoweit nicht. Die Beurteilung der übrigen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG obliegt der Finanzverwaltung, die insoweit der vollen Kontrolle der Finanzgerichte unterliegt (BVerwG, U.v. 27.4.2017 – 9 C 6/16 – juris Rn. 13 f. m.w.N.).

Der im Nachhilfeinstitut der Klägerin erteilte Nachhilfeunterricht bereitet ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist die steuerlich privilegierte Leistung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG dann ordnungsgemäß, wenn sie objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen, wobei nur „Mindestqualifikationen“ gefordert werden dürfen (BVerwG, U.v. 3.12.1976 – 7 C 73.75 – juris; BVerwG, U.v. 27.4.2017 – 9 C 6/16 – juris).

Von der erforderlichen Seriosität des Instituts und der objektiven Eignung der streitgegenständlichen Maßnahme zur Prüfungsvorbereitung ist hier auszugehen. Gegenteilige Anhaltspunkte wurden nicht vorgebracht.

a) Nach Überzeugung des Gerichts ist vorliegend die fachliche Eignung des eingesetzten Lehrpersonals zu bejahen. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist nicht als Mindestmaß der Qualifikation der entsprechenden Nachhilfelehrkräfte der Nachweis von Abiturergebnissen mit den Noten „gut“ oder „sehr gut“ erforderlich. Vielmehr ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die eingesetzten Lehrkräfte für den konkreten, von ihnen zu erteilenden Unterricht jeweils geeignet sind, insbesondere ihre fachlichen und pädagogischen Kenntnisse und Fähigkeiten den Anforderungen gerecht werden, die der jeweilige Unterricht an sie stellt (vgl. BVerwG, U.v. 27. 4. 2017 – 9 C 6/26 – juris).

So lässt sich dem Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG nicht entnehmen, dass die Lehrkraft eine bestimmte Abiturnote aufweisen muss. Ebenso wenig ergibt sich dies zwingend aus Sinn und Zweck der Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, der neben der Förderung solcher Leistungen in deren steuerlicher Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG in der bis zum Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) geltenden Fassung nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Bildungsträgern besteht (BVerwG, U.v. 12.6.2013 – 9 C 4.12 – juris).

Insbesondere sind nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip im Hinblick auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem; ABl. Nr. L 347 S. 1) nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Die Bescheinigungsvoraussetzungen sind im Interesse einer wirksamen Anwendung des Unionsrechts bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Schul- und Hochschulunterricht ist dabei nicht auf Unterricht beschränkt, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern umfasst auch andere Tätigkeiten, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, soweit diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, U.v. 14.6.2007 – C-445/05, Haderer – juris, Rn. 26; BVerwG, U.v. 27.4.2017, a.a.O., Rn. 22). Damit die für die Steuerbefreiung erforderliche Bescheinigung hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen erteilt werden kann, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, dürfen die Qualitätsanforderungen, die § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG an die Prüfungsvorbereitung stellt, über ein „qualitatives Mindestniveau“ nicht hinausgehen (BVerwG, U.v. 27.4.2017, a.a.O. – juris Rn. 25). Für eine ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung reicht es daher aus, wenn die eingesetzten Lehrkräfte für den konkreten, von ihnen zu erteilenden Unterricht jeweils geeignet sind, insbesondere ihre fachlichen und pädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten den Anforderungen gerecht werden, die der jeweilige Unterricht an sie stellt (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2017, a.a.O., Rn. 25).

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2017 (Az. 9 C 6/16) stellt der Nachhilfeunterricht andere fachliche und pädagogische Anforderungen an die Lehrkraft als der reguläre Unterricht an öffentlichen Schulen. Er dient – anders als der reguläre Unterricht – der Ergänzung des Schulunterrichts, ist auf bestimmte Fächer beschränkt, in denen der Schüler Wissenslücken oder Verständnisschwierigkeiten hat und dient zu deren Beseitigung. In der Regel knüpft der Nachhilfeunterricht dabei an den in der Schule gelehrten Stoff an und wiederholt und vertieft ihn. Zudem wird er anders als der Unterricht in der Schule in der Regel nicht in großen Klassen erteilt, sondern in kleinen Gruppen oder im Einzelunterricht. Die Nachhilfelehrer müssen damit in der Lage sein, den im regulären Schulunterricht behandelten Unterrichtsstoff nachzuvollziehen, die insoweit bestehenden Wissenslücken und Verständnisprobleme des einzelnen Nachhilfeschülers zu erkennen und insoweit gezielt individuell zu fördern. Es übersteigt daher das für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG höchstens zu fordernde qualitative Mindestniveau, wenn an die erforderliche Eignung von Nachhilfelehrern Anforderungen gestellt werden, die sich nicht an den Erfordernissen des Nachhilfeunterrichts orientieren (BVerwG, U.v. 27.4.2017, a.a.O, juris Rn. 26), sondern an bestimmten Abiturnoten.

Unter Beachtung dieser dargestellten Grundsätze ist die fachliche Eignung der Frau B., in den Fächern Deutsch und Englisch Nachhilfeunterricht zu erteilen, zu bejahen. Deutsch und Englisch waren jeweils als Leistungskursfach Abiturprüfungsfächer der genannten Nachhilfelehrkraft, wobei sie in der Abiturprüfung jeweils 9 Punkte erzielt hat. Der Punktedurchschnitt in der Oberstufe betrug im Fach Deutsch 10 Punkte und im Fach Englisch 8,25 Punkte. Somit wurde zumindest im Fach Deutsch in der Oberstufe selbst die vom Beklagten geforderte und als mindestens erforderlich gesehene Note „gut“ erzielt. Angesichts dessen, dass Frau B. Englisch und Deutsch als Leistungskursfächer hatte und darin eine Abiturprüfung erfolgreich abgelegt hat, wird sie den Anforderungen gerecht, die der Nachhilfeunterricht in diesen Fächern für die Vorbereitung auf den Hauptschul- bzw. Realschulabschluss stellt. Es ist angesichts dieser Qualifikation davon auszugehen, dass die Lehrkraft fähig ist, Wissenslücken und Verständnisschwierigkeiten des einzelnen Nachhilfeschülers zu erkennen und diesen insoweit gezielt zu fördern. Allein durch die bestandene Abiturprüfung weist die Nachhilfelehrerin vorliegend ein Wissensniveau auf, welches erkennbar über dem Niveau der Nachhilfeschüler, die auf die Prüfung für den Hauptschul- bzw. Realschulabschluss vorbereitet werden sollen, liegt und erfüllt somit die vom Beklagten selbst genannte Voraussetzung. Weshalb insoweit – wie vom Beklagten gefordert – nur Abiturergebnisse mit den Noten „gut“ oder „sehr gut“ ausreichen sollten, ist im Hinblick darauf, dass § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG lediglich Mindestanforderungen stellt, nicht ersichtlich, unabhängig von der Frage, ob dann auf den Leistungsdurchschnitt in der gesamten Oberstufe oder nur auf die Abiturprüfung selbst abzustellen wäre und ob nicht der Notendurchschnitt von – wie vorliegend 9,8 Punkte in Deutsch auf 10 Punkte und damit die Note „gut“ – aufzurunden wäre.

Auch die fachliche Eignung des Herrn B. für den Latein-Nachhilfeunterricht ist unter Verweis auf die obigen Ausführungen zu bejahen. Er hat ein Lehramtsstudium absolviert und nach Angaben des Bevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 28. November 2017 das Abitur in den Fächern abgelegt, die er unterrichtete. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Nachhilfeunterricht der Vorbereitung auf die Prüfung für den qualifizierten Hauptschulabschluss und Realschulabschluss diente und sich somit auf den Lateinunterricht bis maximal zur Mittelstufe des Gymnasiums beschränkte. Angesichts der Ausbildung des Herrn B. ist davon auszugehen, dass er sich entsprechend auf den Nachhilfeunterricht vorbereiten konnte und fachlich geeignet war. Hierfür spricht auch seine mehrjährige erfolgreiche Berufstätigkeit als Lehrkraft an einem Internat (vgl. Behördenakte Bl. 6).

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Nachhilfelehrkraft Herrn Sch. für die Fächer Technik und Sozialkunde. Dieser wurde 2002 zum Studienrat ernannt und hat Abitur. Unabhängig davon, ob er die genannten Fächer als Abiturfächer hatte bzw. ob es „Technik“ an sich als eigenständiges Abiturfach gibt, ist allein anhand seiner Qualifikation von der fachlichen Eignung des Herrn Sch. auszugehen, sich auf den Nachhilfeunterricht selbst in geeigneter Weise vorzubereiten, dass er den Nachhilfeschüler in geeigneter Weise fördern kann.

Auch die fachliche Eignung von Frau Z. als Studentin der Rechtswissenschaften für den Nachhilfeunterricht in Mathematik, Deutsch und Latein kann angesichts der abgelegten Abiturprüfung bejaht werden. Bei Latein handelt es sich um ein Abiturprüfungsfach von Frau Z., in dem sie in der Abiturprüfung 10 Punkte („gut“) erzielte und im Verlauf der Oberstufe einen Durchschnitt von 9 Punkten. Bei Mathematik handelt es sich ebenfalls um ein Abiturprüfungsfach mit dem Ergebnis von 7 Punkten in der Abiturprüfung und 9,25 Punkten im Durchschnitt in der Oberstufe. In Deutsch hatte Frau Z. in der Oberstufe einen Durchschnitt von 9,5 Punkten („gut“). Damit hatte Frau Z. zumindest in zwei der von ihr unterrichteten Nachhilfefächer sogar die vom Beklagten geforderte Note „gut“. Auf die obigen Ausführungen wird im Übrigen verwiesen.

b) Die pädagogische Eignung der Nachhilfelehrkräfte ist hier ebenfalls zu bejahen. So haben Herr B. und Herr Sch. die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen bzw. Grund- und Hauptschulen bestanden, Herr Sch. wurde zum Studienrat ernannt und Frau B. wurde 2003 von einem Gymnasium bescheinigt, in den letzten vier Jahren im Rahmen von Unterrichtsprojekten der 6. Klassen sehr anschaulich und erfolgreich Geschichtsstunden gestaltet zu haben. Somit handelt es sich hierbei um Personen mit ausgeprägten pädagogischen Neigungen.

Auch hinsichtlich der als Nachhilfelehrerin eingesetzten Studentin der Rechtswissenschaft, Frau Z., gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr die pädagogische Eignung für den Nachhilfeunterricht gefehlt hat. Insbesondere ist hier angesichts der pädagogischen Eignung der übrigen Lehrkräfte und angesichts dessen, dass mindestens 25% der im maßgeblichen Zeitraum insgesamt vorgehaltenen Lehrkräfte über eine Lehramtsbefähigung an einer öffentlichen Schule verfügten (s. Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 31. Mai 2011), sichergestellt, dass diese bei pädagogischen Fragen der übrigen Lehrkräfte diesen unterstützend und beratend zur Seite standen und der Austausch gewährleistet war (vgl. BayVGH, U.v. 30.9.2010 – 21 B 09.140 – juris Rn. 31, VG Augsburg, U.v. 12.9.2012 – Au 6 K 11.1580 – juris Rn. 26).

Nach alledem hat die Klage Erfolg.

3. Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Mai 2018 - W 8 K 17.689 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Abgabenordnung - AO 1977 | § 171 Ablaufhemmung


(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann. (2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2001 - II ZR 331/00

bei uns veröffentlicht am 29.01.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL und VERSÄ UMNISURTEIL II ZR 331/00 Verkündet am: 29. Januar 2001 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Apr. 2017 - 9 C 6/16

bei uns veröffentlicht am 27.04.2017

Tatbestand 1 Der Kläger verfolgt mit der Revision seine auf die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gerichtete Verpflichtungskl

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
und
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 331/00 Verkündet am:
29. Januar 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit
sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten
begründet.

b) In diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozeß aktiv- und passiv parteifähig.

c) Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts persönlich haftet, entspricht das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit
der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen
bei der OHG (Akzessorietät) - Fortführung von BGHZ 142, 315.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00 – OLG Nürnberg
LG Ansbach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. März 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und hinsichtlich der Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Vorbehaltsurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ansbach vom 26. November 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte zu 1 neben den Beklagten zu 2 und 3 wie eine Gesamtschuldnerin verurteilt wird.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4 trägt die Klägerin. Die Beklagten zu 1, 2 und 3 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Hinsichtlich des ersten Rechtszuges tragen die Beklagten zu 2 und 3 gesamtschuldnerisch und daneben die Beklagte zu 1 wie eine Gesamtschuldnerin 3/4 und die Klägerin 1/4 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in den Rechts- mittelinstanzen sowie die Gerichtskosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1 je zur Hälfte. Die Gerichtskosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1 zu 1/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin klagt im Wechselprozeß auf Zahlung der Wechselsumme von 90.000,00 DM zuzüglich Nebenforderungen gegen die Beklagte zu 1, eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Wechselakzeptantin und die früheren Beklagten zu 2 und 3 als deren Gesellschafterinnen. Die Haftung des Beklagten zu 4 für die Wechselforderung leitet sie aus Rechtsscheinsgesichtspunkten her. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß gesamtschuldnerisch zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagte zu 1 im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die sie betreffende Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82).
Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage wendet. Im übrigen ist sie unbegründet.

A.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage gegen die Beklagte zu 1 unzulässig, weil es sich bei dieser um eine nicht parteifähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Senat hält es unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung für geboten, die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts in dem Umfang als im Zivilprozeß parteifähig anzusehen (§ 50 ZPO), in dem sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann.
I. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (BGHZ 116, 86, 88; 136, 254, 257; im Ansatz auch bereits BGHZ 79, 374, 378 f.). Soweit sie in
diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig (vgl. § 14 Abs. 2 BGB).
1. Über die Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich im Gesetz keine umfassenden und abschließenden Regeln. Im ersten Entwurf des BGB war die Gesellschaft nach römischrechtlichem Vorbild als ein ausschließlich schuldrechtliches Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern ohne eigenes, von dem ihrer Gesellschafter verschiedenen, Gesellschaftsvermögen gestaltet (vgl. Mot. II 591 = Mugdan II 330). Die zweite Kommission konstituierte hingegen ein Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen (vgl. die heutigen §§ 718, 719 BGB), ohne jedoch die aus dem Gesamthandsprinzip folgenden Konsequenzen im einzelnen zu regeln. Es ist vielmehr im wesentlichen bei der Regelung des Gesellschaftsverhältnisses als Schuldverhältnis geblieben, dem in unvollständiger Weise das Gesamthandsprinzip "darüber gestülpt" wurde (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. I/1 1977, S. 3 f.; vgl. auch Ulmer, FS Robert Fischer 1979, S. 785, 788 f.). Zum Inhalt des Gesamthandsprinzips heißt es in den Protokollen lediglich, die Meinungen "darüber, wie die Rechtsgemeinschaft der gesammten Hand theoretisch zu konstruiren sei und was man als das charakteristische Merkmal derselben anzusehen habe, (gingen) auseinander" (Prot. II 429 = Mugdan II 990). "Die Kom. glaubte, zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der gesammten Hand nicht Stellung nehmen zu sollen, vielmehr nur entscheiden zu müssen, welche Bestimmungen sachlich den Vorzug verdienen" (Prot. II 430 = Mugdan II 990).
2. Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung und das erkennbare Bestreben des historischen Gesetzgebers, eine konkrete Festlegung zu ver-
meiden, lassen Raum für eine an den praktischen Bedürfnissen der Verwirklichung des Gesamthandsprinzips orientierte Beurteilung der Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Danach verdient die Auffassung von der nach außen bestehenden beschränkten Rechtssubjektivität der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft den Vorzug. Diese Auffassung geht auf die deutschrechtliche Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts zurück (vgl. Otto Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. 1 1895, S. 663 ff., 682). Sie wurde maßgeblich von Flume (aaO S. 50 ff.; ZHR 136 [1972], 177 ff.) in die moderne Diskussion eingeführt und hat sich im neueren Schrifttum weitgehend durchgesetzt (vgl. vor allem MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 705 Rdn. 130 ff. m.w.N. in Fn. 373; ders. AcP 198 [1998], 113 ff.; ebenso K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. § 8 III, S. 203 ff.; Wiedemann, WM 1994 Sonderbeilage 4, S. 6 ff.; Huber, FS Lutter 2000, 107, 122 ff.; Hüffer, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. S. 47 ff.; DaunerLieb , Die BGB-Gesellschaft im System der Personengesellschaften, in: Die Reform des Handelsstandes und der Personengesellschaften [Schriftenreihe der Bayer-Stiftung für deutsches und internationales Arbeits- und Wirtschaftsrecht ] 1999, S. 95, 99 ff.; Reiff, ZIP 1999, 517, 518; Mülbert, AcP 1999, 39, 43 ff.; Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung 2000, S. 211 ff.).

a) Dieses Verständnis der Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft bietet ein praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell für die vom Gesetz (§§ 718-720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter. Die sogenannte traditionelle Auffassung, die ausschließlich die einzelnen Gesellschafter als Zuordnungssubjekte der die Gesellschaft betreffenden Rechte und Pflichten ansieht (vgl. Zöllner, FS Gernhuber 1993, S. 563 ff.; ders. FS
Kraft 1998, S. 701 ff.; Hueck, FS Zöllner 1998, S. 275 ff.) weist demgegenüber konzeptionelle Schwächen auf. Betrachtet man die Gesellschaftsverbindlichkeiten lediglich als gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter gemäß § 427 BGB, widerspricht dies dem Gesamthandsprinzip. Der einzelne Gesellschafter kann, wenn sich der geschuldete Gegenstand im Gesellschaftsvermögen befindet, die Leistung wegen § 719 BGB nicht als Gesamtschuldner allein erbringen. Dies führt dazu, daß auch die Vertreter der traditionellen Auffassung zwischen der Gesellschaftsschuld und der Gesellschafterschuld differenzieren müssen. Bei der für die "Gesellschaft" abgeschlossenen Verbindlichkeit handele es sich um eine "einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung" in Bezug auf einerseits das Gesamthandsvermögen, andererseits das persönliche Vermögen der Gesellschafter (vgl. Hueck, FS Zöllner, S. 293; Zöllner, FS Gernhuber, S. 573). Dies verwischt aber die Grenzen zwischen Schuld und Haftung, denn eine Schuld kann immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen (Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft 1981, S. 110 f.; Dauner-Lieb aaO, S. 100 ff.).

b) Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im oben beschriebenen Sinne besteht darin, daß danach ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluß auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat (vgl. Senat, BGHZ 79, 374, 378 f.). Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müßten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von
Neuabschlüssen von Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermag im übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte. Die dafür angebotene Begründung, wonach der neue Gesellschafter in einer Art Gesamtrechtsnachfolge "in alle bestehenden Rechts- und Vertragspositionen hineinwachse" (Zöllner, FS Kraft, S. 715), läßt sich mit der Auffassung der Gesellschaft als reines Schuldverhältnis der Gesellschafter im Grunde nicht vereinbaren (dazu auch Ulmer, AcP 198 [1998], 113, 142).

c) Die hier vertretene Auffassung ist zudem eher in der Lage, identitätswahrende Umwandlungen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in andere Rechtsformen und aus anderen Rechtsformen zu erklären. Betreibt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gewerbe, dann wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 105 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 HGB). Da der OHG jedenfalls Rechtssubjektivität im oben beschriebenen Sinne zukommt (vgl. § 124 Abs. 1 HGB), würden sich bei konsequenter Anwendung der traditionellen Auffassung die Eigentumsverhältnisse an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen mit der Umwandlung zur OHG ändern. Dies würde für die Praxis insbesondere deshalb schwierige Probleme bereiten (vgl. Reiff, ZIP 1999, 517, 518 f.), weil für den Übergang von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur OHG infolge des wertungsabhängigen Kriteriums des Erfordernisses eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs ein genauer
Zeitpunkt der Umwandlung kaum ausgemacht werden kann. Auch der Umstand , daß im neuen Umwandlungsrecht (§§ 190 ff., 226 ff. UmwG) Kapitalgesellschaften im Wege des identitätswahrenden Formwechsels in Personengesellschaften - auch in Gesellschaften bürgerlichen Rechts, vgl. § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG - umgewandelt werden können, läßt sich auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung ohne weiteres, aus Sicht der traditionellen Auffassung aber - wenn überhaupt - nur mit Mühe erklären (vgl. dazu Wiedemann, ZGR 1996, 286, 289 f.; Mülbert, AcP 199 [1999], 38, 60 ff.; Timm, NJW 1995, 3209 ff.; Hueck, FS Zöllner, S. 280 ff.; Zöllner, FS Claussen 1997, 423, 429 ff.).

d) Schließlich unterstützt die Tatsache, daß der Gesetzgeber mittlerweile die Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO wie auch schon § 1 Abs. 1 GesO), die Gesellschaft mithin als Träger der Insolvenzmasse ansieht, ebenfalls die Annahme der Rechtssubjektivität.
3. Gegen diese Auffassung läßt sich nicht mit dem Gesetzeswortlaut insbesondere des § 714 BGB argumentieren. Zwar zeigt der Umstand, daß dort nur von einer Vertretungsmacht für die Gesellschafter, nicht aber für die "Gesellschaft" die Rede ist, daß bei der Formulierung der Norm an eine Verselbständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer verpflichtungsfähigen Organisation nicht gedacht worden ist (Senat, BGHZ 142, 315, 319 f.). Bedenkt man aber, daß die Vorschrift im Kern unverändert aus § 640 Abs. 1 des ersten Entwurfs (abgedruckt bei Mugdan II CVI) in das BGB übernommen wurde und dieser erste Entwurf das Gesamthandsprinzip noch nicht kannte, gibt der Wortlaut für eine Deutung der Rechtsnatur der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft nichts her. Der Senat braucht insoweit nicht der Frage nachzugehen,
ob bereits der historische Gesetzgeber in Ansehung der deutschrechtlichen Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft als ungeschriebenes geltendes Recht angesehen hat (dazu Wertenbruch aaO, S. 34 ff.). Entscheidend ist, daß er jedenfalls eine solche Annahme nicht hat ausschließen wollen.
4. In der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft liegt kein Widerspruch zu den §§ 21, 22, 54 BGB, wo mit Rechtsfähigkeit offensichtlich die Fähigkeit der Gesellschaft gemeint ist, Träger von Rechten und Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit und damit "als solcher" und nicht als Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zu sein. Wie § 14 Abs. 2 BGB zeigt, geht aber das Gesetz davon aus, daß es auch Personengesellschaften gibt, die Rechtsfähigkeit besitzen. So ist es praktisch unbestritten, daß OHG und KG Träger von Rechten und Pflichten sein können und damit rechtsfähig sind, ohne als Gesamthandsgemeinschaften den Status einer juristischen Person zu besitzen. Entsprechendes gilt nach ständiger Rechtsprechung (BGHZ 80, 129, 132; 117, 323, 326) für die Vorgesellschaften von Kapitalgesellschaften.
II. Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Parteifähigkeit im Zivilprozeß , die gemäß § 50 ZPO mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert, nicht abgesprochen werden.
1. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die notwendige prozeßrechtliche Konsequenz der Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten (bejahend auch Wiedemann
aaO, S. 9 f.; Hüffer, FS Stimpel 1985, S. 165, 168 ff.; Soergel/Hadding, BGB 11. Aufl. § 714 BGB Rdn. 52; Wertenbruch aaO, S. 213 ff.; MünchKomm ZPO/Lindacher, § 50 Rdn. 23 ff.; Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. § 50 Rdn. 22; für die Mitunternehmer-Gesellschaft auch K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1805 ff.). Im Zivilprozeß ist aktivlegitimiert, das heißt "richtige" Partei, wer Inhaber des geltend gemachten Rechts ist; derjenige ist passivlegitimiert, also "richtiger" Beklagter, der Verpflichteter aus dem geltend gemachten Recht ist. Dieser Sachbefugnis entspricht - von den Fällen der Prozeßstandschaft abgesehen - grundsätzlich auch die Prozeßführungsbefugnis. Da nicht die einzelnen Gesellschafter , sondern die Gesellschaft materiell Rechtsinhaberin oder Verpflichtete ist, ist diese "richtige" Partei eines Rechtsstreits um eine Gesellschaftsforderung oder -verpflichtung und insoweit parteifähig und prozeßführungsbefugt.
2. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist dem bisher praktizierten Modell, wonach die aktive und passive Prozeßführungsbefugnis hinsichtlich das Gesellschaftsvermögen betreffender Forderungen und Verbindlichkeiten bei den eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO bildenden Gesellschaftern liegt (vgl. Senat, BGHZ 30, 195, 197; Urt. v. 12. März 1990 - II ZR 312/88, ZIP 1990, 715, 716; MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 42 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 50 Rdn. 17; Heller, Der Zivilprozeß der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1989, S. 56 ff., 110 ff.), in mehrfacher Hinsicht vorzuziehen.

a) Die notwendige Streitgenossenschaft der Gesellschafter kann nicht als adäquater Ersatz für die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft angesehen werden, weil das Instrument der notwendigen Streitgenossenschaft
nicht die angemessenen prozessualen Konsequenzen aus den gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsregeln zieht. Zwar stimmen notwendige Streitgenossenschaft und Gesamthandsprinzip insoweit überein, als die Klage nur gegen alle Gesamthänder erhoben werden kann und das Urteil einheitlich ergehen muß. Im übrigen gewährleistet aber die notwendige Streitgenossenschaft keine den Besonderheiten der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand entsprechende Prozeßführung, denn bei der notwendigen Streitgenossenschaft betreibt jeder Streitgenosse seinen eigenen Prozeß (§ 63 ZPO). Die Verbindung mit den anderen Streitgenossen besteht lediglich in der erforderlichen Einheitlichkeit des Urteils und der Zurechnung des Verhandelns der anderen Streitgenossen im Falle der Säumnis eines Teils der Streitgenossen (§ 62 Abs. 1 ZPO). Es gibt bei der notwendigen Streitgenossenschaft aber keine Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Vornahme von Prozeßhandlungen. Vielmehr kann jeder Streitgenosse unabhängig von den anderen Prozeßhandlungen mit Wirkung für sein Prozeßrechtsverhältnis vornehmen (BGHZ 131, 376, 379) und kann jeder Streitgenosse auch einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellen. Sich widersprechenden Vortrag verschiedener Streitgenossen kann das Gericht gemäß § 286 ZPO frei würdigen (MünchKommZPO/Schilken, § 62 Rdn. 48; Heller aaO, S. 159). Jeder der Streitgenossen kann gesondert Rechtsmittel mit der Folge einlegen, daß das Urteil auch gegenüber den anderen Streitgenossen nicht rechtskräftig wird (BGHZ 131, 376, 382).
Es bestehen somit wesentliche Unterschiede zur materiellrechtlichen Vertretungs- und Verfügungsbefugnis bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Wenn beispielsweise nur ein Gesellschafter geschäftsführungsbefugt ist, können die anderen Gesellschafter materiellrechtlich für die Gesellschaft
keine wirksamen Erklärungen abgeben; wenn zwei nur gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugte Gesellschafter sich widersprechende materiellrechtliche Erklärungen abgeben, kann keine davon wirksam sein. Das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft ist also nicht in der Lage, eine den materiellrechtlichen Verhältnissen adäquate Prozeßführung zu gewährleisten, weil die Prozeßführung bei einer notwendigen Streitgenossenschaft anderen Regeln unterliegt als sie für die Vertretung der Gesellschaft gelten.
Dieses Ergebnis ließe sich allenfalls dadurch umgehen, daß man die materiellrechtliche Vertretungsbefugnis auf die Prozeßführungsbefugnis der Gesamthänder als Streitgenossen überträgt, die Gesellschafter prozessual als "Gruppe", vertreten durch ihren Geschäftsführer, behandelt und nur vom Geschäftsführer vorgenommene Prozeßhandlungen als wirksam anerkennt. Eine solche Lösung wäre jedoch mit den Grundprinzipien der notwendigen Streitgenossenschaft nicht vereinbar. Die Bevollmächtigung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag kann dem einzelnen als Streitgenossen verklagten Gesellschafter nicht die Prozeßführungsbefugnis in einem Prozeß nehmen, in dem er selbst Partei ist. Im Ergebnis liefe ein derartiger Korrekturversuch auf eine verschleierte Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hinaus. Geht man hingegen offen von der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus, läßt sich die gewünschte Übereinstimmung von Prozeßführungsund gesellschaftsrechtlicher Vertretungsbefugnis zwanglos und ohne Verletzung prozessualer Grundsätze erreichen. Es sind dann von vornherein nur diejenigen Prozeßhandlungen wirksam, die in Übereinstimmung mit den gesellschaftsrechtlichen Vertretungsregeln erfolgen.

b) Gegen das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft der Gesellschafter spricht des weiteren, daß unter seiner Geltung sowohl im Aktiv- als auch im Passivprozeß immer sämtliche gegenwärtigen Mitglieder der Gesellschaft verklagt werden und klagen müssen, um einen Titel gegen und für die Gesamthand zu erhalten. Das kann den Gesellschaftsgläubigern bei größeren Gesellschaften und bei solchen mit häufigem Mitgliederwechsel erfahrungsgemäß erhebliche Probleme bereiten. Als Beispiele hierfür sei auf die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 12. März 1990 (Senat aaO, ZIP 1990, 715) und vom 15. Oktober 1999 (V ZR 141/98, ZIP 1999, 2009) zugrundeliegenden Sachverhalte verwiesen. Der Senat ist im erstgenannten Fall dem klagenden Gesellschaftsgläubiger, der aus eigener Kenntnis nicht über die Namen der inzwischen mehr als 70 Gesellschafter verfügte, dadurch entgegengekommen, daß er die korrekte Einbeziehung aller Gesellschafter in die Klage lediglich als einen Akt der Rubrumsberichtigung aufgefaßt hat (Senat aaO, ZIP 1990, 715, 716). Diese Lösung verläßt im Grunde bereits die Auffassung von den Gesellschaftern als notwendigen Streitgenossen, denn die unterbliebene Benennung aller aus materiellrechtlichen Gründen notwendigen Streitgenossen hätte zur Unzulässigkeit der Klage führen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90, WM 1992, 313, 315; Stein/Jonas/Bork aaO, § 62 Rdn. 20 f., 25; Musielak/Weth aaO, § 62 Rdn. 11). Im Ergebnis ist dieser Fall bereits so behandelt worden, als sei die Gesellschaft selbst die beklagte Partei und mithin parteifähig. Vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen die Beteiligten auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung auch in den nicht seltenen Fällen, in denen die Mitgliedschaft eines Gesellschafters unklar und streitig ist. In diesen Fällen muß - sei es im Aktivverfahren oder im Passivverfahren - vor einer Entscheidung in der Sache zunächst die mit dem Kern des Rechtsstreits in keiner Weise zusammenhängende Frage geklärt werden, inwiefern die fragliche
Person wirksam Mitglied geworden ist, bzw. inwiefern sie wirksam ausgeschieden ist. Auch hier hat sich die Rechtsprechung damit zu behelfen versucht, daß bei irrtümlich unterbliebener Aufführung eines Gesellschafters lediglich das Rubrum unrichtig sei (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1996 - IX ZR 135/95, NJW 1997, 1236; vgl. auch OLG Hamburg LZ 1917, 78). Diese Hilfskonstruktionen der bisherigen Rechtsprechung, die es im Interesse der Sachgerechtigkeit ermöglichen sollten, trotz formalen Festhaltens am Streitgenossenschaftsmodell die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als parteifähig zu behandeln, können aber letztlich nicht überzeugen. Insbesondere versagen sie im Stadium der Zwangsvollstreckung, denn der Gerichtsvollzieher hat in Zweifelsfällen nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob es sich bei den in einem Titel aufgeführten Gesellschaftern um sämtliche Gesellschafter handelt. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist demgegenüber sowohl im Erkenntnis-, als auch im Vollstreckungsverfahren die einfachere und konsequentere Lösung.

c) Zu erheblichen Problemen, die praktisch nicht befriedigend gelöst werden können, kommt die Streitgenossenschaftslösung auch im Falle des Neueintritts und des Mitgliederwechsels während des Erkenntnis- und des Vollstreckungsverfahrens im Gesamthandsschuldprozeß. Die Vertreter der Streitgenossenschaftslösung gehen bei einem während des Erkenntnisverfahrens eingetretenen Parteiwechsel analog §§ 239, 241, 246 ZPO von einem gesetzlichen Parteiwechsel aus (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 60 ff.; Heller aaO, S. 200 f.): Auf Antrag sei der Prozeß in diesem Fall analog § 246 ZPO bis zur Aufnahme des Verfahrens durch den neuen Gesellschafter zu unterbrechen; das Rubrum sei vom Gericht zu berichtigen; bleibe ein nach Rechtshängigkeit erfolgter Neueintritt oder Mitgliederwechsel bis zum Abschluß
des Erkenntnisverfahrens unbekannt, könne der Titel nachträglich analog § 727 ZPO auf den neueingetretenen Gesellschafter umgeschrieben werden; gleiches gelte für den nach Abschluß des Erkenntnisverfahrens und vor Beginn der Zwangsvollstreckung neu eingetretenen Gesellschafter.
Dieser Lösungsvorschlag ist in praktischer Hinsicht unzulänglich. So ist eine Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der unerkannte Neueintritt oder Mitgliederwechsel vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist. Die Vorschrift ist nur auf nach Rechtshängigkeit eingetretene Rechtsänderungen anwendbar (BGHZ 120, 387, 392). Die Möglichkeit der Titelumschreibung versagt zudem, wenn der Gläubiger den Neueintritt nicht in der gemäß § 727 ZPO erforderlichen Art und Weise (Offenkundigkeit bei Gericht oder öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden) nachweisen kann. Er müßte dann erst Klage auf Klauselerteilung gemäß § 731 ZPO erheben. Im übrigen ist zu bedenken, daß bei Bekanntwerden eines vom Titel abweichenden Bestandes der Gesellschafter zunächst in jedem Fall erst einmal das Zwangsvollstreckungsverfahren eingestellt werden müßte. Etwa bereits eingeleitete Forderungspfändungen und andere Zwangsmaßnahmen gingen ins Leere und die Gesellschaft könnte inzwischen anderweitig über die zur Zwangsvollstreckung ausersehenen Gegenstände verfügen. Im übrigen könnte die Gesellschaft - die Gefahr ist insbesondere bei Publikumsgesellschaften gegeben - die Vollstreckung durch sukzessive Bekanntgabe immer weiterer Veränderungen im Gesellschafterbestand nahezu gänzlich unmöglich machen (vgl. Wiedemann aaO, S. 5). Die Streitgenossenschaftslösung kann demnach die infolge des Auseinanderfallens von materieller Berechtigung (die der Gesellschaft zukommt) und Prozeßführungsbefugnis (die bei den Gesellschaftern liegen soll) unweigerlich auftretenden Probleme nicht befriedigend lösen, sondern
verlagert sie lediglich vom Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren. Bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hindert eine Veränderung im Gesellschafterbestand - sei sie vor, während oder nach dem Prozeß erfolgt - die Rechtsdurchsetzung hingegen in keiner Weise.
3. Die Regelung des § 736 ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich ist, steht der Anerkennung der Parteifähigkeit nicht entgegen. Ein gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter als Partei ergangenes Urteil ist ein Urteil "gegen alle Gesellschafter" im Sinne des § 736 ZPO. Die Vorschrift verlangt weder vom Wortlaut noch vom Zweck her ein Urteil gegen jeden einzelnen Gesellschafter.

a) Aus der Entstehungsgeschichte des § 736 ZPO folgt, daß Zweck dieser Regelung die Verhinderung der Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der Ausschluß der Parteifähigkeit der Gesellschaft ist (ausführlich Wertenbruch aaO, S. 122 ff.; vgl. auch Wiedemann aaO, S. 10). Nach § 645 des ersten Entwurfs (E I) zum BGB (abgedruckt bei Mugdan II CVII), der die Gesellschaft als römischrechtliche Bruchteilsgemeinschaft gestaltete, war die Verfügung des Gesellschafters über seinen Anteil nicht dinglich, sondern nur schuldrechtlich ausgeschlossen. Privatgläubiger einzelner Gesellschafter hätten im Rahmen der Zwangsvollstreckung also direkt Zugriff auf deren Anteile am Gesellschaftsvermögen gehabt. Um eine solche Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen zu verhindern, beschloß die zweite Kommission zunächst "in eventueller Abstimmung, für den Fall der Beibehaltung des § 645 des Entwurfs" (Prot. II 428 = Mugdan II 989) folgenden § 645 a:

"Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. Aufgrund eines nur gegen einen Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung nur in dasjenige statt, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. ..." (Prot. II 426 = Mugdan II 988). Im weiteren Verlauf der Beratungen entschied sich die zweite Kommission , an Stelle des § 645 E I das Prinzip der gesamten Hand zu setzen (Prot. II 428 ff. = Mugdan II 990 ff.), welches in § 658 des zweiten Entwurfs (abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. III 1983, S. 296) seinen Ausdruck fand. § 658 E II entspricht dem heutigen § 719 BGB und enthielt zunächst zusätzlich folgenden Absatz 3:
"Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt." Später wurde dieser Abs. 3 aus dem zweiten Entwurf zum BGB gestrichen. "Als Ersatz" sollte "im Art. 11 des Einführungsgesetzes vor dem § 671 a folgender § 671 in die Civilprozeßordnung eingestellt werden" (Jakobs /Schubert aaO, S. 297 Fn. 20):
"Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 745 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich." Hieraus wurde schließlich die Bestimmung des § 736 ZPO.
Diese Entwicklung zeigt, daß die Regelung eine Ausprägung des Prinzips der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens darstellt, mit dessen Übernahme der historische Gesetzgeber erreichen wollte, daß der einzelne Gesellschafter nicht über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen verfügen (§ 719 Abs. 1 BGB), daß er sich nicht durch Aufrechnung mit einer ihm nur gegen einen der anderen Gesellschafter zustehenden Forderung aus einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft befreien (§ 719 Abs. 2 BGB) und daß nicht ein Gläubiger nur eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen vollstrecken können soll (§ 736 ZPO). Diese Zielsetzung ist in der dem Reichstag mit dem Gesetzentwurf des BGB vom Reichsjustizamt vorgelegten Denkschrift (Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs 1896, S. 87 f.) ausdrücklich in diesem Sinne formuliert worden. Die Regelung in § 736 ZPO stellt mithin als Ausdruck der gesamthänderischen Vermögensbindung das vollstreckungsrechtliche Pendant zu § 719 Abs. 1 BGB dar und wird treffend auch als "§ 719 Abs. 3 BGB" (Wertenbruch aaO, S. 124, 129) bezeichnet.
Das Ziel der Verhinderung einer Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen durch Gläubiger nur einzelner Gesellschafter wird bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft mindestens ebenso gut erreicht wie bei Zulassung von Klagen nur gegen die einzelnen Gesellschafter. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, daß die Regelung des § 736 ZPO zum Ziel hat, die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilprozeß auszuschließen. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft ist vom Gesetzgeber ebensowenig abschließend geregelt worden wie das "Wesen der Gesamthand" allgemein. Dementsprechend hat Gottlieb Planck, Generalreferent der zweiten Kommission, bereits in der im Jahre 1900 erschienenen ersten Auflage seines
Kommentars zum BGB trotz Ablehnung der Parteifähigkeit ausgeführt, die §§ 736, 859 ZPO berührten die Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht, sie seien lediglich mit Rücksicht auf das Gesamthandsprinzip in das Gesetz aufgenommen worden (vor § 705 Anm. II 2, S. 453).

b) Kein durchgreifendes Argument gegen die Anerkennung einer Parteifähigkeit kann auch der amtlichen Begründung der CPO-Novelle zu § 670 b CPO (später § 736 ZPO) aus dem Jahre 1897 (Hahn/Mugdan, Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 8. Band, 1898, S. 138 f.) entnommen werden. Soweit es darin heißt, die Gesellschaft könne nicht "als solche" verklagt werden, muß das nicht im Sinne einer Ablehnung der Parteifähigkeit gemeint sein. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert galt der Begriff "Gesellschaft als solche" - wie Wertenbruch (aaO S. 9 ff.; 46 ff.; 132) nachgewiesen hat - als Umschreibung für juristische Person. So hieß es in Art. 231 ADHGB zur Aktiengesellschaft, diese könne "als solche" klagen und verklagt werden (vgl. auch den heutigen § 41 Abs. 1 AktG). Bei der OHG hingegen wurde der Zusatz, die Gesellschaft habe "als solche" ihre Rechte und Pflichten und ihr besonderes Vermögen, wie er noch in Art. 87 des preußischen Entwurfs zum ADHGB aus dem Jahre 1857 enthalten war, nicht in den späteren Art. 111 ADHGB (heute § 124 HGB) übernommen, weil darin eine Definition der juristischen Person zu sehen sei (vgl. Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches 1858, S. 156). Daß die Formulierung "als solche" in bezug auf die Aktiengesellschaft die Gestaltung als juristische Person zum Ausdruck bringen soll, geht auch aus den Ausführungen von Makower (HGB Band I 13. Aufl. 1906, § 210 Anm. I a) und Flechtheim (in Düringer/Hachenburg, HGB 3. Aufl. 1934, § 210 Anm. 2) hervor.

c) Die Bestimmung des § 736 ZPO wird durch die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht überflüssig. Versteht man die Bestimmung so, daß der Gläubiger nicht nur mit einem Titel gegen die Gesellschaft als Partei in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken kann, sondern auch mit einem Titel gegen alle einzelnen Gesellschafter aus ihrer persönlichen Mithaftung (vgl. auch MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 54), behält sie durchaus einen eigenständigen Regelungsgehalt. Die Rechtslage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist insoweit anders als bei der OHG, wo gemäß § 124 Abs. 2 HGB eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ausschließlich mit einem gegen die Gesellschaft lautenden Titel möglich ist.
4. Auch der Umstand der fehlenden Registerpublizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hindert nicht die Anerkennung ihrer Parteifähigkeit. Der Senat verkennt zwar nicht, daß es wegen der fehlenden Publizität in einigen Fällen schwierig werden könnte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Prozeß so klar zu bezeichnen, daß eine eindeutige Identifizierung - vor allem auch im Vollstreckungsverfahren - möglich ist. Auch ist von außen nicht immer leicht zu ermitteln, inwieweit ein Zusammenschluß mehrerer tatsächlich als (Außen -)Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist (vgl. K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1806 f.). Diese Schwierigkeiten wiegen aber nicht so schwer, daß daran die Anerkennung der Parteifähigkeit scheitern müßte.
Im Aktivprozeß der Gesellschaft ist es den für die Gesellschaft auftretenden Personen ohne weiteres zumutbar, die Gesellschaft - beispielsweise durch die möglichst exakte Bezeichnung der Gesellschafter, der gesetzlichen Vertreter und der Bezeichnung, unter der die Gesellschaft im Verkehr auftritt - identifizierbar zu beschreiben. Sollte sich im Verlauf des Prozesses heraus-
stellen, daß tatsächlich keine Außengesellschaft existiert, müßte zumindest derjenige für die Prozeßkosten aufkommen, der im Namen der vermeintlichen Gesellschaft den Prozeß als deren Vertreter ausgelöst hat. Im Falle des Auftretens für eine nicht existierende Partei trägt der in deren Namen auftretende und die Existenz der Partei behauptende Vertreter als Veranlasser des unzulässigen Verfahrens die Prozeßkosten (Sen.Urt. v. 25. Januar 1999 - II ZR 383/96, ZIP 1999, 489, 491 m.w.N.). Es ist also immer zumindest eine natürliche Person als Kostenschuldner vorhanden.
Im Passivprozeß ist es wegen der persönlichen Gesellschafterhaftung für den Kläger - wie bei der OHG (vgl. Behr, NJW 2000, 1137, 1139) - praktisch immer ratsam, neben der Gesellschaft auch die Gesellschafter persönlich zu verklagen. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nicht sicher ist, ob eine wirkliche Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen existiert. Stellt sich während des Prozesses heraus, daß die Gesellschafter nicht als Gesamthandsgemeinschaft verpflichtet sind, sondern nur einzeln als Gesamtschuldner aus einer gemeinschaftlichen Verpflichtung schulden (§ 427 BGB), wird nur die Klage gegen die Gesellschaft - nicht aber die gegen die Gesellschafter persönlich - abgewiesen. Stellt sich erst während der Zwangsvollstreckung heraus, daß überhaupt kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, bleiben dem Gläubiger noch die Titel gegen die einzelnen Gesellschafter. Es besteht also bei Annahme einer Parteifähigkeit der Gesellschaft kein Unterschied zur Situation, wie sie sich auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung darstellt, denn auch hier wird zwischen der Klage gegen die Gesamthand (Gesamthandsschuldklage ) und gegen die Gesellschafter (Gesamtschuldklage) unterschieden (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 47 ff.; Heller aaO, S. 73 ff.). Im übrigen bleibt es dem Gesellschaftsgläubiger auch bei Anerkennung der Par-
teifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unbenommen, ausschließlich die Gesellschafter persönlich in Anspruch zu nehmen. Dem Gesellschaftsgläubiger wird die Rechtsverfolgung demnach durch die Anerkennung der Parteifähigkeit in keiner Weise erschwert.

B.


Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage ist auch begründet. Insbesondere ist die Beklagte zu 1 wechselfähig. Die Gründe, die vom Bundesgerichtshof zur Begründung der Scheckfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts herangezogen worden sind (BGHZ 136, 254, 257 f.), sprechen in gleichem Maße auch für deren Wechselfähigkeit (vgl. auch Flume, Allgemeiner Teil aaO, S. 108 f.; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 21. Aufl. Einl. WG Rdn. 20 a).
Damit erweist sich das landgerichtliche Urteil, soweit es die Verurteilung der Beklagten zu 1, 2 und 3 betrifft, im Grunde als zutreffend. Im Urteilstenor war jedoch kenntlich zu machen, daß zwischen den Ansprüchen gegen die Beklagte zu 1 einerseits und denen gegen die Beklagten zu 2 und 3 andererseits kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, jedoch die Beklagte zu 1 neben den ihrerseits untereinander gesamtschuldnerisch haftenden Gesellschafterinnen wie eine Gesamtschuldnerin verpflichtet ist. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 27. September 1999 (BGHZ 142, 315, 318 ff.) die Frage der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung noch offengelassen. Sie ist nunmehr in Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne einer akzessorischen Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten zu entscheiden. So-
weit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haftet (BGHZ 142, 315, 318), ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld also auch für die persönliche Haftung maßgebend. Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung damit der Rechtslage in den Fällen der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG. Danach ist eine unmittelbare Anwendung der §§ 420 ff. BGB nicht möglich, weil kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht; es ist aber zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der jeweils verschiedenartigen Interessen der Beteiligten der Rechtsgedanke der §§ 420 ff. BGB im Einzelfall zur Anwendung kommt oder nicht (BGHZ 39, 319, 329; 44, 229, 233; 47, 376, 378 ff.; 104, 76, 78). Für die Gesellschaft als originär Verpflichtete ist die entsprechende Anwendung der Gesamtschuldregeln im Verhältnis zur Gesellschafterhaftung grundsätzlich angebracht. Stehen den Gesellschaftern beispielsweise individuelle Einreden im Sinne des § 425 BGB gegen ihre persönliche Inanspruchnahme zu, wäre es nicht gerechtfertigt, daß sich auch die Gesellschaft darauf berufen könnte.

C.


Hinsichtlich der Abweisung der gegen den Beklagten zu 4 gerichteten Klage auf Haftung kraft Rechtsscheins hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision stand. Eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten zu 4 für die Wechselverbindlichkeit der Beklagten zu 1 käme in Betracht, wenn er gegenüber der Klägerin in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt hätte, er sei selbst Mitglied der ARGE und folglich persönlich haftender Gesellschafter (vgl. BGHZ 17, 13, 15). Das Berufungsgericht ist aber zu Recht davon ausgegangen , daß die von der Klägerin dargelegten Umstände nicht den Schluß darauf zulassen, der als Architekt tätige Beklagte zu 4 sei ihr gegenüber als Gesellschafter der ARGE aufgetreten.
Insbesondere reicht es für eine solche Schlußfolgerung nicht aus, daß der Beklagte zu 4 in dem von der ARGE gegenüber der Klägerin - die als Nachunternehmerin der ARGE beauftragt war - verwendeten Briefkopf aufgeführt ist. Dieser Briefkopf ist in der Form gestaltet, daß dort unter der hervorgehobenen Überschrift "Arbeitsgemeinschaft W. " die Beklagten zu 2 und 3 - beides Gesellschaften mit beschränkter Haftung - als "Technische Geschäftsführung" (Beklagte zu 2) und als "Kaufm. Geschäftsführung" (Beklagte zu 3) sowie der Beklagte zu 4 als "Bauleitung" bezeichnet werden. Läßt sich ein Architekt in dieser Weise im Briefkopf einer bauwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft aufführen, muß er nicht damit rechnen, daß bei deren Nachunternehmern , denen gegenüber der Briefkopf verwendet wird, der Eindruck entsteht , er sei selbst Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft. Bei "technischer Geschäftsführung", "kaufmännischer Geschäftsführung" und "Bauleitung" handelt es sich gemäß § 5 des Mustervertrages des Hauptverbandes der Deut-
schen Bauindustrie für Arbeitsgemeinschaften (ARGE-Vertrag, abgedruckt bei Burchardt/Pfülb, ARGE-Kommentar, 3. Aufl.), der seit vielen Jahren verwendet wird, im Baugewerbe weit verbreitet ist (vgl. Langen in Kapellmann/Vygen, Jahrbuch Baurecht 1999, S. 64, 69) und auch im vorliegenden Fall zur Anwendung kam, um die nach außen in Erscheinung tretenden "Organe" der in Teilen körperschaftlich strukturierten Arbeitsgemeinschaften. Es ist deshalb anzunehmen , daß der baugewerbliche Rechtsverkehr bei einer Auflistung dieser Bezeichnungen im allgemeinen an eine Benennung der Gesellschaftsorgane, nicht aber an eine Benennung der Gesellschafter denkt. Zwar trifft es zu, daß nach dem personengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Selbstorganschaft als technische und kaufmännische Geschäftsführer nur Personen in Frage kommen, die auch Gesellschafter sind. Es würde aber zu weit gehen, würde man dem Rechtsverkehr ein Verständnis dahingehend unterstellen, daß die Nennung von Geschäftsführung und Bauleitung in einem Briefkopf darauf schließen ließe, auch der Bauleiter müsse Gesellschafter sein. Üblicherweise wird nämlich die Bauleitung auf solche Personen übertragen, die zwar Mitarbeiter eines Gesellschafters, nicht aber selbst Gesellschafter sind (Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 7, 12 ff.). In diese Richtung weist im vorliegenden Fall zudem der Umstand, daß im Vertragsformular des der Hingabe des Wechsels zugrunde liegenden Nachunternehmervertrages zwischen Klägerin und Beklagter zu 1 ausdrücklich zwischen der ARGE als "Auftraggeber und Bauherr i.S. dieses Vertrages" und dem Beklagten zu 4, der unter der Rubrik "Planung und Bauleitung" aufgeführt ist, differenziert wird.
Der Umstand, daß der Beklagte zu 4 nach dem Vortrag der Klägerin sämtliche Vertragsverhandlungen mit ihr geführt und auch das streitgegenständliche Wechselakzept im Namen der Beklagten zu 1 unterschrieben hat,
reicht für die Begründung einer Rechtsscheinhaftung ebenfalls nicht aus. Der Beklagte zu 4 war Geschäftsführer der ihrerseits als technische Geschäftsführerin der ARGE eingesetzten Beklagten zu 2 und in dieser Funktion allgemein zum Abschluß von Nachunternehmerverträgen für die ARGE befugt (§ 7.45 ARGE-Vertrag). Selbst wenn die Klägerin keine Kenntnis von dieser Funktion des Beklagten zu 4 gehabt hätte, hätte dessen Handeln nicht zwangsläufig darauf schließen lassen müssen, daß er in eigener Person Gesellschafter der ARGE ist. Es wäre vielmehr auch denkbar - wenn nicht sogar naheliegender - gewesen, daß Abschluß und Abwicklung des Nachunternehmervertrages von der Geschäftsführung der ARGE auf den Bauleiter als Unterbevollmächtigten weiterdelegiert worden ist, was durchaus zulässig gewesen wäre (vgl. Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 9) und ebenfalls nicht zu einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 4 geführt hätte. Der von der Revision zur Begründung der Rechtsscheinhaftung schließlich noch herangezogene Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte zu 4 sämtliche Bankgeschäfte der ARGE erledigt habe, vermag eine Rechtsscheinhaftung gegenüber der Klägerin schon
deshalb nicht zu begründen, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern es sich bei einem solchen Handeln des Beklagten zu 4 gegenüber Dritten um einen im Verhältnis zur Klägerin gesetzten Rechtsschein gehandelt haben könnte.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

Tatbestand

1

Der Kläger verfolgt mit der Revision seine auf die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gerichtete Verpflichtungsklage weiter.

2

Er betreibt als Franchise-Partner der "Schülerhilfe" seit 1. Januar 2008 in M. und B., seit 1. September 2008 in H. und seit 1. November 2008 in K. vier Nachhilfeinstitute, die Nachhilfe für sämtliche Schulformen anbieten.

3

Mit Bescheid vom 20. Januar 2011 bescheinigte die Regierung von Unterfranken, dass die Schülerhilfen des Klägers in M., B., H. und K. auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Sie beschränkte die Bescheinigung aber mit der Begründung auf den Zeitraum vom 19. August 2010 bis zum 31. August 2012, dass erst seit 19. August 2010 mindestens 25 v.H. der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte die Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen besäßen.

4

Dagegen erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 20. Januar 2011 zu verpflichten, ihm die beantragte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bereits mit Wirkung ab 1. Januar 2008 zu erteilen.

5

Mit Urteil vom 13. April 2011 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 20. Januar 2011, dem Kläger die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für die Nachhilfeinstitute in H. und K. bereits für die Zeit ab 5. Oktober 2009 und für das Nachhilfeinstitut in B. bereits für die Zeit ab 20. Oktober 2009 zu erteilen. Im Übrigen wies es die Klage ab.

6

Der Verwaltungsgerichtshof wies die von ihm zugelassenen Berufungen des Klägers und des Beklagten mit Urteil vom 26. Oktober 2015 zurück. In den Zeiträumen, für die die Klage abgewiesen worden sei, hätten die Nachhilfeinstitute nicht ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet. Nachhilfeunterricht sei nur dann ordnungsgemäß, wenn mindestens 25 v.H. der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen besäßen, die übrigen Nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet seien und sichergestellt sei, dass die voll ausgebildeten Lehrkräfte im Nachhilfeunterricht für pädagogische Fragen zur Verfügung stünden. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt. Auch die Berufung des Beklagten, die die Zeiträume betreffe, in Bezug auf die der Klage stattgegeben worden sei, habe keinen Erfolg.

7

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend, das Urteil des Berufungsgerichts beruhe auf einer unrichtigen Auslegung von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Denn die Qualifikationsanforderungen für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen seien für die Beurteilung der erforderlichen Eignung der eingesetzten Nachhilfelehrkräfte nicht maßgeblich.

8

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2015 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. April 2011 zu ändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 20. Januar 2011 zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG hinsichtlich seiner Nachhilfeinstitute in M. und B. für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 18. August 2010, hinsichtlich seines Nachhilfeinstituts in H. für den Zeitraum vom 1. September 2008 bis zum 18. August 2010 und hinsichtlich seines Nachhilfeinstituts in K. für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 18. August 2010 zu erteilen.

9

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; 1.). Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr ist der Beklagte antragsgemäß zu verpflichten, dem Kläger eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 420) - UStG - zu erteilen. Das Bundesverwaltungsgericht kann insoweit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden (2.).

12

1. Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind umsatzsteuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

13

Die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist ein Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 Satz 1 der Abgabenordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866, BGBl. 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch Art. 6 Abs. 32 des Gesetzes vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) - AO -, der für die Finanzverwaltung bindend ist (BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 - 9 C 4.12 - BVerwGE 147, 1 Rn. 10 und 13; BFH, Urteile vom 20. August 2009 - V R 25/08 - BFHE 226, 479 <484 f.>, vom 28. Mai 2013 - XI R 35/11 - BFHE 242, 250 Rn. 50 und vom 20. April 2016 - XI R 6/14 - BFHE 253, 499 Rn. 21). Die zuständige Landesbehörde prüft dabei allein, ob auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet wird (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 4; BFH, Urteile vom 14. März 1974 - V R 54/73 - BFHE 112, 313 <314>, vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <463> und vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <361>). Die Beurteilung der übrigen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG obliegt der Finanzverwaltung, die insoweit der vollen Kontrolle der Finanzgerichte unterliegt (BFH, Urteile vom 14. März 1974 - V R 54/73 - BFHE 112, 313 <314>, vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <463>, vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <361> und vom 28. Mai 2013 - XI R 35/11 - BFHE 242, 250 Rn. 40).

14

Die zuständige Landesbehörde hat nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG die Bescheinigung zu erteilen, wenn die Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Ein Handlungsermessen verbleibt ihr insoweit nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 - 10 C 10.05 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 19 für die vergleichbare Regelung in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG).

15

a) Im Einklang mit Bundesrecht legt der Verwaltungsgerichtshof seinem Urteil zunächst zugrunde, dass die Nachhilfeinstitute des Klägers auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten.

16

Dazu genügt eine Tätigkeit, die einen Bildungsgang fördert, der im Allgemeinen mit einer solchen Prüfung abschließt. Vorbereitung auf eine Prüfung ist auch eine Tätigkeit, die der schulischen nahekommt und sie ergänzt, wie dies für einen die Schule unterstützenden Nachhilfeunterricht zutreffen kann. Nicht ausreichend ist allerdings eine bloße Beaufsichtigung von Hausaufgaben. Erforderlich ist vielmehr eine Tätigkeit, die der speziellen Förderung von Schülern in ihren schwachen Fächern, der Repetition und Vertiefung des von der Schule gelehrten Stoffes und der Vorbereitung auf Klassenarbeiten und Prüfungen gewidmet ist (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3 f.). Diese Anforderungen erfüllt der Nachhilfeunterricht in den Instituten des Klägers.

17

b) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht der Verwaltungsgerichtshof außerdem davon aus, dass mit der Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Prüfungsvorbereitung qualitative Anforderungen an die die Prüfungsvorbereitung betreibende Einrichtung und die von ihr eingesetzten Lehrkräfte gestellt werden (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3). Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung dann, wenn sie objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3; vgl. für die Vorbereitung auf einen Beruf BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 - 9 C 4.12 - BVerwGE 147, 1 Rn. 16).

18

c) Bundesrecht verletzt hingegen die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs, die eingesetzten Lehrkräfte verfügten nur dann über die erforderliche Eignung, wenn mindestens 25 v.H. von ihnen die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen nach Art. 1 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes besäßen, die übrigen Nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet seien und sichergestellt sei, dass die voll ausgebildeten Lehrkräfte im Nachhilfeinstitut für pädagogische Fragen der übrigen Lehrkräfte unterstützend zur Verfügung stünden (vgl. bereits BayVGH, Urteil vom 30. September 2010 - 21 B 09.140 - BayVBl 2011, 178 Rn. 31; hinsichtlich des Mindestanteils an Lehrkräften mit Lehramtsbefähigung ebenso VGH Kassel, Beschluss vom 19. November 2015 - 5 A 914/14.Z - NVwZ-RR 2016, 353 Rn. 5; OVG Lüneburg, Urteil vom 6. Oktober 2016 - 2 LC 82/15 - juris Rn. 45). Denn diese Voraussetzungen sind mit § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG nicht vereinbar. Erforderlich, aber auch ausreichend ist danach vielmehr, dass die eingesetzten Lehrkräfte für den konkreten, von ihnen zu erteilenden Nachhilfeunterricht jeweils geeignet sind, insbesondere ihre fachlichen und pädagogischen Kenntnisse und Fähigkeiten den Anforderungen gerecht werden, die der jeweilige Nachhilfeunterricht an sie stellt. Dies ergibt sich aus den nachstehenden Erwägungen.

19

Bereits dem Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG lässt sich kein Ansatz für die Auslegung entnehmen, die eingesetzten Lehrkräfte verfügten nur dann über die erforderliche Eignung, wenn mindestens 25 v.H. von ihnen die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen. Auch Sinn und Zweck der Norm trägt die Anforderung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Die Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG bezweckt neben der Förderung solcher Leistungen deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG in der bis zum Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) geltenden Fassung nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Bildungsträgern (BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 - 9 C 4.12 - BVerwGE 147,1 Rn. 9). Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG nur für Leistungen erteilt wird, bei denen ein Teil der Lehrkräfte die gleiche Qualifikation wie das Personal an öffentlichen Schulen aufweist. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG knüpft mit der ordnungsgemäßen Prüfungsvorbereitung an die ordnungsgemäße Erbringung der Leistung an. Dies setzt Personal voraus, das die für die Erbringung der Leistung erforderliche Eignung besitzt, nicht aber die Vergleichbarkeit der Qualifikation dieses Personals mit dem einer öffentlichen Schule.

20

Darüber hinaus spricht auch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip gegen die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Auslegung.

21

§ 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG dient der Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. Nr. L 347 S. 1; im Folgenden: MWSt-RL; vgl. BFH, Urteil vom 28. Mai 2013 - XI R 35/11 - BFHE 242, 250 Rn. 30; zur im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG vgl. etwa BFH, Urteil vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <297> m.w.N.). Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - C-147/01 [ECLI:EU:C:2003:533], Weber’s Wine World - Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - C-432/05 [ECLI:EU:C:2007:163], Unibet - Rn. 43 f.). Bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG handelt es sich um einen für die Finanzverwaltung verbindlichen Grundlagenbescheid, der Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung nach dieser Regelung ist. Daher sind die Bescheinigungsvoraussetzungen im Interesse einer wirksamen Anwendung des Unionsrechts bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Die Frage, ob die Leistungen der privaten Einrichtung, auf die sich die Bescheinigung bezieht, letztlich nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind oder nicht, unterliegt dabei der eigenständigen Prüfung der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte. Sie braucht daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht abschließend beantwortet zu werden (BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 - 9 C 4.12 - BVerwGE 147, 1 Rn. 13, 15).

22

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL befreien die Mitgliedstaaten unter anderem den Schul- und Hochschulunterricht und eng damit verbundene Leistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung von der Umsatzsteuer. Bei den Begriffen Schul- und Hochschulunterricht handelt es sich um autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - C-445/05 [ECLI:EU:C:2007:344], Haderer - Rn. 17, 24). Schul- und Hochschulunterricht ist dabei nicht auf Unterricht beschränkt, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern umfasst auch andere Tätigkeiten, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, soweit diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - C-445/05, Haderer - Rn. 26 und vom 28. Januar 2010 - C-473/08 [ECLI:EU:C:2010:47], Eulitz - Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 - 9 C 4.12 - BVerwGE 147, 1 Rn. 14; BFH, Urteile vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <298> und vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 - BFHE 221, 302 <307 f.>). Von der Mehrwertsteuer zu befreien ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL neben dem Schul- und Hochschulunterricht der damit betrauten Einrichtungen des öffentlichen Rechts allerdings nur derjenige anderer Einrichtungen mit von den Mitgliedstaaten anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Da die Mehrwertsteuerrichtlinie nicht festlegt, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Modalitäten die vergleichbare Zielsetzung anerkannt werden kann, ist es grundsätzlich Sache des nationalen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die Regeln aufzustellen, nach denen den betreffenden Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen dabei über ein gewisses Ermessen (EuGH, Urteil vom 28. November 2013 - C-319/12 [ECLI:EU:C:2013:778], MDDP - Rn. 37, 50).

23

Die Anforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof an die Eignung der für den Nachhilfeunterricht eingesetzten Lehrkräfte stellt, gewährleisten nicht bis zur Grenze des Wortlauts dieser Regelung, dass hinsichtlich aller Leistungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erteilt werden kann.

24

Der in Nachhilfeeinrichtungen erteilte Unterricht stellt zunächst ohne Weiteres Schulunterricht im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL dar. Er soll die Kenntnisse und Fertigkeiten der Schüler in den Fächern entwickeln, in denen er erteilt wird. Er hat dabei nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung, sondern ergänzt den regulären Schulunterricht mit dem Ziel einer Verbesserung der schulischen Leistungen.

25

Private Nachhilfeeinrichtungen haben auch eine mit den öffentlichen Schulen vergleichbare Zielsetzung. Der Nachhilfeunterricht soll ebenso wie der eigentliche Schulunterricht, den er ergänzt, auf Klassenarbeiten und Schulabschlussprüfungen vorbereiten. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL verlangt darüber hinaus keine Vergleichbarkeit der Qualifikation des in öffentlichen Schulen und in privaten Nachhilfeinstituten jeweils eingesetzten Personals. Die Norm selbst enthält keine Qualifikationsvoraussetzungen, sie gestattet jedoch den Mitgliedstaaten durch nationale Rechtsvorschriften die Regeln aufzustellen, nach denen den betreffenden Einrichtungen die Anerkennung für die Umsatzsteuerbefreiung gewährt werden kann, wobei den Mitgliedstaaten ein gewisses Ermessen eingeräumt ist (EuGH, Urteil vom 28. November 2013 - C-319/12, MDDP - Rn. 37, 50). Soweit der Bundesgesetzgeber dies mit der Voraussetzung der Ordnungsgemäßheit der Prüfungsvorbereitung in § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ausgefüllt hat, ist bei der Auslegung dieser Regelung dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip Rechnung zu tragen. Damit die für die Steuerbefreiung erforderliche Bescheinigung hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen erteilt werden kann, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, dürfen die Qualitätsanforderungen, die § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG an die Prüfungsvorbereitung stellt, über ein qualitatives Mindestniveau nicht hinausgehen (vgl. BFH, Urteil vom 10. August 2016 - V R 38/15 - BFHE 254, 448 Rn. 14). Für eine ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung durch Nachhilfeinstitute reicht es daher aus, wenn die eingesetzten Lehrkräfte für den konkreten, von ihnen zu erteilenden Nachhilfeunterricht jeweils geeignet sind, insbesondere ihre fachlichen und pädagogischen Kenntnisse und Fähigkeiten den Anforderungen gerecht werden, die der jeweilige Nachhilfeunterricht an sie stellt.

26

Der Nachhilfeunterricht stellt andere fachliche und pädagogische Anforderungen an die jeweilige Lehrkraft als der reguläre Unterricht an öffentlichen Schulen. Während dort jeweils systematisch und umfassend der im Lehrplan für die einzelnen Fächer vorgesehene Unterrichtsstoff vermittelt werden soll, dient der Nachhilfeunterricht der Ergänzung des Schulunterrichts. Er ist beschränkt auf bestimmte Fächer, in denen ein Schüler Wissenslücken oder Verständnisschwierigkeiten hat, und dient dazu, diese zu beseitigen. Der Nachhilfeunterricht knüpft dabei in der Regel an den in der Schule gelehrten Stoff an und wiederholt und vertieft ihn (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - 7 C 73/75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3 f.). Außerdem wird der Unterricht anders als in der Schule nicht in großen Klassen mit einer Vielzahl von Schülern erteilt. Vielmehr soll der Nachhilfeschüler in Einzelunterricht oder in einer kleinen Gruppe von nur wenigen Mitschülern gezielt gefördert werden. Nachhilfelehrer müssen daher nicht einer großen Zahl von Schülern den im Lehrplan vorgegebenen Unterrichtsstoff systematisch und umfassend vermitteln können. Sie müssen vielmehr in der Lage sein, den im regulären Schulunterricht behandelten Unterrichtsstoff nachzuvollziehen, die insoweit bestehenden Wissenslücken und Verständnisprobleme des einzelnen Nachhilfeschülers zu erkennen und ihn insoweit gezielt individuell zu fördern. Es übersteigt daher das für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ausreichende qualitative Mindestniveau, wenn an die erforderliche Eignung von Nachhilfelehrern Anforderungen gestellt werden, die sich nicht an den Erfordernissen des Nachhilfeunterrichts, sondern an denjenigen des regulären Schulunterrichts orientieren.

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d) Das Urteil beruht auch auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Denn die Zurückweisung der Berufung ist tragend darauf gestützt, dass der Anteil von 25 v.H. an Lehrkräften mit Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen in den Nachhilfeinstituten des Klägers während der noch streitigen Zeiträume jeweils nicht erreicht worden sei.

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2. Darüber hinaus stellt sich das Urteil nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr ist der Beklagte nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO antragsgemäß zu verpflichten, dem Kläger hinsichtlich seiner Nachhilfeinstitute in M., B., H. und K. jeweils für den gesamten beantragten Zeitraum eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG zu erteilen. Die Erteilungsvoraussetzungen sind auch erfüllt, soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten noch nicht rechtskräftig zur Bescheinigungserteilung verpflichtet, sondern die Klage abgewiesen hat und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht kann insoweit in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

29

Die Prüfungsvorbereitung erfolgte in den Nachhilfeeinrichtungen des Klägers jeweils ordnungsgemäß. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei den Nachhilfeeinrichtungen des Klägers jeweils um seriöse Institute handelt und dass der dort erteilte Nachhilfeunterricht objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen. Die eingesetzten Lehrkräfte besaßen auch die erforderliche Eignung für den konkreten, von ihnen jeweils zu erteilenden Nachhilfeunterricht in fachlicher und pädagogischer Hinsicht.

30

Ob dies der Fall ist, ist dabei gerichtlich voll nachprüfbar. Insoweit besteht kein Beurteilungsspielraum der zuständigen Landesbehörde (a.A. OVG Lüneburg, Urteil vom 6. Oktober 2016 - 2 LC 82/15 - juris Rn. 40; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2014 - 25 K 7093/13 - juris Rn. 39 und VG Hannover, Urteil vom 15. September 2003 - 6 A 3708/01 - juris Rn. 17). Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG schließt die Einräumung eines Beurteilungsspielraums durch den Gesetzgeber zwar nicht uneingeschränkt aus. Ein Beurteilungsspielraum muss sich aber ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung - insbesondere entsprechend dem Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift und unter Berücksichtigung der Eigenart der einschlägigen Verwaltungsmaterie - hinreichend deutlich zu ermitteln sein. Die damit verbundene Freistellung von gerichtlicher Kontrolle bedarf stets eines hinreichend gewichtigen, am Grundsatz eines wirksamen Rechtsschutzes ausgerichteten Sachgrunds (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20 ff.>; BVerwG, Urteil vom 7. November 1985 - 5 C 29.82 - BVerwGE 72, 195 <199>). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

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§ 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG enthält keine ausdrückliche Beurteilungsermächtigung zugunsten der zuständigen Landesbehörde. Ein Beurteilungsspielraum lässt sich der Regelung auch nicht durch Auslegung hinreichend deutlich entnehmen. Die Norm bezweckt zwar die Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Prüfungsvorbereitung der zuständigen Landesbehörde zu überlassen, damit sie ihr spezifisches Fachwissen einbringen kann, über das die Finanzbehörde regelmäßig nicht verfügt (BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 - 9 C 4.12 - BVerwGE 147, 1 Rn. 13; Kulmsee, in: Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, UStG, Stand 1. Dezember 2013, § 4 Nr. 21 Rn. 36). Sie schreibt jedoch nicht fest, dass die Erteilung der Bescheinigung einer bestimmten, für die Beurteilung der fachlichen und pädagogischen Eignung von Lehrpersonal besonders fachkundigen Stelle, etwa einer Schulbehörde, übertragen werden soll. Vielmehr bleibt die Bestimmung der zuständigen Behörde ohne nähere Vorgaben den Ländern überlassen. Gewährleistet damit die gesetzliche Regelung aber nicht, dass die Erteilung der Bescheinigung durch eine Stelle mit besonderer Sachkunde erfolgt, so fehlt es an dem erforderlichen hinreichend gewichtigen, eine Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle rechtfertigenden Sachgrund. Dies schließt nicht aus, der Eigenverantwortung der Behörde dadurch Rechnung zu tragen, dass sich das Gericht mit einer nachvollziehenden Kontrolle ihrer Entscheidung begnügt, insbesondere soweit diese auf einem generell erarbeiteten Kriterienkatalog beruht (vgl. auch allgemein BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20> sowie zu § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG: OVG Münster, Urteil vom 6. Februar 2006 - 14 A 2086/03 - juris Rn. 27).

32

Die volle gerichtliche Überprüfung der Eignung der eingesetzten Lehrkräfte führt zu dem Ergebnis, dass sämtliche in den Nachhilfeinstituten des Klägers eingesetzten Lehrkräfte in den noch streitigen Zeiträumen sowohl in fachlicher als auch in pädagogischer Hinsicht die Mindestanforderungen an die Eignung für den von ihnen zu erteilenden Nachhilfeunterricht erfüllt haben. Der Senat kann die zugrunde liegenden Tatsachen selbst bewerten, weil sie sich aus den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Behördenakten ohne Weiteres ergeben und dadurch eine Entscheidung in der Sache selbst ermöglicht wird (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1992 - 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <106 f.>).

33

Hinsichtlich der fachlichen Eignung der in den Nachhilfeinstituten in M., B., H. und K. eingesetzten Lehrkräfte bestehen keine Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat sie bejaht, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Soweit es sich bei den Lehrkräften um Studenten handelte, die in Fächern unterrichtet haben, auf die sich ihr Studium bezog, kann im Hinblick darauf, dass § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG lediglich Mindestanforderungen stellt, unproblematisch von ihrer fachlichen Eignung für den Nachhilfeunterricht ausgegangen werden. Erst recht gilt dies für die Lehrkräfte, die die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen oder Gymnasien abgelegt hatten oder über eine Lehramtsbefähigung verfügten.

34

Für die Nachhilfelehrkräfte mit Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen kann auch ohne Weiteres von ihrer pädagogischen Eignung ausgegangen werden. Es gibt aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass den übrigen Lehrkräften die pädagogische Eignung für den jeweiligen Nachhilfeunterricht gefehlt hat. Nach den vom Kläger eingereichten Antragsunterlagen müssen seine Nachhilfelehrkräfte ein Qualitätsprofil erfüllen, das unter anderem durch Zeugnisse und Praxisnachweise belegtes methodisches und didaktisches Vermittlungswissen in den Nachhilfefächern sowie eine ausgeprägte kommunikative und soziale Kompetenz voraussetzt. Diese Anforderungen wurden anhand der Bewerbungsunterlagen und im persönlichen Vorstellungsgespräch überprüft. Darüber hinaus erfolgte eine endgültige Beschäftigung in der Regel erst nach mehreren Probeunterrichtsstunden in Gegenwart des Franchise-Partners und/oder einer erfahrenen Lehrkraft. Schließlich handelte es sich bei sämtlichen neben den voll ausgebildeten Lehrern in den Nachhilfeschulen des Klägers eingesetzten Lehrkräften entweder um Personen, die die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen oder Gymnasien bestanden hatten, oder um Lehramtsstudenten, also um Menschen mit ausgeprägten pädagogischen Neigungen.

35

Sind damit die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erfüllt, so kann das Bundesverwaltungsgericht in der Sache selbst entscheiden, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob ein Nachhilfeinstitut auch dann ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten kann, wenn nicht alle Nachhilfelehrkräfte die erforderliche Eignung aufweisen (in diesem Sinne OVG Münster, Urteil vom 6. Februar 2006 - 14 A 2086/03 - juris Rn. 24, 27 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2014 - 25 K 7093/13 - juris Rn. 32 f.). Das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip legt allerdings - wie oben näher ausgeführt - eine Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG dahin nahe, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MWSt-RL ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann (BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 - 9 C 4.12 - BVerwGE 147, 1 Rn. 13). Dies spricht dafür, die Bescheinigungsvoraussetzungen in der Regel auch dann als erfüllt anzusehen, wenn zumindest der überwiegende Teil der eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung aufweist. Die Bescheinigung kann dann auf den Unterricht dieser Lehrkräfte beschränkt erteilt werden. Die Grenze des Wortlauts von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG wird durch ein solches Verständnis der Regelung jedenfalls solange nicht überschritten, wie der angebotene Nachhilfeunterricht objektiv geeignet bleibt und die Seriosität der Nachhilfeeinrichtung durch den Einsatz der Lehrkräfte ohne ausreichende Eignung nicht insgesamt in Frage gestellt wird.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.